Übersicht:
- Der Fall vor Gericht
- Was passiert, wenn man in der Probezeit nach einem Unfall krank wird und dann die Kündigung erhält?
- Worum genau ging es in dem Streit vor dem Arbeitsgericht?
- Warum glaubte die gekündigte Mitarbeiterin, die Kündigung sei unfair und rechtswidrig?
- Wie verteidigte sich der Arbeitgeber gegen diese schweren Vorwürfe?
- Wie hat das Gericht die Kündigung innerhalb der Probezeit bewertet?
- Sah das Gericht eine verbotene Diskriminierung wegen Krankheit oder Behinderung?
- Und was war mit dem Vorwurf der Benachteiligung aufgrund des Geschlechts?
- Warum bekam die Mitarbeiterin kein Geld für ihren Resturlaub?
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche Besonderheiten gelten für den Kündigungsschutz während der Probezeit?
- Kann einem Arbeitnehmer wegen einer Krankheit in der Probezeit gekündigt werden?
- Wann wird eine Krankheit rechtlich als Behinderung eingestuft und welcher Schutz resultiert daraus?
- Was bedeutet der juristische Begriff des ‚Rechtsmissbrauchs‘ im Zusammenhang mit einer Kündigung?
- Was passiert mit nicht genommenem Resturlaub, wenn ein Arbeitsverhältnis endet?
- Glossar
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 12 Ca 33/23 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: Arbeitsgericht Nürnberg
- Datum: 23.08.2023
- Aktenzeichen: 12 Ca 33/23
- Verfahren: Klageverfahren
- Rechtsbereiche: Arbeitsrecht, Antidiskriminierungsrecht (AGG)
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Ehemalige Arbeitnehmerin, die die Wirksamkeit ihrer Probezeitkündigung bestritt und Schmerzensgeld wegen behaupteter Diskriminierung sowie Urlaubsabgeltung forderte.
- Beklagte: Arbeitgeberin, die die Kündigung als wirksam verteidigte und die Klageabweisung beantragte.
Worum ging es genau?
- Sachverhalt: Eine Arbeitnehmerin klagte gegen ihre ehemalige Arbeitgeberin auf Feststellung der Unwirksamkeit einer Probezeitkündigung, welche nach ihrer Krankmeldung erfolgte. Sie forderte zudem Schmerzensgeld wegen angeblicher Diskriminierung nach dem AGG und Urlaubsabgeltung.
Welche Rechtsfrage war entscheidend?
- Kernfrage: War die in der Probezeit ausgesprochene Kündigung wirksam und bestanden Ansprüche der Arbeitnehmerin auf Schmerzensgeld wegen Diskriminierung oder auf Urlaubsabgeltung?
Wie hat das Gericht entschieden?
- Klage abgewiesen: Das Arbeitsgericht wies die Klage der Arbeitnehmerin vollumfänglich ab.
- Kernaussagen der Begründung:
- Ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung: Die Anhörung des Betriebsrats erfolgte ordnungsgemäß und die Kündigung war daher nicht unwirksam.
- Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar: Das Kündigungsschutzgesetz fand keine Anwendung, da das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Kündigung noch keine sechs Monate bestanden hatte (Probezeitkündigung).
- Keine Diskriminierung oder andere Unwirksamkeitsgründe: Die Klägerin konnte weder eine Diskriminierung (weder wegen Behinderung noch Geschlecht) noch andere Gründe für die Unwirksamkeit der Kündigung nachweisen; eine Kündigung allein wegen Arbeitsunfähigkeit führt nicht zur Unwirksamkeit.
- Kein Anspruch auf Urlaubsabgeltung: Ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung bestand nicht, da die Beklagte den Resturlaub der Klägerin für die letzten Tage des Arbeitsverhältnisses in natura gewährt hatte und die Berechnung der Klägerin fehlerhaft war.
- Folgen für die Klägerin:
- Das Arbeitsverhältnis endete wirksam durch die Kündigung der Beklagten zum 31. Januar 2023.
- Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Der Fall vor Gericht
Was passiert, wenn man in der Probezeit nach einem Unfall krank wird und dann die Kündigung erhält?
Stellen Sie sich vor, Sie haben einen neuen, gut bezahlten Job begonnen. Sie sind motiviert und befinden sich in der sogenannten Probezeit, einer Phase des gegenseitigen Kennenlernens zwischen Ihnen und Ihrem neuen Arbeitgeber. Doch dann passiert es: Sie haben einen Fahrradunfall und müssen sich auf ärztlichen Rat hin krankschreiben lassen. Kurz darauf liegt die Kündigung im Briefkasten. Fühlen Sie sich unfair behandelt? Vermuten Sie, dass die Kündigung nur wegen Ihrer Krankheit ausgesprochen wurde? Ein ähnlicher Fall landete vor dem Arbeitsgericht Nürnberg und zeigt, wie komplex die rechtliche Lage in einer solchen Situation sein kann.
