Übersicht:
- Kündigungsschutz im Fokus: Urteil zu betriebsbedingten Kündigungen und Umstrukturierungen
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Ab wann gilt ein Restbetrieb rechtlich als eigenständiger Betrieb?
- Welche Rechtsfolgen hat der Widerspruch gegen einen Betriebsübergang für den Kündigungsschutz?
- Welche Mindestgröße muss ein Restbetrieb haben, damit das Kündigungsschutzgesetz gilt?
- Was passiert mit dem Betriebsratsschutz im Restbetrieb?
- Welche Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten müssen im Restbetrieb geprüft werden?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landesarbeitsgericht München
- Datum: 01.03.2024
- Aktenzeichen: 7 Sa 430/23
- Verfahrensart: Berufungsverfahren in einer Kündigungsschutzklage
- Rechtsbereiche: Arbeitsrecht, Kündigungsrecht
Beteiligte Parteien:
- Klägerin: Projektleiterin, geboren 1976, seit 2011 bei der Beklagten beschäftigt
- Beklagte: Unternehmen mit mehreren Betriebsstandorten
Um was ging es?
- Sachverhalt:
- Die Klägerin war als Projektleiterin am Standort E-Stadt im Betrieb „E-Stadt G“ tätig
- Im Rahmen einer Umorganisation wurden Teile des Geschäftsbereichs Mobility auf die neu gegründete C Mobility GmbH ausgegliedert
- Die Klägerin widersprach dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses im Jahr 2018
- Kern des Rechtsstreits:
- Streit um die Wirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung
Was wurde entschieden?
- Entscheidung:
- Die Berufung der Klägerin wurde zurückgewiesen
- Die Revision wurde nicht zugelassen
- Begründung: k.A.
- Folgen:
- Die Klägerin muss die Kosten des Berufungsverfahrens tragen
- Die Betriebsbedingte Kündigung bleibt wirksam
Kündigungsschutz im Fokus: Urteil zu betriebsbedingten Kündigungen und Umstrukturierungen
Wenn Unternehmen aus wirtschaftlichen Gründen oder aufgrund von betrieblichen Veränderungen Stellen abbauen müssen, kommt es häufig zu betriebsbedingten Kündigungen. Für Arbeitnehmer stellt sich dann die zentrale Frage nach ihrem Kündigungsschutz und ihren Arbeitnehmerrechten. Besonders komplex wird die rechtliche Situation, wenn durch Umstrukturierungen neue betriebliche Einheiten entstehen.
Ein besonders heikler Fall liegt vor, wenn Mitarbeiter nach Stellenabbau in einem Restbetrieb weiterbeschäftigt werden. Hier müssen sowohl die Arbeitsplatzsicherheit der Betroffenen als auch die unternehmerische Freiheit bei betrieblichen Entscheidungen sorgfältig gegeneinander abgewogen werden. Ein aktuelles Urteil des Landesarbeitsgerichts München beleuchtet diese Problematik nun genauer.
Der Fall vor Gericht
Kündigungsschutz im Kleinbetrieb: Streit um Betriebszuordnung nach Widerspruch zum Betriebsübergang

Das Landesarbeitsgericht München hat die Kündigung einer Projektleiterin für rechtmäßig erklärt, die dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die neu gegründete C Mobility GmbH widersprochen hatte. Die am Standort E-Stadt beschäftigte Klägerin war seit 2011 bei der Beklagten mit einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt 9.936,19 Euro tätig.
Hintergründe der betrieblichen Umstrukturierung
Im Rahmen einer Umorganisation wurde der Geschäftsbereich Mobility zum 1. August 2018 auf die neu gegründete C Mobility GmbH ausgegliedert. Nachdem die Klägerin dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses widersprochen hatte, ordnete die Beklagte sie einem sogenannten „Mobility E-Stadt G Restbetrieb“ zu. In diesem Restbetrieb wurden insgesamt 35 Mitarbeiter zusammengefasst, die ebenfalls dem Betriebsübergang widersprochen hatten.
