Übersicht:
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Kündigungsschutz im Arbeitsrecht: Ein Fall, der Rechte von Arbeitnehmern prüft
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- FAQ – Häufige Fragen
- Welche Rechte habe ich bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber?
- Was bedeutet Kündigungsschutz und wer ist davon betroffen?
- Welche Fristen muss ich bei einer Kündigungsschutzklage beachten?
- Welche Gründe können eine krankheitsbedingte Kündigung rechtfertigen?
- Was kann ich tun, wenn ich glaube, dass meine Kündigung ungerechtfertigt ist?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Das Gericht hat festgestellt, dass die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis weiterhin besteht.
- Die Beklagte kündigte aufgrund von krankheitsbedingten Fehlzeiten, die jedoch nicht zu einer gerechten Kündigung führten.
- Die Klägerin hatte in der Vergangenheit viele Fehltage, dennoch war der Verlauf ihrer Erkrankung nachweislich positiv.
- Es gab keine hinreichenden Gründe, die eine Kündigung aufgrund gesundheitlicher Probleme rechtfertigen würden.
- Die Beklagte konnte die Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen durch die Fehlzeiten der Klägerin nicht nachweisen.
- Die Kündigung wurde trotz der langen Krankheitsgeschichte als sozial ungerechtfertigt erachtet.
- Aufgrund des Urteils trägt die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits.
- Das Gericht hat keinen Raum für eine Berufung gelassen.
- Arbeitnehmer sind durch dieses Urteil vor ungerechtfertigten Kündigungen aufgrund vermuteter gesundheitlicher Probleme besser geschützt.
- Die Entscheidung könnte ähnliche Kündigungsfälle in der Zukunft beeinflussen und das Bewusstsein für die Rechte von Arbeitnehmern stärken.
Kündigungsschutz im Arbeitsrecht: Ein Fall, der Rechte von Arbeitnehmern prüft
Der Kündigungsschutz ist ein zentrales Thema des Arbeitsrechts, das vor allem darauf abzielt, die Rechte von Arbeitnehmern in Deutschland zu wahren. Im Zuge der geltenden gesetzlichen Regelungen wird besonders darauf geachtet, dass eine Kündigung nicht willkürlich oder aus sozial ungerechtfertigten Gründen erfolgt. Arbeitnehmer, die sich ungerecht behandelt fühlen, haben die Möglichkeit, gegen eine solche Kündigung eine Kündigungsschutzklage einzureichen. Diese rechtlichen Schritte helfen, die Balance zwischen den Interessen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu gewährleisten.
Im Rahmen einer Kündigungsschutzklage wird geprüft, ob die Gründe, die zur Kündigung geführt haben, rechtlich ausreichend sind. Soziale Ungerechtfertigtheit kann beispielsweise vorliegen, wenn der Arbeitgeber die Kündigung aus einem persönlichen Motiv oder ohne nachvollziehbare Unternehmensgründe ausgesprochen hat. Der Verlauf einer solchen Klage kann für beide Seiten weitreichende Konsequenzen haben, nicht nur für den Kündigungsbetroffenen, sondern auch für den Arbeitgeber, der bei einer Niederlage möglicherweise mit einem Wiederherstellungsanspruch des Jobs konfrontiert wird.
Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt, der die Komplexität der Thematik verdeutlicht und aufzeigt, wie Gerichte in solchen Streitigkeiten entscheiden.
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Der Fall vor Gericht
Kündigungsschutzklage einer langjährigen Mitarbeiterin erfolgreich
Die 45-jährige Klägerin, seit 1999 als kaufmännische Angestellte bei einem weltweit agierenden Logistikunternehmen beschäftigt, hat erfolgreich gegen ihre krankheitsbedingte Kündigung geklagt. Das Arbeitsgericht Köln gab der Kündigungsschutzklage statt und erklärte die zum 31.07.2015 ausgesprochene Kündigung für unwirksam.
Vorgeschichte geprägt von Krankheitsausfällen
Das Arbeitsverhältnis war von Beginn an durch häufige krankheitsbedingte Fehlzeiten gekennzeichnet. Die Ausfallzeiten schwankten über die Jahre erheblich, mit Spitzenwerten von 52 Arbeitstagen im Jahr 2010. Eine besonders kritische Phase trat zwischen November 2012 und Januar 2014 ein, als die Mitarbeiterin aufgrund einer Langzeiterkrankung durchgehend arbeitsunfähig war. Diese beruhte auf Bluthochdruck, konnte jedoch durch einen operativen Eingriff und begleitende medikamentöse Behandlung geheilt werden.
Kündigungsgrund und rechtliche Bewertung
Die Arbeitgeberin begründete die Kündigung mit den häufigen Kurzzeiterkrankungen in der Vergangenheit und berief sich auf eine negative Gesundheitsprognose sowie erhebliche Betriebsablaufstörungen. Das Gericht folgte dieser Argumentation jedoch nicht. Es stellte fest, dass für eine sozial gerechtfertigte krankheitsbedingte Kündigung eine negative Gesundheitsprognose, eine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen und eine Interessenabwägung erforderlich sind.
Fehlende negative Gesundheitsprognose
Das Gericht sah die Voraussetzungen für eine negative Gesundheitsprognose als nicht gegeben an. Bei der Beurteilung legte es einen Zeitraum von drei aufeinanderfolgenden Kalenderjahren zugrunde. Die Langzeiterkrankung wurde dabei als nicht prognoserelevant eingestuft, da die zugrundeliegende Ursache ausgeheilt war. In den relevanten Jahren 2014 und 2012 lagen die Fehlzeiten unter dem Referenzwert von sechs Wochen pro Jahr, den das Gericht als noch zumutbar für den Arbeitgeber ansah. Lediglich in den Jahren 2010 und 2009 waren die Ausfallzeiten deutlich höher gewesen.
