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Probezeitkündigung – Verstoß gegen Treu und Glauben

Ein ehemaliger Regionalleiter klagt gegen seine Kündigung als Marktleiter – trotz zuvor geschlossenem Aufhebungsvertrag. Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz entschied, dass die Kündigung rechtens war, obwohl die sechsmonatige Wartezeit des Kündigungsschutzgesetzes noch nicht abgelaufen war. Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die komplexe Rechtslage bei Aufhebungsverträgen und Kündigungen innerhalb der Wartezeit.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
  • Datum: 25.07.2024
  • Aktenzeichen: 5 Sa 201/23
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren im Kündigungsschutzrecht
  • Rechtsbereiche: Arbeitsrecht, Kündigungsschutzrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Der Kläger, geboren 1969, war als Regionalleiter mit einem Gehalt von 6.000 € brutto eingestellt worden. Er klagte gegen die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung vom 31. Januar 2023 sowie gegen die Beendigung durch einen Aufhebungsvertrag zum 30. Juni 2023. Der Kläger argumentierte, dass die Kündigung sozialwidrig sei und die gesetzlichen Kündigungsfristen abgewichen wurden. Zudem sei die Kündigung wegen mangelnder Klarheit und widersprüchlichen Verhaltens der Beklagten unwirksam.
  • Beklagte: Die Beklagte ist die Arbeitgeberin des Klägers, die das Arbeitsverhältnis während der Probezeit mit einer wirksamen Kündigung beendete. Die Beklagte argumentierte, dass der Kläger nicht den Anforderungen entsprach und die Ordentliche Kündigung fristgerecht erfolgte. Zudem wurde ein Aufhebungsvertrag zum 30. Juni 2023 abgeschlossen, um dem Kläger eine Bewährungszeit in einer neuen Funktion zu geben.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Der Kläger wehrte sich gegen eine ordentliche Kündigung in der Probezeit und eine gleichzeitige Aufhebungsvereinbarung, die sein Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 2023 beenden sollte. Die Beklagte hatte zunächst das Arbeitsverhältnis im Dezember 2022 gekündigt, bot aber eine neue Position mit einem niedrigeren Gehalt an, die der Kläger akzeptierte. Später wurde er, nach einem Vorfall mit einem verlorenen Gerät, erneut gekündigt.
  • Kern des Rechtsstreits: Der Kernpunkt war, ob die Kündigung unter Beachtung des Kündigungsschutzgesetzes sozial gerechtfertigt war und ob der Aufhebungsvertrag als Befristung des Arbeitsverhältnisses wirksam war. Zudem ging es darum, ob durch die Vertragsgestaltung der Kündigungsschutz konkludent abbedungen wurde.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Berufung des Klägers wurde zurückgewiesen. Das Arbeitsgericht Mainz hatte zutreffend entschieden, dass die Kündigung der Beklagten wirksam war und das Arbeitsverhältnis zum 28. Februar 2023 beendet wurde.
  • Begründung: Der Kläger hatte die Wartezeit des Kündigungsschutzgesetzes nicht erfüllt, da das Arbeitsverhältnis weniger als sechs Monate bestand. Es gab keine Abrede zur Verkürzung dieser Wartezeit. Die Beklagte durfte daher ohne Angabe von Gründen kündigen. Zudem verstieß die Kündigung nicht gegen Treu und Glauben.
  • Folgen: Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Entscheidung betont, dass vor Ablauf der gesetzlichen Wartezeit im Arbeitsrecht keine Verpflichtung zur Angabe von Kündigungsgründen besteht. Die Revision wurde nicht zugelassen, was die Entscheidung abschließend macht.

Probezeitkündigung: Risiken und rechtliche Folgen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Die Probezeit im Arbeitsrecht bietet Arbeitgebern und Arbeitnehmern eine wichtige Orientierungsphase. In dieser Zeit können beide Seiten das Arbeitsverhältnis mit kurzen Kündigungsfristen und ohne komplexe rechtliche Hürden überprüfen. Der Kündigungsschutz während der Probezeit ist deutlich flexibler als in regulären Arbeitsverhältnissen, was Chancen, aber auch Risiken mit sich bringt.

Das Prinzip von Treu und Glauben spielt dabei eine zentrale Rolle: Selbst während der Probezeit müssen Kündigungen sachlich begründet und nach rechtsstaatlichen Prinzipien erfolgen. Ungerechtfertigte oder willkürliche Kündigungen können trotz der kurzen Kündigungsfristen rechtliche Konsequenzen haben. Der folgende Fall zeigt exemplarisch, wie kompliziert die rechtlichen Bewertungen von Probezeitkündigungen sein können.

