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Kündigungsbedingte Auflösung Arbeitsverhältnis bei zwischenzeitlichem Betriebsübergang

ArbG Köln – Az.: 14 Ca 1994/21 – Urteil vom 04.11.2021

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) nicht durch die außerordentliche Kündigung vom 12.05.2021 aufgelöst worden ist.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger und die Beklagte zu 1) jeweils zur Hälfte.

4. Der Streitwert wird auf 140.000 EUR festgesetzt.

5. Eine gesonderte Zulassung der Berufung erfolgt nicht.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die kündigungsbedingte Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses bzw. einen zwischenzeitlichen Betriebsübergang.

Die Beklagte zu 1) ist eine … und Rechtsnachfolgerin der … GmbH. Diese war die deutsche Gesellschaft eines internationalen … zwischen dem … … und dem … …, das neben dem Standort … auch mehrere internationale Standorte, unter anderem in …, … und … unterhielt. Die jeweils 50-prozentigen Gesellschafter der … GmbH waren die … International Inc. sowie die … Beteiligungsgesellschaft mbH, deren alleinige Gesellschafterin die Beklagte zu 2) ist. Geschäftsführer der … GmbH waren die Mitarbeiter der Beklagten zu 2) Herr F. (…), Herr P. (…) sowie ein Vertreter von ….

Am Standort der Beklagten zu 1) in … bestanden ein … mit rund … Mitarbeitern sowie die zentrale Hauptverwaltung des …, die sogenannte …, mit nach den Angaben des Klägers zum 01.03.2021 rund … (Klageschrift, Replik) bzw. … (Schriftsatz vom 28.10.2021) Mitarbeitern, nach den Angaben der Beklagten zu 2) ursprünglich … sowie zum 01.03.2021 … Mitarbeitern. Der Zentrale oblag mit den Bereichen …s Innovation Center (TIC), Testing Center und Prototype Center die unternehmerische Führung und Steuerung des …, insbesondere bei Fragen der Verwaltung, Finanzen, Entwicklung, Strategie, des Testings und Prototypenbaus. Das Personalwesen wurde durch Herrn W. verantwortet, der von der Beklagten zu 2) entsandt war. Die … Zentrale war für sämtliche Standorte zuständig und im Wesentlichen im Verwaltungsgebäude in der …. in … untergebracht. Das Getriebewerk befindet sich auf dem einige Kilometer entfernten …-Werksgelände in …. Sowohl die … Zentrale als auch das Getriebewerk verfügen bzw. verfügten über eigene betriebliche Einrichtungen und Ausstattungen wie Kantine, Parkplätze, Sozialräume etc., die regelmäßig jeweils nur von den Beschäftigten des Getriebewerks bzw. der Zentrale genutzt wurden bzw. werden. Es wurden unterschiedliche IT- und EDV-Systeme eingesetzt. Hinsichtlich der Zugangs- und Sicherheitssysteme waren die Arbeitnehmer entsprechend ihres Arbeitsortes erfasst und mussten in der Regel gesondert freigeschaltet werden, um die jeweils anderen Räumlichkeiten – … Zentrale oder Getriebewerk – besuchen zu können.

Ein auf der Grundlage eines Tarifvertrags nach § 3 BetrVG gebildeter Betriebsrat war bzw. ist sowohl für die … Zentrale als auch für das Getriebewerk zuständig.

Der im Jahre 1963 geborene, verheiratete Kläger hat vier Kinder, von denen er noch zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet ist. Er ist unter Berücksichtigung von Beschäftigungszeiten bei der Beklagten zu 2) bzw. deren Rechtsvorgängerin seit dem 00.00.1989 bei der Beklagten zu 1), zuletzt als Senior Director Product Development beschäftigt. Die Position befindet sich auf der höchsten Managementebene unterhalb der Geschäftsführung und umfasst weitreichende Strategie-, Personal- und Budgetverantwortung im Bereich der Produktentwicklung, welcher regelmäßig ca. 115 Mitarbeiter umfasste. Dem Arbeitsverhältnis lag der Dienstvertrag mit der … GmbH vom 24.03.2003 (Anlage PM 2, Bl. 120 ff. der Akte) zugrunde. Unter dem 13.11.2017 bestätigte der Kläger, ein mit „Geheimhaltungsverpflichtung“ überschriebenes Schreiben der … GmbH erhalten zu haben (Anlage PM 4, Bl. 138 f. der Akte). Das durchschnittliche Jahresbruttogehalt des Klägers belief sich zuletzt auf 280.000 EUR. Zusätzlich besteht eine Pensionszusage der Beklagten zu 1). Der Kläger wurde bei der Beklagten zu 1) als leitender Angestellter geführt.

Die seit August 2018 durch den Kläger ausgeübte Funktion des Senior Director Product Development umfasste die Aufgabenbereiche Entwicklung und Umsetzung der Produktstrategie, Budget-Verantwortung Produktentwicklung, Kundenkontakte und Issue-Resolution sowie Kapazitäts- und Einsatzplanung der Entwicklungsingenieure. Der Kläger war als Leiter des Bereichs sowohl für die arbeitstechnische Organisation des Betriebs und des laufenden Geschäfts und die kaufmännische Leitung als auch für die Entwicklung neuer Technologien für Getriebe und Bauteile und die damit verbundenen Produktstrategien verantwortlich. Zuvor war der Kläger mit einer Reihe von Führungspositionen betraut. Es wird auf die Tätigkeitsangaben im Schriftsatz der Beklagten zu 1) vom 4.6.2021 unter 2. b) (Bl. 96 der Akte) Bezug genommen. Bei den vom Kläger verrichteten Aufgaben handelte es sich um solche, die für Bestand und Entwicklung der Beklagten zu 1) von erheblicher Bedeutung waren und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzten.

Die Gesellschafter der … GmbH beschlossen im Jahr 2020, das … aufzulösen, die einzelnen Betriebe in neue Eigentümerstrukturen zu überführen und das Unternehmen im Übrigen zu schließen. Hierzu schlossen … und … am 00/00.00.2020 ein sogenanntes … und am 00.00.2020 das sogenannte …, auf deren Grundlage … als Gesellschafterin der Beklagten zu 1) mit Wirkung ab dem 00.00.2021 ausgeschieden ist und die europäischen Standorte/Werke auf die Gesellschafter übergegangen sind. Die 50-prozentige Gesellschaftsbeteiligung von ……wurde mit Wirkung zum 00.00.2021 von der Beklagten zu 2) übernommen.

Im September 2020 bildeten die leitenden Angestellten bei der Beklagten zu 1) einen Sprecherausschuss. Der Kläger wurde am 30.09.2020 zum Sprecher der leitenden Angestellten gewählt.

Am 07.10.2020 fand zwischen dem Kläger in seiner Funktion als Vorsitzender des Sprecherausschlusses und seinem Prozessbevollmächtigten ein Gespräch statt, in dessen Folge die Sozietät der Prozessbevollmächtigten des Klägers eine gutachterliche Stellungnahme für die leitenden Angestellten der Beklagten zu 1) ausarbeitete.

Die Geschäftsführungen der Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 2) sowie der Betriebsrat unterzeichneten im November 2020 ein sogenanntes „Verständnispapier“ (Anlage …… Akte), in dem ein Maßnahmenplan für die geplante stufenweise Personalreduzierung bis hin zur Schließung der ….. Zentrale vereinbart wurde.

Im Abschnitt des Verständnispapiers „II. Zielorganisation“ heißt es auszugsweise wie folgt:

„Die ….. GmbH wird auf Basis der Planungen im …. einzelnen ….-Beschäftigten aufgrund ihrer individuellen Kompetenzen und unter Beachtung der bestehenden tariflichen und betrieblichen Struktur ….-Arbeitsverträge anbieten, um die notwendigen Aufgaben und Verantwortlichkeiten im Rahmen des Getriebeprogramms und der Produkt-Architektur zu bewältigen. Das Unternehmen prüft dabei auch fortlaufend die Notwendigkeit von Neuentwicklungen, um den anstehenden Wandel in der Automobilindustrie mit innovativen Produkten begleiten zu können. Vorbereitende organisatorische Schritte innerhalb der ….-Bereiche, die eine reibungslose ….-Team Integration befördern, werden vom Betriebsrat unterstützt. Die Rechte des Betriebsrates bleiben gemäß § 99 BetrVG gewahrt.

[…]

Es besteht das gemeinsame Verständnis, dass das Auswahlverfahren vor der Öffnung eines finalen, freiwilligen Abfindungsprogramms beendet und das Ergebnis an die entsprechenden Beschäftigten kommuniziert sein sollte. Diese zeitliche Abfolge soll sicherstellen, kritische Kompetenzen für …. zu gewinnen und verhindern, dass ausgewählte Beschäftigte aus Unkenntnis der Möglichkeit, bei …. ein Arbeitsvertrag zu erhalten, zu anderen Arbeitgebern wechseln. Die Parteien stimmen überein, dass bei einem Beschäftigten, dem ein ….Arbeitsvertrag angeboten wird, die Zahlung einer Abfindung durch die ….. grundsätzlich entfällt.

[…]“

Vor Ausspruch der Kündigung gegenüber dem Kläger im März 2021 war bereits der ganz überwiegende Teil der Belegschaft der …. Zentrale ausgeschieden, hatte im Rahmen der laufenden Freiwilligenprogramme Aufhebungsvereinbarungen abgeschlossen oder war zumindest freigestellt. Mit über 95 % der betroffenen Mitarbeiter konnten vor Ausspruch der Kündigung gegenüber dem Kläger im März 2021 einvernehmliche Lösungen gefunden werden, auf deren Grundlage die Mitarbeiter im Folgenden einvernehmlich ausschieden. Dem Kläger wurde ein Angebot zur Regelung seines einvernehmlichen Ausscheidens unterbreitet, das dieser jedoch nicht annahm. Er erhielt daher, wie etwa 10 Mitarbeiter, die keine Aufhebungsvereinbarung unterzeichnet hatten, eine Kündigung.

Die Beklagte zu 2) bot – unstreitig jedenfalls – 79 der ursprünglich in der … Zentrale beschäftigten Mitarbeiter einen Arbeitsvertrag an. Sie übernahm 79 Positionen mit Funktionen aus unterschiedlichen Bereichen der Beklagten zu 1), nämlich aus …. (ursprünglich 85 Mitarbeiter), ….. (ursprünglich 33 Mitarbeiter), Prototyp Center …..

Bereits vor Ausspruch der Kündigung aus März 2021 gegenüber dem Kläger fanden Verhandlungen über einen Interessenausgleich sowie einen Sozialplan zwischen der Beklagten zu 1) und dem Betriebsrat statt. Die Betriebsparteien unterzeichneten unter dem 20.4.2021 einen Interessenausgleich (Anlage ……. der Akte).

In Ziffer 1.1 hieß es zum Geltungsbereich unter anderem:

„Die Regelungen des Interessenausgleichs gelten räumlich für den (Rest-) Betrieb der … Zentrale am Standort ….. Der Betrieb … Zentrale umfasst bzw. umfasste nach dem gemeinsamen Verständnis der Betriebsparteien die Bereiche … Innovation Center ……“

Mit Schreiben vom 24.3.2021 (Anl. …. der Akte), dem Kläger am selben Tage zugegangen, kündigte die Beklagte zu 1) das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger ordentlich zum 31.12.2021.

Am 25.3.2021 übergab der Kläger dem Geschäftsführer der Beklagten zu 1), Herrn ….., im Rahmen eines Personalgesprächs eine gutachterliche Stellungnahme des Prozessbevollmächtigten des Klägers mit dem Titel „Arbeitsrechtliche Konsequenzen einer gesellschaftsrechtlichen Neuausrichtung der …… GmbH mit Blick auf die dort tätigen 16 leitenden Angestellten“ (Anlage ….. der Akte). Der gutachterlichen Stellungnahme war ein Anschreiben vom 2.11.2020 an den „Sprecherausschuss für leitende Angestellte der ……GmbH, Herrn Vorsitzenden ……“ beigefügt (Anlage ….. der Akte). In der gutachterlichen Stellungnahme finden sich unter dem Punkt „Vorbemerkung“ Angaben zur geplanten Auflösung des …., insbesondere zur geplanten Struktur auf gesellschaftsrechtlicher Ebene, zur Übertragung und Neuordnung von Assets zwischen ….. und …., zur geplanten Verwendung von Veräußerungserlösen sowie zu geplanten Maßnahmen in personeller Hinsicht.

Mit Schreiben vom 7.4.2021 (Anlage ….. der Akte) hörte die Beklagte zu 1) den Kläger zu möglichen Verstößen gegen das Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen und vertragliche Geheimhaltungspflichten unter Setzung einer Frist zur Stellungnahme bis zum 16.4.2021 an.

Der Kläger nahm mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 16.4.2021 (Anlage …….der Akte) Stellung.

Die Beklagte zu 1) hörte den Kläger mit weiterem Schreiben vom 22.4.2021 (Anlage …… der Akte) an und forderte ihn unter Fristsetzung bis zum 29.4.2021 insbesondere dazu auf, die Quellen anzugeben, aus denen die fraglichen Informationen zu der Zeit angeblich gewonnen worden seien sowie nähere Auskünfte zu der angeblich vorliegenden Stellungnahme des Gesamtbetriebsratsvorsitzenden zu erteilen.

Der Kläger nahm mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 29.4.2021 (Anlage ….. der Akte) Stellung.

In einem Telefonat zwischen dem Prozessbevollmächtigten des Klägers und dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1) am 7.5.2021 kündigte der Prozessbevollmächtigte des Klägers an, man werde die Vorwürfe kurzfristig ausräumen. Die das Gutachten vorbereitende Mitarbeiterin habe die fraglichen Informationen im Wesentlichen im Internet recherchiert.

Mit Schreiben der Beklagten zu 1) vom 12.5.2021 (Anl. …. der Akte), dem Kläger persönlich am 12.5.2021 sowie seinem Prozessbevollmächtigten nach den Angaben des Klägers am 14.5.2021, nach den Angaben der Beklagten zu 1) am 12.5.2021 zugegangen, kündigte die Beklagte zu 1) das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristlos, hilfsweise fristgerecht zum nächstmöglichen Termin, der nach ihrer Berechnung der 31.12.2022 ist. Dabei hielt sie an der mit Schreiben vom 24.3.2021 erklärten Kündigung ausdrücklich fest.

Der Kläger behauptet, mit Wirkung zum 1.3.2021 habe ein Betriebs(teil-)übergang auf die Beklagte zu 2) stattgefunden. Diese führe das Unternehmen der Beklagten zu 1) weiter. Hierzu sei ein wesentlicher Teil der Belegschaft der Beklagten zu 1) und ihr fachliches Know-how übernommen worden. Die Übertragung seiner Aufgaben auf Mitarbeiter der Beklagten zu 2) führe zur Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 2). Die Beklagte zu 1) habe Bereiche aufgelöst und den dort beschäftigten Mitarbeitern Auflösungsverträge angeboten. Die betroffenen Funktionen seien sodann in die Struktur der Beklagten zu 2) eingebettet, zum Teil Mitarbeiter übertragen und mit einem Arbeitsvertrag der Beklagten zu 2) ausgestattet worden. Den wenigen Mitarbeitern, etwa zehn, die keinen freiwilligen Auflösungsvertrag angenommen hätten, sei gekündigt worden, wie ihm. Mehreren Mitarbeitern, die bereits einen Aufhebungsvertrag der Beklagten zu 1) angenommen hätten, seien noch im Juni 2021 nachträglich Verträge mit der Beklagten zu 2) angeboten und die Aufhebungsverträge rückabgewickelt worden. Bei dem (Teil-) Betriebsübergang seien ca. ein Drittel der Mitarbeiter aus der Firmenzentrale der Beklagten zu 1) von der Beklagten zu 2) zum 1.3.2021 übernommen und in Räumlichkeiten der Beklagten zu 2) versetzt worden. Hierbei seien auch Betriebszugehörigkeit, Einkommen und weitere Benefits zu 100 % in einem Vertragskonstrukt zwischen den Beklagten zu 1) und zu 2) sowie dem jeweiligen Mitarbeiter übernommen worden. Auch sei der bestehende Kundenstamm als wesentliches Merkmal durch die Beklagte zu 2) übernommen worden.

