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Restansprüche aus beendeten Arbeitsverhältnis – Urlaubsabgeltung

Ex-Partner streiten um Auto und Urlaubsabgeltung

In einem Rechtsstreit vor dem Landesarbeitsgericht Köln ging es um die Klärung von Restansprüchen aus einem beendeten Arbeitsverhältnis, insbesondere um Urlaubsabgeltung und die Herausgabe eines Autos. Die Parteien, die ehemalige Lebenspartner sind und gemeinsame Kinder haben, hatten bis zum Jahr 2017 auch ein enges privates Verhältnis. Die Klägerin war beim Beklagten bis zum 28.02.2019 als Büroangestellte tätig. Das damalige Arbeitsverhältnis endete durch eine Kündigung der Klägerin.

Direkt zum Urteil Az: 6 Sa 941/20 springen.

Streitpunkt Urlaubsabgeltung

Der Klägerin stand pro Jahr ein Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen zu. Die genaue Anzahl der vertraglich zu leistenden Arbeitsstunden pro Woche war jedoch streitig. Mit ihrer Klage, die seit dem 31.01.2020 anhängig war, begehrte die Klägerin unter anderem eine Zahlung weiterer Urlaubsabgeltung in Höhe von 8.238,46 EUR brutto.

Auseinandersetzung ums Auto

Der Beklagte forderte im Wege der Widerklage die Herausgabe eines auf seine Firma angemeldeten Autos, welches vor allem von der Klägerin und den Kindern genutzt wurde. Er hatte das Auto im Jahr 2008 gekauft, bezahlt, abgeholt und trägt die Kfz-Versicherung sowie die Kfz-Steuer. Zwischen den Parteien war jedoch streitig, ob die Nutzung lediglich im Rahmen des Arbeitsverhältnisses erfolgte oder ob das Eigentum am Auto der Klägerin im Rahmen einer Schenkung übertragen wurde.

Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln

Das Landesarbeitsgericht Köln entschied mit seinem Urteil vom 09.09.2021, dass die Klägerin das Auto an den Beklagten herausgeben muss (Az: 6 Sa 941/20). Die Revision wurde nicht zugelassen.

Die Kosten des Rechtsstreits wurden aufgeteilt, wobei der Beklagte 56 % und die Klägerin 44 % zu tragen hat.

Fazit zum Rechtsstreit

Der Rechtsstreit zwischen Ex-Partnern um Restansprüche aus einem beendeten Arbeitsverhältnis wurde vor dem Landesarbeitsgericht Köln entschieden. Die Klägerin wurde verurteilt, das Auto an den Beklagten herauszugeben, während über die Zahlung weiterer Urlaubsabgeltung kein gesondertes Urteil veröffentlicht wurde. Die Kosten des Rechtsstreits wurden aufgeteilt, wobei der Beklagte den größeren Anteil zu tragen hat. Die Revision wurde nicht zugelassen.


Das vorliegende Urteil

Landesarbeitsgericht Köln – Az.: 6 Sa 941/20 – Urteil vom 09.09.2021

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 17.09.2020 – 3 Ca 313/20 – teilweise abgeändert und es wird die Klägerin auf die Widerklage verurteilt, an den Beklagten das Fahrzeug Mercedes Benz Viano CDI 2,2 mit der Fahrzeugidentifikationsnummer WDF6 nebst dazugehörigen Schlüsseln herauszugeben.

2. Im Übrigen wird die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits hat zu 56 % der Beklagte und zu 44 % die Klägerin zu tragen.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Restansprüche aus einem beendeten Arbeitsverhältnis. Dabei geht es insbesondere um Urlaubsabgeltung und um die Herausgabe eines Autos.

