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Ordnungsgeld – Anordnung des persönlichen Erscheinens – Ausbleiben im Termin – Kosten

LAG Berlin-Brandenburg – Az.: 21 Ta 102/14 – Beschluss vom 03.03.2014

I. Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Ordnungsgeldbeschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 27. November 2013 – 55 Ca 10526/13 – wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beschwerdeführer zu tragen.

III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer ist der Geschäftsführer der Beklagten im Ausgangsrechtsstreit. Er wendet sich gegen die Verhängung eines Ordnungsgeldes wegen Nichterscheinens im Kammertermin.

Die Parteien des Ausgangsrechtsstreits streiten über die Wirksamkeit einer arbeitgeberseitigen Kündigung und dabei insbesondere darüber, ob aufgrund der Größe des Betriebes der Beklagten das Kündigungsschutzgesetz auf ihr Arbeitsverhältnis Anwendung findet.

Nach den Angaben in der Klageschrift war die Klägerin bei der Beklagten, einem Reinigungsunternehmen, seit Mai 2001 zunächst befristet und schließlich unbefristet als Raumpflegerin beschäftigt. Mit Schreiben vom 27. Juni 2013 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 30. September 2013, hilfsweise zum nächsten zulässigen Zeitpunkt. Hiergegen erhob die Klägerin am 18. Juli 2013 Klage vor dem Arbeitsgericht Berlin und benannte auf entsprechende gerichtliche Auflage mit Schriftsatz vom 26. August 2013 13 Personen namentlich, welche bei der Beklagten beschäftigt seien (Bl. 21 d. A.). Die Beklagte reichte mit Schriftsatz vom 29. Oktober 2013 eine Mitarbeiterliste (Bl. 29 d. A.) und das Lohnjournal für Juli 2013 (Bl. 30 f. d. A.) ein. Darin sind bei anteiliger Berücksichtigung der Teilzeitbeschäftigten nach § 23 Abs. 1 Satz 4 KSchG 8,5 bzw. 9 Beschäftigte aufgeführt. Zur Liste der Klägerin äußerte sich die Beklagte trotz entsprechender Auflage nicht. Die von der Klägerin benannten Personen sind bis auf zwei nicht in der Mitarbeiterliste und dem Lohnjournal aufgeführt. Mit Schriftsatz vom 25. November 2013 korrigierte und ergänzte die Klägerin ihre bisherigen Angaben und benannte insgesamt 21 Beschäftigte (Bl. 33 d. A.).

Mit Beschluss vom 8. August 2013 bestimmte das Arbeitsgericht Kammertermin auf den 27. November 2011 und ordnete zur Aufklärung des Sachverhalts und zur Förderung einer gütlichen Einigung das persönliche Erscheinen der Klägerin und des Beschwerdeführers an. Die dem Beschwerdeführer laut Ladungsvermerk vom 8. August 2013 (Bl. 17 Rs. d. A.) übersandte persönliche Ladung enthält folgenden Hinweis:

„Bleiben Sie im Termin aus und entsenden Sie auch keinen Vertreter, der zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage und zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss, ermächtigt ist, kann gegen Sie ein Ordnungsgeld bis zu 1.000,00 Euro festgesetzt werden. Daneben kann der/die Vorsitzende die Zulassung des Prozessbevollmächtigten ablehnen und Sie als säumig behandeln, wenn Sie unbegründet ausgeblieben sind und hierdurch der Zweck der Anordnung vereitelt wird.“

Im Kammertermin am 27. November 2013 erschien der Beschwerdeführer nicht. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten, der zugleich Verfahrensbevollmächtigter des Beschwerdeführers im vorliegenden Verfahren ist, erklärte, die Beklagte halte an der streitgegenständlichen Kündigung insoweit nicht fest, als diese zum 30. September 2013 erklärt worden sei. Unter Beachtung der tarifvertraglichen Kündigungsfrist ende das Arbeitsverhältnis vielmehr mit dem 30. November 2013. Die Klägerin erklärte sich damit einverstanden. Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage erklärte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten weiter, er sei gehalten, keinen Vergleich zu schließen. Am Schluss der Sitzung verkündete das Arbeitsgericht einen neuen Kammertermin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung und gab der Beklagten auf, zum Klagevorbringen näher als bisher Stellung zu nehmen und insbesondere zur Namensliste der Klägerin im Schriftsatz vom 26. August 2013 vorzutragen, da eine Auseinandersetzung hiermit im Wesentlichen fehle. Wegen der Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll vom 27. November 2013 (Bl. 35 f. d. A.) verwiesen.

