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Massenentlassung – Stellungnahme des Betriebsrats

LAG Berlin-Brandenburg, Az.: 21 Sa 142/16 und 21 Sa 154/16, Urteil vom 23.06.2016

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Teilurteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 29. Oktober 2015 – 9 Ca 1889/15 – teilweise abgeändert und insgesamt teilweise zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die Kündigung der Beklagten vom 29. Januar 2015 noch durch die Kündigung der Beklagten vom 27. Juni 2015 aufgelöst worden ist.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 715,82 Euro brutto (siebenhundertfünfzehn 82/100) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf

211,90 Euro seit dem 28.10.2013,

41,02 Euro seit dem 28.01.2014,

119,70 Euro seit dem 28.02.2014,

199,54 Euro seit dem 28.08.2014,

19,95 Euro seit dem 28.11.2014 und

123,71 Euro seit dem 28.12.2014

zu zahlen.

3. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

4. Der Streitwert wird auf 47.515,82 Euro festgesetzt.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten noch über die Wirksamkeit zweier betriebsbedingter Kündigungen, hilfsweise über einen Anspruch der Klägerin auf Nachteilsausgleich.

Die am …. 1970 geborene und für ein Kind unterhaltspflichtige Klägerin war seit dem 1. September 1986 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern im Bereich Passagierabfertigung zunächst am Flughafen Schönefeld und ab dem 1. Juli 2014 am Flughafen Tegel in Berlin gegen eine monatliche Bruttovergütung von zuletzt 2.600,00 Euro beschäftigt.

Neben anderen Dienstleistungen wurden die Passagierabfertigungsdienstleistungen an den Flughäfen Tegel und Schönefeld jahrelang von der G. Berlin GmbH & Co. KG (im Folgenden: GGB) erbracht. Die Gesellschaftsanteile an diesem Unternehmen wurden 2008 durch ein oder mehrere Unternehmen der W.-GR.e übernommen. Seitdem kam es zu diversen gesellschaftsrechtlichen Umorganisationen, u. a. zu einer Trennung der GGB in vier Geschäftsbereiche und deren teilweise Ausgliederung auf andere Gesellschaften. Der Bereich „Passage“ wurde auf die Beklagte ausgegliedert. Komplementärin der Beklagten ist die P. S. Berlin Beteiligungs-GmbH. Einzige Kommanditistin ist die GGB. Deren Kommanditanteile werden von einem Unternehmen der W.-GR.e gehalten.

Die Arbeitsverhältnisse der im Bereich „Passage“ tätigen Beschäftigten gingen im Jahr 2012 auf die Beklagte über. Hinsichtlich der Passagierabfertigungsdienstleistungen am Flughafen Schönefeld ging ein Großteil der Arbeitsverhältnisse im Juli 2014 auf ein anderes Unternehmen, die P. S. Schönefeld GmbH & Co. KG, über. Die Arbeitsverhältnisse der am Flughafen Tegel beschäftigten Arbeitnehmer verblieben überwiegend bei der Beklagten. Ein Teil der Passagierabfertigungsdienstleistungen am Flughafen Tegel wird seit Juli 2013 von der Ai. P. Service GmbH & Co. KG erbracht.

Im September 2014 kündigte die GGB als einzige Auftraggeberin der Beklagten sämtliche noch vorhandenen Aufträge der Beklagten aus dem Bereich Check-in zu Anfang November 2014, die übrigen Aufträge zum 31. März 2015. Am 22. September 2014 erklärte die GGB als allein stimmberechtigte Gesellschafterin der Beklagten die Absicht, den Betrieb der Beklagten zum 31. März 2015 stillzulegen und die dem Betriebszweck dienende Organisation zu diesem Termin vollständig aufzulösen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ablichtung des entsprechenden Gesellschafterbeschlusses (Bl. 60 d. A.) verwiesen. Der Geschäftsführer der Beklagten wurde von der GGB angewiesen, die erforderlichen Maßnahmen durchzuführen und mit dem Betriebsrat Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs aufzunehmen.

Nach zwei Sitzungen mit dem Betriebsrat am 25. September 2014 und 9. Oktober 2014 erklärte die Beklagte die Verhandlungen über einen Interessenausgleich für gescheitert. In der daraufhin eingerichteten Einigungsstelle wurde am 28. November sowie 2., 4. und 18. Dezember 2014 verhandelt. In der Sitzung vom 18. Dezember 2014 erklärten die Beisitzer der Beklagten für diese das Scheitern der Interessenausgleichsverhandlungen. Danach verhandelten die Betriebsparteien in der Einigungsstelle über einen Sozialplan. In der 7. Sitzung der Einigungsstelle am 21. Januar 2015 wurde durch Spruch der Einigungsstelle ein Sozialplan aufgestellt, der insbesondere die Errichtung einer Transfergesellschaft sowie Abfindungspauschalen vorsah. Auf Betreiben des Betriebsrats stellte das Arbeitsgericht die Unwirksamkeit des Spruchs der Einigungsstelle fest. Die hiergegen von der Beklagten vor dem Landesarbeitsgericht eingelegte Beschwerde (9 TaBV 1519/15) hatte keinen Erfolg.

Die Beklagte übermittelte dem Betriebsrat mit Schreiben vom 2. Januar 2015 die „Information gemäß § 17 Abs. 2 KSchG“ mit näheren Ausführungen. Wegen des genauen Inhalts des dreiseitigen Schreibens nebst Anlagen wird auf die Ablichtung (Bl. 101 ff. d. A.) verwiesen. Darauf reagierte der Betriebsrat mit Schreiben vom 14. Januar 2015 mit dem Betreff: „Ihre Massenentlassungsanzeige vom 02.01.2015“ (Bl. 225 d. A.) wie folgt:

„…

die Folgen für die Belegschaft werden noch in der Einigungsstelle beraten, so dass wir Sie bitten, von der Massenentlassungsanzeige zunächst abzusehen. Außerdem verweisen wir auf die Stellungnahme von RA K. vom 15.12.2014 an den Einigungsstellenvorsitzenden, die wir vorsorglich nochmals beifügen.

Sollten Sie gleichwohl Ihre Anzeige an die Arbeitsagentur absenden, senden Sie uns bitte eine Abschrift derselben, nebst Anlagen zu.“

In der in Bezug genommenen „Stellungnahme von RA K. vom 15. Dezember 2014 an den Einigungsstellenvorsitzenden“ heißt es auszugsweise:

„…

Bisher hat die Arbeitgeberseite weder mit unserer Seite über das „Ob“ („Alternativen zur geplanten Betriebsänderung“…) noch das „Wie“ … beraten, erst recht nicht mit dem „ernsthaften Willen zur Einigung“, noch konnte die Betriebsratsseite konkrete Alternativen oder Modifikationen vorschlagen.

Grundlage hierfür wäre die schon im ersten Anschreiben erwähnte, von uns vermisste Darlegung der konkreten Gründe für die jetzigen Planungen, nachvollziehbar unterlegt mit den in solchen Fällen üblichen betriebswirtschaftlichen Berechnungen und Zahlen. Nur auf dieser Basis könnte unsere Seite sich mit diesen arbeitgeberseitigen Überlegungen auseinandersetzen und versuchen, Alternativen zu der geplanten Betriebsänderung selbst oder Modifikationen zu entwickeln und hierüber eine Verständigung mit der Arbeitgeberseite herbeizuführen. …

Gemessen an diesen Anforderungen ist die Informationslage äußerst dürftig. Sie besteht lediglich aus der Vorlage der Vertragskündigungen durch die Muttergesellschaft und pauschalen Hinweisen des Geschäftsführers Herrn A. über nicht konkurrenzfähige Personalkosten. … Die Entscheidung über die Kündigung der Verträge wurde von der Leitung dieses Konzerns bzw. der Leitung der einschlägigen Sparte, zu der die Erbringung von Bodenverkehrsdienstleistungen gehören, getroffen. Das hiesige Unternehmen besitzt außer der formalen juristischen keine eigene wirtschaftliche Selbständigkeit. Herr A. war gegenüber der GGB verpflichtet, deren Auftragsangebote ohne Rücksicht darauf anzunehmen, ob die Vergütung für die APSB auskömmlich ist. Eigene Verträge durfte er nicht akquirieren. Für den Produktionsbereich verwendet man in derartigen Fällen den – nicht juristischen – Begriff der „verlängerten Werkbank“. Auch die GGB ist offensichtlich ohne eine weitere Konzernanbindung wirtschaftlich nicht lebensfähig und … auch nur Unterauftragnehmerin. Sie erhält je nach den unternehmerischen Überlegungen, die im W.-Konzern für ihre Sparte getroffen werden, die Weisung, Verträge mit der APSB aufzukündigen. Zudem wird ihr ab und an unter taktischen Erwägungen – je nach dem Stand von Einigungsstellenverfahren – Geld zur Verfügung gestellt, das sie kurzfristig der APSB zur Verfügung stellen darf und soll.

Zu alldem gab es bisher in der vorherigen Einigungsstelle – genauso wie in der hiesigen – keinerlei Auskünfte. Der Geschäftsführer der abhängigen Gesellschaft APSB kann sich hinsichtlich der Planungen auf den nächsten Unternehmens- und Konzernebenen jedenfalls nicht hinter seiner relativen Unkenntnis „verstecken“. Eine umfassende Information ist nur gegeben, wenn auch die auf höherer Konzernebene vorhandenen Planungen dem Betriebsrat bzw. der Einigungsstelle mitgeteilt und erläutert werden. …“

Wegen des weiteren Inhalts der Stellungnahme wird auf deren Ablichtung (Bl. 226 ff. d. A.) verwiesen.

