Übersicht:
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Probezeitfalle im Kurzzeitvertrag: Warum die gesamte Befristung als Probezeit meistens tabu ist
- Der Fall des Herrn K.: Sechs Monate Vertrag, sechs Monate Probezeit – und dann die Kündigung
- Der Gang durch die Instanzen: Ein langer Weg zur Klärung
- Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts: Ein Paukenschlag für befristete Verträge
- Die rechtlichen Hintergründe: Warum ist Verhältnismäßigkeit so wichtig?
- Die Folgen der Unwirksamkeit: Was passiert, wenn die Probezeitklausel kippt?
- Praktische Auswirkungen: Was Arbeitnehmer und Arbeitgeber jetzt wissen müssen
- Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Thema Probezeit in befristeten Verträgen
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was genau bedeutet „Verhältnismäßigkeit“ bei der Probezeit?
- Gibt es eine maximale Dauer oder einen festen Prozentsatz für die Probezeit in befristeten Verträgen?
- Was sind die konkreten Folgen, wenn meine Probezeitvereinbarung im befristeten Vertrag unwirksam ist?
- Kann ein befristeter Arbeitsvertrag immer während der Laufzeit gekündigt werden?
- Was gilt bei sehr kurzen Befristungen, z.B. nur drei Monate? Ist da überhaupt eine Probezeit erlaubt?
- Gilt das Urteil auch für Verträge, die vor dem 1. August 2022 geschlossen wurden?
- Sollte ich als Arbeitnehmer eine zu lange Probezeit im Vertrag einfach hinnehmen?
- Fazit: Augenmaß und klare Regeln sind gefragt

Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Eine Probezeit, die genauso lange dauert wie der gesamte befristete Arbeitsvertrag, ist meistens nicht erlaubt und gilt als unwirksam.
- Davon betroffen sind Arbeitnehmer mit befristeten Arbeitsverträgen, die eine vollständige Vertragsdauer als Probezeit vereinbart haben.
- Praktisch heißt das: Kündigungen, die sich auf eine solche Probezeit stützen, müssen mit längeren Fristen erfolgen, wenn der Vertrag eine separate Kündigungsmöglichkeit enthält. Andernfalls kann der Vertrag nicht vor Ablauf ordentlich gekündigt werden.
- Hintergrund ist eine neue gesetzliche Regelung, die verlangt, dass die Probezeit angemessen zur Vertragsdauer und Art der Arbeit passt – eine zu lange Probezeit gilt als unfair und ist nicht erlaubt.
- Das Urteil schützt Arbeitnehmer vor zu kurzen Kündigungsfristen bei befristeten Verträgen mit überlanger Probezeit und zwingt Arbeitgeber, klare und faire Vertragsklauseln zu formulieren.
- Wichtig für Betroffene: Wer eine Kündigung in so einem Fall erhalten hat, sollte prüfen lassen, ob die Probezeitvereinbarung wirksam ist, da sich dadurch mehr Schutz ergeben kann. Die Klagefrist gegen eine Kündigung beträgt drei Wochen.
- Das Urteil gilt für befristete Arbeitsverträge, die seit dem 1. August 2022 abgeschlossen wurden, da hier die neue gesetzliche Regelung gilt.
Quelle: Bundesarbeitsgericht (BAG) Az.: 2 AZR 275/23 vom 5. Dezember 2024
Probezeitfalle im Kurzzeitvertrag: Warum die gesamte Befristung als Probezeit meistens tabu ist
Ein neuer Job, ein befristeter Vertrag – für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist das der Einstieg in ein Unternehmen. Oftmals beginnt dieser Einstieg mit einer Probezeit. Doch was, wenn diese Probezeit genauso lange dauert wie der gesamte befristete Vertrag? Ist das überhaupt erlaubt? Genau diese Frage hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem aufsehenerregenden Urteil geklärt (Az. 2 AZR 275/23). Die Entscheidung vom 5. Dezember 2024 bringt Klarheit und hat weitreichende Folgen für die Gestaltung von Arbeitsverträgen. Für Arbeitnehmer bedeutet sie mehr Schutz, für Arbeitgeber neue Pflichten bei der Vertragsgestaltung. Tauchen wir ein in einen Fall, der zeigt, wie wichtig die Details im Arbeitsvertrag sind.
