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Kündigungswirksamkeit bei nachträglich bekanntwerdender Schwangerschaft

Eine Pflegehelferin erfährt erst nach ihrer Kündigung von ihrer Schwangerschaft und klagt erfolgreich gegen die Entlassung. Das Arbeitsgericht Mainz stärkt mit diesem Urteil die Rechte schwangerer Arbeitnehmerinnen und stellt klar, dass der besondere Schutz nicht an starren Fristen scheitern darf. Damit weicht das Gericht von der bisherigen Rechtsprechung ab und setzt ein wichtiges Zeichen für mehr Gerechtigkeit im Arbeitsleben.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Arbeitsgericht Mainz
  • Datum: 14.08.2024
  • Aktenzeichen: 4 Ca 1424/22
  • Verfahrensart: Kündigungsschutzklage
  • Rechtsbereiche: Arbeitsrecht, Kündigungsschutz, Europarecht

Beteiligte Parteien:

  • Klägerin: Eine Pflegehelferin, die sich gegen die Wirksamkeit einer Kündigung aufgrund einer Schwangerschaft wehrt. Sie argumentiert, dass die Kündigung wegen Sonderkündigungsschutz für Schwangere unwirksam ist.
  • Beklagte: Der Arbeitgeber der Klägerin, der die Kündigung innerhalb der Probezeit aussprach und die Klage abzuweisen beantragt. Der Arbeitgeber stützt sich auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und sieht das Erfordernis der rechtzeitigen Klage innerhalb der Frist als bindend an.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Die Klägerin, seit 01.08.2022 als Pflegehelferin befristet bis 31.07.2023 angestellt, wurde am 06.10.2022 innerhalb der Probezeit zum 21.10.2022 gekündigt. Erst nach der Kündigung erfuhr die Klägerin von ihrer Schwangerschaft und teilte dies am 10.11.2022 dem Arbeitgeber mit. Am 13.12.2022 reichte sie Klage ein.
  • Kern des Rechtsstreits: Ist die Kündigung trotz bestehender Schwangerschaft aufgrund des deutschen Kündigungsschutzgesetzes und europarechtlichen Bestimmungen wirksam, wenn die Klagefrist nicht eingehalten wurde?

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Kündigung wurde für unwirksam erklärt, da die Klägerin schwanger war und der Kündigungsschutz für Schwangere nicht rechtswirksam berücksichtigt wurde.
  • Begründung: Die Kündigung verstieß gegen § 17 Abs. 2 MuSchG, da keine behördliche Zustimmung erfolgte. Europarechtskonforme Auslegung zeigt, dass der Schutz der schwangeren Arbeitnehmerinnen nicht durch formale Fristen eingeschränkt werden darf, besonders wenn die Unmöglichkeit der Einhaltung dieser Fristen durch nachträgliche Kenntnis von der Schwangerschaft besteht.
  • Folgen: Die Klägerin behält das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der Befristung am 31.07.2023. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil stärkt den Schutz schwangerer Arbeitnehmerinnen, indem es die europarechtlichen Prinzipien über den strikten nationalen Fristen anwendet.

Kündigungsschutz während Schwangerschaft: Gerichtsurteil klärt rechtliche Fragen

Die Situation einer Schwangerschaft stellt Arbeitnehmerinnen und Arbeitgeber nicht selten vor rechtliche Herausforderungen. Das Mutterschutzgesetz sieht umfassende Schutzfristen und besondere Kündigungsschutzregelungen vor, die die berufliche und persönliche Situation von Schwangeren sichern sollen.

Entscheidend sind dabei die rechtlichen Grundlagen des Arbeitsrechts, die sowohl die Interessen der Arbeitnehmerin als auch die des Arbeitgebers berücksichtigen. Wie verhält es sich beispielsweise, wenn eine Schwangerschaft erst nach einer bereits erfolgten Kündigung oder während eines laufenden Kündigungsprozesses bekannt wird? Eine spannende Rechtsfrage, die komplexe Aspekte des Kündigungsschutzes und der persönlichen Umstände berührt.

In dem folgenden Fall wird ein aktuelles Gerichtsurteil beleuchtet, das genau diese Konstellation behandelt und Klarheit in einem oft missverstandenen Rechtsbereich schafft.

