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Rückzahlung von Fortbildungskosten – zulässige Bindungsdauer

Landesarbeitsgericht Köln – Az.: 10 Sa 460/20 – Urteil vom 28.05.2021

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 20.05.2020 – 3 Ca 6445/19 – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rückzahlung von Fortbildungskosten bzw. um im Wege der Widerklage geltend gemachte Restvergütung.

Der Beklagte, geboren am 1996, absolvierte zunächst eine Ausbildung zum Industrie-Isolierer bei der Klägerin. Nach deren erfolgreichem Abschluss schlossen die Parteien einen Arbeitsvertrag mit Wirkung zum 02.07.2015. Die Klägerin gewährte dem Beklagten zuletzt einen Stundenlohn von 16,50 EUR brutto. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien ist der Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe anwendbar.

Die Parteien vereinbarten unter dem 28.10.2018 einen Fortbildungsvertrag hinsichtlich der Teilnahme des Beklagten an der Fortbildungsveranstaltung „Werkpolier Industrie-Isolierer“ vom 28.01. bis 08.03.2019. Im Fortbildungsvertrag war für die Dauer der Fortbildungsveranstaltung die Freistellung des Beklagten von der Arbeitsleistung geregelt. Ziffer 4 enthält die Erstattungspflicht der Klägerin gegenüber dem Beklagten bezüglich der Kosten der Ausbildung auf Nachweis.

Ziffer 5 des Fortbildungsvertrages lautet wie folgt:

„Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, die gemäß Ziffer 4 dieses Vertrages vom Arbeitgeber übernommenen Fortbildungskosten in vollem Umfang zu erstatten, falls er vor Ablauf von drei Jahren seit Beginn der Fortbildungsmaßnahme

  • das Arbeitsverhältnis aus einem nicht vom Arbeitgeber veranlassten, auch nicht mitveranlassten Grund, durch den Arbeitnehmer gekündigt wird;
  • der Arbeitnehmer seitens des Arbeitgebers aus einem von dem Arbeitnehmer zu vertretenden Grund gekündigt wird;
  • ein Aufhebungsvertrag in Folge von verhaltensbedingten Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers geschlossen wird.“

Ziffer 7 des Fortbildungsvertrages vom 22.10.2018 regelt Folgendes:

„Der Anspruch des Arbeitgebers auf Rückerstattung der Kosten reduziert sich ab dem Tag des erfolgreichen Abschlusses der Fortbildungsmaßnahme um monatlich 1/36. Nach Ablauf von drei Jahren seit Abschluss der Fortbildungsmaßnahme ist die Forderung des Arbeitgebers auf Rückerstattung der Fortbildungskosten somit erloschen.“

Der Beklagte nahm an der Fortbildung teil. Die Kosten der Fortbildung betrugen insgesamt 7.257,41 EUR.

Mit Eigenkündigung vom 30.07.2019 beendete der Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31.08.2019.

Mit Schreiben vom 05.08.2019 machte die Klägerin die Rückerstattung der Fortbildungskosten in Höhe von 6.249,44 EUR gegenüber dem Beklagten geltend. Dieser lehnte die Rückzahlung mit Schreiben vom 12.08.2019 ab.

Die Klägerin leistete dem Beklagten die Vergütung für August 2019 abzüglich eines Einbehaltes für Fortbildungskosten im Umfang von 1.153,72 EUR.

Die Klägerin verfolgt ihren restlichen Erstattungsanspruch mit ihrer Klage vom 29.09.2019, die am 01.10.2019 beim Arbeitsgericht Köln eingegangen ist, gegenüber dem Beklagten weiter. Der Beklagte wiederum macht im Wege der Widerklage vom 04.11.2019, die am selben Tag beim Arbeitsgericht Köln eingegangen ist, restliche Vergütung für August 2019 geltend.