Am 20. Januar 2015 beschloss die GGB als allein stimmberechtigte Gesellschafterin der Beklagten, den Betrieb der Beklagten zum 31. März 2015 stillzulegen und die dem Betriebszweck dienende Organisation zu diesem Datum vollständig aufzulösen. Wegen der Einzelheiten des Beschlusses wird auf dessen Ablichtung (Bl. 61 d. A.) verwiesen.

Mit Schreiben von demselben Tag (Bl. 85 ff. d. A) hörte die Beklagte den Betriebsrat zu den beabsichtigten Kündigungen an. Mit Schreiben vom 27. Januar 2015 (Bl. 95 ff. d. A.) widersprach der Betriebsrat den Kündigungen.

Mit Schreiben vom 28. Januar 2015 erstattete die Beklagte gegenüber der Agentur für Arbeit Cottbus „Massenentlassungsanzeige gemäß § 17 KSchG“ und führte in dem Schreiben u. a. Folgendes aus:

„1. Informationen zum Arbeitgeber

Der offizielle Betriebssitz befindet sich in der M.str.5-5a, 12529 Schönefeld. Der überwiegende Teil der Arbeitnehmer wird aber am Flughafen Tegel, Berlin beschäftigt. …

6. Beteiligung des Betriebsrates

Mit dem bei der APSB gebildeten Betriebsrat wurden Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen geführt. Weiterhin wurde der Betriebsrat noch einmal gesondert mit dem beigefügten Schreiben vom 2. Januar 2015 gemäß § 17 Abs. 2 KSchG unterrichtet. Ich – Bernhard A., … – versichere hiermit an Eides statt, dass ich das beigefügte Unterrichtungsschreiben dem Betriebsrat am 2. Januar 2015 per Fax und E-Mail gegen 13:40 Uhr übersandt habe. Das Faxprotokoll ist ebenfalls als Anlage beigefügt.

Eine gesonderte Stellungnahme hat der Betriebsrat nicht abgegeben. Im Rahmen der Sozialplanverhandlungen wurden jedoch mit dem Betriebsrat am 13., 16. und 21. Januar 2015 über die Einrichtung einer Transfergesellschaft i.S.d. § 111 SGB III verhandelt. Das Einigungsstellenverfahren wurde am 21. Januar 2015 beendet (siehe Protokoll). Weitere, gesonderte Beratungen hat der Betriebsrat nicht verlangt.“

Wegen des weiteren Inhalts des Schreibens vom 28. Januar 2015 wird auf dessen Ablichtung (Bl. 112 f. d. A.) verwiesen. In dem dem Schreiben beigefügten Vordruck der Bundesagentur für Arbeit, war die Zahl der in der Regel Beschäftigten mit 223, die Zahl der Beschäftigten, denen gekündigt werden soll, mit 188 und der Zeitpunkt, an dem die Kündigungen erfolgen sollen, für 161 Beschäftigte mit „29.-31.01.15“ und für 27 Beschäftigte mit „29.1.-27.2.15“ angegeben (Bl. 114 ff. d. A.). Das Schreiben des Betriebsrats vom 14. Januar 2015 und die darin in Bezug genommene Stellungnahme von Herrn Rechtsanwalt K. vom 15. Dezember 2014 fügte die Beklagte der Anzeige nicht bei. Mit Bescheid vom 10. Februar 2015 (Bl. 128 d. A.) teilte die Agentur für Arbeit Cottbus der Beklagten u. a. mit, die Anzeige am 28. Januar 2015 sei rechtswirksam erstattet worden.

Mit einem weiteren Schreiben vom 28. Januar 2015 (Bl. 494 ff. d. A.) erstattete die Beklagte bei der für den Bezirk Reinickendorf zuständigen Agentur für Arbeit Berlin Nord eine inhaltsgleiche Massenentlassungsanzeige, welche die Agentur für Arbeit zuständigkeitshalber an die Agentur für Arbeit Cottbus weiterleitete. Mit Schreiben vom 1. Oktober 2015 bestätigte die Agentur den Eingang der Anzeige am 28. Januar 2015.

Mit Schreiben vom 29. Januar 2015 kündigte die Beklagte die Arbeitsverhältnisse mit allen Beschäftigten mit Ausnahme derer mit Sonderkündigungsschutz wegen der Schließung des Betriebes am 31. März 2015 ordentlich. Das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin kündigte sie unter dem 29. Januar 2015 zum 31. August 2015. Gegenüber den Beschäftigten mit Sonderkündigungsschutz erklärte sie die Kündigung nach Erteilung der erforderlichen behördlichen Zustimmung.

Ab März 2015 stellte die Beklagte alle Beschäftigten einschließlich der Klägerin von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung unwiderruflich frei.

Mit der am 9. Februar 2015 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen, der Beklagten am 14. Februar 2015 zugestellten Klage hat sich die Klägerin gegen die Kündigung vom 29. Januar 2015 gewandt und hilfsweise die Zahlung eines Nachteilsausgleichs begehrt. Mit Klageerweiterung vom 25. Juni 2015 hat die Klägerin im Zusammenhang mit einem Streit der Parteien über die Berücksichtigung einer tariflichen Besitzstandszulage im Rahmen der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall weitere Vergütung für die Monate Oktober 2013 sowie Januar, Februar, August, November und Dezember 2014 in Höhe von insgesamt 715,82 Euro brutto geltend gemacht. Ferner hat sie von der Beklagten Auskünfte bezüglich ihrer betrieblichen Altersversorgung begehrt.

Nachdem in Parallelverfahren verschiedene Kammern des Arbeitsgerichts Bedenken gegen die Wirksamkeit der ersten Massenentlassungsanzeige geäußert hatten, entschloss sich die Beklagte, vorsorglich das Verfahren nach § 17 KSchG nochmals durchzuführen. Mit Schreiben vom 10. Juni 2015 informierte sie den Betriebsrat erneut über eine geplante weitere Massenentlassung und schlug einen Beratungstermin vor. Wegen des weiteren Inhalts des Schreibens wird auf dessen Ablichtung (Bl. 374 ff. d. A.) verwiesen. Mit Schreiben vom 17. Juni 2015 nahm der Betriebsrat das Beratungsangebot an und unterbreitete Vorschläge zur Abwendung der Massenentlassung, wobei diesbezüglich noch weitere Informationen und Unterlagen erforderlich seien. Wegen der Einzelheiten des Schreibens wird auf dessen Ablichtung (Bl. 389 f. d. A.) verwiesen.

Nach Schwierigkeiten, einen gemeinsamen Termin zu finden, fand die Beratung am 24. Juni 2015 von etwa 12:50 Uhr bis 18:50 Uhr statt. Anwesend waren für den Betriebsrat dessen Vorsitzende und ein weiteres Betriebsratsmitglied, Herr Rechtsanwalt K. und Herr G. als Sachverständiger und für die Beklagte der Geschäftsführer ihrer persönlich haftenden Gesellschafterin Herr A. und Frau Rechtsanwältin R.. Auf der Grundlage einer mehrseitigen Präsentation der Beklagten (Bl. 396 ff. d. A.) wurden u. a. Möglichkeiten einer Neueröffnung des Betriebes erörtert, wobei der Betriebsrat weitere Informationen und Unterlagen forderte. Frau Rechtsanwältin R. wies darauf hin, dass das Schreiben des Betriebsrats vom 17. Juni 2015 an die GGB weitergeleitet worden sei, erste Gespräche stattgefunden hätten, aber noch keine abschließende Entscheidung getroffen worden sei. Über die Beratungen erstellte die Beklagte ein Protokoll, auf dessen Seite 6 auszugsweise Folgendes protokolliert ist:

„CH – Frage, ob man die Präsentation bis Montag haben könne, da man am Dienstag mit dem Betriebsrat zusammensitzen werde.

UR – Wir werden die Unterlagen sehr kurzfristig zukommen lassen. Ergänzung durch BA, dass dies wahrscheinlich noch heute abend, spätestens morgen früh möglich sei.

BA – Bis 12 Uhr morgen noch Möglichkeit Ergänzungen zu heutigem Gespräch und Schreiben vom mitzuteilen, da wir morgen Nachmittag mit GGB über das weitere Vorgehen sprechen werden.“

„CH“ steht für die Betriebsratsvorsitzende, „UR“ für Frau Rechtsanwältin R. und „BA“ für den Geschäftsführer Herrn A.. Wegen des weiteren Inhalts des Protokolls wird auf dessen Ablichtung (Bl. 393 ff. d. A.) verwiesen.