Positive Entwicklung der Fehlzeiten
Das Gericht betonte, dass sich seit 2010 eine positive Tendenz mit rückläufigen jährlichen Krankheitszeiten abzeichnete. Obwohl das Arbeitsverhältnis über 15 Jahre durch hohe Arbeitsunfähigkeitszeiten geprägt war, reichten die aktuellen Ausfallzeiten nach Ansicht des Gerichts nicht für eine negative Gesundheitsprognose aus. Damit fehlte es bereits an einer wesentlichen Voraussetzung für eine sozial gerechtfertigte krankheitsbedingte Kündigung.
Urteil und Konsequenzen
Das Arbeitsgericht Köln erklärte die Kündigung für unwirksam und stellte fest, dass das Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen fortbesteht. Die Arbeitgeberin wurde zur Übernahme der Prozesskosten verurteilt. Das Gericht ließ die Berufung nicht gesondert zu, da keine grundsätzlichen Rechtsfragen zu klären waren.
Bedeutung für Arbeitnehmer
Der Fall zeigt, dass auch bei einer langjährigen Historie von Krankheitsausfällen eine Kündigung nicht ohne Weiteres gerechtfertigt ist. Entscheidend ist die aktuelle Entwicklung der Fehlzeiten und die Prognose für die Zukunft. Arbeitnehmer können sich gegen krankheitsbedingte Kündigungen wehren, wenn sich ihre gesundheitliche Situation verbessert hat oder die Ausfallzeiten in einem zumutbaren Rahmen bleiben.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil unterstreicht die hohen Anforderungen an eine krankheitsbedingte Kündigung. Entscheidend ist nicht die Krankheitshistorie, sondern die aktuelle Entwicklung und Zukunftsprognose der Fehlzeiten. Eine negative Gesundheitsprognose als Kernvoraussetzung erfordert eine sorgfältige, auf den Einzelfall bezogene Beurteilung der jüngsten Krankheitszeiten. Arbeitgeber müssen bei Kündigungen wegen häufiger Kurzzeiterkrankungen eine deutlich über dem Durchschnitt liegende und andauernde Beeinträchtigung nachweisen.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Dieses Urteil stärkt Ihre Position als Arbeitnehmer, wenn Sie mit einer krankheitsbedingten Kündigung konfrontiert sind. Es zeigt, dass Arbeitgeber nicht einfach aufgrund vergangener Krankheitszeiten kündigen können. Entscheidend ist Ihre aktuelle gesundheitliche Situation und die Prognose für die Zukunft. Selbst bei einer langen Krankheitsgeschichte kann eine Kündigung unwirksam sein, wenn sich Ihre Fehlzeiten zuletzt verbessert haben. Als Faustregel gilt: Liegen Ihre Fehlzeiten in den letzten drei Jahren unter sechs Wochen pro Jahr, stehen Ihre Chancen gut, sich erfolgreich gegen eine Kündigung zu wehren. Zögern Sie nicht, rechtlichen Rat einzuholen und Ihre Rechte wahrzunehmen.
FAQ – Häufige Fragen
Sie stehen vor einer Kündigung und fragen sich, welche Rechte Ihnen zustehen? Kündigungsschutz im Arbeitsrecht ist ein komplexes Thema, das viele Fragen aufwirft. In unserer FAQ-Rubrik finden Sie klare und verständliche Antworten auf die wichtigsten Fragen rund um Kündigungen, Kündigungsfristen und die rechtlichen Möglichkeiten, sich gegen eine unrechtmäßige Kündigung zu wehren.
Wichtige Fragen, kurz erläutert:
- Welche Rechte habe ich bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber?
- Was bedeutet Kündigungsschutz und wer ist davon betroffen?
- Welche Fristen muss ich bei einer Kündigungsschutzklage beachten?
- Welche Gründe können eine krankheitsbedingte Kündigung rechtfertigen?
- Was kann ich tun, wenn ich glaube, dass meine Kündigung ungerechtfertigt ist?
Welche Rechte habe ich bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber?
Bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber haben Arbeitnehmer verschiedene Rechte, die ihnen Schutz bieten:
Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) greift in Betrieben mit mehr als 10 Beschäftigten, wenn das Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate besteht. Es schützt vor sozial ungerechtfertigten Kündigungen. Eine Kündigung ist nur zulässig, wenn sie durch Gründe in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers oder durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist.
Die Kündigung muss schriftlich erfolgen. Mündliche oder elektronische Kündigungen sind unwirksam. Der Arbeitgeber muss die gesetzlichen oder vertraglich vereinbarten Kündigungsfristen einhalten. Die gesetzliche Grundkündigungsfrist beträgt 4 Wochen zum 15. oder Ende eines Kalendermonats.
Arbeitnehmer haben das Recht, innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einzureichen. Damit kann die Wirksamkeit der Kündigung gerichtlich überprüft werden. Versäumt man diese Frist, gilt die Kündigung als von Anfang an wirksam.
Bei einer außerordentlichen fristlosen Kündigung muss ein wichtiger Grund vorliegen. Der Arbeitgeber muss die Kündigung innerhalb von 2 Wochen nach Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen aussprechen.
Bestimmte Personengruppen genießen einen besonderen Kündigungsschutz. Dazu gehören etwa Schwangere, Arbeitnehmer in Elternzeit, schwerbehinderte Menschen oder Betriebsratsmitglieder. Hier gelten strengere Voraussetzungen für eine Kündigung.
