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Praktikum – Rechte und Pflichten des Arbeitgebers

Praktikanten einstellen: Was Sie als Arbeitgeber wissen sollten.

Praktika sind sowohl für Unternehmen als auch für den Praktikanten selbst eine regelrechte Win-win-Situation. Während das Unternehmen die Gelegenheit bekommt, bereits frühzeitig zukünftige Fachkräfte zu finden und eventuell auch an sich zu binden bekommen Praktikanten die Chance, einen ersten tieferen Einblick in die Tätigkeiten des Unternehmens zu bekommen und auf diese Weise auch die Wahl des künftigen Tätigkeitsfeldes zu erleichtern. Sicherlich kann ein Arbeitgeber sehr stark von Praktikanten profitieren allerdings gibt es gegenüber diesen speziellen „Arbeitnehmern“ auch sehr spezielle Rechte und Pflichten.

Das Wichtigste in Kürze


  • Praktika sind Win-win-Situationen für Unternehmen und Praktikanten, bieten Einblicke in Unternehmensabläufe und können zur frühzeitigen Bindung von Fachkräften dienen.
  • Unterscheidung zwischen Praktikanten und regulären Arbeitnehmern ist essentiell; Arbeitsleistung von Praktikanten ist nachrangig, und der Fokus liegt auf dem Lernen.
  • Vertragsgestaltung ist wichtig: Der Vertrag sollte klar als „Praktikumsvertrag“ bezeichnet werden, und eine angemessene Entlohnung für angemessene Aufgaben sollte festgelegt werden.
  • Arbeitszeiten von Praktikanten müssen beachtet werden; sie sollten in der Regel 8 Stunden täglich und 40 Stunden wöchentlich nicht überschreiten, Ausnahmen sind möglich.
  • Entlohnung: Freiwillige Praktika bis zu 3 Monaten sind oft unbezahlt, darüber hinaus gilt das Mindestlohngesetz. Pflichtpraktika sind oft unbezahlt, aber Entlohnung ist möglich.
  • Urlaubsanspruch variiert; freiwillige Praktikanten haben Anspruch auf 24 Erholungstage nach dem Bundesurlaubsgesetz, Pflichtpraktikanten oft nicht.
  • Unternehmen sollten gute Praktikabedingungen bieten, um qualifizierte Nachwuchskräfte zu gewinnen und positiv wahrgenommen zu werden.
  • Unfallversicherung für Praktikanten ist Pflicht; Praktikanten müssen über die Unternehmensunfallversicherung mitversichert werden.

Praktikum - was der Arbeitgeber wissen sollte
Ein Praktikum ist oft für den Praktikant und den Arbeitgeber eine vorteilhafte Sache, jedoch müssen einige Regeln eingehalten werden. Erfahren Sie hier mehr über Rechte und Pflichten für Arbeitgeber – Symbolfoto: (org.) Von goodluz/Shutterstock.com

Im Grunde genommen darf jedes Unternehmen Praktikanten einsetzen. Spezielle Voraussetzungen hierfür gibt es, im Gegensatz zu der klassischen Ausbildung mit Auszubildenden, nicht. Es ist also auch nicht erforderlich, dass der Arbeitgeber über einen speziellen Ausbildungsschein verfügt.

Im Hinblick auf das Praktikum gibt es in Deutschland jedoch das Problem, dass der Gesetzgeber das Praktikum an sich nicht exakt definiert hat. Lediglich das Ziel des Praktikums ist eindeutig dahingehend formuliert, dass ein Praktikant durch das Praktikum entsprechende praktische Einblicke in das Unternehmen vermittelt werden sollen. Der Arbeitgeber hat hierbei eine ganz klare Unterscheidung zu normalen Arbeitnehmern vorzunehmen, da die Arbeitsleistung bei einem Praktikanten eher nachrangig zu betrachten ist. Dementsprechend ist es immens wichtig, dass der für das Praktikum zugrundeliegende Vertrag auch ausdrücklich als „Praktikumsvertrag“ bezeichnet wird und dass eine „angemessene“ Entlohnung für angemessene Aufgaben erfolgt.

Welche Aufgaben darf ein Praktikant ausführen?