Um 19:34 Uhr desselben Tages übermittelte der Geschäftsführer dem Betriebsrat die Präsentation per E-Mail (Bl. 403 d. A.) und teilte mit, das Gespräch mit der GGB fände erst am Abend statt. Ergänzungen zum Gespräch vom 24. Juni 2015 und zum Schreiben vom 17. Juni 2015 sowie vom 24. Juni 2015 bzw. eine abschließende Stellungnahme seien noch bis 18:00 Uhr möglich. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die GGB am Folgetag eine endgültige Entscheidung treffen werde. Dazu erklärte die Betriebsratsvorsitzende am 25. Juni 2015 um 16:40 Uhr per Faxschreiben (Bl. 404 d. A.), nach der Beratung am 24. Juni 2015 seien sie so verblieben, dass der Geschäftsführer nach der Besprechung mit der GGB dem Betriebsrat seine Sicht der Dinge so rechtzeitig mitteilen werde, dass das gesamte Betriebsratsgremium darüber in seiner Sitzung am nächsten Dienstag beraten könne. Auf der Grundlage der Erörterungen und Beschlussfassung des Gremiums werde der Betriebsrat dann unverzüglich und abschließend Stellung nehmen. Die Mitglieder der gestrigen Verhandlungskommission hofften, auf der Basis der auf dem Flipchart niedergeschriebenen Informationswünsche in einem weiteren Termin inhaltlich weiterzukommen. Darauf antwortete der Geschäftsführer mit Schreiben vom 26. Juni. 2015 (Bl. 405 d. A.), man habe nicht vereinbart, bis zur nächsten Sitzung des Betriebsrats am Dienstag zu warten. Ohne eine deutliche kurzfristige Senkung der Personalkosten sei eine Wiedereröffnung nicht möglich. Darauf habe sich der Betriebsrat noch nicht einmal im Ansatz eingelassen. Bei dem in der E-Mail des Geschäftsführers vom 24. Juni 2015 erwähnten Schreiben des Betriebsrats vom 24. Juni 2015 handelt es sich vermutlich um ein Schreiben des Betriebsrats, in dem dieser umfassende Informationen zu Aktivitäten der Beklagten bezüglich Arbeitsangeboten bei „Ai.“ verlangt (Bl. 416 d. A.).

Mit Schreiben vom 26. Juni 2015 erstattete die Beklagte bei der Arbeitsagentur Cottbus und der Arbeitsagentur Berlin Nord inhaltsgleiche Massenentlassungsanzeigen, welche bei den Agenturen noch an demselben Tag eingingen. In den den Schreiben beigefügten Vordrucken der Bundesagentur für Arbeit war die Zahl der in der Regel Beschäftigten mit 223, die Zahl der Beschäftigten, denen gekündigt werden soll, mit 128 und der Zeitpunkt, an dem die Kündigungen erfolgen sollen, für 101 Beschäftigte mit „27.-30.06.15“ und für 27 Beschäftigte mit „26.6.-31.7.15“ angegeben. Wegen des Inhalts der Schreiben vom 26. Juni 2015, der Einzelheiten der ausgefüllten Vordrucke sowie der weiteren Anlagen wird auf deren Ablichtungen (Bl. 406 ff. u. 498 d. A.). Bezug genommen. Die Arbeitsagentur Berlin Nord leitete die Anzeige wiederum an die Arbeitsagentur Cottbus weiter.

Mit Schreiben vom 27. Juni 2015 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin vorsorglich erneut zum 31. Januar 2016, nachdem sie den Betriebsrat mit Schreiben vom 12. Juni 2015 (Bl. 418 ff. d. A.) zu der Kündigung angehört und der Betriebsrat der Kündigung mit Schreiben vom 19. Juni 2015 (Bl. 261 f. d. A.) widersprochen hatte. Gegenüber den weiteren 127 Beschäftigten sprach sie – ggf. nach Einholung der behördlichen Zustimmung – ebenfalls eine erneute vorsorgliche Kündigung aus.

Diese Kündigung vom 27. Juni 2015 hat die Klägerin mit beim Arbeitsgericht am 6. Juli 2015 eingegangener, der Beklagten am 10. Juli 2015 zugestellter Klagerweiterung angegriffen.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Kündigungen seien unwirksam. Sie seien nicht sozial gerechtfertigt. Die den Kündigungen zugrundeliegende unternehmerische Entscheidung sei rechtsmissbräuchlich. Aufgrund besonderer Umstände sei ein konzernbezogener Kündigungsschutz zu bejahen. Der Betriebsrat sei zu den Kündigungen nicht ordnungsgemäß angehört worden. Das Konsultationsverfahren nach § 17 Abs. 2 KSchG sei ebenfalls nicht ordnungsgemäß durchgeführt und die Massenentlassungsanzeigen nicht wirksam erstattet worden. Zumindest aber stehe ihr nach § 113 Abs. 3 BetrVG ein Nachteilsausgleich zu, da die Beklagte einen Interessenausgleich nicht hinreichend versucht habe.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristgerechte Kündigung der Beklagten vom 29. Januar 2015 nicht aufgelöst worden ist;

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch durch die weitere „vorsorglich erneut aus betriebsbedingten Gründen“ ausgesprochene Kündigungen der Beklagten vom 27. Juni 2015 nicht aufgelöst worden ist;

3. hilfsweise für den Fall der Abweisung der Klageanträge zu 1. oder 2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin als Schadensersatz nach § 113 Abs. 3 BetrVG, §§ 9,10 KSchG einen Betrag zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird;

4. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 715,82 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den Teilbetrag von 211,90 Euro seit dem 28.10.2013, den Teilbetrag von 41,02 Euro seit dem 28.01.2014, den Teilbetrag von 119,70 Euro seit dem 28.02.2014, den Teilbetrag von 199,54 Euro seit dem 28.08.2014, den Teilbetrag von 19,95 Euro seit dem 28.11.2014 und den Teilbetrag von 123,71 Euro seit dem 28.12.2014 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

1. die Klage abzuweisen;

2. hilfsweise, für den Fall, dass die Beklagte zur Zahlung eines Nachteilsausgleichs gemäß § 113 Abs. 3 BetrVG, §§ 9, 10 KSchG verurteilt wird, die vorläufige Vollstreckbarkeit auszuschließen.

Die Klägerin hat beantragt, den Hilfsantrag der Beklagten zurückzuweisen.

Hinsichtlich des Auskunftsbegehrens der Klägerin haben die Parteien keine Anträge gestellt.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Kündigung vom 29. Januar 2015 sei rechtswirksam, jedenfalls aber die Kündigung vom 27. Juni 2015. Die Entscheidung, den Betrieb stillzulegen, sei weder willkürlich noch rechtsmissbräuchlich. Ein konzernweiter Kündigungsschutz scheide schon deshalb aus, weil die W. Gruppe kein Konzern sei. Der Betriebsrat sei vor beiden Kündigungen ordnungsgemäß gehört worden. Auch die Konsultation des Betriebsrats nach § 17 Abs. 2 KSchG im Januar 2015 und die Massenentlassungsanzeige vom 28. Januar 2015 seien nicht zu beanstanden. Eine Veranlassung, der Massenentlassungsanzeige das Schreiben des Betriebsrats vom 14. Januar 2015 beizufügen, habe nicht bestanden, da es sich bei dem Schreiben offenkundig um keine abschließende Stellungnahme gehandelt habe. Jedenfalls aber sei das vor der Kündigung vom 26. Juni 2015 erneut durchgeführte Massenentlassungsverfahren ordnungsgemäß. Sie habe die Agenturen für Arbeit auch nicht über deren Zuständigkeit getäuscht. Schließlich habe die Klägerin auch keinen Anspruch auf Nachteilsausgleich. Den Anspruch des Betriebsrats auf Verhandlungen über einen Interessenausgleich habe sie erfüllt. Den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit habe der Betriebsrat zu keinem Zeitpunkt um Vermittlung ersucht. Der Vollstreckungsschutzantrag sei begründet, da sie im Fall der drohenden Vollstreckung von Nachteilsausgleichsansprüchen Insolvenz anmelden müsse.

Mit Teilurteil vom 29. Oktober 2015, auf dessen Tatbestand (Bl. 511 – 518 d. A.) wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien verwiesen wird, hat das Arbeitsgericht dem Zahlungsantrag stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Ferner hat es der Klägerin die Kosten für das Teilurteil auferlegt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Kündigung vom 29. Januar 2015 sei wirksam, weshalb es auf die Wirksamkeit der weiteren Kündigung vom 27. Juni 2015 nicht mehr ankomme. Die Kündigung vom 29. Januar 2015 sei aufgrund der beschlossenen Betriebsstilllegung durch dringende betriebliche Erfordernisse sozial gerechtfertigt. Die Stilllegungsentscheidung sei auch nicht rechtsmissbräuchlich. Ein konzernweiter Weiterbeschäftigungsanspruch bestehe nicht. Eine Sozialauswahl sei nicht erforderlich gewesen. Der Betriebsrat sei ordnungsgemäß angehört worden. Die Kündigung sei auch nicht wegen Verstoßes gegen § 17 KSchG unwirksam. Das in § 17 Abs. 2 KSchG vorgesehene Konsultationsverfahren sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. Die Beklagte habe den Betriebsrat über ihre unternehmerische Entscheidung, den Betrieb stillzulegen, informiert und ihm auch die anderen in § 17 Abs. 2 KSchG geforderten Informationen mitgeteilt. Die Massenentlassungsanzeige sei ebenfalls wirksam. Der Betriebsrat habe weder mit Schreiben vom 14. Januar 2015 noch sonst eine abschließende Stellungnahme zu der geplanten Massenentlassung abgegeben, welche die Beklagte der Anzeige hätte beifügen können. Die Beklagte habe nach der Unterrichtung des Betriebsrats mindestens auch zwei Wochen zugewartet und in der Anzeige den Stand der Beratungen mit dem Betriebsrat dargestellt. Die Massenentlassungsanzeige sei, da die Beklagte die Anzeige sowohl bei der Arbeitsagentur Cottbus als auch bei der Arbeitsagentur Berlin Nord erstattet habe, bei der zuständigen Agentur für Arbeit erfolgt. Die Beklagte habe die Agenturen auch nicht über deren Zuständigkeit getäuscht.

