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Probezeitverlängerung: Kann der Arbeitgeber die Probezeit verlängern?

Wird ein Arbeitsverhältnis zwischen einem Arbeitgeber und einem Arbeitnehmer geschlossen, so beruht dies auf einem Arbeitsvertrag. Ein wesentlicher Bestandteil dieses Vertragsverhältnisses ist die Probezeit, die auch als Testlauf oder Wartezeit für den Arbeitgeber und den Arbeitnehmer betrachtet werden kann.

Innerhalb dieser Testphase können beide Seiten sehen, ob sie in dem Vertragsverhältnis miteinander harmonieren und ob die Zusammenarbeit auch wirklich einwandfrei funktioniert. Die Probezeit ist dabei auf einen ganz bestimmten Zeitraum festgelegt. Es stellt sich jedoch für einige Arbeitnehmer die Frage, was im Fall einer Probezeitverlängerung geschieht und ob der Arbeitgeber diese vertraglich festgelegte Zeitspanne so einfach verlängern kann. Hier in diesem Artikel werden die wichtigsten Fragen geklärt und auch aufgezeigt, welche Möglichkeiten für Arbeitnehmer im Fall einer Probezeitverlängerung bestehen.

Eine rechtlich besondere Phase

Probezeitverlängerung
Eine Probezeitverlängerung ist eine Möglichkeit für Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die Probezeit über die ursprünglich vereinbarte Dauer hinaus auszudehnen. Die Probezeit bietet beiden Parteien die Gelegenheit, sich gegenseitig kennenzulernen und herauszufinden, ob die Zusammenarbeit für beide Seiten passt. (Symbolfoto: FrankHH/Shutterstock.com)

Die Probezeit hat im Arbeitsverhältnis eine sehr besondere Bedeutung, da innerhalb dieser Zeitspanne sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer selbst das Arbeitsvertragsverhältnis rechtlich vereinfacht kündigen kann. Sowohl für den Arbeitnehmer als auch für den Arbeitgeber handelt es sich bei dieser Zeitspanne um eine sehr heikle Phase, da beide Seiten das Arbeitsverhältnis ohne die Angabe von Gründen kündigen können. Der Arbeitgeber kann innerhalb der Probezeit vielversprechende Mitarbeiter einfach so verlieren und auch Arbeitnehmer, die in dem Unternehmen verbleiben möchten, ihren Arbeitsplatz verlieren können. Die Bezeichnung „Probezeit“ muss also wörtlich gemeint werden.

Arbeitsvertragliche Regelung: Rechte und Pflichten in der Probezeit

Sowohl der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber haben Rechte und Pflichten. Es gibt seitens des Gesetzgebers keinerlei Vorschrift, dass eine Probezeit überhaupt stattfinden muss. Dementsprechend bedarf es für diese Testphase einer arbeitsvertraglichen Regelung. Es ist sowohl das Recht als auch die Pflicht eines Arbeitnehmers, dass die Dauer der Probezeit in dem Arbeitsvertrag festgeschrieben wird. Natürlich können beide Vertragsparteien auch einvernehmlich auf die Probezeit gänzlich verzichten. In der gängigen Praxis ist dies jedoch eher unüblich.

Dauer der Probezeit

Bedingt durch den Umstand, dass der Gesetzgeber keinerlei gesetzliche Vorschriften bezüglich der Probezeit kennt, gibt es auch keine gesetzlich vorgeschriebene Dauer. Es handelt sich hierbei um eine individuelle arbeitsvertragliche Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer, sodass unterschiedliche Probezeiten möglich sind. In der gängigen Praxis wird unterschieden zwischen der sehr kurzen Probezeit (2 Wochen) und der langen Testphase (6 Monate). Auch eine Wartezeit von drei Monaten ist nicht unüblich. Wichtig ist jedoch, dass diese Vereinbarung auf jeden Fall ihren schriftlichen Weg in den Arbeitsvertrag findet. Auf diese Weise haben sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer einen schriftlichen Nachweis bezüglich der Vereinbarung, auf die sich dann berufen werden kann. Hierbei gilt, dass diese Vereinbarung nur einvernehmlich ihre rechtliche Wirkung entfalten kann. Eine einseitige oder auch nachträgliche Vereinbarung ist rechtlich nicht zulässig. Der Grund hierfür liegt in dem Umstand, dass der Arbeitnehmer nach dem Ablauf einer sechsmonatigen Betriebszugehörigkeit unter die Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes fällt und dementsprechend andere gesetzliche Kündigungsfristen beachtet werden müssen.

