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Kündigungsschutz bei Auszubildenden

Der besondere Kündigungsschutz in der Ausbildung

Es gib im deutschen Arbeitsrecht Arbeitsverhältnisse, die seitens des Gesetzgebers als besonderes Arbeitsverhältnis betrachtet werden. Diese Besonderheit bezieht sich dabei auf die Stellung der Arbeitnehmerpartei und den Schutz der Arbeitnehmerpartei vor einer etwaig drohenden Kündigung. Die Rede ist an dieser Stelle mitnichten von Beamten, die ja durch den Beamter auf Lebzeit Status einen Kündigungsschutz genießen, sondern von Auszubildenden. Das Ausbildungsverhältnis gilt ausdrücklich als besonderes Arbeitsverhältnis, da der auszubildenden Person ein erforderliches Wissen für die spätere Berufsausübung vermittelt werden soll. Auf der Basis der Berufsausbildung soll zu einem späteren Zeitpunkt der Lebensunterhalt bestritten werden. Dementsprechend ist es auch nicht verwunderlich, dass für das Ausbildungsverhältnis auf der Basis der allgemeinen Arbeitsrechtsvorschriften auch ganz besonders strenge Regelungen im Zusammenhang mit einer Kündigung vorherrschen.

Junge Auszubildende stehen unter dem besonderen Schutz des Gesetzgebers. Als Faustformel kann hierbei gesagt werden, dass mit Fortschreiten der Ausbildung auch die Schwierigkeit für den Ausbildungsbetrieb ansteigt, eine Trennung von der auszubildenden Partei mittels Kündigung zu vollziehen. Die §§ 20 bis 23 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) sind hierfür maßgeblich.

Eine erfolgreiche Kündigung des Ausbildungsverhältnisses ist aber trotz dieses besonderen Schutzes unter ganz gewissen Rahmenbedingungen möglich. Diese Möglichkeit besteht sowohl für die auszubildende Partei als auch für die ausbildende Partei.

Die Probezeit

Kündigungsschutz in der Ausbildung
(Symbolfoto: goodluz/Shutterstock.com)

Ähnlich wie in einem herkömmlichen Arbeitsverhältnis existiert auch für das Berufsausbildungsverhältnis die Probezeit. Die Dauer der Probezeit findet ihre gesetzliche Grundlage in dem § 20 BBiG. Dieser Paragraf besagt, dass die Probezeit sich in einem zeitlichen Rahmen von einem Monat bis maximal vier Monaten bewegen soll. Befindet sich das Ausbildungsverhältnis noch in der Probezeit, so kann das Ausbildungsverhältnis beiderseitig ohne Kündigungsfristen und ohne Begründung gekündigt werden.

Bei der Kündigung muss allerdings ein etwaig bestehendes Kündigungsverbot der auszubildenden Person zwingend beachtet werden. Zudem ist die Kündigung, sofern sie auf der Basis einer ordentlichen Kündigung erfolgt, in schriftlicher Form erfolgen. Sollte in dem Unternehmen ein Betriebsrat bzw. Personalrat existieren, so muss dieser zuvor angehört werden.

Die Kündigung nach dem Ende der Probezeit

Ist die Probezeit der Ausbildung erst einmal abgelaufen, so kann die ausbildende Partei als Arbeitgeber der auszubildenden Partei als Arbeitnehmer lediglich die Kündigung aus wichtigem Grund aussprechen. In diesem Zusammenhang stellt sich dann sicherlich jede auszubildende Partei die Frage, was genau als wichtiger Grund angesehen wird. Der Gesetzgeber sagt, dass ein wichtiger Grund stets als gegeben anzusehen ist, wenn durch den Grund das Ziel der Ausbildung als gefährdet angesehen wird oder wenn sonstige anderweitige Umstände die Fortsetzung des bestehenden Ausbildungsverhältnisses für die ausbildende Partei unzumutbar werden lassen.

Bei einer Kündigung aus wichtigem Grund gelten ebenfalls keine Kündigungsfristen.

Beispiele für wichtige Gründe

  • das wiederholte Verlassen des Ausbildungsplatzes ohne Erlaubnis
  • das wiederholte Fehlen ohne Entschuldigung
  • Überschreitungen der Urlaubszeiten
  • die wiederholte Arbeitsverweigerung
  • der Vertrauensbruch durch eine aktive Störung der auszubildenden Partei (Unterschlagung respektive Diebstahl)
  • Beleidigungen
  • Bedrohungen
  • tätliche Angriffe

In der gängigen Praxis muss eine ausbildende Partei als Arbeitgeber zunächst gegenüber der auszubildenden Partei als Arbeitnehmer eine Abmahnung aussprechen, bevor die verhaltensbedingte Kündigung ausgesprochen wird. Sollte die auszubildende Partei jedoch ein besonders schwerwiegendes Fehlverhalten an den Tag legen, so gilt die Abmahnung als entbehrlich. Unterschlagungen oder Diebstahlsdelikte sind Musterbeispiele für ein derartiges schwerwiegendes Fehlverhalten.

Ist die fristlose Kündigung bei einer Langzeiterkrankung möglich?

Es mag für manche ausbildende Arbeitgeber einen überaus ärgerlichen Umstand darstellen, wenn die auszubildende Partei in der Ausbildungszeit eine Langzeiterkrankung erleidet. Obgleich eine derartige Langzeiterkrankung durchaus das Ausbildungsziel gefährden kann, sagt der Gesetzgeber ausdrücklich, dass sich aus der Langzeiterkrankung hieraus kein wichtiger Grund für eine Kündigung ableiten lässt. Der Grund hierfür liegt in dem Umstand, dass durch die Langzeiterkrankung keine wesentliche Betriebsbeeinträchtigung abgeleitet werden kann. Dementsprechend gibt es für eine Kündigung auch keine Rechtfertigungsgründe, da der Schutz des Ausbildungsverhältnisses höherrangig zu betrachten ist.

