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Kündigungsschreiben durch Arbeitgeber – Anforderungen an Unterzeichnung

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz – Az.: 7 Sa 286/16 – Urteil vom 02.03.2017

1. Die Berufung des Klägers gegen das Teil-Anerkenntnis- und Teilendurteil des Arbeitsgerichts Trier vom 20. Mai 2016, Az. 4 Ca 28/16, wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch über die Wirksamkeit der Kündigung der Beklagten vom 16. Dezember 2015 und die Weiterbeschäftigung des Klägers.

Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 1. August 2015 als Senior Sales Manager bei einem Bruttomonatsgehalt in Höhe von 4.500,00 € zuzüglich eines variablen Zielbonus beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis lag der Arbeitsvertrag vom 29. Juni 2015 (Bl. 6 ff. d. A.) zugrunde. In § 2 Abs. 2 S. 1 des Arbeitsvertrages ist eine Probezeit für die ersten fünf Monate vorgesehen, wobei das Arbeitsverhältnis innerhalb dieser Zeit von beiden Parteien mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden kann (§ 2 Abs. 2 S. 2 des Arbeitsvertrages).

Die Beklagte übersandte an den Kläger ein Kündigungsschreiben vom 16. Dezember 2015 zum 31. Dezember 2015, das diesem am 17. Dezember 2015 zugestellt wurde. Das Kündigungsschreiben (Bl. 5 d. A.) trägt links unten einen handschriftlichen Schriftzug mit den maschinenschriftlichen Unterzeilen „ E., Vorstand, C.“ sowie rechts handschriftlich “ppa. Y. Z.“ mit den maschinenschriftlichen Unterzeilen „ppa. Y. Z., Kaufmännische Leitung, C.“.

Im Handelsregister des AG Charlottenburg, HRB 00000 (Bl. 167 ff. d. A.) ist seit dem 4. März 2015 für Y. Z. „Prokura gemeinsam mit einem Vorstand“ eingetragen. Der Zeuge E. war seit dem 4. März 2015 neben den weiteren Vorständen X. W. und V. als Vorstand im Handelsregister eingetragen. Die Abberufung des Zeugen E. als Vorstand wurde am 25. August 2016 ins Handelsregister eingetragen.

Mit Schreiben vom 23. Dezember 2015 hat der Kläger die Wirksamkeit der Kündigung gerügt. Er hat mit am 7. Januar 2016 beim Arbeitsgericht eingegangener und der Beklagten am 13. Januar 2016 zugestellter Klageschrift Kündigungsschutzklage erhoben und diese durch am 29. Januar 2016 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag erweitert.

Der Kläger war der Ansicht, die Kündigung sei unwirksam, da sie lediglich durch die Prokuristin Y. Z. unterzeichnet sei. Er hat bestritten, dass die Kündigung im Original von dem Zeugen E. unterzeichnet sei. Er war der Ansicht, auch die an eine Unterschrift zu stellenden Anforderungen seien nicht erfüllt. Das „Gebilde“, das die Unterschrift darstellen solle, sei nicht lesbar. Es sei nicht einmal erkennbar, ob überhaupt noch ein Bezug zu dem Namen des Zeugen E. bestehe. Gemäß §§ 623, 126 Abs. 1 BGB sei ein die Identität des Unterzeichnenden ausreichend kennzeichnender Schriftzug erforderlich, der die individuellen und entsprechenden charakteristischen Merkmale aufweise, welche eine Nachahmung erschwerten. Die Person des Ausstellers müsse identifiziert werden können. Der Schriftzug müsse sich als Wiedergabe eines Namens darstellen und die Absicht einer vollen Unterschrift erkennen lassen. Vorliegend fehlten irgendwelche Buchstaben oder Andeutungen von Buchstaben des Namens. Deutlich überwiegend und erkennbar seien die Buchstaben „i“ und „A“ oder auch ein „E“ bzw. von rechts nach links führender Bogen, in der Waagerechten zwei Striche und ein &-Zeichen, aus denen man keine Identifizierung des Namens des ausstellenden (ehemaligen) Vorstandsmitglieds herleiten könne.

Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 16. Dezember 2015, eingegangen am 17. Dezember 2015, zum 31. Dezember 2015 sein Ende gefunden hat,

2. die Beklagte zu verurteilen, ihn zu den bisherigen Bedingungen des Arbeitsvertrages als Senior Sales Manager tatsächlich weiter zu beschäftigen,

3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.200,00 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 31. Dezember 2015 zu zahlen.

Die Beklagte hat den Antrag zu 3. anerkannt und im Übrigen beantragt, die Klage abzuweisen.

Kündigungsschreiben durch Arbeitgeber
(Symbolfoto: Von thodonal88/Shutterstock.com)

Sie hat vorgetragen, die streitgegenständliche Kündigung vom 16. Dezember 2015 sei wirksam. Es handele sich um eine Kündigung während der Probezeit, bei der sämtliche Formvorschriften eingehalten worden seien. Die Kündigung sei nicht lediglich durch die Prokuristin Y. Z. sondern vielmehr auch durch ihren (damaligen) Vorstandsvorsitzenden E. eigenhändig und im Original unterzeichnet worden. Sie war der Ansicht, bereits aus der maschinenschriftlichen Unterschriftszeile ergebe sich eindeutig, dass die Unterschrift von diesem stamme. Die in dem Kündigungsschreiben enthaltene Unterzeichnung erfülle die an eine Unterschrift zu stellenden Anforderungen. Aus einem Vergleich mit der Unterschrift auf der von ihr vorgelegten eidesstattlichen Versicherung des Zeugen E. vom 20. Januar 2016 (Bl. 29 d. A.) ergebe sich, dass es sich um die übliche Unterschrift des Zeugen E. handele.

Der Kläger hat die Eignung dieser eidesstattlichen Versicherung als Beweismittel sowie ihre Richtigkeit bestritten.

Das Arbeitsgericht Trier hat die Beklagte durch Teil-Anerkenntnis- und Teilendurteil vom 20. Mai 2016 verurteilt, an den Kläger 4.200,00 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 31. Dezember 2015 zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung der Klageabweisung im Übrigen hat es – zusammengefasst – ausgeführt,

die Kündigung genüge den Anforderungen des § 623 BGB. Die in § 126 BGB näher definierte Schriftform sei gewahrt. Eine eigenhändige Unterschrift sei auf der Kündigungserklärung erfolgt, insbesondere auch durch den Vorstand E.. Der Name E. sei nicht lesbar, was aber unschädlich bleibe. Der Namenszug sei nicht extrem kurz gehalten im Sinn einer Paraphe, sondern aufwendig und mache nicht den Eindruck einer Abkürzung. Er gebe das Bild einer vollständigen Unterschrift zu erkennen. Diese habe auch charakteristische und gleich bleibende Merkmale, was insbesondere ein Abgleich zu der Unterschrift auf der von ihr vorgelegten eidesstattlichen Versicherung zeige. Es handele sich um einen sehr individuellen Schriftzug, der nicht leicht nachzumachen sei. Dem Kläger sei zwar dahingehend recht zu geben, dass die Unterschrift sehr frei und sehr weit entfernt von einer eindeutigen Lesbarkeit gestaltet sei, ein „N“ und ein „S“ seien aber jedenfalls andeutungsweise erkennbar, so dass ein Bezug zum Namen nicht vollkommen fehle. Die Kündigung sei auch nicht aus anderen Gründen unwirksam und sei fristgerecht erfolgt. Für einen Weiterbeschäftigungsanspruch nach Ablauf der Kündigungsfrist habe kein Raum bestanden. Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird ergänzend auf die Entscheidungsgründe des Teilanerkenntnis- und Teilendurteils des Arbeitsgerichts Trier (Bl. 64 ff. d. A.) Bezug genommen.

Das genannte Urteil ist dem Kläger am 9. Juni 2016 zugestellt worden. Er hat hiergegen mit einem am 30. Juni 2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet.