Die Klägerseite hat erstinstanzlich die Rechtsansicht vertreten, sie könne ihren Erstattungsanspruch aus Ziffer 5 des Fortbildungsvertrages vom 22.10.2018 herleiten. Der anteilig zu berechnende Erstattungsbetrag betrage insgesamt 6.249,44 EUR. Hiervon seien abzuziehen zu verrechnende Vergütungsansprüche für Juli 2019 im Umfang von 140,29 EUR und für August 2019 in Höhe von 1.153,27 EUR. Die Klägerin sei berechtigt, von der vom Bundesarbeitsgericht entwickelten üblichen Bindungsdauer hinsichtlich der Kosten von Fortbildungsveranstaltungen abzuweichen, da sie bei der Durchführung der Fortbildungsveranstaltung für den Beklagten erhebliche finanzielle Aufwendungen geleistet habe. Der Beklagte habe zudem außerordentliche Vorteile im Rahmen der absolvierten Fortbildung erlangt, indem er die Qualifikation als Werkpolier erreicht habe und hierdurch in der Lage sei, die Regelqualifikation für die Lohngruppe 6 gemäß § 5 BRTV Bau zu erreichen. Auch die Kosten in der Unterbringung im sogenannten Bildungshotel habe der Beklagte selber ausgelöst, indem er selber dort eine eigene Buchung vorgenommen habe.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt, den Beklagten zu verurteilen, 4.955,43 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.08.2019 an die Klägerin zu zahlen.

Der Beklagte hat erstinstanzlich beantragt, die Klage abzuweisen.

Zudem hat er im Wege der Widerklage erstinstanzlich beantragt, die Klägerin zu verurteilen, an ihn 1.153,27 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.09.2019 zu zahlen.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Der Beklage hat erstinstanzlich die Rechtsansicht vertreten, ein Erstattungsanspruch aus Ziffer 5 des Fortbildungsvertrages gegenüber ihm bestehe nicht. Der Fortbildungsvertrag sei unwirksam, da er der gebotenen AGB-Kontrolle nicht standhalte. Da die Fortbildung lediglich 40 Tage gedauert habe, sei eine Bindungswirkung für drei Jahre unangemessen. Eine Rückführung auf eine zulässige Bindungsdauer im Wege ergänzender Vertragsauslegung sei nicht durchzuführen. Die angefallenen Kosten seien unerheblich, da sie keine erheblichen Aufwendungen für das mittelständische Unternehmen der Klägerin darstellten. Es liege ein Verstoß gegen § 307Absatz 1 Satz 2 BGB vor, da die Höhe der möglichen Rückzahlung nicht von vornherein erkennbar gewesen sei. Im Fortbildungsvertrag seien nur Lehrgangskosten und Prüfungsgebühren aufgelistet, sowie die Unterbringungskosten. Ziffer 6 des Fortbildungsvertrages verstoße gegen das Transparenzgebot. Insbesondere die Berechnungsmethode hinsichtlich der Vergütung der Fahrtkosten habe der Beklagte dem Fortbildungsvertrag vom 22.10.2018 nicht entnehmen können. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Eigenkündigung des Beklagten von der Klägerin mitveranlasst worden sei. Sie habe gegen ihre Fürsorgepflicht gegenüber dem Beklagten verstoßen, indem sie ihn nach B als Lagerist abgeordnet habe, obgleich der Beklagte aufgrund seiner privaten Umstände gebeten habe, ihn nicht zu versetzen. Dem Beklagten sei von der Klägerin zu keiner Zeit – anders als anderen Mitarbeitern – angeboten worden, seine Familie nach B mitnehmen zu dürfen. Er sei auch bei der Wohnungssuche im Montagezeitraum in B nicht unterstützt worden von der Klägerin. Trotz seiner Fortbildung habe die Klägerin ihn weiterhin lediglich als Lagerist eingesetzt. Auch sei ihm die gebotene Winterjacke nicht zur Verfügung gestellt worden.