Verlängerung der Probezeit

Es ist rechtlich denkbar, dass die zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer vereinbarte Zeitspanne nicht als ausreichend erachtet wird. Der Arbeitgeber versucht während der Zeitspanne der Testphase, den neuen Arbeitnehmer sowie auch seine Fähigkeiten und Ausübung der beruflichen Tätigkeit zu bewerten, um die Frage der generellen Eignung des Arbeitnehmers beantworten zu können. Sollte die vereinbarte Dauer der Probezeit hierfür nicht ausreichen, stellt sich die Frage, ob die Probezeit verlängert werden kann. Dies kann für den Arbeitnehmer als eine Chance zur Bewährung und zum Erhalt des Arbeitsplatzes angesehen, da die Probezeitverlängerung anstelle der Kündigung während der Probezeit erfolgt. Dem reinen Grundsatz nach ist die Verlängerung möglich, allerdings gibt es enge Grenzen. Es kommt im Wesentlichen sehr stark darauf an, welche Dauer der Testphase zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer schriftlich in dem Arbeitsvertrag vereinbart wurde. Sollte es sich um einen Zeitraum handeln, der sechs Monate unterschreitet, so kann die Probezeit maximal für einen Zeitraum von sechs Monaten verlängert werden. Sollte es sich um einen Zeitraum von sechs Monaten handeln, so kann die Probezeit auch verlängert werden. Dies ist in der gängigen Praxis jedoch wenig zielführend, da gem. § 1 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz (KschG) nach dem Ablauf der sechs Monate das Kündigungsschutzgesetz für den Arbeitnehmer zur Anwendung kommt.

Probezeitverlängerung: Bedingungen laut § 622 BGB beachten

Um zu verstehen, welche Bedingungen bei der Probezeitverlängerung zur Anwendung kommen, muss zunächst erst einmal der § 622 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) betrachtet werden. Dieser Paragraf sieht eine Maximaldauer für den Testphasenzeitraum von sechs Monaten vor, da lediglich dieser Maximalzeitraum die typischen rechtlichen Kennzeichen der Probezeit erfüllen würde. Die schlichte Verlängerung dieses Maximalzeitraums ist demnach nicht so ohne Weiteres möglich. Trotz dieses Umstandes kann es Gründe für einen Arbeitgeber geben, die Probezeit des Arbeitnehmers verlängern zu wollen. Denkbar wäre eine längere krankheitsbedingte Abwesenheit des Arbeitnehmers, durch welche die Einschätzung der Arbeitnehmerfähigkeiten nicht möglich ist. Auch eine längere Einarbeitungserfordernis des Arbeitnehmers kann einen Grund für die Probezeitverlängerung darstellen. Der Arbeitgeber hat hierbei jedoch die starken rechtlichen Einschränkungen des KschG zu beachten.

Gründe für eine Verlängerung der Probezeit

Hier sind einige mögliche Gründe, warum ein Arbeitgeber eine Probezeitverlängerung beantragen könnte:

  • Längere Einarbeitungszeit: Ein Arbeitgeber könnte eine Probezeitverlängerung beantragen, wenn er der Meinung ist, dass der Arbeitnehmer mehr Zeit benötigt, um sich in die Arbeitsabläufe und Aufgabenbereiche des Unternehmens einzuarbeiten.
  • Längere krankheitsbedingte Abwesenheit: Wenn ein Arbeitnehmer aufgrund einer längeren Krankheit während der Probezeit abwesend war, könnte der Arbeitgeber eine Probezeitverlängerung beantragen, um die Leistung des Arbeitnehmers zu beurteilen, wenn er wieder zurückkehrt.
  • Längere Urlaubszeit: Wenn ein Arbeitnehmer während der Probezeit eine längere Urlaubszeit plant, könnte der Arbeitgeber eine Probezeitverlängerung beantragen, um die Leistung des Arbeitnehmers nach seiner Rückkehr zu beurteilen.
  • Leistungsprobleme: Wenn der Arbeitgeber Bedenken bezüglich der Leistung des Arbeitnehmers hat, könnte er eine Probezeitverlängerung beantragen, um dem Arbeitnehmer mehr Zeit zu geben, um seine Leistung zu verbessern.
  • Neue Aufgabenbereiche: Wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer neue Aufgabenbereiche zuweist, die er während der Probezeit noch nicht ausgeübt hat, könnte er eine Probezeitverlängerung beantragen, um die Leistung des Arbeitnehmers in diesen neuen Aufgabenbereichen zu beurteilen.