Ein Anspruch auf Nachteilsausgleich sei nicht gegeben. Die Beklagte habe den Abschluss eines Interessensausgleichs mit dem Betriebsrat hinreichend versucht. Der Vollstreckungsschutzantrag der Beklagten sei daher nicht zur Entscheidung angefallen.

Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Teilurteils (Bl. 518 – 523 d. A.) Bezug genommen.

Gegen dieses der Klägerin am 30. Dezember 2015 zugestellte Teilurteil richtet sich die am 21. Januar 2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangene Berufung der Klägerin, welche sie mit am 29. Februar 2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet hat. Die Beklagte hat gegen das Teilurteil ebenfalls Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 3. Mai 2016 zurückgenommen.

Die Klägerin setzt sich, soweit die Klage abgewiesen worden ist, unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens mit dem angefochtenen Urteil auseinander und hält an den bereits erstinstanzlich erhobenen Einwänden fest.

Die Klägerin beantragt, das Teilurteil des Arbeitsgerichts vom 29. Oktober 2015 – 9 Ca 1889/15 – abzuändern und

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die Kündigung vom 29. Januar 2015, noch durch die Kündigung vom 27. Juni 2015 aufgelöst worden ist;

2. hilfsweise für den Fall, dass die Berufung hinsichtlich des Feststellungsantrages ganz oder teilweise zurückgewiesen wird,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin eine Abfindung nach § 113 Abs. 3 BetrVG zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.

Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt, soweit die Klage abgewiesen worden ist, das angefochtene Urteil.

Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 29. Februar 2016 (Bl. 592 – 620 d. A.) und den Schriftsatz der Beklagten vom 11. Mai 2016 (Bl. 798 – 832 d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Klägerin hat Erfolg.

I. Die Berufung ist nach § 8 Abs. 2, § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. c ArbGG statthaft sowie form- und fristgerecht i. S. v. § 64 Abs. 6, § 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG, §§ 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO eingelegt und begründet worden. Sie ist daher zulässig.

II. Die Berufung ist auch begründet. Der zulässige und jeweils rechtzeitig innerhalb der Frist des § 4 KSchG, § 167 ZPO angebrachte Kündigungsschutzantrag ist auch im Übrigen begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist weder durch die Kündigung vom 29. Januar 2015, noch durch die Kündigung vom 27. Juni 2015 aufgelöst worden. Die Kündigungen verstoßen gegen § 17 KSchG und sind daher nach § 134 BGB unwirksam. Der Hilfsantrag auf Zahlung eines Nachteilsausgleichs fiel nicht zur Entscheidung an.

1. Die Kündigung vom 29. Januar 2015 ist nach § 17 Abs. 2 und Abs. 3 KSchG i. V. m § 134 BGB unwirksam.

a) Die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 KSchG sind erfüllt. Bei den am 29. Januar 2015 ausgesprochenen Kündigungen handelte es sich um anzeigepflichtige Entlassungen i. S. d. § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KSchG.

b) Die Kündigung verstößt gegen § 17 Abs. 2 KSchG. Die Beklagte hat den Betriebsrat zu der beabsichtigten Massenentlassung nicht ordnungsgemäß konsultiert.

aa) Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG hat die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber, die oder der beabsichtigt, nach § 17 Abs. 1 KSchG anzeigepflichtige Entlassungen vorzunehmen, den Betriebsrat schriftlich über die Gründe für die geplanten Entlassungen, die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden Beschäftigten, die Zahl und die Berufsgruppen der in der Regel Beschäftigten, den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen, und die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Beschäftigten sowie über die für die Berechnung etwaiger Abfindungen vorgesehenen Kriterien zu unterrichten. Nach § 17 Abs. 2 Satz 2 KSchG muss die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat die Möglichkeiten beraten, Entlassungen zu vermeiden oder einzuschränken und ihre Folgen abzumildern. Die Pflicht zur Beratung i. S. v. § 17 Abs. 2 Satz 2 KSchG geht dabei über eine bloße Anhörung deutlich hinaus. Die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber hat mit dem Betriebsrat über die Entlassungen bzw. die Möglichkeiten ihrer Vermeidung ernstlich zu verhandeln. Sie oder er muss ihm dies zumindest anbieten (vgl. BAG vom 26.02.2015 – 2 AZR 955/13 – Rn. 15 m. w. N., NZA 2015, 881).

Die Konsultationspflicht wird der Sache nach regelmäßig erfüllt, wenn die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber bei einer Betriebsänderung i. S. v. § 111 BetrVG, soweit mit ihr ein anzeigepflichtiger Personalabbau verbunden ist oder sie allein in einem solchen besteht, einen Interessenausgleich abschließt und dann erst kündigt. Soweit die der Arbeitgeberin oder dem Arbeitgeber obliegenden Pflichten aus § 17 Abs. 2 Satz 2 KSchG mit denen nach § 111 Satz 1 BetrVG übereinstimmen, kann die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber diese gleichzeitig erfüllen. Dabei muss der Betriebsrat allerdings klar erkennen können, dass die stattfindenden Beratungen (auch) der Erfüllung der Konsultationspflicht der Arbeitgeberin oder des Arbeitgebers aus § 17 Abs. 2 Satz 2 KSchG dienen sollen (vgl. BAG vom 26.02.2015 – 2 AZR 955/13 – Rn. 17 m w. N., a. a. O.).

bb) Danach hat die Beklagte das nach § 17 Abs. 2 KSchG erforderliche Konsultationsverfahren mit dem Betriebsrat nicht ordnungsgemäß durchgeführt. Dahingestellt bleiben kann, ob die Beklagte den Betriebsrat über die beabsichtigte Massenentlassung ausreichend i. S. d. § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG unterrichtet und ihm insbesondere die Gründe für die geplanten Entlassungen hinreichend mitgeteilt hat (verneinend u. a. LAG Berlin-Brandenburg vom 26.11.2015 – 10 Sa 1700/15 – und vom 24.02.2016- 15 Sa 1953/15 -). Denn jedenfalls hat die Beklagte die beabsichtigte Massenentlassung nicht mit dem Betriebsrat i. S. d. § 17 Abs. 2 Satz 2 KSchG beraten.

In einem Parallelverfahren hat dazu die Kammer 24 des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg im Urteil vom 20. Januar 2016 – 24 Sa 1261/15 und 24 Sa 1667/15 – Folgendes ausgeführt:

„aa) Die Betriebsparteien haben keinen Interessenausgleich abgeschlossen. Die Beklagte hat auch allein durch die Verhandlungen über Interessenausgleich und Sozialplan nicht mit dem Betriebsrat beraten i.S.v. § 17 Abs. 2 Satz 2 KSchG. Eine dem Betriebsrat gegenüber erklärte Absicht, mit Aufnahme der Verhandlungen über einen Interessenausgleich auch das Konsultationsverfahren nach § 17 KSchG durchzuführen, behauptet die Beklagte nicht. Vielmehr macht sie geltend, das Konsultationsverfahren nach § 17 Abs. 2 S. 2 KSchG sei mit Schreiben vom 2. Januar 2015 eingeleitet worden.

bb) Beratungen i.S.v. § 17 Abs. 2 Satz 2 KSchG hat die Beklagte dem Betriebsrat auch in dem Schreiben vom 2. Januar 2015 nicht angeboten.

(1) Das mit den Worten „Information gemäß § 17 Abs. 2 KSchG“ überschriebene Schreiben wird mit dem Satz: „Wir möchten Sie noch einmal formal gemäß § 17 Abs. 2 KSchG wie folgt unterrichten:“ eingeleitet; im Folgenden wird die beabsichtigte Betriebsschließung nebst Anzahl der zu entlassenden Beschäftigten genannt. Bereits nach dem Wortlaut des Schreibens mit den Schlüsselworten „Information“, „Unterrichtung“ geht es hier allein um die in § 17 Abs. 2 S. 1 KSchG vorgesehene Unterrichtung des Betriebsrats.

(2) Angesichts dieser Einleitung des Schreibens mit dem Hinweis auf eine beabsichtigte Unterrichtung hätte eine etwa darüber hinausgehende Aufforderung, Verhandlungen aufzunehmen, deutlich formuliert werden müssen. Eine solche findet sich in dem Schreiben nicht. Der in dem Schreiben vom 2.1.2015 enthaltene Hinweis auf „weitere Beratungen“ in der am 13.1.2015 anstehenden Einigungsstellensitzung genügt nicht den Anforderungen des § 17 Abs. 2 S. 2 KSchG.

(a) Der Konsultationsanspruch nach Art. 2 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 98/59/EG und damit nach § 17 KSchG ist nur erfüllt, wenn der Arbeitgeber mit dem ernsten Willen zur Einigung verhandelt bzw. Verhandlungen angeboten hat (APS/Moll KSchG § 17 Rn. 74b). Dabei muss sich das Beratungsangebot des Arbeitgebers an den Betriebsrat (auch) darauf beziehen, Entlassungen zu vermeiden oder einzuschränken, und nicht nur darauf, solche in ihren Auswirkungen zu mildern.