Rechtliche Bewertung des Restbetriebs
Das Gericht bestätigte die Auffassung der Beklagten, dass es sich bei dem Restbetrieb um einen eigenständigen Betrieb handelte. Dessen Geschäftszweck bestand darin, die verbliebenen Mitarbeiter in andere Fachabteilungen zu vermitteln oder einvernehmliche Beendigungen der Arbeitsverhältnisse zu erreichen. Die Betriebsleitung wurde mit entsprechenden Befugnissen in personellen und sozialen Angelegenheiten ausgestattet.
Geltung des Kündigungsschutzes
Da zum Zeitpunkt der Kündigung weniger als zehn Mitarbeiter in dem Restbetrieb beschäftigt waren, fand das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung. Die vorübergehende Beschäftigung der Klägerin in einem anderen Bereich für sechs Monate änderte nach Ansicht des Gerichts nichts an ihrer Zuordnung zum Restbetrieb.
Betriebsratsanhörung nicht erforderlich
Das Gericht stellte klar, dass die Kündigung auch nicht wegen fehlender Betriebsratsanhörung unwirksam war. Im Restbetrieb existierte kein Betriebsrat und andere Betriebsratsgremien waren für die Kündigung nicht zuständig. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann der Widerspruch gegen einen Betriebsübergang zu einer Verschlechterung des Schutzes nach dem Betriebsverfassungsgesetz führen.
Kündigung auch nach KSchG gerechtfertigt
Das Gericht führte ergänzend aus, dass die Kündigung selbst bei Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes sozial gerechtfertigt gewesen wäre. Der bisherige Arbeitsplatz war durch den Betriebsübergang weggefallen und die Klägerin konnte keine geeigneten freien Stellen im Unternehmen aufzeigen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil verdeutlicht, dass auch bei Unternehmensumstrukturierungen und der Bildung von „Restbetrieben“ für Mitarbeiter, die einem Betriebsübergang widersprochen haben, die üblichen arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften gelten. Der Arbeitgeber muss nachweisen können, dass es sich bei einem solchen Restbetrieb um eine eigenständige organisatorische Einheit mit eigener Leitung und Entscheidungsgewalt handelt. Entscheidend ist dabei die tatsächliche Organisationsstruktur, nicht nur die formale Bezeichnung als „Betrieb“.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Ihr Unternehmen umstrukturiert wird und Sie einem Betriebsübergang widersprechen, können Sie nicht einfach in einem „Sammelbecken“ ohne echte betriebliche Struktur geparkt werden. Der Arbeitgeber muss Ihnen entweder eine neue sinnvolle Beschäftigung anbieten oder die Kündigung auf nachvollziehbare betriebliche Gründe stützen. Sie haben das Recht auf eine faire Sozialauswahl und können prüfen lassen, ob es andere freie Stellen im Unternehmen gibt. Lassen Sie sich bei einer Kündigung in solchen Fällen unbedingt rechtlich beraten, da die Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage von vielen Details abhängen.
Benötigen Sie Hilfe?
Unsicherheiten bei betriebsbedingten Kündigungen im Restbetrieb?
Die Bildung von Restbetrieben im Rahmen von Unternehmensumstrukturierungen birgt zahlreiche rechtliche Fallstricke. Arbeitnehmer sind oft unsicher, welche Rechte sie haben und ob ihre Kündigung rechtmäßig ist. Die Komplexität der betrieblichen Strukturen und die Frage der korrekten Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes können schnell zu Verwirrung führen. Wir helfen Ihnen, Ihre individuelle Situation zu bewerten und Ihre Rechte zu wahren. Unsere erfahrenen Juristen prüfen die Rechtmäßigkeit Ihrer Kündigung, unterstützen Sie bei der Geltendmachung Ihrer Ansprüche und bieten Ihnen eine verständliche Beratung in dieser schwierigen Phase. Kontaktieren Sie uns, um Ihre spezifische Situation zu besprechen und gemeinsam die nächsten Schritte zu planen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Ab wann gilt ein Restbetrieb rechtlich als eigenständiger Betrieb?
