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Kündigungsschutzklage – Aussetzung bis Erledigung eines Strafverfahrens

LAG Berlin-Brandenburg – Az.: 11 Ta 1120/21 – Beschluss vom 06.10.2021

I. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Potsdam vom 4. August 2021 – 7 Ca 642/21 – aufgehoben.

II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

l.

Die sofortige Beschwerde der Beklagten wendet sich gegen die Aussetzung des Verfahrens durch das Arbeitsgericht gemäß § 149 ZPO.

In diesem Verfahren streiten die Parteien über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist vom 3. Mai 2021 sowie einer weiteren außerordentlichen, hilfsweise außerordentlichen Verdachtskündigung mit Auslauffrist vom 19. Mai 2021.

Die Klägerin ist mit einer anerkannten Betriebszugehörigkeit seit dem 15. September 1987 bei der Beklagten, die als d. Anbieter Teilhabeleistungen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit Behinderungen anbietet, als Mitarbeiterin in der Behindertenhilfe in einem der von der Beklagten betriebenen Pflegeheime beschäftigt. Arbeitsvertraglich vereinbart ist die Anwendung der Arbeitsvertragsrichtlinien des D.; danach ist die ordentliche Kündigung der Klägerin aufgrund der Dauer der Beschäftigung und ihres Lebensalters ausgeschlossen.

Am 28. April 2021 verließ die Klägerin ihren Arbeitsplatz vorzeitig. Nach einem Anruf des Ehemannes der Klägerin wurden an diesem Tag … getötete und … schwerverletzter Bewohner im Pflegeheim, in dem die Klägerin eingesetzt war, gefunden.

Nachdem die Klägerin wegen des Tatverdacht der Tötung der Bewohner festgenommen wurde, ordnete das A. P. die Unterbringung der Klägerin in der Psychiatrie an. Inzwischen hat die S. P. gegen die Klägerin Anklage wegen versuchten Mordes in … Fällen jeweils in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie Mord in … Fällen im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit erhoben.

Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis zur Klägerin – nach Anhörung der bei ihr gebildeten Mitarbeitervertretung – mit Schreiben vom 3. Mai 2021 verhaltensbedingt, hilfsweise personenbedingt außerordentlich fristlos sowie hilfsweise außerordentlich mit sozialer Auslauffrist zum 31. Dezember 2021 gekündigt. Nach vorheriger Anhörung der Klägerin sowie der Mitarbeitervertretung hat die Beklagte mit weiterem Schreiben vom 19. Mai 2021 wegen des Verdachts einer strafbaren Handlung während der Arbeitszeit erneut außerordentlich fristlos, hilfsweise außerordentlich mit sozialer Auslauffrist zum 31. Dezember 2021 gekündigt.

Gegen beide Kündigungen hat sich die Klägerin mit ihrer am 25. Mai 2021 beim Arbeitsgericht P. eingegangenen und der Beklagten am 31. Mai 2021 zugestellten Kündigungsschutzklage gewandt und deren Unwirksamkeit geltend gemacht. Sie hat die ordnungsgemäße Beteiligung der im Betrieb der Beklagten gebildeten Mitarbeitervertretung bestritten. Weiter hat sie behauptet, starke Psychopharmaka überdosiert eingenommen zu haben und gemeint, dass selbst dann, wenn sie die Taten begangen haben sollte, eine verhaltensbedingte Kündigung wegen vollständiger Schuldunfähigkeit nicht wirksam sei und personenbedingte Gründe ebenfalls nicht gegeben seien.