Der Bereich der Produktentwicklung sei durch Abfindungsangebote auf ca. 50 % seiner Größe verkleinert worden. Der verbleibende Teil sei zum 1.3.2021 von der Beklagten zu 2) übernommen und mit einem ….-Arbeitsvertrag ausgestattet worden. Dabei seien sämtliche Ansprüche aus den Verträgen mit der Beklagten zu 1) übernommen worden, u.a. zu Gehalt, Urlaubsanspruch und Betriebszugehörigkeit. Die Funktion des Leiters der Produktentwicklung sei Herrn …. übertragen worden, der zuvor bereits Mitarbeiter der Beklagten zu 2) gewesen, aber in verschiedenen Funktionen bei der Beklagten zu 1) eingesetzt worden sei.

Der Kläger führt in seinem Schriftsatz vom 28.10.2021 an, aus dem „Verständnispapier“ der Beklagten zu 1) gehe hervor, dass die Beklagten zu 1) und zu 2) einen Betriebsübergang gewollt, organisiert und umgesetzt hätten. Die abgrenzbare Einheit …. mit der bei der Beklagten zu 1) vorhandenen Einheit …. mit der Untereinheit …., zu welcher er gehört habe, sei auf die Beklagte zu 2) übergegangen und werde von dieser identitätswahrend fortgeführt. Die Beklagte zu 2) habe einen wesentlichen Teil der Belegschaft der Beklagten zu 1) aus der …. unter Mitnahme deren Know-hows und Spezialwissens zum 1.3.2021 übernommen. Rund 90 % der Mitarbeiter, die bei der Beklagten zu 2) in der …… in der Untereinheit ….. eingesetzt seien, seien zuvor Mitarbeiter der Beklagten zu 1) gewesen. Dabei seien die Betriebszugehörigkeit, Einkommen und weitere Benefits zu 100 % übernommen worden.

Der Kläger behauptet im Schriftsatz vom 28.10.2021 weiter, fast alle der 110 Mitarbeiter der Zentrale, die zum Stichtag 1.3.2021 noch bei der Beklagten zu 1) beschäftigt worden seien, seien von der Beklagten zu 2) übernommen worden.

Der Kläger bestreitet im Schriftsatz vom 28.10.2021, dass die Beklagte zu 2) Funktionen der übernommenen Mitarbeiter aus unterschiedlichen Bereichen bei der Beklagten zu 1) (…….) nicht im Wesentlichen übernommen und mit der Einheit ….. Systems einen organisatorischen Bereich mit anderer Zwecksetzung geschaffen habe. Bei dieser Systemeinheit handele es sich um ein komplettes …., das sämtliche Teile einer Infrastruktur für Fahrzeuge umfasse. Sowohl bei der Beklagten zu 1) als auch bei der Beklagten zu 2) gehe es sowohl um neue ….. als auch um Aufgaben in der Serienbetreuung der …, unabhängig der Gewichtung des Zwecks. Die bisherigen Funktionen würden bei der Beklagten zu 2) identitätswahrend fortgeführt.

Der Kläger macht mit seinem Schriftsatz vom 28.10.2021 geltend, er habe dem Bereich Programm ….. angehört, welcher zur abgrenzbaren Einheit ……der Firmenzentrale der Beklagten zu 1) gehört habe. Zum 1.3.2021 habe die Beklagte zu 2) 32 namentlich genannte Mitarbeiter der Beklagten zu 1) übernommen, die überwiegend in der Produktentwicklung tätig gewesen seien, und in die Einheit ……. Systems integriert. Hierdurch habe sich die Beklagte zu 2) eine bestehende Organisation zunutze gemacht. Die abgrenzbare Einheit Firmenzentrale mit der Einheit Produktentwicklung mit der Untereinheit Produktmanagement, welcher er angehört habe, sei auf die Beklagte zu 2) übergegangen und werde von dieser identitätswahrend fortgeführt.

Mit seinem Schriftsatz vom 28.10.2021 verweist der Kläger überdies darauf, dass sich ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 2) aus der ….. mit der Beklagten zu 1) ergäbe. Die Beklagte zu 2) entsende regelmäßig Mitarbeiter an die Beklagte zu 1), unter anderem den Geschäftsführer der Beklagten zu 1) Herrn …..sowie den Personaler Herrn …… Fachlich sei er dem Mitarbeiter der Beklagten zu 2) Herrn ….unterstellt gewesen. Darüber hinaus bestehe ein gemeinsamer Betriebsrat für die Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 2). Auch sei die Beklagte zu 2) „wirtschaftlich der alleinige Eigentümer“ der Beklagten zu 1).

Der Kläger bestreitet, dass die außerordentliche Kündigung der Beklagten zu 1) vom 12.5.2021 von einem wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB getragen sei. Der Kläger bestreitet, vertrauliche Informationen und Geschäftsgeheimnisse nicht als solche behandelt zu haben. Er behauptet, als Quelle für die Vorbemerkung in der gutachterlichen Stellungnahme hätten insbesondere frei zugängliche Informationen im Internet sowie betriebsinterne Mitteilungen seitens der Geschäftsführung und des (Gesamt-)Betriebsratsvorsitzenden an die Belegschaft gedient. Im Übrigen habe er in seiner Funktion als Vorsitzender des Sprecherausschusses und potentiell selbst betroffener Mitarbeiter der Beklagten zu 1) ein berechtigtes Interesse an einer allgemeinen Beratung und gutachterlichen Stellungnahme gehabt. Der Kläger bestreitet, im Anhörungsverfahren falsche Behauptungen aufgestellt zu haben. Vor Ausspruch der außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung hätte es jedenfalls einer Abmahnung bedurft.

Der Kläger bestreitet weiter, dass die außerordentliche Kündigung vom 12.5.2021 unter Einhaltung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB erklärt worden sei. Das Anhörungsverfahren sei von der Beklagten zu 1) erst mit Schreiben vom 7.4.2021 und damit offensichtlich nicht unverzüglich nach Erhalt des Gutachtens am 25.3.2021 eingeleitet worden. Jedenfalls hätten der Beklagten zu 1) nach dem Schreiben vom 16.4.2021 alle relevanten Informationen vorgelegen, um eine Tat-, hilfsweise eine Verdachtskündigung aussprechen oder hiervon absehen zu können.

Der Kläger bestreitet, dass die Beklagte zu 1) die Zentralbereiche …. am Standort ….geschlossen habe, diese also tatsächlich stillgelegt worden seien. Er bestreitet, dass mit Implementierung der neuen Eigentümerstruktur zum 1.3.2021 die in der ….Zentrale gebündelten Funktionen in den Bereichen Verwaltung, Finanzen, Entwicklung, Strategie, Testing und Prototypenbau vollständig weggefallen seien. Auch bestreitet er, dass die Beklagte zu 1) eine dahingehende unternehmerische Entscheidung mit Stilllegungsabsicht getroffen habe, da die Tätigkeiten der … Zentrale i.V.m. dem Getriebewerk tatsächlich von der Beklagten zu 1) und zu 2) über den 1.3.2021 hinaus fortgeführt würden.

Der Kläger bestreitet, dass mit der geplanten Umsetzung der unternehmerischen Entscheidung der Beklagten zu 1) seine Tätigkeiten im Bereich Produktentwicklung endgültig und ersatzlos weggefallen sei. Seine Aufgaben seien vielmehr auf Mitarbeiter der Beklagten zu 2) übertragen worden. Sein Aufgabenbereich als Leiter des Bereichs Produktentwicklung sei zum 1.3.2021 auf Herrn XXXXXX übertragen worden.

Der Kläger rügt die ordnungsgemäße Durchführung der Sozialauswahl gemäß § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG. Der Kläger ist der Ansicht, im Rahmen der Sozialauswahl sei nicht allein auf die … Zentrale abzustellen, da diese kein eigenständiger, abgrenzbarer Betrieb, sondern untrennbar mit dem Bereich Produktion/Fertigung verbunden sei. Die Zentrale und das Getriebewerk am Standort … bildeten eine organisatorische und betriebliche Einheit. Wesentlicher Anhaltspunkt für die organisatorische Einheit sei die gemeinsame Personalabteilung am Sitz der Beklagten zu 1). Die Personalleitung sei für sämtliche Mitarbeiter zentral über die … Zentrale gesteuert worden. Darüber hinaus würden Produktion, Lager und Logistik gemeinsam genutzt und werde das Getriebewerk von der Zentrale finanziell und personell überwacht. Die … Zentrale und das Getriebewerk verfolgten im Rahmen der gemeinsamen Arbeitsorganisation fortgesetzt identische arbeitstechnische Arbeitszwecke im Zusammenhang mit Getrieben.

Im Übrigen sei er, der Kläger, mit den weiteren leitenden Angestellten der Beklagten zu 1) sowie Herrn XXXX auf Senior Director Ebene vergleichbar. Vorsorglich werde bestritten, dass deren Stellen bzw. Positionen dauerhaft endgültig und ersatzlos wegfielen und die Mitarbeiter dauerhaft aus ihren Beschäftigungsverhältnissen ausschieden. Auch verfüge der Kläger über die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen, um die Aufgaben bzw. die Abwicklung und Übergabetätigkeiten der beklagtenseits angeführten Mitarbeiter sinnvoll ausüben zu können. Dies gelte auch hinsichtlich der von Herrn XXXXX ausgeübten Tätigkeit. Herr XXXX sei sozial weniger schutzwürdig.

Der Kläger bestreitet, dass der Betriebsrat von der Beklagten zu 1) vor Ausspruch der betriebsbedingten Kündigung ordnungsgemäß im Sinne des § 17 Abs. 3 S. 3 KSchG konsultiert worden sei. Ferner bestreitet er, dass die Massenentlassungsanzeige gegenüber der Bundesagentur für Arbeit wirksam erstattet worden sei, da sich diese nur auf die … Zentrale beschränke.

Der Kläger bestreitet die ordnungsgemäße Anhörung des bei der Beklagten zu 1) bestehenden Sprecherausschusses, vorsorglich die ordnungsgemäße Anhörung des bei der Beklagten zu 2) gewählten Betriebsrats, der auf Grundlage langjähriger Praxis auch für die Arbeitnehmer der Beklagten zu 1) handele. Der Kläger ist der Ansicht, leitender Angestellter im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG, nicht jedoch gemäß § 14 Abs. 2 KSchG zu sein. Er sei tatsächlich nicht befugt gewesen, selbstständig Arbeitnehmer zu kündigen bzw. einzustellen.

Der Kläger hat mit seiner am 7.4.2021 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Klageschrift vom 6.4.2021 (Bl. 1 ff. der Akte) unter anderem einen Kündigungsschutzantrag hinsichtlich der Kündigung der Beklagten zu 1) vom 2.3.2021 angekündigt. Mit bei dem Arbeitsgericht am 21.5.2021 eingegangenem Schriftsatz vom 17.5.2021 (Bl. 47 ff. der Akte) hat er seine Klage unter anderem um Kündigungsschutzanträge hinsichtlich einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung der Beklagten zu 1) vom 12.5.2021 erweitert.

In der Kammerverhandlung am 4.11.2021 hat der Kläger seine mit der Klageschrift vom 6.4.2021 angekündigten Klageanträge teilweise geändert und seine angekündigten allgemeinen Feststellungsanträge zurückgenommen. Die Beklagten zu 1) und zu 2) haben den Klageänderungen sowie Teilklagerücknahmen zugestimmt. Es wird auf das Protokoll der Kammerverhandlung am 4.11.2021 Bezug genommen.

Der Kläger beantragt zuletzt,

1. festzustellen, dass das zwischen ihm und der Beklagten zu 2) bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die ordentliche Kündigung der Beklagten zu 1) vom 24.3.2021, ihm zugegangen am 24.3.2021, aufgelöst werden wird;

2. festzustellen, dass das zwischen ihm und der Beklagten zu 1) bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die ordentliche Kündigung der Beklagten zu 1) vom 24.3.2021, ihm zugegangen am 24.3.2021, aufgelöst werden wird;

3. festzustellen, dass das zwischen ihm und der Beklagten zu 1) bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die schriftliche außerordentliche fristlose Kündigung der Beklagten zu 1) vom 12.5.2021, ihm zugegangen am 12.5.2021, aufgelöst worden ist;

4. festzustellen, dass das zwischen ihm und der Beklagten zu 1) bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die schriftliche, hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung der Beklagten zu 1) vom 12.5.2021, ihm zugegangen am 12.5.2021, aufgelöst worden ist;

5. festzustellen, dass das zwischen ihm und der Beklagten zu 1) bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die schriftliche außerordentliche fristlose Kündigung der Beklagten zu 1) vom 12.5.2021, seinem Prozessbevollmächtigten zugegangen am 14.5.2021, aufgelöst worden ist;

6. festzustellen, dass das zwischen ihm und der Beklagten zu 1) bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die schriftliche, hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung der Beklagten zu 1) vom 12.5.2021, seinem Prozessbevollmächtigten zugegangen am 14.5.2021, aufgelöst worden ist;

7. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Kündigungen der Beklagten aufgelöst worden ist, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 12.05.2021 und über den 14.05.2021, hilfsweise über den 31.12.2022 fortbesteht.

Die Beklagte zu 1) beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte zu 2) beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte zu 1) führt an, die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung aus Mai 2021 als Tat- und hilfsweise als Verdachtskündigung erklärt zu haben. Es bestehe jedenfalls der dringende Verdacht, dass der Kläger gegen das Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen, seine vertraglichen Geheimhaltungspflichten bzw. die Geheimhaltungsverpflichtung aus November 2017 verstoßen habe.

Der Kläger habe seinem Prozessbevollmächtigten zur Erstellung der am 25.3.2021 ihrem Geschäftsführer übergebenen gutachterlichen Stellungnahme unbefugt und ohne berechtigtes Interesse Informationen zukommen lassen, die zum damaligen Zeitpunkt streng vertraulich und Geschäftsgeheimnisse im Sinne des Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG) gewesen seien. Das Projekt sei aus Sicht des US-amerikanischen Börsenrechts als „material event“ eingestuft mit der Vorgabe versehen worden, dass vor Unterschrift der Verträge nur im Rahmen der kartellrechtlichen Anforderungen und Genehmigungen Angaben gegenüber Dritten gemacht werden dürften. Es habe mit Blick auf den Gegenstand der Beratung bzw. Begutachtung durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers keinerlei Veranlassung oder berechtigtes Interesse bestanden, die konkreten Informationen unter Nennung der beteiligten Gesellschaften offenzulegen.

Bis zur Anhörung des Klägers mit Schreiben vom 7.4.2021 seien umfangreiche interne Gespräche und Prüfungen erfolgt. Diese seien insbesondere erforderlich gewesen, weil der in der gutachterlichen Stellungnahme vom 2.11.2020 dargestellte Planungsstand nicht das finale Verhandlungsergebnis zwischen XXXXX und XXXX widergespiegelt habe und zunächst habe rekonstruiert werden müssen, welcher Stand konkret wiedergegeben worden sei. Die Ermittlungen hätten sich als aufwendig gestaltet. Denn es sollte, bevor gegenüber dem Kläger ein derart schwerwiegender Verdacht geäußert werde, möglichst ausgeschlossen sein, dass die fraglichen Informationen nicht doch im Unternehmen bzw. in der Öffentlichkeit bekannt geworden oder z.B. dem Sprecherausschuss im Rahmen der regelmäßig erfolgten Information mitgeteilt worden seien. Hierzu sei umfangreiche Korrespondenz gesichtet und seien Beteiligte befragt worden. Dies sei zügig und mit der gebotenen Gründlichkeit erfolgt.

Nach der Stellungnahme des Klägers mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 16.4.2021 habe sie versucht, nachzuvollziehen, aus welchen Quellen im Internet bzw. aus welcher Stellungnahme des Gesamtbetriebsratsvorsitzenden zum damaligen Zeitpunkt im Gutachten enthaltene und vertrauliche Informationen zu gewinnen gewesen seien. Dies sei nicht möglich gewesen. Um auszuschließen, dass diese Informationen doch bereits an die Öffentlichkeit gelangt seien, habe sie ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten mit weiteren Ermittlungen beauftragt. Es hätten jedoch auch hierdurch keine Anhaltspunkte gefunden werden können.

