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Nachvertragliches Wettbewerbsverbot – Karenzentschädigung

LAG Berlin-Brandenburg – Az.: 11 Sa 1573/19 – Urteil vom 10.12.2019

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 01. Juli 2019 – 54 Ca 17012/18 – abgeändert und der Beklagten verurteilt, an die Klägerin 48.816,- Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 12.204,- Euro seit dem 9. Oktober 2018, auf weitere 4.068,- Euro seit dem 1. November 2018, auf weitere 4.068,- Euro seit dem 3. Dezember 2018, auf weitere 4.068,- Euro seit dem 2. Januar 2019,auf weitere 4.068,- Euro seit dem 1. Februar 2019, auf weitere 4.068,- Euro seit dem 1. März 2019, auf weitere 4.068,- Euro seit dem 1. April 2019, auf weitere4.068,- Euro seit dem 2. Mai 2019, auf weitere 4.068,- Euro seit dem 3. Juni 2019 und auf weitere 4.068,- Euro seit dem 1. Juli 2019 zu zahlen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Ansprüche auf Karenzentschädigung aufgrund eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes für den Zeitraum vom 1. Juli 2018 bis zum 30. Juni 2019.

Die am …. 1951 geborene Klägerin war vom 1. Juni 2016 bis zum 30. Juni 2018 beim Beklagten, der eine Zahnarztpraxis betreibt, als angestellte Zahnärztin mit einer variablen, vom Umsatz abhängigen Vergütung, auf die monatliche Abschläge gezahlt wurden, beschäftigt. Ausweislich der erteilten Vergütungsabrechnungen erzielte die Klägerin aus der Tätigkeit beim Beklagten im Jahr 2016 (Bl. 66 d. A.) ein Gesamtbruttoeinkommen in Höhe von 40.000,- Euro, im Jahr 2017 (Bl. 87 d. A.) ein Gesamtbruttoeinkommen in Höhe von 102.217,59 Euro sowie im Jahr 2018 (Bl. 104 d. A.) ein Gesamtbruttoeinkommen in Höhe von 61.195,82 Euro.

Seit Januar 2017 bezieht die Klägerin eine Rente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie eine zusätzliche Altersversorgung aus dem Versorgungswerk der Zahnärzte.

In dem Arbeitsvertrag der Parteien vom 14. März 2016 (Anlage K 1, Bl. 4 – 7 d. A.) war unter § 11 ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart. § 11 des Arbeitsvertrages lautet:

„(…) § 11

Nachvertragliches Wettbewerbsverbot

1. Der angestellten Zahnärztin ist es im Falle der Beendigung dieses Vertrages für die Dauer von einem Jahr untersagt, in einem Umkreis von drei Kilometern um den Praxissitz des Praxisinhabers in der G.straße 100, 13053 Berlin

a) sich in eigener Praxis und/oder in einer Berufsausübungsgemeinschaft bzw. einem medizinischen Versorgungszentrum als Zahnarzt niederzulassen oder

b) als frei mitarbeitende oder angestellte Zahnärztin an der ambulanten zahnärztlichen Patientenversorgung teilzunehmen.

2. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das Verbot hat die angestellte Zahnärztin eine Vertragsstrafe in Höhe von 25.000,00 Euro (in Worten: fünfundzwanzigtausend Euro) zu zahlen. Im Fall eines Dauerverstoßes wird die Vertragsstrafe für jeden angefangenen Tag neu verwirkt. Die Geltendmachung eines darüber hinausgehenden Schadens und sonstiger Ansprüche bleibt vorbehalten.

3. Der Praxisinhaber zahlt der angestellten Zahnärztin während der Dauer des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots eine Entschädigung, die für jedes Jahr des Verbots die Hälfte der von der angestellten Zahnärztin zuletzt bezogenen vertragsgemäßen Leistungen beträgt.

4. Im Übrigen finden auf das nachvertragliche Wettbewerbsverbot die Regelungen der §§ 74 ff. HGB entsprechende Anwendung. (…)“

Die Klägerin kündigte das Arbeitsverhältnis zum Beklagten zum 30. Juni 2018. Zuvor hatte sie Anfang 2018 eine auf Ärzte spezialisierte Vermittlungsagentur mit der Suche nach einer neuen Beschäftigung beauftragt. Aufgrund eines am 25. April 2018 geschlossenen Arbeitsvertrages ist die Klägerin seit dem 1. August 2018 bei einem anderen Zahnarzt, dessen Praxis über vier Kilometer von der Praxis des Beklagten entfernt ist, mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 32 Stunden gegen ein Gehalt von Höhe von 1.500,- Euro monatlich tätig.

