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Reichweite des Weisungsrechts des Arbeitgebers

Weisungsrecht des Arbeitgebers: Reichweite bei der Kundenbetreuung

In einem kürzlich ergangenen Urteil ging es um eine Arbeitnehmerin, die als Senior Account Executive bei einem Unternehmen tätig war, welches unter anderem Enterprise-Analytics- und Mobilitätssoftwarelösungen sowie Fachdienstleistungen für andere Unternehmen anbietet. In den Jahren 2016 bis 2019 hatte die Klägerin für die Betreuung verschiedener Bestandskunden variable Vergütungen erhalten. Im Laufe der Zeit wurden die Kunden jedoch auf andere Betreuer innerhalb des Unternehmens verteilt, und die Klägerin sollte sich fortan vorrangig um die Anwerbung und Betreuung neuer Kunden, sogenannter Prospects, kümmern. Die Klägerin sah darin eine Degradierung und wollte dagegen vorgehen.

Direkt zum Urteil Az: 19 Ca 243/21 springen.

Bewertung von Leistungen und Veränderung der Zuständigkeiten

Die beklagte Firma führt mit ihren Mitarbeitern quartalsweise eine Leistungsbeurteilung durch, bei der die Leistungen und Ergebnisse des vergangenen Quartals beurteilt und Ziele für das kommende Quartal festgelegt werden. In den Jahren 2015 bis 2019 hatte die Klägerin in ihren jeweiligen Funktionen als Account Managerin bzw. Senior Account Executive unter anderem für die Betreuung von Bestandskunden unterschiedlich hohe variable Vergütungen erzielt. Im Zeitraum von 2018 bis 2020 wurden jedoch nach und nach die bislang von ihr betreuten Kunden anderen Betreuern zugeteilt.

Degradierung oder zulässige Weisung?

Die Klägerin war der Auffassung, dass der Entzug der Bestandskunden und die neue Ausrichtung auf die Betreuung von Prospects eine Degradierung darstelle, da Account Manager bzw. Account Executives normalerweise zu 80-90% ihrer Arbeitszeit für Bestandskunden und nur etwa 10% für Prospects zuständig seien. Business Development Representatives hingegen arbeiteten in erster Linie mit Prospects. Deshalb erhob sie Klage und wollte so ihre ursprünglichen Aufgaben sowie die variable Vergütung zurückfordern.

Urteil des Arbeitsgerichts Köln

Das Arbeitsgericht Köln wies die Klage jedoch ab und entschied, dass in diesem Fall das Weisungsrecht des Arbeitgebers im Vordergrund stehe. Das Gericht befand, dass die Zuweisung der Betreuung von Prospects keine Degradierung darstelle und im Rahmen des Weisungsrechts des Arbeitgebers liege. Der Arbeitgeber hat das Recht, Aufgaben und Zuständigkeiten der Mitarbeiter innerhalb des Unternehmens neu zu verteilen und anzupassen – vorausgesetzt, die wesentlichen Arbeitsbedingungen des Arbeitsvertrages werden dabei nicht missachtet.

Folglich wurde die Klage abgewiesen, und die Klägerin musste die Kosten des Rechtsstreits tragen. Eine Berufung wurde nicht gesondert zugelassen.


Das vorliegende Urteil

ArbG Köln – Az.: 19 Ca 243/21 – Urteil vom 25.06.2021

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Der Streitwert beträgt 107.974,84 Euro.

4. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

Die Beklagte bietet u.a. Enterprise-Analytics- und Mobilitätssoftwarelösungen sowie Fachdienstleistungen für andere Unternehmen an. Dabei handelt es sich um Software und Dienstleistungen, die darauf zielen, Unternehmen in die Lage zu versetzen, den Wert ihrer Daten zu nutzen. Die Klägerin wird seit Januar 2013 bei der Beklagten beschäftigt, zuletzt als Senior Account Executive. Die Klägerin erhält eine monatliche fixe Vergütung von zuletzt 8.333,33 Euro brutto zuzüglich einer variablen Vergütung, die abhängig ist vom Abschluss von Geschäften der zugeordneten Kunden.