Die Beklagte zu 1) begründet die ordentliche Kündigung aus März 2021 mit der umgesetzten unternehmerischen Entscheidung, die zentrale Hauptverwaltung des XXXXXX in … stillzulegen.

Sie behauptet, ihre Geschäftsführung habe im Hinblick auf den Wegfall der in … verrichteten zentralen Aufgaben am 24.2.2021 die unternehmerische Entscheidung getroffen und umgesetzt, die … Zentrale in … mit Wirkung zum 1.3.2021 vollständig zu schließen und sämtliche Arbeitsplätze in diesem Bereich dauerhaft und ersatzlos zu streichen. Sie behauptet weiter, mit der Implementierung der neuen Eigentümerstruktur zum 1.3.2021 und der unternehmerischen Steuerung der verschiedenen Standorte zukünftig entweder durch XXXXX oder durch XXXX seien die in der … Zentrale in … verrichteten zentralen Aufgaben weitgehend zu diesem Zeitpunkt bzw. während des Laufs der Kündigungsfrist weggefallen. Seit dem Stichtag 1.3.2021 würden in der … Zentrale keine der sie vormals prägenden arbeitstechnischen Tätigkeiten und Funktionen mehr ausgeübt. Die meisten zuvor der … Zentrale zugeordneten Arbeitnehmer seien zu diesem Stichtag bereits aus ihren Arbeitsverhältnissen ausgeschieden, hätten im Rahmen der laufenden Freiwilligenprogramme Aufhebungsverträge mit Freistellungsvereinbarungen abgeschlossen oder seien zumindest ohne Aufhebungsverträge freigestellt gewesen. Nach dem 1.3.2021 seien in der … Zentrale lediglich noch notwendige Übergaben an XXXX und XXXX und sonstige Abwicklungsarbeiten durchgeführt worden. Die sogenannte Transition-Phase sei bereits Ende Mai 2021 abgeschlossen worden. Zum Stichtag 30.9.2021 seien sämtliche verbliebenen Mitarbeiter des ursprünglich 150-köpfigen sogenannten Transition-Teams auch endgültig freigestellt worden. Es sei geplant, dass von der … Zentrale genutzte Gebäude bis Ende 2021 zu veräußern.

Auch die Aufgaben und Verantwortlichkeiten des Klägers seien infolge der Betriebsstilllegung endgültig und ersatzlos weggefallen. Im Aufgabenbereich des Klägers noch erforderliche Abwicklungs- bzw. Übergabetätigkeiten würden während des Laufs der Kündigungsfrist abgeschlossen.

Der klägerseits benannte Herr XXXXXX sei Arbeitnehmer der Beklagten zu 2) und bei dieser seit dem 1.3.2021 als Manager XXXXXXXX tätig. Zuvor sei er in die … Zentrale entsendet und dort für verschiedene Bereiche innerhalb der Produktentwicklung zuständig gewesen. Die Position des Herrn XXXXX bei der Beklagten zu 2) sei für den Wegfall des Arbeitsplatzes des Klägers bei ihr, der Beklagten zu 1), unerheblich. Im Übrigen unterscheide sich die Position des Herrn XXXXX deutlich von der Rolle des Klägers. Sie sei lediglich auf G3 Ebene und damit eine Ebene hierarchisch unterhalb der ehemaligen Position des Klägers angesiedelt. Auch seien ihm lediglich ca. 40 Mitarbeiter unterstellt, während es beim Kläger 80 bis 90 gewesen seien. Vor allem aber seien das inhaltliche Aufgabenspektrum, der Handlungsspielraum und die Funktionen deutlich andere als bei dem Kläger. Während sich die Position des Klägers auf die übergeordnete Leitung des Bereichs Product Development konzentriert und er direkt der Geschäftsführung berichtet habe, umfasse die Position des Herrn XXXXX Bereiche im Programm Management, der zentralen Qualitätsanalyse und weitere Aufgaben in den Fahrzeugwerken der Beklagten zu 2).

Eine Sozialauswahl sei entbehrlich gewesen, da alle potentiell mit dem Kläger vergleichbaren Beschäftigten aus der Zentrale bereits im Zeitpunkt der Kündigung ausgeschieden seien oder während des Laufs der Kündigungsfrist ausschieden. Der Kläger sei allenfalls mit anderen leitenden Angestellten in der Stellung eines Senior Director vergleichbar gewesen. Die originären Funktionen der weiteren auf Senior-Director Ebene beschäftigten Mitarbeiter der …-Zentrale seien jedoch mit der Schließung zum 1.3.2021 ebenfalls endgültig und ersatzlos bzw. bis spätestens zum 31.8.2021 weggefallen, was eine Sozialauswahl im engeren Sinne entbehrlich gemacht habe.

Im Getriebewerk existierten keine geeigneten Stellen, auf welchen sie den Kläger hätte einsetzen können. Ein Einsatz des Klägers auf der Stelle des Senior Director Manufacturing/Werkleiter im Getriebewerk sei nicht möglich gewesen. Denn diese Stelle sei zum Kündigungszeitpunkt nicht frei, sondern bereits mit Herrn XXXXX besetzt gewesen. Die Geschäftsführung der Beklagten zu 1) habe am 10.3.2021 den Beschluss gefasst, dass Herr XXXXX die Aufgaben des bisherigen Werkleiters zukünftig mit übernähme. Der bisherige Werkleiter habe eine Position bei XXXXX Land eingenommen. Überdies habe der Kläger nicht über die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen verfügt. Denn für die Positionen des Werkleiters sei langjährige Erfahrung explizit im Bereich Manufacturing, also der Getriebefertigung, erforderlich, über die der Kläger ausweislich seiner beruflichen Stationen nicht verfüge. Der Kläger sei Herrn XXXX auch unter sozialen Gesichtspunkten nicht vorzuziehen gewesen. Zwar weise Herr XXXX geboren am XXXXX und beschäftigt seit dem 1.8.1992, ein etwas geringeres Alter und eine etwas kürzere Betriebszugehörigkeit als der Kläger auf. Herr XXXXX habe jedoch drei unterhaltspflichtige Kinder.

Bei der Zentrale in … handele es sich entgegen der Auffassung des Klägers auch um einen eigenständigen Betrieb. Das Getriebewerk verfüge über eine eigenständige arbeitstechnische Leitung durch einen Werkleiter. Dieser treffe für das Getriebewerk schwerpunktmäßig und weitgehend eigenverantwortlich die Entscheidungen über Arbeitsbedingungen und organisatorische Fragen bzw. bereite entsprechende Entscheidungen nach den internen Kompetenzregelungen für die Geschäftsführung oder in der Vergangenheit auch für den Senior Director … Manufacturing vor. Entsprechendes gelte für personelle und soziale Maßnahmen wie Einstellungen, Entlassungen oder Versetzungen. Administrativ seien personelle und soziale Angelegenheiten durch eine dem Werkleiter untergeordnete Personalabteilung (HR Manager) bearbeitet worden. Die Leitung des Getriebewerks sei also maßgeblich insbesondere auch für Krankmeldungen, Schicht- und Urlaubsplanungen sowie kurz- und längerfristige Personalbedarfs-, Entwicklungs- und Einsatzplanungen jeweils mit den entsprechenden Verfahren zur Beteiligung des Betriebsrats verantwortlich gewesen. Die zentrale Personalabteilung in der Hauptverwaltung hätte lediglich eine übergeordnete und unternehmerisch geprägte Überwachungs- und Steuerungsfunktion sowie bestimmte Richtlinienkompetenzen ausgeübt. Die … Zentrale und das Getriebewerk hätten zudem verschiedene und voneinander abgrenzbare arbeitstechnische Zwecke verfolgt. Während es sich bei dem Getriebewerk um einen reinen Produktionsbetrieb handele, sei die … Zentrale eine typische Unternehmenszentrale mit einem breiten Verantwortungs- und Aufgabenspektrum sowie einem Drittkundengeschäft gewesen. Ihr Betriebszweck habe in der zentralen unternehmerischen und strategischen Steuerung und Verwaltung eines XXXXX mit mehreren Getriebewerken gelegen. Ihre Funktionen und Aufgaben habe die … Zentrale nicht nur in Bezug auf das Werk XXXX, sondern für das gesamte Unternehmen ausgeübt. In den großen Getriebewerken in XXXXXX und XXXXX hätte es ebenfalls eigenständige betriebliche Leitungs- und Personalfunktionen gegeben, welche die Kernaufgaben des Arbeitgebers erledigt hätten.

Die Beklagte zu 1) behauptet, der Kläger habe in seiner Position über eine Einstellungs- und Entlassungsbefugnis verfügt. Zwar habe er insbesondere bei Einstellungen gemäß den internen Regelungen grundsätzlich zweier weiterer Genehmigungen, konkret durch den Personalbereich sowie den Finanzbereich, bedurft. Ob der Kläger die Einstellungsentscheidung in der Sache habe selber treffen können, sei davon abhängig gewesen, ob es sich um die Einstellung „einfacher Mitarbeiter ohne herausgehobene Aufgaben bei vorgesehener Stelle im Budget“ oder um die Einstellung „höherrangiger Mitarbeiter außerhalb des Budgets“ gehandelt habe.

Die Beklagte zu 1) ist der Ansicht, das Konsultationsverfahren nach § 17 Abs. 2 KSchG ordnungsgemäß durchgeführt zu haben. Nachdem der Betriebsrat bereits seit August 2020 über die beabsichtigten Entlassungen informiert und in einer Vielzahl von Gesprächen darüber beraten und verhandelt worden sei, habe sie den Betriebsrat mit Schreiben vom 15.1.2021 (Anl. PM 26, Bl. 212 ff. der Akte), am selben Tage übergeben, schriftlich über die geplante Massenentlassung unterrichtet. Gleichzeitig habe sie der zuständigen Agentur für Arbeit eine Abschrift des Unterrichtungsschreibens zukommen lassen. Der Betriebsrat habe mit Schreiben vom 21.1.2021 (Anlage PM 27, Bl. 222 der Akte) abschließend zu den geplanten Entlassungen Stellung genommen und erklärt, das Beteiligungsverfahren nach § 17 Abs. 2 KSchG als abgeschlossen zu betrachten.

Am 5.2.2021 habe sie eine Massenentlassungsanzeige (Anlage PM 30, Bl. 223 ff. der Akte) bei der Bundesagentur für Arbeit … gestellt, die den vollständigen Eingang der Massenentlassungsanzeige mit Schreiben vom 9.2.2021 (Anlage PM 31, Bl. 247 ff. der Akte) bestätigt habe.

Mit Schreiben vom 15.3.2021 an den stellvertretenden Sprecher der leitenden Angestellten (Anlage PM 32, Bl. 252 ff. der Akte), übergeben am selben Tag, sei die Anhörung des Sprecherausschusses erfolgt. Dieser habe mit Schreiben vom 22.3.2021 (Anlage PM 34, Bl. 258 f. der Akte) zur beabsichtigten Kündigung abschließend Stellung genommen. Vorsorglich sei mit Schreiben vom 15.3.2021 (Anlage PM 35, Bl. 260 ff. der Akte), übergeben am selben Tag, der Betriebsrat zur geplanten Kündigung des Klägers angehört worden. Der Betriebsrat habe eine Stellungnahme nicht abgegeben.

Die Beklagte zu 1) bestreitet, dass ein Betrieb oder Betriebsteil auf die Beklagte zu 2) übergegangen sei. Sie verweist auf den Vortrag der Beklagten zu 2) und macht sich diesen zu Eigen.

Die Beklagte zu 1) rügt das Vorbringen des Klägers in dessen Schriftsatz vom 28.10.2021, den Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1) am 29.10.2021 zur Kenntnis gelangt, unter Verweis auf § 132 Abs. 1 ZPO als verspätet. Im Hinblick auf die klägerseits angeführte konzernbezogene Weiterbeschäftigungspflicht weist die Beklagte zu 1) darauf hin, Auswahlentscheidungen der Beklagten zu 2) weder maßgeblich beeinflussen, geschweige denn ihr gegenüber durchsetzen zu können.

Die Beklagte zu 2) ist der Ansicht, das zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) bestandene Arbeitsverhältnis sei nicht im Wege des Betriebs- oder Betriebsteilübergangs auf sie übergegangen.

Der Kläger trage nicht hinreichend substantiiert zu den tatbestandlichen Voraussetzungen eines – wenn überhaupt in Betracht kommenden – Betriebsteilübergangs vor. Er lege nicht dar, inwieweit sein Arbeitsverhältnis einem Betriebsteil bei der Beklagten zu 1) zuzuordnen gewesen sei, das identitätswahrend auf sie übergegangen sei.

Der Kläger verweise auf von ihr übernommene Mitarbeiter. Er lege jedoch nicht dar, auf welchen Positionen und mit welcher organisatorischen Verknüpfung die benannten Mitarbeiter bei der Beklagten zu 1) beschäftigt worden seien und nun angeblich bei ihr weiterbeschäftigt würden.

Die Behauptung des Klägers, der Bereich Product Development sei durch Abfindungsangebote verkleinert und dann von ihr, der Beklagten zu 2), übernommen worden, sei unrichtig.

Die Beklagte zu 2) behauptet, 79 Positionen ohne Aufrechterhaltung der betrieblichen Organisation der Beklagten zu 1) übernommen zu haben. Die Funktionen der übernommenen Positionen seien innerhalb ihrer eigenen Betriebsorganisation überwiegend neu zugeordnet worden. Sie habe einen neuen organisatorischen Bereich „Global Manual … Systems“ geschaffen, in welchem sie die 31 der vormals 131 Positionen aus den Bereichen Product Development, Programm Management, Quality and Various Other Roles (Busindess Office) zusammengeführt habe. Mit diesem neu geschaffenen Bereich entwickele und konstruiere sie keine neuen Getriebe mehr, sondern sei mit der vormals bei der Beklagten zu 1) deutlich untergeordneten Funktion der Serienbetreuung der Getriebeprototypen befasst. Die 31 Positionen wiesen daher vollkommen abweichende Stellenbeschreibungen als bei der Beklagten zu 1) auf. Die 31 Mitarbeiter verfügten auch nicht über ein derartiges Know-how oder Spezialwissen, dass ohne sie die vermeintlich wirtschaftliche Einheit Product Development nicht hätte funktionieren können.

Die Beklagte zu 2) rügt das Vorbringen des Klägers in dessen Schriftsatz vom 28.10.2021, ihr vorliegend am 29.10.2021, unter Verweis auf § 132 Abs. 1 ZPO als verspätet.

Sie führt an, das klägerseits zitierte „Verständnispapier“ sei für die Frage des Vorliegens eines Betriebsteilübergangs unerheblich.

Sie bestreitet, dass eine abgrenzbare Einheit „Firmenzentrale“ mit bei der Beklagten zu 1) vorhandener Einheit „Produktentwicklung“ sowie einer Untereinheit „Produktmanagement“, zu welcher der Kläger gehört habe, auf sie übergegangen sei und von ihr identitätswahrend fortgesetzt werde. Es habe bei der Beklagten zu 1) im Bereich Product Development zu keiner Zeit eine Untereinheit „Produktmanagement“ existiert, der der Kläger angehört habe. Bei dem Produktmanagement habe es sich bei der Beklagten zu 1) um eine selbstständige Abteilung unter der Leitung des Herrn K. gehandelt. Dieser habe in seiner Position unmittelbar an den Geschäftsführer der Beklagten zu 1) P. berichtet. Der Kläger habe nie einer vermeintlichen Untereinheit Produktmanagement angehört, sondern den gegenüber dem Produktmamagent eigenständigen Bereich Product Development geleitet. Sie, die Beklagte zu 2), führe auch keine Einheit „Produktentwicklung“ inklusive einer Untereinheit „Produktmanagement“ identitätswahrend fort.