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 3. September 2018 forderte die Klägerin, ohne Angaben zu ihrem Verdienst, zu machen, vom Beklagten eine Karenzentschädigung in Höhe von zunächst 3.664,89 Euro. Der Beklagte ließ mit Schreiben seines jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 20. Juni 2018 auf das Wettbewerbsverbot verzichten und verlangte außerdem Auskunft über einen etwaigen Verdienst der Klägerin. Hierauf teilte die Klägerin mit dem am 9. Oktober 2018 beim Prozessbevollmächtigten des Beklagten eingegangenen Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten den neuen Arbeitgeber und die Höhe der monatlichen Vergütung mit und fügte dem Schreiben Gehaltsabrechnungen bei.

Nachdem auch dies erfolglos blieb, hat die Klägerin mit ihrer am 28. Dezember 2018 beim Arbeitsgericht eingegangenen und dem Beklagten am 10. Januar 2019 zugestellten Klage eine Karenzentschädigung für die Monate von Juli 2018 bis Juni 2016 geltend gemacht. Sie hat ihre Klage mit der am 17. Mai 2019 bei Gericht eingegangenen und dem Beklagten am 22. Mai 2019 zugestellten Klageerweiterung nochmals erweitert.

Im Laufe des Verfahrens hat die Klägerin umfangreiche Unterlagen, bestehend aus Vergütungsabrechnungen und Arbeitsverträgen für den streitgegenständlichen Zeitraum zur Akte gereicht. Daraus ergibt sich, dass die Klägerin monatlich ein Gehalt in Höhe von 1.500,- Euro bezogen hat. Lediglich im Januar und Februar 2019 sind Umsatzbeteiligungen in Höhe von 281,13 Euro bzw. 281,37 Euro zusätzlich gezahlt worden.

Die Klägerin hat gemeint, sie könne die Karenzentschädigung verlangen, weil sie sich an das vereinbarte Wettbewerbsverbot gehalten habe. Ausgehend von einem durchschnittlichen monatlichen Verdienst in Höhe von 8.136,- Euro stünden ihr monatlich 4.068,- Euro zu. Der Verzicht sei verspätet erklärt und stünde einem Anspruch nicht entgegen.

Die Beklagte ist der Klage mit der zwischen den Parteien streitigen Behauptung entgegengetreten, die Klägerin mache bezüglich der Einkünfte unglaubwürdige Angaben. Die Vergütung läge nur knapp über dem Mindestlohn. Außerdem sei eine Umsatzbeteiligung vereinbart. Zudem sei unglaubwürdig, dass die Klägerin bei dem bisherigen Verdienst von über 8.000,- Euro ein Gehalt von nur 1.500,- Euro bei gleicher Arbeitszeit akzeptiere. Es dränge sich der Verdacht auf, dass sie ihr Gehalt bewusst zum Nachteil des Beklagten niedrig halte.

Das Arbeitsgericht Berlin hat mit seinem Urteil vom 1. Juli 2019, auf das zur näheren Darstellung des Vorbringens der Parteien in erster Instanz ergänzend Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, das nachvertragliche Wettbewerbsverbot sei zwar wirksam vereinbart und verbindlich und auch nicht durch den Verzicht des Beklagten entfallen, aber der Anspruch der Klägerin sei derzeit nicht fällig. Denn die Klägerin habe ihrer Auskunftspflicht nicht genügt. Diese müsse vollständig und wahrheitsgemäß sein und könne nicht durch unglaubwürdige Auskünfte erfüllt werden. Auch wenn die Klägerin Altersrente beziehe, sei nicht glaubhaft, dass sich ihre Vergütung als Zahnärztin – bis auf zwei kleinere Umsatzbeteiligungen – monatlich auf nur 1.500,- Euro beschränke. Sie habe ein Arbeitsverhältnis mit einem Einkommen von über 8.000,- Euro gekündigt und sei bei gleicher Arbeitszeit ein deutlich schlechter vergütetes Arbeitsverhältnis eingegangen, bei dem unbegrenzt Mehrarbeit, Not- und Bereitschaftszeiten hinzukämen. Die Vergütung läge damit auf dem Niveau des gesetzlichen Mindestlohns. Weitere Zweifel würden durch die Nachberechnungen, die nicht komplett zur Akte gereicht seien, gesät. Zudem habe die Kläger ab Mai 2019 einen verschlechternden Vertrag abgeschlossen, was den Verdacht nähre, sie habe dies getan, um variable Einkünfte nicht offen zu legen. Auch sei auffällig, dass die Klägerin den einzigen Privatpatienten erst nach dieser Vertragsänderung behandelt habe. Da der Beklagte Auskunft über die Einkünfte der Klägerin verlangt habe, sei er befugt, die Zahlung der Karenzentschädigung bis zur vollständigen Auskunftserteilung zu verweigern.

Gegen das der Klägerin am 22. August 2019 zugestellte Urteil hat sie am 29. August 2019 Berufung eingelegt und diese am 13. September 2019 begründet.