Der Arbeitgeber muss bei einer Kündigung den Betriebsrat anhören, sofern ein solcher besteht. Eine ohne Anhörung ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.
Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer Anspruch auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis. Dieses muss wahrheitsgemäß und wohlwollend formuliert sein.
Bei einer betriebsbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber eine Sozialauswahl durchführen. Dabei sind Kriterien wie Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung zu berücksichtigen.
Arbeitnehmer haben das Recht, während der Kündigungsfrist bezahlte Freistellung für Bewerbungsgespräche zu erhalten. Der Arbeitgeber muss ihnen angemessene Zeit zur Stellensuche gewähren.
Bei Massenentlassungen gelten besondere Regelungen. Der Arbeitgeber muss die Agentur für Arbeit informieren und mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich und Sozialplan verhandeln.
Wurde die Kündigung aus diskriminierenden Gründen ausgesprochen, können Arbeitnehmer Ansprüche nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geltend machen.
Was bedeutet Kündigungsschutz und wer ist davon betroffen?
Der Kündigungsschutz umfasst gesetzliche Regelungen, die Arbeitnehmer vor willkürlichen oder ungerechtfertigten Kündigungen durch den Arbeitgeber schützen. Er schränkt das Recht des Arbeitgebers zur ordentlichen Kündigung ein und legt fest, unter welchen Bedingungen eine Kündigung zulässig ist.
Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) bildet die Grundlage für den allgemeinen Kündigungsschutz. Es gilt für Arbeitnehmer, die länger als sechs Monate ohne Unterbrechung in einem Betrieb beschäftigt sind. Allerdings greift der Schutz nur in Betrieben mit mehr als zehn Beschäftigten. Bei Arbeitsverhältnissen, die vor 2004 begonnen haben, liegt die Grenze bei mehr als fünf Beschäftigten.
Unter den Schutz des KSchG fallen Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigte sowie Auszubildende. Leitende Angestellte sind hingegen vom allgemeinen Kündigungsschutz ausgenommen. Für sie gelten spezielle Regelungen.
Der allgemeine Kündigungsschutz besagt, dass eine Kündigung nur dann sozial gerechtfertigt ist, wenn sie auf Gründen beruht, die in der Person oder dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder auf dringenden betrieblichen Erfordernissen. Der Arbeitgeber muss im Streitfall beweisen, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind.
Neben dem allgemeinen Kündigungsschutz existiert ein besonderer Kündigungsschutz für bestimmte Personengruppen. Dazu gehören unter anderem:
- Schwangere und Mütter bis vier Monate nach der Entbindung
- Arbeitnehmer in Elternzeit
- Schwerbehinderte Menschen
- Betriebsratsmitglieder
- Auszubildende nach der Probezeit
Für diese Gruppen gelten strengere Schutzvorschriften. Eine Kündigung ist hier nur in Ausnahmefällen und oft nur mit behördlicher Zustimmung möglich.
Auch in Kleinbetrieben, in denen das KSchG keine Anwendung findet, sind Arbeitnehmer nicht völlig schutzlos. Hier greifen die allgemeinen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Kündigungen dürfen nicht willkürlich oder sittenwidrig sein und müssen die Grundsätze von Treu und Glauben beachten.
Wichtig zu beachten ist, dass der Kündigungsschutz nicht automatisch greift. Arbeitnehmer müssen innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Klage beim Arbeitsgericht erheben, wenn sie die Kündigung für unwirksam halten. Versäumen sie diese Frist, gilt die Kündigung als wirksam, selbst wenn sie eigentlich rechtswidrig war.
Der Kündigungsschutz stellt somit ein wichtiges Instrument dar, um die Interessen von Arbeitnehmern zu schützen und ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerrechten herzustellen. Er bietet Beschäftigten Sicherheit, schränkt aber gleichzeitig die unternehmerische Freiheit nicht unverhältnismäßig ein.
Welche Fristen muss ich bei einer Kündigungsschutzklage beachten?
Bei einer Kündigungsschutzklage ist die wichtigste Frist die dreiwöchige Klagefrist nach § 4 Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Diese Frist beginnt mit dem Zugang der schriftlichen Kündigung beim Arbeitnehmer. Innerhalb dieser drei Wochen muss die Klage beim zuständigen Arbeitsgericht eingereicht werden.
Der genaue Fristablauf richtet sich nach den allgemeinen Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Endet die Frist an einem Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, verlängert sie sich bis zum nächsten Werktag. Maßgeblich ist der Eingang der Klage beim Gericht, nicht die Absendung durch den Arbeitnehmer.
Wird die Klagefrist versäumt, gilt die Kündigung nach § 7 KSchG als von Anfang an rechtswirksam. Dies hat zur Folge, dass eine Überprüfung der Wirksamkeit der Kündigung durch das Arbeitsgericht grundsätzlich nicht mehr möglich ist.
In bestimmten Ausnahmefällen kann eine nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage beantragt werden. Dies ist nach § 5 KSchG möglich, wenn der Arbeitnehmer trotz Anwendung aller zumutbaren Sorgfalt an der rechtzeitigen Klageerhebung gehindert war. Gründe hierfür können etwa eine schwere Erkrankung oder ein unverschuldeter Auslandsaufenthalt sein.
Für den Antrag auf nachträgliche Zulassung gelten ebenfalls Fristen:
- Er muss innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt werden.
- Nach Ablauf von sechs Monaten seit dem Ende der versäumten Klagefrist ist eine nachträgliche Zulassung generell ausgeschlossen.
