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Nachzahlung kinderbezogener Entgeltbestandteile – Ausschlussfrist

Ein Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst verlor vor Gericht, weil er zu spät bemerkte, dass ihm ein Teil seines Gehalts fehlte. Obwohl der Arbeitgeber den Fehler zugab, verfiel der Anspruch des Arbeitnehmers aufgrund einer Fristversäumnis. Das Urteil zeigt, wie wichtig es ist, Gehaltsabrechnungen genau zu prüfen.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Die Klage des Arbeitnehmers auf Nachzahlung kinderbezogener Entgeltbestandteile wurde abgewiesen.
  • Der Rechtsstreit drehte sich um Falschzahlungen bei der Auszahlung von Kindergeld und damit verbundenen Leistungen.
  • Schwierigkeiten ergaben sich aus einem Wechsels der Zuständigkeit für die Kindergeldauszahlung und der fehlenden Aktivierung der Besitzstandszulage.
  • Der Beklagte berief sich auf die tarifliche Ausschlussfrist gemäß § 37 TV-L, um gegen die Nachzahlungsforderung vorzugehen.
  • Das Gericht entschied, dass die Fälligkeit von Schadensersatzansprüchen erst dann eintritt, wenn der Schaden für den Gläubiger feststellbar ist und der Gläubiger Kenntnis von der Falschzahlung hat.
  • Die Kenntnis des Klägers über die Falschzahlung wurde erst mit der Vergütungsübersicht im November 2022 erlangt.
  • Das Gericht stellte klar, dass nicht nur Arbeitsansprüche unter § 37 TV-L fallen, sondern auch Schadensersatzansprüche des Klägers.
  • Der Arbeitnehmer hat keinen übertriebenen Prüfungspflichten hinsichtlich seiner Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber zu erfüllen.
  • Die Entscheidung könnte Auswirkungen auf die Wahrnehmung von Schadensersatzansprüchen im öffentlichen Dienst haben.
  • Beschäftigte im öffentlichen Dienst sollten die Fristen und ihre Kenntnisse über Falschzahlungen beachten, um mögliche Ansprüche effektiver geltend zu machen.

Nachträgliche Kindergeldzahlungen: Fristen und rechtliche Konsequenzen im Fokus

Die nachträgliche Zahlung kinderbezogener Entgeltbestandteile wie Kindergeld und Kinderzulagen spielt eine zentrale Rolle in der finanziellen Unterstützung von Familien. Diese Leistungen sind für viele Eltern essenziell, um die Kosten für die Erziehung von Kindern abzudecken. Allerdings gibt es spezifische Rahmenbedingungen, die die Auszahlung dieser Leistungen regeln. Ein wichtiger Aspekt sind die Ausschlussfristen, die festlegen, innerhalb welcher Frist Ansprüche auf Nachzahlungen geltend gemacht werden müssen. Wird diese Frist versäumt, kann dies in der Regel zu einem Verlust der berechtigten Ansprüche führen, was sowohl finanzielle Einbußen als auch unnötige rechtliche Komplikationen zur Folge haben kann.

Des Weiteren sind verschiedene Faktoren wie die Anspruchsdauer von Kindergeld und die Fristen zur Nachzahlung entscheidend für die Verwaltung von Familienleistungen. Eltern müssen regelmäßig die entsprechenden Nachforderungsfristen im Blick behalten, um sicherzustellen, dass sie nicht von einem Leistungsausschluss betroffen sind. Eine sorgfältige Prüfung der anteiligen Kindergeldansprüche und der steuerlichen Absetzbarkeit ist hierbei von großer Bedeutung. Im folgenden Abschnitt werden wir einen konkreten Fall betrachten, der verdeutlicht, wie diese rechtlichen Vorgaben in der Praxis Anwendung finden und welche Konsequenzen sich aus verspäteten Nachzahlungen ergeben können.

Der Fall vor Gericht


Streit um kinderbezogene Entgeltbestandteile: Arbeitsgericht Erfurt weist Klage eines Arbeitnehmers ab

Ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes scheiterte vor dem Arbeitsgericht Erfurt mit seiner Klage auf Nachzahlung kinderbezogener Entgeltbestandteile. Der Kläger, seit 2001 in Entgeltgruppe 3 beschäftigt, forderte vom Beklagten die Nachzahlung von insgesamt 1.988,40 Euro brutto für den Zeitraum Februar 2021 bis April 2022. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) Anwendung.