Unrichtig sei zudem der Vortrag des Klägers, „rund 90 % der Mitarbeiter, die bei der Beklagten zu 2) in der Produktentwicklung mit der Untereinheit Product Management eingesetzt werden“, seien zuvor Mitarbeiter der Beklagten zu 1) gewesen. Entgegen den Ausführungen des Klägers seien auch nicht im Rahmen von „Vertragskonstrukten“ zwischen den Beklagten und den jeweiligen Mitarbeitern Betriebszugehörigkeiten, Einkommen und weitere Benefits „zu 100 %“ übernommen worden. Mit 23 oder 24 zuvor bei der Beklagten zu 1) beschäftigten Mitarbeitern seien … Standardarbeitsverträge und teilweise mit Herabstufung im Vergleich zur vormaligen Position bei der Beklagten zu 1) geschlossen worden. Nur in etwa acht Fällen sei eine Übernahme der bisherigen Bedingungen vereinbart worden.

Es sei nicht der Fall, dass Herr M. die vormalige Position des Klägers bei der Beklagten zu 1) nunmehr bei der Beklagten zu 2) ausübe und für die Entwicklung und Konstruktion vorhandener Getriebe zuständig sei. Herr M. leite bei ihr den Bereich Global Manual … Systems, der für die Serienbetreuung vorhandener Getriebe zuständig sei. Die Position sei mit der des Klägers weder aufgaben- noch vergütungstechnisch vergleichbar.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der Verhandlungen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A. Die Klage ist teilweise unzulässig. Soweit sie zulässig ist, ist sie teilweise begründet. Das zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) bestehende Arbeitsverhältnis ist nicht zum 1.3.2021 auf die Beklagte zu 2) übergegangen. Das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) ist nicht durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten zu 1) vom 12.5.2021 aufgelöst worden, wird aber durch die ordentliche Kündigung der Beklagten zu 1) vom 24.3.2021 zum 31.12.2021 aufgelöst werden.

I. Die Klage ist hinsichtlich ihres Antrags zu 1) zulässig, aber unbegründet. Im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung der Beklagten zu 1) vom 24.3.2021 bestand kein Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2), das durch die Kündigung der Beklagten zu 1) hätte aufgelöst werden können.

1) Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Kläger unter Berücksichtigung von Beschäftigungszeiten bei der Beklagten zu 2) seit Februar 1989 in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten zu 1) stand. Dieses Arbeitsverhältnis ist entgegen der Ansicht des Klägers nicht kraft Betriebs(teil-)übergangs gemäß § 613a Abs. 1 BGB zum 1.3.2021 auf die Beklagte zu 2) übergegangen.

a) Ein Betriebs(teil)übergang im Sinne der Richtlinie 2001/23/EG (sogenannte Betriebsübergangsrichtlinie) sowie im Sinne von § 613a Abs. 1 S. 1 BGB setzt voraus, dass der Übergang eine auf Dauer angelegte, ihre Identität bewahrende wirtschaftliche Einheit im Sinne einer organisierten Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit betrifft (vgl. BAG 28.2.2019, 8 AZR 201/18, Rn. 26). Der Anwendungsbereich der Richtlinie 2001/23/EG und damit des § 613a Abs. 1 S. 1 BGB ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nur eröffnet, wenn sich die wirtschaftliche Einheit als hinreichend strukturierte und selbstständig organisierte Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigenem Zweck einordnen lässt (vgl. EuGH 13.6.2019, C6 164/17 Ellinika Nafpigeia, Rn. 60 mit weiteren Nachweisen; BAG 14.5. 2020, 6 AZR 235/19, Rn. 58).

Die Identität einer wirtschaftlichen Einheit ergibt sich aus mehreren untrennbar zusammenhängenden Merkmalen wie dem Personal der Einheit, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und gegebenenfalls den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln. Erforderlich ist zwangsläufig eine ausreichende funktionelle Autonomie, wobei sich der Begriff Autonomie auf die Befugnisse bezieht, die der Leitung der zur Einheit gehörenden Gruppe von Arbeitnehmern eingeräumt sind, um die Arbeit dieser Gruppe relativ frei und unabhängig zu organisieren und insbesondere Weisungen zu erteilen und Aufgaben auf die zu dieser Gruppe gehörenden untergeordneten Arbeitnehmer zu verteilen, ohne dass andere Organisationsstrukturen des Arbeitgebers dabei dazwischengeschaltet sind (vgl. BAG 25.2.2020, 1 ABR 31/18, Rn. 37; BAG 14.5.2020, 6 AZR 235/19, Rn. 59). Darauf, ob es sich dabei um ein „Unternehmen“, einen „Betrieb“ oder einen „Unternehmens-“ oder „Betriebsteil“ – auch i.S.d. jeweiligen nationalen Rechts – handelt, kommt es nicht an. Entscheidend ist nur, dass es sich um eine wirtschaftliche Einheit handelt (vgl. BAG 27.4.2017, 8 AZR 859/15, Rn. 30; BAG 14.5. 2020, 6 AZR 235/19, Rn. 59).

Entscheidend für einen Betriebs(teil)übergang ist, dass die so verstandene wirtschaftliche Einheit ihre schon vor der Übernahme bestandene Identität „bewahrt“. Nur wenn eine wirtschaftliche Einheit bereits vor dem Übergang vorhanden ist, kann sich die Frage der Wahrung ihrer Identität und damit die Frage eines Betriebs(teil)übergangs überhaupt stellen. Aus der Verwendung des Wortes „behält“ in Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 und Unterabs. 4 der Richtlinie 2001/23/EG folgt, dass die Autonomie der übertragenen Einheit „in jedem Fall“ vor dem Übergang bestanden haben muss. Ein Betriebsteil muss daher schon beim früheren Betriebsinhaber über die erforderliche Autonomie verfügt, d.h. die Qualität eines Betriebsteils im Sinne einer wirtschaftlichen Einheit gehabt haben (vgl. BAG 14.5. 2020, 6 AZR 235/19, Rn. 60 mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

Bei der Prüfung, ob eine wirtschaftliche Einheit ihre Identität bewahrt, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören namentlich die Art des Unternehmens oder Betriebs, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft durch den neuen Inhaber, der etwaige Übergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeiten, denen je nach der Art des betroffenen Unternehmens oder Betriebs, je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- oder Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zukommt (vgl. BAG 28.2.2019, 8 AZR 201/18, Rn. 26; BAG 14.5. 2020, 6 AZR 235/19, Rn. 61). Diese Umstände sind jedoch nur Teilaspekte der vorzunehmenden Gesamtbewertung und dürfen deshalb nicht isoliert betrachtet werden (vgl. BAG 14.5. 2020, 6 AZR 235/19, Rn. 61).

Im Rahmen des § 613a BGB gelten die allgemeinen Grundsätze der Darlegungs- und Beweislast. Für das Vorliegen eines Betriebsübergangs ist danach derjenige darlegungs- und beweisbelastet, für den die Norm günstig ist (vgl. ErfK/Preis, 22. Aufl. 2022, § 613a BGB Rn. 177; APS/Steffan, 6. Aufl. 2021, § 613a BGB Rn. 257).

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht mit Wirkung zum 1.3.2021 auf die Beklagte zu 2) übergegangen.

aa) Ein Übergang des gesamten Betriebs der Beklagten zu 1) hat nicht stattgefunden. Das gilt sowohl in dem vom Kläger angenommenen Fall, dass es sich bei der GFT Zentrale sowie dem Getriebewerk um einen einheitlichen Betrieb handelt, als auch in der von den Beklagten angenommenen Situation des Vorliegens zweier voneinander selbständiger Betriebe.

(1) Der Kläger führt an, die Beklagte zu 2) führe das Unternehmen der Beklagten zu 1) weiter. Es ist jedoch unstreitig, dass das Getriebewerk bei der Beklagten zu 1) verblieben ist. Ein Übergang eines etwaigen gesamten Betriebes aus ehemaliger GFT Zentrale sowie Getriebewerk ist daher nicht erfolgt.

(2) Der Kläger legt weiter dar, es sei ein wesentlicher Teil der Belegschaft der Beklagten zu 1) und ihr fachliches Know-how übernommen und in Räumlichkeiten der Beklagten zu 2) versetzt worden. Die Mitarbeiter hätten bislang einen großen Teil des Arbeitsvolumens in der … abgedeckt und damit auch die Funktionsfähigkeit des Getriebewerkes aufrechterhalten. Der Kläger beziffert den Belegschaftsteil mit ca. einem Drittel der Mitarbeiter der ….. Er macht zudem geltend, es seien betroffene Funktionen der Beklagten zu 1) in die Strukturen der Beklagten zu 2) eingebettet und der bestehende Kundenstamm übernommen worden.

Hierdurch legt der Kläger keine hinreichenden Umstände dafür dar, dass die … angenommen es handelte sich bei ihr um einen eigenständigen Betrieb, auf die Beklagte zu 2) übergegangen ist.

Es ist schon nicht dargetan, wie die … als wirtschaftliche Einheit bei der Beklagten zu 1) am 1.3.2021 strukturiert gewesen sein soll. Hierzu hätte es Ausführungen jedoch bedurft, da es unstreitig im Rahmen von Freiwilligenprogrammen schon eine Vielzahl von Aufhebungsvereinbarungen mit Mitarbeitern und Freistellungen gegeben hatte. Die vormals bestandenen Strukturen in den verschiedenen Bereichen der Beklagten zu 1) bestanden mithin am 1.3.2021 schon nicht mehr fort.

Es ist jedenfalls aber nicht dargelegt und erkennbar, dass zum 1.3.2021 identitätswahrend eine wirtschaftliche Einheit auf die Beklagte zu 2) übergangen ist. Der Übergang ca. eines Drittels der in der … Zentrale beschäftigten Mitarbeiter genügt nicht, um den Übergang einer wirtschaftlichen Einheit zu begründen. Dies gilt umso mehr, als der Kläger selber anführt, die Beklagte zu 2) habe die betroffenen Funktionen in ihre Strukturen „eingebettet“ und somit nicht als Gesamtheit zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks mit fortbestehender Arbeitsorganisation bestehen lassen. Die Behauptung des Klägers, es sei der bestehende Kundenstamm übernommen worden, bleibt bis zuletzt pauschal. Sie ist vor dem Hintergrund der unstreitigen Befassung der … Zentrale mit Angelegenheiten des international tätigen … zwischen … und … auch nicht nachzuvollziehen. Ein Übergang materieller Betriebsmittel wie Gebäude oder bewegliche Güter ist nicht erfolgt, vielmehr sind den Arbeitnehmern bei der Beklagten zu 2) Arbeitsplätze zugewiesen worden. Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung der von den Parteien dargetanen Umstände ist ein Übergang einer identitätswahrenden wirtschaftlichen Einheit daher nicht ersichtlich.

bb) Auch Betriebsteilübergänge im Sinne des § 613a Abs. 1 BGB auf die Beklagte zu 2) sind nicht dargetan und erkennbar.

(1) Sofern in der … Zentrale, wie vom Kläger angenommen, ein Betriebsteil gesehen würde, folgte dies aus den vorstehenden Erwägungen.

(2) Der Kläger macht mit seinem Schriftsatz vom 28.10.2021 zwar geltend, er habe der Untereinheit Programm Management angehört, welche zur abgrenzbaren Einheit Produktentwicklung in der Firmenzentrale gehört habe. Die Beklagte zu 2) habe zum 1.3.2021 32 namentlich genannte Mitarbeiter der Beklagten zu 1) übernommen, die überwiegend in der Produktentwicklung tätig gewesen seien, diese in die Einheit Global Manual … Systems integriert und sich hierdurch eine bestehende Organisation zunutze gemacht. Rund 90 % der Mitarbeiter, die bei der Beklagten zu 2) in der Produktentwicklung in der Untereinheit Produktmanagement eingesetzt seien, seien zuvor Mitarbeiter der Beklagten zu 1) gewesen. Er bestreitet, dass die Beklagte zu 2) mit der Einheit Global Manual … Systems einen organisatorischen Bereich mit anderer Zwecksetzung geschaffen habe. Vielmehr gehe es auch bei dieser Einheit um neue Getriebe sowie Aufgaben im Zusammenhang mit der Serienbetreuung von Getrieben. In seiner Replik hat der Kläger angeführt, der Bereich der Produktentwicklung sei durch Abfindungsangebote auf ca. 50 % seiner Größe verkleinert worden. Der verbleibende Teil sei zum 1.3.2021 von der Beklagten zu 2) übernommen und mit einem …-Arbeitsvertrag ausgestattet worden. Die Funktion des Leiters der Produktentwicklung sei Herrn … übertragen worden.

Hierdurch legt der Kläger einen Betriebsteilübergang auf die Beklagte zu 2) jedoch nicht hinreichend dar. Dabei kann die Kammer dahinstehen lassen, ob der Kläger in seiner Funktion einer Untereinheit Programm Management zur Einheit Produktentwicklung angehört hat, was die Beklagten bestreiten. Die Kammer kann auch zugunsten des Klägers die beklagtenseitige Rüge der Verspätung des Vorbringens im Schriftsatz vom 28.10.2021 unberücksichtigt lassen. Denn der Kläger argumentiert zuletzt im Wesentlichen mit 32 namentlich genannten Mitarbeitern der Beklagten zu 1), die überwiegend in der Produktentwicklung tätig gewesen seien. Nach dem klägerseits nicht bestrittenen Vorbringen der Beklagten zu 2) wurden aber von bei der Beklagten zu 1) vormals 85 im Bereich … bzw. 131 in den Bereichen … und Programm Management Quality and Various other rules (Business Office) beschäftigten Mitarbeitern „nur“ 31 Mitarbeitern Arbeitsverträge angeboten. Die Beklagte zu 2) übernahm danach, selbst wenn lediglich auf die 85 vormals im Bereich … der Beklagten zu 1) in der … Zentrale beschäftigten Mitarbeiter abgestellt würde, nur einen Teil von weniger als 50 % der Mitarbeiter (32/85 bzw. 31/85). Zu diesem Teil gehörte unstreitig nicht der Kläger als damaliger Leiter der Produktentwicklung. Vielmehr sind die Leitungsaufgaben, wobei die Inhalte zwischen den Parteien streitig sind, einem Mitarbeiter der Beklagten zu 2) übertragen worden, der zuvor in anderen Positionen bei der Beklagten zu 1) beschäftigt war. Ein Übergang von Know-how bzw. Spezialwissen bei der Leitung des Bereichs wurde daher zum 1.3.2021 nicht vorgenommen. Es ist nicht dargetan und für die Kammer nicht erkennbar, dass die von der Beklagten zu 2) eingestellten Mitarbeiter mit gleichen oder ähnlichen Aufgaben bzw. Projekten wie bei der Beklagten zu 1) befasst werden, obwohl sie vormals in der für die unternehmerische Führung und Steuerung des … zuständigen … Zentrale beschäftigt waren und nunmehr allein mit Belangen der Beklagten zu 2) befasst werden. Es ist für die Kammer auch nicht ersichtlich, dass es sich bei den 31/32 durch die Beklagte zu 2) eingestellten Mitarbeitern oder mehreren von diesen um solche Mitarbeiter der Beklagten zu 1) im Bereich der Produktentwicklung mit Schlüsselqualifikationen, besonderen Kenntnissen und Fertigkeiten handelt, ohne die die Beklagte zu 2) die nunmehr verrichteten Aufgaben nicht oder nur erheblich schlechter ausführen könnte. Soweit der Kläger anführt, die Beklagte zu 2) habe einen wesentlichen Teil der Belegschaft der Beklagten zu 1) aus der Produktentwicklung unter Mitnahme deren Know-hows und Spezialwissen zum 1.3.2021 übernommen, ist das Vorbringen nicht hinreichend substantiiert. Ein Übergang materieller Betriebsmittel erfolgte nicht. Bei der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung der dargetanen Umstände ist danach kein Betriebsteilübergang auf die Beklagte zu 2) erfolgt.

(3) Ein Betriebs(teil-)übergang bzw. ein Indiz für einen solchen folgt entgegen der Ansicht des Klägers nicht aus dem „Verständnispapier“ vom 25.11.2020 (Anl. P 22, Bl. 201 ff. der Akte).