Die Klägerin meint, das Arbeitsgericht habe die Klage zu Unrecht abgewiesen. Unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags und Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil trägt sie vor, das Arbeitsgericht habe falsch subsumiert. Entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts habe die Klägerin weder anzurechnendes Einkommen erzielt, noch böswillig Einkünfte nicht erzielt. Dazu trage der Beklagte auch nichts vor. Die Klägerin sei aufgrund ihres Alters nicht verpflichtet, überhaupt einer Erwerbstätigkeit nachzugehen; sie betreibe ihre Tätigkeit ausschließlich aus Freude an der Arbeit. Es sei nicht nachvollziehbar, warum ihre Angaben zur Höhe der Einkünfte nicht glaubhaft sein sollten. Das Arbeitsgericht habe auch verkannt, dass die Klägerin aufgrund ihres Alters kaum Chancen auf dem Arbeitsmarkt habe, sich mehrfach erfolglos um Stellen beworben und sogar eine Vermittlungsagentur eingeschaltet habe. Die Praxis ihres jetzigen Arbeitgebers laufe zudem sehr schlecht, weshalb sie tatsächlich nur 20 Wochenstunden arbeite. Jedenfalls sei die Klägerin ihrer Auskunftspflicht nachgekommen und der Anspruch auf Karenzentschädigung somit fällig. Sie habe sämtliche Lohnabrechnungen und auch die Arbeitsverträge sowie die Umsatzstatistik vorgelegt. Das Arbeitsgericht habe den Beweiswert dieser Unterlagen verkannt und nicht gewürdigt und entsprechende Beweisangebote übergangen. Es hätte diese Zahlen als zutreffend zugrunde legen müssen. Die Vermutungen des Arbeitsgerichts bezgl. des variablen Vergütungsanteils habe nicht einmal der Beklagte geäußert. Schließlich habe sie auch bis zu 4.880,- Euro verdienen dürfen, ohne den Anspruch wegen Überschreitung der 110-%-Grenze zu verlieren. Es habe daher keine Veranlassung bestanden, den Verdienst künstlich zu reduzieren oder die Umsatzbeteiligung zu verschleiern.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 1. Juli 2019 – 54 Ca 17012/18 – abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 48.816,- Euro nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe seiner Berufungsbeantwortung vom 23. Oktober 2019 (Bl. 186 – 190 d. A.) und Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens als richtig und meint, das Arbeitsgericht habe zutreffend und rechtsfehlerfrei erkannt, dass die Klägerin ihre Auskunftspflicht nicht erfüllt habe. Die Angaben der Klägerin zu ihrem Verdienst seien unglaubwürdig. Danach erhalte sie eine Vergütung in der Nähe des gesetzlichen Mindestlohns und habe sogar noch weitere Verschlechterung der Vergütungsbedingungen vereinbart. Ebenfalls unglaubwürdig sei, dass sie bis Mai 2019 keine Privatpatienten behandelt habe und den ersten erst, nachdem die Umsatzbeteiligung entfallen sei. Das Arbeitsgericht habe auch nicht von der Richtigkeit der Angaben und der Arbeitsverträge ausgehen müssen; das Bundesarbeitsgericht habe sogar eidesstattlichen Versicherungen nicht geglaubt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Parteien wird ergänzend auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze der Parteien, die – soweit entscheidungserheblich – Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Klägerin ist zulässig und auch begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Denn die Klage ist zulässig und begründet. Die Klägerin kann von dem Beklagten für die Monate Juli 2018 bis einschließlich Juni 2019 eine Karenzentschädigung in Höhe von monatlich 4.068,- Euro und damit insgesamt 48.816,- Euro nebst Zinsen verlangen.

I.

Die Berufung ist nach §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2 Buchstabe b ArbGG statthaft sowie form- und fristgerecht im Sinne der §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 Satz 1, 2 und 5 ArbGG i. V. m. §§ 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO eingelegt und begründet worden.

II.

Die Berufung ist auch begründet. Denn die Klägerin kann vom Beklagten die Zahlung der geschuldeten Karenzentschädigung in Höhe von 48.816,- Euro nebst gestaffelten Zinsen verlangen. Die Parteien haben wirksam ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart, das nicht nachträglich entfallen oder aufgehoben worden ist.

1.