Zur Begründung der Berufung macht der Kläger nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes sowie der Schriftsätze vom 11. August 2016, vom 26. Oktober 2016 und vom 2. November 2016, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 73 ff., 153 ff., 189, 195 f. d. A.), zusammengefasst geltend,

die Kündigung vom 16. Dezember 2015 sei mangels Schriftform unwirksam. Der Linksunterzeichner der Kündigung sei nicht zu individualisieren. Der über den maschinenschriftlichen Namenszug gesetzte Schriftzug weise keinen Bezug zu dem Namen E. auf. Entgegen den Ausführungen des Arbeitsgerichts seien die Buchstaben „N“ sowie „S“ nicht ansatzweise erkennbar. Es sei vollkommen unklar, an welcher Stelle des Schriftzuges das Arbeitsgericht die entsprechenden Buchstaben erkannt haben wolle. Wenn überhaupt, lasse sich in der Mitte des Schriftzuges der Buchstabe „A“ erkennen. Am Ende des Schriftzuges befinde sich ein Gebilde, welches dem Sonderzeichen „&“ ähnele. Zwischen dem Buchstaben „A“ und „&“ befinde sich ein Punkt, so dass man hieraus noch auf ein „i“ schließen könne. Im Übrigen bestehe der Schriftzug lediglich aus einem Bogen sowie mehreren senkrecht verlaufenden Strichen. Dies sei jedoch nicht ausreichend, um von einer Unterschrift im Sinn des § 126 Abs. 1 BGB auszugehen. Denn auch, wenn eine Unterschrift individuelle und entsprechend charakteristische Merkmale aufweisen dürfe, welche eine Nachahmung erschwerten, so müsse gleichwohl eine Individualisierung möglich bleiben. Dies sei jedoch nur dann der Fall, wenn die Unterschrift auch unter Berücksichtigung einer flüchtigen Niederlegung sowie der Kennzeichnung durch einen starken Abschleifungsprozess zumindest noch einzelne Buchstaben des Namens erkennen lasse, so dass hieraus ein Rückschluss auf den Unterzeichner möglich werde. Der Schriftzug lasse aufgrund seines äußeren Erscheinungsbildes nicht einmal eine Trennung zwischen Vor- und Nachnamen zu. Aufgrund seines gesamten Erscheinungsbildes, insbesondere jedoch der mindestens fünf quer verlaufenden Streiche stelle der Schriftzug nach seinem äußeren Erscheinungsbild ein Handzeichen, nicht jedoch eine Unterschrift dar. Er gebe auch nicht das Bild einer vollständigen Unterschrift zu erkennen. Es bleibe bereits unklar, ob das Arbeitsgericht von einer Abkürzung des Vornamens ausgehe oder aber von dem vollständigen ausgeschriebenen Vor- und Nachnamen. Im letztgenannten Fall müsste der Schriftzug für insgesamt 13 Buchstaben stehen. Dies lasse sich dem Schriftzug selbst bei einer noch so wohlwollenden und ein Höchstmaß an Abschleifung berücksichtigenden Deutung nicht entnehmen.

Der Kläger bestreitet, dass der Zeuge E. bereits seit Jahrzehnten unter Verwendung des streitgegenständlichen Schriftzuges im Rechtsverkehr teilnehme. Er ist der Ansicht, dass, selbst wenn dies der Fall sein sollte, durch die fortlaufende Verwendung eines den Anforderungen des § 126 BGB nicht genügenden Schriftzuges keine Unterschrift ersetzt werde. Er habe die fragliche Unterschrift des Zeugen E. in der Vergangenheit nie gesehen oder akzeptiert.

Der Kläger beantragt, unter teilweiser Aufhebung des am 20. Mai 2016 verkündeten und am 9. Juni 2016 zugestellten Urteil des Arbeitsgerichts Trier zu Aktenzeichen: 4 Ca 28/16

a. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 16. Dezember 2015, ihm zugegangen am 17. Dezember 2015, zum 31. Dezember 2015 sein Ende gefunden hat,

b. die Beklagte zu verurteilen, ihn zu den bisherigen Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 29. Juni 2015 als Senior Sales Manager weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihres Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 11. August 2016 sowie der Schriftsätze vom 24. Oktober 2016, vom 26. Oktober 2016, vom 8. November 2016 und vom 16. November 2016, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 153 ff., 162 ff., 187, 198 f., 205 f. d. A.), als rechtlich zutreffend.