Worum genau ging es in dem Streit vor dem Arbeitsgericht?

Eine Mitarbeiterin, nennen wir sie Frau W., hatte am 20. Juni 2022 eine neue Stelle mit einem Bruttogehalt von über 6.400 Euro pro Monat angetreten. Im Arbeitsvertrag war eine sechsmonatige Probezeit vereinbart. In dieser Zeit gelten für beide Seiten erleichterte Kündigungsbedingungen.
Im September 2022 erlitt Frau W. einen Fahrradunfall. Einige Wochen später, am 18. November, teilte sie ihrer Vorgesetzten mit, dass sie aufgrund der Unfallfolgen – einer Innenohrerschütterung mit Tinnitus – auf dringenden ärztlichen Rat hin zwei Wochen ausfallen würde. Sie reichte eine entsprechende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, also eine Krankschreibung, ein. Ihre Vorgesetzte wünschte ihr gute Besserung, bat um eine Übergabe der Projekte und wies sie ausdrücklich an, während der Krankschreibung nicht zu arbeiten.
Nach ihrer Rückkehr an den Arbeitsplatz erhielt Frau W. am 15. Dezember 2022 die Kündigung zum 31. Januar 2023. Die Kündigung erfolgte also noch innerhalb der sechsmonatigen Probezeit.
Der Streit eskalierte weiter, als der Arbeitgeber Frau W. kurz vor dem Vertragsende mitteilte, sie müsse ihren Resturlaub nehmen und ihr letzter Arbeitstag sei sofort. Frau W. widersprach, da sie bis zum letzten Tag arbeiten wollte. Daraufhin wurde ihr der Zugang zum Computersystem gesperrt.
Frau W. zog vor Gericht. Sie verlangte:
- Die Feststellung, dass die Kündigung unwirksam ist und ihr Arbeitsverhältnis weiterbesteht.
- Ein Schmerzensgeld, weil sie sich wegen ihrer Krankheit und ihres Geschlechts diskriminiert fühlte.
- Die Auszahlung ihres Resturlaubs in Höhe von rund 342 Euro, da sie diesen nicht freiwillig genommen habe.
Warum glaubte die gekündigte Mitarbeiterin, die Kündigung sei unfair und rechtswidrig?
Frau W. war überzeugt, dass die Kündigung eine direkte Reaktion auf ihre krankheitsbedingte Abwesenheit war. Ihr Argumentationsgebäude stützte sich auf mehrere Pfeiler.
Sie trug vor, die Kündigung sei Rechtsmissbräuchlich. Das ist ein juristischer Begriff, der bedeutet, dass jemand ein Recht (hier das Recht zur Kündigung in der Probezeit) für einen Zweck einsetzt, für den es nicht gedacht ist, und damit gegen Anstand und Fairness verstößt. Sie argumentierte, der wahre Grund für die Kündigung sei ihre Erkrankung gewesen, was sie als eine Form der Bestrafung empfand.
Zudem sah sie sich durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geschützt. Dieses Gesetz verbietet Benachteiligungen wegen bestimmter Merkmale, wie zum Beispiel einer Behinderung oder des Geschlechts. Frau W. argumentierte, ihr Tinnitus mit Hörverlust und Stressempfindlichkeit sei eine solche Behinderung im Sinne des Gesetzes. Der enge zeitliche Zusammenhang zwischen ihrer Krankmeldung und der Kündigung sei ein starkes Indiz – also ein Anhaltspunkt –, dass die Kündigung wegen dieser Behinderung erfolgte.
Des Weiteren fühlte sie sich wegen ihres Geschlechts diskriminiert. Sie behauptete, die Kritik an ihrer Arbeitsweise wäre einem männlichen Kollegen gegenüber so nicht geäußert worden.
Schließlich bestritt sie, dass der Betriebsrat – die innerbetriebliche Vertretung der Arbeitnehmer – ordnungsgemäß zur Kündigung angehört wurde. Eine Kündigung ohne korrekte Anhörung des Betriebsrats ist in Deutschland unwirksam.
Wie verteidigte sich der Arbeitgeber gegen diese schweren Vorwürfe?