Der Anspruch der Klägerin auf Karenzentschädigung ergibt sich aus § 74 Abs. 2 HGB i. V. m. der Wettbewerbsvereinbarung, die die Parteien im Arbeitsvertrag vom 14. März 2016 geschlossen haben. Darin hat der Beklagte unter § 11 Nr. 3 versprochen, als Gegenleistung für die Wettbewerbsunterlassung eine Entschädigung in Höhe von 50 % der zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen zu gewähren. Diese Vereinbarung enthält eine wirksame Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes. Dazu reicht auch die Bezugnahme auf die gesetzlichen Vorschriften, da diese angesichts ihrer Regelungsdichte alle wesentlichen Elemente einer solchen Vereinbarung abdecken (BAG, Urteil vom 31. Juli 2002 – 10 AZR 513/01 – BAGE 102, 103 = AP Nr. 74 zu § 74 HGB = NZA 2003, 100). Auch die sonstigen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Karenzentschädigung liegen vor. Die Klägerin enthält sich des Wettbewerbs und ist – Gegenteiliges behauptet auch der Beklagte nicht – nicht im Umkreis von drei Kilometern vom Sitz des Beklagten bei einem Konkurrenten des Beklagten als Zahnärztin tätig.

2.

Die Beklagte hat auf das Wettbewerbsverbot weder wirksam verzichtet, noch haben die Parteien dieses Wettbewerbsverbot aufgehoben.

a)

In dem anwaltlichen Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 20. September 2019 (Bl. 16 d. A.), in dem formuliert ist, dass auf das Wettbewerbsverbot verzichtet wird, liegt kein Verzicht im Sinne des § 75a HGB. Danach kann der Arbeitgeber vor der Beendigung des Dienstverhältnisses durch schriftliche Erklärung auf das Wettbewerbsverbot verzichten mit der Wirkung, dass er mit Ablauf eines Jahres seit der Erklärung von der Verpflichtung zur Zahlung der Entschädigung frei wird. Der Arbeitnehmer ist dann mit sofortiger Wirkung berechtigt, nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses Wettbewerb zu treiben. Bei einem Verzicht, der mehr als ein Jahr vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses liegt, wird dann keine Karenzentschädigung fällig. Diese Voraussetzungen sind vorliegend jedoch nicht erfüllt. Der Verzicht ist erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses und nach Geltendmachung der Karenzentschädigung im September 2018 zugegangen und entfaltet daher keinerlei Wirkungen.

b)

Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot ist auch nicht durch die von der Klägerin eingereichte Abwicklungsvereinbarung (Bl. 99, 100 d. A.) aufgehoben worden. Diese ist schon nicht vom Beklagten unterzeichnet. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass diese überhaupt zustande gekommen ist.

Aber auch bei unterstellter Unterzeichnung bedeutete die Ausschlussklausel in Nr. 3 der Abwicklungsvereinbarung keine Aufhebung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes. Zwar ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes die Aufhebung eines Wettbewerbsverbotes auch durch die Vereinbarung von Ausgleichsklauseln möglich (BAG, Urteil vom 31. Juli 2002 – 10 AZR 513/01 – BAGE 102, 103 = AP Nr. 74 zu § 74 HGB = NZA 2003, 100; BAG, Urteil vom 24. Juni 2009 – 10 AZR 707/08 – NZA-RR 2010, 536), hier aber nicht anzunehmen. Denn im Übrigen nimmt diese die Ansprüche aus dem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot ausdrücklich von der unter Nr. 3 enthaltenen Ausgleichsklausel aus.

3.

Der Klägerin steht für den streitbefangenen Zeitraum eine Karenzentschädigung in Höhe von insgesamt 48.816,- Euro zu.

a)

Die Karenzentschädigung beträgt nach § 74 Abs. 2 HGB, auf die in § 11 Nr. 4 des Arbeitsvertrages verwiesen wurde, die Hälfte der zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistung. Der Berechnung der Karenzentschädigung ist somit gemäß § 74 Abs. 2 HGB die zuletzt bezogene vertragsmäßige Leistung, das zuletzt bezogene Arbeitsentgelt zu Grunde zu legen. (BAG, Urteil vom 09. Januar 1990 – 3 AZR 110/88 – BAGE 64,1 = AP Nr. 59 zu § 74 HGB = NZA 1990, 519; BAG, Urteil vom 16. November 1973 – 3 AZR 61/73 – BAGE 25, 385 = AP Nr. 34 zu § 74 HGB). Als vertragsmäßig im Sinne von § 74 Abs. 2 HGB ist eine Leistung anzusehen, die auf dem Austauschcharakter des Arbeitsvertrags beruht und als Vergütung für die geleistete Arbeit erbracht wird. Ausgangspunkt für die Bestimmung der „zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen“ im Sinne des § 74 Abs. 2 HGB ist alles, was der Arbeitnehmer in der fraglichen Zeit als Gegenleistung für seine Arbeitsleistung erhalten hat (BAG, Urteil vom 16. November 1973 – 3 AZR 61/73 – BAGE 25, 385). Auch Jahresvergütungen, Gratifikationen, zusätzliche Urlaubsgelder, Tantiemen und ähnliche Sonder-zuwendungen zählen hierzu (BAG, Urteil vom 22. Oktober 2008 – 10 AZR 360/08 – AP Nr. 83 zu § 74 HGB = NZA 2009, 962; BAG, Urteil vom 9. Januar 1990 – 3 AZR 110/88 – BAGE 64, 1).