Probezeitkündigung: Erweiterte Frist und aufschiebende Wiedereinstellungszusage

Es gibt einen Weg, aber es müssen Kriterien beachtet werden. Eine denkbare Variante der Verlängerung wäre die sogenannte Probezeitkündigung in Verbindung mit der erweiterten Probezeit-Kündigungsfrist. Die Umsetzung dieser Maßnahme lässt sich durch die Aussprache der Kündigung seitens des Arbeitgebers mit dem letzten Tag von der vereinbarten Testphase auf ordentliche Art realisieren, wenn der Arbeitgeber zugleich einer längeren Kündigungsfrist. Zugleich muss der Arbeitgeber auch direkt die sogenannte aufschiebende bedingte Zusage der Wiedereinstellung erklären. Diese Maßnahme verfolgt die Zielsetzung, dass das Arbeitsverhältnis im Fall der Arbeitnehmerbewährung im Rahmen der längeren Kündigungsfrist anschließend fortgesetzt werden. Für die rechtliche Zulässigkeit dieser Maßnahme ist jedoch die aufschiebende bedingte Zusage der Wiedereinstellung zwingend erforderlich. Erteilt der Arbeitgeber diese Zusage nicht, so kann dies rechtlich als eine Umgehung von den gesetzlichen Regelungen des KschG gewertet werden. Dies hätte zur Folge, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer lediglich aus betrieblichen oder verhaltensbedingten sowie auch personenbedingten Gründen beenden kann und der Arbeitnehmer rechtliche Möglichkeiten wie die Kündigungsschutzklage zur Verfügung hätte.

Kündigung während der Probezeit

Im Gegensatz zu dem Arbeitsvertragsverhältnis nach dem Ablauf der Testphase gilt für die Dauer der Probezeit an sich lediglich eine 14-tägige Kündigungsfrist. Diese Frist beginnt mit der Zustellung von dem Kündigungsschreiben und es müssen dabei nicht die sogenannten Stichtage des Ersten oder auch 15. Tag eines Monats beachtet werden. Eine Kündigung während der Probezeit ist sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer zu jedem Zeitpunkt ohne die explizite Angabe von Gründen möglich. Die Kündigung darf jedoch nicht sittenwidrig oder auf willkürlicher Basis erfolgen. Eine besondere Regelung gilt allerdings dann, wenn der Arbeitnehmer einen „Schwerbehindertenstatuts“ innehat. Diese Arbeitnehmer unterliegen einem besonderen Kündigungsschutz, der auch während der Zeitspanne der Probezeit bereits zum Tragen kommt. Arbeitnehmer, die während der Wartezeit oder am letzten Tag der Testphase die Kündigung erhalten haben, können aber dennoch den Gang zu einem Rechtsanwalt antreten und die rechtliche Zulässigkeit der ausgesprochenen Kündigung überprüfen lassen.

Probezeitverlängerung in der Ausbildung

Die Probezeit ist eine Orientierungsphase, die sowohl dem Arbeitgeber als auch dem Arbeitnehmer zu Gute kommen und von beiden Parteien auch genutzt werden sollte. In der Ausbildung ist die Probezeit vergleichbar mit einer gegenseitigen Kennenlernphase, und sowohl der Ausbildungsbetrieb als auch der Azubi haben während der Probezeit das Recht, die Zusammenarbeit jederzeit und ohne große rechtliche oder formelle Hürden zu beenden.

Die Dauer der Probezeit ist generell laut Gesetz auf sechs Monate beschränkt, jedoch im Gegensatz zu einem regulären Arbeitsverhältnis ist die Probezeit in der Ausbildung verpflichtend und sie ist hier nicht maximal sechs Monate, sondern sollte zwischen einem und vier Monaten liegen. Eine Kündigungsfrist gibt es nicht.

Eine Verlängerung der Probezeit in der Ausbildung ist grundsätzlich möglich, wenn beide Parteien (Ausbildungsbetrieb und Azubi) zustimmen und die Verlängerung in einem Änderungsvertrag oder einer Zusatzvereinbarung zum Ausbildungsvertrag schriftlich festgehalten wird. Es ist wichtig, die Gründe für die Verlängerung der Probezeit klar darzulegen, um eventuellen rechtlichen Problemen vorzubeugen.

Fazit

Die Probezeit ist eine essenzielle Phase für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Beide Seiten haben durch die Testphase die Chance, die genauen Modalitäten des Arbeitsverhältnisses in der Praxis zu erfahren. Sollte die Zusammenarbeit nicht harmonieren, so kann während der Zeitspanne der Wartezeit jederzeit ohne die Angabe von besonderen Gründen und unter Beachtung einer verkürzten Kündigungsfrist das Arbeitsverhältnis zu beenden. Obgleich der Gesetzgeber bezüglich der Testphase keine genauen Regelungen kennt, muss jedoch das Kündigungsschutzgesetz stets im Auge behalten werden. Die Regelungen des KschG greifen für einen Arbeitnehmer dann, wenn eine sechsmonatige Betriebszugehörigkeit als gegeben angesehen wird. Ein Schlupfloch hat der Gesetzgeber dem Arbeitgeber jedoch trotzdem gelassen, allerdings gibt es auch hier Kriterien zu beachten.

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