Der Arbeitgeber wies alle Vorwürfe entschieden zurück. Die Kündigung sei absolut rechtmäßig und habe nichts mit der Krankheit von Frau W. zu tun.
Der wahre Grund sei die fachliche Nichteignung von Frau W. für die sehr anspruchsvolle Position gewesen. Man habe ihr in mehreren Gesprächen Feedback gegeben und erklärt, dass ihre Arbeitsergebnisse nicht den Erwartungen entsprachen. So habe sie sich zu sehr in Details verloren und wichtige Aspekte ihrer Aufgaben nicht umgesetzt. Als konkretes Beispiel nannte der Arbeitgeber eine wichtige Präsentation, bei der kurz vor dem Termin wesentliche Teile gefehlt hätten.
Die Entscheidung zur Kündigung sei also eine rein sachliche gewesen und basiere auf der Leistung, nicht auf der Gesundheit. Man habe sogar noch geprüft, ob Frau W. auf einer anderen Position im Unternehmen eingesetzt werden könne, was sich aber zerschlagen habe.
Den Vorwurf, man habe Frau W. zur Arbeit gedrängt, wies der Arbeitgeber ebenfalls zurück. Die vorgelegte E-Mail ihrer Vorgesetzten beweise das Gegenteil: Sie wurde ausdrücklich zur Schonung angehalten.
Der Zeitpunkt der Kündigung kurz vor Ende der Probezeit sei logisch. Genau dafür sei die Probezeit da: um festzustellen, ob ein Mitarbeiter zur Stelle passt. Da die Probezeit am 19. Dezember endete, musste die Entscheidung davor getroffen und mitgeteilt werden.
Wie hat das Gericht die Kündigung innerhalb der Probezeit bewertet?
Das Arbeitsgericht Nürnberg wies die Klage von Frau W. vollständig ab. Die Kündigung war nach Ansicht des Gerichts wirksam. Um das zu verstehen, muss man sich die besondere rechtliche Situation in der Probezeit anschauen.
Der fehlende Schutz durch das Kündigungsschutzgesetz
In Deutschland genießen Arbeitnehmer einen starken Kündigungsschutz durch das Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Dieses Gesetz legt fest, dass ein Arbeitgeber für eine Kündigung einen triftigen Grund braucht (z.B. im Verhalten oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe oder dringende betriebliche Erfordernisse). Aber – und das ist der entscheidende Punkt in diesem Fall – dieser starke Schutz greift erst, wenn ein Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat.
Da Frau W. bei Zugang der Kündigung noch keine sechs Monate im Unternehmen war, fand das Kündigungsschutzgesetz auf sie keine Anwendung. Man spricht hier von der Nichterfüllung der „Wartezeit“. Das bedeutet, der Arbeitgeber brauchte für die Kündigung keinen der im KSchG genannten Gründe. Eine Kündigung in der Probezeit ist daher deutlich einfacher.
Das Gericht stellte klar, dass eine Kündigung auch nicht automatisch deshalb unwirksam ist, weil sie im Zusammenhang mit einer Krankheit steht. Selbst wenn die Krankheit der Anlass gewesen wäre, hätte dies allein nicht ausgereicht, um die Kündigung zu kippen. Der Arbeitgeber hatte zudem eine plausible, leistungsbezogene Begründung geliefert, der Frau W. nicht genug entgegensetzen konnte.
Sah das Gericht eine verbotene Diskriminierung wegen Krankheit oder Behinderung?
Auch den Vorwurf der Diskriminierung sah das Gericht als unbegründet an. Zwar verbietet das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) eine Kündigung wegen einer Behinderung, doch die Hürden für die Annahme einer solchen Behinderung im juristischen Sinne sind hoch.
Eine Krankheit wird erst dann zu einer Behinderung nach dem Gesetz, wenn sie mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate andauert und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben beeinträchtigt. Das Gericht prüfte also, ob der Tinnitus von Frau W. zum Zeitpunkt der Kündigung diese Kriterien erfüllte.
Die Richter kamen zu dem Schluss, dass dies nicht der Fall war. Die vorgelegten Krankschreibungen umfassten nur einen Zeitraum von wenigen Wochen. Es gab keine ärztlichen Prognosen, die auf eine chronische, also dauerhafte Erkrankung hindeuteten. Die bloße Befürchtung von Frau W., sie könne dauerhafte Schäden davontragen, reichte dem Gericht nicht aus.
Zusammengefasst war die Argumentation des Gerichts hierzu:
- Eine Behinderung im Rechtssinn erfordert eine Beeinträchtigung von sehr wahrscheinlicher Dauer von mehr als sechs Monaten.