Grundvoraussetzungen für einen eigenständigen Restbetrieb
Ein Restbetrieb gilt rechtlich als eigenständiger Betrieb, wenn er eine organisatorische Einheit mit eigener Leitung und eigenständiger Führungsstruktur bildet. Wenn Sie als Arbeitnehmer einem Restbetrieb zugeordnet werden, müssen folgende Kriterien erfüllt sein:
Der Restbetrieb muss über einen eigenen Leitungsapparat mit Entscheidungsgewalt in personellen und sozialen Angelegenheiten verfügen. Dies bedeutet konkret, dass eine Führungsperson bestellt sein muss, die:
- Die Arbeitgeberfunktion nach dem Betriebsverfassungsgesetz wahrnimmt
- Als alleiniger Ansprechpartner für den Betriebsrat fungiert
- Die Verantwortung für die Infrastruktur trägt
Besonderheiten der Organisationsstruktur
Der Geschäftszweck des Restbetriebs kann sich dabei deutlich von dem des ursprünglichen Betriebs unterscheiden. Ein typischer Zweck ist der endgültige Abbau der Arbeitsplätze statt operativem Auftreten am Markt.
Es steht dabei in der unternehmerischen Freiheit des bisherigen Betriebsinhabers:
- Wie er das im Restbetrieb verbliebene Personal einsetzt
- Ob er Mitarbeiter unter Gehaltsfortzahlung von der Arbeitsleistung freistellt
- Ob er versucht, Mitarbeiter anderweitig zu beschäftigen oder zu versetzen
Rechtliche Konsequenzen der Eigenständigkeit
Wird ein solcher eigenständiger Restbetrieb gebildet, hat dies erhebliche Auswirkungen auf Ihre arbeitsrechtliche Position. Besonders relevant ist, dass für die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes die Anzahl der Beschäftigten im Restbetrieb maßgeblich ist – nicht die Gesamtbeschäftigtenzahl des Unternehmens. Der Arbeitgeber ist dabei nicht verpflichtet, die Mitarbeiter des Restbetriebs anderen Betrieben zuzuordnen.
Welche Rechtsfolgen hat der Widerspruch gegen einen Betriebsübergang für den Kündigungsschutz?
Wenn Sie dem Betriebsübergang widersprechen, bleibt Ihr Arbeitsverhältnis mit Ihrem bisherigen Arbeitgeber bestehen. Dies hat wichtige Konsequenzen für Ihren Kündigungsschutz.
Fortbestand des ursprünglichen Arbeitsverhältnisses
Nach einem wirksamen Widerspruch sind Sie weiterhin bei Ihrem bisherigen Arbeitgeber beschäftigt. Der neue Betriebsinhaber kann Ihnen nicht kündigen, da zwischen Ihnen kein Arbeitsverhältnis besteht.
Risiko der betriebsbedingten Kündigung
Allerdings birgt der Widerspruch ein erhebliches Risiko: Wenn Ihr bisheriger Arbeitgeber nach der Veräußerung des Betriebs keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr für Sie hat, kann er eine betriebsbedingte Kündigung aussprechen. Diese Kündigung wäre dann nicht wegen des Betriebsübergangs erfolgt, sondern aufgrund des Wegfalls des Arbeitsplatzes.
Kündigungsschutz beim bisherigen Arbeitgeber
Der gesetzliche Kündigungsschutz nach § 613a BGB verbietet nur Kündigungen, die allein wegen des Betriebsübergangs erfolgen. Ihr bisheriger Arbeitgeber darf Ihnen aus anderen Gründen, insbesondere aus betriebsbedingten Gründen, kündigen. Dies gilt auch dann, wenn die Kündigung im zeitlichen Zusammenhang mit dem Betriebsübergang steht.