Versehentliche Einstellung der Besitzstandszulage führt zu Rechtsstreit

Ausschlussfristen für Nachzahlungen von Kindergeld & Kinderzulagen
Die strikte Auslegung der Ausschlussfrist im TV-L durch das Arbeitsgericht Erfurt unterstreicht die Verantwortung des Arbeitnehmers, Gehaltsabrechnungen sorgfältig zu prüfen und Ansprüche fristgerecht geltend zu machen, auch bei Fehlern des Arbeitgebers. (Symbolfoto: Ideogram gen.)

Der Streitfall entstand, als es beim Beklagten zu einem Fehler bei der Auszahlung der Besitzstandszulage für eines der beiden Kinder des Klägers kam. Während die Zulage für das erste Kind ohne Unterbrechung weitergezahlt wurde, stellte der Arbeitgeber die Zahlung für das zweite Kind versehentlich zum 31. Januar 2021 ein. Erst nach einer Anfrage des Klägers im November 2022 wurde der Fehler entdeckt und die Besitzstandszulage ab Mai 2022 rückwirkend nachgezahlt.

Gericht sieht Ansprüche als verfallen an

Das Arbeitsgericht Erfurt wies die Klage ab und begründete dies mit der tariflichen Ausschlussfrist nach § 37 TV-L. Nach Auffassung des Gerichts hätte der Kläger seinen Anspruch innerhalb von sechs Monaten geltend machen müssen. Da der Kläger sich erst im November 2022 beim Arbeitgeber meldete, konnten nur Ansprüche ab Mai 2022 berücksichtigt werden.

Das Gericht betonte, dass der Kläger durch die monatlichen Bezüge-Mitteilungen Kenntnis vom Wegfall der Zulage für ein Kind gehabt haben müsse, da sich sowohl der Auszahlungsbetrag als auch die Position „Besitzstand Kinder“ geändert hätten. Insgesamt erhielt der Kläger elf Entgeltbescheinigungen mit dem geringeren Kinderbesitzstand.

Kein Schadensersatzanspruch trotz Arbeitgeberfehler

Obwohl das Gericht einen Fehler auf Seiten des Arbeitgebers anerkannte, sah es keinen Schadensersatzanspruch für den Kläger. Die Richter argumentierten, dass die Verpflichtung zur rechtzeitigen Geltendmachung des Anspruchs nach § 37 TV-L den Kausalverlauf unterbreche. Unmittelbar verantwortlich für den Untergang des Vergütungsanspruchs sei somit die unterlassene Geltendmachung durch den Arbeitnehmer und nicht der Fehler des Arbeitgebers.

Keine Informationspflicht des Arbeitgebers

Das Gericht stellte klar, dass der Arbeitgeber keine Pflicht hatte, den Arbeitnehmer auf den Ablauf der Ausschlussfristen hinzuweisen. Es betonte, dass im Zivilrecht jede Partei grundsätzlich selbst für die Wahrnehmung ihrer Interessen verantwortlich sei. Zudem setze eine Hinweispflicht ein Problembewusstsein des Arbeitgebers voraus, welches hier nicht gegeben war.

Bedeutung für Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst

Dieses Urteil unterstreicht die Wichtigkeit für Arbeitnehmer, ihre Gehaltsabrechnungen sorgfältig zu prüfen und Unstimmigkeiten zeitnah anzuzeigen. Die strikte Auslegung der tariflichen Ausschlussfrist durch das Gericht verdeutlicht, dass selbst bei Fehlern des Arbeitgebers die Verantwortung zur fristgerechten Geltendmachung von Ansprüchen beim Arbeitnehmer liegt. Beschäftigte im öffentlichen Dienst sollten daher besonders aufmerksam sein und im Zweifelsfall rechtzeitig rechtlichen Rat einholen, um ihre Ansprüche zu wahren.


Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil unterstreicht die strikte Anwendung tariflicher Ausschlussfristen im öffentlichen Dienst. Selbst bei Arbeitgeberfehlern obliegt es dem Arbeitnehmer, seine Ansprüche fristgerecht geltend zu machen. Die Entscheidung betont die Eigenverantwortlichkeit des Arbeitnehmers zur sorgfältigen Prüfung seiner Gehaltsabrechnungen und zur rechtzeitigen Reklamation von Unstimmigkeiten. Dies verstärkt die Notwendigkeit für Beschäftigte, ihre Rechte aktiv wahrzunehmen und im Zweifel frühzeitig rechtlichen Beistand zu suchen.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie im öffentlichen Dienst beschäftigt sind und kinderbezogene Entgeltbestandteile erhalten, hat dieses Urteil weitreichende Folgen für Sie. Es unterstreicht, dass Sie Ihre Gehaltsabrechnungen akribisch prüfen müssen, da die Verantwortung für die rechtzeitige Geltendmachung von Ansprüchen bei Ihnen liegt – selbst wenn Ihr Arbeitgeber einen Fehler macht. Die sechsmonatige Ausschlussfrist im TV-L wird strikt ausgelegt, was bedeutet, dass Sie mögliche Unstimmigkeiten innerhalb dieses Zeitraums schriftlich anzeigen müssen. Versäumen Sie dies, können Ihre Ansprüche verfallen, ohne dass Ihr Arbeitgeber Sie darauf hinweisen muss. Um Ihre finanziellen Interessen zu schützen, sollten Sie jeden Monat Ihre Bezügemitteilungen sorgfältig kontrollieren und bei Unklarheiten umgehend reagieren.


FAQ – Häufige Fragen

In unserer FAQ-Rubrik finden Sie wertvolle Informationen und Antworten auf häufige Fragen rund um Ausschlussfristen für Nachzahlungen von Kindergeld & Kinderzulagen. Wir möchten Ihnen dabei helfen, wichtige Aspekte und Fristen besser zu verstehen, die für Ihre finanziellen Ansprüche von Bedeutung sind. Stöbern Sie durch unsere sorgfältig aufbereiteten Inhalte, um Klarheit und Orientierung zu erhalten.

Wie lange habe ich Zeit, fehlende kinderbezogene Entgeltbestandteile zu reklamieren?

Die tarifliche Ausschlussfrist nach § 37 TV-L beträgt sechs Monate. Das bedeutet, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wie etwa kinderbezogene Entgeltbestandteile, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von sechs Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.

Beginn der Frist

Die Frist beginnt ab dem Zeitpunkt zu laufen, an dem der Anspruch fällig wird. Das ist in der Regel der Zeitpunkt, zu dem die Zahlung hätte erfolgen müssen. Es ist daher wichtig, dass Sie Ihre Gehaltsabrechnungen regelmäßig und zeitnah überprüfen, um sicherzustellen, dass alle zustehenden Zahlungen korrekt berücksichtigt wurden.

Konsequenzen bei Versäumnis

Wenn Sie die Ausschlussfrist versäumen, verlieren Sie den Anspruch auf die betreffenden Entgeltbestandteile. Dies bedeutet konkret, dass Sie keine Nachzahlungen für Zeiträume erhalten können, die länger als sechs Monate zurückliegen. Eine rechtzeitige Geltendmachung ist daher entscheidend, um finanzielle Nachteile zu vermeiden.

Praktische Tipps

  • Überprüfen Sie regelmäßig Ihre Gehaltsabrechnungen: Achten Sie darauf, ob alle kinderbezogenen Entgeltbestandteile korrekt erfasst sind.
  • Handeln Sie schnell: Sollten Unstimmigkeiten auftreten oder Zahlungen fehlen, machen Sie Ihre Ansprüche schriftlich geltend.
  • Dokumentieren Sie alles: Bewahren Sie Kopien von Gehaltsabrechnungen und Ihrer schriftlichen Korrespondenz auf.

Diese Schritte helfen Ihnen dabei, Ihre Rechte zu wahren und finanzielle Verluste zu vermeiden.


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Was muss ich tun, um meine Ansprüche auf kinderbezogene Entgeltbestandteile zu wahren?

Um Ihre Ansprüche auf kinderbezogene Entgeltbestandteile zu wahren, sollten Sie einige wichtige Schritte beachten. Diese betreffen sowohl formelle Anforderungen als auch praktische Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Ihre Ansprüche fristgerecht geltend gemacht werden.

