Skip to content

Ordentliche verhaltensbedingte Kündigung – Auflösungsantrag

Wegen Respektlosigkeiten gegenüber seinen Vorgesetzten hat das Hessische Landesarbeitsgericht die Kündigung eines Managers bestätigt. Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die Grenzen der Meinungsfreiheit am Arbeitsplatz und zeigt, dass verbale Entgleisungen schwerwiegende Konsequenzen haben können. Obwohl der Manager bei einer renommierten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft beschäftigt war, schützte ihn dies nicht vor dem Jobverlust.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
  • Datum: 26.03.2024
  • Aktenzeichen: 8 Sa 82/23
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren im Kündigungsschutz- und Abmahnungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Arbeitsrecht, Kündigungsschutzrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Ein ehemaliger Mitarbeiter in der Position eines Managers/Prokuristen, der sich gegen eine verhaltensbedingte Kündigung, einen Auflösungsantrag sowie Abmahnungen durch seinen Arbeitgeber wehrt. Er argumentierte, dass die Kündigung ungerechtfertigt sei und dass die Abmahnungen aus seiner Personalakte entfernt werden sollten.
  • Beklagte: Eine international agierende Wirtschaftsprüfungs-, Steuerberatungs- und Unternehmensberatungsgesellschaft, die die Kündigung als rechtmäßig verteidigt, basierend auf dem Verhalten des Klägers gegenüber Vorgesetzten und Kollegen.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Der Kläger war seit Januar 2017 als Manager bei der Beklagten beschäftigt und erhielt 2020 mehrere Abmahnungen wegen angeblich unangemessenen Verhaltens. Nachfolgend wurde ihm am 4. November 2020 eine ordentliche Kündigung ausgesprochen. Der Kläger erhob Klage gegen die Kündigung und die Abmahnungen vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main.
  • Kern des Rechtsstreits: Bestand des Arbeitsverhältnisses nach der Kündigung am 4. November 2020 und die Rechtmäßigkeit der Abmahnungen vom Mai 2020.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil im Kündigungsschutzverfahren hatte Erfolg; die Kündigung vom 4. November 2020 wird als rechtswirksam anerkannt. Die Berufung des Klägers hinsichtlich der Entfernung der Abmahnung vom 27. Mai 2020 wurde zurückgewiesen.
  • Begründung: Die Kündigung war sozial gerechtfertigt, da der Kläger in respektloser Weise gegenüber Vorgesetzten gehandelt hatte und dieses Verhalten auch nach einer vorherigen Abmahnung fortsetzte. Zudem wurde der Betriebsrat ordnungsgemäß zur Kündigung gehört. Die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte wurde aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgelehnt, da keine schädlichen Folgen für den Kläger nachgewiesen wurden.
  • Folgen: Das Arbeitsverhältnis endete rechtswirksam mit Ablauf der Kündigungsfrist, und die Abmahnung bleibt in der Personalakte. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Eine Revision wurde nicht zugelassen.

Verhaltensbedingte Kündigung: Komplexe Herausforderungen im Arbeitsrecht

Die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses ist ein komplexes Themenfeld im Arbeitsrecht, das sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber vor große Herausforderungen stellen kann. Die Ordentliche verhaltensbedingte Kündigung ist dabei ein sensibler Prozess, bei dem rechtliche Rahmenbedingungen des Kündigungsschutzgesetzes eine zentrale Rolle spielen.

Entscheidend für eine wirksame Kündigung sind konkrete Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers, die das Vertrauensverhältnis nachhaltig beeinträchtigen. Ob ein Auflösungsantrag gerechtfertigt ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie der Schwere des Fehlverhaltens, vorherigen Abmahnungen und der Verhältnismäßigkeit der arbeitsrechtlichen Schritte. Der folgende Fall zeigt exemplarisch, wie komplex solche Kündigungssituationen in der Praxis sein können.

Der Fall vor Gericht


Respektloses Verhalten rechtfertigt Kündigung – Landesarbeitsgericht bestätigt Rechtmäßigkeit

Manager in Anzug führt ein angespanntes Gespräch mit Vorgesetzter in Bluse. Auf dem Tisch Finanzberichte und Laptop.
Verhaltensbedingte Kündigung wegen Respektlosigkeit | Symbolfoto: Imagen3 gen.

Das Hessische Landesarbeitsgericht hat in einem aktuellen Urteil die verhaltensbedingte Kündigung eines Managers einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft für rechtswirksam erklärt. Der Fall zeigt, dass respektloses Verhalten gegenüber Vorgesetzten als schwerwiegende Pflichtverletzung gewertet werden kann.