Die Beklagte führt mit ihren Mitarbeitern quartalsweise eine Leistungsbeurteilung durch (sog. Performance Review), in der die Leistungen und die Ergebnisse des vergangenen Quartals beurteilt und die Ziele für das kommende Quartal besprochen und festgelegt werden.

Mit der Klageschrift hat die Klägerin vorgetragen, dass sie ihre variable Vergütung bis zum Jahr 2016 durch die Betreuung der Kunden … erzielte und in den Jahren 2017 bis 2019 durch die Kunden ….

Reichweite des Weisungsrechts des Arbeitgebers
(Symbolfoto: Jeanette Dietl/Shutterstock.com)

Die Klägerin erzielte im Jahr 2015 eine variable Vergütung von 63.417,92 Euro, im Jahr 2016 erzielte sie 26.409,45 Euro. Im Jahr 2017 erzielte die Klägerin 168.672,10 Euro. Im Jahr 2018 erzielte die Klägerin an variabler Vergütung 21.744,14 Euro und im Jahr 2019 11.895,84 Euro.

Im dritten Quartal 2018 wies die Beklagte die Kunden … einem anderen Betreuer zu, im ersten Quartal 2020 wies sie den Kunden … einem anderen Betreuer zu und im vierten Quartal 2020 wies die Beklagte die Kunden … und … ebenfalls einem anderen Betreuer zu. Die Klägerin betreut seither noch den Kunden … und ist im Übrigen für die Betreuung sog. Prospects zuständig, also für die Anwerbung und Betreuung neuer Kunden.

Mit Klageerweiterung vom 14.06.2021 hat die Klägerin erstmals und exemplarisch den Inhalt der auf Englisch verfassten Performance Review für das dritte Quartal 2020 in Auszügen darstellt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Darstellung im Schriftsatz vom 14.06.2021 Bezug genommen, dort S. 7 bis 12 (Bl. 287 bis 292 d.A.)

Die Klägerin vertritt die Ansicht, dass der Entzug der Bestandskunden, die bislang von ihr betreut worden waren und die Zuweisung der Betreuung von Prospects eine Degradierung darstelle. Dazu behauptet sie, dass Manager bzw. Account Executives im Normalfall zu 80 bis 90 % der Arbeitszeit mit bestehenden Kunden und nur ca. 10 % ihrer Arbeitszeit mit Prospects verbringen. Business Development Representatives würden in erster Linie mit Prospects arbeiten, also mögliche neue Kunden anwerben und betreuen. Indem die Beklagte der Klägerin überwiegend die Betreuung von Prospects zugewiesen habe, habe sie der Klägerin einen anderen Arbeitsbereich zugewiesen und sie degradiert. Dies sei ohne besonderen Grund geschehen. Durch diese Maßnahme könne die Klägerin ihre Umsatzziele aus der Zielvereinbarung auch nicht mehr erreichen. Nachdem die Klägerin zunächst vorgetragen hat, die Zielerreichungsgrad betrage aktuell 840.000 USD an Lizenzen und Wartung für das erste Jahr hat die Klägerin später vorgetragen, sie müsse ein Ziel von 721.000 USD bis Jahresende erreichen. Dies sei jedenfalls mit der Betreuung von Prospects nicht möglich. Darüber hinaus stünden mehrere lukrative Abschlüsse mit ehemaligen von der Klägerin betreuten Bestandskunden aus, die von der Klägerin vorbereitet worden seien. Der Klägerin drohe deshalb durch den Entzug der Kunden ein erheblicher finanzieller Schaden.