Formelle Anforderungen

  1. Ausschlussfrist beachten: Es ist entscheidend, dass Sie Ihre Ansprüche innerhalb der tariflichen Ausschlussfrist geltend machen. Diese Frist beträgt in der Regel sechs Monate ab Fälligkeit des Anspruchs. Wird diese Frist versäumt, verfallen die Ansprüche auf die entsprechenden Entgeltbestandteile.
  2. Schriftliche Geltendmachung: Stellen Sie sicher, dass Sie Ihre Ansprüche schriftlich bei Ihrem Arbeitgeber einreichen. Dies kann durch ein formloses Schreiben geschehen, in dem Sie klar Ihren Anspruch und die relevanten Umstände darlegen. Bewahren Sie eine Kopie dieses Schreibens und einen Nachweis über den Versand (z.B. Einschreiben) auf.
  3. Regelmäßige Überprüfung: Überprüfen Sie regelmäßig Ihre Gehaltsabrechnung, um sicherzustellen, dass die kinderbezogenen Entgeltbestandteile korrekt berücksichtigt werden. Sollten Unstimmigkeiten auftreten, wenden Sie sich umgehend an die Personalabteilung Ihres Arbeitgebers.

Praktische Tipps

  • Dokumentation: Halten Sie alle relevanten Dokumente bereit, die Ihren Anspruch unterstützen können, wie Geburtsurkunden Ihrer Kinder oder Bescheinigungen über den Erhalt von Kindergeld.
  • Kommunikation mit dem Arbeitgeber: Bleiben Sie im regelmäßigen Kontakt mit der Personalabteilung und klären Sie bei Unsicherheiten frühzeitig offene Fragen.
  • Änderungen mitteilen: Informieren Sie Ihren Arbeitgeber unverzüglich über Änderungen in Ihren persönlichen Verhältnissen, die Auswirkungen auf Ihren Anspruch haben könnten (z.B. Wechsel des Kindergeldberechtigten).

Indem Sie diese Schritte befolgen, können Sie sicherstellen, dass Ihre Ansprüche auf kinderbezogene Entgeltbestandteile gewahrt bleiben und mögliche Nachzahlungen nicht durch Fristversäumnisse gefährdet werden.


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Welche Rolle spielt die Kenntnis des Arbeitnehmers von einer Falschzahlung?

Die Kenntnis des Arbeitnehmers über eine Falschzahlung ist entscheidend für die Beurteilung seiner Pflichten und möglichen Konsequenzen. Wenn ein Arbeitnehmer aufgrund von Gehaltsabrechnungen oder anderen Informationen von einer Überzahlung erfährt, wird erwartet, dass er den Arbeitgeber darüber informiert. Dies ist Teil der Sorgfaltspflicht, die Arbeitnehmer gegenüber ihrem Arbeitgeber haben.

Juristische Beurteilung der Kenntnis

Gerichte beurteilen die Kenntnis des Arbeitnehmers häufig anhand der ihm zur Verfügung stehenden Informationen, wie z.B. Gehaltsabrechnungen. Positive Kenntnis bedeutet, dass der Arbeitnehmer tatsächlich weiß, dass eine Zahlung ohne rechtlichen Grund erfolgt ist. Bloße Vermutungen oder Zweifel reichen nicht aus.

Sorgfaltspflicht des Arbeitnehmers

Die Sorgfaltspflicht verpflichtet den Arbeitnehmer, den Arbeitgeber über offensichtliche Fehler zu informieren. Unterlässt er dies vorsätzlich oder fahrlässig, kann dies als Verstoß gegen die Treuepflicht gewertet werden. Ein solcher Verstoß kann zur Rückforderung der überzahlten Beträge führen.

Auswirkungen auf die Geltendmachung von Ansprüchen

  • Rechtsmissbrauch: Wenn der Arbeitnehmer bewusst Informationen zurückhält, die dem Arbeitgeber helfen könnten, einen Irrtum zu erkennen und rechtzeitig Ansprüche geltend zu machen, kann dies als rechtsmissbräuchliches Verhalten angesehen werden.
  • Ausschlussfristen: Ansprüche auf Rückzahlung können verfallen, wenn sie nicht innerhalb bestimmter Fristen geltend gemacht werden. Die Kenntnis des Arbeitnehmers spielt hier eine Rolle, da das Verschweigen einer Überzahlung die Fristwahrung beeinflussen kann.