Vorwürfe und Vorgeschichte

Der betroffene Manager war seit Januar 2017 bei der international tätigen Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft als Prokurist beschäftigt. Im Mai 2020 wurde ihm eine Abmahnung ausgesprochen, nachdem er sich in einer Telefonkonferenz respektlos gegenüber Vorgesetzten verhalten hatte. Nach den Feststellungen des Gerichts äußerte er, seine Vorgesetzten sollten es ihm überlassen, wie er ihre „unsinnigen Aufgaben“ bearbeite. Zudem erklärte er, er mache die Aufgaben so, wie er wolle, oder die Vorgesetzten sollten sie selbst erledigen.

Eskalation in Mitarbeitergesprächen

Der entscheidende Vorfall ereignete sich in einem Explore-Gespräch am 17. September 2020. Dabei äußerte sich der Manager in respektloser Weise gegenüber dem Personalleiter. Er erklärte, dieser habe „in dem Gespräch nichts zu suchen“ und drohte damit, dass dessen „PwC-Akte einen roten Deckel bekommen“ werde. Diese Äußerungen führten letztlich zur Kündigung durch den Arbeitgeber zum 31. März 2021.

Rechtliche Bewertung des Landesarbeitsgerichts

Das Landesarbeitsgericht stufte die Kündigung als sozial gerechtfertigt ein. Die Richter betonten, dass ein Arbeitgeber grob unsachliche Angriffe, die zur Untergrabung der Position eines Vorgesetzten führen können, nicht hinnehmen muss. Das respektlose Verhalten des Managers stelle eine erhebliche Verletzung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten dar. Die vorherige einschlägige Abmahnung wegen eines ähnlichen Vorfalls begründe zudem die Gefahr weiterer Pflichtverletzungen in der Zukunft.

Keine besonderen Umstände zugunsten des Arbeitnehmers

Bei der abschließenden Interessenabwägung sah das Gericht keine Gründe, die gegen die Wirksamkeit der Kündigung sprachen. Die relativ kurze Beschäftigungsdauer von nur drei Jahren begründe keinen besonderen Kündigungsschutz. Auch soziale Aspekte wie Unterhaltspflichten lagen nicht vor. Selbst eine möglicherweise unberechtigte frühere Kritik durch den Arbeitgeber rechtfertige nicht das respektlose Verhalten des Managers. Das Gericht betonte, Kritik müsse in sachlicher Form vorgebracht werden.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil verdeutlicht die hohe Bedeutung einer klaren Dokumentation und Kommunikation bei Konflikten zwischen Arbeitnehmern und Vorgesetzten. Wesentlich ist auch die Einhaltung formaler Prozesse wie die Beteiligung des Betriebsrats bei wichtigen Personalgesprächen. Das Gericht musste zwischen widersprüchlichen Darstellungen der Gesprächsinhalte entscheiden, was die Wichtigkeit von Zeugen und nachweisbaren Fakten unterstreicht.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als Arbeitnehmer sollten Sie bei Konflikten mit Vorgesetzten stets professionell und sachlich bleiben und wichtige Gespräche möglichst schriftlich dokumentieren. Bestehen Sie bei kritischen Personalgesprächen auf die Anwesenheit eines Betriebsratsmitglieds und lassen Sie sich dies schriftlich bestätigen. Wenn Sie eine Abmahnung oder Kündigung für ungerechtfertigt halten, sammeln Sie zeitnah alle relevanten Beweise wie E-Mails oder Gesprächsprotokolle. Holen Sie sich frühzeitig rechtliche Beratung, um Ihre Position zu stärken und keine Fristen zu versäumen.

Benötigen Sie Hilfe?

Respektlos gegenüber dem Chef?

Dieses Urteil zeigt, wie schnell aus einem hitzigen Wortwechsel eine Kündigung werden kann. Gerade bei Konflikten am Arbeitsplatz ist es wichtig, die eigenen Rechte und Pflichten zu kennen. Eine rechtliche Beratung im Vorfeld kann helfen, Eskalationen zu vermeiden und Ihre Interessen zu wahren.

Wir unterstützen Sie dabei, Ihre Situation richtig einzuschätzen und die Weichen für eine erfolgreiche Lösung zu stellen. Sprechen Sie uns an, um Ihre individuellen Fragen zu klären und gemeinsam die bestmögliche Strategie zu entwickeln.

Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!