- Zum Zeitpunkt der Kündigung war dies bei Frau W. nicht der Fall und auch nicht absehbar.
- Die bloße Befürchtung zukünftiger Probleme oder eine kurzfristige Erkrankung genügen nicht, um den besonderen Schutz des AGG auszulösen.
Und was war mit dem Vorwurf der Benachteiligung aufgrund des Geschlechts?
Diesen Punkt behandelte das Gericht sehr kurz. Es fand die Ausführungen von Frau W. „nicht nachvollziehbar“. Sie hatte aus Sicht des Gerichts keine schlüssigen Anhaltspunkte dafür geliefert, warum ihr Geschlecht der Grund für die Kündigung gewesen sein sollte. Abstrakte Behauptungen ohne konkrete Belege reichten nicht aus, um eine Diskriminierung zu beweisen.
Warum bekam die Mitarbeiterin kein Geld für ihren Resturlaub?
Auch den Anspruch auf Auszahlung des Resturlaubs, die sogenannte Urlaubsabgeltung, lehnte das Gericht ab. Hier stieß der Wunsch der Mitarbeiterin auf einen wichtigen Grundsatz des deutschen Urlaubsrechts.
Der Hauptzweck von Urlaub ist die Erholung. Deshalb hat die Gewährung von Freizeit immer Vorrang vor einer finanziellen Abgeltung. Ein Arbeitnehmer kann sich also nicht einfach aussuchen, ob er lieber frei hat oder das Geld dafür bekommt. Der Arbeitgeber ist sogar verpflichtet, den Urlaub möglichst als Freizeit zu gewähren.
Genau das hatte der Arbeitgeber hier getan. Er hatte Frau W. an den letzten möglichen Tagen ihres Arbeitsverhältnisses Urlaub gewährt. Dass sie diesen nicht nehmen wollte, war rechtlich unerheblich. Die Sperrung des Computerzugangs war die logische Konsequenz dieser Anordnung.
Das Gericht führte dazu aus:
- Der Grundsatz im Urlaubsrecht lautet: Freizeit geht vor Geld („Gewährung in Natura“).
- Die Klägerin konnte die Urlaubsgewährung nicht einfach ablehnen, um stattdessen eine Auszahlung zu erzwingen.
- Die Tage, an denen sie krankgeschrieben war (30. und 31. Januar), wurden korrekt als Krankheitstage bezahlt und nicht als Urlaubstage von ihrem Konto abgezogen. Der verbleibende eine Urlaubstag galt aber als genommen.
Damit waren alle Forderungen von Frau W. vom Gericht abgewiesen worden.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil des Arbeitsgerichts Nürnberg verdeutlicht die rechtlichen Grenzen des Kündigungsschutzes während der Probezeit und die hohen Anforderungen an Diskriminierungsvorwürfe.
- Wartezeit-Prinzip im Kündigungsschutz: Das Urteil bestätigt, dass das Kündigungsschutzgesetz erst nach sechs Monaten Beschäftigungsdauer greift und Arbeitgeber während der Probezeit keine besonderen Kündigungsgründe benötigen, selbst wenn ein zeitlicher Zusammenhang mit einer Krankheit besteht.
- Strenge Behinderungskriterien: Das Gericht stellte klar, dass eine Krankheit nur dann als Behinderung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes gilt, wenn sie mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate andauert – bloße Befürchtungen oder kurzfristige Erkrankungen reichen nicht aus.
- Vorrang der Urlaubsgewährung: Das Urteil bekräftigt den Grundsatz „Freizeit vor Geld“ im Urlaubsrecht, wonach Arbeitgeber berechtigt sind, Resturlaub als tatsächliche Freistellung zu gewähren, auch wenn der Arbeitnehmer eine Auszahlung bevorzugen würde.
Diese Entscheidung unterstreicht die besondere Rechtsstellung der Probezeit als Erprobungsphase mit erheblich reduziertem Kündigungsschutz.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche Besonderheiten gelten für den Kündigungsschutz während der Probezeit?
In der Probezeit ist der Kündigungsschutz für Arbeitnehmer stark eingeschränkt. Das liegt daran, dass das allgemeine Kündigungsschutzgesetz (KSchG) in dieser Phase in der Regel noch nicht gilt.
Das Kündigungsschutzgesetz entfaltet seinen Schutz erst nach einer sogenannten Wartezeit von sechs Monaten im selben Betrieb. Da die Probezeit in den meisten Fällen nicht länger als sechs Monate dauert, sind Sie als Arbeitnehmer in dieser Anfangsphase noch nicht durch die strengen Regeln dieses Gesetzes geschützt.