Die Vergütung der Klägerin beim Beklagten war umsatzabhängig und variabel ausgestaltet. Eine Berechnung ist daher hier anhand des dreijährigen Bezugszeitraums gemäß § 74b Abs. 2 Satz 1 HGB vorzunehmen. In den Anwendungsbereich des § 74 b Abs. 2 HGB fallen Einkommensarten, die von ständig wechselnden äußeren Umständen abhängen (BAG, Urteil vom 5. August 1966 – 3 AZR 154/65 – AP Nr. 19 zu § 74 HBG). Dies betrifft die gesamte Vergütung der Klägerin, die ausschließlich vom erzielten Umsatz nach den im Arbeitsvertrag geregelten Umsatzstaffeln abhängig war. Diese wechselnden Bezüge der Klägerin sind gemäß § 74 b Abs. 2 HGB, da das Arbeitsverhältnis keine drei Jahre bestanden hat, nach dem Durchschnitt der wechselnden Bezüge im Verlauf des 25-monatigen Arbeitsverhältnisses in Ansatz zu bringen. Im Verlauf der 25 Monate hat die Klägerin variable Leistungen in Höhe von insgesamt 203.413,41 Euro bezogen. Dies bedeutet monatlich im Durchschnitt einen Betrag in Höhe von 8.136,54 Euro, woraus sich eine Karenzentschädigung (50%) von monatlich 4.068,27 Euro brutto ergibt. Da die Klägerin jedoch nur einen Betrag in Höhe von monatlich 4.068,- Euro geltend macht und nach § 308 Abs. 1 ZPO nicht mehr als beantragt zugesprochen werden darf, konnte nur die Forderung der Klägerin in Höhe von 4.068,- Euro berücksichtigt und zugesprochen werden.

b)

Anderweitiger Erwerb im Sinne des § 74c Abs. 1 Satz 1 HGB – hier Altersrente, Zusatzversorgung und Einkommen ab August 2018 – führt zu keiner Herabsetzung. Auf Karenzentschädigungen sind gesetzliche Altersrenten und Ruhegehälter nicht anzurechnen (BAG, Urteil vom 30. Oktober 1994 – 3 AZR 213/82 – NZA 1985, 429; BAG, Urteil vom 3. August 1960 – 5 AZR 51/60 – AP Nr. 66 zu § 242 BGB Ruhegehalt). Im Übrigen erreichen die Einkünfte der Klägerin aus Karenzentschädigung und erzieltem Einkommen (1.500,- Euro) die Anrechnungsgrenze des § 74c Abs. 1 Satz 1 HGB in Höhe von 110% der bisher bezogenen Vergütung (8.136,- Euro + 10% = 8.949,60 Euro) nicht.

4.

Die Karenzentschädigung ist entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts auch fällig. Denn die Klägerin hat ihre Auskunftspflicht mit dem Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 8. Oktober 2018 erfüllt. An diesem Tag hat die Klägerin umfassend und ausreichend die Auskunft gemäß § 74c Abs. 2 HGB erteilt. Nach § 74c HGB hat die Klägerin sich auf die Karenzentschädigung dasjenige anrechnen zu lassen, was sie während des Zeitraums, für den die Entschädigung gezahlt wird, durch anderweitige Verwertung ihrer Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt, soweit die Entschädigung unter Hinzurechnung dieses Betrags den Betrag der zuletzt von ihm bezogenen vertragsmäßigen Leistungen um mehr als ein Zehntel übersteigen würde. Gemäß § 74c Abs. 2 HGB ist der Arbeitnehmer verpflichtet, dem Arbeitgeber auf Verlangen über die Höhe seines Erwerbes Auskunft zu erteilen. Aus dieser gesetzlichen Konstruktion ergibt sich nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes ein Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitgebers. Solange der auskunftspflichtige Arbeitnehmer die geschuldeten Angaben nicht mitgeteilt hat, muss der Arbeitgeber keine Karenzentschädigung zahlen (BAG, Urteil vom 27. Februar 2019 – 10 AZR 340/18 – NZA 2019, 837). Gemäß § 74 c Abs. 2 HGB ist „Auskunft“ zu erteilen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich der Auskunftsanspruch auf die Dauer der Bezugsberechtigung bezieht. Die Klägerin muss also Auskunft über den Verdienst für den Zeitraum vom 1. Juli 2018 bis 30. Juni 2019 erteilen.