Zur Klageerweiterung vom 14.06.2021 behauptet die Klägerin, sie habe seit mehr als vier Jahren daran gearbeitet, den Kunden … zu einer höheren Last in Form weitere CPUs oder Switches auf ein Named User Modell zu überzeugen. Anfang 2021 seien Ergebnisse, auf die die Klägerin hingearbeitet habe, eingetreten. Der Kunde habe nun Druck, das Modell, wie mit der Klägerin besprochen, zu ändern. Der Klägerin stehe für den vorgenannten Deal aufgrund des Vertrags eine Provision i.H.v. 85.800 Euro zu. Dies entspreche 10 % des Nettolizenzdeals aus dem Angebot gemäß „Compensation Plan“.

Für das erste Quartal 2021 sei der Klägerin aufgrund des Compensation Plans für 2021 eine Zahlung i.H.v. 1.779,00 Euro brutto zugesagt worden, der für einen abgeschlossenen Deal bei … angestanden habe.

Die Klägerin beantragt zuletzt,

1. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin zur Bearbeitung entsprechend ihrer Tätigkeit als die Kunden-Accounts der Unternehmen … inklusive der Tochtergesellschaften: … inklusive der Tochtergesellschaften: … sowie … inklusive der Tochtergesellschaften: … zuzuordnen;

2. hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Klageantrag zu 1)

festzustellen, dass der Entzug der folgenden Kunden-Accounts bei der klagenden Partei durch die Beklagte rechtswidrig war: Kunden-Accounts der Unternehmen … inklusive der Tochtergesellschaften: … inklusive der Tochtergesellschaften: … einschließlich … inklusive der Tochtergesellschaften: …;

3. die Beklagte zu verurteilen, der klagenden Partei Bestandskunden im angemessenen Ausmaß zuzuordnen;

4. die Beklagte zu verurteilen, an die klagende Partei 1.779,00 Euro brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2021 zuzahlen;

5. festzustellen, dass die Beklagte zum 01.09.2021 verpflichtet ist, an die klagende Partei 85.800Euro Provision für den nun abgeschlossenen Deal mit der … (#…) gemäß Compensation Plan 2021 zu zahlen;

6. die Beklagte zu verurteilen, die Provision in Höhe von 85.300,- Euro aus dem abgeschlossenen Deal mit der … (#…) auf das Umsatzziel der Klägerin für das Jahr 2021 gegenzurechnen;

7 die Beklagte zu verurteilen, den Deal mit der … (#…) in der internen Kommunikation im Namen der Klägerin als die zuständige Mitarbeiterin zu kommunizieren;

8. die Beklagte zu verurteilen, den vorgenannten Deal mit der … (#…) bei der Qualifikation zum „Presidents-Club“ zu berücksichtigen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, auch Account und Senior Account Executives seien gleichermaßen nach der Stellenbeschreibung für Bestandskunden und Prospects zuständig. Dabei sei die Entwicklung von Prospects genauso wichtig wie die Betreuung von Bestandskunden. Abhängig von der individuellen Situation könne die Arbeit an Prospects ca. 50 bis 60 % der gesamten Arbeitszeit eines Account Executives sein Anspruch nehmen. Keineswegs seien 10 % ausreichend. Die Neuzuordnung der von der Klägerin betreuten Kunden im vierten Quartal 2020 sei vor dem Hintergrund erfolgt, dass die nach dem Jahr 2017 erfolgten Umsätze der Klägerin nicht den Erwartungen entsprochen hätten. Dies lasse sich an der variablen Vergütung der Klägerin in den Jahren 2018 und 2019 ablesen. Darüber hinaus seien die Kunden der Klägerin teilweise über lizenziert gewesen und beide Parteien hätten vereinbart, dass die Klägerin ihre Arbeit an Prospects erheblich verbessern solle.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A. Die Klage ist teilweise bereits unzulässig und im Übrigen unbegründet.