Die streitgegenständliche Kündigung sei wirksam. Es handele sich um eine Kündigung während der Probezeit, bei der sämtliche Formvorschriften, insbesondere auch die Schriftform nach § 126 BGB, eingehalten worden seien. Das Kündigungsschreiben sei eigenhändig und im Original von dem Zeugen E. unterzeichnet worden. Es seien nicht nur ein „N“ und ein „S“ zu erkennen. Bei genauer Betrachtung der Unterschrift sei am Ende des Schriftzuges auch ein kleines „i“ an dem Strich sowie dem darüber liegenden Punkt sowie ein “r“ und somit die letzten beiden Buchstaben des Nachnamens zu erkennen. Insbesondere die Tatsache, dass die Unterschrift charakteristische und gleichbleibende Merkmale aufweise, werde durch einen Abgleich mit der erstinstanzlich vorgelegten eidesstattlichen Versicherung deutlich, bei deren Unterschrift es sich um einen im Prinzip identischen Schriftzug handele.

Im Fall einer abweichenden Entscheidung sei der Zeuge gezwungen, seine Unterschrift, mit der er seit Jahrzehnten am Rechtsverkehr teilnehme, zu ändern, obwohl dies bislang von keiner Seite moniert worden sei. Auch die Unterschrift des Klägers auf dem Arbeitsvertrag würde nach den von ihm aufgestellten Anforderungen einer Überprüfung nicht standhalten. Der Zeuge müsse darauf vertrauen dürfen, dass seine bislang im Rechtsverkehr unbeanstandet gebliebene Unterschrift, die charakteristisch sei und die Buchstaben seines Namens erkennen lasse, sämtlichen Formerfordernissen genüge.

Das Landesarbeitsgericht hat durch Vernehmung des Zeugen E. darüber Beweis erhoben, ob der linke „Schriftzug“ auf dem Kündigungsschreiben der Beklagten vom 16. Dezember 2015 im Original von diesem stammt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Sitzung vom 2. März 2017 (Bl. 226 ff. d. A.) Bezug genommen.

Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der Kammertermine vom 17. November 2016 (Bl. 209 ff. d. A.) und vom 2. März 2017 (Bl. 226 ff. d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie erweist sich auch sonst als zulässig.

B.

In der Sache hatte die Berufung des Klägers keinen Erfolg. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien ist aufgrund der Kündigung vom 16. Dezember 2015 beendet worden. Ein Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers ist daher nicht gegeben.

I.

Wie das Arbeitsgericht zu Recht erkannt hat, ist die Kündigung vom 16. Dezember 2015 formwirksam (§ 623 BGB). Sie ist ordnungsgemäß unterschrieben (§ 126 Abs. 1 BGB). Die Kündigung wurde nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Original außer von der Prokuristin Y. Z. vom Zeugen E. unterschrieben. Seine Unterschrift genügt auch den an eine eigenhändige Unterschrift zu stellenden Anforderungen.

1.

Der Schriftzug unter dem Kündigungsschreiben genügt den Anforderungen, die an eine eigenhändige Unterschrift im Sinn der §§ 623, 126 BGB zu stellen sind.

Die in § 623 BGB angeordnete Schriftform der Kündigung soll Rechtssicherheit für die Vertragsparteien und eine Beweiserleichterung im Rechtsstreit bewirken. Durch das in § 126 Abs. 1 BGB vorgesehene Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift wird der Aussteller der Urkunde erkennbar. Die Unterschrift stellt eine unzweideutige Verbindung zwischen der Urkunde und dem Aussteller her. Der Erklärungsempfänger erhält die Möglichkeit zu überprüfen, wer die Erklärung abgegeben hat und ob die Erklärung echt ist (BAG, Urteil vom 24. Januar 2008 – 6 AZR 519/07 – NZA 2008, 521 Rz. 11 m. w. N.). Das Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift verlangt nicht, dass unmittelbar bei Abgabe der schriftlichen Erklärung für den Erklärungsempfänger die Person des Ausstellers feststehen muss. Dieser soll nur identifiziert werden können. Hierzu bedarf es nicht der Lesbarkeit des gesamten Namenszugs. Während das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 6. September 2012 – 2 AZR 858/11 – NZA 2013, 524, 526 Rz. 23) auch nicht für erforderlich hält, dass einzelne Buchstaben lesbar sind, soll nach anderer Ansicht (ErfK-Preis, 17. Aufl. 2017, § 127 BGB Rn. 17) erforderlich sein, dass dem Schriftbild Andeutungen von Buchstaben entnommen werden können. Die Lesbarkeit oder die Ähnlichkeit des handschriftlichen Gebildes mit den Namensbuchstaben ist nicht entscheidend, sondern es kommt darauf an, ob der Name vollständig, wenn auch nicht unbedingt lesbar wiedergegeben wird (BGH, Beschluss vom 9. Februar 2010 – VIII ZB 67/09 – BeckRS 2010, 4929 Rz. 11 zu § 130 Nr. 6 ZPO m. w. N.). Es genügt ein die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnender Schriftzug, der individuelle und entsprechend charakteristische Merkmale aufweist, welche die Nachahmung erschweren. Auch die Verwendung von (zum Beispiel griechischen, kyrillischen) Buchstaben bzw. (zum Beispiel asiatischen) Schriftzeichen einer anderen als der lateinischen Schrift soll zulässig sein (Wendtland in: Beck’scher Online-Kommentar BGB, Bamberger/Roth, Stand: 1. November 2016, § 126 Rn. 8; vgl. auch MünchKomm-BGB/Einsele, 7. Aufl. 2015, § 126 BGB Rn. 17; VGH München, Beschluss vom 16. August 1976 – Nr. 118 VIII 75 – NJW 1978, 510, 511 zu § 67 Abs. 3 S. 1 VwGO a. F.).