Der Fall des Herrn K.: Sechs Monate Vertrag, sechs Monate Probezeit – und dann die Kündigung
Stellen Sie sich Herrn K. vor. Er ist ein erfahrener Kfz-Meister und freut sich über seine neue Stelle als Serviceberater in einem Autohaus. Am 22. August 2022 unterschreibt er seinen Arbeitsvertrag. Die Freude wird jedoch durch eine Klausel getrübt: Das Arbeitsverhältnis ist befristet bis zum 28. Februar 2023 – also genau sechs Monate. Gleichzeitig steht im Vertrag: „Die Einstellung erfolgt zunächst zur Probe bis zum 28.02.2023.“ Das bedeutet: Die gesamte Vertragslaufzeit ist gleichzeitig Probezeit. Im Vertrag findet sich auch der übliche Satz für die Probezeit: „Während der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis beiderseits mit einer Frist von 2 Wochen schriftlich gekündigt werden.“
Herr K. stutzt kurz, aber er braucht den Job und hofft auf das Beste. Er arbeitet sich ein, zeigt Engagement. Doch schon am 28. Oktober 2022, also nach gut zwei Monaten, liegt die Kündigung auf seinem Tisch. Der Arbeitgeber kündigt ihm mit der kurzen Frist von zwei Wochen zum 11. November 2022. Für Herrn K. ein Schock. Er fühlt sich unfair behandelt. War die Kündigung rechtens? War die Probezeitvereinbarung überhaupt gültig? Herr K. beschließt, sich zu wehren und zieht vor Gericht.
Sein Argument: Eine Probezeit, die die gesamte Dauer des ohnehin schon kurzen befristeten Arbeitsverhältnisses ausmacht, sei unverhältnismäßig. Er ist überzeugt, dass dadurch die Kündigungsmöglichkeit während der Befristung gar nicht wirksam vereinbart wurde und die Kündigung daher unwirksam sei. Der Arbeitgeber hingegen pocht auf den Vertrag: Probezeit vereinbart, Kündigungsfrist eingehalten – alles korrekt.
Der Gang durch die Instanzen: Ein langer Weg zur Klärung
Der Fall landet zunächst beim Arbeitsgericht Lübeck. Die Richter dort sehen die Sache anders als Herr K. und weisen seine Klage ab. Sie halten die Kündigung für wirksam. Herr K. gibt nicht auf und legt Berufung ein. Doch auch das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein bestätigt die Entscheidung der ersten Instanz. Für Herrn K. sieht es nicht gut aus. Aber er ist überzeugt, im Recht zu sein und lässt den Fall vom Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt prüfen – der höchsten Instanz im deutschen Arbeitsrecht. Er verfolgt mit seiner Revision weiterhin das Ziel, die Unwirksamkeit der Kündigung feststellen zu lassen.
Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts: Ein Paukenschlag für befristete Verträge
Am 5. Dezember 2024 fällt das Bundesarbeitsgericht sein Urteil – und es sorgt für Aufhorchen. Die Richter geben Herrn K. teilweise Recht. Der Leitsatz des Urteils ist klar und deutlich: „Die Vereinbarung einer Probezeit, die der Gesamtdauer des befristeten Arbeitsverhältnisses entspricht, ist in der Regel unverhältnismäßig.“
Was bedeutet das konkret für Herrn K.? Die Richter stellen fest: Die Vereinbarung einer sechsmonatigen Probezeit bei einem auf sechs Monate befristeten Vertrag verstößt gegen das Gesetz, genauer gesagt gegen § 15 Absatz 3 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG). Diese Klausel im Arbeitsvertrag von Herrn K. war also unwirksam.