Zwischen den Parteien bestand bis in das Jahr 2017 auch ein enges privates Verhältnis, aus dem zwei Kinder hervorgegangen sind. Die Klägerin war beim Beklagten seit dem Jahre 2004 bis zum 28.02.2019 als Büroangestellte beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer Kündigung der Klägerin. Zu Beginn des Arbeitsverhältnisses war zwischen den Parteien ein Nettoentgelt in Höhe von 1.100,00 EUR vereinbart worden. Zuletzt betrug das monatliche Bruttoentgelt 5.100,00 EUR. Wie viele Stunden die Klägerin pro Woche vereinbarungsgemäß zu arbeiten hatte, ist zwischen den Parteien streitig. Unstreitig ist jedenfalls, dass der Klägerin pro Jahr ein Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen zustand.

Der Beklagte hatte auf seine Firma ein Auto angemeldet, dessen Herausgabe er im Wege der Widerklage begehrt. Das Auto wurde vor allem von der Klägerin und den Kindern genutzt und ist im Besitz der Klägerin. Es war der Beklagte, der das Auto im Jahre 2008 gekauft hat, der das Auto bezahlt hat, der das Auto von Mercedes Benz abgeholt hat, auf dessen Namen die Zulassungsbescheinigung Teil II (Kraftfahrzeugbrief) als Halter ausgestellt worden war und ist, der diese Zulassungsbescheinigung Teil II nach wie vor in Besitz hat, der die Kfz-Versicherung zahlt und der die Kfz-Steuer trägt. Bis zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Klägerin tankte diese regelmäßig das Auto mit einer Tankkarte der Firma des Beklagten. Die Tankkosten wurden von der Verrechnungsfirma, die sich mit dem Zahlungsfluss über Tankkarten befasst, der Firma des Beklagten in Rechnung gestellt. Beide Parteien tragen vor, dass die Anschaffung, die Bezahlung, die Unterhaltung und die Betankung „aus steuerlichen Gründen über den Betrieb erworben“ und finanziert worden seien. Die steuerliche Berücksichtigung eines geldwerten Vorteils durch die Übereignung des Autos oder durch die private Nutzung eines Dienstwagens ergibt sich dem gegenüber nicht aus den zur Akte gereichten Entgeltabrechnungen der Klägerin. Gleiches gilt für die von der Fima des Beklagten beglichenen Rechnungen für die Betankung des Autos. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Beklagte der Klägerin lediglich im Rahmen des Arbeitsverhältnisses die Nutzung des Autos eingeräumt hat oder ob vielmehr – der gesetzlichen Vermutung aus § 1006 BGB folgend – das Eigentum am Auto der Klägerin vom Käufer des Autos, also von dem Beklagten, im Rahmen einer Schenkung übertragen worden war.

Mit der seit dem 31.01.2020 anhängigen Klage hat die Klägerin neben anderen Ansprüchen, die nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens sind, die Zahlung weiterer Urlaubsabgeltung in Höhe von 8.238,46 EUR brutto begehrt. Der Beklagte hat im Wege der Widerklage die Herausgabe des Autos gefordert.

Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin vorgetragen, sie habe zur Erfüllung ihrer Urlaubsansprüche aus den Jahren 2018 und 2019 keinen Urlaub bewilligt bekommen. Zwar sei sie im Dezember 2018 im Urlaub gewesen, nämlich für die 10 Tage im Zeitraum vom 03.12.2018 bis zum 14.12.2018. Bei dem dort verwirklichten Anspruch habe es sich aber um den (Rest-)Urlaubsanspruch aus dem Jahre 2017 gehandelt. Der gesamte Urlaubsanspruch aus dem Jahre 2018 bestehe noch.