Die Betriebsparteien sind nach dem Verständnis der Kammer nicht davon ausgegangen, dass es zu einem Betriebsübergang bzw. einem oder mehreren Betriebsteilübergängen kommen würde. Sonst hätten sie sich nicht mit Fragen des Personalabbaus und dessen sozialverträglicher Durchführung befasst. Im Abschnitt „II. Zielorganisation“ wird das Ziel definiert, … Beschäftigten „aufgrund ihrer individuellen Kompetenzen und unter Beachtung der bestehenden tariflichen und betrieblichen Struktur … Arbeitsverträge“ anzubieten. Es soll, wie es im dritten Absatz des Abschnitts ausdrücklich heißt, sichergestellt werden, „kritische Kompetenzen für … zu gewinnen und verhindern, dass ausgewählte Beschäftigte aus Unkenntnis der Möglichkeit, bei … einen Arbeitsvertrag zu erhalten, zu anderen Arbeitgebern wechseln“. Die Betriebsparteien wollten durch ihre abgestimmte Vorgehensweise mithin sicherstellen, dass Kompetenzträger der Beklagten zu 1) nicht zu Wettbewerbern wechseln. Zwar wird im ersten Absatz des Abschnitts auf die besondere Bedeutung fortlaufender Neuentwicklungen gesondert abgestellt, „um den anstehenden Wandel in der Automobilindustrie mit innovativen Produkten begleiten zu können.“ Dem hat die Beklagte zu 2) auch dadurch Rechnung getragen, dass 31 der unstreitig jedenfalls 79 von der Beklagten zu 1) übernommenen Positionen aus dem Bereich … und Programm Management Quality and Various other rules (Business Office) stammen. Die Übernahme dieser 31 bzw. der klägerseits angeführten 32 Mitarbeiter der Beklagten zu 1) ist jedoch, wie vorstehend festgestellt, unter Berücksichtigung auch der weiteren Gesamtumstände nicht hinreichend, um einen Betriebsteilübergang des Bereichs Produktentwicklung zu begründen.

2) Ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 2) ergibt sich entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht aus einer Matrixstruktur mit der Beklagten zu 1).

Der Kläger verweist in seinem Schriftsatz vom 28.10.2021 darauf, dass die Beklagte zu 2) regelmäßig Mitarbeiter an die Beklagte zu 1) entsende, ein gemeinsamer Betriebsrat bestehe und die Beklagte zu 2) „wirtschaftlich der alleinige Eigentümer“ der Beklagten zu 1) sei. Ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 2) ergäbe sich insofern aus der Matrixstruktur mit der Beklagten zu 1).

a) Matrixstrukturen sind so gestaltet, dass nicht jede einzelne Gruppen-/Konzerngesellschaft vertikal hierarchisch und horizontal bereichs- oder aufgabenspezifisch gegliedert ist, sondern die einzelnen Gesellschaften selbst und in ihrer Funktion als Arbeitgeber wirtschaftlich in den Hintergrund treten und vielmehr der Konzern oder die Gruppe selbst nach Aufgaben- und Funktionsbereichen gegliedert wird. In den einzelnen organisatorischen Bereichen des Konzerns/der Gruppe werden dann Mitarbeiter verschiedener Konzern-/Gruppengesellschaften gemeinsam beschäftigt. Die Berichtslinien verlaufen nicht mehr vertikal in der Anstellungsgesellschaft, sondern konzern- bzw. gruppenbezogen (vgl. LAG … 22.4.2021, 6 Sa 1066/20, Rn. 26).

b) Danach ist nach dem Vorbringen des Klägers schon nicht ersichtlich, dass zwischen den Beklagten Matrixstrukturen bestehen. Zwar ist unstreitig, dass der Geschäftsführer der Beklagten zu 1) Herr P. sowie der für das Personalwesen der Beklagten zu 1) verantwortliche Herr … von der Beklagten zu 2) entsandt waren. Aus dem Bestehen etwaiger Arbeits- bzw. Dienstverhältnisse des Herrn .. sowie des Herrn … (auch) mit der Beklagten zu 2) folgt jedoch noch nicht, dass die Beklagte zu 1) und Beklagte zu 2) nicht jeweils innerhalb ihrer Gesellschaften vertikal hierarchisch und hinsichtlich der Personalangelegenheiten voneinander getrennt agierten. Jedenfalls führte ein etwaiges Arbeits- bzw. Dienstverhältnis des dem Kläger vorgesetzten Geschäftsführers der Beklagten zu 1), Herrn …auch) mit der Beklagten zu 2) nicht ohne Weiteres zum Bestehen eines Arbeitsverhältnisses auch des Klägers mit der Beklagten zu 2), zumal bis zu dem für den Kläger maßgeblichen Stichtag 1.3.2021 jeweils 50-prozentige Gesellschafter der … … … GmbH als Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1) die … International Inc. sowie die … Getriebe Beteiligungsgesellschaft mbH waren, deren alleinige Gesellschafterin allerdings die Beklagte zu 2) ist.

II. Die Klage ist hinsichtlich ihrer Anträge zu 3) und zu 5) zulässig und begründet. Das zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) nach den vorstehenden Feststellungen über den 1.3.2021 hinaus bestehende Arbeitsverhältnis ist nicht durch die außerordentliche, fristlose Kündigung der Beklagten zu 1) vom 12.5.2021 aufgelöst worden. Die außerordentliche, fristlose Kündigung der Beklagten zu 1) vom 12.5.2021, die als einheitlich zu verstehende Kündigung dem Kläger lediglich persönlich und über seinen Prozessbevollmächtigten zugestellt wurde, ist unwirksam.

1. Der Kläger kann sich darauf berufen, dass die Kündigung rechtsunwirksam ist, §§ 13 Satz 2, 4 Satz 1, 7 KSchG. Denn er hat seine bereits rechtshängige Klage mit bei dem Arbeitsgericht am 21.5.2021 eingegangenem Schriftsatz vom 17.5.2021 innerhalb von drei Wochen nach Zugang der streitgegenständlichen Kündigung vom 12.5.2021 um die Kündigungsschutzanträge erweitert; die Klageerweiterung ist der Beklagten zu 1) demnächst zugestellt worden, §§ 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 167 ZPO.

2. Die außerordentliche, fristlose Kündigung der Beklagten zu 1) vom 12.5.2021 ist unwirksam.

a. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann ein Dienstverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Nach § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB kann die Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt.

b. Die Beklagte zu 1) begründet ihre außerordentliche fristlose Kündigung vom 12.5.2021 damit, dass der Kläger Geschäftsgeheimnisse verletzt habe, indem er seinem Prozessbevollmächtigten zur Fertigung einer gutachterlichen Stellungnahme Anfang Oktober 2020 Details zur damals geplanten Beendigung des … mitgeteilt habe, die im Folgenden Eingang in die gutachterliche Stellungnahme vom 2.11.2020 gefunden hätten.

Die Kammer kann dahinstehen lassen, ob der vorstehend kurz zusammengefasst wiedergegebene Vorwurf der Beklagten zu 1) in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB begründen kann.

Denn die außerordentliche, fristlose Kündigung vom 12.5.2021 erfolgte nicht unter Einhaltung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB.

aa. Die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB beginnt, wenn der Kündigungsberechtigte eine zuverlässige und möglichst vollständige positive Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen hat, die ihm die Entscheidung ermöglichen, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar ist oder nicht. Auch grob fahrlässige Unkenntnis ist insoweit ohne Bedeutung. Zu den maßgeblichen Tatsachen gehören sowohl die für als auch die gegen die Kündigung sprechenden Umstände. Ohne die umfassende Kenntnis des Kündigungsberechtigten vom Kündigungssachverhalt kann sein Kündigungsrecht nicht verwirken. Der Kündigungsberechtigte, der Anhaltspunkte für einen Sachverhalt hat, der zur außerordentlichen Kündigung berechtigen könnte, kann Ermittlungen anstellen und den Betroffenen anhören, ohne dass die Frist zu laufen beginnt (vgl. (vgl. BAG 17.3.2005, 2 AZR 245/04, Rn. 36; BAG 27.1. 2011, 2 AZR 825/09, Rn. 15). Denn es genügt nicht allein die Kenntnis des konkreten, die Kündigung auslösenden Anlasses, d.h. des „Vorfalls“, der einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darstellen soll. Bei einer vom Arbeitgeber erklärten außerordentlichen Kündigung gehören auch solche Aspekte zum Kündigungssachverhalt, die für den Arbeitnehmer und gegen die Kündigung sprechen. Deshalb kann der Kündigungssachverhalt regelmäßig nicht ohne eine Anhörung des Arbeitnehmers hinreichend vollständig erfasst werden. Außerdem gehört es zu den maßgeblichen Umständen, die vom Kündigungsberechtigten zu ergründen und festzustellen sind, mögliche Beweismittel für die ermittelte Pflichtverletzung zu beschaffen und zu sichern (vgl. BAG 17.3.2005, 2 AZR 245/04, Rn. 35).

Allerdings soll die zeitliche Begrenzung des § 626 Abs. 2 BGB den Arbeitgeber nicht zu hektischer Eile bei der Kündigung antreiben oder ihn veranlassen, ohne genügende Vorprüfung des Sachverhalts oder hinreichend vorhandene Beweismittel voreilig zu kündigen. Solange der Kündigungsberechtigte die zur Aufklärung des Sachverhalts nach pflichtgemäßem Ermessen notwendig erscheinenden Maßnahmen durchführt, kann die Ausschlussfrist nicht anlaufen (vgl. BAG 17.3.2005, 2 AZR 245/04, Rn. 36; BAG 27.1. 2011, 2 AZR 825/09, Rn. 15).

Sind die Ermittlungen jedoch abgeschlossen und hat der Kündigungsberechtigte eine hinreichende Kenntnis vom Kündigungssachverhalt und von den erforderlichen Beweismitteln, so beginnt der Lauf der Ausschlussfrist. Dabei darf jedoch nicht darauf abgestellt werden, ob die Ermittlungsmaßnahmen etwas zur Aufklärung des Sachverhalts beigetragen haben oder überflüssig waren. Allerdings besteht für weitere Ermittlungen kein Anlass mehr, wenn der Sachverhalt bereits geklärt oder der Gekündigte ihn sogar zugestanden hat. Die Ausschlussfrist ist nämlich nur so lange gehemmt, wie der Kündigungsberechtigte aus verständigen Gründen mit der gebotenen Eile noch Ermittlungen anstellt, die ihm eine weitere, umfassende und zuverlässige Kenntnis des Kündigungssachverhalts und der notwendigen Beweismittel verschaffen sollen (vgl. BAG 17.3.2005, 2 AZR 245/04, Rn. 36).

Um den Lauf der Frist nicht länger als notwendig hinauszuschieben, muss eine Anhörung allerdings innerhalb einer kurzen Frist erfolgen. Die Frist darf im Allgemeinen, und ohne dass besondere Umstände vorliegen, nicht mehr als eine Woche betragen (vgl. BAG 27.1. 2011, 2 AZR 825/09, Rn. 15).

bb. Bei Anwendung dieser Grundsätze wahrte die Beklagte zu 1) die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht.

Die Beklagte zu 1) erhielt am 25.3.2021 Kenntnis von der gutachterlichen Stellungnahme vom 2.11.2020. Der Kläger übergab dem Geschäftsführer der Beklagten P. in einem Personalgespräch an diesem Tage die gutachterliche Stellungnahme.

Die Anhörung des Klägers hätte innerhalb einer Woche und damit spätestens am 1.4.2021 erfolgen müssen. Es sind von der Beklagten zu 1) keine besonderen Umstände dafür dargetan, dass eine Anhörung nicht innerhalb einer Woche nach Kenntniserhalts von dem Gutachten am 25.3.2021 erfolgen konnte. Die Beklagte zu 1) behauptet in ihrer Klageerwiderung, es seien „umfangreiche interne Gespräche und Prüfungen“ erfolgt. Diese seien insbesondere erforderlich gewesen, weil der in der gutachterlichen Stellungnahme vom 2.11.2020 dargestellte Planungsstand nicht das finale Verhandlungsergebnis zwischen … und … widergespiegelt habe und zunächst habe rekonstruiert werden müssen, welcher Stand hier konkret wiedergegeben worden sei. In ihrer Duplik ergänzt die Beklagte zu 1), nachdem der Kläger in seiner Replik anführt, das mit Schreiben vom 7.4.2021 eingeleitete Anhörungsverfahren sei offensichtlich nicht unverzüglich nach Erhalt des Gutachtens am 25.3.2021 erfolgt, sie habe nach Erhalt des Gutachtens am 25.3.2021 unverzüglich begonnen, weitere Ermittlungen anzustellen und den Vorgang zu prüfen. Die Ermittlungen hätten sich allerdings aufwendig gestaltet. Denn bevor gegenüber dem Kläger ein derart schwerwiegender Verdacht habe geäußert werden können, habe sie ausschließen müssen, dass die fraglichen Informationen nicht doch im Unternehmen bzw. in der Öffentlichkeit bekannt geworden oder z.B. dem Sprecherausschuss im Rahmen der regelmäßig erfolgten Informationen mitgeteilt worden seien. Hierzu hätten umfangreiche Korrespondenzen gesichtet und Beteiligte befragt werden müssen. Dies sei zügig und mit der gebotenen Gründlichkeit erfolgt. Mit diesen Ausführungen behauptet die Beklagte zu 1) lediglich pauschal, sie habe umfangreiche Prüfungen vorgenommen und Gespräche geführt. Welche konkreten Maßnahmen sie an welchem Tag nach dem 25.3.2021 vorgenommen habe, legt sie jedoch nicht dar. Auch erläutert sie nicht, warum es besonders aufwendig gewesen sein soll, zu rekonstruieren, welcher Planungsstand wiedergegeben worden sei. Die Beklagte zu 1) bleibt für ihr Vorbringen überdies beweisfällig. Danach sind keine besonderen Umstände dargetan und für die Kammer erkennbar, dass eine Anhörung des Klägers nicht innerhalb einer Woche nach dem 25.3.2021 erfolgen konnte. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB begann danach am 2.4.2021 zu laufen und lief am 15.4.2021 ab.

Die Beklagte zu 1) nahm eine Anhörung des Klägers mit Schreiben vom 7.4.2021 unter Setzung einer Stellungnahmefrist bis zum 16.4.2021 vor. Der Kläger teilte durch Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 16.4.2021 im Wesentlichen mit, im Gespräch Anfang Oktober 2020 sei über die aus Veröffentlichungen des Hauses bekannte Entwicklung im Verhältnis zwischen der Firma … und der … Gruppe gesprochen worden. Es seien keine internen Unterlagen ausgehändigt oder gesendet worden, sondern lediglich Bezug genommen worden auf die allgemeinen, im Unternehmen seitens der Geschäftsleitung mitgeteilten Sachverhalte und insbesondere die Informationen, die dem Internet zu entnehmen seien. Es ergaben sich danach aus der Stellungnahme des Klägers vom 16.4.2021 keine neuen Erkenntnisse hinsichtlich des mit der gutachterlichen Stellungnahme vom 2.11.2020 angenommenen Verstoßes des Klägers gegen seine Geheimhaltungspflichten, die zum erneuten Anlaufen der Frist des § 626 Abs. 2 BGB geführt haben könnten. Dies gilt gleichermaßen für die Stellungnahme des Klägers durch Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 29.4.2021. Auch die Beklagte zu 1) führt nicht an, dass aufgrund der Stellungnahmen des Klägers neue oder ergänzende Anhaltspunkte für die seit dem 25.3.2021 angenommenen Verstöße des Klägers gegen seine Geheimhaltungspflichten durch Angaben im Gespräch am 7.10.2020 und die gutachterliche Stellungnahme vom 2.11.2020 vorlagen.

Danach lief die Frist des § 626 Abs. 2 BGB am 15.4.2021 ab. Die dem Kläger am 12.5.2021 zugestellte Kündigung vom selben Tage wahrte die Frist des 626 Abs. 2 BGB nicht.

c. Die Beklagte zu 1) führt in ihrer Klageerwiderung unter I. 4. c) „Fazit“ an, der Kläger habe im Anhörungsverfahren die Vorwürfe nicht entkräftet und die Gelegenheit auch nicht für einen Erklärungsversuch genutzt, sondern vielmehr die offensichtlich unwahre Behauptung aufgestellt, die fraglichen Informationen und Details seien im Internet verfügbar gewesen bzw. stammten aus einer angeblichen Stellungnahme des Gesamtbetriebsratsvorsitzenden. Vor diesem Hintergrund habe sie auch erhebliche Zweifel an weiteren Auskünften in den anwaltlichen Stellungnahmen.