Der Fall vor Gericht


Ordentliche Kündigung während der Wartezeit trotz Aufhebungsvertrag wirksam

Mann und Frau in deutscher Büroumgebung besprechen Dokumente, ernste Atmosphäre, mögliche Kündigungsgespräche.
Kündigung während der Probezeit – rechtliche Grundlagen | Symbolfoto: Flux gen.

Ein am 31. Januar 2023 ausgesprochene ordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses innerhalb der sechsmonatigen Wartezeit ist auch dann wirksam, wenn zuvor ein Aufhebungsvertrag mit späterem Beendigungstermin geschlossen wurde. Dies hat das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 25. Juli 2024 entschieden.

Vom Regionalleiter zum Marktleiter mit Entwicklungsperspektive

Der 1969 geborene Kläger wurde zum 29. August 2022 als Regionalleiter mit einem Monatsgehalt von 6.000 Euro eingestellt. Nach nur zwei Monaten kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis innerhalb der Probezeit. In anschließenden Gesprächen einigten sich die Parteien auf eine neue Beschäftigung als Marktleiter ab 1. Dezember 2022 mit reduziertem Gehalt von 4.900 Euro. Der neue Arbeitsvertrag sah eine Einarbeitung zum Regionalleiter vor, mit der Perspektive eines Gesprächs über die mögliche Rückkehr in diese Position im Dezember 2023. Parallel unterzeichneten beide Seiten einen Aufhebungsvertrag zum 30. Juni 2023.

Kündigung nach Verlust eines MDE-Geräts

Nach dem Verlust eines MDE-Geräts im Wert von 1.200 Euro kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis am 31. Januar 2023 ordentlich zum 28. Februar 2023. Der Kläger wandte sich mit seiner Klage sowohl gegen diese Kündigung als auch gegen die Beendigung durch den Aufhebungsvertrag.

Keine Abkürzung der Wartezeit vereinbart

Das Landesarbeitsgericht bestätigte die Wirksamkeit der Kündigung. Die sechsmonatige Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG war bei Ausspruch der Kündigung noch nicht erfüllt, da das Arbeitsverhältnis erst seit dem 29. August 2022 bestand. Eine konkludente Verkürzung dieser Wartezeit wurde nach Ansicht des Gerichts nicht vereinbart. Der bloße Verzicht auf eine Probezeit im zweiten Arbeitsvertrag bedeute lediglich, dass die verkürzte Kündigungsfrist nach § 622 Abs. 3 BGB nicht gelte.

Keine Treuwidrigkeit der Kündigung

Die Arbeitgeberin habe auch nicht treuwidrig gehandelt. Der Kläger konnte nach Auffassung des Gerichts nicht darauf vertrauen, dass vor dem im Aufhebungsvertrag vereinbarten Beendigungsdatum keine ordentliche Kündigung erfolgen würde. Der zweite Arbeitsvertrag enthielt ausdrücklich die Möglichkeit zur beidseitigen Kündigung mit einer Frist von vier Wochen. Auch die in Aussicht gestellte Rückkehr zur Regionalleitung begründe kein schutzwürdiges Vertrauen auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses während der Wartezeit.

Aufhebungsvertrag nicht entscheidend

Da das Arbeitsverhältnis bereits durch die ordentliche Kündigung zum 28. Februar 2023 endete, kam es auf die rechtliche Bewertung des Aufhebungsvertrags zum 30. Juni 2023 nicht mehr an. Das Landesarbeitsgericht wies die Berufung des Klägers zurück und ließ die Revision nicht zu.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil verdeutlicht, dass ein Aufhebungsvertrag nicht automatisch den Kündigungsschutz während der vereinbarten Laufzeit garantiert. Auch wenn parallel ein Aufhebungsvertrag mit späterem Beendigungszeitpunkt geschlossen wurde, kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis vorher ordentlich kündigen, solange die 6-monatige Wartezeit des Kündigungsschutzgesetzes noch nicht abgelaufen ist. Die bloße Vereinbarung einer späteren Beendigung durch Aufhebungsvertrag bedeutet keine konkludente Abbedingung der Wartezeit.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als Arbeitnehmer müssen Sie besonders vorsichtig sein, wenn Sie einen Aufhebungsvertrag unterschreiben – auch wenn dieser erst zu einem späteren Zeitpunkt wirksam werden soll. Der Arbeitgeber kann das Arbeitsverhältnis trotzdem vorher kündigen, solange Sie noch keinen gesetzlichen Kündigungsschutz haben. Unterschreiben Sie daher einen Aufhebungsvertrag nur dann, wenn Sie explizit vereinbaren, dass bis zum vereinbarten Beendigungszeitpunkt keine ordentliche Kündigung erfolgen darf. Lassen Sie sich im Zweifelsfall rechtlich beraten, bevor Sie solche Vereinbarungen unterzeichnen.