Zur Verteidigung gegen die Widerklage hat die Klägerin vorgetragen, das streitgegenständliche Auto, dessen Herausgabe der Beklagte mit der Widerklage fordere, befinde sich seit jeher in ihrem Eigentum. Im Jahre 2001 hätten sie beide sowohl ihren Golf als auch den Volvo des Beklagten verkauft. Aus dem Erlös sei damals ein Volvo gekauft worden, der überwiegend von ihr genutzt worden sei. Aus steuerlichen Gründen sei das Auto über die Firma finanziert worden. Im Jahre 2008 sei dann der Volvo eingetauscht worden für den Mercedes, um den es jetzt gehe. Der Mercedes sei von Anfang an von ihr und den Kindern genutzt worden. Der Beklagte habe das Auto nur dann gefahren, wenn sie und der Beklagte gemeinsam unterwegs gewesen seien. Von vornherein sei klar gewesen, dass das Auto in ihrem Eigentum gestanden habe. Nur aus steuerlichen Gründen sei das Auto über die Firma finanziert worden. Nach der Kündigung des Arbeitsverhältnisses habe sie das Auto weiter gefahren. Seit dem habe sie auch auf eigene Kosten getankt. Die Kfz-Versicherung und die Kfz-Steuer seien nur deshalb weiter über die Firma gelaufen, weil der Beklagte trotz mehrfacher Aufforderung die Papiere nicht herausgegeben habe. Seit Juli 2019 besitze das Fahrzeug jedoch keine gültige TÜV-Plakette mehr. Es sei nicht fahrbereit und müsse instandgesetzt werden.

Die Klägerin hat beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an sie für den Monat Januar 2019 5.100,00 EUR brutto abzüglich netto gezahlter 3.500,00 EUR und für den Monat Februar 2019 5.100,00 EUR brutto abzüglich netto gezahlter 3.500,00 EUR zu zahlen und ihr bei Zahlung eine entsprechende Abrechnung zu erteilen;

2. den Beklagten zu verurteilen, an sie Urlaubsabgeltung i.H.v. 8.238,46 EUR brutto zu zahlen und ihr bei Zahlung eine entsprechende Abrechnung zu erteilen;

3. den Beklagten zu verurteilen, ihr für das Jahr 2019 die Lohnsteuerbescheinigung auszuhändigen;

4. den Beklagten zu verurteilen, ihr unter dem 28.02.2019 ein Arbeitszeugnis zu erteilen, welches sich auf Leistung und Verhalten erstreckt;

5. die Widerklage des Beklagten abzuweisen.

Der Beklagte hat beantragt,

1. die Klage abzuweisen;

2. die Klägerin und Widerbeklagte zu verurteilen, an ihn das Fahrzeug Mercedes-Benz Viano CDI 2,2 mit der Fahrzeugidentifikationsnummer WDF6 nebst dazugehörigen Schlüsseln herauszugeben.

Gegen die Klage hat er eingewandt, der Vortrag der Klägerin, sie habe ihren Urlaubsanspruch aus dem Jahre 2018 nicht erfüllt erhalten, sei unzutreffend. Der Klägerin seien im Jahre 2018 insgesamt 28 Tage an Urlaub gewährt worden:

  • 02.01.2018 – 05.01.2018
  • 12.02.2018
  • 13.08.2018 – 24.08.2018
  • 03.12.2018 – 14.12.2018
  • 24.12.2018
  • 27.12.2018
  • 28.12.2018
  • 31.12.2018

Während der ersten Januarwoche 2019 seien Betriebsferien vereinbart gewesen.

Das Auto gehöre ihm, schon immer gehöre der Mercedes zum Betriebsvermögen. Das ergebe sich aus dem KFZ-Brief sowie aus den Tatsachen, dass er die Versicherung und die Kfz-Steuer zahle und dass die Klägerin auf Kosten der Firma getankt habe.

Mit Urteil vom 17.09.2020 hat das Arbeitsgericht Aachen der Klage weitgehend stattgeben. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Urlaubsabgeltung sei in Höhe von 7.061,92 EUR begründet, aus den Darlegungen des Beklagten ergebe sich nämlich keine Urlaubsgewährung und damit keine Erfüllung des aus den Jahren 2018 und 2019 stammenden Urlaubsanspruchs. Die Widerklage auf Herausgabe des Autos sei unbegründet, weil sich aus den Darlegungen des Beklagten nicht ergebe, dass er (noch) der Eigentümer des Autos sei. Entscheidend sei die Eigentumsvermutung der Besitzerin aus § 1006 BGB.