Der Fall vor Gericht


Kündigung trotz Schwangerschaft: Arbeitsgericht Mainz stärkt Rechte schwangerer Arbeitnehmerinnen

Junge Frau in einer deutschen Wohnung hält positiven Schwangerschaftstest und hat besorgten Ausdruck. Tisch mit Teetasse und Smartphone.
Kündigungsschutz für schwangere Arbeitnehmerinnen | Symbolfoto: Ideogram gen.

Das Arbeitsgericht Mainz hat in einem wegweisenden Urteil die Rechte schwangerer Arbeitnehmerinnen gestärkt. Eine als Pflegehelferin beschäftigte Frau hatte erst nach ihrer Kündigung von ihrer Schwangerschaft erfahren und konnte dadurch die übliche Drei-Wochen-Frist zur Klageerhebung nicht einhalten.

Kündigungsfall mit besonderer Konstellation

Die betroffene Arbeitnehmerin war seit dem 1. August 2022 bei ihrem Arbeitgeber als Pflegehelferin mit einer Befristung bis zum 31. Juli 2023 beschäftigt. Am 6. Oktober 2022 kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis innerhalb der Probezeit zum 21. Oktober 2022. Die Besonderheit des Falls: Zum Zeitpunkt der Kündigung war die Arbeitnehmerin bereits schwanger, was jedoch beiden Parteien nicht bekannt war. Erst am 9. November 2022 wurde die Schwangerschaft in der siebten Woche ärztlich festgestellt.

Rechtlicher Verlauf und EuGH-Entscheidung

Die Arbeitnehmerin informierte ihren Arbeitgeber am 10. November 2022 per E-Mail über ihre Schwangerschaft und wies darauf hin, dass die Kündigung damit unwirksam sei. Am 13. Dezember 2022 reichte sie beim Arbeitsgericht Mainz eine handschriftliche Kündigungsschutzklage ein. Das Gericht legte dem Europäischen Gerichtshof die Frage vor, ob die deutschen Regelungen zur Klagefrist mit der EU-Mutterschutzrichtlinie vereinbar sind.

Grundlegende Entscheidung des Arbeitsgerichts

Das Arbeitsgericht Mainz gab der Klage statt und stellte fest, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht beendet wurde, sondern erst mit Ablauf der Befristung am 31. Juli 2023 endete. Die Kündigung verstieß gegen das Mutterschutzgesetz, da sie ohne die erforderliche Zustimmung der zuständigen Behörde ausgesprochen wurde.

Neue Rechtsauslegung zum Schutz schwangerer Arbeitnehmerinnen

Das Gericht setzte sich in seiner Begründung von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ab. Nach der neuen Auslegung muss eine schwangere Arbeitnehmerin, die erst nach der Kündigung von ihrer Schwangerschaft erfährt, keine strikte Zwei-Wochen-Frist für einen nachträglichen Klagezulassungsantrag einhalten. Das Gericht betonte, dass eine solch kurze Frist in Anbetracht der besonderen Situation zu Beginn einer Schwangerschaft eine unangemessene Beschränkung der Rechte darstelle. Die Kosten des Rechtsstreits wurden der beklagten Arbeitgeberin auferlegt.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil stärkt den Kündigungsschutz schwangerer Arbeitnehmerinnen erheblich. Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass die starren Fristen des deutschen Kündigungsschutzgesetzes nicht mit EU-Recht vereinbar sind, wenn eine Arbeitnehmerin erst nach Ablauf der Klagefrist von ihrer Schwangerschaft erfährt. Die bisherige Regelung, innerhalb von zwei Wochen einen Antrag auf nachträgliche Klagezulassung stellen zu müssen, erschwert den Schutz schwangerer Frauen in unzulässiger Weise.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie während einer Schwangerschaft gekündigt wurden und dies zum Zeitpunkt der Kündigung noch nicht wussten, können Sie auch nach Ablauf der üblichen Drei-Wochen-Frist noch gegen die Kündigung vorgehen. Sie müssen nicht mehr zwingend innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis der Schwangerschaft einen gesonderten Zulassungsantrag stellen. Sobald Sie von Ihrer Schwangerschaft erfahren, können Sie direkt Kündigungsschutzklage einreichen. Der besondere Kündigungsschutz für Schwangere gilt dabei unabhängig davon, ob der Arbeitgeber von der Schwangerschaft wusste oder nicht.