Bei einer außerordentlichen fristlosen Kündigung gilt die dreiwöchige Klagefrist ebenfalls. Hier ist zu beachten, dass der Arbeitgeber die Kündigung nach § 626 Abs. 2 BGB innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen aussprechen muss.
Neben der Klagefrist können je nach Fallkonstellation weitere Fristen relevant sein:
- Bei einer Änderungskündigung muss der Arbeitnehmer das Änderungsangebot des Arbeitgebers unter Vorbehalt annehmen, um die Sozialwidrigkeit der Änderung gerichtlich überprüfen zu lassen. Dieser Vorbehalt muss innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklärt werden.
- Für Massenentlassungen gelten besondere Regelungen. Der Arbeitgeber muss diese der Agentur für Arbeit anzeigen. Die Entlassungen werden frühestens einen Monat nach Eingang der Anzeige wirksam.
Die strikte Einhaltung der Klagefrist ist entscheidend für den Erfolg einer Kündigungsschutzklage. Arbeitnehmer sollten daher unmittelbar nach Erhalt einer Kündigung handeln und sich im Zweifel rechtlichen Rat einholen, um ihre Rechte zu wahren.
Welche Gründe können eine krankheitsbedingte Kündigung rechtfertigen?
Eine krankheitsbedingte Kündigung kann nur unter bestimmten Voraussetzungen rechtmäßig sein. Drei wesentliche Gründe müssen dafür vorliegen:
Erstens muss eine negative Gesundheitsprognose bestehen. Das bedeutet, dass zum Zeitpunkt der Kündigung davon auszugehen ist, dass der Arbeitnehmer auch in Zukunft häufig oder langfristig krankheitsbedingt ausfallen wird. Die Prognose stützt sich in der Regel auf die Krankheitsverläufe der vergangenen Jahre.
Zweitens müssen die krankheitsbedingten Fehlzeiten zu erheblichen betrieblichen Beeinträchtigungen führen. Dies kann sich in wirtschaftlichen Belastungen für den Arbeitgeber äußern, etwa durch Lohnfortzahlungen oder Kosten für Ersatzkräfte. Auch Störungen im Betriebsablauf oder eine Beeinträchtigung der Planungssicherheit können relevant sein.
Drittens muss eine Interessenabwägung zugunsten des Arbeitgebers ausfallen. Dabei werden die Interessen des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen die Interessen des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abgewogen. Faktoren wie die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Alter des Arbeitnehmers oder seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt spielen hier eine Rolle.
Wichtig ist: Alle drei Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein. Fehlt auch nur eine davon, ist die Kündigung in der Regel nicht gerechtfertigt.
Bei Langzeiterkrankungen kann eine dauerhafte Arbeitsunfähigkeit einen Kündigungsgrund darstellen. Hier muss zum Zeitpunkt der Kündigung die begründete Annahme bestehen, dass der Arbeitnehmer auf nicht absehbare Zeit nicht mehr in der Lage sein wird, seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen.
Bei häufigen Kurzerkrankungen müssen die Fehlzeiten ein Ausmaß erreichen, das für den Arbeitgeber unzumutbar ist. Als Richtwert gilt hier oft eine Fehlzeit von mehr als sechs Wochen pro Jahr über einen Zeitraum von drei Jahren. Allerdings ist dies keine starre Grenze, sondern es kommt auf den Einzelfall an.
Vor Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber prüfen, ob mildere Mittel zur Verfügung stehen. Dazu gehört insbesondere die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM). Zwar ist das BEM keine zwingende formale Voraussetzung für eine Kündigung, sein Fehlen erschwert es dem Arbeitgeber jedoch erheblich, die Verhältnismäßigkeit der Kündigung nachzuweisen.
Der Arbeitgeber muss zudem prüfen, ob eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit im Betrieb besteht, bei der die gesundheitlichen Einschränkungen keine oder geringere Auswirkungen hätten. Dies kann eine Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz oder eine Änderung der Arbeitsbedingungen umfassen.
Bei schwerbehinderten Arbeitnehmern gelten zusätzliche Schutzvorschriften. Hier ist vor einer Kündigung die Zustimmung des Integrationsamtes einzuholen.
Was kann ich tun, wenn ich glaube, dass meine Kündigung ungerechtfertigt ist?
Bei einer möglicherweise ungerechtfertigten Kündigung sollten Arbeitnehmer umgehend handeln. Innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der schriftlichen Kündigung muss eine Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht eingereicht werden. Diese Frist ist zwingend einzuhalten, da sonst die Kündigung als wirksam gilt.
Vor Klageerhebung empfiehlt sich die Prüfung einiger wichtiger Aspekte: Zunächst sollte die Kündigung auf formale Fehler untersucht werden. Eine wirksame Kündigung muss schriftlich erfolgen und vom Arbeitgeber oder einem Bevollmächtigten unterschrieben sein. Elektronische Kündigungen per E-Mail oder SMS sind unwirksam.
Die Sammlung von Beweisen ist entscheidend. Dazu gehören alle Unterlagen zum Arbeitsverhältnis wie Arbeitsvertrag, Zeugnisse, Abmahnungen und die Kündigung selbst. Auch Notizen zu Gesprächen mit Vorgesetzten oder Zeugenaussagen von Kollegen können hilfreich sein.
Das Kündigungsschutzgesetz greift in der Regel nur in Betrieben mit mehr als zehn Beschäftigten und bei Arbeitsverhältnissen, die länger als sechs Monate bestehen. In diesen Fällen muss der Arbeitgeber einen triftigen Grund für die Kündigung nachweisen. Dies können personen-, verhaltens- oder betriebsbedingte Gründe sein.