Das hat zur Folge, dass der Arbeitgeber für eine Kündigung in der Probezeit keinen besonderen „sozial gerechtfertigten“ Grund angeben muss. Eine Kündigung ist für den Arbeitgeber daher deutlich einfacher auszusprechen und kann auch bei einer Erkrankung des Arbeitnehmers erfolgen.
Nur in seltenen Ausnahmefällen, wie bei sittenwidrigen Kündigungen oder klarer Diskriminierung, beispielsweise aufgrund einer Behinderung oder des Geschlechts nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), kann eine Kündigung in der Probezeit unwirksam sein. Die Hürden für den Nachweis solcher Ausnahmen sind jedoch hoch.
Kann einem Arbeitnehmer wegen einer Krankheit in der Probezeit gekündigt werden?
Ja, grundsätzlich ist eine Kündigung während oder aufgrund einer Krankheit in der Probezeit möglich. Der Arbeitgeber ist in dieser Phase nicht an die strengen Vorgaben des allgemeinen Kündigungsschutzes gebunden.
Der Grund dafür liegt im deutschen Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Dieses Gesetz, das Arbeitnehmer normalerweise vor willkürlichen Kündigungen schützt und einen triftigen Grund verlangt, greift erst, wenn das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat. Da Arbeitnehmer in der Probezeit diese sogenannte „Wartezeit“ noch nicht erfüllt haben, kann der Arbeitgeber ohne die im KSchG genannten Gründe kündigen.
Ein Arbeitgeber kann eine Kündigung in der Probezeit oft mit mangelnder fachlicher Eignung oder unzureichender Leistung begründen, selbst wenn die Kündigung zeitlich mit einer Krankheit zusammenfällt. Wie der Fall vor dem Arbeitsgericht Nürnberg zeigte, wird eine Kündigung auch nicht automatisch unwirksam, nur weil sie im Zusammenhang mit einer Krankheit steht. Der Arbeitgeber muss hier keine krankheitsbedingten Gründe im Sinne des KSchG nachweisen.
Eine Ausnahme besteht lediglich, wenn die Kündigung wegen einer bereits als Behinderung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) einzustufenden Krankheit erfolgt. Hierfür müssen jedoch sehr hohe rechtliche Hürden erfüllt sein, da die Krankheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate andauern und die Teilhabe beeinträchtigen muss, was bei kurzfristigen Erkrankungen selten der Fall ist.
Wann wird eine Krankheit rechtlich als Behinderung eingestuft und welcher Schutz resultiert daraus?
Eine Krankheit gilt rechtlich als Behinderung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), wenn sie mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate andauert und dadurch die volle und wirksame Teilhabe einer Person am gesellschaftlichen Leben beeinträchtigt ist. Daraus resultiert ein besonderer Schutz vor Benachteiligung.
Das AGG schützt Personen vor Diskriminierung aufgrund bestimmter Merkmale, wozu auch eine Behinderung gehört. Entscheidend für die Einordnung einer Krankheit als Behinderung ist die Prognose ihrer Dauer: Nur wenn eine gesundheitliche Beeinträchtigung voraussichtlich mehr als sechs Monate bestehen wird, wird sie rechtlich als Behinderung anerkannt. Eine kurzfristige oder vorübergehende Krankheit erfüllt diese Voraussetzung in der Regel nicht und löst daher den besonderen Diskriminierungsschutz nicht aus.
Liegt eine solche Behinderung vor, ist es dem Arbeitgeber verboten, eine Person wegen dieser Behinderung zu benachteiligen oder zu kündigen. Dieser besondere Schutz gilt auch während der Probezeit. Im Falle eines Rechtsstreits ist es die Aufgabe des Arbeitnehmers, Anhaltspunkte (Indizien) vorzulegen, die auf eine Diskriminierung wegen der Behinderung hindeuten. Ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen einer Krankmeldung und einer Kündigung kann dabei ein Indiz sein, ist aber allein oft nicht ausreichend, wenn die Krankheit nicht die gesetzliche Definition einer Behinderung erfüllt.
Dies verdeutlicht, dass nicht jede Krankheit automatisch als Behinderung gilt und der rechtliche Schutz spezifische Kriterien erfordert.
Was bedeutet der juristische Begriff des ‚Rechtsmissbrauchs‘ im Zusammenhang mit einer Kündigung?
Der juristische Begriff „Rechtsmissbrauch“ im Kontext einer Kündigung bedeutet, dass jemand sein Kündigungsrecht für einen Zweck einsetzt, für den es nicht gedacht ist, und damit gegen Anstand und Fairness verstößt. Eine solche Kündigung ist dann missbräuchlich, auch wenn das Recht an sich besteht.