Häufig gestellte Fragen zum Thema

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche Verhaltensweisen am Arbeitsplatz können zu einer verhaltensbedingten Kündigung führen?

Eine verhaltensbedingte Kündigung kann ausgesprochen werden, wenn Sie schuldhaft gegen Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen. Diese Pflichtverletzungen müssen dabei erheblich sein und das Arbeitsverhältnis nachhaltig stören.

Verstöße gegen Hauptpflichten

Bei den Hauptpflichten steht die Arbeitspflicht im Vordergrund. Zu kündigungsrelevanten Verstößen zählen:

  • Ständiges Zuspätkommen oder vorzeitiges Verlassen des Arbeitsplatzes
  • Beharrliche Arbeitsverweigerung bei vertragsgemäßen Tätigkeiten
  • Eigenmächtige Urlaubsverlängerung
  • Arbeitszeitbetrug durch Manipulation der Zeiterfassung

Verstöße gegen Nebenpflichten

Auch Verletzungen von Nebenpflichten können eine Kündigung rechtfertigen. Hierzu gehören:

  • Unberechtigte Krankmeldungen oder deren verspätete Anzeige
  • Konkurrenztätigkeit während des bestehenden Arbeitsverhältnisses
  • Private unerlaubte Telefonnutzung für Ferngespräche
  • Verstöße gegen betriebliches Alkoholverbot
  • Beleidigungen oder rassistische Äußerungen gegenüber Kollegen oder dem Arbeitgeber

Besonders schwerwiegende Verstöße

Bestimmte Verhaltensweisen können sogar ohne vorherige Abmahnung zur Kündigung führen:

  • Diebstahl oder Unterschlagung von Firmeneigentum, auch bei geringwertigen Sachen
  • Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz
  • Strafbare Handlungen zu Lasten des Arbeitgebers
  • Wahrheitswidrige Anzeigen gegen den Arbeitgeber bei Behörden

Bei leichteren Verstößen muss vor einer Kündigung in der Regel mindestens eine Abmahnung erfolgt sein. Die Kündigung muss zudem verhältnismäßig sein, das heißt, es darf keine milderen Mittel geben, um das Fehlverhalten zu korrigieren.


zurück

Muss vor einer verhaltensbedingten Kündigung eine Abmahnung erfolgen?

Bei einer verhaltensbedingten Kündigung ist eine vorherige Abmahnung grundsätzlich zwingend erforderlich. Sie soll dem Arbeitnehmer die Möglichkeit geben, sein Verhalten zu ändern und seinen Arbeitsplatz zu behalten.

Grundsatz der Abmahnung

Die Abmahnung dient als deutliche Warnung, dass der Arbeitgeber das gezeigte Verhalten nicht akzeptiert. Wenn Sie beispielsweise wiederholt zu spät zur Arbeit kommen, muss Ihr Arbeitgeber Sie zunächst abmahnen und auf die Konsequenzen bei weiteren Verspätungen hinweisen.

Ausnahmen von der Abmahnungspflicht

In bestimmten Fällen kann eine Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung ausgesprochen werden:

  • Bei besonders schweren Pflichtverletzungen im Vertrauensbereich, wie Diebstahl oder Spesenbetrug
  • Wenn der Arbeitnehmer ausdrücklich erklärt, sein Verhalten trotz Abmahnung nicht ändern zu wollen
  • Bei Straftaten zulasten des Arbeitgebers oder bei schwerer sexueller Belästigung am Arbeitsplatz

Anforderungen an die Abmahnung

Die Abmahnung muss sich auf das gleiche oder gleichartige Fehlverhalten beziehen, das später zur Kündigung führt. Wenn Sie wegen Verspätungen abgemahnt wurden, kann eine spätere Kündigung nicht mit einer einmaligen Beleidigung eines Kollegen begründet werden.

Eine einmalige Abmahnung reicht bei mittelschweren Pflichtverletzungen in der Regel aus. Bei leichteren Verstößen können auch mehrere Abmahnungen erforderlich sein, bevor eine verhaltensbedingte Kündigung gerechtfertigt ist.


zurück

Welche Rolle spielt die Dauer der Betriebszugehörigkeit bei einer verhaltensbedingten Kündigung?