Bei einer Kündigungsschutzklage prüft das Arbeitsgericht, ob die Kündigung sozial gerechtfertigt ist. Dabei werden die Interessen beider Parteien gegeneinander abgewogen. Oft endet ein Kündigungsschutzverfahren mit einem Vergleich, bei dem sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer beispielsweise auf eine Abfindung einigen.
Für bestimmte Arbeitnehmergruppen wie Schwangere, Schwerbehinderte oder Betriebsratsmitglieder gelten besondere Schutzvorschriften. Hier ist eine Kündigung nur unter sehr engen Voraussetzungen möglich.
Die Einholung fachkundiger Beratung ist dringend anzuraten. Ein auf Arbeitsrecht spezialisierter Anwalt kann die Erfolgsaussichten einer Klage einschätzen und bei der Durchsetzung der Arbeitnehmerrechte unterstützen. Auch Gewerkschaften oder Rechtsschutzversicherungen bieten oft Unterstützung bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten an.
Während des laufenden Verfahrens sollten sich Arbeitnehmer beim Arbeitsamt arbeitssuchend melden, um keine Ansprüche zu verlieren. Gleichzeitig ist es ratsam, sich nach einem neuen Arbeitsplatz umzusehen, da der Ausgang des Verfahrens ungewiss ist.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Kündigungsschutzklage: Eine Klage, die ein Arbeitnehmer einreicht, um die Rechtmäßigkeit seiner Kündigung anzufechten. Er behauptet dabei, dass die Kündigung gegen das Kündigungsschutzgesetz verstößt und daher unwirksam ist.
- Sozial ungerechtfertigte Kündigung: Eine Kündigung, die nicht den Anforderungen des Kündigungsschutzgesetzes entspricht. Sie kann beispielsweise vorliegen, wenn kein ausreichender Kündigungsgrund vorliegt oder die Kündigung gegen Treu und Glauben verstößt.
- Krankheitsbedingte Kündigung: Eine Kündigung, die aufgrund der Erkrankung eines Arbeitnehmers ausgesprochen wird. Sie ist nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig, insbesondere wenn eine negative Gesundheitsprognose besteht und der Arbeitgeber dadurch betriebliche Beeinträchtigungen erleidet.
- Negative Gesundheitsprognose: Eine Einschätzung, dass der Arbeitnehmer auch in Zukunft voraussichtlich längere Zeit krankheitsbedingt ausfallen wird. Diese Prognose muss auf einer sorgfältigen Betrachtung der vergangenen Krankheitszeiten und der aktuellen gesundheitlichen Situation des Arbeitnehmers basieren.
- Interessenabwägung: Ein Verfahren, bei dem das Gericht die Interessen des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit den Interessen des Arbeitnehmers am Erhalt seines Arbeitsplatzes abwägt. Dabei werden verschiedene Faktoren berücksichtigt, wie die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Alter des Arbeitnehmers und die soziale Härte einer Kündigung.
- Betriebsablaufstörungen: Störungen im Betriebsablauf, die durch die krankheitsbedingten Fehlzeiten des Arbeitnehmers entstehen. Diese Störungen müssen erheblich sein, um eine Kündigung zu rechtfertigen. Beispiele können sein: Schwierigkeiten bei der Personalplanung, Verzögerungen bei Projekten oder erhöhte Kosten durch die Einstellung von Ersatzkräften.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG): Das Kündigungsschutzgesetz regelt den Kündigungsschutz für Arbeitnehmer in Betrieben mit mehr als 10 Mitarbeitern. Es verlangt, dass eine Kündigung sozial gerechtfertigt sein muss, d.h. entweder verhaltens-, personen- oder betriebsbedingt. Im vorliegenden Fall ist § 1 KSchG relevant, da die Klägerin Kündigungsschutz genießt und die Rechtmäßigkeit der Kündigung geprüft wird.
- § 611 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Dieser Paragraph definiert den Arbeitsvertrag als ein Schuldverhältnis, in dem sich der Arbeitnehmer zur Leistung von Diensten verpflichtet und der Arbeitgeber zur Zahlung einer Vergütung. Im vorliegenden Fall ist § 611 BGB relevant, da er die Grundlage des Arbeitsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beklagten bildet und somit die Basis für die Kündigungsschutzklage darstellt.
- § 314 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Dieser Paragraph regelt die Kündigung aus wichtigem Grund. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn Tatsachen gegeben sind, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Im vorliegenden Fall ist § 314 BGB relevant, da die Beklagte die Kündigung mit den häufigen Kurzzeiterkrankungen der Klägerin begründet und sich auf eine negative Gesundheitsprognose sowie erhebliche Betriebsablaufstörungen beruft.
- § 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG): Dieses Gesetz regelt die Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfall. Es sieht vor, dass der Arbeitgeber das Entgelt für bis zu sechs Wochen fortzahlen muss, wenn der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt ist. Im vorliegenden Fall ist das EFZG relevant, da die Klägerin in der Vergangenheit häufig arbeitsunfähig erkrankt war und die Beklagte die Kündigung unter anderem mit den daraus resultierenden Kosten begründet.
- § 2 Kündigungsschutzgesetz (KSchG): Dieser Paragraph bestimmt, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt ist, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist. Im vorliegenden Fall ist § 2 KSchG relevant, da das Gericht prüfen muss, ob die krankheitsbedingte Kündigung der Klägerin sozial gerechtfertigt ist.
Das vorliegende Urteil
ArbG Köln – Az.: 20 Ca 805/15 – Urteil vom 22.07.2015 –
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1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 02.01.2015 zum 31.07.2015 aufgelöst werden wird.