Aus dem Gesamtkontext dieser Ausführungen in der Klageerwiderung und insbesondere den Darlegungen zur Kündigung vom 12.5.2021 in der Duplik wird jedoch ersichtlich, dass die Beklagte zu 1) die Kündigung ausschließlich auf die Verletzung von Geschäftsgeheimnissen und nicht auch auf wahrheitswidrige Aussagen im Rahmen der erfolgten Anhörungen stützt. Dem entspricht es, dass der Kläger im ergänzenden Anhörungsschreiben vom 22.4.2021 zur möglichen „Verletzung von Geheimhaltungspflichten“ angehört worden ist und dem Sprecherausschuss sowie vorsorglich dem Betriebsrat zur Begründung der beabsichtigten Kündigung als „Kündigungssachverhalt – Verletzung von gesetzlichen und vertraglichen Geheimhaltungspflichten“ genannt worden ist. Die Kammer kann daher dahinstehen lassen, ob die außerordentliche Kündigung im Hinblick auf etwaige unrichtige Angaben im Anhörungsverfahren nach § 626 Abs. 1 und Abs. 2 BGB wirksam wäre. Der beklagtenseitige Verdacht unrichtiger Angaben begründete auch nicht den neuen Lauf der Frist des § 626 Abs. 2 BGB.

III. Die Klage ist hinsichtlich ihres Antrags zu 2) zulässig, aber unbegründet. Das zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) bestehende Arbeitsverhältnis wird durch die Kündigung der Beklagten zu 1) vom 24.3.2021 zum 31.12.2021 aufgelöst werden.

Der Kläger kann zwar geltend machen, dass die Kündigung sozial nicht gerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, §§ 4 Satz 1, 7 KSchG. Denn er hat seine Kündigungsschutzklage am 7.4.2021 und damit innerhalb von drei Wochen nach Zugang der ordentlichen Kündigung vom 24.3.2021 bei dem Arbeitsgericht Köln eingereicht; die Kündigungsschutzklage ist der Beklagten zu 1) demnächst zugestellt worden, §§ 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 167 ZPO.

Die Kündigung ist jedoch rechtswirksam. Sie ist sozial gerechtfertigt im Sinne von § 1 Abs. 1 KSchG und auch nicht aus anderen Gründen rechtsunwirksam.

1) Die Kündigung vom 24.3.2021 ist sozial gerechtfertigt im Sinne von § 1 Abs. 1 KSchG.

a) Die ordentliche Kündigung vom 24.3.2021 ist am Maßstab des Kündigungsschutzgesetzes zu überprüfen. Das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) bestand länger als sechs Monate (§ 1 Abs. 1 KSchG). Die Beklagte zu 1) beschäftigt mehr als zehn Arbeitnehmer ausschließlich der zur Berufsbildung Beschäftigten i.S.v. § 23 Abs. 1 KSchG.

b) Die Kündigung ist sozial gerechtfertigt.

aa) Sie ist durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt. Im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Kündigung bestanden dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers nach Ablauf der Kündigungsfrist entgegenstehen.

(1) Dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG können sich aus innerbetrieblichen oder außerbetrieblichen Gründen ergeben. Innerbetriebliche Gründe liegen vor, wenn sich der Arbeitgeber zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt (vgl. BAG 23.02.2012, 2 AZR 548/10, Rn. 17; BAG 24.05.2012, 2 AZR 124/11, Rn. 21). Sie sind dringend i. S. v. § 1 Abs. 2 KSchG, wenn die Umsetzung der unternehmerischen (Organisations-)Entscheidung, etwa der zur Stilllegung des gesamten Betriebs, spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist zu einem voraussichtlich dauerhaften Wegfall des Bedarfs an einer Beschäftigung des betroffenen Arbeitnehmers führt. Diese Prognose muss schon im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung objektiv berechtigt sein (vgl. BAG 29.03.2007, 2 AZR 31/06, Rn. 24; BAG 31.07.2014, 2 AZR 422/13, Rn. 31; BAG 27.2.2020, 8 AZR 215/19, Rn. 71; BAG 14.5.2020, 6 AZR 235/19, Rn. 90). Darlegungs- und beweisbelastet für den Wegfall des Beschäftigungsbedarfs ist dabei der Arbeitgeber (§ 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG, BAG 16.2.2012, 8 AZR 693/10, Rn. 41).

(a) Die Entscheidung des Arbeitgebers zu einer organisatorischen Maßnahme ist gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (vgl. BAG 23.02.2012, 2 AZR 548/10, Rn. 17; BAG 24.05.2012, 2 AZR 124/11, Rn. 21; BAG 27.2.2020, 8 AZR 215/19, Rn. 72). Nachzuprüfen ist aber, ob die fragliche Entscheidung tatsächlich umgesetzt wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist (vgl. BAG 23.02.2012, 2 AZR 548/10, Rn. 17; BAG 24.05.2012, 2 AZR 124/11, Rn. 21; BAG 27.2.2020, 8 AZR 215/19, Rn. 72).

(b) Der Beschäftigungsbedarf muss bei Zugang der Kündigung nicht schon tatsächlich entfallen sein. Für die Wirksamkeit der Kündigung genügt es, dass jedenfalls die Entwicklungen, die für den künftigen Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit maßgeblich sind, zu diesem Zeitpunkt feststehen, also abschließend geplant sind, und dass die Erwartung berechtigt ist, sie würden sich bis zum Ablauf der Kündigungsfrist realisiert haben. In diesem Sinne muss der betreffende Kausalverlauf zwar noch nicht beendet, aber bei Kündigungszugang doch bereits in Gang gesetzt worden sein (vgl. BAG 31.07.2014, 2 AZR 422/13, Rn. 33).

Hängt der Wegfall des Arbeitsbedarfs von unternehmerisch-organisatorischen Maßnahmen des Arbeitgebers ab, die bei Zugang der Kündigung faktisch noch nicht umgesetzt worden sind, müssen folglich zumindest die Absicht und der Wille des Arbeitgebers, diese Maßnahmen vorzunehmen, schon vorhanden und abschließend gebildet worden sein. Es genügt, dass sich die unternehmerisch-organisatorische Maßnahme des Arbeitgebers konkret und greifbar abzeichnet (vgl. BAG 31.07.2014, 2 AZR 422/13, Rn. 34; BAG 20.11.2014, 2 AZR 512/13, Rn. 16). Im Falle der Stilllegung des Betriebs ist erforderlich, dass der Arbeitgeber im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung den ernsthaften und endgültigen Entschluss gefasst hat, den Betrieb stillzulegen (vgl. BAG 16.2.2012, 8 AZR 693/10, Rn. 37; BAG 14.5.2020, 6 AZR 235/19, Rn. 90).

Die betrieblichen Umstände einer Verringerung des Beschäftigungsbedarfs müssen zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung zudem bereits „greifbare Formen“ angenommen haben und eine vernünftige, betriebswirtschaftliche Betrachtung die Prognose rechtfertigen, dass sich bis zum Ablauf der einzuhaltenden Kündigungsfrist die Reduzierung des Beschäftigungsbedarfs realisieren wird (vgl. BAG 15.12.2011, 8 AZR 692/10, Rn. 40; BAG 29.09.2005, 8 AZR 647/04, Rn. 24). Andernfalls lässt sich im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung – auf den es dafür unverzichtbar ankommt – nicht hinreichend sicher prognostizieren, es werde bis zum Ablauf der Kündigungsfrist tatsächlich zum Wegfall des Beschäftigungsbedarfs kommen (vgl. BAG 31.07.2014, 2 AZR 422/13, Rn. 34; BAG 20.11.2014, 2 AZR 512/13, Rn. 16).

(c) Im Falle einer Betriebsstilllegung kann von „greifbaren Formen“ im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung ausgegangen werden, wenn der Arbeitgeber seine Stilllegungsabsicht unmissverständlich äußert, allen Arbeitnehmern kündigt, etwaige Miet- und Pachtverträge zum nächstmöglichen Zeitpunkt auflöst, die Betriebsmittel, über die er verfügen darf, veräußert und die Betriebstätigkeit vollständig einstellt. Für die Stilllegung von Betriebsteilen gilt dies, begrenzt auf die entsprechende Einheit, entsprechend. An einem endgültigen Entschluss zur Betriebsstilllegung fehlt es hingegen, wenn der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Kündigung noch in ernsthaften Verhandlungen über eine Veräußerung des Betriebs oder von Teilen des Betriebs steht oder sich noch um neue Aufträge bemüht. Betriebsveräußerung und Betriebsstilllegung schließen sich systematisch aus. Eine vom Arbeitgeber mit einer Stilllegungsabsicht begründete Kündigung ist nur dann sozial gerechtfertigt, wenn sich die geplante Maßnahme objektiv als Betriebsstilllegung und nicht als Betriebs(teil)veräußerung darstellt (vgl. BAG 16.2.2012, 8 AZR 693/10, Rn. 37, 39; BAG 14.3.2013, 8 AZR 154/12, Rn. 28; BAG 14.5.2020, 6 AZR 235/19, Rn. 91).

(2) Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die streitgegenständliche Kündigung der Beklagten zu 1) aus dringenden betrieblichen Erfordernissen sozial gerechtfertigt.

(a) Die Beklagte zu 1) traf die unternehmerische Entscheidung, die … Zentrale in … mit Wirkung zum 1.3.2021 vollständig zu schließen und sämtliche Arbeitsplätze in diesem Bereich dauerhaft und ersatzlos zu streichen.

Der Kläger bestreitet zwar, dass die Beklagte zu 1) eine unternehmerische Entscheidung mit Stilllegungsabsicht getroffen habe und die Zentralbereiche des … am Standort … tatsächlich stillgelegt worden seien. Dieses Bestreiten ist jedoch nicht hinreichend, um die angeführte unternehmerische Entscheidung der Beklagten zu 1) in Abrede zu stellen. Denn der Kläger führt in seiner Klageschrift an und nimmt hiervon auch im Folgenden nicht Abstand, dass die Gesellschafter der … GmbH im Jahr 2020 beschlossen hätten, das Joint Venture zwischen dem Automobilhersteller … und dem Automobilzulieferer … aufzulösen, einzelne Betriebe in eine neue Eigentümerstruktur zu implementieren und das Unternehmen im Übrigen zu schließen. Dementsprechend sei … als Gesellschafterin zum 1.3.2021 ausgeschieden und seien die verschiedenen Standorte auf … bzw. … übergegangen. Der Kläger stellt weiter nicht in Abrede, dass die Beklagte zu 1) vor Ausspruch der Kündigung ihm gegenüber im März 2021 bereits mit der ganz überwiegenden Zahl der Mitarbeiter der … Zentrale im Rahmen der laufenden Freiwilligenprogramme Aufhebungsvereinbarungen abgeschlossen oder diese zumindest freigestellt hatte. Hiernach ist das Vorbringen des Klägers nicht hinreichend, um die beklagtenseits angeführte unternehmerische Entscheidung in Abrede zu stellen, auch wenn der Kläger in rechtlicher Hinsicht der Ansicht ist, dass es zum 1.3.2021 zu einem Betriebsübergang auf die Beklagte zu 2) gekommen sei.

Es ist durch das Gericht nicht zu prüfen, ob die unternehmerische Entscheidung der Beklagten zu 1) zweckmäßig oder gar wirtschaftlich gewesen ist. Zu prüfen ist lediglich, ob die behauptete unternehmerische Entscheidung tatsächlich umgesetzt worden ist.

(b) Die Beklagte zu 1) hat die behauptete unternehmerische Entscheidung tatsächlich umgesetzt. Sie hatte im Zeitpunkt der Kündigung im März bereits mit der Umsetzung ihrer unternehmerischen Entscheidung begonnen; die Umsetzung der unternehmerischen Entscheidung hatte bereits „greifbare Formen“ angenommen.

Zwischen den Parteien ist, wie ausgeführt, unstreitig, dass die Gesellschafter der … … … GmbH im Jahr 2020 beschlossen, das Joint Venture zwischen … und … aufzulösen, die einzelnen Betriebe in neue Eigentümerstrukturen zu überführen und das Unternehmen im Übrigen zu schließen. … und … trafen hierzu im August sowie Dezember 2020 Vereinbarungen, auf deren Grundlage … mit Wirkung ab dem 1.3.2021 als Gesellschafterin der Beklagten zu 1) ausschied und die Gesellschaftsanteile von der Beklagten zu 2) übernommen wurden. Die Geschäftsführungen der Beklagten zu 1) und im Folgenden auch der Beklagten zu 2) unterrichteten hierüber den auf der Grundlage eines Tarifvertrags nach § 3 BetrVG gebildeten und auch für die … Zentrale zuständigen Betriebsrat. Die Beklagte zu 1) erstattete Anfang Februar 2021 bei der Bundesagentur für Arbeit … eine Massenentlassungsanzeige, nachdem sie zuvor den Betriebsrat im Hinblick auf die geplante Massenentlassungsanzeige unterrichtet hatte. Bereits vor Ausspruch der Kündigung gegenüber dem Kläger im März 2021 fanden Verhandlungen der Beklagten zu 1) mit dem Betriebsrat über einen Interessenausgleich sowie einen Sozialplan statt. Knapp einen Monat nach Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung aus März 2021 und während des Laufs der Kündigungsfrist unterzeichneten die Betriebsparteien einen Interessenausgleich. Vor Ausspruch der Kündigung gegenüber dem Kläger im März 2021, dem gleichfalls ein Angebot zur Regelung seines einvernehmlichen Ausscheidens unterbreitet worden war, war bereits der ganz überwiegende Teil der Belegschaft der … Zentrale ausgeschieden, hatte im Rahmen der laufenden Freiwilligenprogramme Aufhebungsvereinbarungen abgeschlossen oder war zumindest freigestellt. In der Präambel des am 20.4.2021 unterzeichneten Interessenausgleichs wird angeführt, dass mehr als 90 % der betroffenen Belegschaft der ehemaligen … Zentrale das finale freiwillige Aufhebungsprogramm durch Vertragsabschluss wahrgenommen habe; mit einigen wenigen Mitarbeitern hätten keine einvernehmlichen Lösungen gefunden werden können. Die Beklagte zu 1) legt im Einzelnen dar, welche Übergabe- und Abwicklungsarbeiten nach dem 1.3.2021 noch durchgeführt wurden, dass die sogenannte Transition-Phase Ende Mai 2021 abgeschlossen war und zum 30.9.2021 sämtliche verbliebenen Mitarbeiter des ursprünglich 150-köpfigen sogenannten Transition-Teams endgültig freigestellt wurden. Es sind nach dem Vorbringen der Parteien keine Hinweise darauf ersichtlich, dass am vormaligen Sitz der … Zentrale in der … in … nach dem 30.9.2021 noch Tätigkeiten verrichtet werden, die auf die unternehmerische Führung und Steuerung von Betrieben der Beklagten zu 1) gerichtet sind.

Nach alledem hatte die Beklagte zu 1) im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vom 24.3.2021 bereits mit der Umsetzung ihrer unternehmerischen Entscheidung begonnen. Die Umsetzung wird auch planmäßig vor Ablauf der Kündigungsfrist am 31.1.2021 abgeschlossen sein.

(c) Die Beklagte zu 1) nahm auch eine Betriebsstilllegung vor. Es handelte sich bei der Zentrale um einen eigenständigen Betrieb im Verhältnis zum Getriebewerk.

(aa) Das Kündigungsschutzgesetz enthält keine eigene Definition des Betriebsbegriffs. Es gilt daher im Wesentlichen derjenige des § 1 BetrVG. Danach ist der Betrieb die organisatorische Einheit von Arbeitsmitteln, mit deren Hilfe der Arbeitgeber allein oder in Gemeinschaft mit seinen Arbeitnehmern mithilfe von technischen und immateriellen Mitteln einen bestimmten arbeitstechnischen Zweck fortgesetzt verfolgt, der nicht nur in der Befriedigung von Eigenbedarf liegt. Dies setzt einen einheitlichen organisatorischen Einsatz der Sachmittel und Personalressourcen voraus. Die einen Betrieb konstituierende Leitungsmacht wird dabei dadurch bestimmt, dass der Kern der Arbeitgeberfunktionen in personellen und sozialen Angelegenheiten von derselben institutionalisierten Leitung im Wesentlichen selbstständig ausgeübt wird. Entscheidend ist, wo schwerpunktmäßig über Arbeitsbedingungen und Organisationsfragen entschieden wird und in welcher Weise Einstellungen, Entlassungen und Versetzungen vorgenommen werden (vgl. BAG 2.3.2017, 2 AZR 427/16, Rn. 15; BAG 19.7.2016, 2 AZR 468/15, Rn. 12).