Die Dauer der Betriebszugehörigkeit hat bei einer verhaltensbedingten Kündigung zwei wesentliche Auswirkungen:

Einfluss auf die Interessenabwägung

Je länger Sie in einem Unternehmen beschäftigt sind, desto höhere Anforderungen werden an die Rechtfertigung einer verhaltensbedingten Kündigung gestellt. Bei der erforderlichen Interessenabwägung werden Ihre soziale Situation, das Alter und insbesondere die Dauer der Betriebszugehörigkeit berücksichtigt. Ein Pflichtverstoß muss bei langjährigen Mitarbeitern entsprechend schwerwiegender sein, um eine Kündigung zu rechtfertigen.

Auswirkung auf die Kündigungsfrist

Die Betriebszugehörigkeit bestimmt die Länge der einzuhaltenden Kündigungsfrist. Diese staffelt sich wie folgt:

  • Bei 2 Jahren Betriebszugehörigkeit: 1 Monat zum Monatsende
  • Bei 5 Jahren Betriebszugehörigkeit: 2 Monate zum Monatsende
  • Bei 8 Jahren Betriebszugehörigkeit: 3 Monate zum Monatsende
  • Bei 10 Jahren Betriebszugehörigkeit: 4 Monate zum Monatsende

Besonderheiten bei der Sozialauswahl

Wenn Sie in einem Betrieb mit mehr als 10 Mitarbeitern länger als sechs Monate beschäftigt sind, genießen Sie besonderen Kündigungsschutz. Die verhaltensbedingte Kündigung muss dann vier Voraussetzungen erfüllen:

  • Ein erheblicher Pflichtverstoß muss vorliegen
  • Der Verstoß muss rechtswidrig und schuldhaft sein
  • Die Kündigung muss verhältnismäßig sein
  • In der Regel muss eine vorherige Abmahnung erfolgt sein

Praktische Bedeutung

Bei einer langen Betriebszugehörigkeit wird von Ihrem Arbeitgeber erwartet, dass er zunächst mildere Mittel wie Abmahnungen oder Versetzungen in Betracht zieht, bevor er eine verhaltensbedingte Kündigung ausspricht. Stellen Sie sich vor, Sie sind seit 15 Jahren im Unternehmen tätig – dann muss ein einmaliges Zuspätkommen anders bewertet werden als bei einem Mitarbeiter in der Probezeit.


zurück

Welche Faktoren werden bei der Interessenabwägung bei einer verhaltensbedingten Kündigung berücksichtigt?

Bei einer verhaltensbedingten Kündigung nimmt das Gericht eine umfassende Interessenabwägung vor, bei der die Interessen des Arbeitgebers an der Beendigung gegen die Interessen des Arbeitnehmers am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses abgewogen werden.

Faktoren zugunsten des Arbeitnehmers

Zu Ihren Gunsten als Arbeitnehmer werden folgende persönliche und soziale Aspekte berücksichtigt:

  • Die Dauer der Betriebszugehörigkeit und wie lange das Arbeitsverhältnis störungsfrei verlief
  • Ihr Alter und eventuelle Unterhaltspflichten
  • Der Grad des Verschuldens und ein mögliches Mitverschulden des Arbeitgebers
  • Eine möglicherweise vorliegende persönliche Zwangslage
  • Ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt
  • Eine besondere soziale Schutzbedürftigkeit

Faktoren zugunsten des Arbeitgebers

Zu Lasten des Arbeitnehmers werden insbesondere folgende Aspekte geprüft:

Die Intensität und das Gewicht der Vertragsverletzung spielen eine zentrale Rolle. Dabei wird bewertet, ob es sich um ein einmaliges oder wiederholtes Fehlverhalten handelt. Das Gericht prüft auch die konkreten betrieblichen Auswirkungen, etwa entstehende finanzielle Schäden oder Imageschäden für das Unternehmen.

Bedeutung für die Entscheidung

Die Kündigung ist nur dann gerechtfertigt, wenn die negativen Folgen des Verhaltens für das Unternehmen die persönlichen Interessen des Arbeitnehmers überwiegen. Je stärker die sozialen Schutzfaktoren auf Ihrer Seite ausgeprägt sind, desto gewichtiger müssen die Kündigungsgründe des Arbeitgebers sein.

Bei der Bewertung steht Ihnen als Arbeitnehmer ein nicht unbeachtlicher Beurteilungsspielraum zu. Hat der Arbeitgeber in einem vergleichbaren Fall einem anderen Arbeitnehmer nicht gekündigt, muss er besonders deutlich machen, warum in Ihrem Fall eine Kündigung gerechtfertigt sein soll.


zurück

Wie kann ein Arbeitnehmer auf Kritik des Arbeitgebers rechtlich sicher reagieren?