2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch sonstige Beendigungstatbestände endet, sondern derzeit zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
5. Der Streitwert wird festgesetzt auf 6.164,58 Euro.
6. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer krankheitsbedingtbegründeten Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses.
Die Beklagte ist ein weltweit agierendes Logistikunternehmen mit weit mehr als 10 Mitarbeitern i. S. d. Kündigungsschutzgesetzes.
Die am 0.0.1969 geborene Klägerin ist seit dem 15.03.1999 bei der Beklagten als kaufmännische Angestellte in der Abteilung Brokerage angestellt.
Ihr Bruttomonatsgehalt beträgt 2.054,86 EUR bei einer Wochenarbeitszeit von 30 Stunden.
Das Arbeitsverhältnis der Parteien war von Beginn an durch Fehltage aufgrund krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit geprägt.
So fehlte die Klägerin seit Beginn des Arbeitsverhältnisses in den aufgeführten Kalenderjahren jeweils im Umfang von folgenden Arbeitstagen:
1999 18
2000 45
2001 31
2002 40
2003 41
2004 29
2005 40
2006 15
2007 14
2008 34
2009 48
2010 52
2011 24
Alsdann war die Klägerin im Zeitraum 20.11.2012 bis 04.01.2014 langzeitarbeitsunfähig. Nach Ablauf des sechswöchigen Entgeltfortzahlungszeitraums fielen insofern hier keine Entgeltfortzahlungskosten für die Beklagte mehr an. Im Anschluss an die Langzeiterkrankung erfolgte im Zeitraum 05.01.2014 bis 28.02.2014 eine durch die Krankenkasse begleitete und finanzierte Wiedereingliederung bei der Beklagten. Die Langzeitarbeitsunfähigkeit beruhte nach den Angaben der Klägerin im Kammertermin auf Bluthochdruck und soll nach Angaben der Klägerin, denen die Beklagte nicht mehr entgegengetreten ist, nach erfolgreichem operativen Eingriff und begleitender medikamentöser Behandlung ausgeheilt sein, so dass die Klägerin seit Jahresbeginn 2014 aufgrund dieses Grundleidens nicht mehr arbeitsunfähig erkrankt ist.
In der Folgezeit nach Beendigung der Langzeiterkrankung ist die Klägerin lediglich noch im Zeitraum 20.07.2014 bis 24.07.2014 aufgrund einer Erkrankung des Verdauungstraktes arbeitsunfähig erkrankt ausgefallen. Weiter war sie vom 29.09.2014 bis einschließlich 04.12.2014 arbeitsunfähig erkrankt aufgrund einer Knieverletzung nach einem Unfall. Sodann war sie im Zeitraum 17.12.2014 bis 02.01.2015 aufgrund von Übelkeit und Erbrechen arbeitsunfähig.
Die Arbeitsunfähigkeitstage der Klägerin unter Einbeziehung der Langzeiterkrankung für die Kalenderjahre 2012 bis 2014 betrugen:
2012 58 Arbeitstage
2013 237 Arbeitstage (durchgehende Langzeiterkrankung) sowie
2014 100 Arbeitstage.
Mit Kündigungsschreiben vom 02.01.2015, zugegangen am 08.01.2015, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zum 31.07.2015.
Die Klägerin hat am 28.01.2015 die vorliegende Kündigungsschutzklage erhoben.
Sie hält die streitgegenständliche Kündigung für sozial ungerechtfertigt. Sie verweist hierzu darauf, dass ihre Knieverletzung aus dem Jahr 2014 folgenlos ausgeheilt sei. Insgesamt sei keine negative Zukunftsprognose gegeben.
Darüber hinaus sei auch keine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen durch die Ausfallzeiten der Klägerin zu erkennen.
Die Klägerin beantragt,
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 02.01.2015 zum 31.07.2015 aufgelöst worden ist;
2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 31.07.2015 hinaus fortbesteht.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält ihre Kündigung als personenbedingte Kündigung als personenbedingte Kündigung für sozial gerechtfertigt. Sie sieht eine negative Gesundheitsprognose aufgrund der erheblichen Kurzzeiterkrankungen in der Vergangenheit für gegeben an. Darüber hinaus beruft sie sich darauf, dass auch es zu erheblichen Betriebsablaufstörungen gekommen sei, da der künftige Einsatz der Klägerin nicht planbar sei. Die Beklagte beruft sich auch darauf, dass die Klägerin regelmäßig Einladungen zu BEM-Gesprächen ignoriert habe.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt und insbesondere die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien sowie die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hatte ganz überwiegend Erfolg.
I.
Der zulässige Kündigungsschutzantrag war begründet.
Die streitgegenständliche Kündigung vom 02.01.2015 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst, denn sie ist sozial ungerechtfertigt i. S. d. § 1 KSchG.
Aufgrund der Betriebszugehörigkeit der Klägerin (§ 1 Abs. 1 KSchG) sowie der Beschäftigtenzahl der Beklagten (§ 23 KSchG) findet das Kündigungsschutzgesetz vorliegend unzweifelhaft Anwendung.
Mithin hätte die Kündigung einer sozialen Rechtfertigung nach § 1 KSchG bedurft. Eine solche fehlt jedoch vorliegend. Ein durchgreifender betriebs,- verhaltens- oder personenbedingter Kündigungsgrund ist nicht gegeben.
Die streitgegenständliche Kündigung ist nicht als personenbedingte Kündigung – nur diese kommt vorliegend in Betracht – sozial gerechtfertigt.
