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Kündigungsrechtsstreit – ordentliche und überholende fristlose Kündigung

Landesarbeitsgericht Düsseldorf – Az.: 4 Ta 423/18 – Beschluss vom 18.12.2018

Auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Klägerin wird der Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts vom 24.09.2018 in Gestalt des Abhilfebeschlusses vom 29.10.2018 abgeändert.

Der Gebührenstreitwert wird für das Verfahren auf 8.325,00 EUR und für den gerichtlichen Vergleich vom 13.09.2018 auf 9.712,50 EUR festgesetzt.

Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Gründe

I.

Streitig ist die Gebührenwertfestsetzung für Verfahren und Vergleich vor dem Arbeitsgericht.

Der Kläger hat zunächst die ordentliche betriebsbedingte Kündigung vom 26.03.2018 zum 30.09.2018 und sodann mit Klageerweiterung die außerordentliche (fristlose) Kündigung vom 18.04.2018 (umdeutbar in ordentliche Kündigung zum 31.10.2018) angegriffen. Der Rechtsstreit endete durch Vergleich vom 13.09.2018, der auch Festlegungen zum Inhalt eines Zeugnisses traf.

Das Arbeitsgericht hat zunächst mit Beschluss vom 24.09.2018 den Wert für das Verfahren auf drei Bruttomonatsgehälter (BMG) und für den Vergleich (wegen der Zeugnisregelung) auf vier BMG à 1.387,50 EUR festgesetzt. Auf die fristgerecht erhobene Beschwerde des Klägervertreters, der für die Kündigungsschutzanträge eine Bewertung iHv. sechs BMG und entsprechend für den Vergleich sieben BMG erstrebt, hat das Arbeitsgericht den Wert im Wege der Teilabhilfe für das Verfahren auf vier und für den Vergleich auf fünf BMG erhöht und die weitergehende Beschwerde der Beschwerdekammer zur Entscheidung vorgelegt. Dabei hat es zunächst die Kündigung mit dem frühesten Beendigungszeitpunkt (außerordentliche Kündigung vom 18.04.2018) mit drei BMG bewertet (Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit idF v. 09.02.2018 [SWK], I 21.3, NZA 2018, 497 ff). Dieser Wert decke auch den im Wege der Umdeutung gewonnenen weiteren Streitgegenstand der hilfsweisen Beendigung zum fristgerechten Termin am 31.10.2018 ab (SWK I 21.1). Deshalb sei für die ordentliche Kündigung vom 26.03.2018 zum 30.09.2018 nur noch eine Differenz von einem Monat werterhöhend zu berücksichtigen.

Demgegenüber ist die Beschwerde der Auffassung, der Verfahrenswert betrage sechs Bruttomonatsgehälter. Maßgeblich sei, dass der Beendigungszeitpunkt der außerordentlichen Kündigung (18.04.2018) von dem Beendigungszeitpunkt der zunächst angegriffenen ordentlichen Kündigung (30.09.2018) um mehr als drei Monate abweiche.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Die Kündigungsschutzanträge im vorliegenden Verfahren sind mit sechs BMG zu bewerten.

1.Der Wert des ersten Kündigungsschutzantrags betreffend die ordentliche Kündigung zum 30.09.2018 entspricht gemäß § 42 Abs. 2 S. 1 GKG dem Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts, also drei BMG. Er verändert sich gemäß § 40 GKG durch nachfolgende Anträge nicht mehr.

2.Der Wert der (unbedingten) Klageerweiterung betreffend die „überholende“ außerordentliche Kündigung vom 18.04.2018 beträgt gemäß § 42 Abs. 2 S. 1 GKG grundsätzlich ebenfalls drei BMG. Dieser Wert wird weder ganz noch teilweise vom Wert des Ausgangsantrags betreffend die ordentliche Kündigung zum 30.09.2018 umfasst.

a.Die Klageerweiterung betrifft zunächst einen anderen Streitgegenstand iSv. § 39 Abs. 1 GKG als der Ausgangsantrag. Zwar enthält die einem Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG gegen die ordentliche Kündigung stattgebende Entscheidung zugleich die Feststellung, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien „zum vorgesehenen Auflösungszeitpunkt noch bestanden hat“ (sog. erweiterter punktueller Streitgegenstandsbegriff, BAG 18.12.2014 – 2 AZR 163/14, BAGE 150, 234, Rn. 23 mwN). Deshalb ist der Arbeitgeber mit anderen Beendigungsgründen zu und zeitlich vor dem vorgesehenen Auflösungszeitpunkt, die er nicht in den Rechtsstreit einführt, präkludiert. Das bedeutet aber nicht, dass die Klage gegen die ordentliche Kündigung schon die vorgelagerte außerordentliche Kündigung selbst als Streitgegenstand erfasst und ihr Wert deshalb den Wert der späteren Klageerweiterung gegen die außerordentliche Kündigung umfassen würde. Denn hierfür verlangt die Rechtsprechung bislang stets eine Erweiterung der Klage punktuell auf die nachfolgende Kündigung, gemäß § 6 KSchG bis spätestens zum Schluss der mündlichen Verhandlung (so ausdrücklich der 7. Senat, BAG 20.06.2018 – 7 AZR 689/16; ebenso bislang der 2. Senat, BAG 13. März 1997 – 2 AZR 512/96 – zu II 3 a der Gründe, BAGE 85, 262, zuletzt aber offen gelassen in BAG 24.05.2018 – 2 AZR 67/18 – und BAG 18.12.2014 – 2 AZR 163/14 – jeweils unter Hinweis auf Gallner in FS Wank 2014 S. 117, 125). In Rechtskraft erwächst beim Ausgangsantrag daher nur, ob zum vorgesehenen Auflösungszeitpunkt am 30.09.2018 ein Arbeitsverhältnis bestand oder nicht, nicht dagegen, ob die „überholende“ außerordentliche Kündigung zu ihrem Beendigungstermin wirksam war oder nicht. Insoweit handelt es sich nur um eine Inzidentprüfung.

b.Sodann scheidet auch ein Additionsverbot wegen wirtschaftlicher Identität (analog § 45 Abs. 1 Sätze 2 und 3 GKG) im vorliegenden Fall aus. Bei wirtschaftlicher Betrachtung wird der Streit der Parteien durch die Klageerweiterung um den Zeitraum erweitert, um den die „überholende“ fristlose Kündigung das Arbeitsverhältnis früher als die ursprüngliche fristgerechte Kündigung beenden soll. Das sind hier (gedeckelt) noch einmal drei BMG. Dies gilt unabhängig davon, ob dieser Streit zusätzlich (!) den Streit um eine im Wege der Umdeutung gewonnene (oder hilfsweise ausgesprochene) ordentliche Kündigung zum 31.10.2018 umfasst. Dies bestätigt zudem die Hilfsüberlegung, dass anderenfalls ein Streit um die außerordentliche und die umgedeutete ordentliche Kündigung weniger werthaltig wäre als der (geringere) Streit lediglich um die außerordentliche Kündigung.

Das Ergebnis entspricht der Empfehlung des Streitwertkatalogs, wonach der Wert einer Folgekündigung mit Veränderung des Beendigungszeitpunkts dem Betrag der Entgeltdifferenz zwischen den verschiedenen Beendigungszeitpunkten, maximal jedoch der Vergütung für ein Vierteljahr entspricht (SWK I 21.3).

III.

Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht. Gemäß § 68 Abs. 3 GKG ist das Verfahren gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben (§ 32 Abs. 1 RVG, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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