Beweislast bei Kündigungen
Wenn Sie vermuten, dass eine Kündigung wegen des Betriebsübergangs erfolgt ist, müssen Sie dies im Kündigungsschutzprozess darlegen und beweisen. Ein Indiz dafür kann der zeitliche und funktionelle Zusammenhang mit dem Betriebsübergang sein. Ihr Arbeitgeber kann diese Vermutung widerlegen, indem er andere nachvollziehbare, objektive Gründe für die Kündigung nachweist.
Welche Mindestgröße muss ein Restbetrieb haben, damit das Kündigungsschutzgesetz gilt?
Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) gilt in einem Restbetrieb nur dann, wenn mehr als 10 Arbeitnehmer regelmäßig beschäftigt werden.
Besondere Zählweise der Arbeitnehmer
Bei der Berechnung der Betriebsgröße werden Teilzeitbeschäftigte anteilig berücksichtigt:
- Beschäftigte bis 20 Wochenstunden zählen mit Faktor 0,5
- Beschäftigte bis 30 Wochenstunden zählen mit Faktor 0,75
- Auszubildende werden nicht mitgezählt
Bestandsschutz für Alt-Arbeitnehmer
Wenn Sie bereits vor dem 31.12.2003 in dem Betrieb beschäftigt waren, gilt eine besondere Regelung: Für diese „Alt-Arbeitnehmer“ greift der Kündigungsschutz bereits bei mehr als 5 Beschäftigten. Dieser Bestandsschutz bleibt so lange erhalten, wie mehr als fünf dieser Alt-Arbeitnehmer im Betrieb verbleiben.
Praktische Anwendung
Ein Beispiel verdeutlicht die Regelung: In einem Betrieb arbeiten sechs Vollzeitkräfte, die vor 2004 eingestellt wurden, sowie vier Teilzeitkräfte mit je 20 Wochenstunden, die nach 2004 dazukamen. Die Berechnung ergibt:
- 6 Vollzeitkräfte = 6
- 4 Teilzeitkräfte à 0,5 = 2 Gesamtzahl = 8 Arbeitnehmer
In diesem Fall genießen nur die sechs Alt-Arbeitnehmer Kündigungsschutz, da für sie die 5-Personen-Grenze gilt. Die vier später eingestellten Teilzeitkräfte fallen nicht unter das KSchG, da die 10-Personen-Grenze nicht erreicht wird.
Was passiert mit dem Betriebsratsschutz im Restbetrieb?
Im Restbetrieb bleiben die grundlegenden Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bestehen, solange der Betrieb betriebsratsfähig ist. Ein Restbetrieb ist betriebsratsfähig, wenn mindestens fünf wahlberechtigte Arbeitnehmer dort beschäftigt sind, von denen drei wählbar sein müssen.
Fortbestand der Mitbestimmung
Der Betriebsrat behält im Restbetrieb seine wesentlichen Beteiligungsrechte, insbesondere:
- Die Anhörung vor jeder Kündigung nach § 102 BetrVG bleibt verpflichtend. Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat die Kündigungsgründe mitteilen, sonst ist die Kündigung unwirksam.
- Die Mitbestimmung bei Fragen der betrieblichen Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb bleibt bestehen.
Besonderheiten im Restbetrieb
Der Arbeitgeber hat das Recht, einen Restbetrieb zu bilden und die dem Betriebsübergang widersprechenden Arbeitnehmer diesem zuzuordnen. Für die Bildung eines eigenständigen Restbetriebs ist entscheidend:
- Ein vom ursprünglichen Betrieb unterscheidbarer Geschäftszweck
- Eine eigene Betriebsleitung mit Entscheidungsgewalt in personellen und sozialen Angelegenheiten
Schutz bei Betriebsänderungen
Wenn eine Betriebsänderung wie die Stilllegung des Restbetriebs geplant ist, hat der Betriebsrat weiterhin das Recht auf:
- Rechtzeitige und umfassende Information über die geplante Betriebsänderung
- Beratung über einen Interessenausgleich
- Verhandlung eines Sozialplans
Der Betriebsrat bleibt im Restbetrieb so lange im Amt, wie dies zur Wahrnehmung der damit im Zusammenhang stehenden Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte erforderlich ist.