Welchen Umfang diese Auskunftspflicht erreicht, richtet sich § 242 BGB, also nach den Grundsätzen von Treu und Glauben. Der Auskunftsanspruch soll dabei den zur Zahlung von Karenzentschädigung verpflichteten Arbeitgeber in die Lage versetzen, festzustellen, ob sein früherer Arbeitnehmer anrechenbares anderweitiges Einkommen bezieht. Was insoweit erforderlich ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. In vielen Fällen kann es ausreichen, wenn der Entschädigungsberechtigte erklärt, welche für eine Anrechnung in Betracht kommenden Einkünfte er erzielt hat. Damit braucht das Auskunftsbegehren aber nicht erschöpft zu sein. Hat der Entschädigungspflichtige Zweifel daran, ob die Angaben zutreffen, so kann er in aller Regel von dem Auskunftspflichtigen verlangen, dass er seine Angaben belegt (BAG, Urteil vom 25. Februar 1975 – 3 AZR 148/74 – juris). Teilweise wird es für ausreichend erachtet, die Auskunft ohne konkrete Zahlen auf die Aussage zu beschränken, keine anrechenbaren Einkünfte zu beziehen (NK-ArbR/Barbara Reinhard, HGB, 1. Auflage 2016, § 74c Rn. 20). Teilweise wird neben der Angabe der Einkommenshöhe lediglich die Nennung des neuen Arbeitgebers verlangt (Oetker in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 20 Auflage 2020, § 74c HGB Rn. 9). Anerkannt in der Rechtsprechung ist, dass der Arbeitnehmer, der unselbständige Einkünfte erzielt, Lohn und Gehaltsabrechnungen vorzulegen hat. Wenn das der Anrechnung unterliegende Einkommen aus einer abhängigen Beschäftigung fließt, bilden Lohnstreifen, Gehaltsabrechnungen oder die Eintragungen in der Lohnsteuerkarte meistens eine verlässliche Grundlage, um die Erklärungen zu bestätigen, die der Entschädigungsberechtigte über seine Bezüge abgegeben hat. Ihre Vorlage ist auch zumutbar und leicht durchzuführen; schützenswerte Belange des ohnehin zur Offenbarung seines Einkommens verpflichteten Entschädigungsberechtigten werden dadurch in der Regel nicht berührt (BAG, Urteil vom 25. Februar 1975 – 3 AZR 148/74 – a. a. O.).

a)

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze stand dem Beklagten ein Leistungsverweigerungsrecht wegen fehlender oder unzureichender Auskunftserteilung nur bis zum 9. Oktober 2018 zu. Die Klägerin behauptet Einkünfte aus abhängiger Beschäftigung bei dem Zahnarzt Dr. Meier in Höhe von monatlich 1.500,- Euro. Hinsichtlich der abhängigen Beschäftigung ist es erforderlich aber auch ausreichend, die Lohabrechnungen vorzulegen. Dies hat die Klägerin getan. Die Klägerin hat vorliegend ihre Auskunftspflicht überobligatorisch und in vollem Umfang erfüllt. Sie hat den Arbeitsvertrag bei ihrem neuen Arbeitgeber, sämtliche Lohnabrechnung für den streitgegenständlichen Zeitraum und die Umsatzstatistik vorgelegt.

b)

Der Erfüllung der Auskunftspflicht steht auch nicht entgegen, dass der Beklagte die erteilten Auskünfte für unglaubwürdig hält. Den Arbeitgeber trifft im Rahmen des § 74c Abs. 1 Satz 1 HGB die Darlegungs- und Beweislast dafür, ob und in welcher Höhe anrechenbare Bezüge den Anspruch des früheren Arbeitnehmers auf Karenzentschädigung mindern. Um dies leichter und vor allem ohne Einleitung aufwendiger Überwachungsaktionen prüfen zu können, muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber nach § 74c Abs. 2 HGB „auf Erfordern“ Auskunft über die Höhe seines Erwerbs erteilen. Inhalt und Umfang des Auskunftsanspruchs richten sich im Einzelfall nach den Grundsätzen von Treu und Glauben. Die Auskunft muss daher auch wahrheitsgemäß sein.Anhaltspunkte dafür, dass die Auskünfte der Klägerin nicht der Wahrheit entsprechen, hat der Beklagte aber nicht vorgetragen. Sein Vortrag erschöpft darin, diese für unglaubwürdig zu halten. Anders als er meint, reicht dies für das Entstehen eines Zurückbehaltungsrechts aber nicht aus.