Gegen dieses ihr am 29.09.2020 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 28.10.2020 Berufung eingelegt und er hat diese am 27.11.2020 begründet.

Der Beklagte trägt zur Begründung seiner Berufung vor, es sei die Klägerin selbst gewesen, die den Urlaub eingetragen und dann auch genommen habe. Wegen der bestehenden privaten Beziehung sei von förmlichen Urlaubsanträgen abgesehen worden. Dass die Klägerin mit den gemeinsamen Kindern im Urlaub gewesen sei, ergebe sich schon aus dem in Kopie zur Akte gereichten Chatverlauf (Bl. 158 ff d.A.). Die zehn Tage unstreitig genommenen Urlaubs im Dezember 2018 könnten nicht den Urlaubsanspruch „aus dem Jahre 2017“ betreffen, da dieser spätestens am 31.03.2018 verfallen sei. Der Urlaubsanspruch aus dem Jahre 2018 sei am 31.12.2018 verfallen, da es keinen Übertragungstatbestand gebe.

Zu Unrecht habe das Arbeitsgericht außerdem die Widerklage abgewiesen. Es sei unzutreffend, nur auf das Indiz des Besitzes abzustellen. Es hätte berücksichtigt werden müssen, dass er alleiniger Halter sei, dass er nach den Kaufvertragsunterlagen der Besteller und Käufer gewesen sei, dass die Übergabe des Autos an ihn erfolgt sei, dass er durchgehend die Benzinkosten getragen habe und dass auch die übrigen Betriebskosten auf seine Rechnung beglichen worden seien.

Der Beklagte beantragt, das Urteil des Amtsgerichts Aachen vom 17.09.2020 – 3 Ca 313/20 – teilweise abzuändern und

1. die Klage abzuweisen, soweit der Beklagte verurteilt wurde, an die Klägerin 7.061,92 EUR brutto zu zahlen;

2. die Klägerin auf die Widerklage zu verurteilen, an ihn das Fahrzeug Mercedes-Benz Viano CDI 2,2 mit der Fahrzeugidentifikationsnummer WDF6 nebst dazugehörigen Schlüsseln herauszugeben.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie macht geltend, der Urlaubsanspruch habe nicht verfallen können, weil der Beklagte seinen diesbezüglichen Obliegenheiten nicht nachgekommen sei. Im Übrigen verteidigt sie das arbeitsgerichtliche Urteil und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Beklagten ist nur mit Blick auf die vom Arbeitsgericht abgewiesene Widerklage begründet.

I. Die Berufung des Beklagten ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II. Das Rechtsmittel hat in der Sache teilweise Erfolg. Während der Klägerin die von ihr geltend gemachte Urlaubsabgeltung tatsächlich zusteht, die Berufung des Beklagten daher unbegründet ist, hat der Beklagte einen Anspruch auf Herausgabe des Autos. Hinsichtlich dieses mit der Widerklage geltend gemachten Anspruchs war das die Widerklage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts folglich teilweise aufzuheben und der Widerklage insoweit stattzugeben. Nach den Anträgen des Beklagten in seiner Berufungsbegründung waren nur diese beiden Ansprüche die verbleibenden Streitgegenstände vor dem Berufungsgericht. Mangels einer weitergehenden Berufung und mangels einer Anschlussberufung ist das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen mit den Nummern 1, 2, 4, 5 und 6 seines Tenors rechtskräftig.