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Häufig gestellte Fragen zum Thema

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche besonderen Schutzrechte haben schwangere Arbeitnehmerinnen bei einer Kündigung?

Grundsätzliches Kündigungsverbot

Als schwangere Arbeitnehmerin genießen Sie einen besonderen gesetzlichen Kündigungsschutz nach § 17 Mutterschutzgesetz (MuSchG). Eine Kündigung ist während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung grundsätzlich unzulässig.

Dieser Schutz gilt auch bei einer Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche – in diesem Fall besteht der Kündigungsschutz noch vier Monate nach der Fehlgeburt.

Voraussetzungen für den Kündigungsschutz

Der besondere Kündigungsschutz greift, wenn eine dieser Bedingungen erfüllt ist:

  • Der Arbeitgeber wusste zum Zeitpunkt der Kündigung von Ihrer Schwangerschaft
  • Sie teilen dem Arbeitgeber die Schwangerschaft innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt der Kündigung mit
  • Bei unverschuldetem Überschreiten der Zwei-Wochen-Frist (z.B. weil Sie selbst noch nichts von der Schwangerschaft wussten) holen Sie die Mitteilung unverzüglich nach

Ausnahmen vom Kündigungsschutz

In besonderen Fällen kann der Arbeitgeber eine Kündigung aussprechen, jedoch nur:

  • Mit vorheriger Zustimmung der zuständigen Landesbehörde (meist das Gewerbeaufsichtsamt)
  • Bei Gründen, die nicht mit der Schwangerschaft zusammenhängen
  • In schriftlicher Form unter Angabe des Kündigungsgrundes

Solche Ausnahmefälle können vorliegen bei:

  • Stilllegung des gesamten Betriebs oder von Betriebsteilen
  • Existenzgefährdung des Unternehmens
  • Schwerwiegenden Pflichtverletzungen durch die Arbeitnehmerin

Besonderheiten bei befristeten Verträgen

Bei einem befristeten Arbeitsverhältnis endet dieses zum vereinbarten Zeitpunkt – auch während einer Schwangerschaft. Der besondere Kündigungsschutz verhindert nicht das reguläre Ende eines befristeten Arbeitsvertrags.

Der Kündigungsschutz gilt übrigens auch während der Probezeit. Wenn Sie in der Probezeit schwanger werden, können Sie nur mit behördlicher Zustimmung und bei Vorliegen eines Ausnahmefalls gekündigt werden.


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Welche Fristen müssen bei einer Kündigungsschutzklage beachtet werden?

Die grundlegende Klagefrist

Die Kündigungsschutzklage muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung beim zuständigen Arbeitsgericht eingereicht werden. Der Tag des Zugangs der Kündigung wird bei der Fristberechnung nicht mitgezählt. Die Frist endet am gleichen Wochentag drei Wochen später um 24:00 Uhr.

Berechnung der Klagefrist

Wenn die Kündigung beispielsweise an einem Mittwoch zugeht, endet die Frist am Mittwoch drei Wochen später. Fällt das Fristende auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, verlängert sich die Frist automatisch bis zum nächsten Werktag um 24:00 Uhr.

Besonderheiten bei Schwangerschaft

Bei schwangeren Arbeitnehmerinnen gelten besondere Regelungen:

Wenn eine Arbeitnehmerin zum Zeitpunkt der Kündigung noch nicht von ihrer Schwangerschaft wusste, hat sie nach Kenntnis der Schwangerschaft zwei Wochen Zeit, den Arbeitgeber darüber zu informieren. Nach einem aktuellen EuGH-Urteil ist diese Zweiwochenfrist allerdings zu kurz bemessen.

Nachträgliche Klagezulassung

Eine nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage ist nur in Ausnahmefällen möglich. Voraussetzungen dafür sind:

  • Der Arbeitnehmer war trotz Anwendung aller zumutbaren Sorgfalt verhindert, die Klage rechtzeitig zu erheben
  • Der Antrag auf nachträgliche Zulassung muss innerhalb von zwei Wochen nach Behebung des Hindernisses gestellt werden
  • Nach Ablauf von sechs Monaten seit Fristende ist eine nachträgliche Zulassung grundsätzlich ausgeschlossen

Wird die dreiwöchige Klagefrist versäumt und liegt kein Ausnahmefall vor, gilt die Kündigung automatisch als von Anfang an rechtswirksam – auch wenn sie eigentlich rechtswidrig gewesen wäre.