Mit nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung am 27. November 2011 eingegangenem Schriftsatz von demselben Tag nahm die Beklagte nach „telefonischer heutiger eiliger Rücksprache“ mit dem Beschwerdeführer zur Namensliste der Klägerin im Schriftsatz vom 25. November 2013 Stellung. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 27. November 2013 (Bl. 39 f. d. A.) verwiesen. Mit Schriftsatz vom 2. Dezember 2013 (Bl. 47 d. A.) focht die Beklagte die im Termin am 27. November 2013 erklärte Rücknahme der Kündigung zum 30. September 2013 an. Das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin habe erst seit dem Jahr 2007 bestanden.

Mit Beschluss vom 27. November 2013 hat das Arbeitsgericht gegen den Beschwerdeführer ein Ordnungsgeld in Höhe von 500,00 Euro festgesetzt und zur Begründung ausgeführt, dessen Ausbleiben im Termin am 27. November 2011 habe die Erledigung des Rechtsstreits verzögert. Es habe mit dem Geschäftsführer nicht besprochen werden können, ob es sich bei den von der Klägerin im Schriftsatz vom 26. August 2011 benannten Personen tatsächlich um aktuelle oder frühere Arbeitnehmer der Beklagten gehandelt habe. Dies müsse in dem neuen Termin nachgeholt werden. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Akteninhalt (Bl. 41 d. A.) verwiesen.

Gegen diesen dem Beschwerdeführer am 29. November 2013 zugestellten Beschluss richtet sich dessen am 12. Dezember 2013 beim Arbeitsgericht eingegangene sofortige Beschwerde. Er meint, die Voraussetzungen für die Verhängung eines Ordnungsgeldes hätten nicht vorgelegen, da ohnehin ein neuer Termin erforderlich gewesen wäre.

Mit Beschluss von 6. Januar 2014 hat das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Es handele sich geradezu um einen Paradefall dafür, wie die Missachtung der Anordnung des persönlichen Erscheinens geeignet sei, die Erledigung des Rechtsstreits zu torpedieren. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten habe zu der Namensliste der Klägerin nichts vorzutragen vermocht, während dies dem Geschäftsführer ausweislich des nachgereichten Schriftsatzes vom 27. November 2013 zweifelsohne möglich gewesen wäre. Dadurch sei die Kammer gezwungen gewesen, einen weiteren Termin anzuberaumen, um den Sachverhalt letztlich doch noch aufklären zu können. Außerdem wäre es, wenn der Geschäftsführer anwesend gewesen wäre, hinsichtlich der zutreffenden Kündigungsfrist nie zu dem im Schriftsatz vom 2. Dezember 2013 behaupteten Willensmangel gekommen.

Hierzu nimmt der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 14. Februar 2014 Stellung. Er bleibt dabei, dass Gründe für die Verhängung eines Ordnungsgeldes nicht vorgelegen haben, und beruft sich diesbezüglich insbesondere auf die negative Beweiskraft des Protokolls. Er sei nach § 141 Abs. 3 ZPO durch den Prozessbevollmächtigten des Beklagten vertreten gewesen. Auf die Vertretung nach § 141 Abs. 3 ZPO sei § 88 ZPO anzuwenden. Nach dem Inhalt des Protokolls sei die mangelnde Vertretung von der Klägerin nicht gerügt worden. Schon deshalb sei das Ordnungsgeld aufzuheben. Im Übrigen ergebe sich aus dem Protokoll auch nicht, dass an den bevollmächtigten Prozessbevollmächtigten der Beklagten konkrete Fragen zur Sachverhaltsaufklärung gestellt worden seien, welche dieser nicht habe beantworten können. Außerdem wäre es ihm aufgrund der einwöchigen Einlassungsfrist nicht zumutbar gewesen, zum Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 25. November 2011 Stellung zu nehmen, da dieser ausweislich des Protokolls erst am Terminstag überreicht worden sei. Außerdem habe die Beklagte mit Schriftsatz vom 29. Oktober 2013 und vom 27. November 2013 dazu vorgetragen, weshalb außer den im Lohnjournal aufgeführten Mitarbeitern keine Mitarbeiter beschäftigt seien. Ferner sei erläutert worden, dass er aufgrund seines späten Eintrittszeitpunkts Anfang 2012 nichts dazu sagen könne, ob es sich bei den im Lohnjournal nicht aufgeführten, von der Klägerin benannten Personen um ehemalige Mitarbeiter handele. Die Umstände der Rücknahme der Kündigung rechtfertigten ebenfalls kein Ordnungsgeld, weil im Protokoll nicht erwähnt sei, dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten als sein persönlicher Vertreter hierzu befragt worden sei und nicht habe antworten können.