(b) Der Satz am Ende des Schreibens, man habe ja bereits im Rahmen der Einigungsstelle über die Möglichkeit zur Vermeidung von Entlassungen, insbesondere über die Errichtung einer Transfergesellschaft, beraten, und freue sich, die Beratungen über die Vermeidung von Entlassungen an dieser Stelle fortsetzen zu können, nimmt Bezug auf die laufenden Einigungsstellenverhandlungen und steht im Widerspruch dazu, dass die Beklagte die Verhandlungen über einen Interessenausgleich und damit über die Frage, ob und ggf. wie die geplante Betriebsänderung durchgeführt werden solle, bereits im Dezember 2014 für gescheitert erklärt hatte. Durch die Erklärung des Scheiterns der Verhandlungen in der Einigungsstelle über einen Interessenausgleich hat die Beklagte dem Betriebsrat gegenüber deutlich gemacht, dass sie nicht mehr bereit sei, über die Vermeidung oder Einschränkung der geplanten bzw. von der Gesellschafterin beschlossenen Entlassungen zu verhandeln. Jedenfalls lässt sich dem Schreiben nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, dass die Beklagte entgegen ihren früheren Erklärungen das zusätzlich erforderliche Konsultationsverfahren einleiten wollte. „Ob und Wie“ der Massenentlassung, die hier identisch ist mit der in der Einigungsstelle über einen Interessenausgleich verhandelten Betriebsänderung, waren mit dem Abbruch der Verhandlungen durch die Beklagte aus Sicht des Betriebsrats nicht mehr Gegenstand der angebotenen Beratungen; vielmehr ging es in der fortgeführten Einigungsstelle nur noch Folgenminderungen in Gestalt eines Sozialplans. Es gab auch keine Aufforderung zu einer Reaktion des Betriebsrats. Ohne diese Klarstellung können die dann im Rahmen der weiteren Sozialplanverhandlungen geführten Gespräche nicht als Durchführung des Konsultationsverfahrens angesehen werden. Für den Betriebsrat ist erheblich, ob der Arbeitgeber (nur) seinen Verpflichtungen gem. § 112 BetrVG (Versuch eines Interessenausgleichs) nachkommen, zugleich oder ausschließlich den Anspruch des Betriebsrats auf Abschluss eines Sozialplans erfüllen und/oder mit dem Betriebsrat nach § 17 Abs. 2 S. 2 KSchG beraten will. Denn für die Willensbildung des Betriebsrats ist es von Bedeutung, ob es Sinn hat, über Alternativen für die vom Arbeitgeber vorgelegte Planung bzw. Beschlusslage nachzudenken, ggf. entsprechende Vorschläge zu unterbreiten und insbesondere auch Beiträge der Arbeitnehmer zur Kostensenkung anzubieten, oder ob es allein um die Dotierung eines Sozialplanes und die damit im Falle der Beklagten zusammenhängenden Rechtsfragen eines Konzerndurchgriffs geht.

Der Betriebsrat musste das Schreiben vom 2.1.2015 daher so verstehen, dass es in den bevorstehenden Verhandlungen der Einigungsstelle – wie auch tatsächlich geschehen – nur noch um den Inhalt, insbesondere die Dotierung eines Sozialplans gehen solle. Zu ergebnisoffenen Verhandlungen darüber, ob und ggf. wie Entlassungen vermieden werden könnten, war die Beklagte im Januar 2015 ersichtlich nicht (mehr) bereit.

Dies folgt schließlich auch daraus, dass die Beklagte den Betriebsrat nicht gefragt, geschweige denn mit ihm vereinbart hat, ob bzw. dass der Verfahrensgegenstand der laufenden Einigungsstelle um das Thema Konsultation zu Massenentlassungen erweitert werde. Auch aus den Protokollen der Einigungsstellenverhandlungen im Januar 2015 ergibt sich nicht, dass eine Verständigung darüber, im Rahmen der Einigungsstelle nunmehr das Konsultationsverfahren durchzuführen, erzielt worden wäre. Es ist auch nicht erkennbar, ob und ggf. wann und wie eine solche Erweiterung des Verfahrensgegenstandes dem Einigungsstellenvorsitzenden mitgeteilt wurde.

cc) Der Betriebsrat hat auf die Durchführung des Konsultationsverfahrens weder verzichtet noch ein solches abschließend abgelehnt. Aus dem Schreiben des Betriebsrats vom 14. Januar 2015 ergibt sich nicht, der Betriebsrat meinte, ihm stünden weitere Rechte zu, auf deren Ausübung er aber verzichten wolle.“

Diesen überzeugenden Ausführungen (ähnlich auch schon LAG Berlin-Brandenburg vom 11.12.2015 – 9 Sa 1397/15) schließt sich die erkennende Kammer vollumfänglich an (so auch schon LAG Berlin-Brandenburg vom 14.04.2016 – 21 Sa 1241/15 – und – 21 Sa 1544/15 u. 21 Sa 1568/15 -; im Ergebnis ebenso LAG Berlin-Brandenburg vom 26.11.2015 – 10 Sa 1700/15 -; vom 15.12.2015 – 26 Sa 1263/15 u. 26 Sa 1668/15 -; a. A. u. a. LAG Berlin-Brandenburg vom 01.12.2015 – 7 Sa 1288/15 -; vom 11.12.2015 – 2 Sa 1267/15 u. 2 Sa 1671/15).

c) Die Kündigung verstößt außerdem gegen § 17 Abs. 3 KSchG. Die Beklagte hat keine den Anforderungen dieser Vorschrift genügende Massenentlassungsanzeige erstattet.

aa) Nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG hat die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber, die oder der nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG verpflichtet ist, der Agentur für Arbeit Entlassungen anzuzeigen, ihrer oder seiner schriftlichen Anzeige die Stellungnahme des Betriebsrats „zu den Entlassungen“ beizufügen. Nach § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG ist die Massenentlassungsanzeige auch dann wirksam, wenn zwar eine Stellungnahme des Betriebsrats nicht vorliegt, die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber aber glaubhaft macht, dass sie oder er den Betriebsrat mindestens zwei Wochen vor der Erstattung der Anzeige nach § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG unterrichtet hat, und gleichzeitig den Stand der Beratungen darlegt. Die Beifügung der Stellungnahme des Betriebsrats bzw. das Vorbringen der Arbeitgeberin oder des Arbeitgebers nach § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG ist Voraussetzung für die Wirksamkeit der Massenentlassungsanzeige (BAG vom 26.02.2015 – 2 AZR 955/13 – Rn. 32 ff. m. w. N., a. a. O.).

bb) Vorliegend lag zwar keine Stellungnahme des Betriebsrats vor, welche die Beklagte der Anzeige vom 28. Januar 2015 hätte beifügen können. Jedoch hat die Beklagte in der Anzeige den Stand der Beratungen nicht genügend dargelegt.

Dazu hat die Kammer 24 des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg im Urteil vom 20. Januar 2016 – 24 Sa 1261/15 und 24 Sa 1667/15 – Folgendes ausgeführt:

„b) Eine Stellungnahme i.S.v. § 17 Abs. 3 S. 2 KSchG kann in dem Schreiben des Betriebsrats vom 14. 1. 2015 freilich nicht gesehen werden.

aa) Die nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG beizufügende Stellungnahme muss sich auf das Ergebnis der nach § 17 Abs. 2 Satz 2 KSchG erforderlichen Beratungen über die Möglichkeiten beziehen, Entlassungen zu vermeiden oder einzuschränken und ihre Folgen zu mildern. Obwohl § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG keine expliziten Aussagen zum erforderlichen Inhalt der Stellungnahme des Betriebsrats trifft und der Arbeitgeber diesen Inhalt nicht beeinflussen kann, genügt nicht jede Äußerung des Betriebsrats den gesetzlichen Anforderungen. Um der Agentur für Arbeit Auskunft darüber geben zu können, ob und welche Möglichkeiten er sieht, die angezeigten Kündigungen zu vermeiden, und zugleich zu belegen, dass soziale Maßnahmen mit ihm beraten und ggf. getroffen worden sind (BAG 21. März 2012 – 6 AZR 596/10 – Rn. 22; 18. Januar 2012 – 6 AZR 407/10 – Rn. 45, BAGE 140, 261), muss sich der Betriebsrat in einer Weise äußern, die erkennen lässt, dass er seine Beteiligungsrechte als gewahrt ansieht und dass es sich um eine abschließende Erklärung zu den vom Arbeitgeber beabsichtigten Kündigungen handelt (BAG 21. März 2012 – 6 AZR 596/10 – Rn. 33). Dafür reicht auch die eindeutige Mitteilung aus, keine Stellung nehmen zu wollen (BAG 28. Juni 2012 – 6 AZR 780/10 – Rn. 53, BAGE 142, 202).