Eine Kündigung kann aufgrund Krankheit des Arbeitnehmers als Unterform der personenbedingten Kündigung sozial gerechtfertigt sein. Eine soziale Rechtfertigung der Kündigung wegen Krankheit kommt in den drei Unterformen der Kündigung wegen häufiger Kurzzeiterkrankungen, der Kündigung wegen Langzeiterkrankung sowie der Kündigung wegen dauerhafter Arbeitsunfähigkeit in Betracht. Bei allen Unterformen der krankheitsbedingten Kündigung ist regelmäßig erforderlich, dass in Form einer Drei-Schritt-Prüfung sowohl eine negative Gesundheitsprognose für die Zukunft getroffen werden muss, es zu einer erheblichen Beeinträchtigung betrieblicher Interessen aufgrund des krankheitsbedingten Ausfalls des Arbeitnehmers kommt und darüber hinaus sich auch bei einer abschließend vorzunehmenden Interessenabwägung die Kündigung insgesamt als sozial gerechtfertigt erweist.
1.)
Zunächst war die streitgegenständliche Kündigung nicht unter dem Gesichtspunkt der Langzeiterkrankung sozial gerechtfertigt.
Eine negative Gesundheitsprognose für eine Langzeiterkrankung kann vorliegend nicht angenommen werden. Ist die Störursache – wie vorliegend – bekannt und ausgeheilt, steht dies einer negativen Gesundheitsprognose entgegen.
Die Klägerin war im Zeitraum 20.11.2012 bis 04.01.2014, mithin lediglich knapp länger als ein Jahr, durchgehend langzeiterkrankt. Die Klägerin trägt von der Beklagten unwidersprochen vor, dass diese Langzeiterkrankung auf Bluthochdruck beruhte und durch operativen Eingriff als auch durch begleitende medikamentöse Behandlung geheilt wurde, so dass keine negative Gesundheitsprognose gegeben sei. Die Klägerin trägt insbesondere vor, dass sie in der Folgezeit auch wegen dieser Erkrankung nicht mehr arbeitsunfähig ausgefallen ist. Dies wird durch den zeitlich nicht unerheblichen Beurteilungszeitraum von nahezu einem Jahr nach Beendigung der Langzeiterkrankung bis zum Ausspruch der Kündigung auch durchaus bestätigt. Nach den von der Klägerin weiterhin vorgetragenen Arbeitsunfähigkeitszeiten im Kalenderjahr 2014, welche sich durchaus im Rahmen hielten, ist die Klägerin nicht mehr wegen Bluthochdruck arbeitsunfähig ausgefallen. Die insofern vollumfänglich darlegungs- und beweispflichtige Beklagte hat nicht mehr vorgetragen, dass die Klägerin nach Abschluss der Langzeiterkrankung aufgrund derselben Krankheitsursache wieder erkrankt gewesen sei.
Aufgrund der Landzeiterkrankung im Kalenderjahr 2013 fehlt es mithin bereits im ersten Prüfungsschritt an einer für eine sozial gerechtfertigte Kündigung erforderlichen negativen Gesundheitsprognose.
2.)
Gleiches gilt auch für eine krankheitsbedingte Kündigung wegen häufiger Kurzzeiterkrankungen. Auch insofern fehlt es bereits an einer negativen Gesundheitsprognose.
Bei häufigen Kurzzeiterkrankungen mit unterschiedlichen und ggf. unbekannten Störursachen kann ein Arbeitgeber grds. aufgrund erheblicher Ausfallzeiten in der Vergangenheit einen Rückschluss darauf ziehen, dass es auch in Zukunft zu erheblichen Ausfallzeiten kommen wird (BAG 10.11.2005, 2 AZR 44/05, AP Nr. 42 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit). Für eine derartige negative Gesundheitsprognose nicht zu berücksichtigen sind lediglich einzelne nicht prognoserelevante Arbeitsunfähigkeits-Zeiträume, etwa weil sie auf einem einmaligen nicht prognoserelevanten Ereignis – insbesondere z. B. einem Unfall – beruhen oder aber die zugrunde liegende Erkrankung folgenlos ausgeheilt ist und auch keine Prognose im Hinblick auf eine „Krankheitsanfälligkeit“ zulässt. Für die Frage der „Erheblichkeit“ der Ausfallzeiten ist hierbei davon auszugehen, dass einem Arbeitgeber aufgrund der gesetzlichen Wertung des Entgeltfortzahlungsgesetzes, wonach für sechs Wochen Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zu leisten ist, ein Arbeitsunfähigkeitszeitraum eines Arbeitnehmers von bis zu sechs Wochen regelmäßig noch zuzumuten ist. Sofern demgegenüber jedoch ein Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum länger als sechs Wochen ausfällt, so genügt der Arbeitgeber regelmäßig dem von ihm zu verlangenden Vortrag für eine negative Gesundheitsprognose und es ist dann Sache des Arbeitnehmers, im Einzelfall darzulegen und ggfs. unter Beweis zu stellen, warum trotz der erheblichen Arbeitsunfähigkeitszeiten in der Vergangenheit künftig doch keine negative Gesundheitsprognose gegeben sein soll.
Was als prognoserelevanter längerer Zeitraum anzusehen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Starre Fristen bestehen insofern nicht. Bei einem bereits mehrjährig bestehenden Arbeitsverhältnis ist jedoch grundsätzlich ein Zeitraum von drei unmittelbar aufeinander folgenden Kalenderjahren als hinreichend prognoserelevant anzusehen.