(Auch) ob die Hauptverwaltung eines Unternehmens schon für sich einen Betrieb darstellt oder ob sie zusammen mit einer oder mehreren Produktionsstätten als einheitlicher Betrieb anzusehen ist, hängt wesentlich von der Leitungsstruktur des Unternehmens ab. Um einen einheitlichen Betrieb kann es sich handeln, wenn die Unternehmensleitung selbst eine oder auch mehrere Produktionsstätten in arbeitstechnischer Hinsicht leitet, um mehrere Betriebe, wenn die Leitung der Betriebe insoweit jeweils in der Produktionsstätte ausgeübt wird. Unerheblich ist dabei, wo die Entscheidungsbefugnisse in wirtschaftlich-kaufmännischen Angelegenheiten liegen, weil diese unternehmerischen Entscheidungen der Mitbestimmung nach dem Betriebsverfassungsgesetz weitgehend entzogen sind. Ebenso kann es grundsätzlich nicht darauf ankommen, ob auf Arbeitgeberseite gewisse interne Bindungen bestehen. Es ist auch nicht erforderlich, dass die Leitung der einzelnen Produktionsstätte die Kompetenz für alle betriebsverfassungsrechtlich relevanten Maßnahmen hat, solange hier nur erkennbar die deutliche Mehrheit der Entscheidungen getroffen werden, die der Mitbestimmung unterliegen (vgl. BAG 23.9.1982, 6 ABR 42/81, Rn. 17).

(bb) Unter Berücksichtigung vorstehender Grundsätze handelt es sich bei der … Zentrale um einen gegenüber dem Getriebewerk eigenständigen Betrieb. Dies folgt nach der Ansicht der Kammer aus nachfolgenden Gesichtspunkten:

Das Getriebewerk und die … Zentrale waren bzw. sind in unterschiedlichen Räumlichkeiten untergebracht, die einige Kilometer voneinander entfernt lagen bzw. liegen. Während sich die … Zentrale in einem Verwaltungsgebäude in der …in … befand, ist das Getriebewerk auf dem … Werksgelände in … N ansässig.

Sowohl die … Zentrale als auch das Getriebewerk verfügte bzw. verfügt über eigene betriebliche Einrichtungen und Ausstattungen, wie Kantine, Parkplätze, Sozialräume etc., die regelmäßig jeweils nur von den Beschäftigten der Zentrale bzw. des Getriebewerks genutzt wurden bzw. werden.

Es wurden unterschiedliche IT- und EDV-Systeme eingesetzt. Hinsichtlich der Zugangs- und Sicherheitssysteme waren die Arbeitnehmer entsprechend ihres Arbeitsortes erfasst und mussten in der Regel gesondert freigeschaltet werden, um die jeweils anderen Räumlichkeiten – … Zentrale oder Getriebewerk – besuchen zu können.

Es ist nach dem Vorbringen der Parteien nicht ersichtlich, dass Betriebsmittel getauscht bzw. gemeinsam genutzt wurden. Die Behauptung des Klägers, Produktion, Lager und Logistik würden gemeinsam genutzt, blieb bis zuletzt unsubstantiiert.

Das Getriebewerk ist ein Produktionsbetrieb. Der … Zentrale oblag die unternehmerische Führung und Steuerung des … zwischen … und …, insbesondere bei Fragen der Verwaltung, Finanzen, Entwicklung, Strategie, des Testings und Prototypenbaus. Die … Zentrale war für sämtliche Standorte des … zuständig. Auch wenn … Zentrale und Getriebewerk, wie vom Kläger angeführt, fortgesetzt „arbeitstechnische Arbeitszwecke im Zusammenhang mit Getrieben“ verfolgt haben, es also in beiden Betriebsstätten im weiteren Sinne um Getriebe ging, waren die Betriebszwecke im Hinblick auf die unterschiedlichen zu verrichtenden Aufgaben und Tätigkeiten einerseits im Getriebewerk als Produktionsbetrieb und andererseits in der zentralen Hauptverwaltung des … aber unterschiedlich.

Es ist nach dem Vorbringen der Parteien nicht erkennbar, dass ein inhaltlicher und/oder personeller Austausch zwischen dem Getriebewerk und der … Zentrale erfolgte.

Die Beklagte zu 1) trägt substantiiert zur arbeitstechnischen Leitung des Getriebewerks durch den Werkleiter vor. Sie legt im Einzelnen dar, dass die Entscheidungen über Arbeitsbedingungen, organisatorische Fragen ebenso wie personelle und soziale Angelegenheiten mit den zugehörigen entsprechenden Verfahren zur Beteiligung des Betriebsrats der Leitung des Getriebewerks obliegen und die zentrale Personalabteilung in der … Zentrale lediglich eine übergeordnete und unternehmerisch geprägte Überwachungs- und Steuerungsfunktion ausgeübt habe. Soweit der Kläger zur Begründung einer organisatorischen Einheit auf die gemeinsame Personalabteilung verweist, sind seine Ausführungen nicht hinreichend, um das substantiierte Vorbringen der Beklagten zu 1) in Abrede zu stellen, nach welchem jedenfalls die weit überwiegende Mehrheit der Entscheidungen in personellen und sozialen Angelegenheiten durch den Werkleiter getroffen werden.

Ein einheitlicher Betrieb folgt nicht daraus, dass für das Getriebewerk sowie die … Zentrale ein Betriebsrat zuständig war bzw. ist. Denn dieser Betriebsrat wurde auf der Grundlage eines Tarifvertrags nach § 3 BetrVG gebildet. Der Betriebsrat ist überdies selber nicht von einem einheitlichen Betrieb zwischen der … Zentrale und dem Getriebewerk ausgegangen, wie Ziffer 1.1 des Interessenausgleichs vom 20.4.2021 deutlich macht, in der vom „(Rest-) Betrieb der … Zentrale“ bzw. dem „Betrieb … Zentrale“ die Rede ist.

(d) Die Umsetzung der unternehmerischen Entscheidung wird zum Wegfall des Beschäftigungsbedarfs für den Kläger führen. Mit der Stilllegung der … Zentrale ist sein bisheriger Arbeitsplatz weggefallen.

Der Kläger bestreitet zwar, dass mit der geplanten Umsetzung der unternehmerischen Entscheidung der Beklagten zu 1) seine Tätigkeiten im Bereich der Produktentwicklung endgültig und ersatzlos weggefallen seien. Er begründet dies aber nicht damit, dass die … Zentrale mit dem bisherigen Bereich Produktentwicklung bei der Beklagten zu 1) fortbestehe, sondern mit dem Übergang seiner Aufgaben auf die Beklagte zu 2) und dort konkret auf Herrn M.. Hierdurch stellt er jedoch nicht in Abrede, dass mit der Umsetzung der vorstehend festgestellten unternehmerischen Entscheidung der Beklagten zu 1) bei dieser seine bisherigen Tätigkeiten entfallen sind. Er argumentiert vielmehr mit einem Betriebs(teil-)übergang auf die Beklagte zu 2). Ein solcher ist jedoch, wie unter zu I. festgestellt, nicht erfolgt.

bb) Die Kündigung ist nicht nach § 1 Abs. 2, S. 2 und S. 3 i.V.m. S. 2 KSchG sozial ungerechtfertigt, weil eine Möglichkeit bestand, den Kläger an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterzubeschäftigen, gegebenenfalls nach zumutbaren Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen oder unter geänderten Arbeitsbedingungen. Eine konzernbezogene Weiterbeschäftigungspflicht bestand entgegen der Ansicht des Klägers nicht.

(1) Eine Kündigung, die aufgrund einer zum Wegfall des bisherigen Arbeitsplatzes führenden organisatorischen Maßnahme ausgesprochen worden ist, ist nur dann durch ein dringendes betriebliches Erfordernis „bedingt“, wenn der Arbeitgeber keine Möglichkeit hat, den Arbeitnehmer anderweitig zu beschäftigen. Dies folgt aus dem „ultima-Ratio-Grundsatz“. Der nach der Generalklausel des § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG zu prüfende „ultima-ratio-Grundsatz“ wird in § 1 Abs. 2 KSchG normativ konkretisiert. Nach § 1 Abs. 2 S. 2 Nr. 1b KSchG ist die Kündigung auch sozial ungerechtfertigt, wenn in Betrieben des privaten Rechts der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann. Diese Weiterbeschäftigungspflicht gilt unabhängig davon, ob ein Widerspruch des zuständigen Betriebsrats vorliegt. Diese Weiterbeschäftigungspflicht muss aber sowohl dem Arbeitnehmer als auch dem Arbeitgeber objektiv möglich und zumutbar sein. Dies setzt voraus, dass ein freier vergleichbarer (gleichwertiger) Arbeitsplatz oder ein freier Arbeitsplatz zu geänderten (schlechteren) Arbeitsbedingungen vorhanden ist und der Arbeitnehmer über die hierfür erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse verfügt. Dabei unterliegt die Gestaltung des Anforderungsprofils für den freien Arbeitsplatz der lediglich auf offenbare Unsachlichkeit zu überprüfenden Unternehmerdisposition des Arbeitgebers. Soweit für die sachgerechte Erledigung der Arbeitsaufgabe bestimmte persönliche oder sachliche Voraussetzungen erforderlich sind, kann die unternehmerische Entscheidung, welche Anforderungen an den Stelleninhaber zu stellen sind, nur auf offenbare Unsachlichkeit gerichtlich überprüft werden. Die Entscheidung des Arbeitgebers, bestimmte Tätigkeiten nur von Arbeitnehmern mit bestimmten Qualifikationen ausführen zu lassen, ist von den Arbeitsgerichten grundsätzlich jedenfalls dann zu respektieren, wenn die Qualifikationsmerkmale einen nachvollziehbaren Bezug zur Organisation der auszuführenden Arbeiten haben (vgl. BAG 24.6.2004, 2 AZR 326/03, mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

(2) Hiernach ist die Kündigung nicht gemäß nach § 1 Abs. 2, S. 2 und S. 3 i.V.m. S. 2 KSchG sozial ungerechtfertigt.

(a) Im Betrieb … Zentrale ist nach deren Schließung kein anderer Arbeitsplatz mehr vorhanden, auf welchem der Kläger weiterbeschäftigt werden könnte.

(b) Auch im weiteren Betrieb der Beklagten zu 1), dem Getriebewerk, war im Zeitpunkt der Kündigung kein freier Arbeitsplatz gegeben, auf dem der Kläger hätte weiterbeschäftigt werden können.

Dies gilt selbst dann, wenn zugunsten des Klägers angenommen wird, dass die Beklagte zu 1) sich nicht darauf berufen darf, die Stelle des Senior Director Manufacturing/Werkleiter im Getriebewerk zum 10.3.2021 mit dem weiteren Mitarbeiter der Beklagten zu 1) Herrn K. besetzt zu haben. Denn die Beklagte zu 1) hat unter Vorlage von Stellenbeschreibungen ausgeführt, für die Position des Werkleiters langjährige Erfahrung explizit im Bereich Manufacturing, also der Getriebefertigung, von mindestens zehn Jahren vorauszusetzen. Zur Begründung hat sie dargelegt, in welchen fachlichen Bereichen ein Werkleiter „fachlich erfahren und sattelfest“ sein müsse, und unter Vorlage des Stellenprofils die zentralen Aufgaben eines Werkleiters erläutert. Die nötigen Erfahrungen, Kenntnisse und Fähigkeiten müssen nach den Ausführungen der Beklagten zu 1) insbesondere auch technischer Natur sein. Der Kläger behauptet zwar, über die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen zu verfügen, um die Aufgaben des Herrn K. zu übernehmen. Er legt jedoch nicht dar, aufgrund welcher Erfahrungen, Kenntnisse und Fähigkeiten er, gegebenenfalls auch nach einer mehrmonatigen Einarbeitungszeit, in der Lage sei, die beklagtenseits angeführten Aufgaben eines Werkleiters übernehmen zu können. Es ist danach nicht dargetan und ersichtlich, dass der Kläger über die erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse verfügt, um die Tätigkeiten des Werkleiters des Getriebewerks und dies entsprechend den regelmäßigen Anforderung der Beklagten zu 1) ausüben zu können.

Ein anderer freier Arbeitsplatz im Getriebewerk ist weder nach den Angaben des Klägers noch nach den Ausführungen der Beklagten zu 1) ersichtlich.

(3) Eine konzernbezogene Weiterbeschäftigungspflicht der Beklagten zu 1) bestand entgegen der Ansicht des Klägers nicht.

(a) Grundsätzlich ist die Weiterbeschäftigungspflicht nach § 1 Abs. 2 KSchG auf einem freien Arbeitsplatz nicht konzernbezogen. Der Arbeitgeber ist vor Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung grundsätzlich nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer in einem anderen Betrieb eines anderen Unternehmens unterzubringen. Dies ergibt sich schon aus der Tatsache, dass Arbeitgeber als Partner des Arbeitsvertrags das vertragsschließende Unternehmen ist. Eine Weiterbeschäftigung in einem anderen Unternehmen führte deshalb zwangsläufig zu einem Wechsel des Arbeitgebers und der Vertragsparteien (vgl. BAG 23.11.2004, 2 AZR 24/04).

Eine konzernweite Weiterbeschäftigungspflicht ist nur in Ausnahmefällen denkbar. Voraussetzung hierfür ist, dass sich ein anderes Konzernunternehmen ausdrücklich zur Übernahme des Arbeitnehmers bereit erklärt hat oder sich seine Übernahmeverpflichtung unmittelbar aus dem Arbeitsvertrag oder anderen vertraglichen Absprachen ergibt. Der Arbeitnehmer kann nach dem Arbeitsvertrag von vornherein für den gesamten Unternehmens- oder Konzernbereich eingestellt worden seien. Er kann, obwohl nur für ein Unternehmen eingestellt, sich arbeitsvertraglich mit einer Versetzung innerhalb der Konzerngruppe einverstanden erklärt haben. Bei einer solchen Vertragsgestaltung muss der Arbeitgeber als verpflichtet angesehen werden, zunächst eine Unterbringung des Arbeitnehmers in einem anderen Konzernbetrieb zu versuchen, bevor er dem Arbeitnehmer aus betriebsbedingten Gründen kündigt. Gleiches muss auch dann gelten, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine entsprechende Zusage erteilt oder eine Übernahme durch ein anderes Unternehmen oder durch einen Konzernbetrieb fest in Aussicht gestellt hat. Bei derartigen Fallgestaltungen kann der Arbeitnehmer einen vertraglichen Anspruch gegen seinen Arbeitgeber auf Verschaffung eines Arbeitsvertrags haben. Weitere Voraussetzung einer derartigen unternehmensübergreifenden Weiterbeschäftigungspflicht ist ein bestimmender Einfluss des Beschäftigungsbetriebs bzw. des vertragschließenden Unternehmens auf die „Versetzung“. Die Versetzungsentscheidung darf grundsätzlich nicht dem zur Übernahme bereiten Unternehmen vorbehalten sein. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Möglichkeit der Einflussnahme des Vertragspartners des Arbeitnehmers aufgrund eindeutiger rechtlicher Regelungen (z.B. Beherrschungsvertrag) oder aus eher faktischen Gründen besteht. Von Bedeutung ist auch, ob sich das Drittunternehmen selbst gebunden hat, beispielsweise in dem es den Arbeitnehmer schon im Wege der Abordnung in seinem Betrieb beschäftigt hat (vgl. BAG 23.11.2004, 2 AZR 24/04).

(b) Bei Anwendung dieser Grundsätze sind die Voraussetzungen einer konzernbezogenen Weiterbeschäftigungspflicht der Beklagten zu 1) nicht dargetan.

Der seitens der Beklagten zu 1) vorgelegte Arbeitsvertrag enthält in Ziffer 1 einen Versetzungsvorbehalt lediglich für Bereiche innerhalb des Unternehmens, also innerhalb der Gesellschaft der Beklagten zu 1). Anderweitige Zusagen der Beklagten zu 1) gegenüber dem Kläger, ihn in anderen Konzerngesellschaften einzusetzen, sind nicht vorgetragen.