Die Folge: Der Arbeitgeber konnte sich nicht auf die kurze Kündigungsfrist von zwei Wochen berufen, die üblicherweise während einer Probezeit gilt (§ 622 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB). Aber – und das ist die zweite wichtige Erkenntnis des Urteils – die Kündigung war nicht komplett unwirksam. Warum? Weil der Arbeitsvertrag von Herrn K. zusätzlich zur unwirksamen Probezeitklausel eine separate Regelung enthielt, die eine ordentliche Kündigung während der Befristung grundsätzlich erlaubte. Die Richter nannten dies eine „sprachlich und inhaltlich unabhängige Abrede über die Kündbarkeit während der Befristung“.
Weil diese separate Kündigungsmöglichkeit bestand, konnte der Arbeitgeber Herrn K. zwar kündigen, aber eben nicht mit der kurzen Zwei-Wochen-Frist. Stattdessen galt die gesetzliche Grundkündigungsfrist nach § 622 Abs. 1 BGB. Diese beträgt vier Wochen zum fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats. Da die Kündigung am 28. Oktober 2022 ausgesprochen wurde, endete das Arbeitsverhältnis von Herrn K. somit erst mit Ablauf des 30. November 2022 und nicht schon am 11. November 2022.
Für Herrn K. bedeutet das: Er hat zwar seinen Job nicht behalten können, aber er bekommt für knapp drei weitere Wochen sein Gehalt und die Kündigung erfolgte später als vom Arbeitgeber beabsichtigt. Ein Teilerfolg, der die Unrechtmäßigkeit der ursprünglichen Probezeitvereinbarung bestätigt. Die Kosten des langwierigen Rechtsstreits wurden entsprechend aufgeteilt: Herr K. musste 80% tragen, der Arbeitgeber 20%.
Die rechtlichen Hintergründe: Warum ist Verhältnismäßigkeit so wichtig?
Um das Urteil vollständig zu verstehen, müssen wir uns die rechtlichen Grundlagen genauer ansehen. Im Mittelpunkt steht § 15 Abs. 3 TzBfG.
§ 15 Abs. 3 TzBfG: Der Maßstab für die Probezeit in befristeten Verträgen
Diese Vorschrift wurde zum 1. August 2022 neu gefasst und ist entscheidend für den Fall von Herrn K. und viele andere befristet Beschäftigte. Sie lautet: „Wird ein Arbeitsverhältnis für eine bestimmte Zeit vereinbart und für diese Zeit eine Probezeit vorgesehen, so muss diese im Verhältnis zu der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit stehen.“
Was heißt das im Klartext? Der Gesetzgeber verlangt hier eine Verhältnismäßigkeitsprüfung. Eine Probezeit darf nicht einfach willkürlich festgelegt werden, sondern muss zur Dauer des Vertrags und zur Komplexität der Aufgaben passen. Eine sehr kurze Befristung für eine einfache Tätigkeit rechtfertigt nur eine sehr kurze oder gar keine Probezeit. Eine längere Befristung für eine anspruchsvolle Position kann eine längere Probezeit erlauben – aber eben nur bis zu einer gewissen Grenze.
Was ist eigentlich der Sinn einer Probezeit?
Die Probezeit dient einem doppelten Zweck: Der Arbeitgeber kann prüfen, ob der neue Mitarbeiter fachlich und persönlich für die Stelle geeignet ist und ins Team passt. Der Arbeitnehmer wiederum kann feststellen, ob die Tätigkeit und das Arbeitsumfeld seinen Erwartungen entsprechen. Um diese Erprobung zu erleichtern, gelten während der Probezeit (maximal sechs Monate bei unbefristeten Verträgen) verkürzte Kündigungsfristen von in der Regel zwei Wochen (§ 622 Abs. 3 BGB), und der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz greift noch nicht (Wartezeit von sechs Monaten).