Hiervon ausgehend konnte vorliegend keine negative Gesundheitsprognose angenommen werden. Denn o. g. für die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast relevante Referenzwert von häufigen Kurzzeiterkrankungen in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren von jedenfalls mehr als sechs Wochen mit Entgeltfortzahlung wird vorliegend gerade nicht erreicht. Die von der Beklagten in der Klageerwiderung aufgestellte Tabelle versucht zwar diesen Eindruck zu erwecken, übersieht hierbei jedoch, dass es sich für den Zeitraum 20.11.2012 bis 04.01.2014 um eine nicht Prognose relevante Langzeiterkrankung handelt. Im letzten Kalenderjahr vor Ausspruch der Kündigung, d.h. im Kalenderjahr 2014, hat es Beendigung der Langzeiterkrankung lediglich im vernachlässigungswerten Rahmen von weit unter sechs Wochen Arbeitsunfähigkeitszeiten der Klägerin gegeben, nämlich lediglich vom 20. bis 24.07. sowie dann wiederum ab dem 17.12. bis Jahresende. Die weitere Arbeitsunfähigkeitszeit vom 29.09. bis 04.12.2014 ist als nicht prognoserelevant herauszurechnen, da sie auf einem Unfall beruht und die Knieverletzung, die sich die Klägerin hierbei zugezogen hat, nach nicht bestrittenen Angaben der Klägerin vollständig verheilt ist. Insofern sind hierdurch keine weiteren Ausfallzeiten für die Zukunft zu erwarten und dieser Zeitraum ist als nicht prognoserelevant herauszurechnen.
Im Kalenderjahr vor Beginn der Langzeiterkrankung, d.h. im Kalenderjahr 2012, liegt die Arbeitsunfähigkeit ebenfalls unter dem erforderlichen Referenzwert von sechs Wochen, da die beklagtenseitig angegebenen Arbeitstage 58 um den Zeitraum der Langzeiterkrankung ab dem 20.11.2012 bis Jahresende zu kürzen ist.
Ebenso liegt auch im davor liegenden Kalenderjahr 2011 mit unstreitig 24 Arbeitstagen Fehlzeit der krankheitsbedingte Ausfall der Klägerin unter dem zumutbaren Referenzwert von sechs Wochen pro Kalenderjahr.
Lediglich in den beiden Kalenderjahren zuvor (Kalenderjahr 2010 und 2009) lag die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin über diesem Grenzwert.
Mithin zeigt sich, was die Zahl der Kurzzeiterkrankungen der Klägerin betrifft, gerade seit den Kalenderjahren 2009 und 2010, in denen es eine gehäufte Arbeitsunfähigkeit der Klägerin gab, eine positive Tendenz in Form einer rückläufigen Entwicklung der kalenderjährlichen Krankheitszeiten wegen häufiger Kurzzeiterkrankungen.
Auch wenn die Kammer nicht verkennt, dass das Arbeitsverhältnis bereits seit Beginn und mithin über einen Zeitraum von inzwischen 15 Jahren durch hohe Arbeitsunfähigkeitszeiten der Klägerin geprägt ist und die Klägerin gerade einmal 45 Jahre alt war zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung und somit bis zum Renteneintritt noch eine erhebliche Zeit im Arbeitsleben zu verbringen hat, reichen die Ausfallzeiten der Klägerin derzeit noch nicht für eine negative Gesundheitsprognose und mithin auch nicht für eine krankheitsbedingte Kündigung.
Auf die weiteren Prüfungsschritte (erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen und abschließende Interessenabwägung) kam es mithin nicht mehr entscheidungserheblich an. Bereits aufgrund fehlender negativer Gesundheitsprognose fehlt es an einer sozialen Rechtfertigung für eine krankheitsbedingte Kündigung und die Kündigungsschutzklage war mithin bereits aus diesem Grunde begründet.
II.
Auch hinsichtlich des allgemeinen Feststellungsantrages war die Klage zulässig und begründet.
Um Rechtsschutz vor etwaigen Folgekündigungen zu erlangen, kann ein Arbeitnehmer, dem gekündigt wurde, grundsätzlich auch einen allgemeinen Feststellungsantrag gemäß § 256 ZPO neben dem konkreten punktuellen Kündigungsschutzantrag nach § 4 KSchG stellen. Das hierfür erforderliche Rechtsschutzbedürfnis ergibt sich vorliegend insbesondere dadurch, dass nach den Erörterungen im hiesigen Rechtsstreit feststeht, dass zwar derzeit die Voraussetzungen für eine krankheitsbedingte Kündigung noch nicht gegeben sind, es je nach Länge des Rechtsstreits und weiterem Krankheitsverlauf der Klägerin jedoch nicht auszuschließen ist, dass bei negativer Entwicklung künftig eine weitere arbeitgeberseitige Kündigung erfolgen könnte.
Der allgemeinen Feststellungsantrag ist auch im wesentlichen begründet, da derzeit keine weiteren Beendigungstatbestände ersichtlich sind, aufgrund derer das Arbeitsverhältnis sein Ende gefunden haben könnte.
Lediglich soweit beantragt wurde festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis über den 31.07.2015 hinaus fortbesteht, konnte eine derartige in die Zukunft gerichtete Feststellung zum Zeitpunkt des Kammertermins am 22.07.2015 noch nicht getroffen werden. Insofern war die Klage teilweise abzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 46 Abs. 2 ArbGG. Hiernach hatte die Beklagte als unterlegene Partei des Rechtsstreits die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Der gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzende Streitwert wurde auf drei Bruttomonatsgehälter festgesetzt (§ 42 Abs. 2 Satz 1 GKG).
Gründe, die Berufung gemäß § 64 Abs. 3, Abs. 3 a ArbGG gesondert zuzulassen, waren nicht gegeben.