Wegen des weiteren Vorbringens des Beschwerdeführers wird auf die Beschwerdeschrift vom 12. Dezember 2013 (Bl. 50 f. d. A.) und den Schriftsatz vom 14. Februar 2014 (Bl. 67 ff. d. A.) und wegen der Einzelheiten der Begründung des Nichtabhilfebeschlusses vom 6. Januar 2013 auf den Akteninhalt (Bl. 56 f. d. A.) Bezug genommen.

II.

Die nach § 51 Abs. 1 Satz 2, § 78 Satz 1 ArbGG, § 141 Abs. 3, § 380 Abs. 3, § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte sowie frist- und formgerecht i. S. v. § 78 Satz 1 ArbGG, § 569 Abs. 1 und 2 ZPO eingelegte sofortige Beschwerde ist unbegründet. Die gegen den Ordnungsgeldbeschluss des Arbeitsgerichts vom 27. November 2011 vorgebrachten Einwände greifen nicht durch.

1. Nach § 51 Abs. 1 Satz 1 ArbGG kann der Vorsitzende das persönliche Erscheinen der Parteien nach pflichtgemäßem Ermessen in jeder Lage des Rechtsstreits anordnen (Schwab/Weth-Korinth, § 51 Rn. 4). Bei juristischen Personen ist die Anordnung an den gesetzlichen Vertreter zu richten (GK-ArbGG-Schütz, § 51 Rn. 19 m. w. N.). Erscheint eine Partei trotz Anordnung ihres persönlichen Erscheinens und ordnungsgemäßer Ladung nicht, kann nach § 51 Abs. 1 Satz 2 ArbGG, § 141 Abs. 3 ZPO gegen sie ein Ordnungsgeld festgesetzt werden, es sei denn, sie hat sich i. S. v. § 381 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZPO hinreichend entschuldigt oder einen Vertreter entsendet, der zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage und zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss, ermächtigt ist (§ 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO).

Anders als die Ablehnung der Zulassung des Prozessbevollmächtigten nach § 51 Abs. 2 Satz 1 ArbGG setzt die Festsetzung eines Ordnungsgeldes nicht voraus, dass durch das Ausbleiben der Zweck Anordnung des persönlichen Erscheinens vereitelt wird. Denn in den Absätzen 2 und 3 des § 141 ZPO, auf die § 51 Abs. 1 Satz 2 ArbGG Bezug nimmt, ist die Vereitelung des Anordnungszwecks nicht genannt (vgl. ErfK-Koch, § 51 ArbGG Rn. 11; Schwab/Weth-Korinth, § 51 Rn. 25; a. A. BeckOK ArbGG-Hamacher, § 51 Rn. 33 f.). Insbesondere ist nicht zwingende Voraussetzung, dass sich durch das Ausbleiben die Erledigung des Rechtsstreits verzögert hat (vgl. BVerfG vom 10.11.1997 – 2 BVR 429/97 -, NJW 1988, 892; LAG Köln vom 13.02.2008 – 7 Ta 378/07-, juris).

Allerdings ist bei der im pflichtgemäßen Ermessen stehenden Entscheidung, ob die Festsetzung eines Ordnungsgeldes angebracht ist, der Sinn und Zweck der Anordnung des persönlichen Erscheinens zu berücksichtigen (BAG vom 20.08.2007 – 3 AZB 50/05 -, NZA 2008, 1151). Dabei kommt es nicht maßgeblich auf den Aspekt der Nichtachtung des Gerichts, sondern auf die prozessuale Wirkung des Ausbleibens der Partei an (LAG Berlin-Brandenburg vom 02.07.2010 – 12 Ta 1169/10 -, juris; LAG Berlin vom 10.07.2006 – 11 Ta 991/06 – NZA-RR 2007, 99 m. w. N.). Es reicht regelmäßig aus, dass durch das unentschuldigte Ausbleiben eine Erschwerung der Sachverhaltsfeststellung zumindest in Betracht kommt (OLG Stuttgart vom 01.08.2013 – 7 W 43/13 -, WM 2014, 93; OLG Karlsruhe vom 02.03.2012 – 9 W 69/11 -, VersR 2014, 120). Kommt es hingegen trotz Nichterscheinens der Partei zur sachgerechten Aufklärung des Sachverhalts, zu einer Entscheidung oder zur gütlichen Beilegung des Rechtsstreits, kann ein Ordnungsgeld in der Regel nicht verhängt werden (Germelmann/ Matthes/Prütting-Germelmann, § 51 Rn. 22 m. w. N.).