Von dieser Regelung kann es jedoch Ausnahmen geben. Ein Beispiel hierfür ist eine krankheitsbedingte fehlende Eignung für das Berufsbild oder die fehlende günstige Genesungsprognose. Hierbei handelt es sich jedoch ausdrücklich stets um Einzelfallprüfungen.

Welche Formalanforderungen muss eine Kündigung erfüllen?

Bei einer Kündigung, die außerhalb der Probezeit gegenüber einer auszubildenden Partei ausgesprochen wird, müssen stets gewisse Formalanforderungen erfüllt sein. Die Kündigung muss in schriftlicher Form mit einer Begründung der auszubildenden Partei zugestellt werden, damit diese Formalanforderungen erfüllt sind. Sollte der Kündigung zuvor eine Abmahnung vorausgegangen sein, so muss die Kündigung zwingend einen mit der Abmahnung identischen Grund enthalten. Eine weitere wichtige Formalanforderung ist die sogenannte Zwei-Wochen-Frist. Sollte die Kündigung aus einem wichtigen Grund heraus erfolgen, so muss die Kündigung innerhalb von zwei Wochen beginnend mit der Kenntnisnahme der ausbildenden Partei als Arbeitgeber erfolgen.

Bei einer minderjährigen auszubildenden Arbeitnehmerpartei muss die Kündigung in schriftlicher Form der erziehungsberechtigten Person der auszubildenden Arbeitnehmerpartei zugestellt werden.

Eine auszubildende Arbeitnehmerpartei hat die Möglichkeit, gegen die Kündigung rechtlich vorzugehen. Das beste Instrument ist stets die vorherige rechtsanwaltliche Beratung sowie eine Kündigungsschutzklage, die jedoch binnen drei Wochen erhoben werden muss. In diesem Zusammenhang ist es jedoch wichtig zu beachten, dass der korrekte Weg eingehalten wird. Existiert eine Schlichtungsstelle als Schlichtungsausschuss, so muss dieser Schlichtungsausschuss gem. § 111 Absatz 2 ArbGG zunächst kontaktiert werden. Ist dieser Schritt erfolgt, kann die auszubildende Arbeitnehmerpartei binnen zwei Wochen beginnend mit dem Spruch des Schlichtungsausschusses die Kündigungsschutzklage erheben.

Sind Schadensersatzansprüche durch die Kündigung denkbar?

Unter ganz gewissen Rahmenumständen kann eine Partei, die im Zuge eines Ausbildungsverhältnisses der anderen Partei die Kündigung ausspricht und damit auch eine vorzeitige Beendigung des Ausbildungsverhältnisses nach der Probezeit herbeiführt, schadensersatzpflichtig werden. Die gesetzliche Grundlage hierfür bietet der § 23 BBiG. Dieser Schadensersatzanspruch bezieht sich jedoch ausdrücklich nur auf materielle Schäden, welche ihre Ursache in der vorzeitigen Beendigung des Ausbildungsverhältnisses haben. Auf der Seite der ausbildenden Arbeitgeber können derartige materielle Schäden in Form von zusätzlichen Aufwendungen durch eine Neubesetzung des vorhandenen Ausbildungsplatzes inklusive zuvor erforderlicher Personalfindungsmaßnahmen denkbar sein, während hingegen auszubildende Arbeitnehmer Mehrkosten durch eine Fortführung der Ausbildung an einem ganz anderen Ort geltend machen können.

Die Grundvoraussetzung für einen Schadensersatzanspruch ist, dass durch die vorzeitige Beendigung des Ausbildungsverhältnisses auch tatsächlich ein messbarer wirtschaftlicher Schaden entstanden ist. Der Schadensersatzanspruch muss innerhalb eines Zeitraums von drei Monaten geltend gemacht werden. Diese Verjährungsfrist startet mit dem Zeitraum der Beendigung. Wird die Frist versäumt, so verfällt ein derartiger Anspruch.

Mitunter kann es durchaus vorkommen, dass sowohl die ausbildende Arbeitnehmerpartei als auch die auszubildende Partei sich dahingehend einig sind, dass das Ausbildungsverhältnis einfach nicht passend ist. In derartigen Fällen gibt es durchaus eine attraktive Alternative zu der Kündigung. Durch einen Aufhebungsvertrag können beide Parteien einvernehmlich das Ausbildungsverhältnis beenden, ohne dass gegenseitige Ansprüche entstehen.

Es gibt den guten alten Spruch, dass Lehrjahre keine Herrenjahre sind. Dieser Spruch ist letztlich so alt wie das Ausbildungsverhältnis an sich, allerdings haben sich die Zeiten durchaus gewandelt. Waren in früheren Zeiten die Auszubildenden mehr oder weniger günstige Arbeitskräfte mit einem eingeschränkten Schutzstatus, so ist dies glücklicherweise heutzutage nicht mehr der Fall. Auszubildende genießen einen besonderen Schutz vor Willkürmaßnahmen der Arbeitgeberpartei. Dementsprechend ist der Kündigungsschutz der Auszubildenden durchaus ein guter Schritt des Gesetzgebers. Dies bedeutet jedoch nicht, dass Auszubildende außerhalb der Probezeit eine „Narrenfreiheit“ in dem Ausbildungsbetrieb genießen. Es ist daher für beide Seiten besonders wichtig zu wissen, unter welchen Umständen ein bestehendes Ausbildungsverhältnis wirksam gekündigt werden kann.

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