Benötigen Sie Hilfe?

Kündigungsschutz trotz Aufhebungsvertrag?

Das Urteil zeigt, wie wichtig es ist, die rechtlichen Feinheiten von Aufhebungsverträgen und Kündigungsfristen zu kennen. Gerade in der Probezeit oder während der Wartezeit des Kündigungsschutzgesetzes sollten Sie Ihre Rechte und Pflichten genau kennen. Ein Aufhebungsvertrag bietet nicht immer die Sicherheit, die man sich erhofft.

Wir beraten Sie umfassend zu allen Fragen rund um Kündigung und Aufhebungsvertrag. Gemeinsam analysieren wir Ihre individuelle Situation und entwickeln die optimale Strategie für Ihren Fall. Sprechen Sie uns an, um Ihre Rechte zu wahren und Klarheit in Ihre berufliche Zukunft zu bringen.

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Häufig gestellte Fragen zum Thema

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche Kündigungsfristen gelten während der Probezeit?

Die gesetzliche Kündigungsfrist in der Probezeit beträgt zwei Wochen gemäß § 622 Abs. 3 BGB. Diese Frist gilt sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer.

Grundlegende Regelungen

Eine Probezeit muss im Arbeitsvertrag ausdrücklich vereinbart sein und darf maximal sechs Monate dauern. Während dieser Zeit können Sie das Arbeitsverhältnis zu jedem beliebigen Tag kündigen – nicht nur zum Monatsende oder zum 15. eines Monats.

Besonderheiten bei verschiedenen Beschäftigungsformen

Bei einem Ausbildungsverhältnis gelten spezielle Regelungen: Die Probezeit muss mindestens einen Monat und darf höchstens vier Monate betragen. In dieser Zeit können beide Seiten das Ausbildungsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist beenden.

Für Minijobs gelten die gleichen Kündigungsfristen wie für reguläre Arbeitsverhältnisse – also ebenfalls zwei Wochen während der Probezeit.

Abweichende Regelungen

Durch Tarifverträge können abweichende Kündigungsfristen festgelegt werden. Im öffentlichen Dienst beispielsweise kann die Kündigung während der Probezeit nur zum Monatsende erfolgen.

Eine längere Kündigungsfrist als zwei Wochen kann im Arbeitsvertrag vereinbart werden. Eine kürzere Frist ist nur durch Tarifvertrag möglich, etwa bei kurzzeitigen Aushilfsverträgen.

Berechnung der Kündigungsfrist

Die zweiwöchige Kündigungsfrist beginnt mit dem Zugang der Kündigung beim Empfänger. Wenn Sie also eine Kündigung am 1. eines Monats erhalten, endet das Arbeitsverhältnis am 15. desselben Monats.

Die Kündigung muss dem Empfänger noch während der Probezeit zugehen, damit die verkürzte Kündigungsfrist gilt. Sie können also auch noch am letzten Tag der Probezeit eine Kündigung aussprechen.


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Ist eine Kündigung während der Probezeit ohne Angabe von Gründen möglich?

Eine Kündigung während der Probezeit ist grundsätzlich ohne Angabe von Gründen möglich, da in den ersten sechs Monaten eines Arbeitsverhältnisses das Kündigungsschutzgesetz noch nicht greift. Die Kündigungsfrist beträgt dabei zwei Wochen gemäß § 622 Abs. 3 BGB.