Beispiel aus dem Alltag

Stellen Sie sich vor, Sie erhalten monatlich eine Gehaltsabrechnung und bemerken, dass Ihr Gehalt höher ist als erwartet. In einem solchen Fall sollten Sie Ihren Arbeitgeber darauf hinweisen. Tun Sie dies nicht und stellt sich später heraus, dass eine Überzahlung vorliegt, könnten Sie verpflichtet sein, das zu viel gezahlte Geld zurückzuzahlen.

Fazit: Die Kenntnis des Arbeitnehmers über eine Falschzahlung ist ein zentraler Aspekt bei der Beurteilung seiner Pflichten und möglichen rechtlichen Konsequenzen. Es ist wichtig, aufmerksam zu sein und bei Unklarheiten den Arbeitgeber zu informieren, um rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.


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Gibt es Ausnahmen von der Ausschlussfrist bei Arbeitgeberfehlern?

Ja, es gibt Ausnahmen von der Ausschlussfrist, insbesondere bei Fehlern des Arbeitgebers. Ausschlussfristen sind Regelungen, die Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer bestimmten Frist geltend machen müssen, um nicht zu verfallen. Diese Fristen gelten sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber und sind oft kürzer als die gesetzliche Verjährungsfrist.

Ausnahmen bei Arbeitgeberfehlern

  1. Rechtsmissbräuchliches Verhalten des Arbeitgebers: Wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer bewusst oder grob fahrlässig falsch informiert oder ihn davon abhält, seine Ansprüche rechtzeitig geltend zu machen, kann dies als rechtsmissbräuchlich angesehen werden. In solchen Fällen kann der Arbeitnehmer seine Ansprüche trotz abgelaufener Ausschlussfrist durchsetzen.
  2. Anerkennung des Anspruchs durch den Arbeitgeber: Wenn der Arbeitgeber einen bestimmten Anspruch anerkennt, etwa durch eine Gehaltsabrechnung, muss der Arbeitnehmer diesen Anspruch nicht erneut schriftlich geltend machen. Eine solche Anerkennung kann die Ausschlussfrist hemmen.
  3. Fehlerhafte Ausschlussklauseln: Eine Ausschlussklausel kann unwirksam sein, wenn sie den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt oder intransparent formuliert ist. Beispielsweise muss eine Klausel den gesetzlichen Mindestlohn ausdrücklich ausnehmen, um wirksam zu sein.

Schadensersatzansprüche

Schadensersatzansprüche können ebenfalls von Ausschlussfristen betroffen sein, es sei denn, es handelt sich um vorsätzliche Pflichtverletzungen des Arbeitgebers. Diese sind von Ausschlussfristen nicht erfasst und können daher auch nach Ablauf der Frist geltend gemacht werden.

Beispiel

Stellen Sie sich vor, Ihr Arbeitgeber hat Ihnen versehentlich einen zu niedrigen Lohn überwiesen und Sie bemerken dies erst nach Ablauf der Ausschlussfrist. Wenn der Arbeitgeber Ihnen zuvor versichert hat, dass die Zahlung korrekt sei oder Sie davon abgehalten hat, den Anspruch rechtzeitig geltend zu machen, könnten Sie dennoch Anspruch auf den fehlenden Betrag haben.

Wichtig: Es ist entscheidend, Ansprüche rechtzeitig schriftlich geltend zu machen und im Zweifelsfall die Wirksamkeit der Ausschlussklausel zu prüfen.


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Wie kann ich mich als Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst vor Fehlern bei kinderbezogenen Entgeltbestandteilen schützen?