Gerichte legen die Hürden für die Annahme eines Rechtsmissbrauchs sehr hoch an. Es handelt sich hierbei um einen seltenen Ausnahmefall. Dies gilt besonders in der Probezeit, da Arbeitgeber hier generell weitreichende Kündigungsmöglichkeiten haben und nicht an die strengen Gründe des Kündigungsschutzgesetzes gebunden sind. Im Fall von Frau W. wurde ihre Behauptung, die Kündigung sei missbräuchlich gewesen, abgewiesen, da das Gericht keine solchen Anzeichen sah, obwohl sie ihre Krankheit als wahren Kündigungsgrund vermutete.
Als Rechtsmissbrauch könnte eine Kündigung beispielsweise nur dann gelten, wenn sie nachweisbar aus rein schikanösen Motiven oder Rache erfolgt und keine sachliche Begründung hat. Die bloße Unzufriedenheit des Arbeitnehmers mit der Kündigung oder ein Zusammenhang mit einer Krankheit ohne nachweisbar unlautere Absicht des Arbeitgebers reichen nicht aus, um einen Rechtsmissbrauch zu beweisen. Es sind stets sehr konkrete und belegbare Umstände für die Annahme eines Missbrauchs notwendig.
Was passiert mit nicht genommenem Resturlaub, wenn ein Arbeitsverhältnis endet?
Wenn ein Arbeitsverhältnis endet, wird nicht genommener Resturlaub grundsätzlich finanziell abgegolten, sofern er aus bestimmten Gründen nicht als Freizeit genommen werden konnte. Der Hauptzweck von Urlaub ist die Erholung des Arbeitnehmers, weshalb die Freistellung als Zeit immer Vorrang vor einer Auszahlung hat.
Ein Arbeitnehmer kann nicht frei wählen, ob er den Urlaub nimmt oder sich diesen auszahlen lässt. Stattdessen ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Resturlaub vor dem tatsächlichen Ende des Arbeitsverhältnisses zu gewähren. Nimmt der Arbeitnehmer diesen Urlaub nicht, obwohl er gewährt wurde und die Möglichkeit dazu bestand, entfällt der Anspruch auf eine finanzielle Abgeltung.
Eine Auszahlung des Urlaubs erfolgt nur dann, wenn das Arbeitsverhältnis so abrupt endet oder der Arbeitnehmer bis zum letzten Tag arbeitsunfähig ist, sodass der Arbeitgeber den Urlaub nicht mehr als freie Tage gewähren konnte. Im erläuterten Fall wurde die Auszahlung des Urlaubs abgelehnt, weil die Mitarbeiterin den ihr gewährten Urlaub nicht nehmen wollte, obwohl dies möglich gewesen wäre. Ihre Krankheitstage wurden korrekt als solche behandelt und nicht als Urlaub angerechnet.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar
Juristische Fachbegriffe kurz erklärt
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), umgangssprachlich auch Antidiskriminierungsgesetz genannt, schützt Personen vor Benachteiligungen aufgrund bestimmter Merkmale. Dazu gehören unter anderem das Geschlecht, die ethnische Herkunft, die Religion oder Weltanschauung, eine Behinderung, das Alter oder die sexuelle Identität. Es soll Chancengleichheit fördern und Diskriminierung im Arbeitsleben sowie bei Alltagsgeschäften verhindern. Im vorliegenden Fall versuchte die Mitarbeiterin, ihre Kündigung mit einer Diskriminierung wegen ihrer angeblichen Behinderung und ihres Geschlechts anzufechten.
Behinderung (im juristischen Sinne)
Eine Behinderung im juristischen Sinne nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) liegt vor, wenn eine körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigung voraussichtlich länger als sechs Monate andauert. Diese Beeinträchtigung muss zudem die Teilhabe einer Person am gesellschaftlichen Leben, insbesondere am Arbeitsleben, erschweren oder verhindern. Eine kurzfristige oder vorübergehende Krankheit gilt in der Regel nicht als Behinderung in diesem Sinne, auch wenn sie den Betroffenen stark beeinträchtigt.
Beispiel: Eine akute Grippe ist keine Behinderung im juristischen Sinne, aber ein chronischer Tinnitus, der über ein halbes Jahr anhält und die Arbeitsfähigkeit stark einschränkt, könnte als Behinderung gelten.