Insoweit verkennt er die Aussage des von ihm herangezogenen Urteils des Bundesarbeitsgerichts vom 27. Februar 2019 (10 AZR 340/18 – NZA 2019, 837) und meint, der vorliegende Sachverhalt entspräche der dort entschiedenen Konstellation. In dieser Entscheidung hatte das Bundearbeitsgericht angenommen, der Auskunfts-anspruch aus § 74c Abs. 2 HGB werde durch die Vorlage von Einkommenssteuer-erklärung und Einkommenssteuerbescheid dann nicht erfüllt, wenn die dem Bescheid zugrundeliegenden Angaben von vornherein unglaubhaft sind, auch wenn deren Richtigkeit eidesstattlich versichert wurde.In dem vom Bundesarbeitsgerichts entschiedenen Fall stand – anders als hier – aber fest, dass die erteilten Auskünfte bzw. die dem vorgelegten Einkommenssteuerbescheid zugrundeliegenden Angaben falsch waren. Gerade dies ist hier nicht der Fall. Es steht gerade nicht fest, dass die Angaben der Klägerin falsch sind. Dem Beklagten ist zwar zuzugeben, dass die Vergütung sehr niedrig erscheint. Die Klägerin hat hierfür aber eine Erklärung abgegeben, die der Beklagte nicht widerlegt hat. Sie hat ausgeführt, schlechte Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu haben, sich mehrfach erfolglos beworben zu haben und eigentlich aus reiner Freude an der Arbeit überhaupt einer Beschäftigung nachzugehen. Zudem laufe die Praxis ihres neuen Arbeitgebers nicht sehr gut. Außerdem ist auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin nicht anrechenbare Altersbezüge erhält und dadurch ihr Lebensunterhalt gesichert ist.

Soweit der Beklagte meint, die Klägerin habe nach wie vor ihre Auskunftspflichten nicht erfüllt, legt sie schon einen rechtlich unzutreffenden Ausgangspunkt zugrunde. Es geht nicht um eine Rechenschaftslegung nach § 259 BGB. Vielmehr richtet sich der Umfang der Auskunft und des Nachweises der Auskunft nach § 242 BGB. Es bedarf also nicht der Übermittlung einer geordneten Aufstellung, sondern der Vorlage von Dokumenten, die verfügbar sind und deren Vorlage zumutbar ist. Es geht nur darum, die Angaben der Klägerin zu verifizieren. Dazu reichen aber die vorgelegten Dokumente aus. Soweit die Beklagte meint, diese Angaben sei unglaubwürdig, ist auch dies unzutreffend. Insoweit spekuliert der Beklagte ohne ausreichende Tatsachengrundlage. Die von ihm herangezogenen Indizien sind weder einzeln noch in ihrer Gesamtheit geeignet, die Vollständigkeit der Auskunft anzugreifen.

Allein dass die Klägerin deutlich weniger verdient, rechtfertigt keinen weitergehenden Auskunftsanspruch. Es ist der Beklagte, der begründete Zweifel anmelden muss. Dabei übersieht er, dass es die freie Entscheidung des Arbeitnehmers ist, zu welchen Konditionen er eine Arbeitsstelle antritt. Der (alte) Arbeitgeber mag es lieber sehen, wenn er durch die Höhe des beim neuen Arbeitgeber erzielten Verdienstes von der Verpflichtung der Zahlung der Karenzentschädigung frei wird. Dieser Gedanke beeinflusst aber nicht den Umfang der Auskunft. Die Klägerin muss keiner Beschäftigung nachgehen. Auch macht es keinen rechten Sinn, von einer bewusst niedriggehalten oder verschleierten Vergütung auszugehen. Denn die Klägerin durfte bis 4.880,- Euro Verdienst erzielen, ohne die Karenzentschädigung zu verlieren.

c)

Soweit der Beklagte den Angaben der Klägerin nicht glaubt bzw. diese als unglaubwürdig bezeichnet und meint, die Klägerin halte ihr Einkommen bewusst niedrig, betrifft dies nach Auffassung der Kammer nicht die Frage der Auskunftspflicht, sondern die Frage nach einem böswilligen Unterlassen anderweitigen, anrechenbaren Verdienst. Dafür hat der darlegungs- und beweisbelastete Beklagte (BAG, Urteil vom 13. Februar 1996 – 9 AZR 931/94 – AP Nr. 18 zu § 74c HGB = NZA 1996, 1039) jedoch außer den geäußerten Zweifeln am Verdienst nichts vorgetragen. Der Arbeitnehmer unterlässt eine anderweitige Verwertung seiner Arbeitskraft böswillig, wenn er eine ihm mögliche und nach den gesamten Umständen zumutbare Tätigkeit nicht aufnimmt (BAG, Urteil vom 14. September 2011 – 10 AZR 198/10 – AP Nr. 22 zu § 74c HGB = NZA-RR 2012, 98). In diesem Fall muss er sich nach den gesetzlichen Bestimmungen fiktive Bruttobezüge anrechnen lassen. An die Böswilligkeit sind allerdings wegen der Freiheit der Arbeitsplatzwahl hohe Anforderungen zu stellen. Eine Böswilligkeit scheidet daher bereits dann aus, wenn der Arbeitnehmer für den von ihm gewählten Berufsweg vernünftige Gründe hat. Der Arbeitnehmer muss seinen Berufsweg auch nicht an den finanziellen Interessen seines früheren Arbeitgebers ausrichten und kann daher mit guten Gründen eine besser dotierte Stelle ablehnen und eine schlechter dotierte Stelle annehmen.