Umsetzung von EU-Recht: Mehr Schutz für Arbeitnehmer
Die Neufassung des § 15 Abs. 3 TzBfG kam nicht aus heiterem Himmel. Sie setzt die Vorgaben der EU-Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen (EU-Richtlinie 2019/1152) um. Artikel 8 Absatz 2 dieser Richtlinie fordert genau das: Die Dauer der Probezeit muss im Verhältnis zur Dauer des Arbeitsvertrags und zur Art der Tätigkeit stehen. Das Ziel der EU war es, den Schutz von Arbeitnehmern in flexiblen Beschäftigungsverhältnissen zu stärken und unangemessen lange Erprobungsphasen zu verhindern.
Das Dilemma der Verhältnismäßigkeit: Keine feste Formel
Das BAG stand vor der Herausforderung, den unbestimmten Rechtsbegriff der „Verhältnismäßigkeit“ mit Leben zu füllen. Wie lang darf eine Probezeit in einem befristeten Vertrag denn nun sein? Weder das deutsche Gesetz noch die EU-Richtlinie nennen konkrete Zahlen oder Prozentsätze.
In der juristischen Fachliteratur gab es dazu unterschiedliche Meinungen. Manche Experten plädierten für eine Obergrenze von 25% der Befristungsdauer. Andere hielten bis zu 50% für vertretbar.
Das BAG hat sich in seinem Urteil nicht auf eine feste Quote festgelegt. Die Richter mussten dies auch nicht tun, da der Fall von Herrn K. ein Extrembeispiel war: Die Probezeit entsprach 100% der Befristungsdauer. Und hier war das Gericht eindeutig: Ohne besondere Umstände ist eine Probezeit, die genauso lange dauert wie der gesamte befristete Vertrag, unverhältnismäßig und damit unwirksam. Welche besonderen Umstände eine solch lange Probezeit rechtfertigen könnten, ließ das Gericht offen – sie dürften aber nur in sehr seltenen Ausnahmefällen vorliegen.
Die Folgen der Unwirksamkeit: Was passiert, wenn die Probezeitklausel kippt?
Wenn eine Probezeitvereinbarung als unverhältnismäßig und damit unwirksam eingestuft wird, hat das Konsequenzen. Aber welche genau? Fällt damit automatisch die Möglichkeit weg, das befristete Arbeitsverhältnis überhaupt vorzeitig zu kündigen?
Das BAG hat hier eine differenzierte Sichtweise eingenommen. Es kommt entscheidend auf die konkrete Formulierung im Arbeitsvertrag an.
Szenario 1 (Wie im Fall von Herrn K.): Der Vertrag enthält neben der (unwirksamen) Probezeitklausel eine davon unabhängige, klare Regelung, dass das befristete Arbeitsverhältnis ordentlich gekündigt werden kann. In diesem Fall bleibt die grundsätzliche Kündbarkeit bestehen. Die Unwirksamkeit der Probezeitklausel führt „nur“ dazu, dass die verkürzte Probezeit-Kündigungsfrist von zwei Wochen (§ 622 Abs. 3 BGB) nicht angewendet werden darf. Stattdessen gilt die längere gesetzliche Grundkündigungsfrist nach § 622 Abs. 1 BGB (vier Wochen zum 15. oder Monatsende).