Das Arbeitsgericht hat die Verhandlung über die hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage nach Anhörung der Parteien durch Beschluss vom 4. August 2021 gemäß § 149 ZPO ausgesetzt, da gegen die Klägerin wegen desselben Sachverhaltes, dass den Kündigungsgrund bilde, ein Strafverfahren anhängig sei, in dessen Verlauf die sich auch im Kündigungsschutzverfahren stellende Frage nach einer Erkrankung der Klägerin geklärt werde; im Strafverfahren sei dazu bereits eine Gutachterin bestellt. Sonstige Unwirksamkeitsgründe seien derzeit nicht ersichtlich und insbesondere die Beteiligung der Mitarbeitervertretung nicht zu beanstanden. Der zeitweisen Aussetzung stünde auch nicht der Beschleunigungsgrundsatz oder sonstige Interessen der Parteien entgegen. Die Klägerin werde auf unabsehbare Zeit ihre Arbeit nicht wiederaufnehmen können und die Beklagte daher lediglich noch den sechswöchigen Entgeltfortzahlungsanspruch ausgesetzt sein. Da es letztlich nur noch um Geldansprüche ginge, trete der Beschleunigungsgrundsatz zurück.

Gegen den ihr am 5. August 2021 zugestellten Beschluss wendet sich die am 13. August 2021 beim hiesigen Landesarbeitsgericht eingegangene sofortige Beschwerde der Beklagten.

Sie meint, die Voraussetzungen einer Aussetzung lägen nicht vor, weil es für die kündigungsrechtliche Beurteilung der der Klägerin vorgeworfenen Pflichtverletzung nicht auf deren strafrechtliche Bewertung ankomme. Aber selbst dann seien die Vor- und Nachteile einer Aussetzung abzuwägen. Hier sei schon die Beauftragung eines Sachverständigengutachtens nicht substantiiert vorgetragen. Auch wenn das Strafgericht mutmaßlich die Frage der Schuldfähigkeit aufzuklären habe, habe dies jedenfalls im Hinblick auf die Wirksamkeit der Kündigung aus personenbedingten Gründen keinen Einfluss. Auch die Argumentation zur fehlenden Möglichkeit einer Arbeitsaufnahme sei nicht überzeugend. Die Klägerin sei nicht inhaftiert, sondern in einer Klinik untergebracht. Ob und wann eine Entlassung möglich sei, sei nicht absehbar. Daher sei das Kündigungsschutzverfahren fortzusetzen.

Die Beklagte beantragt, den Beschluss des Arbeitsgerichts Potsdam vom 4. August 2021 – 7 Ca 642/21 – aufzuheben.

Die Klägerin hält die Aussetzung für nachvollziehbar. Sie werde im Hinblick auf ihre Schuld-und Steuerungsfähigkeit und möglicher Erfolgsaussichten einer Behandlung begutachtet. Das Ergebnis sei auch für die Zukunftsprognose der Arbeitsfähigkeit von Bedeutung. Wegen der weiteren Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf den Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 21. September 2021 (BI. 163 — 165 d. A.) ergänzend Bezug genommen.

II.

Die sofortige Beschwerde der Beklagten hat Erfolg.

1.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 252 ZPO, 78 Satz 1 ArbGG an sich statthaft. Sie ist gemäß § 569 Abs. 1. 2 ZPO form- und fristgerecht eingelegt worden und damit insgesamt zulässig. Der angefochtene Beschluss ist dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 5. August 2021 zugestellt worden. Die sofortige Beschwerde ging am 13. August 2021 beim hiesigen Landesarbeitsgericht und damit innerhalb der zweiwöchigen Beschwerdefrist des § 569 Absatz 1 ZPO ein. Die Beschwerdeschrift entspricht auch den gesetzlichen Anforderungen des § 569 Absatz 2 ZPO.

2.

Die sofortige Beschwerde ist begründet und führt zur Aufhebung des angegriffenen Beschlusses. Das Arbeitsgericht hat den Rechtsstreit zu Unrecht ausgesetzt. Die Voraussetzungen für eine Aussetzung liegen nicht vor. Ein Aussetzungsgrund ist nicht gegeben.

a)