Der Schriftzug muss sich als Wiedergabe eines Namens darstellen und die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennen lassen, selbst wenn er nur flüchtig niedergelegt und von einem starken Abschleifungsprozess gekennzeichnet ist. Die Unterschrift ist vom Handzeichen (Paraphe) abzugrenzen. Für diese Abgrenzung ist das äußere Erscheinungsbild maßgeblich; der Wille des Unterzeichnenden ist nur von Bedeutung, soweit er in dem Schriftzug seinen Ausdruck gefunden hat (BAG, Urteil vom 24. Januar 2008 – 6 AZR 519/07 – NZA 2008, 521 Rz. 11 m. w. N.).

Der Schriftzug unter der Kündigungserklärung vom 16. Dezember 2015 erfüllt nach Auffassung der Kammer diese an eine Unterschrift zu stellenden Anforderungen.

Bei dem Schriftzug handelt es sich nicht lediglich um eine Paraphe. Er besteht nicht lediglich nur aus einem oder zwei einzelnen Buchstaben. Es fehlt auch an sonstigen für eine Namensabkürzung typischen Merkmalen, wie beispielsweise Punkten nach einzelnen Buchstaben (vgl. BGH, Urteil vom 22. Oktober 1993 – V ZR 112/92 – NJW 1994, 55). Das Gebilde ist komplex und besteht aus verschiedenen, teilweise ineinander übergehenden geraden Linien und Bögen, die sich zum Teil überschneiden. Vor allem spricht aber auch die erhebliche räumliche Ausdehnung des Gebildes gegen das Vorliegen einer Paraphe. Dieses ist circa 8,5 cm lang und 2,3 cm hoch. Beim Empfänger des Schriftstücks kann angesichts des äußeren Schriftbilds nicht der Eindruck entstehen, es handele sich möglicherweise nur um einen Entwurf oder um eine zum Zwecke der Dokumentation mit einem Handzeichen versehene Aktenkopie. Der Schriftzug lässt erkennen, dass der Unterzeichner seinen vollen Namen und nicht nur einer Abkürzung hat niederschreiben wollen.

Auch die übrigen an eine eigenhändige Unterschrift zu stellenden Anforderungen sind bei der gebotenen großzügigen Betrachtung (vgl. BAG, Urteil vom 6. September 2012 – 2 AZR 858/11 – NZA 2013, 524, 526 Rz. 24; BGH, Beschluss vom 27. September 2005 – VIII ZB 105/04 – NJW 2005, 3775 sowie vom 8. Januar 1997 – XII ZB 199/96 – NJW-RR 1997, 760, 761, letztere jeweils zu § 130 Nr. 6 ZPO m. w. N.) zumindest andeutungsweise erfüllt. Durch die maschinenschriftliche Unterzeile kann der Zeuge E. als Urheber des Schriftzugs identifiziert werden.