Im Grunde genommen kann ein Praktikant sämtliche Aufgaben, die zu dem normalen Tätigkeitsfeld eines normalen Arbeitstages in dem Berufsfeld gehören, auch einem Praktikanten übernommen werden. In der Anfangsphase des Praktikums sollte der Praktikant jedoch erst einmal Tätigkeiten übernehmen, die ihm das Unternehmen sowie das berufliche Umfeld näherbringen. Als Beispiele hierfür eignen sich

  • Botengangtätigkeiten
  • Aktenbearbeitung
  • Mitwirkung an Kundengesprächen, die von erfahrenen Kollegen durchgeführt werden
  • Vorbereitungstätigkeiten für komplexere Aufgaben

In der gängigen Praxis werden Praktikanten bedauerlicherweise eher mit denjenigen Aufgaben betreut, die von erfahrenen Kollegen als unliebsam empfunden werden. Dies entspricht jedoch nicht dem Sinn und Zweck eines Praktikums. Ebenso sollte für die Betreuung des Praktikanten ein fester Kollegenkreis abgestellt werden, damit das Praktikum in geordneten Bahnen verläuft und ein entsprechender Ansprechpartner für den Praktikanten zur Verfügung steht.

Die Pflichten und Rechte des Arbeitgebers

Ein Arbeitgeber hat selbstverständlich gegenüber dem Praktikanten gewisse Pflichten. Die angemessene Entlohnung richtet sich dabei nach der Art des Praktikums. Unterschieden wird zwischen

  • freiwilligen Praktika bis zu 3 Monaten
  • freiwilligen Praktika mit mehr als 3 Monaten
  • Pflichtpraktika im Zeitraum von 3 – 6 Monaten

Freiwillige Praktika mit einer Dauer von bis zu 3 Monaten werden in der Regel nicht durch den Arbeitgeber vergütet. Der Arbeitgeber kann jedoch eine Vergütung nach eigenem Ermessen an den Praktikanten auszahlen. Ab einer Dauer von 3 Monaten jedoch fällt das Praktikum in den Bereich des Mindestlohngesetzes und muss dementsprechend mit dem Mindestlohn vergütet werden.

Wird ein freiwilliges Praktikum einvernehmlich zwischen dem Arbeitgeber und dem Praktikanten über den Zeitraum von drei Monaten verlängert, so erhält der Praktikant Anspruch auf eine Vergütung des Mindestlohnanspruchs. Dieser Anspruch gilt dann auch rückwirkend bis zum Tag des Praktikumbeginnes.

Bei einem Pflichtpraktikum hat der Arbeitgeber keine Verpflichtung zur Zahlung eines Entgelts. In der gängigen Praxis erfolgt jedoch eine Entlohnung nach Ermessen des Arbeitgebers, da Pflichtpraktikanten auch Unkosten durch das Praktikum haben. In Deutschland sind rund 96 Prozent aller Praktika mit einer Vergütung verbunden, die auf freiwilliger Basis des Arbeitgebers erfolgt.

Im Zusammenhang mit dem Praktikum ist für den Arbeitgeber auch die Frage entscheidend, ob der Praktikant angemeldet werden muss. Hierfür gibt es bedauerlicherweise keine pauschalisierte Antwort, da es keine eindeutigen Regularien gibt. Es hängt auch hier wieder sehr stark von der Art des Praktikums ab und ist überdies auch sehr stark im Zusammenhang mit der Vergütung des Praktikanten zu betrachten, ob eine Anmeldung des Praktikanten erfolgen muss oder nicht.

Ab einer Vergütung in Höhe von 450 Euro sollte eine Anmeldung des Praktikanten erfolgen. Pflichtpraktika jedoch sind von dieser Regelung ausgenommen.

Zu den Pflichten eines Arbeitgebers gehört es jedoch, den Praktikanten eine Unfallversicherung zu ermöglichen. Falls das Unternehmen als Praktikumsgeber über eine entsprechende Versicherung bereits verfügt muss der Praktikant nach dem § 2 des fünften Sozialgesetzbuches über die Unternehmensunfallversicherung mitversichert werden. Eine entsprechende Meldung an die Berufsgenossenschaft muss ebenfalls erfolgen.

Die Arbeitszeiten eines Praktikanten

ein Arbeitgeber muss die Arbeitszeiten eines Praktikanten zwingend im Auge behalten. Die maximal zulässige Höchstarbeitszeit richtet sich dabei sehr stark nach dem Alter des Praktikanten. Drei verschiedene Altersgruppen kennt das Gesetz:

  • Praktikanten unter 15 Lebensjahren
  • Praktikanten im Alter von 15 bis 17 Lebensjahren
  • volljährige Praktikanten