1. Die Berufung des Beklagten bleibt in der Sache ohne Erfolg, soweit sie sich gegen den Tenor zu 3 des arbeitsgerichtlichen Urteils wendet. Zurecht und mit zutreffender Begründung, auf die gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht den Anspruch auf Urlaubsabgeltung in seiner zuletzt rechnerisch unstreitigen Höhe tituliert: Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung ergibt sich aus § 6 des Arbeitsvertrages in Verbindung mit § 7 Abs. 4 BUrlG. Eine ausdrückliche Urlaubsbewilligung hat der Beklagte bis zuletzt nicht vorgetragen. Eine solche Urlaubsbewilligung auf einen Urlaubsantrag wäre aber eine notwendige Voraussetzung für eine Erfüllung des Urlaubsanspruchs, die zu einem Untergang desselben nach § 362 BGB hätte führen können (BAG v. 16.07.2013 – 9 AZR 50/12 -). Ein Verfall des Urlaubsanspruchs aus den Jahren 2017 und 2018 nach § 7 Abs. 3 BUrlG hat nicht stattgefunden, da der Arbeitgeber, hier also der Beklagte, seiner Obliegenheit nicht nachgekommen war, die Klägerin aufzufordern, den Urlaub zu nehmen (BAG v. 19.02.2019 – 9 AZR 423/16 -). Der vom Beklagten in Kopie vorgelegte Chatverlauf (Bl. 158 ff d.A.) bestätigt zwar den Vortrag des Beklagten, die Klägerin sei im März 2018 im Vakantiepark Prisenmeer in Asten/Niederlande und im August 2018 am Königssee gewesen. Er bestätigt aber weder einen Urlaubsantrag noch eine Urlaubsbewilligung, er bestätigt also keine Erfüllung des Anspruchs.

2. Die Berufung des Beklagten hatte aber Erfolg, soweit sie sich gegen die Abweisung der Widerklage wendet, denn der Beklagte hat einen Anspruch auf Herausgabe des Autos. Der Anspruch folgt aus § 985 BGB, da der Beklagte Eigentümer ist (a.), die Klägerin Besitzerin ist und weil mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses das Besitzrecht an dem Auto entfallen ist (b.).

a. Der Beklagte war und ist nach wie vor Eigentümer des streitgegenständlichen Autos. Der Beklagte hat das Auto bestellt; der Beklagte hat das Auto gekauft; der Beklagte hat das Auto bezahlt; der Beklagte ist in der Zulassungsbescheinigung als Halter eingetragen; der Beklagte hat die laufenden Kosten des Autos gezahlt; der Beklagte hat das Benzin gezahlt; der Beklagte ist im Besitz des Kfz-Briefs; Anschaffung und Unterhalt nebst Treibstoff wurden bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus dem Vermögen des Unternehmens des Beklagten finanziert. Aus den zur Akte gereichten Kaufvertragsunterlagen (Bl. 49) ergibt sich die Eigentumsübertragung von der Daimler Crysler AG an den Beklagten. Weder hat eine ausdrückliche Eigentumsübertragung vom Beklagten an die Klägerin stattgefunden (1.), noch kann sich die Klägerin auf die gesetzliche Vermutung aus § 1006 BGB berufen (2.).

(1.) Eine ausdrückliche Eigentumsübertragung an sie hat die Klägerin nach Zeit, Ort und Wortlaut nicht vorgetragen. Der Vortrag der Klägerin beschränkt sich in dieser Hinsicht auf die Behauptung, es sei „von Anfang an klar“ gewesen, dass das Auto in ihrem Eigentum stehen solle. Diese Behauptung wurde vom Beklagten bestritten. Nach den Maßstäben des § 138 ZPO ist nach der pauschalen Behauptung der Klägerin ein pauschales Bestreiten des Beklagten zulässig gewesen. Es wäre nun gemäß § 138 Abs. 1 und 2 ZPO an der Klägerin gewesen, ihren Vortrag zu dem von ihr behaupteten Eigentumserwerb zu konkretisieren. Das ist nicht geschehen.

(2.) Auf die aus § 1006 BGB folgende Eigentumsvermutung kann sich die Klägerin nicht berufen. Für den unmittelbaren Besitzer einer beweglichen Sache wird vermutet, dass er mit der Erlangung des Besitzes Eigenbesitzer geworden ist (BGH v. 11.05.1989 – IX ZR 6/88 -); zugunsten des Eigenbesitzers wird weiter vermutet, dass er bei der Besitzübergabe unbedingtes Eigentum erworben hat und während der Dauer seines Besitzes Eigentümer geblieben ist (§ 1006 BGB).