I. Die Klage ist teilweise bereits unzulässig.

1. Soweit die Klägerin beantragt hat, die Beklagte zu verurteilen, der klagenden Partei Bestandskunden im angemessenen Ausmaß zuzuordnen, war die Klage bereits unzulässig, weil unbestimmt. Die Formulierung „im angemessenen Ausmaß“ ist völlig unbestimmt. Die Parteien streiten gerade darüber, in welchem Ausmaß Senior Account Executive üblicherweise mit der Betreuung von Bestandskunden beschäftigt werden. Nach der Klägerin sind dies 80 bis 90 % der Arbeitszeit. Nach der Beklagten sind dies lediglich 50-60 %. Über das, was angemessen ist, streiten die Parteien gerade. Eine Verurteilung zur Zuordnung von Bestandskunden „im angemessenen Ausmaß“ würde diesen Streit nicht beilegen. Der Tenor wäre schlicht nicht vollstreckbar.

2. Die Klage ist des Weiteren unzulässig hinsichtlich des Antrags zu 8. Nach dem im Übrigen nicht begründeten Antrag bleibt unklar, was mit einer „Berücksichtigung“ eines „Deals“ „bei der Qualifikation zum ‚Presidents-Club‘“ gemeint sein soll. Der Antrag ist deshalb ebenfalls unbestimmt.

II. Im Übrigen ist die Klage zulässig, jedoch unbegründet.

1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf die Zuordnung der im Antrag zu 1. genannten Kunden samt den dort genannten Tochtergesellschaften zur weiteren selbstständigen Bearbeitung als Senior Account Executive.

a) Einen unmittelbaren Anspruch auf die Betreuung bestimmter Kunden der Beklagten hat die Klägerin weder aufgrund des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrags noch aufgrund einer sonstigen arbeitsvertraglichen Vereinbarung. Eine solche – konkrete Kunden in bezugnehmende Vereinbarung – wird von der Klägerin nicht vorgelegt und von ihr auch nicht behauptet.

b) Die Klägerin hat jedoch auch keinen Anspruch auf die Zuweisung der im Antrag zu 1. genannten konkreten Kunden vor dem Hintergrund, dass ihr die Betreuung dieser Kunden rechtswidrig im Sinne von § 106 S. 1 GewO entzogen worden wäre.

Zunächst ist herauszustellen, dass allein nach dem Vortrag der Klägerin in der Klageschrift für die Kammer zunächst unklar war, wie die arbeitsvertragliche Tätigkeit der Klägerin überhaupt ausgestaltet ist. Ein Sachvortrag dazu, was die Klägerin als Senior Account Executive mit den ihr zugeordneten Bestandskunden bzw. Prospects tut und arbeitsvertraglich zu tun verpflichtet ist, bleibt für die Kammer auch nach Durchsicht der weiteren vorbereitenden Schriftsätze unklar. Dabei musste sich das Gericht den Inhalt der arbeitsvertraglichen Arbeitsleistung der Klägerin nicht aus den vielfachen beigefügten Anlagen selbst heraussuchen. Erhebt ein Arbeitnehmer Beschäftigungsklage im Hinblick auf eine konkrete zu verrichtende Tätigkeit, ist er verpflichtet, in einem ersten Schritt seine tatsächliche Arbeitsleistung nach den konkreten arbeitsvertraglichen Vereinbarungen darzulegen. Erst dann kann das Gericht beurteilen, ob die Veränderung dieser zugewiesenen Arbeit durch die Arbeitgeberin im Einzelfall eine rechtswidrige Ausübung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts darstellt. Ohne Kenntnis vom Umfang des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts kann das Gericht auch dessen billige Ausübung oder eine etwaige Überschreitung nicht feststellen.

Beruft sich ein Arbeitnehmer darauf, dass eine Veränderung in der zugewiesenen Arbeit unbillig i.S.d. § 106 Satz 1 GewO sei und damit eine rechtswidrige Ausübung des Direktionsrechts darstelle, hat er des Weiteren substantiiert darzulegen, wie seine Arbeitstätigkeit vor der Umstrukturierung im Einzelnen in inhaltlicher und zeitlicher Hinsicht ausgestaltet war und wie die Arbeitstätigkeit nach der Umstrukturierung nunmehr ausgestaltet ist.