Welche Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten müssen im Restbetrieb geprüft werden?
Eine betriebsbedingte Kündigung ist nur dann wirksam, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb tatsächlich unmöglich ist. Der Arbeitgeber muss vor Ausspruch einer Kündigung sämtliche Beschäftigungsalternativen prüfen.
Räumlicher Prüfungsumfang
Der Arbeitgeber muss Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten in folgenden Bereichen prüfen:
- In derselben Abteilung
- Im gesamten Betrieb
- Im Unternehmen
Fachliche Anforderungen
Bei der Prüfung von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten sind folgende Optionen zu berücksichtigen:
Gleiche Hierarchieebene: Eine Weiterbeschäftigung auf derselben oder einer angrenzenden Hierarchieebene muss geprüft werden.
Niedrigere Position: Wenn Sie als Arbeitnehmer einverstanden sind, muss auch eine Beschäftigung auf einer niedrigeren Hierarchieebene geprüft werden.
Zumutbare Einarbeitung: Eine Weiterbeschäftigung ist auch dann möglich, wenn Sie den neuen Arbeitsplatz nach einer zumutbaren Einarbeitungszeit ausfüllen können.
Alternative Beschäftigungsformen
Der Arbeitgeber muss verschiedene Beschäftigungsalternativen prüfen:
Versetzung: Wenn ein freier Arbeitsplatz in einem anderen Bereich existiert, muss eine Versetzung geprüft werden.
Änderungskündigung: Eine Weiterbeschäftigung unter geänderten Arbeitsbedingungen muss angeboten werden, wenn Sie sich damit einverstanden erklären.
Umschulung oder Fortbildung: Wenn eine Weiterbeschäftigung nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist und Sie Ihr Einverständnis erklären, muss der Arbeitgeber diese Option prüfen.
Besonderheiten im Restbetrieb
Im Restbetrieb nach einem Betriebsübergang liegt der Fokus besonders darauf, die verbliebenen Arbeitnehmer durch Versetzung oder Änderungskündigung in andere Fachabteilungen zu vermitteln. Dabei können auch vorübergehende Projekteinsätze eine Alternative zur Kündigung darstellen.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Betriebsbedingte Kündigung
Betriebsbedingte Kündigung ist eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund betrieblicher Erfordernisse, etwa wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten oder organisatorischer Veränderungen. Hierbei liegt der Kündigungsgrund in den unternehmerischen Umständen und nicht im Verhalten oder der Person des Arbeitnehmers. Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) sowie arbeitsrechtliche Grundsätze, wie etwa der Sozialauswahlgrundsatz, setzen den Rahmen, um solche Kündigungen sozial gerechtfertigt zu machen. Beispiel: Ein Unternehmen, das wegen sinkender Auftragslagen Personal abbauen muss, greift auf betriebsbedingte Kündigungen zurück, um wirtschaftlich zu überleben. Diese Kündigungen sind nur zulässig, wenn die Entscheidung nachvollziehbar und objektiv begründet ist.
Restbetrieb
Restbetrieb beschreibt einen abgegrenzten Betriebsbereich, der nach betrieblichen Umstrukturierungen oder einem Betriebsübergang weiterhin unabhängig geführt wird. In einem solchen Betrieb verbleiben Mitarbeiter, deren Stellen nicht in den neuen Unternehmensverbund integriert werden und die deshalb oft einen eingeschränkten Kündigungsschutz genießen. Die rechtliche Einordnung des Restbetriebs spielt insbesondere dann eine Rolle, wenn geringere Mitarbeiterzahlen vorliegen und das Kündigungsschutzgesetz nicht greift, wie es oft bei weniger als zehn Beschäftigten der Fall ist. Beispiel: Nach der Ausgliederung eines Geschäftsbereichs werden die verbliebenen Mitarbeiter in einem separaten Restbetrieb zusammengefasst, in dem ihre Beschäftigung anders bewertet und geschützt wird.