Grenzen der grundlosen Kündigung

Trotz des eingeschränkten Kündigungsschutzes darf die Kündigung nicht willkürlich erfolgen. Sie ist unwirksam, wenn sie:

  • gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstößt
  • diskriminierend ist oder auf sachfremden Motiven beruht
  • sittenwidrig ist (§ 138 BGB)
  • gegen gesetzliche Verbote verstößt

Besonderer Kündigungsschutz

Bestimmte Personengruppen genießen auch während der Probezeit besonderen Schutz. Eine grundlose Kündigung ist nicht möglich bei:

  • Schwangeren und bis vier Monate nach der Entbindung
  • Schwerbehinderten (Zustimmung des Integrationsamtes erforderlich)
  • Betriebsratsmitgliedern

Formelle Anforderungen

Auch wenn keine Gründe angegeben werden müssen, sind folgende Formvorschriften zu beachten:

Die Kündigung muss zwingend schriftlich erfolgen. Eine Kündigung per E-Mail, SMS oder WhatsApp ist unwirksam. Falls ein Betriebsrat existiert, muss dieser vor der Kündigung angehört werden, auch wenn die Gründe nicht dargelegt werden müssen.


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Welche Rechte habe ich bei einer Probezeitkündigung?

Als Arbeitnehmer haben Sie auch während der Probezeit grundlegende Rechte, die Sie vor willkürlichen oder diskriminierenden Kündigungen schützen. Die Kündigungsfrist in der Probezeit beträgt zwei Wochen.

Formale Anforderungen an die Kündigung

Die Kündigung muss bestimmte Formvorschriften erfüllen. Sie ist unwirksam, wenn:

  • Die Schriftform nicht eingehalten wird
  • Die Kündigung nicht unterschrieben ist
  • Die zweiwöchige Frist nicht eingehalten wurde
  • Der Betriebsrat nicht angehört wurde (falls vorhanden)

Besonderer Schutz für bestimmte Gruppen

Wenn Sie zu einer der folgenden Gruppen gehören, genießen Sie besonderen Schutz:

Schwangere Arbeitnehmerinnen können vom Zeitpunkt der Schwangerschaft bis vier Monate nach der Entbindung nicht gekündigt werden.

Bei Personen unter 18 Jahren ist eine Kündigung erst wirksam, wenn sie einem gesetzlichen Vertreter zugegangen ist.

Schwerbehinderte Arbeitnehmer haben nach neuer Rechtsprechung Anspruch auf ein Präventionsverfahren vor der Kündigung.

Rechtliche Gegenwehr

Auch wenn das Kündigungsschutzgesetz in der Probezeit noch nicht greift, können Sie sich gegen eine Kündigung wehren, wenn diese:

  • Sittenwidrig ist
  • Gegen das Maßregelungsverbot verstößt
  • Diskriminierend nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist

Bei einer Kündigung in der Probezeit haben Sie Anspruch auf Arbeitslosengeld I, wenn die Kündigung vom Arbeitgeber ausgeht und Sie die allgemeinen Voraussetzungen erfüllen.


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Wann ist eine Probezeitkündigung wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben unwirksam?

Eine Probezeitkündigung ist unwirksam, wenn sie gegen den Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB verstößt. Ein solcher Verstoß liegt vor, wenn die Kündigung auf willkürlichen und sachfremden Motiven beruht oder ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme vermissen lässt.

Typische Fallkonstellationen

Treuwidrig ist eine Probezeitkündigung insbesondere in folgenden Fällen:

  • Wenn der Arbeitgeber widersprüchlich handelt, etwa indem er wegen einer Eigenschaft kündigt, die ihm bereits bei Vertragsschluss bekannt war
  • Bei Kündigungen zur Unzeit oder in ehrverletzender Form, beispielsweise die Übergabe des Kündigungsschreibens bei der Beerdigung eines Angehörigen
  • Bei Kündigungen aus Rachsucht oder als Vergeltungsmaßnahme
  • Wenn die Kündigung als Strafe dafür ausgesprochen wird, dass der Arbeitnehmer berechtigte Ansprüche geltend macht (Verstoß gegen das Maßregelungsverbot)

Rechtliche Besonderheiten

Der Arbeitgeber muss auch in der Probezeit ein gewisses Maß an sozialer Rücksichtnahme walten lassen. Allerdings sind die Anforderungen an einen Verstoß gegen Treu und Glauben hoch. Eine Kündigung ist nicht bereits dann treuwidrig, wenn:

  • der Arbeitgeber die Kündigung nicht begründet
  • der Arbeitnehmer während oder wegen einer Krankheit gekündigt wird
  • der Arbeitgeber einem an sich schutzwürdigeren Arbeitnehmer kündigt, der häufig unpünktlich ist

Beweislast und Darlegung

Wenn Sie einen Verstoß gegen Treu und Glauben geltend machen, müssen Sie als Arbeitnehmer die Umstände darlegen und beweisen, aus denen sich die Treuwidrigkeit ergibt. Der Arbeitgeber muss dann seinerseits Gründe vortragen, die einer Treuwidrigkeit entgegenstehen.