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Ab welchem Zeitpunkt der Schwangerschaft gilt der besondere Kündigungsschutz?

Der besondere Kündigungsschutz nach § 17 Mutterschutzgesetz (MuSchG) beginnt bereits mit dem ersten Tag der Schwangerschaft, also mit der Befruchtung der Eizelle. Da der genaue Zeitpunkt der Empfängnis meist schwer feststellbar ist, wird nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die sogenannte Rückrechnungsmethode angewendet: Die Schwangerschaft beginnt 280 Tage vor dem errechneten Entbindungstermin.

Voraussetzungen für den Kündigungsschutz

Der Kündigungsschutz greift allerdings nur, wenn eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist:

  • Der Arbeitgeber wusste zum Zeitpunkt der Kündigung von der Schwangerschaft
  • Sie teilen dem Arbeitgeber die Schwangerschaft innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mit
  • Sie informieren den Arbeitgeber unverzüglich nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist, wenn Sie das Versäumnis nicht zu vertreten haben (zum Beispiel, weil Sie selbst noch nichts von der Schwangerschaft wussten)

Dauer des Kündigungsschutzes

Der Kündigungsschutz erstreckt sich über folgende Zeiträume:

  • Während der gesamten Schwangerschaft
  • Bis mindestens vier Monate nach der Entbindung
  • Bei einer Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis vier Monate nach der Fehlgeburt

Besonderheiten bei Unkenntnis der Schwangerschaft

Wenn Sie zum Zeitpunkt einer Kündigung bereits schwanger waren, dies aber selbst noch nicht wussten, können Sie den Kündigungsschutz nachträglich geltend machen. In diesem Fall müssen Sie die Schwangerschaft dem Arbeitgeber unverzüglich nach Kenntniserlangung mitteilen. Dies gilt auch, wenn die reguläre Zwei-Wochen-Frist bereits abgelaufen ist.

Der Kündigungsschutz gilt unabhängig von der Betriebsgröße und der Dauer der Beschäftigung. Er ist auch während der Probezeit wirksam. Bei einem befristeten Arbeitsvertrag verhindert der Kündigungsschutz allerdings nicht das reguläre Ende des Arbeitsverhältnisses durch Zeitablauf.


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Wie muss die Schwangerschaft dem Arbeitgeber mitgeteilt werden?

Form der Mitteilung

Die Mitteilung der Schwangerschaft an den Arbeitgeber ist grundsätzlich formfrei möglich – sie kann sowohl mündlich als auch schriftlich erfolgen. Aus Beweisgründen empfiehlt sich jedoch die schriftliche Form oder eine E-Mail.

Der Arbeitgeber kann als Nachweis ein ärztliches Zeugnis oder das Zeugnis einer Hebamme verlangen, aus dem der voraussichtliche Entbindungstermin hervorgeht. Die Kosten für diese Bescheinigung muss der Arbeitgeber tragen.

Zeitpunkt der Mitteilung

Eine schwangere Arbeitnehmerin soll dem Arbeitgeber ihre Schwangerschaft und den voraussichtlichen Entbindungstermin mitteilen, sobald sie davon Kenntnis hat. Es besteht jedoch keine zwingende Mitteilungspflicht.

Wenn Sie eine Kündigung erhalten, gelten besondere Fristen:

  • Innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung muss die Schwangerschaft dem Arbeitgeber mitgeteilt werden.
  • Diese Frist kann überschritten werden, wenn Sie unverschuldet von der Schwangerschaft keine Kenntnis hatten. In diesem Fall muss die Mitteilung unverzüglich nach Bekanntwerden nachgeholt werden.

Zuständige Empfänger

Die Mitteilung muss an die richtigen Personen erfolgen:

  • Direkt an den Arbeitgeber
  • Bei juristischen Personen an den gesetzlichen Vertreter
  • An zuständige Personen wie Personalleiter, Personalsachbearbeiter oder kündigungsberechtigte Vorgesetzte

Die Kenntnis von Kollegen oder des Werksarztes reicht nicht aus. Sie können die Information auch durch eine andere Person, zum Beispiel Ihren Ehepartner, übermitteln lassen.