Betriebsübergang
Betriebsübergang bezeichnet den Wechsel der Inhaberschaft oder der organisatorischen Zugehörigkeit eines Unternehmens oder eines Unternehmensteils. Dabei gehen sämtliche Rechte und Pflichten aus bestehenden Arbeitsverhältnissen gemäß § 613a BGB im Regelfall auf den neuen Besitzer über. Dies dient dem Schutz der Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse trotz des Wechsels fortbestehen und nicht automatisch neu verhandelt werden müssen. Beispiel: Wird ein Unternehmensbereich an eine neu gegründete Gesellschaft übertragen, behalten die Mitarbeiter ihre bisherigen Vertragsbedingungen, auch wenn ihre Arbeitgeberorganisation sich ändert.
Kündigungsschutz
Kündigungsschutz umfasst jene gesetzlichen Regelungen, die Arbeitnehmer vor willkürlichen und sozial ungerechtfertigten Kündigungen bewahren sollen. Er basiert vor allem auf dem Kündigungsschutzgesetz und weiteren arbeitsrechtlichen Bestimmungen, die die Voraussetzungen einer rechtmäßigen Kündigung festlegen. Ziel ist es, eine ausgewogene Interessenabwägung zwischen den Belangen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers sicherzustellen, um soziale Härten zu vermeiden. Beispiel: Wird ein Mitarbeiter in einem Verfahren zur Reduzierung von Personal entlassen, muss der Kündigungsschutz garantieren, dass die Entscheidung unter Berücksichtigung sozialer Kriterien erfolgt.
Kündigungsschutzgesetz (KSchG)
Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) ist eine grundlegende arbeitsrechtliche Vorschrift, die den Rahmen für den Schutz von Arbeitnehmern vor ungerechtfertigten Kündigungen bildet. Es legt fest, unter welchen Bedingungen eine Kündigung als sozial gerechtfertigt gilt und welche Vorschriften der Arbeitgeber einhalten muss, um eine Kündigung auszusprechen. Das Gesetz gewährt den betroffenen Arbeitnehmern die Möglichkeit, Kündigungen gerichtlich überprüfen zu lassen, sofern sie diese als unrechtmäßig ansehen. Beispiel: Bei einer Kündigung während eines Umstrukturierungsprozesses kann der Arbeitnehmer anhand des KSchG vor Gericht prüfen lassen, ob die betriebsbedingten Gründe ausreichend dargelegt wurden.
Betriebsratsanhörung
Betriebsratsanhörung ist ein im Betriebsverfassungsgesetz vorgeschriebenes Verfahren, bei dem der Betriebsrat vor der Durchführung bestimmter unternehmerischer Maßnahmen, wie etwa Kündigungen, informiert und um Stellungnahme gebeten wird. Diese Anhörung soll sicherstellen, dass die Interessen der Belegschaft in Entscheidungsprozessen berücksichtigt werden. Wird die Anhörung versäumt, kann dies zur Unwirksamkeit der Kündigung führen, obwohl alle anderen Voraussetzungen möglicherweise erfüllt sind. Beispiel: In Unternehmen mit Betriebsrat muss der Arbeitgeber diesen rechtzeitig über geplante Personalabbau-Maßnahmen informieren, damit eine sachgerechte Bewertung stattfinden kann.