bb) Diesen Anforderungen genügt das Schreiben des Betriebsrats vom 14. 1. 2015 nicht. Der Betriebsrat hat dort darum gebeten, von der Massenentlassungsanzeige zunächst abzusehen, und auf die Stellungnahme von RA K. vom 15.12.2014 verwiesen. Dies kann in der Zusammenschau nur dahin verstanden werden, dass der Betriebsrat noch weiteren Informations- und Beratungsbedarf sah und deshalb meinte, eine abschließende Stellungnahme noch nicht abgeben zu können. Aus seinen Ausführungen ergibt sich damit nicht, dass sie das Ergebnis bereits abgeschlossener Beratungen iSv. § 17 Abs. 2 Satz 2 KSchG gewesen wären (vgl. BAG 21. März 2013 – 2 AZR 60/12 – Rn. 37, BAGE 144, 366). Der Betriebsrat hat gerade nicht kundgetan, dass er seinen Verhandlungsanspruch als erfüllt betrachte, sondern das genaue Gegenteil.

c) Daraus folgt jedoch nicht, dass die Äußerung des Betriebsrats unbeachtlich gewesen wäre bzw. der Arbeitgeber frei darüber entscheiden durfte, ob er die Stellungnahme des Betriebsrats der Massenentlassungsanzeige beifüge, sie bei der Darlegung des Standes der Beratungen wenigstens inhaltlich darstelle oder sie nicht erwähne. Auch wenn nicht jede Äußerung des Betriebsrats den gesetzlichen Anforderungen genügt (BAG 26. Februar 2015 – 2 AZR 955/13 – NZA 2015, 881, Rn. 38), folgt hieraus nicht, dass eine inhaltliche Stellungnahme des Betriebsrats, die ausdrücklich auf die angekündigte Massenentlassungsanzeige Bezug nimmt und sich zum Stand der Beratungen äußert, nicht beizufügen wäre.

aa) Nach § 17 Abs. 3 S. 3 KSchG kann der Arbeitgeber auch dann, wenn eine abschließende Stellungnahme des Betriebsrats nicht vorliegt, die Anzeige wirksam erstatten, wenn er glaubhaft macht, dass er den Betriebsrat mindestens zwei Wochen vor Erstattung der Anzeige nach § 17 Abs. 2 S. 1 KSchG unterrichtet hat und er den Stand der Beratungen darlegt. § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG erfasst nicht nur den Fall des gänzlichen Fehlens der Stellungnahme des Betriebsrats, sondern auch den einer ungenügenden Stellungnahme. Der Arbeitgeber kann auch in letzterem Fall die Unwirksamkeit der Massenentlassungsanzeige verhindern, indem er ihr nicht nur die unzureichende Stellungnahme des Betriebsrats beifügt, sondern zusätzlich nach § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG verfährt (BAG 28.06.2012 – 6 AZR 780/10 – BAGE 142, 202, Rn. 58). Die Stellungnahme des Betriebsrats gegenüber der Arbeitsverwaltung soll belegen, ob und welche Möglichkeiten dieser sieht, die angezeigten Kündigungen zu vermeiden, und dass soziale Maßnahmen mit dem Betriebsrat beraten und ggf. getroffen worden sind. Außerdem soll sichergestellt werden, dass der Arbeitgeber eine ihm ungünstige Stellungnahme des Betriebsrats der Arbeitsverwaltung nicht verschweigen kann (BAG 18. Januar 2012 – 6 AZR 407/10 – Rn. 45, ZIP 2012, 1193; 21. März 2012 – 6 AZR 596/10 – Rn. 22, ZIP 2012, 1259; 28. Juni 2012 – 6 AZR 780/10 – BAGE 142, 202, Rn. 53). Die Beifügung der Stellungnahme dient der Beurteilung der Arbeitsverwaltung, ob die Betriebsparteien auf der Grundlage hinreichender Informationen des Betriebsrats tatsächlich über die Massenentlassung und insbesondere die Vermeidung einer solchen beraten haben.

bb) Dieser Gesetzeszweck spricht im Entscheidungsfall für eine Pflicht zur Vorlage der vom Betriebsrat ausweislich der Bezugnahme „Ihre Massenentlassungsanzeige“ ausdrücklich hierzu erfolgten (im Sinne des § 17 Abs. 3 S. 2 KSchG unzureichenden) Stellungnahme oder wenigstens zur inhaltlichen Widergabe in der Darlegung des Standes der Beratungen nach § 17 Abs. 3 S. 3 KSchG. Dem Gesetzeszweck widerspräche dagegen die Zubilligung eines Rechts des Arbeitgebers, vorweg zu bewerten, ob eine vom Betriebsrat abgegebene Äußerung als hinreichend relevant für die Prüfung der Arbeitsverwaltung anzusehen sei.

cc) Zudem ist die Darstellung der Beklagten in der Anzeige, der Betriebsrat habe keine gesonderte Stellungnahme abgegeben und keine weiteren, gesonderten Beratungen verlangt, objektiv unzutreffend oder mindestens irreführend.

(1) Mit seinem Schreiben vom 14.1.2015 nimmt der Betriebsrat Stellung zu „Ihrer Massenentlassungsanzeige vom 02.01.2015“, indem er auf die als Anlage beigefügte Stellungnahme von Rechtsanwalt K. vom 15. Dezember 2014 verweist. In dieser wird eine unzureichende Information geltend gemacht; zudem wird ausführlich dargelegt, dass die Arbeitgeberseite aus Sicht des Betriebsrats weder über das „Ob“ im Sinne von Alternativen zur geplanten Betriebsänderung noch über das „Wie“ im Sinne von Modifikationen beraten habe, wobei der Betriebsrat mangels hinreichender Informationen keine konkreten Alternativen vorschlagen könne. Mit seinem Anschreiben und seiner Bezugnahme erklärt der Betriebsrat, dass er dieses nach wie vor als Sachstand für aktuell halte. Der Betriebsrat damit geltend gemacht, er könne mangels hinreichender Information keine konkreten Vorschläge zur Vermeidung der Entlassungen unterbreiten und ausgeführt, weshalb die Beklagte sich aufgrund der Zusammenarbeit, die innerhalb eines bestehenden Konzernzusammenhangs erfolge, nicht allein auf eine Kündigung von Aufträgen eines übergeordneten Unternehmens berufen könne. Am Ende wird angeregt, ergebnisoffene Verhandlungen unter Beteiligung der vom Betriebsrat als maßgebliche Entscheidungsträger angesehenen Herren C. oder M. W. durchzuführen. Dies konnte die Beklagte nur so verstehen, dass der Betriebsrat meinte, er könne und werde geeignete Vorschläge zur Vermeidung von Entlassungen unterbreiten, falls und wenn er im Besitz der von ihm geforderten Informationen sei.

(2) Diesen Stand der Beratungen hat die Beklagte nicht zutreffend wiedergegeben. Die Darstellung der Beklagten in Ziff. 6 der Massenentlassungsanzeige kann nur so verstanden werden, dass der Betriebsrat nicht mehr über das „Ob und Wie“ der Massenentlassung verhandeln wollte, sondern nur noch einen (Transfer-) Sozialplan verlangt habe, und dem mit der Entscheidung der Einigungsstelle Rechnung getragen sei. Dies wird dem sich aus dem Schreiben vom 14.1.2015 ergebenden Anliegen des Betriebsrats, nach dem Erhalt der aus seiner Sicht fehlenden Informationen mit den eigentlichen Entscheidungsträgern über Alternativen zur Massenentlassung zu verhandeln, nicht gerecht.

(3) Ob das Informationsverlangen des Betriebsrats sachlich berechtigt war und ob die Beklagte verpflichtet und in der Lage gewesen wäre, dem Ansinnen des Betriebsrats, Verhandlungen mit den Herren Wisser zu führen, nachzukommen, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Die Beklagte hätte ihre Rechtsauffassung hierzu der Arbeitsverwaltung mitteilen und so sicherstellen können, dass diese auf der Grundlage vollständiger Informationen ihre Prüfung hätte vornehmen können.“

Auch diese Ausführungen sind überzeugend, weshalb sich die erkennende Kammer diesen ebenfalls vollumfänglich anschließt (so auch schon LAG Berlin-Brandenburg vom 14.04.2016 – 21 Sa 1241/15 – und – 21 Sa 1544/15 u. 21 Sa 1568/15 -; im Ergebnis ebenso u. a. LAG Berlin-Brandenburg vom 11.12.2105 – 9 Sa 1397/15 -; vom 15.12.2015 – 11 Sa 1506/15 -; vom 15.12.2015 – 26 Sa 1263/15 u. 26 Sa 1263/15 -; a. A. u. a. LAG Berlin-Brandenburg vom 01.12.2015 – 7 Sa 1288/15 – und vom 11.12.2015 – 2 Sa 1267/15 u. 2 Sa 1671/15).

d) Sowohl der Verstoß gegen die Konsultationspflicht nach § 17 Abs. 2 KSchG als auch der Verstoß gegen die Anzeigepflicht nach § 17 Abs. 3 KSchG haben wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot i. S. d. § 134 BGB die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung zur Folge. Die Durchführung des Konsultationsverfahrens sowie die Erstattung einer wirksamen Massenentlassungsanzeige sind jeweils für sich gesehen Wirksamkeitsvoraussetzung für die Kündigung (vgl. BAG vom 21.03.2013- 2 AZR 60/12 – Rn. 19 u. 42, AP Nr. 45 zu § 17 KSchG 1969). Allein diese Rechtsfolge verleiht den mit dem Konsultationsverfahren und dem Anzeigeerfordernis verfolgten Zielen des Arbeitnehmerschutzes – wie sie auch der Richtlinie 98/59/EG des Rates vom 20. Juli 1998 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen (MERL), deren Umsetzung § 17 KSchG dient, zugrunde liegen – praktische Wirksamkeit und entspricht dem unionsrechtlichen Grundsatz des „effet utile“ (vgl. BAG vom 21.03.2013 – 2 AZR 60/12 – Rn. 26 u. 45, a. a. O.; KR-Weigand, § 17 KSchG Rn. 158).

e) Die Klägerin hat sich i. S. d. § 6 KSchG erstinstanzlich auch auf die Unwirksamkeit der Kündigung wegen nicht ordnungsgemäßer Durchführung des Konsultationsverfahrens sowie des Anzeigeverfahrens berufen (vgl. dazu BAG vom 20.01.2016 – 6 AZR 601/14 – Rn. 16, ZIP 2016, 633).