In der Regel wird ein Praktikum eher von volljährigen Personen durchgeführt. Diese „arbeiten“ in dem betreffenden Unternehmen in Vollzeit, wobei diese Zeit täglich 8 Stunden und wöchentlich 40 Stunden nicht überschreiten sollte. Ein Arbeitgeber hat jedoch das Recht, diese Zeit in begründeten Ausnahmefällen zu verlängern. Die tägliche Arbeitszeit kann dementsprechend auch 10 Stunden betragen. Die 10 Stunden sind jedoch als absolute Ausnahme und überdies auch als maximal zulässige Höchstzeit zu betrachten. Überdies hat ein Arbeitgeber dann auch die Pflicht, einem Praktikanten Ausgleichszeit zu gewähren, um die wöchentliche 40 Stunden Arbeitszeit einzuhalten. Zu den Pflichten eines Arbeitgebers gehört es auch, dem Praktikanten Pausenzeiten zu gewähren. Die Pause muss nach 6 Stunden Arbeit ermöglicht werden und hat eine Mindestdauer von 30 Minuten. Ab einer Arbeitszeit von 9 Stunden muss der Arbeitgeber 45 Minuten Pause gewähren. Der Arbeitgeber darf die Pause jedoch in Blöcke aufteilen, wenn dies nicht anders betriebsbedingt möglich ist. Die Minimalzeit eines derartigen Blocks muss 15 Minuten betragen.

Zu den Pflichten eines Arbeitgebers gehört es auch, den Arbeitnehmern Urlaub zu gewähren. Bei einem Praktikanten jedoch muss diese Pflicht differenziert betrachtet werden. Der Urlaubsanspruch eines Praktikanten hängt entscheidend von der Art des Praktikums ab. Freiwillige Praktikanten sind hierbei jedoch besser gestellt als Pflichtpraktika, denn sie haben einen Anspruch auf 24 Erholungstage nach dem Bundesurlaubsgesetz. Der Urlaub muss, sofern eine Vergütung des Praktikums vereinbart wurde, auch entsprechend vergütet werden.

Die Ausnahmen

Gerade bei der Urlaubsregelung Im Praktikabereich gibt es durchaus Ausnahmen. Der Gesetzgeber kennt drei Fallkonstellationen, bei denen von der eigentlichen Urlaubsregelung abgewichen werden kann.

  1. ein Urlaubsanspruch direkt im ersten Monat ist nicht zwingend ein Anspruch, wenn der Beginn des Praktikums nicht direkt am ersten Werktag des Monats erfolgte
  2. ein Urlaubsanspruch besteht nicht, wenn die Dauer des Praktikums vier Wochen nicht übersteigt
  3. ein Urlaubsanspruch besteht nicht, wenn der Praktikant dem arbeitgebenden Unternehmen keinen Mehrwert in wirtschaftlicher Hinsicht erbringt. In der Regel wird dann von Hospitation gesprochen

Falls ein Urlaubsanspruch besteht gelten folgende Regelungen:

  • Minderjährige haben 30 Tage pro Jahr Urlaub
  • 15 bis 17 jährige haben 27 bis 25 Tage Urlaub

Natürlich handelt es sich hierbei ausschließlich um die gesetzlichen Regelungen, die immer das Mindestmaß vorgeben. Ein Arbeitgeber bzw. dessen Unternehmen hat jedoch ein Interesse daran, dem Praktikanten ein so gutes wie nur irgend mögliches Praktikum zu ermöglichen. Die Außenwirkung, die ein Unternehmen durch gute Praktikabedingungen erzielen kann, ist dabei nicht zu unterschätzen. Gute Nachwuchskräfte sind heutzutage sehr schwer auf dem Arbeitsmarkt zu finden, sodass bereits bei dem Praktikum ein Grundstein für eine gute Beziehung zwischen der jungen Nachwuchskraft und dem Arbeitgeber geschaffen werden kann. Der Praktikant berichtet ja schließlich nach Ablauf des Praktikums von den Zuständen, die in dem Unternehmen vorherrschen. Fallen diese Berichte gut aus, so kann das Unternehmen auch künftig junge und interessierte Fachkräfte von morgen für das eigene Unternehmen interessieren. Dementsprechend sollte auch ein enger Austausch zwischen dem Praktikanten und dem Arbeitgeber erfolgen, da auch Praktikanten durch ein gelungenes Praktikum einen wichtigen Schritt in der späteren beruflichen Karriere legen können. Dies ist der Grundgedanke, der hinter der beiderseitigen Profit-Philosophie des Praktikums steht und viele Unternehmen haben sich diese Philosophie zu eigen gemacht. Auf dem Markt besteht ein großer Wettbewerb und jedes Unternehmen konkurriert mit dem anderen Unternehmen im Hinblick auf die Fachkräfte von morgen. Das Personalrecruiting ist längst über das reine Bewerbungsverfahren hinausgewachsen und beginnt bereits erheblich früher. Ein guter Arbeitgeber wird dementsprechend stets große Anstrengungen unternehmen, um möglichst viele Nachwuchskräfte frühzeitig generieren zu können.

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