Unstreitig ist vorliegend, dass die Klägerin bis zum vierten Quartal des Jahres 2020 im Wesentlichen mit der Betreuung von Bestandskunden beschäftigt war. Unstreitig hatte die Klägerin ihre variable Vergütung aber auch nur bis zum Jahr 2016 aus einem wesentlichen Teil der Bestandskunden generiert. Bereits im Jahr 2018 wurden die Kunden … und … einem anderen Berater zur Betreuung zugewiesen. Nach dem Sachvortrag der Klägerin wurde dieser der Kunde … bereits im Januar 2019 entzogen. Im vierten Quartal 2020 war die Klägerin somit lediglich noch mit der Betreuung der Kunden … und … befasst. Für die Kammer stand deshalb fest, dass die Klägerin nicht zu einem singulären Zeitpunkt von der Betreuung von größeren Bestandskunden abgezogen worden ist, sondern über vier Jahre verteilt immer wieder Kunden einem anderen Betreuer zugewiesen worden sind. Infolgedessen bleibt unklar, ob die Klägerin sich zuletzt, wie pauschal von ihr behauptet zu 80 bis 90 % mit der Betreuung von Bestandskunden beschäftigt hat oder ob die Klägerin sich für einen erheblichen in der Vergangenheit vor dem vierten Quartal 2020 zurückliegenden Zeitraum auch mit der Betreuung von Prospects befasst hat, wie in der letzten zwischen den Parteien vereinbarten Zielvereinbarung angedeutet. Die Klägerin trägt zu ihren Arbeitsanteilen jedenfalls nichts vor.

Es bleibt auch unklar, welche Arbeitsanteile die Klägerin seit dem vierten Quartal 2020 mit der Betreuung des Kunden … verbringt und welche Arbeitsanteile mit der Betreuung von Prospects verbracht werden.

Letztlich konnte die Kammer deshalb nicht beurteilen, inwiefern der Arbeitsbereich der Klägerin sich in welchem Moment bzw. Zeitraum wesentlich verändert hätte und welche Gründe die Beklagte deshalb zur Begründung der Ausübung des billigen Ermessens vortragen müsste.

Bei alledem ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber in einem Arbeitsbereich, der sich mit der Betreuung von Kunden befasst, in seiner unternehmerischen Freiheit wählen dürfen muss, wem er die Betreuung seiner Kunden im Unternehmen zur Bearbeitung zuweist. Selbst wenn die Klägerin somit durch die Umstrukturierung in ihrem Arbeitsbereich eine erhebliche und die gravierende Veränderung erfahren haben sollte – was die Kammer nicht ausschließen will – müsste es der Beklagten möglich sein, selbst zu entscheiden, ob die Klägerin die früher von ihr betreuten Kunden oder andere Bestandskunden zur Betreuung zugewiesen bekommen würde.

Inwiefern die Zuordnung der Betreuung von Prospects im Kontrast zur Betreuung von Bestandskunden geringerwertig ist und damit eine Degradierung darstellen soll, ist des Weiteren nicht ausdrücklich vorgetragen worden. Der Kammer ist eine Beurteilung dessen ohne weiteren Sachvortrag auch nicht möglich, weil die Beschreibung der vertraglichen Arbeitstätigkeit der Klägerin als Senior Account Executive im Zusammenhang mit der Betreuung von Bestandskunden fehlt. Für die Kammer war hingegen durchaus nachvollziehbar, dass die Betreuung von Prospects weniger umsatzträchtig ist und damit für Zielvereinbarungen, die auf Umsätze mit Bestandskunden zielen, nachteilig bis aushöhlend wirken kann. Im Hinblick auf die Qualität der auszuübenden Arbeitsleistung gilt dies allerdings nicht ohne weiteres.