Das Beschwerdegericht hat uneingeschränkt zu prüfen, ob ein Aussetzungsgrund überhaupt gegeben ist (BGH, Beschluss vom 24. April 2018 – VI ZB 52/16 – NJW 2018, 2267; Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Auflage 2020, § 252 ZPO Rn. 3), Nach § 149 Absatz 1 ZPO, der nach § 46 Absatz 2 ArbGG auch für das arbeitsgerichtliche Urteilsverfahren gilt, kann das Gericht, wenn sich im Laufe eines Rechtsstreits der Verdacht einer Straftat ergibt, deren Ermittlung auf die Entscheidung von Einfluss ist, die Aussetzung der Verhandlung bis zur Erledigung des Strafverfahrens anordnen. § 149 Absatz 1 ZPO ermöglicht zwar eine Aussetzung eines Zivilverfahrens auch dann, wenn bereits vor dem Zivilverfahren an anderer Stelle der Verdacht einer Straftat besteht und im Hinblick auf diesen ausgesetzt werden soll (BGH, Beschluss vom 24. April 2018 – VI ZB 52/16 – a. a. O.). Ein Aussetzungsgrund gemäß § 149 ZPO ist aber nur gegeben, wenn der Verdacht einer Straftat besteht, deren Ermittlung auf die Entscheidung von Einfluss ist. Ob diese Voraussetzung vorliegt, ist auf der Grundlage der materiellen Würdigung des Sach- und Streitstandes durch das Arbeitsgericht zu prüfen (Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Auflage 2020, § 252 ZPO Rn.3). Da die Strafermittlungen Einfluss auf die im Zivilprozess begehrte Entscheidung haben müssen, muss für eine Aussetzung ferner hinreichend feststehen, dass der Rechtsstreit nicht aus anderen, vom Ausgang des Strafverfahrens unabhängigen Gründen entscheidungsreif ist (LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 22. Mai 2017 – 4 Sa 27/17 – juris; Hessisches LAG, Beschluss vom 6. März 2019 – 18 Ta 69/19 – juris). Der Normzweck des § 149 ZPO besteht darin, es dem Zivilgericht zu ermöglichen, die Ermittlungen und den Ausgang eines Strafverfahrens abzuwarten, um abweichende Entscheidungen und nicht prozessökonomische Mehrarbeit zu vermeiden. § 149 ZPO eröffnet dem Zivilgericht damit die Möglichkeit den Rechtsstreit auszusetzen, wenn das Ergebnis der strafrechtlichen Ermittlungen für die Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen im auszusetzenden Verfahren von Bedeutung sein kann. Das Zivilgericht soll sich die besseren Erkenntnismöglichkeiten eines Strafverfahrens nutzbar machen können, wenn doppelte Ermittlungsarbeit und zusätzliche Kosten gespart werden, wenn bestimmte Punkte, auf deren Feststellung es im Zivilverfahren ankommt, streitig sind und mit der Aufklärung gerade dieser Umstände im Strafverfahren zu rechnen ist, so dass eine Klärung dieser Umstände im Zivilverfahren erspart wird. Unter Berücksichtigung der im Strafverfahren gewonnenen Erkenntnisse können dann aufgrund der vorzunehmenden Beweiserhebung und Beweiswürdigungen auch widersprechende Entscheidungen verhindert werden. Dabei geht auch das Gesetz davon aus, dass die Ermittlungen im Strafverfahren auf die Entscheidung des Zivilrechtsstreits von Einfluss sein können. Der Gesetzgeber hat mit den Vorschriften der §§ 149, 411a, 581 ZPO bewusste Verzahnungen zwischen den Verfahren geschaffen (BGH, Beschluss vom 24. April 2018 – VI ZB 52/16 – a.a.O.).

b)

In Anwendung dieser Grundsätze ist die Aussetzung der Verhandlung durch das Arbeitsgericht zu beanstanden. Auf der bisherigen Tatsachengrundlage kann die Vorgreiflichkeit des Strafverfahrens nicht festgestellt werden.

aa)