Indiz
Ein Indiz ist ein Anhaltspunkt oder Beweiszeichen, das auf eine bestimmte Tatsache hindeutet, diese aber nicht unmittelbar beweist. Im juristischen Kontext dienen Indizien dazu, aufgrund gesammelter Hinweise eine Schlussfolgerung zu ziehen, die dann zur Urteilsfindung beiträgt. Mehrere Indizien können zusammen eine Tatsache als erwiesen ansehen lassen, auch ohne direkten Beweis.
Beispiel: Im Artikel war der enge zeitliche Zusammenhang zwischen Krankmeldung und Kündigung ein Indiz für Frau W., dass ihre Kündigung wegen der Krankheit erfolgte.
Kündigungsschutzgesetz (KSchG)
Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) ist ein zentrales deutsches Gesetz, das Arbeitnehmer vor willkürlichen Kündigungen schützt. Es legt fest, dass ein Arbeitgeber für eine Kündigung einen „sozial gerechtfertigten“ Grund benötigt, der in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers liegen muss oder auf dringende betriebliche Erfordernisse zurückzuführen ist. Dieser starke Schutz greift jedoch erst, wenn das Arbeitsverhältnis in der Regel länger als sechs Monate bestanden hat, die sogenannte „Wartezeit“.
Beispiel: Wenn Sie länger als sechs Monate in einem Unternehmen arbeiten, kann Ihr Arbeitgeber Sie nicht ohne Weiteres kündigen; er braucht einen triftigen Grund nach dem KSchG.
Probezeit
Die Probezeit ist eine vertraglich vereinbarte Anfangsphase eines Arbeitsverhältnisses, die maximal sechs Monate dauern darf. Sie dient dem gegenseitigen Kennenlernen, also dazu, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer prüfen können, ob die Zusammenarbeit passt. Während der Probezeit gelten erleichterte Kündigungsbedingungen, was bedeutet, dass beide Seiten das Arbeitsverhältnis mit einer kürzeren Frist und ohne Angabe von Gründen beenden können.
Beispiel: Während der Probezeit kann ein Arbeitgeber kündigen, weil die fachliche Eignung nicht den Erwartungen entspricht, ohne dies ausführlich begründen oder soziale Gesichtspunkte berücksichtigen zu müssen.
Rechtsmissbräuchlich
Eine Handlung ist rechtsmissbräuchlich, wenn jemand ein ihm zustehendes Recht für einen Zweck einsetzt, der nicht mit der eigentlichen Bestimmung des Rechts vereinbar ist, und damit gegen die Grundsätze von Treu und Glauben verstößt. Im Arbeitsrecht bedeutet dies, dass eine an sich zulässige Kündigung unwirksam sein kann, wenn sie aus schikanösen Motiven oder offensichtlich unlauteren Zwecken erfolgt. Die Hürden für die Annahme eines Rechtsmissbrauchs sind jedoch sehr hoch.
Beispiel: Eine Kündigung, die nachweislich nur zur Schikane oder aus Rache erfolgt und keinerlei sachliche Begründung hat, könnte als rechtsmissbräuchlich eingestuft werden.
Urlaubsabgeltung
Die Urlaubsabgeltung ist die finanzielle Auszahlung von nicht genommenem Resturlaub, wenn das Arbeitsverhältnis endet und der Urlaub nicht mehr als Freizeit gewährt werden konnte. Der Grundsatz des deutschen Urlaubsrechts lautet jedoch, dass die Erholung im Vordergrund steht; Urlaub soll grundsätzlich als Freizeit genommen werden („Gewährung in Natur“). Eine Auszahlung erfolgt nur, wenn eine Gewährung in Freizeit objektiv unmöglich war, zum Beispiel bei sofortiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder bei durchgehender Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende.
Beispiel: Wenn Sie Ihren Resturlaub wegen einer Kündigung nicht mehr nehmen können, weil das Arbeitsverhältnis sofort endet, muss dieser finanziell abgegolten werden. Wurde Ihnen aber die Möglichkeit gegeben, den Urlaub zu nehmen, und Sie lehnen dies ab, entfällt der Anspruch auf Auszahlung.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes und die Wartezeit (§ 1 Abs. 1 KSchG i.V.m. § 23 Abs. 1 KSchG): Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) schützt Arbeitnehmer vor willkürlichen Kündigungen, indem es dem Arbeitgeber vorschreibt, für eine Kündigung einen triftigen Grund zu haben (z.B. wegen des Verhaltens, der Person des Arbeitnehmers oder betrieblicher Erfordernisse). Dieser Schutz greift jedoch erst nach einer sogenannten „Wartezeit“ von sechs Monaten ununterbrochener Betriebszugehörigkeit. Vor Ablauf dieser Zeit kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis in der Regel ohne Angabe von Gründen und mit kürzeren Fristen beenden.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Frau W. war bei Zugang der Kündigung noch keine sechs Monate im Unternehmen beschäftigt. Das bedeutet, das Kündigungsschutzgesetz fand auf ihren Fall keine Anwendung. Der Arbeitgeber musste somit keinen der im KSchG vorgesehenen Gründe für die Kündigung nachweisen, was die Kündigung für ihn deutlich einfacher machte.