2. Der Hilfsantrag zu 2. stand zur Entscheidung an, weil die Klägerin mit ihrem Antrag zu 1. unterlegen ist. Der Entzug der im Antrag zu 2. genannten Kundenaccounts durch die Beklagte war jedoch nicht nachweislich rechtswidrig. Rechtswidrig wäre der Kundenentzug nur, wenn es für die Umstrukturierung durch die Beklagte keine arbeitsvertragliche Grundlage gäbe oder die Beklagte billiges Ermessen bei ihrer Maßnahme nicht eingehalten hätte. Beides lässt sich anhand der vorliegenden Tatsachengrundlage nicht ausreichend beurteilen, dazu siehe oben.

3. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 1.779,00 Euro brutto nebst Zinsen hieraus. Es fehlt bereits an einer Anspruchsgrundlage. Die Klägerin behauptet, er sei für das erste Quartal 2021 aufgrund eines „Compensation Plans“ eine solche Zahlung zugesagt worden für einen abgeschlossenen Deal bei …. Weder hat die Klägerin zu der Anspruchsgrundlage des sogenannten „Compensation Plans“ etwas vorgetragen noch zur Erfüllung etwaiger Anspruchsvoraussetzungen noch zu einem konkreten abgeschlossenen Deal bei …, der zu einer Zahlung i.H.v. 1.779,00 Euro an die Klägerin führen müsste noch zu einer entsprechenden Zusage durch die Beklagte. Das Gericht konnte auch nicht darauf verwiesen werden, sich die Anspruchsgrundlagen aus den unkonkret in Bezug genommenen Anlagen selbst herauszusuchen.

4. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung einer Provision i.H.v. 85.800,00 Euro aus einem abgeschlossenen Deal mit der …. Auch hier fehlt es an einer Darstellung der Voraussetzungen des zugrunde liegenden „Compensation Plans“. Die Klägerin begehrt die Zahlung einer Provision auf Basis einer Anspruchsgrundlage, die sie dem Gericht gegenüber nicht dargestellt hat. Des Weiteren wird der anspruchsauslösende „Deal“ an keiner Stelle beschrieben, ebenso wie die nach dem Compensation Plan notwendige Mitwirkung der Klägerin hieran.

5. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf „Gegenrechnung“ der im Antrag zu 5. genannten Provision aus dem Deal der … auf das Umsatzziel der Klägerin für das Jahr 2021 aus den oben genannten Gründen.

6. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch darauf dass die Beklagte einen Deal in der internen Kommunikation im Namen der Klägerin als zuständige Mitarbeiterin kommuniziert. Unklar bleibt hier schon, was mit „Kommunikation im Namen der Klägerin“ gemeint ist. Jedenfalls hat die Klägerin einen solchen Anspruch aus den oben genannten Gründen schon deshalb nicht, weil unklar ist, um welchen Deal es sich handeln soll, inwiefern die Klägerin an seinem Abschluss beteiligt gewesen sein soll und inwiefern sie deshalb nach dem Compensation Plan hierfür verantwortlich sein soll und nach welchen Regeln ein Arbeitnehmer überhaupt ein Anspruch auf Kommunikation eines erfolgreichen Deals gegenüber den übrigen Betriebsmitgliedern haben soll.

B. Die Kostentscheidung folgt aus § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Festsetzung des Streitwerts im Urteil beruht auf § 61 Abs. 1 ArbGG i.V.m. §§ 3, 5 ZPO. Dabei sind der Antrag zu 1. und zu 2. zusammen mit einem Streitwert von 11.895,84 Euro angesetzt worden. Es handelt sich um die Höhe der variablen Vergütung, die die Klägerin im Jahr 2019 erzielt hat. Der Antrag zu 3. ist mit dem Auffangwert von 5.000,00 Euro bewertet worden. Die Anträge zu 4. und 5. sind entsprechend ihrer Bezifferung angesetzt worden, der Antrag zu 6. mit 500,00 Euro, ebenso wie die Anträge und 7. und 8.

Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Berufung war gem. § 64 Abs. 3a ArbGG im Tenor aufzunehmen. Eine Zulassung der Berufung nach § 64 Abs. 3 ArbGG erfolgte nicht, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch kein Fall des § 64 Abs. 3 Ziffer 2 oder 3 ArbGG vorliegt.

 

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