2. Die erneute vorsorgliche Kündigung vom 27. Juni 2015 ist ebenfalls nach § 17 Abs. 2 KSchG i. V. m. § 134 BGB unwirksam.

a) Die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 KSchG liegen auch bezüglich dieser Kündigung vor. Bei den Ende Juni 2015 vorsorglich erneut ausgesprochenen Kündigungen handelt es sich um anzeigepflichtige Entlassungen i. S. d. § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KSchG.

b) Die Kündigung verstößt gegen § 17 Abs. 2 KSchG, weil die Beklagte die endgültige Entscheidung über eine erneute Massenentlassung getroffen und die Kündigung ausgesprochen hat, bevor das Konsultationsverfahren mit dem Betriebsrat abgeschlossen war. Dabei kann offen bleiben, ob die Informationen, die der Betriebsrat von der Beklagten bezüglich der beabsichtigten Massenentlassung erhalten hat, den Anforderungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG genügen. Denn jedenfalls konnte die Beklagte, als sie oder die GGB die endgültige Entscheidung getroffen hat, die geplante Massenentlassung durchzuführen, und die Beklagte die erneuten Kündigungen ausgesprochen hat, nicht davon ausgehen, dass das Konsultationsverfahren bereits abgeschlossen ist.

aa) Nach § 17 Abs. 2 KSchG darf die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber eine Massenentlassung erst vornehmen, nachdem das Konsultationsverfahren mit dem Betriebsrat abgeschlossen ist (BAG vom 21. März 2013 – 2 AZR 60/12 – Rn. 26 u. 28, a. a. O.). Dies entspricht den Vorgaben der MERL. Nach der Entscheidung des EuGH vom 27. Januar 2005 in der Rechtssache C-188/03 – Junk darf die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber Massenentlassungen erst nach Ende des Konsultationsverfahrens i. S. d. Art. 2 der Richtlinie und nach der Anzeige der beabsichtigen Massenentlassung i. S. d. Art. 3 und 4 der Richtlinie vornehmen (Rn. 54, AP Nr. 18 zu § 17 KSchG). Art 2 der Richtlinie begründe eine Verpflichtung zu Verhandlungen, um über die Möglichkeiten, Massenentlassungen zu vermeiden oder zu beschränken und ihre Folgen zu mildern, zu einer Einigung zu gelangen (Rn. 42 f., a. a. O.). Die praktische Wirksamkeit einer solchen Verpflichtung werde beeinträchtigt, wenn die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber die Arbeitsverträge während oder sogar schon zu Beginn des Verfahrens kündigen dürfte, weil es für die Arbeitnehmervertretung erheblich schwieriger wäre, die Rücknahme einer bereits getroffenen Entscheidung zu erreichen als den Verzicht auf eine beabsichtigte Entlassung (Rn. 44, a. a. O.). Die Kündigung des Arbeitsvertrags dürfe also erst nach Ende des Konsultationsverfahrens ausgesprochen werden, d. h. nachdem die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber die Verpflichtungen nach Art. 2 der Richtlinie erfüllt habe (Rn. 45, a. a. O.). In seiner Entscheidung vom 10. September 2009 in der Rechtssache C-44/08 – Keskusliitto hat der EuGH dies nochmals bekräftigt und ergänzend ausgeführt, das Konsultationsverfahren müsse abgeschlossen sein, bevor eine Entscheidung über die Kündigung der Arbeitsverträge getroffen werde (Rn. 70, AP Nr. 3 zu Richtlinie 98/59/EG). Bei einem Konzern könne eine Entscheidung der Muttergesellschaft, die eine ihrer Tochtergesellschaften unmittelbar zwinge, die Verträge der von Massenentlassungen betroffenen Beschäftigten zu kündigen, erst getroffen werden, wenn das Konsultationsverfahren innerhalb dieser Tochtergesellschaft abgeschlossen sei, andernfalls müsse diese als Arbeitgeberin die Folgen der Nichteinhaltung dieses Verfahrens tragen (Rn. 71, a. a. O.).

bb) Wann das Konsultationsverfahren, zumindest was das „Ob“, den Umfang und den Zeitpunkt der Massenentlassung betrifft, als abgeschlossen betrachtet werden kann, ist noch nicht im Einzelnen geklärt (vgl. dazu BVerfG vom 25.02.2010 – 1 BvR 230/09 – Rn. 36, AP Nr. 65 zu Art. 101 GG).

(1) Unzweifelhaft abgeschlossen ist das Konsultationsverfahren nur, wenn sich die Betriebsparteien geeinigt haben oder wechselseitig davon ausgehen, dass alle Einigungsversuche ausgeschöpft sind und das Verfahren übereinstimmend als beendet ansehen (vgl. ErfK-Kiel, § 17 Rn. 25a; KR-Weigand, § 17 Rn. 103) oder wenn der Betriebsrat eine abschließende Stellungnahme abgegeben hat (ErfK-Kiel, § 17 Rn. 25). Haben die Betriebsparteien jedoch weder eine Einigung über die geplante Massenentlassung erzielt, noch darüber, dass keine Einigung möglich ist und hat der Betriebsrat auch (noch) keine abschließende Stellungnahme abgegeben, ist offen, wann die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber das Verfahren als abgeschlossen ansehen und die Massenentlassung vornehmen darf. Insbesondere ist unklar, welche konkreten Anstrengungen die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber unternehmen muss, um mit der Arbeitnehmervertretung zu einer Einigung zu gelangen und wie viel Zeit er für die Verhandlungen und die abschließende Stellungnahme einräumen muss.

(2) Einen konkreten Zeitrahmen für die Konsultation gibt weder § 17 Abs. 2 KSchG, noch die MERL vor. Der in § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG genannte Zeitraum von zwei Wochen ab der vollständigen Unterrichtung des Betriebsrats nach § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG bezieht sich nur auf die Massenentlassungsanzeige und betrifft nicht das Konsultationsverfahren als solches (vgl. BAG vom 26.02.2015 – 2 AZR 955/13 – Rn. 29, a. a. O.). Es kann deshalb auch offen bleiben, ob und unter welchen Umständen die Regelung in § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG und die Zwei-Wochen-Frist mit der MERL im Einklang steht (vgl. dazu auch BAG vom 26.02.2015 – 2 AZR 955/13 -, Rn. 30, a. a. O.). Für den Abschluss des Konsultationsverfahrens kann der Zwei-Wochen-Frist grundsätzlich nur dann Bedeutung zukommen, wenn der Betriebsrat nach vollständiger Unterrichtung nach § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG innerhalb der Frist nicht reagiert und ein entsprechendes Beratungsangebot der Arbeitgeberin oder des Arbeitgebers nicht wahrnimmt (vgl. BAG vom 28.06.2014 – 6 AZR 780/120 – Rn. 57, AP Nr. 40 zu § 17 KSchG 1969; LAG Berlin-Brandenburg vom 26.02.2016 – 6 Sa 1581/15 – unter B. II. 2.5.1 der Gründe). In einem solchen Fall darf der Arbeitgeber davon ausgehen, dass er seiner Beratungspflicht genüge getan hat (Reinhard, RdA 2007, 207, 214).

(3) Jedenfalls kann das Konsultationsverfahren nicht abgeschlossen sein, bevor die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber dem Betriebsrat nach der Erteilung aller zweckdienlichen Auskünfte genügend Gelegenheit für eine abschließende Stellungnahme gegeben hat.