- Diskriminierungsverbot wegen Behinderung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) (§ 1 AGG i.V.m. § 3 Abs. 1 AGG): Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbietet Benachteiligungen wegen bestimmter Merkmale, darunter auch eine Behinderung. Eine Krankheit wird juristisch erst dann als Behinderung im Sinne des AGG angesehen, wenn sie voraussichtlich länger als sechs Monate andauert und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben erheblich beeinträchtigt. Kurzfristige Erkrankungen sind in der Regel keine Behinderungen nach dem AGG.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Frau W. sah sich aufgrund ihres Tinnitus als behindert diskriminiert. Das Gericht lehnte dies ab, da zum Zeitpunkt der Kündigung keine ärztlichen Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass ihr Tinnitus länger als sechs Monate andauern und sie dauerhaft beeinträchtigen würde. Eine kurzfristige Krankschreibung reichte für den besonderen Schutz des AGG nicht aus.
- Grundsatz der Urlaubsabgeltung (Gewährung von Freizeit vor finanzieller Abgeltung) (§ 7 Abs. 4 BUrlG): Im deutschen Urlaubsrecht steht die Erholung des Arbeitnehmers im Vordergrund. Deshalb muss Urlaub grundsätzlich als Freizeit genommen werden und nicht als Geld ausgezahlt werden (sogenannte „Urlaubsabgeltung“). Eine Auszahlung ist nur dann zulässig, wenn der Urlaub aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr genommen werden kann.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Frau W. verlangte die Auszahlung ihres Resturlaubs, obwohl der Arbeitgeber ihr angeboten hatte, diesen als Freizeit zu nehmen. Das Gericht wies dies ab, da der Arbeitgeber den Urlaub korrekt als Freizeit gewährte. Frau W. konnte die Inanspruchnahme des Urlaubs nicht einfach ablehnen, um stattdessen eine Auszahlung zu erzwingen.
- Verbot des Rechtsmissbrauchs (vgl. § 242 BGB – Grundsatz von Treu und Glauben): Der Grundsatz des Rechtsmissbrauchs besagt, dass die Ausübung eines Rechts dann unzulässig ist, wenn sie gegen Treu und Glauben verstößt. Das bedeutet, jemand darf ein Recht nicht für einen Zweck nutzen, für den es nicht gedacht ist, und damit gegen Anstand oder Fairness verstoßen. Die Hürden für die Annahme eines Rechtsmissbrauchs sind jedoch sehr hoch.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Frau W. argumentierte, die Kündigung in der Probezeit sei rechtsmissbräuchlich gewesen, da der wahre Grund ihre Krankheit war. Das Gericht sah dies nicht als gegeben an. Da das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar war und der Arbeitgeber plausible, leistungsbezogene Gründe für die Kündigung vorbringen konnte, lag kein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben vor.
- Beweislast und Indizien im Diskriminierungsrecht (AGG) (vgl. § 22 AGG): Im Falle einer behaupteten Diskriminierung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) muss der Arbeitnehmer zunächst sogenannte „Indizien“ (Anhaltspunkte) vorbringen, die eine Benachteiligung wegen eines geschützten Merkmals vermuten lassen (z.B. ein enger zeitlicher Zusammenhang). Gelingt dies, kehrt sich die Beweislast um, und der Arbeitgeber muss beweisen, dass kein Diskriminierungsgrund vorlag.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Frau W. führte den engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Krankmeldung und Kündigung als Indiz für eine Diskriminierung wegen Behinderung an und behauptete eine Geschlechtsdiskriminierung. Das Gericht befand, dass die von ihr vorgebrachten Anhaltspunkte (insbesondere zum Geschlecht) nicht schlüssig genug waren, um eine Diskriminierung zu beweisen. Eine bloße Behauptung oder die alleinige zeitliche Nähe reichte in diesem Fall nicht aus, um die Beweislast zum Nachteil des Arbeitgebers umzukehren.
Das vorliegende Urteil
ArbG Nürnberg – Az.: 12 Ca 33/23 – Endurteil vom 23.08.2023
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