Eine verhaltensbedingte Kündigung vor Ablauf der Wartezeit von 6 Monaten setzt in der Regel keine Abmahnung voraus. Auch auf eine Beschäftigungsmöglichkeit auf einem anderen Arbeitsplatz kommt es nicht an.


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Wie wirkt sich ein Aufhebungsvertrag auf das Kündigungsrecht in der Probezeit aus?

Ein Aufhebungsvertrag in der Probezeit bietet eine alternative Gestaltungsmöglichkeit zur regulären Probezeitkündigung. Die gesetzliche Probezeit ist auf maximal sechs Monate begrenzt, innerhalb derer eine Kündigung mit einer Frist von zwei Wochen möglich ist.

Verlängerungsmöglichkeit durch Aufhebungsvertrag

Durch einen Aufhebungsvertrag kann die faktische Erprobungszeit über die gesetzliche Sechsmonatsfrist hinaus verlängert werden. Dafür muss der Aufhebungsvertrag zwingend vor Ablauf der ursprünglichen Probezeit geschlossen werden. Der Vertrag enthält typischerweise eine Auslauffrist und eine bedingte Wiedereinstellungszusage für den Fall der Bewährung.

Rechtliche Besonderheiten

Die Arbeitsgerichte haben diese Gestaltungsform in mehreren Urteilen grundsätzlich als rechtmäßig anerkannt. Dabei gelten folgende wichtige Grundsätze:

  • Der Kündigungsschutz beginnt trotz verlängerter Probezeit nach sechs Monaten
  • Die Fristverlängerung sollte ein angemessenes Maß nicht überschreiten – als unproblematisch gelten bis zu vier weitere Monate
  • Der Arbeitgeber muss die Verlängerungsgründe transparent darlegen

Praktische Auswirkungen

Wenn Sie als Arbeitnehmer einen solchen Aufhebungsvertrag unterschreiben, bedeutet dies konkret:

Die ursprüngliche zweiwöchige Kündigungsfrist der Probezeit wird durch die im Aufhebungsvertrag vereinbarte längere Auslauffrist ersetzt. Sie erhalten dadurch eine zusätzliche Bewährungschance. Der Arbeitgeber kann das Arbeitsverhältnis zum vereinbarten Zeitpunkt beenden, ohne einen Grund nennen zu müssen – muss aber bei Bewährung die zugesagte Weiterbeschäftigung einhalten.

Eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld droht in der Regel nicht, wenn der Aufhebungsvertrag als Alternative zu einer sonst erfolgenden Probezeitkündigung geschlossen wird.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar - Fachbegriffe aus dem Arbeitsrecht

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Kündigungsschutzgesetz (KSchG)

Ein zentrales Gesetz im deutschen Arbeitsrecht, das Arbeitnehmer vor willkürlichen Kündigungen schützt. Es gilt erst nach einer Wartezeit von sechs Monaten im selben Betrieb (§ 1 Abs. 1 KSchG). Während dieser Zeit kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ohne Angabe besonderer Gründe kündigen, sofern die Kündigung nicht gegen andere Gesetze oder den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt. Beispiel: Ein Arbeitnehmer kann in den ersten sechs Monaten auch dann gekündigt werden, wenn keine betrieblichen oder verhaltensbedingten Gründe vorliegen.


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Aufhebungsvertrag

Eine einvernehmliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Anders als bei einer Kündigung stimmen beide Parteien der Beendigung zu und legen gemeinsam den Zeitpunkt und die Bedingungen fest (§§ 305, 311 BGB). Ein Aufhebungsvertrag kann auch neben dem normalen Kündigungsrecht bestehen. Beispiel: Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren eine Beendigung zum 30.06., der Arbeitgeber kann aber trotzdem vorher noch ordentlich kündigen.


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Ordentliche Kündigung

Die reguläre Form der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses unter Einhaltung gesetzlicher oder vereinbarter Kündigungsfristen (§ 622 BGB). Sie unterscheidet sich von der außerordentlichen (fristlosen) Kündigung. Während der Wartezeit des KSchG bedarf sie keiner besonderen Begründung, muss aber trotzdem rechtmäßig sein. Beispiel: Ein Arbeitgeber kündigt mit einer Frist von vier Wochen zum Monatsende.