Besonderheiten bei Kündigung

Wenn Sie zum Zeitpunkt einer Kündigung schwanger sind, es aber selbst noch nicht wissen, haben Sie nach Kenntnis der Schwangerschaft die Möglichkeit, diese unverzüglich dem Arbeitgeber mitzuteilen. Als Zeitrahmen für „unverzüglich“ wird von der Rechtsprechung grundsätzlich maximal eine Woche angesetzt.


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Was gilt bei einer Kündigung während der Probezeit?

Der besondere Kündigungsschutz für Schwangere gilt auch während der Probezeit eines Arbeitsverhältnisses. Nach § 17 Mutterschutzgesetz ist eine Kündigung während der gesamten Schwangerschaft und bis vier Monate nach der Entbindung grundsätzlich unzulässig.

Voraussetzungen für den Kündigungsschutz

Wenn Sie schwanger sind und eine Kündigung erhalten, greift der Kündigungsschutz in zwei Fällen:

  • Der Arbeitgeber wusste zum Zeitpunkt der Kündigung von der Schwangerschaft.
  • Sie teilen dem Arbeitgeber die Schwangerschaft innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mit.

Besonderheiten bei später Kenntnis der Schwangerschaft

Wenn Sie selbst erst nach Ablauf der zweiwöchigen Mitteilungsfrist von Ihrer Schwangerschaft erfahren, können Sie dies dem Arbeitgeber auch noch später mitteilen. Die Mitteilung muss dann unverzüglich, das heißt ohne schuldhaftes Zögern, erfolgen. Die Rechtsprechung gewährt hierfür in der Regel eine Überlegungsfrist von einer Woche.

Wirksamkeit der Kündigung

Eine Kündigung während der Probezeit ist trotz Schwangerschaft nur in besonderen Ausnahmefällen möglich. Der Arbeitgeber benötigt dafür:

  • Eine Zulassung der Kündigung durch die oberste Landesbehörde
  • Erhebliche Gründe, die nicht mit der Schwangerschaft zusammenhängen
  • Die behördliche Zustimmung muss vor Ausspruch der Kündigung vorliegen

Die Probezeit selbst wird durch die Schwangerschaft nicht verlängert. Bei befristeten Probearbeitsverhältnissen endet der Vertrag trotz Schwangerschaft zum vereinbarten Zeitpunkt.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar - Fachbegriffe aus dem Arbeitsrecht

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Kündigungsschutzklage

Eine Kündigungsschutzklage ist ein rechtliches Mittel, mit dem sich Arbeitnehmer gegen eine Kündigung wehren können. Sie muss normalerweise innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung beim Arbeitsgericht eingereicht werden. Die Klage zielt darauf ab, die Unwirksamkeit der Kündigung feststellen zu lassen. Grundlage ist das Kündigungsschutzgesetz (§ 4 KSchG). Wird die Frist versäumt, gilt die Kündigung als rechtswirksam, auch wenn sie eigentlich rechtswidrig war.


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Mutterschutzgesetz

Das Mutterschutzgesetz (MuSchG) ist ein spezielles Schutzgesetz für schwangere und stillende Arbeitnehmerinnen. Es verbietet grundsätzlich die Kündigung während der Schwangerschaft und bis vier Monate nach der Entbindung (§ 17 MuSchG). Eine Kündigung ist nur in Ausnahmefällen mit behördlicher Zustimmung möglich. Beispielsweise bei einer Betriebsschließung oder schweren Pflichtverletzungen der Arbeitnehmerin.


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EU-Mutterschutzrichtlinie

Die EU-Mutterschutzrichtlinie (92/85/EWG) legt europaweit einheitliche Mindeststandards zum Schutz schwangerer Arbeitnehmerinnen fest. Sie verpflichtet die EU-Mitgliedstaaten, einen besonderen Kündigungsschutz für Schwangere einzuführen und deren Rechte am Arbeitsplatz zu sichern. Nationale Gesetze müssen diese Vorgaben umsetzen und dürfen nicht dahinter zurückbleiben. Bei Rechtsunsicherheiten kann der EuGH zur Auslegung angerufen werden.