Vorliegend ist sowohl die Vermutung, die Klägerin als unmittelbare Besitzerin sei Eigenbesitzerin als widerlegt anzusehen (aa), als auch die Vermutung, die Klägerin als Eigenbesitzerin sei Eigentümerin (bb).

aa. Die Vermutung, dass die Klägerin als unmittelbare Besitzerin des Autos Eigenbesitzerin ist, ist als widerlegt anzusehen. Der Eigenbesitzer ist gemäß § 872 BGB derjenige Besitzer, der eine Sache als ihm gehörend besitzt. Eigenbesitzer ist somit, wer die tatsächliche Gewalt über die Sache mit dem Willen ausübt, sie wie eine ihm gehörende zu beherrschen. Danach kann beispielsweise auch ein Dieb Eigenbesitzer der von ihm gestohlenen Sache sein. Eigenbesitz ist sowohl in unmittelbarer als auch in mittelbarer Form möglich. Für den Eigenbesitz ist nicht erforderlich, dass der Besitzer sich für den Eigentümer hält, sondern nur, dass er die Sache so besitzt, als wenn sie ihm gehören würde. Demgegenüber ist Fremdbesitzer, wer eine Sache als einer anderen Person gehörend besitzt. Wer zunächst Fremdbesitzer war, kann sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch dann nicht auf § 1006 BGB berufen, wenn er später Eigenbesitzer geworden ist (BGH v. 16.10.2003 – IX ZR 55/02 -). Für die Abgrenzung zwischen Eigenbesitz und Fremdbesitz entscheidend ist der erkennbare Wille des Besitzers.

Nach diesen Vorgaben war die Klägerin keine Eigenbesitzerin, denn aus dem objektivierten Empfängerhorizont war ihr Wille, das Auto als ihr gehörend zu beherrschen bis zur Rechtshängigkeit der Widerklage nicht erkennbar. Das Gegenteil ist der Fall. Der Schwerpunkt der nach außen tretenden oder von außen erkennbaren Willensbekundungen und Verhaltensweise sprechen für die Annahme eines Fremdbesitzes. Zwar hat die Klägerin mit wenigen Ausnahmen das Auto selbst gefahren (deshalb ist sie als unmittelbare Besitzerin zu betrachten). In der Buchhaltung des Unternehmens und gegenüber dem Finanzamt stellte sich das Auto aber als dem Betriebsvermögen zugehörig dar. Diese Darstellung nach Außen wurde nicht nur vom Beklagten „aus steuerlichen Gründen“ konstruiert, sondern von der Klägerin, die selbst in der Buchhaltung des Unternehmens tätig war, mitgetragen und mitgestaltet. Mit jedem Tankvorgang auf Kosten des Unternehmens (und dort die Steuerlast mindernd) hat sie dies manifestiert.