Grundsätzliche Rechte bei Kritik

Als Arbeitnehmer genießen Sie grundsätzlich das verfassungsrechtlich geschützte Recht auf freie Meinungsäußerung. Dies bedeutet, dass Sie sachliche Kritik äußern und darauf gestützte Werturteile formulieren dürfen. Allerdings müssen Sie dabei die vertragliche Rücksichtnahme- und Treuepflicht gegenüber dem Arbeitgeber beachten.

Professioneller Umgang mit Kritik

Wenn Sie mit Kritik konfrontiert werden, sollten Sie keine Abwehrhaltung einnehmen. Stattdessen ist es ratsam, die Kritik sachlich aufzunehmen und konkrete Verbesserungsvorschläge zu erfragen. Bei berechtigter Kritik ist eine kurze Entschuldigung angebracht, verbunden mit der Zusage, es künftig besser zu machen.

Rechtlich sichere Reaktionsmöglichkeiten

Bei der Erwiderung auf Kritik müssen Sie bestimmte Grenzen einhalten:

Sachliche Kritik ist erlaubt, solange sie nicht den Boden der Sachlichkeit verlässt und keine falschen Tatsachen verbreitet. Ihre Äußerungen dürfen keine Schmähkritik darstellen, die allein auf die Diffamierung abzielt.

Wenn Sie selbst Kritik am Arbeitgeber üben möchten, sollten Sie diese:

  • konkret und mit Beweisen vortragen
  • im angemessenen Rahmen halten
  • intern vorbringen, bevor Sie sich nach außen wenden

Vorgehen bei unberechtigter Kritik

Bei unberechtigter Kritik können Sie sich auf Ihr Recht zur freien Meinungsäußerung berufen. Wichtig ist dabei, dass Sie sachlich und nicht beleidigend bleiben. Ihre Erwiderung sollte sich stets auf konkrete Sachverhalte beziehen und keine persönlichen Angriffe enthalten.

Besteht ein Betriebsrat, können Sie sich bei Konflikten an diesen wenden und eine sachlich gehaltene Beschwerde nach § 85 Betriebsverfassungsgesetz einreichen. Dies ist oft der sicherste Weg, um Ihre Interessen zu wahren, ohne sich rechtlich angreifbar zu machen.


zurück


Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar - Fachbegriffe aus dem Arbeitsrecht

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Ordentliche verhaltensbedingte Kündigung

Eine Kündigung durch den Arbeitgeber aufgrund von Fehlverhalten des Arbeitnehmers unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfristen. Sie setzt voraus, dass der Arbeitnehmer seine vertraglichen Pflichten schuldhaft verletzt hat und eine Verhaltensänderung auch in Zukunft nicht zu erwarten ist. Grundlage ist § 1 Kündigungsschutzgesetz. In der Regel muss vor einer verhaltensbedingten Kündigung eine Abmahnung erfolgen. Beispiel: Ein Mitarbeiter kommt trotz Abmahnung wiederholt zu spät zur Arbeit oder beleidigt Vorgesetzte.


Zurück

Abmahnung

Eine förmliche Rüge des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer wegen einer konkreten Pflichtverletzung, verbunden mit der Aufforderung, das beanstandete Verhalten künftig zu unterlassen. Sie ist meist Voraussetzung für eine verhaltensbedingte Kündigung nach § 314 BGB. Die Abmahnung muss das Fehlverhalten konkret beschreiben und auf mögliche Konsequenzen bei Wiederholung hinweisen. Beispiel: Ein Mitarbeiter erhält eine Abmahnung wegen unentschuldigten Fehlens.


Zurück

Prokurist

Ein leitender Angestellter mit umfassender Vollmacht zur Vertretung des Unternehmens im Geschäftsverkehr gemäß §§ 48-53 HGB. Der Prokurist kann fast alle Arten von Rechtsgeschäften für das Unternehmen vornehmen, mit Ausnahme von Grundstücksgeschäften und existenziellen Unternehmensentscheidungen. Die Prokura wird im Handelsregister eingetragen. Beispiel: Ein Prokurist darf Verträge bis zu einem bestimmten Wert ohne weitere Genehmigung abschließen.


Zurück

Soziale Rechtfertigung

Ein zentrales Kriterium für die Wirksamkeit einer Kündigung nach § 1 KSchG. Die Kündigung muss durch Gründe in der Person, im Verhalten des Arbeitnehmers oder durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt sein. Das Gericht prüft dabei alle Umstände des Einzelfalls und wägt die Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer gegeneinander ab. Beispiel: Eine lange Betriebszugehörigkeit oder Unterhaltspflichten können gegen eine Kündigung sprechen.