Nach der Systematik sowie dem Sinn und Zweck des § 17 Abs. 2 KSchG spricht alles dafür, dass die Beratungen nach dem Satz 2 der Vorschrift zwar vor der vollständigen Unterrichtung nach ihrem Satz 1 beginnen, jedoch erst im Anschluss an diese abgeschlossen werden können. Auch nach Art. 2 der MERL, dessen Umsetzung § 17 Abs. 2 KSchG dient, muss die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber die erforderlichen Auskünfte zwar nicht unbedingt zum Zeitpunkt der Eröffnung der Konsultationen erteilen, hat sie aber „im Verlauf des Verfahrens“ zu vervollständigen und alle einschlägigen Informationen bis zu dessen Abschluss zu erteilen (EuGH vom 10.09.2009 – C-44/08 – Keskusliitto – Rn. 52, 53, a. a. O.). Damit ist es in der Regel unvereinbar, das Konsultationsverfahren mit der vollständigen Unterrichtung des Betriebsrats als abgeschlossen anzusehen. Die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber muss vielmehr eine Reaktion des Betriebsrats auf die abschließende Unterrichtung erbitten und abwarten. Sie oder er darf im Rahmen der ihr oder ihm zukommenden Beurteilungskompetenz den Beratungsanspruch des Betriebsrats erst dann als erfüllt ansehen, wenn entweder die Reaktion, die auf die „finale“ – den Willen zu möglichen weiteren Verhandlungen erkennen lassende – Unterrichtung erbeten worden war, nicht binnen zumutbarer Frist erfolgt oder sie aus Sicht der Arbeitgeberin oder des Arbeitgebers keinen Ansatz für weitere, zielführende Verhandlungen bietet (BAG vom 26.02.2015 – 2 AZR 955/13 – Rn. 29, a. a. O.; vgl. auch KR-Weigand, § 17 Rn. 103).

cc) In Anwendung dieser Grundsätze hat die Beklagte die endgültige Entscheidung, die Massenentlassung durchzuführen und erneut zu kündigen, zu einem Zeitpunkt getroffen, als das Konsultationsverfahren noch nicht abgeschlossen war.

(1) Nachdem die Betriebsparteien am 24. Juni 2015 über die von der Beklagten beabsichtigte erneute Massenentlassung beraten hatten, hatte die Beklagte dem Betriebsrat Gelegenheit für Ergänzungen und eine abschließende Stellungnahme bis zum folgenden Tag um 18.00 Uhr gegeben und ist hiervon auch nicht abgerückt, nachdem die Vorsitzende des Betriebsrats mit Faxschreiben vom 25. Juni 2015 eingewandt hatte, nach den Beratungen am Vortag sei man so verblieben, dass der Geschäftsführer nach der Besprechung mit der GGB seine Sicht der Dinge so rechtzeitig mitteile, dass das gesamte Gremium am nächsten Dienstag darüber beraten könne. Vielmehr hat die Beklagte oder die GGB als deren alleinstimmberechtigte Gesellschafterin, die endgültige Entscheidung, die geplante Massenentlassung vorzunehmen, noch am Abend des 25. Juni 2015, spätestens am Morgen des folgenden Tages getroffen und am darauf folgenden Tag, dem 27. Juni 2015, die Kündigungen erneut ausgesprochen. So heißt es am Ende des der Arbeitsagentur Cottbus am 26. Juni 2015 zwecks Erstattung der Massenentlassungsanzeige per Fax übersandten Schreibens von demselben Tag, nach Beratungen mit der GGB habe sie sich entschlossen, „die Kündigungen zu wiederholen und dies dem Betriebsrat entsprechend heute morgen (…) mitgeteilt“.

(2) Die dem Betriebsrat eingeräumte Frist für die abschließende Stellungnahme von nicht einmal 24 Stunden war viel zu kurz, als dass dieser eine realistische Chance gehabt hätte, eine solche tatsächlich abzugeben. Dabei ist zu berücksichtigten, dass Adressat der Konsultation nach § 17 Abs. 2 KSchG der Betriebsrat als Kollegialorgan ist (BAG vom 26.02.2012 – 2 AZR 955/13 – Rn. 21 m. w. N., a. a. O.) und die Betriebsratsvorsitzende nicht anstelle des Betriebsrats handeln kann, sondern nach § 26 Abs. 2 Satz 1 BetrVG diesen nur im Rahmen der von diesem gefassten Beschlüssen vertritt. Ein wirksamer Beschluss des Betriebsrats setzt nach § 29 Abs. 2 Satz 3 BetrVG aber eine rechtzeitige Einladung zu einer Sitzung unter Mitteilung der Tagesordnung voraus (st. Rspr. des BAG, z. B. BAG vom 04.11.2015 – 7 ABR 61/13 – Rn. 32, juris). Dass dies innerhalb der gesetzten Frist einschließlich Beratung und Beschlussfassung möglich gewesen wäre, ist lebensfremd. Dies gilt erst recht, wenn – wie hier – alle Betriebsratsmitglieder wegen der Einstellung der Betriebstätigkeit durch die Arbeitgeberin oder den Arbeitgeber von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt sind und deshalb nicht so schnell zu einer außerordentlichen Sitzung zusammengerufen werden können, wie wenn sie ohnehin im Betrieb anwesend sind. Jedenfalls ist dem Betriebsrat die Einhaltung einer derart kurzen Frist nach den Grundsätzen der vertrauensvollen Zusammenarbeit des § 2 Abs. 1 BetrVG nicht zumutbar (ebenso LAG Berlin-Brandenburg vom 26.02.2016 – 6 Sa 1581/15 – unter B. II. 2.5.2 der Gründe).

(3) Die Beklagte hatte den Betriebsrat auch nicht im Vorfeld der Beratungen am 24. Juni 2015 darauf vorbereitet oder zumindest vorgewarnt, dass sie innerhalb kürzester Frist nach den Beratungen eine abschließende Stellungnahme erwartet. Den im Zusammenhang mit der Terminsuche an den Betriebsrat gerichteten Schreiben lässt sich ein solcher Hinweis jedenfalls nicht entnehmen. Nicht einmal aus dem von der Beklagten gefertigten Protokoll der Beratungen ergibt sich eine solche Erwartung. Vielmehr heißt es in dem Protokoll lediglich, dass Ergänzungen zum heutigen Gespräch und den dem Gespräch vorangegangenen Schreiben des Betriebsrats noch bis 12.00 Uhr des folgenden Tages möglich seien. Von einer abschließenden Stellungnahme ist keine Rede.

(4) Die Beklagte konnte auch nicht darauf verzichten, dem Betriebsrat Gelegenheit zu einer abschließenden Stellungnahme zu geben. Dabei kann offen bleiben, ob die Betriebsparteien nach den Beratungen am 24. Juni 2015 tatsächlich so verblieben waren, wie von der Betriebsratsvorsitzenden in ihrem Schreiben vom 26. Juni 2015 geschildert, und ob der Betriebsrat vor der Abgabe einer abschließenden Stellungnahme erwarten konnte, von dem Geschäftsführer über das Ergebnis der Besprechung mit der GGB informiert zu werden. Denn die Möglichkeit zu einer abschließenden Stellungnahme war schon deshalb erforderlich, weil an den Beratungen nicht der gesamte Betriebsrat sondern nur dessen Vorsitzende und ein weiteres Betriebsratsmitglied zusammen mit einem juristischen und einem sachverständigen Berater teilgenommen hatten und der Verhandlungskommission während der Beratungen weitere für die abschließende Stellungnahme des Betriebsrats relevante Auskünfte erteilt worden sind, bezüglich derer noch keine Rückkopplung mit dem Gremium und erst recht keine Beratung innerhalb des Gremiums stattfinden konnte.

So hatte die Beklagte für die Beratungen als Diskussionsgrundlage eine Präsentation erstellt, die u. a. eine Analyse der tariflichen Besitzstände der noch verbliebenen Beschäftigten und nähere Angaben zu der aus Sicht der Beklagten erforderlichen Absenkung der Vergütung enthielt. Weiter wurde der Verhandlungskommission des Betriebsrats die von diesem mit Schreiben vom 17. Juni 2015 gebetene Liste mit den Beschäftigten übergeben, deren Arbeitsverhältnis zwischen Februar 2015 und dem 30. Juni 2015 geendet hatte. Dafür, dass die Präsentation weitere dem Betriebsrat bisher jedenfalls so noch nicht vorliegende Informationen enthielt, spricht auch die Bitte der Betriebsratsvorsitzenden, ihr die Präsentation bis Montag zur Verfügung zu stellen, weil der Betriebsrat als Gremium am Dienstag zusammensitzen werde. Außerdem werden im Rahmen von Beratungen regelmäßig weitere Auskünfte erteilt oder bereits erteilte Auskünfte weiter verdeutlicht, so dass in aller Regel nicht darauf verzichtet werden kann, nach Beratungen mit einer Verhandlungskommission des Betriebsrats, diesem vor einer endgültigen Entscheidung nochmals die Möglichkeit für eine abschließende Stellungnahme zu geben. Dass dies jedenfalls im vorliegenden Fall notwendig ist, das sah offensichtlich auch der Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der Beklagten so. Denn anders lässt sich der Inhalt der E-Mail vom 24 Juni 2015 nicht erklären.

c) Die Klägerin hat auch bereits erstinstanzlich die nicht ordnungsgemäße Durchführung des Konsultationsverfahrens gerügt.

3. Danach war dem Kündigungsschutzantrag bezüglich der streitgegenständlichen Kündigungen stattzugeben, ohne dass es noch auf die weiteren von der Klägerin erhobenen Rügen ankam.

4. Nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung kann über die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens nur einheitlich entschieden werden (vgl. BAG vom 20.09.2012 – 6 AZR 253/11 – Rn. 67, AP Nr. 10 zu § 125 InsO; LAG Berlin-Brandenburg vom 06.08.2008 – 21 Sa 458/08 – Rn. 105, juris). Daher war die im Teilurteil getroffene Kostenentscheidung aufzuheben. Das Arbeitsgericht hat über die gesamten Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens im Schlussurteil zu entscheiden.

III. Die Kostenentscheidung bezüglich des Berufungsverfahrens folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG, § 91 Abs. 1, § 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO. Danach hat die Beklagte die gesamten Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

IV. Die Revision war nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ArbGG zuzulassen.

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