Selbst wenn man annehmen wollte, dass bei einer Eigenkündigung und Annahme einer wesentlich geringer vergüteten Tätigkeit ein Anschein für ein böswilliges Unterlassen spricht und deshalb der Arbeitnehmer vernünftige Überlegungen dazu vorzutragen hat (LAG Düsseldorf, Urteil vom 19. August 1968 – 10 Sa 278/68 – DB 1968, 2285), kann dies hier angesichts der besonderen Umstände nicht unbesehen übertragen werden. Denn zu berücksichtigen ist, dass die Kläger das Alter für den Bezug der gesetzlichen Altersrente erreicht hat und auch Leistungen aus dem Versorgungswerk der Zahnärzte erhält. Schon allein deswegen ist die Klägerin überhaupt nicht mehr verpflichtet, einer Tätigkeit nachzugehen. Für einen Anspruch auf Karenzentschädigung kommt es nur darauf an, dass der Arbeitnehmer den ihm verbotenen Wettbewerb unterlässt. Abgesehen vom Sonderfall der Verbüßung einer Freiheitsstrafe (§ 74 c Abs. 1 Satz 3 HGB) ist es gleichgültig, aus welchem Grund der Arbeitnehmer sich der Konkurrenz enthält. Das Wettbewerbsverbot verliert seinen Sinn nicht dadurch, dass der Arbeitnehmer Rente bezieht, da der Arbeitnehmer auch als Rentner noch Wettbewerb treiben kann. Der Anspruch auf Karenzentschädigung entfällt daher auch dann nicht, wenn der Arbeitnehmer sich aus Altersgründen ganz aus dem Arbeitsleben zurückzieht (BAG, Urteil vom 3. Juli 1990 – 3 AZR 96/89 – NZA 1991, 308).

Es existieren ansonsten vorliegend keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin eine besser dotierte Tätigkeit hätte antreten können. Im Gegenteil hat die Klägerin insoweit unbestritten vorgetragen, sich erfolglos auf mehrere Stellen beworben und sogar eine Vermittlungsagentur mit der Stellensuche beauftragt zu haben.

5.

Der Zinsanspruch folgt für die Monate Juli bis September 2018 aus § 74b Abs. 1 BGB i. V. m. § 291 BGB. Allerdings hat die Klägerin einen Anspruch auf Verzinsung der Karenzentschädigung für die Monate Juli bis September 2018 erst ab Zugang des Schriftsatzes ihres Prozessbevollmächtigten vom 8. Oktober 2018 am 9. Oktober 2018, in dem sie Auskunft über die in der Karenzzeit bezogenen Leistungen gegeben hat. Bis zu Erfüllung des Auskunftsanspruchs des Beklagten (§ 74c Abs. 2 HGB) hatte der Beklagte ein Zurückbehaltungsrecht (BAG, Urteil vom 27. Februar 2019 – 10 AZR 340/18 – AP Nr. 23 zu § 74c HGB = NZA 2019, 837; BAG, Urteil vom 16. Mai 1969 – 3 AZR 237/68 – AP Nr. 23 zu § 133 f. GewO); bis dahin war die Karenzentschädigung nicht fällig.

Für die Folgemonate war die Karenzentschädigung erst ab der jeweiligen Fälligkeit zu verzinsen. Nach § 291 Satz 1, 2. HS BGB ist die Schuld während der Rechtshängigkeit darüber hinaus frühestens ab der Fälligkeit zu verzinsen. Denn die Klägerin hatte die Klage schon erhoben, bevor die Karenzentschädigung für alle Monate fällig geworden war. Nach § 74b HGB ist die Karenzentschädigung jeweils am Monatsende fällig. Fällt der Fälligkeitstag auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag, verschiebt sich der Zeitpunkt der Fälligkeit nach § 193 BGB auf den nächsten Werktag (BAG, Urteil vom 15. Mai 2001 – 1 AZR 672/00 – BAGE 98, 1 = AP Nr. 176 zu § 242 BGB Gleichbehandlung). Danach steht der Klägerin Verzugszins nicht automatisch seit dem 1. des jeweiligen auf den Zahlmonat folgenden Monats zu. Verzug ist vielmehr für den Anspruch für November 2018 erst am 3. Dezember 2018, für Dezember 2018 erst am 2. Januar 2019, für April 2019 erst am 2. Mai 2019 und für Mai 2019 erst am 3. Juni 2019 eingetreten.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO. Als der im Prozess unterlegenen Partei waren danach dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

IV.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Kammer folgte bei der Entscheidung des grundsätzliche Bedeutung nicht aufweisenden und unter Berücksichtigung der Einzelfallumstände entschiedenen Rechtsstreits den in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entwickelten Grundsätzen.

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