Zurück

Interessenabwägung

Ein rechtliches Prüfungsinstrument bei Kündigungen, bei dem alle relevanten Umstände des Einzelfalls gegeneinander abgewogen werden müssen. Dabei werden die Interessen des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen die Interessen des Arbeitnehmers am Erhalt seines Arbeitsplatzes abgewogen. Berücksichtigt werden u.a. Betriebszugehörigkeit, Alter, Unterhaltspflichten und die Schwere der Pflichtverletzung.

Zurück


Wichtige Rechtsgrundlagen


  • Kündigungsschutzgesetz (KSchG): Das Kündigungsschutzgesetz regelt den Schutz von Arbeitnehmern vor ungerechtfertigten Kündigungen. Es legt fest, unter welchen Voraussetzungen eine Kündigung sozial gerechtfertigt ist und welche Verfahren dabei einzuhalten sind. Zudem definiert es die Anforderungen an die Begründung einer Kündigung und die Möglichkeit der Anfechtung durch den Arbeitnehmer.
    In dem vorliegenden Fall streiten die Parteien um die Rechtmäßigkeit einer verhaltensbedingten Kündigung. Das KSchG ist daher zentral, um zu beurteilen, ob die Kündigung durch die Beklagte sozial gerechtfertigt und formgerecht erfolgt ist.
  • Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG): Das Betriebsverfassungsgesetz regelt die Mitbestimmung und Mitwirkung von Betriebsräten in Unternehmen. Es bestimmt die Rechte und Pflichten von Betriebsräten, insbesondere bei personellen Maßnahmen wie Kündigungen. Betriebsräte müssen vor wichtigen Entscheidungen informiert und konsultiert werden.
    Im vorliegenden Fall existiert ein Betriebsrat im Betrieb der Beklagten. Daher ist das BetrVG relevant, um zu prüfen, ob der Betriebsrat ordnungsgemäß in das Kündigungsverfahren eingebunden wurde und ob seine Zustimmung oder Stellungnahme eingeholt wurde.
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – Arbeitsvertragsrecht: Das Arbeitsvertragsrecht im BGB umfasst die allgemeinen Regelungen zu Arbeitsverträgen, einschließlich Pflichten der Arbeitgeber und Arbeitnehmer, Vertragsänderungen sowie Kündigungsfristen. Es bildet die Grundlage für arbeitsrechtliche Vereinbarungen und deren Durchsetzung.
    Der Schriftliche Arbeitsvertrag vom 24. September 2018 bildet die Grundlage des Beschäftigungsverhältnisses im vorliegenden Fall. Die Bestimmungen des BGB sind daher maßgeblich, um die Rechte und Pflichten beider Parteien sowie die Einhaltung der vertraglichen Vereinbarungen zu beurteilen.
  • Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG): Das AGG verbietet Diskriminierungen am Arbeitsplatz aufgrund von Rasse, Geschlecht, Religion, Behinderung, Alter oder sexueller Identität. Es schützt Arbeitnehmer vor Benachteiligungen und schafft Rechtsschutzmechanismen für Betroffene.
    Der Kläger erhebt Vorwürfe bezüglich Diskriminierung durch den Zeugen C. Das AGG ist deshalb relevant, um zu prüfen, ob sich eine Diskriminierung nach den definierten Kriterien erstreckt und ob hierdurch seine Rechte beeinträchtigt wurden.
  • Abmahnung im Arbeitsrecht: Eine Abmahnung dient als formelles Rügen eines Fehlverhaltens durch den Arbeitgeber und ist oft Voraussetzung für eine verhaltensbedingte Kündigung. Sie soll den Arbeitnehmer auf sein Fehlverhalten hinweisen und ihm die Möglichkeit geben, dieses zukünftig zu unterlassen.
    Im vorliegenden Fall wurden dem Kläger mehrere Abmahnungen erteilt, gegen die er sich erfolgreich gewehrt hat. Die rechtliche Bewertung der Abmahnungen ist entscheidend für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der späteren Kündigung.

Das vorliegende Urteil


Hessisches Landesarbeitsgericht – Az.: 8 Sa 82/23 – Urteil vom 26.03.2024


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Arbeitsrecht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Arbeitsrecht. Vom Arbeitsvertrag bis zur Kündigung. Nehmen Sie noch heute Kontakt zu uns auf.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Wissenswertes aus dem Arbeitsrecht einfach erklärt

Weitere interessante arbeitsrechtliche Urteile

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!