Der Kläger war zwar von August 2004 bis Oktober 2010 „Leiter Einkauf der … Gruppe“ und daher ggf. (zusätzlich) bei einer anderen … Gesellschaft beschäftigt. Seine Tätigkeit von April 2010 bis Juni 2012 als Geschäftsführer … …s India wird voraussichtlich auf der Grundlage eines (zusätzlichen) Dienstvertrages erfolgt sein. Es ist aber nicht dargetan, dass diese Tätigkeitseinsätze durch die Beklagte zu 1) in Ausübung eines konzernbezogen verstandenen Versetzungsvorbehalts und nicht auf der Grundlage individueller Vereinbarungen mit dem Kläger herbeigeführt worden sind. Überdies erfolgten die Einsätze bei … Gesellschaften und ist nicht erkennbar, dass die Beklagte zu diesen weiterhin in gesellschafts- und/oder faktischen Verbindungen steht.

cc) Die Kündigung ist nicht wegen einer fehlerhaften Sozialauswahl sozial ungerechtfertigt im Sinne von § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG.

Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem nach § 1 Abs. 3 Satz 1 1. HS KSchG sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat. Die Sozialauswahl ist dabei betriebsbezogen durchzuführen (vgl. BAG 14.3.2013, 8 AZR 153/12, Rn. 36).

Im vorliegenden Fall war eine Sozialauswahl der Beklagten zu 1) jedoch entbehrlich, da im Zeitpunkt des Ausspruchs der streitgegenständlichen Kündigung im März 2021 die mit dem Kläger vergleichbaren Mitarbeiter auf Senior Director Ebene entweder bereits aus ihren Arbeitsverhältnissen mit der Beklagten zu 1) ausgeschieden waren oder aber während des Laufs der Kündigungsfrist des Klägers ausschieden. Hiervon geht die Kammer als zwischen den Parteien unstreitig aus. Der Kläger bestreitet zwar „vorsorglich“, nachdem er anführt, er sei mit den weiteren leitenden Angestellten der Beklagten zu 1) sowie Herrn K. vergleichbar, dass die Stellen bzw. Positionen der weiteren leitenden Angestellten dauerhaft endgültig und ersatzlos wegfielen und die Mitarbeiter dauerhaft aus ihren Beschäftigungsverhältnissen ausschieden. Dieses vorsorgliche Bestreiten steht jedoch, worauf die Beklagte zu 1) den Kläger hinweist, im Widerspruch zu den weiteren Ausführungen des Klägers, die Beklagte zu 1) habe im Rahmen der Durchführung der geplanten Veränderungen Bereiche aufgelöst und den dort beschäftigten Mitarbeitern Auflösungsverträge angeboten. „Den wenigen Mitarbeitern, etwa 10, die keinen solchen „freiwilligen“ Auflösungsvertrag angenommen hatten, wurden gekündigt. Hierzu gehört auch der Kläger.“ Das vorsorgliche Bestreiten, ohne aufzuführen, für welchen Fall es gelten soll, ist danach unbeachtlich.

Eine Sozialauswahl mit Herrn K. war nicht durchzuführen. Zwar war diesem mit Wirkung zum 10.3.2021 die Stelle des Senior Director Manufacturing/Werkleiter im Getriebewerk zugewiesen worden. Der Kläger war jedoch, wie festgestellt, nach seinen Erfahrungen und Kenntnissen nicht in der Lage, diese Stelle zu übernehmen. Auf eine Sozialauswahl mit Herrn K. kam es daher nicht an. Im Rahmen einer solchen wäre zudem zu berücksichtigen gewesen, dass Herr K. zwar etwas jünger als der Kläger ist und eine um einige Jahre kürzere Betriebszugehörigkeit aufweist. Herr K. ist jedoch gegenüber drei Kindern zum Unterhalt verpflichtet, während der Kläger noch zwei Kindern Unterhalt leisten muss.

Einer Sozialauswahl mit Herrn M. bedurfte es gleichfalls nicht. Eine Sozialauswahl mit Herrn M. war nicht im Hinblick auf dessen bisherige Tätigkeitsverrichtung im Betrieb … Zentrale der Beklagten zu 1) vorzunehmen, in welchen Herr M. zur Verrichtung verschiedener Tätigkeiten durch die Beklagte zu 2) entsandt war. Denn (auch) der bisherige Arbeitsplatz des Herrn M. in der … Zentrale entfiel ersatzlos. Herr M. ist unstreitig seit dem 1.3.2021 nicht mehr mit Tätigkeitsverrichtungen für die Beklagte zu 1) in der … Zentrale befasst. Mangels Fortbeschäftigung des Herrn M. im Betrieb … Zentrale der Beklagte zu 1) war eine Sozialauswahl daher nicht erforderlich. Eine Sozialauswahl mit Herrn M. war ebenfalls nicht hinsichtlich dessen nunmehriger Tätigkeitsverrichtung für die Beklagte zu 2) vorzunehmen. Dabei kann die Kammer die zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) streitige Frage dahinstehen lassen, was genau Gegenstand und Kompetenzen der neuen Beschäftigung des Herrn M. sind. Denn Herr M. verrichtet seine Tätigkeiten seit dem 1.3.2021 – anders als Herr K. – nicht im Getriebewerk als weiteren Betrieb der Beklagten zu 1), sondern in einem Betrieb seiner Vertragsarbeitgeberin, der Beklagten zu 2). Auf die Frage einer Sozialauswahl in Bezug auf die bei der Beklagten zu 2) gegebene Möglichkeit der Weiterbeschäftigung mit den nunmehrigen Aufgaben und Kompetenzen des Herrn M. kommt es daher nicht an.

2. Die Kündigung ist auch nicht nach § 613a Abs. 4 BGB unwirksam. Die Kündigung ist nicht wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils erfolgt. Wie vorstehend festgestellt, fand weder zum 1.3.2021 ein Betriebsübergang auf die Beklagte zu 2) statt noch entsprach es der unternehmerischen Entscheidung und Durchführung durch die Beklagte zu 1), den Betrieb …Zentrale und/oder Teile dieses Betriebs auf die Beklagte zu 2) zu übertragen.

3. Die Kündigung ist nicht nach § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG unwirksam.

Nach § 102 Abs. 1 BetrVG ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

Der Kläger hat mit seiner Klageschrift die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats bestritten. Die Beklagte zu 1) hat daraufhin dargetan, den Betriebsrat, auch wenn sie angenommen habe, dass es sich bei dem Kläger um einen leitenden Angestellten im Sinne von § 5 Abs. 3 BetrVG handele, was im Laufe des Prozesses auch der Bewertung des Klägers entspricht, mit Schreiben vom 15.3.2021, am selben Tage übergeben, zur beabsichtigten Kündigung des Klägers gemäß § 102 BetrVG angehört zu haben. Der Betriebsrat habe eine Stellungnahme nicht abgegeben und sich damit nicht innerhalb einer Woche im Sinne von § 102 Abs. 2 S. 1 BetrVG geäußert. Zu diesen Ausführungen der Beklagten hat der Kläger nicht weiter Stellung genommen. Danach bestehen für die Kammer keine Anhaltspunkte, dass die vorsorglich vorgenommene Betriebsratsanhörung nicht ordnungsgemäß erfolgte.

4. Die Kündigung ist nicht nach § 31 Abs. 2 S. 3 SprAuG unwirksam.

Nach § 31 Abs. 2 SprAuG ist der Sprecherausschuss vor jeder Kündigung eines leitenden Angestellten zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Sprecherausschusses ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. Bedenken gegen eine ordentliche Kündigung hat der Sprecherausschuss dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche, Bedenken gegen eine außerordentliche Kündigung unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, unter Angabe der Gründe schriftlich mitzuteilen. […]

Der Kläger hat mit seiner Klageschrift die ordnungsgemäße Anhörung des bei der Beklagten zu 1) bestehenden Sprecherausschusses bestritten. Die Beklagte zu 1) hat daraufhin dargelegt, den Sprecherausschuss durch Schreiben an dessen stellvertretenden Vorsitzenden vom 15.3.2021 zur beabsichtigten ordentlichen, fristgerechten, betriebsbedingten Kündigung des Klägers mit Wirkung zum 31.12.2021 gemäß § 31 SprAuG angehört zu haben. Der Sprecherausschuss habe mit Schreiben vom 22.3.2021 Bedenken gegen die beabsichtigte Kündigung geäußert. Weitere Ausführungen der Parteien sind hinsichtlich der Sprecherausschussanhörung nicht vorgenommen worden. Danach ist von einer ordnungsgemäßen Anhörung des Sprecherausschusses auszugehen.

5. Die Kündigung der Beklagten zu 1) ist nicht wegen Verstoßes gegen § 17 Abs. 3 KSchG i.V.m. § 134 BGB unwirksam.

Der Arbeitgeber hat nach § 17 Abs. 1 KSchG bei Überschreiten dort angeführter Schwellenwerte der Agentur für Arbeit eine Anzeige im Sinne von § 17 Abs. 3 KSchG zu erstatten, bevor er innerhalb von 30 Kalendertagen Entlassungen vornimmt.

Die Beklagte zu 1) führt in ihrer Klageerwiderung unter Vorlage der Anzeige nebst Anlagen an, am 5.2.2021 bei der Bundesagentur für Arbeit … eine Massenentlassungsanzeige gestellt zu haben. Die Agentur für Arbeit … habe den vollständigen Eingang der Massenentlassungsanzeige mit Schreiben vom 9.2.2021 bestätigt. Der Kläger bestreitet in seiner Replik, dass die Massenentlassungsanzeige gegenüber der Bundesagentur für Arbeit wirksam erstattet worden sei, da sich diese nur auf die … Zentrale beschränke. Die Beklagte zu 1) hat jedoch in der Massenentlassungsanzeige, worauf sie in ihrer Duplik auch schriftsätzlich hinweist, die vorzunehmenden Angaben sowohl in Bezug auf die in der … Zentrale beschäftigten Mitarbeiter als auch die am „gesamten Standort … (inklusive Getriebewerk)“ beschäftigten Mitarbeiter vorgenommen (vgl. unter Ziffer 2 nebst Fußnote 1 der Massenentlassungsanzeige, Bl. 225 der Akte). Sie hat sich danach nicht auf die … Zentrale „beschränkt“. Ob der Betrieb im Sinne des § 17 KSchG die …Zentrale oder aber die …Zentrale mit Getriebewerk darstellte (vgl. zu den Voraussetzungen für einen Betrieb im Sinne des § 17 KSchG: BAG 13.2.2020, 6 AZR 146/19, Rn. 39 ff.; BAG 14.5.2020, 6 AZR 235/19, Rn. 114 ff., 118, jeweils zu einer von einer Fluggesellschaft unterhaltenen Station an einem Flughafen), kann die Kammer danach dahinstehen lassen.

Die Massenentlassungsanzeige ging bei der Bundesagentur für Arbeit … vor Zugang der Kündigung aus März 2021 gegenüber dem Kläger ein. Weitere Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit der Massenentlassungsanzeige sind von den Parteien nicht dargetan, sodass die Kündigung nicht wegen Verstoßes gegen § 17 Abs. 3 KSchG i.V.m. § 134 BGB unwirksam ist.

6. Die Kündigung der Beklagten zu 1) ist auch nicht wegen Verstoßes gegen § 17 Abs. 2 KSchG i.V.m. § 134 BGB unwirksam.

Nach § 17 Abs. 2 S. 1 KSchG hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat rechtzeitig die zweckdienlichen Auskünfte zu erteilen und ihn schriftlich insbesondere über die in Ziffer 1-6 angeführten Gesichtspunkte zu unterrichten, wenn er eine anzeigepflichtige Entlassung beabsichtigt.

Die Beklagte zu 1) legt in ihrer Klageerwiderung dar, den Betriebsrat seit August 2020 über die beabsichtigten Entlassungen informiert und in einer Vielzahl von Gesprächen darüber beraten und verhandelt zu haben. Sie habe den Betriebsrat sodann mit Schreiben vom 15.1.2021, am selben Tage übergeben, schriftlich über die geplante Massenentlassung unterrichtet und gleichzeitig der zuständigen Agentur für Arbeit einer Abschrift des Unterrichtungsschreibens zukommen lassen. Der Betriebsrat habe mit Schreiben vom 21.1.2021 abschließend zu den geplanten Entlassungen Stellung genommen und erklärt, das Beteiligungsverfahren nach § 17 Abs. 2 KSchG als abgeschlossen zu betrachten. Der Kläger bestreitet in seiner Replik, dass der Betriebsrat von der Beklagten zu 1) vor Ausspruch der betriebsbedingten Kündigung ordnungsgemäß konsultiert worden sei im Sinne von § 17 Abs. 3 S. 3 KSchG. Aus welchen Gründen er Zweifel an der Konsultation des Betriebsrats hat, legt er jedoch nicht dar. Hiernach sind Hinweise für eine nicht erfolgte oder fehlerhafte Konsultation des Betriebsrats nicht substantiiert dargetan und ersichtlich.

7. Die Kündigung der Beklagten zu 1) vom 24.3.2021 wird das Arbeitsverhältnis unter Wahrung der vertraglichen Kündigungsfrist von neun Monaten zum Ende eines Kalendermonats zum 31.12.2021 auflösen.

IV. Die Klage ist hinsichtlich ihrer Anträge zu 4) und zu 6) zulässig, aber unbegründet. Das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) wird, wie unter III. festgestellt, durch die ordentliche Kündigung der Beklagten zu 1) vom 24.3.2021 zum 31.12.2021 aufgelöst werden. Es kann daher nicht mehr durch die hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten zu 1) vom 12.5.2021, dem Kläger unmittelbar sowie an seinen Prozessbevollmächtigten zugestellt, zum 31.12.2022 aufgelöst werden.

V. Die Klage ist hinsichtlich ihres Antrags zu 7) unzulässig. Es fehlt dem Kläger für die Zulässigkeit dieser Feststellung am erforderlichen Feststellungsinteresse im Sinne von § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 256 Abs. 1 ZPO.

1. Ein Arbeitnehmer kann neben der nach § 4 KSchG gegen eine Kündigung gerichteten Klage eine allgemeine Feststellungsklage im Sinne des § 256 ZPO auf Feststellung des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses zu unveränderten Bedingungen über den Kündigungsendtermin hinaus erheben und damit zwei selbständige prozessuale Ansprüche geltend machen (vgl. BAG 12.05.2005, 2 AZR 426/04). Die Feststellungsklage nach § 256 ZPO setzt auch im Kündigungsschutzprozess ein besonderes Feststellungsinteresse voraus. Es ist erforderlich, dass der klagende Arbeitnehmer durch Tatsachenvortrag weitere streitige Beendigungstatbestände in den Prozess einführt oder wenigstens deren Möglichkeit darstellt und damit belegt, warum an der – noch dazu alsbaldigen – Feststellung ein rechtliches Interesse bestehen soll (vgl. BAG 13.03.1997, 2 AZR 512/96).

2. Der Kläger hat über die mit den Klageanträgen zu 2) bis zu 6) streitgegenständlichen Kündigungen der Beklagten vom 24.3.2021 sowie 12.5.2021 hinaus keine weiteren Beendigungstatbestände dargestellt, durch die das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien beendet worden sein könnte. Andere Beendigungstatbestände als die angeführten Kündigungen sind auch nach dem Vortrag der Beklagten nicht erkennbar. Danach fehlt es für den Klageantrag zu 7) am erforderlichen Feststellungsinteresse.

B. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 296 Abs. 3 ZPO, soweit er seine Anträge zurückgenommen hat. Im Übrigen tragen der Kläger und die Beklagte zu 1) die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 92 Abs. 1 ZPO im Verhältnis ihres Obsiegens bzw. Unterliegens.

Die Festsetzung des Streitwerts im Urteil beruht auf §§ 61, 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 42 Abs. 2 GKG, §§ 3 ff. ZPO und erfolgt i.H.v. zwei Quartalsbruttobezügen.

Gründe für eine gesonderte Zulassung der Berufung gemäß § 64 Abs. 3 ArbGG sind nicht gegeben.

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