bb. Selbst wenn aber ein Eigenbesitz der Klägerin am Auto unterstellt wird, kann sie sich nicht auf die Eigentumsvermutung des § 1006 BGB berufen, da auch diese Vermutung als widerlegt anzusehen ist. Die Widerlegung der Vermutung setzt nach den Grundsätzen des § 292 ZPO den vollen Beweis des Gegenteils der Vermutungsfolge voraus, also den Nachweis, dass der Vermutungsbegünstigte entweder beim Besitzerwerb nicht gleichzeitig Eigentümer geworden ist oder dass er sein Eigentum bereits vor dem maßgeblichen Termin wieder verloren hat. Es ist damit im Ergebnis der Nachweis verlangt, dass der Vermutungsbegünstigte (hier also die Klägerin) nie Eigentümer geworden ist (BGH v. 30.01.2015 – V ZR 63/13 -). Ob dem Vermutungsbelasteten (hier also dem Beklagten) der Beweis des Gegenteils gelungen ist, ist nach § 286 ZPO zu entscheiden; dabei kann die Überzeugung des Gerichts aus den Gesamtumständen gewonnen werden (BGH v. 20.09.2004 – II ZR 318/02 -). Für den Beweis des Gegenteils reicht es zwar nicht aus, dass der beweisbelastete Vermutungsgegner eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür dartut, dass der Vermutungsbegünstigte nicht Eigentümer ist bzw. war (BGH 30.04.2013 – VII ZB 22/12 -). Bei den Anforderungen an die Widerlegung der Vermutung dürfen aber keine zu hohen Anforderungen gestellt werden (BGH 30.01.2015 – V ZR 63/13 -). So kann der Beweis des Gegenteils auch mit Hilfe von Beweisanzeichen (Indiztatsachen) und Erfahrungssätzen geführt werden (Staudinger/Thole (2019) BGB § 1006, Rn. 85 mwN).

Solche Indiztatsachen, die für das nach wie vor bestehende Eigentum des Beklagten als Inhaber seines Unternehmens sprechen, sind hier zahlreich und widerlegen die Vermutung aus § 1006 BGB. Dies widerspricht nicht der vom Arbeitsgericht zitierten Entscheidung des BGH vom 16.10.2003 (IX ZR 55/02), in der davon die Rede ist, die Eintragungen im Kfz-Brief und der Besitz desselben seien nur Indizien, die in der Würdigung der gesamten Umstände zu berücksichtigen seien, gegenüber der Vermutung des § 1006 BGB aber zurückzutreten hätten. Denn dort war der Sachverhalt – einschließlich der mit diesem verbundenen möglichen Erfahrungssätzen – ein ganz anderer: Dort wurde die Eigentumsvermutung nämlich zu Gunsten einer Vollstreckungsgläubigerin (einer Bank) entgegen der Interessen des unmittelbaren Besitzers (des ehemaligen Alleingesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH) angenommen, der weiter mit „seinem“ oder besser: „einem“ Porsche fahren wollte und sich über seine ehemalige Firma (vordergründig die Klägerin im dortigen Verfahren) gegen den Entzug des Autos wehrte, mit der Behauptung, es sei nicht er sondern diese Firma, die immer noch Eigentümerin sei. Sehr naheliegend, realitätsnah und unausgesprochene Erfahrungssätze zugrunde legend hat hier der 9. Senat des BGH hervorgehoben, dass die Eintragungen im Kfz-Brief alleine nicht geeignet seien, den Besitzer – und deshalb wohl auch: Eigentümer – des Porsche über den Umweg einer Drittwiderspruchsklage der ehemalig von ihm geführten GmbH vor der Vollstreckung seiner Gläubiger zu schützen. Diese Hervorhebung des BGH ist ganz offensichtlich kaum auf den vorliegenden Fall übertragbar.

Dem unmittelbaren Besitz der Klägerin an dem Auto und die regelmäßige Benutzung desselben durch sie und die gemeinsamen Kinder stehen alle bezüglich eines Autos denkbaren gegenteiligen Indizien entgegen:

Die Kaufvertragsurkunde weist den Beklagten allein als Käufer aus;

aus der Urkunde ergibt sich, dass der Beklagte allein den Kaufpreis gezahlt hat;

aus der Urkunde ergibt sich, dass der Beklagte das Auto entgegen genommen hat;

in der Zulassungsbescheinigung Teil II (dem Kraftfahrzeugbrief) wird der Beklagte als Halter benannt;

der Beklagte ist nach wie vor im Besitz der Zulassungsbescheinigung Teil II;

der Beklagte zahlte durchgängig die Beiträge zur Kfz-Versicherung;

der Beklagte zahlte durchgängig die Kfz-Steuer;

bis zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Klägerin wurde das Auto auf Kosten des Unternehmens des Beklagten betankt.