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Treu und Glauben

Ein fundamentaler Rechtsgrundsatz (§ 242 BGB), der verlangt, dass Vertragsparteien fair und redlich miteinander umgehen. Im Arbeitsrecht bedeutet dies, dass selbst rechtlich mögliche Handlungen unzulässig sein können, wenn sie gegen diesen Grundsatz verstoßen. Eine Kündigung kann trotz fehlenden Kündigungsschutzes unwirksam sein, wenn sie willkürlich oder schikanös erfolgt. Beispiel: Eine Kündigung wäre treuwidrig, wenn sie nur aus Rache für die berechtigte Geltendmachung von Arbeitnehmerrechten erfolgt.


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Wartezeit

Der gesetzlich festgelegte Zeitraum von sechs Monaten nach § 1 KSchG, in dem der allgemeine Kündigungsschutz noch nicht gilt. Während dieser Zeit genießt der Arbeitnehmer nur einen eingeschränkten Schutz vor Kündigungen. Die Wartezeit beginnt mit dem ersten Arbeitstag und kann vertraglich nicht verkürzt werden. Beispiel: In den ersten sechs Monaten kann der Arbeitgeber ohne Vorliegen besonderer Gründe kündigen, sofern keine anderen Schutzvorschriften verletzt werden.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • Kündigungsschutzgesetz (KSchG) §1 Absatz 1: Dieses Gesetz regelt den allgemeinen Kündigungsschutz für Arbeitnehmer in Deutschland. Es kommt zur Anwendung, wenn das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate besteht und im Betrieb mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt sind. Die Kündigung muss sozial gerechtfertigt sein, das heißt, sie muss aus Personen, verhaltens- oder betriebsbedingten Gründen erfolgen.

    Im vorliegenden Fall argumentiert der Kläger, dass die Kündigung sozialwidrig ist, da die Kündigungsfristen durch den neuen Arbeitsvertrag und den Aufhebungsvertrag effektiv abbedungen wurden. Die Anwendung des KSchG ist zentral, um die Rechtmäßigkeit der Kündigung zu überprüfen.

  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) §622: Dieser Paragraph bestimmt die Kündigungsfristen für Arbeitsverhältnisse. Während der Probezeit können kürzere Fristen gelten, typischerweise zwei Wochen, ansonsten verlängern sich die Fristen mit der Dauer der Betriebszugehörigkeit.

    Die Klauseln im ursprünglichen und neuen Arbeitsvertrag legen Kündigungsfristen fest, die im Streitfall auf ihre Einhaltung und rechtliche Gültigkeit hin untersucht werden müssen. Die korrekte Anwendung dieser Fristen ist entscheidend für die Bewertung der Kündigung.

  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) §242: Dieser Paragraph befasst sich mit dem Grundsatz von Treu und Glauben im Schuldrecht. Parteien müssen bei der Ausübung ihrer Rechte die Rechte und berechtigten Interessen der anderen Partei berücksichtigen.

    Der Kläger beruft sich auf §242 BGB, um die Kündigung wegen angeblich widersprüchlichen Verhaltens der Beklagten als unwirksam darzustellen. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, dass Kündigungen im Einklang mit fairen und loyalen Handlungsweisen stehen müssen.

  • Aufhebungsvertrag gemäß Arbeitsrecht: Ein Aufhebungsvertrag ist eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses, die von beiden Parteien unterschrieben wird. Er kann bestimmte Bedingungen enthalten, wie das Datum des Vertragsendes und Abfindungszahlungen.

    Im Fall hat der Kläger einen Aufhebungsvertrag zum 30. Juni 2023 unterschrieben. Die rechtliche Bewertung dieses Vertrags ist wesentlich, um zu bestimmen, ob er die später erfolgte Kündigung beeinflusst oder die Kündigungsfristen entsprechend verändert wurden.

  • Regelungen zur Probezeit im Arbeitsvertrag: Die Probezeit im Arbeitsvertrag erlaubt eine verkürzte Kündigungsfrist und erleichtert beiden Parteien die Beendigung des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines bestimmten Zeitraums, üblicherweise sechs Monate.

    Der ursprüngliche und der neue Arbeitsvertrag enthalten spezifische Regelungen zur Probezeit und deren Kündigungsfristen. Die genaue Interpretation dieser Klauseln ist entscheidend, um festzustellen, ob die Kündigung während oder nach der Probezeit rechtmäßig erfolgt ist.


Das vorliegende Urteil


Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz – Az.: 5 Sa 201/23 – Urteil vom 25.07.2024


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