Szenario 2 (Der „Worst Case“ für Arbeitgeber): Der Vertrag sieht eine Probezeit vor, diese ist aber unverhältnismäßig lang und damit unwirksam. Gleichzeitig fehlt eine separate, eigenständige Klausel, die eine ordentliche Kündigung während der Befristung generell erlaubt. In diesem Fall könnte die Unwirksamkeit der Probezeitregelung dazu führen, dass das befristete Arbeitsverhältnis während der gesamten Laufzeit überhaupt nicht ordentlich gekündigt werden kann. Denn § 15 Abs. 4 TzBfG (früher Abs. 3) besagt, dass ein befristetes Arbeitsverhältnis nur dann ordentlich gekündigt werden kann, wenn dies einzelvertraglich oder im anwendbaren Tarifvertrag vereinbart ist. Fehlt eine solche wirksame Vereinbarung, läuft der Vertrag bis zum vereinbarten Ende, ohne dass eine der Parteien vorher ordentlich kündigen kann (außerordentliche Kündigungen aus wichtigem Grund bleiben natürlich möglich).
Wichtiger Unterschied: Kündbarkeit vs. Kündigungsfrist
Es ist entscheidend zu verstehen, dass die Frage, ob ein befristeter Vertrag überhaupt gekündigt werden kann (Kündbarkeit), und die Frage, mit welcher Frist gekündigt werden kann (Kündigungsfrist), zwei verschiedene Dinge sind. Die Probezeitvereinbarung beeinflusst primär die Kündigungsfrist (§ 622 Abs. 3 BGB). Die grundsätzliche Kündbarkeit muss separat geregelt sein (§ 15 Abs. 4 TzBfG), es sei denn, sie ergibt sich aus einem Tarifvertrag.
Praktische Auswirkungen: Was Arbeitnehmer und Arbeitgeber jetzt wissen müssen
Das BAG-Urteil hat klare Botschaften für die Praxis:
Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer:
- Augen auf beim Vertrag: Lesen Sie Ihren befristeten Arbeitsvertrag genau durch. Achten Sie besonders auf die Dauer der vereinbarten Probezeit im Verhältnis zur Gesamtdauer des Vertrages.
- 100% Probezeit ist (fast immer) tabu: Wenn die Probezeit genauso lange dauert wie Ihr gesamter befristeter Vertrag, ist diese Regelung höchstwahrscheinlich unwirksam. Das gilt insbesondere seit dem 1. August 2022.
- Unverhältnismäßigkeit prüfen: Auch wenn die Probezeit kürzer ist als die gesamte Befristung, kann sie unverhältnismäßig sein. Eine pauschale Regel gibt es nicht, aber je kürzer der Vertrag und je einfacher die Tätigkeit, desto kürzer muss auch die Probezeit sein. Fragen Sie im Zweifel nach oder lassen Sie den Vertrag prüfen.
- Kündigung erhalten? Fristen checken! Wenn Ihnen während einer vereinbarten Probezeit in einem befristeten Vertrag gekündigt wird, prüfen Sie (oder lassen Sie prüfen), ob die Probezeitvereinbarung überhaupt wirksam ist. Ist sie unwirksam, gilt möglicherweise eine längere Kündigungsfrist (vier Wochen statt zwei). Das bedeutet mehr Zeit und mehr Gehalt.
- Kündigungsschutzklagefrist beachten: Wichtig: Wenn Sie gegen eine Kündigung vorgehen wollen, müssen Sie schnell handeln! Eine Kündigungsschutzklage muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung beim Arbeitsgericht eingereicht werden. Verpassen Sie diese Frist, gilt die Kündigung in der Regel als wirksam, selbst wenn sie fehlerhaft war.
Für Arbeitgeber:
- Probezeitdauer anpassen: Die wichtigste Lehre aus dem Urteil: Vereinbaren Sie in befristeten Verträgen keine Probezeit mehr, die der gesamten Vertragsdauer entspricht. Das ist rechtlich extrem riskant und in der Regel unwirksam.
- Verhältnismäßigkeit bewerten: Legen Sie die Dauer der Probezeit sorgfältig fest. Berücksichtigen Sie dabei die Gesamtdauer der Befristung und die Art der Tätigkeit. Eine starre Quote gibt es nicht, aber als Faustregel gilt: Je kürzer der Vertrag, desto kürzer die Probezeit. Eine Probezeit von maximal der Hälfte der Befristungsdauer könnte oft noch vertretbar sein, aber auch das hängt vom Einzelfall ab. Im Zweifel lieber kürzer ansetzen.