2. Nach diesen Grundsätzen ist die Festsetzung des Ordnungsgeldes durch das Arbeitsgerichts nicht zu beanstanden.

a) Gründe, die der Anordnung des persönlichen Erscheinens entgegengestanden haben könnten, sind nicht ersichtlich und hat der Beschwerdeführer auch nicht vorgebracht. Er wurde zum Kammertermin am 27. November 2013 nach § 141 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 3 ZPO ordnungsgemäß unter Hinweis auf die Folgen seines Ausbleibens geladen. Dass er die Ladung erhalten hat, hat er nicht in Abrede gestellt.

b) Der Beschwerdeführer erschien im Kammertermin nicht, ohne sich vorher i. S. d. § 381 Abs. 1 Satz 1 ZPO entschuldigt zu haben. Eine nachträgliche Entschuldigung i. S. d. § 381 Abs. 1 Satz 2 ZPO liegt ebenfalls nicht vor.

c) Der Beschwerdeführer hat zur Verhandlung auch keinen Vertreter i. S. d. § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO entsandt.

Dabei kann dahingestellt bleiben, welche Anforderungen an einen Vertreter i. S. d. § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO im Einzelnen zu stellen sind und ob auch ein Prozessbevollmächtigter als besonderer Vertreter i. S. d. § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO in Frage kommt (zum Streitstand GK-ArbGG-Schütz, § 51 Rn. 24 f.). Ebenso kann offen bleiben, ob der Prozessbevollmächtigte, wenn er als besonderer Vertreter auftritt, stets eine von der persönlich geladenen Partei ausgestellte Vollmacht vorlegen muss oder in entsprechender Anwendung des § 88 Abs. 2 ZPO nur auf Rüge der anderen Partei (so LAG Hamm vom 30.08.2007 – 15 Sa 1049/07 -, juris). Denn jedenfalls muss der Prozessbevollmächtigte erklären, dass er zugleich als besonderer Vertreter nach § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO auftritt (ErfK-Koch, § 51 Rn. 9). Ohne eine solche Erklärung besteht für die andere Partei von vornherein kein Anlass, die mangelnde Vollmacht zu rügen. An einer solchen Erklärung fehlt es vorliegend. Weder dem Sitzungsprotokoll vom 27. November 2011, noch dem Vorbringen des Beschwerdeführers ist zu entnehmen, dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten erklärt hat, er trete auch als Vertreter des persönlich geladenen Beschwerdeführers auf.

Außerdem war der Prozessbevollmächtigte der Beklagten in Anbetracht seiner im Kammertermin zum Beendigungsdatum des Arbeitsverhältnisses abgegebenen Erklärungen und der Anfechtungserklärung der Beklagten vom 2. Dezember 2013 offensichtlich nur ungenügend über den Sachverhalt informiert, wie er sich für die Beklagte darstellt. Um dies im Rahmen der Abhilfeentscheidung feststellen zu können, bedurfte es keiner konkreten Fragen.

Abgesehen davon, war der Prozessbevollmächtigte aber auch schon deshalb nicht als geeigneter Vertreter i. S. d. § 141 Abs. 3 Satz 1 ZPO anzusehen, weil er nach dem Inhalt des Protokolls nicht zum Abschluss eines Vergleichs ermächtigt war. Zwar darf keine Partei zu einem Vergleich gezwungen werden, weshalb die Festsetzung eines Ordnungsgeldes nicht schon bei fehlender Vergleichsbereitschaft des Vertreters zulässig ist. Jedoch muss der Vertreter in der Lage sein, ergebnisoffen auf den Verhandlungsverlauf reagieren zu können. Dies ist nicht gewährleistet, wenn er von vornherein gehalten ist, keinen Vergleich abzuschließen (vgl. Hessisches LAG vom 22.12.2009 – 4 Ta 648/09 -, juris m. w. N.; LAG Hamm vom 24.09.2009 – 8 Sa 658/09 -, juris; OLG Sachsen-Anhalt vom 01.02.2011 – 2 W 91/10 -, MDR 2011, 943; OLG Stuttgart vom 14.09.2009 – 10 W 34/09 -, MDR 2009, 1301; Schwab/Weth-Korinth, § 51 Rn. 21; BeckOK ArbGG-Hamacher § 51 Rn. 29).