Jedenfalls die einvernehmliche Berufung der Parteien auf eine „steuerrechtlich begründete Gestaltung“ des Sachverhalts zerstört die Vermutungswirkung. Sinngemäß gilt hier das gleiche, wie bei der Frage nach der Höhe der Nutzungsausfallentschädigung für den unberechtigten Entzug eines Dienstwagens (BAG v. 21.03.2021 – 5 AZR 651/10 -): Man wird die Arbeitsvertragsparteien an der von ihnen gewählten Besteuerungsmethode festhalten müssen, da davon auszugehen ist, dass die Vertragsparteien mit der gewählten Besteuerung den Vorteil realitätsgerecht und angepasst an die jeweiligen Verhältnisse bewertet haben. Es wäre auch nicht hinnehmbar, wenn den Arbeitsvertragsparteien erlaubt wäre, untereinander den geldwerten Vorteil der Privatnutzung anders zu bemessen als gegenüber den Finanzbehörden (Küttner Personalbuch 2021 / Griese Dienstwagen Rn. 12). Vorliegend haben beide Parteien vorgetragen, dass die Anschaffung, die Bezahlung, die Unterhaltung und die Betankung „aus steuerlichen Gründen über den Betrieb erworben“ und finanziert worden seien. Die steuerliche Berücksichtigung eines geldwerten Vorteils durch die Übereignung des Autos oder durch die private Nutzung eines Dienstwagens ergibt sich dem gegenüber nicht aus den zur Akte gereichten Entgeltabrechnungen der Klägerin. Gleiches gilt für die von der Firma des Beklagten beglichenen Rechnungen für die Betankung des Autos. Das Auto ist also im gegenseitigen Einvernehmen der Parteien steuerrechtlich als Betriebsmittel der Firma angeschafft, unterhalten und für die Firma umsatzsteuermindernd berücksichtigt worden, ohne dass demgegenüber die Überlassung (oder gar: die Übereignung) des Autos bei der Klägerin einkommenssteuererhöhend berücksichtigt worden wäre. Steuerrechtlich haben die Parteien damit einvernehmlich einen Sachverhalt dargestellt, der gegen die Annahme eines Eigentumsüberganges auf die Klägerin spricht. Die Vermutung des § 1006 BGB ist spätestens hierdurch zerstört, denn (wie bereits zitiert): Es ist nicht hinnehmbar, wenn den Arbeitsvertragsparteien erlaubt wäre, untereinander den geldwerten Vorteil der Privatnutzung oder gar die Bedingungen einer Eigentumsübertragung anders zu bemessen als gegenüber den Finanzbehörden.

Da dem Beklagten damit die Widerlegung der Vermutung aus § 1006 Abs. 1 BGB gelungen ist, so kommt ihm selbst wieder die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 2 für seinen früheren Besitz zugute (Staudinger/Thole (2019) BGB § 1006, Rn. 91).

b. Als Eigentümer ist der Beklagte gemäß § 985 BGB berechtigt, die Herausgabe des Autos zu fordern, da die Klägerin kein Recht zum Besitz mehr hat. Ein solches Recht ist hier allenfalls denkbar aus dem Arbeitsverhältnis oder aus einem Leihvertrag. Beide Rechte kommen hier aber nicht in Betracht. Das Arbeitsverhältnis ist unstreitig beendet und ein etwa einmal begründeter Leihvertrag muss spätestens mit dem Herausgabeverlangen ebenfalls als beendet betrachtet werden, § 604 Abs. 3 BGB.

III. Nach allem war die Berufung zurückzuweisen, soweit das Arbeitsgericht der Klage auf Urlaubsabgeltung stattgegeben hat; ihr war aber stattzugeben, soweit das Arbeitsgericht die Herausgabe(wider-)klage des Beklagten abgewiesen hat. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 ZPO. Gründe für eine Revisionszulassung sind nicht gegeben, da die Entscheidung auf den Umständen des vorliegenden Einzelfalls beruht.

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