Die im angefochtenen Beschluss nicht ausdrücklich begründete, aber zum Ausdruck kommende Ansicht des Arbeitsgerichts, eine außerordentliche Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen setzte ein Verschulden voraus, ist nicht unumstritten (dazu: Meyer in Boecken/Düwell/Diller/Hanau, Gesamtes Arbeitsrecht, 1. Auflage 2016, § 626 BGB Rn. 46; Vossen in Ascheid/Preis/Schmidt, 6. Auflage 2021, § 626 BGB Rn. 73). Die Frage nach einem etwaigen Verschulden hat regelmäßig nur Bedeutung für die Abgrenzung zur personenbedingten Kündigung. Diese Unterscheidung spielt aber regelmäßig nur im Rahmen der Prüfung nach § 1 Abs. 2 KSchG eine Rolle, der zwischen Gründen in der Person, im Verhalten des Arbeitnehmers oder einer Kündigung aufgrund dringender betrieblicher Erfordernisse unterscheidet. Demgegenüber enthält § 626 Abs. 1 BGB keine Unterscheidung des wichtigen Grundes nach verschiedenen Störquellen. Deshalb können nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch schuldlose Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers einen wichtigen Grund zur verhaltensbedingten Arbeitgeberkündigung darstellen (BAG, Urteil vom 21. Januar 1999 – 2 AZR 665/98 – BAGE 90, 367 = AP Nr. 151 zu § 626 BGB = NZA 1999, 863). Bei schweren Vertragsverletzungen muss die Möglichkeit zur fristlosen Kündigung bestehen, auch wenn der Vertragspartner vielleicht wegen einer psychischen Erkrankung schuldlos gehandelt haben sollte, zumal die Frage des Verschuldens oftmals gar nicht beurteilt werden kann (Meyer in Boecken/Düwell/Diller/ Hanau, Gesamtes Arbeitsrecht, 1. Auflage 2016, § 626 BGB Rn. 46). Zudem hat die Kündigung keinen Sanktions- oder Kompensationscharakter, sondern soll ausschließlich zukünftige Beeinträchtigungen verhindern; deshalb ist ein Verschulden nicht zwingend in jedem Fall erforderlich (BAG, Urteil vom 21. Januar 1999 – 2 AZR 665/98 – a. a. O.). Da das Vorliegend eines Aussetzungsgrundes auf der Grundlage der materiellen Würdigung des Sach- und Streitstandes durch das Arbeitsgericht zu prüfen ist und diese nicht im Rahmen des Beschwerdeverfahrens, sondern in einem ggfls. geführten Rechtsmittelverfahren zu überprüfen ist, wird die Auffassung des Arbeitsgerichts insoweit aber zugrunde gelegt.

bb)