d) Das Arbeitsgericht hat auch das ihm zustehende Ermessen in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt. Aus der der Beklagten am Schluss der mündlichen Verhandlung erteilten Auflage wird deutlich, dass eine Klärung bezüglich der von der Klägerin namentlich benannten Beschäftigten wegen des Nichterscheinens des Beschwerdeführers im Kammertermin nicht möglich war. Bestätigt wird dies auch durch den eilig nachgereichten Schriftsatz der Beklagten vom 27. November 2013, in dem die Beklagte nach dem Akteninhalt erstmals zu den von der Klägerin benannten Personen konkret Stellung genommen hat. Der Schriftsatz vom 29. Oktober 2013 enthält entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers keine derartige Stellungnahme. Soweit der Beschwerdeführer einwendet, eine Vertagung wäre auch im Fall seines Erscheinens notwendig gewesen, weil er zu den von der Klägerin benannten Personen nichts weiter sagen könne, bewegt er sich im Bereich des Spekulativen. Zudem kommt es darauf nicht an. Es ist ausreichend, dass durch das Nichterscheinen des Beschwerdeführers die Sachverhaltsaufklärung erschwert worden ist.

Der Beschwerführer kann auch nicht damit gehört werden, es sei ihm nicht zumutbar gewesen, zu den von der Klägerin im Schriftsatz vom 25. November 2013 genannten Personen Stellung zu nehmen. Zum einen hat das Arbeitsgericht ausweislich der erteilten Auflage nicht auf die in diesem Schriftsatz zusätzlich benannten Personen abgestellt, sondern sich jedenfalls zunächst auf die Aufstellung der Klägerin in dem der Beklagten bereits seit längerem bekannten Schriftsatz vom 26. August 2013 konzentriert. Zum anderen hat die einwöchige Einlassungsfrist des § 132 Abs. 2 ZPO nur Bedeutung für die Frage, ob nach § 283 ZPO der anderen Partei, wenn sie sich in der mündlichen Verhandlung nicht erklären kann, auf ihren Antrag eine Einlassungsfrist zu gewähren ist (Zöller-Greger, § 283 2b f.), und ob nach § 335 Abs. 1 Nr. 3 ZPO der Erlass eines Versäumnisurteils unzulässig ist (Zöller-Herget, § 335 Rn. 4). Die Anordnung des persönlichen Erscheinens dient gerade dazu, Sachverhaltsfragen, auch solche, die erst in der mündlichen Verhandlung aufkommen, möglichst während der Verhandlung zu klären, um Verzögerungen zu vermeiden.

Nicht erforderlich ist, dass das Arbeitsgericht sämtliche Umstände, die für die Ermessensausübung von Bedeutung sind, protokolliert. Es handelt sich nicht um Verfahrensförmlichkeiten i. S. d. §§ 160, 165 ZPO (vgl. OLG Stuttgart vom 01.08.2013 – 7 W 43/13 -, WM 2014, 93 Rz. 16 m. w. N.). Es reicht vielmehr aus, wenn sich diese aus der Akte oder zumindest der Begründung des Beschlusses ergeben (LAG Rheinland-Pfalz vom 17.08.2010 – 11 Ta 156/10 -, juris; vom 29.05.2008 – 10 Ta 86/08 -. juris; Hessisches LAG vom 22.08.2005 – 4 Ta 384/05 -, juris; Schwab/Weth-Korinth, § 51 Rn. 24).

e) Das Arbeitsgericht hat das Ordnungsgeld richtigerweise gegen den Beschwerdeführer und nicht gegen die Beklagte des Ausgangsverfahrens festgesetzt.