Regelmäßige Überprüfung der Gehaltsabrechnung

Um Fehler in der Gehaltsabrechnung frühzeitig zu erkennen, sollten Sie Ihre Abrechnung regelmäßig und sorgfältig prüfen. Achten Sie besonders auf die folgenden Punkte:

  • Kinderbezogene Entgeltbestandteile: Überprüfen Sie, ob die kinderbezogenen Bestandteile korrekt ausgewiesen sind. Diese hängen oft von der Kindergeldberechtigung ab und können sich ändern, wenn sich die Berechtigung ändert.
  • Ausschlussfristen beachten: Prüfen Sie, ob Ihr Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag Ausschlussfristen enthält, die eine zeitnahe Geltendmachung von Ansprüchen erfordern. Diese Fristen können kürzer sein als die gesetzliche Verjährungsfrist von drei Jahren.

Schriftliche Kommunikation mit dem Arbeitgeber

Sollten Sie einen Fehler entdecken, ist es ratsam, Ihren Arbeitgeber schriftlich darauf hinzuweisen. Dies dient nicht nur der Klarstellung, sondern auch als Nachweis für spätere Auseinandersetzungen:

  • Fehler schriftlich darlegen: Beschreiben Sie genau, welcher Teil der Abrechnung fehlerhaft ist und fordern Sie eine Korrektur innerhalb einer angemessenen Frist.
  • Fristen setzen: Setzen Sie eine Frist für die Behebung des Fehlers. Eine übliche Frist beträgt 14 Tage.

Dokumentation und Nachweise

Führen Sie eine gründliche Dokumentation aller relevanten Unterlagen und Korrespondenzen:

  • Unterlagen sammeln: Bewahren Sie alle Gehaltsabrechnungen und Schriftwechsel auf. Diese Dokumente können im Falle eines Streits wichtig sein.
  • Nachweise sichern: Sammeln Sie Belege über die Berechtigung von kinderbezogenen Entgeltbestandteilen, wie z.B. Kindergeldbescheide.

Rechtliche Grundlagen kennen

Vertrautheit mit den rechtlichen Grundlagen kann helfen, Ihre Ansprüche besser durchzusetzen:

  • Gesetzliche Regelungen: Laut § 108 GewO muss die Lohnabrechnung in Textform erfolgen. Fehlerhafte Abrechnungen können innerhalb der gesetzlichen Verjährungsfrist von drei Jahren angefochten werden, sofern keine kürzeren Ausschlussfristen gelten.
  • Tarifverträge beachten: Informieren Sie sich über spezifische Regelungen in Ihrem Tarifvertrag, die kinderbezogene Entgeltbestandteile betreffen könnten.

Durch diese Maßnahmen können Sie aktiv dazu beitragen, Fehler in Ihrer Gehaltsabrechnung zu vermeiden und gegebenenfalls schnell zu korrigieren.