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Klagezulassungsantrag

Ein Klagezulassungsantrag ist ein rechtliches Instrument, mit dem die nachträgliche Zulassung einer Klage beantragt werden kann, wenn die reguläre Klagefrist versäumt wurde. Im Arbeitsrecht kann damit die Drei-Wochen-Frist für Kündigungsschutzklagen unter bestimmten Voraussetzungen verlängert werden (§ 5 KSchG). Der Antrag muss normalerweise innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses gestellt werden.


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Probezeit

Die Probezeit ist ein gesetzlich geregelter Zeitraum zu Beginn eines Arbeitsverhältnisses (§ 622 Abs. 3 BGB), in dem beide Seiten prüfen können, ob die Zusammenarbeit ihren Vorstellungen entspricht. Sie dauert maximal sechs Monate. Während der Probezeit gilt eine verkürzte Kündigungsfrist von zwei Wochen. Der besondere Kündigungsschutz für Schwangere gilt jedoch auch in der Probezeit uneingeschränkt.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 17 Mutterschutzgesetz (MuSchG): Das MuSchG bietet umfassenden Kündigungsschutz für schwangere Arbeitnehmerinnen. Nach § 17 MuSchG ist eine Kündigung während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung grundsätzlich unzulässig. Dieser Schutz soll die gesundheitliche und wirtschaftliche Sicherheit der Mutter und ihres Kindes gewährleisten. Im vorliegenden Fall verstößt die Kündigung der Beklagten gegen § 17 MuSchG, da die Klägerin zum Zeitpunkt der Kündigung schwanger war.
  • § 4 Kündigungsschutzgesetz (KSchG): § 4 KSchG regelt die Kündigungsfristen und Zustellung der Kündigung. Eine ordentliche Kündigung muss schriftlich erfolgen und die vorgeschriebenen Fristen einhalten, um wirksam zu sein. Im vorliegenden Fall wurde die Kündigung innerhalb der Probezeit fristgerecht ausgesprochen, jedoch erfolgte dies trotz des bestehenden Kündigungsschutzes nach dem MuSchG, was die Rechtmäßigkeit der Kündigung in Frage stellt.
  • § 5 Kündigungsschutzgesetz (KSchG): § 5 KSchG behandelt die außerordentliche Kündigung und die Voraussetzungen hierfür. Eine außerordentliche Kündigung setzt einen wichtigen Grund voraus, der eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar macht. Die Beklagte argumentiert, dass die aktuelle Rechtsprechung des EuGH den Antrag auf nachträgliche Zulassung nicht entbehrlich macht, was eine Interpretation der Fristen für Kündigungsschutzklagen beeinflusst. Dies ist im Zusammenhang mit der Schwangerschaft und der rechtzeitigen Klageerhebung der Klägerin relevant.
  • § 7 Kündigungsschutzgesetz (KSchG): § 7 KSchG befasst sich mit der Wirkung der Kündigung und deren Zugang beim Arbeitnehmer. Eine Kündigung gilt als zugegangen, wenn sie dem Arbeitnehmer tatsächlich zugeht. In diesem Fall ist entscheidend, dass die Kündigung am 07.10.2022 zugegangen ist und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses erst mit Ablauf des Befristungsdatums erfolgt ist, was die Bewertung der Kündigungswirksamkeit beeinflusst.
  • EU-Richtlinie 92/85/EWG über den Schutz schwangerer Arbeitnehmerinnen (Art. 10 und 12): Diese Richtlinie verpflichtet Mitgliedstaaten, Maßnahmen zum Schutz schwangerer Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz zu ergreifen. Artikel 10 und 12 interpretieren den Kündigungsschutz und die Fristen für Kündigungsschutzklagen, um sicherzustellen, dass schwangere Arbeitnehmerinnen auch bei verspätetem Wissen über ihre Schwangerschaft wirksam klagen können. Das Urteil des EuGH im vorliegenden Fall bezieht sich direkt auf diese Artikel und deren Vereinbarkeit mit dem deutschen KSchG.

Das vorliegende Urteil


ArbG Mainz – Az.: 4 Ca 1424/22 – Urteil vom 14.08.2024


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