Der linke Schriftzug auf dem Kündigungsschreiben vom 16. Dezember 2015 stellt sich als Wiedergabe eines Namens dar. Es lassen sich deutlich der Anfangsbuchstabe „S“ des Nachnamens „E.“ sowie der Punkt des kleinen Buchstabens „i“ erkennen. Von dem Anfangsbuchstaben des Vornamens „“ ist zumindest andeutungsweise der erste Bogen des Großbuchstabens „N“, der nach einem starken Abschleifungsprozess übrig geblieben ist, zu erkennen. Dass der Zeuge Vor- und Nachnamen nicht hintereinander, sondern übereinander angeordnet hat, steht dem Vorliegen einer Unterschrift nach Auffassung der Kammer nicht entgegen, sondern erschwert im Gegenteil ein Nachahmen dieser Unterschrift.

Der Schriftzug weist auch in ausreichendem Maß individuelle und entsprechend charakteristische Merkmale auf, die seine Identität ausreichend kennzeichnen. Charakteristisch sind insbesondere der große schwungvolle Bogen des großen „S“, der i-Punkt unterhalb dieses Bogens, die sich nahezu mittig im „S“ befindliche Spitze der ersten Hälfte des großen „N“, mehrere parallele, waagerecht verlaufende Striche und ein mehrere cm langer auslaufender Strich am Ende des Schriftzuges. Der Schriftzug ist zwar einem starken Abschleifungsprozess unterlegen, aber dennoch so individuell ausgeführt, dass ihm insgesamt der Charakter einer Unterschrift nicht abgesprochen werden kann. Es kann – anders als in dem der Entscheidung des LAG Hessen vom 22. März 2011 (13 Sa 1593/10) zugrunde liegenden Sachverhalt – nicht davon ausgegangen werden, dass das „Gebilde“ überhaupt keinen Bezug zu einem Namen hat.

2.

Die Unterschrift wurde zur Überzeugung der Kammer auch vom Zeugen E. auf dem Originalkündigungsschreiben geleistet.

Der Zeuge E. hat vor dem Landesarbeitsgericht bestätigt, dass das Kündigungsschreiben vom 16. Dezember 2015 im Original von ihm unterzeichnet worden ist. Er hat erklärt, dass auf dem Kündigungsschreiben seine Unterschrift ist. Weiter hat er ausgesagt, dass er sich erinnern könne, dass er das Original des Schreibens unterschrieben habe. Die Zeugenaussage war in sich widerspruchsfrei und überzeugend.

Zwar war der Zeuge E. zum Zeitpunkt der streitigen Unterschriftsleistung Vorstandsvorsitzender der Beklagten und stand daher zu diesem Zeitpunkt in deren Lager. Aber auch unter Berücksichtigung dieses Umstandes erachtet die Kammer seine Zeugenaussage als glaubhaft. Anhaltspunkte oder Umstände, die hinsichtlich der Unterschrift für die Urheberschaft einer anderen Person sprechen würden, sind nicht ersichtlich und auch von dem Kläger nicht vorgetragen worden.

3.

Die Kündigung ist auch nicht nach § 174 BGB analog unwirksam. Die Zurückweisung der Kündigung scheidet im vorliegenden Fall bereits deshalb nach § 174 S. 2 BGB aus, weil die kündigenden E. und Y. Z. im Handelsregister als Vorstand bzw. Prokuristin mit dem Zusatz „Prokura gemeinsam mit einem Vorstand“ eingetragen sind (vgl. § 15 Abs. 2 HGB). Eine direkte Kundgabe der Bevollmächtigung und der Person des Bevollmächtigten durch den Vollmachtgeber ist in diesen Fällen auf Grund der Publizität des Handelsregisters entbehrlich (BAG, Urteil vom 25. September 2014 – 2 AZR 567/13 – NJW 2014, 3595, 3596 Rz. 21; vom 14. April 2011 – 6 AZR 727/09 – NZA 2011, 683, 685 Rz. 27 jeweils m. w. N.).

II.

Da das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien aufgrund der Kündigung vom 16. Dezember 2015 mit Ablauf des 31. Dezember 2015 beendet worden ist, hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Weiterbeschäftigung über diesen Zeitpunkt hinaus.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Voraussetzungen einer Revisionszulassung nach § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht erfüllt, insbesondere hat nicht eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung (Nr. 1). Da sich im Schriftzug des Zeugen E. nach Ansicht der Kammer zumindest ein „S“ und ein „i“ erkennen lassen, kommt es insbesondere nicht entscheidend auf die Frage an, ob eine Unterschrift jedenfalls einzelne Buchstaben erkennen lassen muss.

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