Zwar wird aus dem Wortlaut des § 141 Abs. 3 Satz 1 ZPO, wonach das Ordnungsgeld gegen die Partei festgesetzt werden kann, vielfach geschlossen, dass bei juristischen Personen das Ordnungsgeld gegen diese selbst und nicht gegen den nicht erschienenen gesetzlichen Vertreter zu verhängen sei (so z.B. LAG Hamm vom 25.01.1999 – 1 Ta 727/98 -, LAGE ArbGG 1979 § 51 Nr. 6; LAG Niedersachsen vom 07.08.2002 – 10 Ta 306/02 -, MDR 2002, 1333; LAG Düsseldorf vom 28.12.2006 – 6 Ta 622/06 -, MDR 2007, 678; LAG Rheinland-Pfalz vom 16.03.2012 – 6 Ta 43/12 -, juris; Germelmann/Matthes/Prütting-Germelmann, § 51 Rn. 22; Hümmerich/Boecken/Düwell-Kloppenburg, § 51 Rn. 19; BeckOK ArbGG-Hamacher, § 51 Rn. 37; GK-ArbGG-Schütz, § 51 Rn. 33; Musielak-Stadler, § 141 Rn. 12; offen gelassen BAG vom 20.08.2007 – 3 AZB 50/05 -, NZA 2008, 1151). Dem folgt die Kammer jedoch nicht, sondern schließt sich insoweit den überzeugenden Ausführungen des LAG Köln in der Entscheidung vom 13.02.2008 – 7 Ta 378/07 – (NZA-RR, 2008, 491) und des Hessischen LAG in der Entscheidung vom 15.02.2008 – 4 Ta 39/08 – (juris) an (ebenso LAG Hamm vom 24.09.2009 – 8 Sa 658/09 -, juris; ErfK-Koch, § 51 ArbGG Rn. 12; Zöller-Greger, § 141 Rn. 141; Stein/Jonas-Leiphold, § 141 Rn. 50; Griebeling, NJW 2008, 252). Da eine juristische Person nicht selbst handlungsfähig ist, sondern nur durch ihre Organe handeln kann, kann sie weder selbst erscheinen, noch Erklärungen abgeben. Ein „persönliches Erscheinen“ ist danach nur dem gesetzlichen Vertreter selbst möglich (LAG Hamm vom 24.09.2009 – 8 Sa 658/09 -, a. a. O.). Verletzt er die ihm obliegende Pflicht, kommt es allein auf sein persönliches Verschulden an. Folgerichtig treffen auch ihn die gesetzlichen Folgen. Partei i. S. v. § 51 ArbGG, § 141 Abs. 3 ZPO ist in diesem Sinne zu verstehen (vgl. Hessisches LAG vom 15.02.2008 – 4 Ta 39/08 -, a. a. O.).

f) Die Höhe des Ordnungsgeldes hält sich im Rahmen § 51 Abs. 1 Satz 2 ArbGG § 141 Abs. 3 Satz 1 ZPO, Art. 6 Abs. 1 EGStGB. Diesbezüglich hat der Beschwerdeführer auch keine Einwände vorgebracht.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 78 Satz 1 ArbGG, § 97 Abs. 1 ZPO.

Insoweit schließt sich die Kammer der sowohl in der zweitinstanzgerichtlichen Rechtsprechung als auch in der Literatur teilweise vertretenen Auffassung an, dass die Kosten der Beschwerde nicht Teil der Kosten des Ausgangsverfahrens sind (LAG Berlin-Brandenburg vom 02.07.2010 – 12 Ta 1169/10 -, juris; Hessisches LAG vom 18.06.2009 – 4 Ta 253/09 – juris; vom 15.02.2008 – 4 Ta 39/08 -, juris; OLG Köln vom 15.11.2006 – 22 W 65/06 -, OLGR Köln 2007, 358; OLG Dresden vom 29.04.2002 – 11 W 583/02 -, juris; Thüringer OLG vom 31.01.2002 – 6 W 43/02 -, juris; LSG Berlin-Brandenburg vom 21.05.2012 – L 10 AS 423/12 B -, juris; LSG Sachsen-Anhalt vom 02.09.2013 – L 2 AS 816/13 B -, juris; Stein/Jonas-Leiphold, § 141 Rn. 58; MüKo-ZPO-Wagner, § 141 Rn. 29). Die Gegenauffassung (u. a. BAG vom 20.08.2007 – 3 AZB 50/05 -, NZA 2008, 1151; BGH vom 22.06.2011 – I ZB 77/10 -, NJW-RR 2011, 1363; vom 12.07.2007 – VI ZB 4/07-, NJW-RR 2007, 1364) berücksichtigt nicht ausreichend den Sanktionscharakter des Ordnungsgeldes und dass die Gegenpartei keinen Einfluss auf das Verhalten der Partei oder deren Organe hat, deren persönliches Erscheinen angeordnet worden ist (vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 02.07.2010 – 12 Ta 1169/10 -, a. a. O.; Hessisches LAG vom 15.02.2008 – 4 Ta 39/08 -, a. a. O.).

4. Die Rechtsbeschwerde wird nach § 72 Abs. 2 Nr. 2, § 78 Satz 2 ArbGG zugelassen.

 

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