- Unabhängige Kündbarkeitsklausel: Das A und O zur Absicherung: Nehmen Sie in jeden befristeten Arbeitsvertrag eine klare und von der Probezeitregelung unabhängige Klausel auf, die die ordentliche Kündbarkeit des Arbeitsverhältnisses während der Befristung ausdrücklich vorsieht (z.B.: „Das Arbeitsverhältnis kann von beiden Seiten unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfristen gemäß § 622 BGB ordentlich gekündigt werden.“). Nur so stellen Sie sicher, dass Sie überhaupt kündigen können, selbst wenn die Probezeitklausel unwirksam sein sollte.
- Folgen der Unwirksamkeit kennen: Ist die Probezeitvereinbarung unwirksam, können Sie nicht mehr mit der kurzen Frist des § 622 Abs. 3 BGB (zwei Wochen) kündigen. Es gilt dann die längere Grundkündigungsfrist des § 622 Abs. 1 BGB (vier Wochen zum 15./Monatsende), sofern die Kündbarkeit an sich wirksam vereinbart wurde.
- Risiko der Unkündbarkeit vermeiden: Fehlt eine separate Kündbarkeitsklausel und ist die Probezeitregelung unwirksam, riskieren Sie, dass der Vertrag bis zum Ende der Befristung gar nicht ordentlich gekündigt werden kann. Das kann teuer werden, wenn sich der Mitarbeiter doch nicht bewährt.
- Altverträge prüfen: Überprüfen Sie auch bestehende befristete Verträge, insbesondere solche, die nach dem 1. August 2022 geschlossen wurden, auf die Verhältnismäßigkeit der Probezeit.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Thema Probezeit in befristeten Verträgen
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was genau bedeutet „Verhältnismäßigkeit“ bei der Probezeit?
Gibt es eine maximale Dauer oder einen festen Prozentsatz für die Probezeit in befristeten Verträgen?
Was sind die konkreten Folgen, wenn meine Probezeitvereinbarung im befristeten Vertrag unwirksam ist?
Kann ein befristeter Arbeitsvertrag immer während der Laufzeit gekündigt werden?
Was gilt bei sehr kurzen Befristungen, z.B. nur drei Monate? Ist da überhaupt eine Probezeit erlaubt?
Gilt das Urteil auch für Verträge, die vor dem 1. August 2022 geschlossen wurden?
Sollte ich als Arbeitnehmer eine zu lange Probezeit im Vertrag einfach hinnehmen?
Fazit: Augenmaß und klare Regeln sind gefragt
Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts zur Probezeit in befristeten Verträgen ist ein wichtiges Signal für mehr Fairness und Rechtssicherheit. Es schiebt der Praxis einen Riegel vor, die gesamte Dauer eines kurzen Vertrages zur unsicheren Probezeit zu erklären. Verhältnismäßigkeit ist das Gebot der Stunde. Arbeitgeber müssen die Probezeitdauer nun sorgfältiger abwägen und dürfen die Grenzen nicht überschreiten. Gleichzeitig zeigt das Urteil, wie entscheidend klare und separate vertragliche Regelungen zur Kündbarkeit sind.
Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bedeutet die Entscheidung eine Stärkung ihrer Rechte. Sie können sich eher darauf verlassen, dass eine vereinbarte Probezeit auch wirklich nur eine angemessene Erprobungsphase darstellt. Wer dennoch mit einer unverhältnismäßigen Probezeitklausel oder einer darauf gestützten Kündigung konfrontiert wird, hat nun bessere Argumente und sollte seine Rechte – unter Beachtung der kurzen Klagefrist – konsequent verfolgen. Im Zweifel gilt: Lieber einmal zu viel den Vertrag prüfen lassen, als später das Nachsehen zu haben.