Gleichwohl ist aber vorliegend keine Vorgreiflichkeit des Strafverfahrens gegeben, auch wenn man für die Wirksamkeit einer außerordentlichen verhaltensbedingten Kündigung ein Verschulden der Klägerin zur Voraussetzung machen wollte. Denn auch in diesem Fall ist der Rechtsstreit auch ohne ein Abwarten auf die Klärung der Schuldfähigkeit der Klägerin im Strafverfahren entscheidungsreif. Denn die Beklagte hat ihre Kündigung nicht nur auf die Tat an sich und hilfsweise auf einen entsprechenden Verdacht gestützt. Sie hat sich zur Verteidigung der beiden Kündigungen nicht nur auf verhaltensbedingte Gründe, sondern auch auf personenbedingte Gründe gestützt. Dafür ist aber nach einhelliger Meinung kein Verschulden erforderlich (KR/Fischermeier, § 626 BGB Rn. 146). Entsprechend hat die Beklagte auch die bei ihr gebildete Mitarbeitervertretung angehört. Warum das Arbeitsgericht auch für die personenbedingte Kündigung die Prüfung der Schuldfähigkeit der Klägerin als erforderlich ansieht, hat es hingegen im Aussetzungsbeschluss nicht begründet. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt dafür nicht von der im Strafverfahren erhofften Klärung der Schuldfähigkeit der Klägerin ab. Entscheidungserheblich ist vielmehr nur, ob die Klägerin die … Bewohner getötet und … weiteren schwer verletzt hat (Tatkündigung vom 3. Mai 2021) oder ob sie dieser Taten dringend verdächtig ist (Verdachtskündigung vom 19. Mai 2021). Ein Tötungsdelikt ist in der Regel zur Rechtfertigung einer außerordentlichen Kündigung an sich geeignet (so generell auch außerhalb des öffentlichen Dienstes: Däubler in Kittner/Däubler/Zwanziger, KSchR, 10. Auflage 2017, § 626 BGB Rn. 106). Das Recht auf Leben gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG stellt innerhalb der grundgesetzlichen Ordnung einen Höchstwert dar; es ist die Grundlage der Menschenwürde. Ein Tötungsdelikt ist daher für eine Kündigung aus wichtigem Grund an sich geeignet (BAG, Urteil vom. 8. Juni 2000 – 2 AZR 638/99 – BAGE 95,78 = AP Nr. 163 zu § 626 BGB = NZA 2000, 1282 zum öffentlichen Dienst). Gerade in einer Einrichtung wie sie von der Beklagten betrieben wird, ist es unzumutbar, jemanden weiter zu beschäftigen, der die ihm anvertrauten hilfebedürftigen Menschen und damit die „Kundschaft“ seines Arbeitgebers umbringt. Begeht ein in einer Pflegeeinrichtung beschäftigter Angestellter ein vorsätzliches Tötungsdelikt, wird es dem Arbeitgeber in der Regel unzumutbar sein, ihn weiter zu beschäftigen. Andernfalls gerät er in die Gefahr, in Ausübung seiner Betreuungs- und Schutzaufgabe gegenüber der Öffentlichkeit und seinen anderen Bediensteten unglaubwürdig zu werden. Zudem hätten Beschäftigte und auch Bewohner/Betreute berechtigt Angst um ihr Leib und Leben, weil die Klägerin eine Gefahr für Leib und Leben der Mitarbeiter und Bewohner darstellt. Sollte die Klägerin die … Bewohner getötet und … weiteren schwer verletzt haben oder dieser Taten wenigstens dringend verdächtig sein, hätte sie damit die Eignung für ihren Beruf und das Arbeitsverhältnis verloren. Dies macht es der Beklagten und ihren Mitarbeitern unzumutbar, weiter mit der Klägerin zusammen zu arbeiten (BAG, Urteil vom 10. März 1977-4 AZR 675/75 – BAGE 29, 57 = AP Nr. 9 zu § 313 ZPO zu einem Arbeitnehmer, der Frau und Kind erschossen hat). Dem steht auch eine möglicherweise erfolgreiche Behandlung oder Therapie nicht entgegen; dieser Makel haftet der Klägerin in Person auch dann vielmehr dauerhaft an.

cc)

Auch der Umstand, dass im Strafverfahren die gleichen Vorwürfe gegenständlich sind, rechtfertigt keine Aussetzung. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kommt es für die Frage der Wirksamkeit einer Kündigung nicht auf die strafrechtliche Beurteilung des zugrundeliegenden Vorwurfs an. Entscheidend sind der Verstoß gegen vertragliche Haupt- oder Nebenpflichten und der mit ihm verbundene Vertrauensbruch. Deshalb besteht regelmäßig keine Rechtfertigung für die Aussetzung eines Kündigungsschutzprozesses bis zur rechtskräftigen Erledigung eines Strafverfahrens, in dem der Kündigungsvorwurf auf seine strafrechtliche Relevanz hin geprüft wird (BAG, Urteil vom 25. Oktober 2012 – 2 AZR 700/11 – BAGE 143, 244 =AP Nr. 51 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung = NZA 2013, 371).

Auch wenn nach Ansicht des Arbeitsgerichts für eine verhaltensbedingte Kündigung ein Verschulden der Klägerin erforderlich sein soll, fehlt es an einer überzeugenden Begründung, dass dies auch für die personenbedingte Kündigung kündigungsrechtlich von Bedeutung sein kann.

Daher war der Aussetzungsbeschluss aufzuheben.

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Das Beschwerdeverfahren ist Bestandteil des Hauptverfahrens. weshalb die Kosten des Beschwerdeverfahrens einen Teil der Kosten des Rechtsstreits bilden. Diese hat unabhängig vom Ausgang des Beschwerdeverfahrens die in der Sache unterliegende Partei zu tragen (BGH, Beschluss vom 25. Juli 2019 – I ZB 82/18 -NJW-RR 2020, 98).

IV.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 Satz 2 i. V m. § 72 Abs. 2 ArbGG) lagen nicht vor.

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