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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Ausschlussfrist: Das ist eine festgelegte Zeitspanne, innerhalb der ein Anspruch, wie beispielsweise eine Gehaltsnachzahlung, geltend gemacht werden muss. Wenn diese Frist verpasst wird, verliert der Anspruch seine Gültigkeit, auch wenn er berechtigt wäre. Im vorliegenden Fall bedeutet das, dass der Arbeitnehmer seine Forderung innerhalb von sechs Monaten hätte einreichen müssen.
  • Besitzstandszulage: Diese Zulage ist ein zusätzliches Einkommen, das Arbeitnehmer als Ausgleichszahlung erhalten, wenn sie durch bestimmte strukturelle Veränderungen keine Nachteile erleiden sollen. Hier handelt es sich um einen zusätzlichen Betrag, den der Arbeitnehmer für seine Kinder erhält, damit sein Gehaltsniveau durch tarifliche Änderungen nicht sinkt.
  • Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L): Das ist ein Kollektivvertrag, der die Arbeitsbedingungen, Gehälter und Rechte von Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst auf Länderebene regelt. Im Kontext dieses Falls ist der TV-L wichtig, weil er die Ausschlussfristen und die Regelungen zur kinderbezogenen Entgeltbestandteile festlegt.
  • Kinderbezogene Entgeltbestandteile: Diese sind Gehaltsbestandteile, die Eltern im öffentlichen Dienst zusätzlich zu ihrem Grundgehalt erhalten, um finanzielle Unterstützung für ihre Kinder zu bekommen, wie zum Beispiel Kindergeld oder Kinderzulagen. Diese Entgelte helfen Eltern, die zusätzlichen Kosten für die Erziehung ihrer Kinder zu decken.
  • Bezüge-Mitteilungen: Das sind monatliche schriftliche Mitteilungen über die Höhe des gezahlten Gehalts und aller Zulagen und Abzüge. Sie dienen dazu, Arbeitnehmer über ihre Einkünfte und eventuelle Änderungen oder Unstimmigkeiten zu informieren. Im Fallbeispiel hätte der Arbeitnehmer durch die Bezüge-Mitteilungen erkennen müssen, dass ein Teil der Besitzstandszulage nicht ausgezahlt wurde.
  • Rechtzeitige Geltendmachung: Das bedeutet, dass die Ansprüche innerhalb einer bestimmten Frist beim Arbeitgeber eingereicht werden müssen, um gültig zu bleiben. Im Fall des Arbeitnehmers war diese Frist sechs Monate. Sein Versäumnis dieser Frist führte dazu, dass sein Anspruch auf die Nachzahlung der Besitzstandszulage nicht mehr gerichtlich durchsetzbar war.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 37 TV-L: Diese Bestimmung regelt die Verjährungsfristen für Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst. Demnach verjähren Ansprüche nach einem Jahr, beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen (§ 37 Abs. 1 Satz 1 TV-L). Im vorliegenden Fall argumentiert der Beklagte, dass der Anspruch des Klägers aufgrund der Verjährungsfrist von einem Jahr verjährt sei. Die Fälligkeit des Anspruchs wird allerdings vom Kläger mit der Kenntnis der Falschzahlung in Verbindung gebracht, die erst im November 2022 erlangt wurde.
  • § 11 TVÜ-L: Dieser Paragraph regelt die kinderbezogenen Entgeltbestandteile im öffentlichen Dienst. Er sieht vor, dass Arbeitnehmern unter bestimmten Voraussetzungen zusätzliche Bezüge zustehen, wenn sie Kinder haben. In diesem Fall wurde dem Kläger fälschlicherweise ein Teil dieses Kinderbesitzstands nicht ausgezahlt. Der Beklagte stützt sich auf § 37 TV-L, um die Nachzahlung zu verweigern. Die Frage ist, ob die Fälligkeit des Anspruchs auf Nachzahlung erst mit der Kenntnis des Klägers über die Falschzahlung und dem Verschulden des Beklagten eingetreten ist.
  • Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG: Diese Grundrechtsbestimmungen garantieren den effektiven Rechtsschutz für jedermann. Dies bedeutet, dass Arbeitnehmern nicht übermäßig hohe Obliegenheiten auferlegt werden dürfen, ihre Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber zu prüfen und geltend zu machen. Der Kläger argumentiert, dass ihm keine übermäßige Obliegenheit zur Prüfung seiner Ansprüche auferlegt werden kann und die Fälligkeit des Schadensersatzanspruchs erst mit der erlangten Kenntnis der Falschzahlung eingetreten ist.
  • Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Fälligkeit von Schadensersatzansprüchen: Das Bundesarbeitsgericht hat in zahlreichen Entscheidungen die Rechtsprechung zur Fälligkeit von Schadensersatzansprüchen entwickelt. Die Fälligkeit ist dann gegeben, wenn der Gläubiger den Schaden sowohl im Grunde als auch in der Höhe erkennen kann. Im vorliegenden Fall streitet der Kläger, dass die Fälligkeit erst mit erlangter Kenntnis der Falschzahlung im November 2022 eingetreten ist, weil er vor diesem Zeitpunkt weder von der Falschzahlung noch vom Verschulden des Beklagten Kenntnis hatte.
  • § 127 BGB: Diese allgemeine zivilrechtliche Bestimmung beschreibt die unzulässige Rechtsausübung und schützt den rechtstreuen Bürger vor einem missbräuchlichen Vorgehen des anderen Vertragspartners. Der Kläger argumentiert, dass das Vorgehen des Beklagten, sich auf die Verjährungsfrist zu berufen, einen Verstoß gegen das Gebot der Treu und Glauben darstellt und deshalb unzulässig ist. Der Beklagte selbst war für den Fehler verantwortlich, den er erst nach Anfrage durch den Kläger bemerkt hat.

Das vorliegende Urteil

ArbG Erfurt – Az.: 4 Ca 207/23 – Urteil vom 07.06.2023


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