Umstrukturierung
Umstrukturierung bezeichnet die organisatorische Neuausrichtung eines Unternehmens, die häufig mit der Veränderung von Arbeitsplätzen, Abteilungen oder sogar der Unternehmensstruktur einhergeht. Solche Maßnahmen können beispielsweise den Abbau von Stellen, die Ausgliederung von Geschäftsbereichen oder die Gründung neuer Unternehmenseinheiten umfassen. Im arbeitsrechtlichen Kontext müssen Umstrukturierungen so begleitet werden, dass die Rechte der Arbeitnehmer, etwa im Rahmen des Kündigungsschutzes, gewahrt bleiben, was durch Gesetze wie das KSchG und das Betriebsverfassungsgesetz reguliert wird. Beispiel: Ein Unternehmen, das seine Geschäftsbereiche neu organisiert, kann Mitarbeiter in einen separaten Restbetrieb überführen, wodurch die Rahmenbedingungen ihres Arbeitsverhältnisses maßgeblich verändert werden.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 613a BGB: Dieser Paragraph regelt den Betriebsübergang, bei dem ein Betrieb oder Betriebsteil von einem Inhaber auf einen anderen übertragen wird. Dabei gehen alle bestehenden Arbeitsverhältnisse mit ihren Rechten und Pflichten automatisch auf den neuen Inhaber über. Der Arbeitnehmer kann dem Übergang widersprechen, wodurch das Arbeitsverhältnis beim alten Inhaber verbleibt.
Im vorliegenden Fall hat die Klägerin dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die C Mobility GmbH widersprochen, wodurch ihr Arbeitsverhältnis im ursprünglichen Betrieb verbleiben sollte. Die betriebsorganisatorische Zuordnung zum E-Stadt Restbetrieb erfolgte aufgrund dieses Widerspruchs. - Kündigungsschutzgesetz (KSchG) § 1: Dieses Gesetz schützt Arbeitnehmer vor sozial ungerechtfertigten Kündigungen. Es setzt voraus, dass Kündigungen sozial begründet sein müssen, beispielsweise durch betriebliche Erfordernisse, verhaltensbedingte oder personenbedingte Gründe.
Die Klägerin bestreitet die Wirksamkeit ihrer betriebsbedingten Kündigung, was eine Prüfung nach dem KSchG erforderlich macht, um festzustellen, ob die Kündigung sozial gerechtfertigt war. - Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) § 111: Dieser Paragraph betrifft den Interessenausgleich und Sozialplan bei Betriebsänderungen. Arbeitgeber und Betriebsrat müssen bei Umstrukturierungen die Interessen der Arbeitnehmer durch einen Interessenausgleich regeln und gegebenenfalls einen Sozialplan erstellen.
Im Fall wurde ein Interessenausgleich zwischen der Beklagten und dem Gesamtbetriebsrat geschlossen, der die Umorganisation und den Umgang mit den betroffenen Arbeitsverhältnissen regelte. - Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) § 82: Dieser Abschnitt behandelt die Rechte und Pflichten des Betriebsrats bei personellen Maßnahmen, einschließlich Kündigungen. Der Betriebsrat muss bei der Kündigung von Mitarbeitern informiert und angehört werden, und kann Einwände gegen Kündigungen erheben.
Obwohl ein Betriebsrat im E-Stadt Restbetrieb nicht existierte, wurde ein Sprecher der Betriebsleitung bestellt, was die Mitbestimmungsrechte gemäß BetrVG beeinflusst und die Legitimität der Kündigungsmaßnahmen betrifft. - IfSG (Interessenausgleichsgesetz) § 1: Dieses Gesetz regelt die Durchführung von Interessenausgleichen und die Erstellung von Sozialplänen bei Betriebsänderungen. Ziel ist es, die Auswirkungen von Betriebsänderungen auf die Arbeitnehmer sozial abzufedern.
Der im Fall geschlossene Interessenausgleich nach dem IfSG war maßgeblich für die organisatorischen Maßnahmen, die zur betriebsbedingten Kündigung der Klägerin führten, und beeinflusst somit die rechtliche Bewertung der Kündigung.
Das vorliegende Urteil
Landesarbeitsgericht München – Az.: 7 Sa 430/23 – Urteil vom 01.03.2024
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