Das Arbeitsgericht Köln hat gemäß Urteil vom 20.05.2020 – 3 Ca 6445/19 – die Klage als unbegründet abgewiesen und auf die Widerklage des Beklagten, die Klägerin zur restlichen Vergütungszahlung für August 2019 nebst Zinsen verurteilt. Ein Rückzahlungsanspruch könne die Klägerin nicht aus Ziffer 5 des Fortbildungsvertrages vom 22.10.2018 herleiten. Die Rückzahlungsklausel im Fortbildungsvertrag, der allgemeinen Geschäftsbedingungen im Sinne der §§ 305 ff. BGB enthalte, sei hinsichtlich der Rückzahlungsklausel wegen Unangemessenheit im Sinne des § 307 Absatz 1 BGB unwirksam. Die dort geregelte Bindungsdauer von drei Jahren sei unangemessen lang. Überdurchschnittlich große Vorteile habe der Beklagte durch diese Fortbildung nicht erlangt. Auch der Einsatz von ganz erheblichen finanziellen Mitteln durch die Klägerin sei nicht gegeben, die ein Abweichen von der regelmäßigen angemessenen Bindungsdauer rechtfertigen könnten. Eine geltungserhaltende Reduktion auf die zulässige Bindungsdauer sei nicht geboten. Eine ergänzende Vertragsauslegung führe zu keinem abweichenden Ergebnis, da die Prognose der zulässigen Bindungsdauer für die Klägerin nicht schwierig gewesen sei. Auf die Widerklage hin sei daher der Restvergütungsanspruch des Klägers für August 2019 in der geltend gemachten Höhe zu titulieren gewesen.

Gegen das ihr am 02.06.2020 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Köln hat die Klägerin am 29.06.2020 Berufung eingelegt und diese am 30.07.2020 beim Landesarbeitsgericht begründet.

Die Klägerin wendet gegenüber der erstinstanzlichen Entscheidung ein, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts habe der Beklagte durch die Fortbildung zum Werkspolier unmittelbare erhebliche wirtschaftliche Vorteile erlangt, indem er die Möglichkeit habe, bei einer Beschäftigung als Werkspolier statt des bisherigen Stundenlohns von 16,50 EUR brutto auf den tariflichen Stundenlohn von 23,70 EUR brutto sich zu steigern. Auch zu berücksichtigen sei, dass die erheblichen Gesamtkosten von 7.257,41 EUR von der Klägerin übernommen worden seien. Jedenfalls aber sei eine ergänzende Vertragsauslegung geboten, da bei Abschluss des Fortbildungsvertrages nicht erkennbar gewesen sei, dass von einer unzulässigen Bindungsdauer auszugehen gewesen sei. Daher sei jedenfalls ein reduzierter Rückforderungsbetrag in Bezug auf eine 24monatige Bindungsfrist oder in Bezug auf eine lediglich 12monatige Bindungsfrist geboten. Die Kosten seien im Fortbildungsvertrag auch hinreichend transparent dargestellt worden.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Köln (3 Ca 6445/19) vom 20.05.2020, der Klägerin zugestellt am 02.06.2020, wird aufgehoben und der Beklagte wird unter Abweisung der Widerklage verurteilt, an die Klägerin 4.955,43 EUR nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.08.2019 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung unter Vertiefung seines diesbezüglichen Sachvortrags.

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung der Klägerin ist zulässig, weil sie statthaft und fristgerecht eingelegt wie auch begründet worden ist (§§ 64, 66 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II. Die Berufung ist jedoch unbegründet, da das Arbeitsgericht zu Recht und mit überzeugender Begründung den Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Fortbildungskosten abgewiesen und auf die Widerklage hin dem Beklagten den restlichen Vergütungsanspruch für August 2019 nebst Zinsen zugesprochen hat.

1. Die Klägerin kann aus dem Fortbildungsvertrag vom 22.10.2018 einen Anspruch auf Erstattung der Fortbildungskosten in Höhe von weiteren 4.955,43 EUR – neben dem Aufrechnungsbetrag gemäß der Widerklageforderung – gegenüber dem Beklagten nicht herleiten.

Zunächst ist bei den Regeln des Fortbildungsvertrages vom 22.10.2018 vom Vorliegen allgemeiner Geschäftsbedingungen auszugehen. Die Fortbildungsvereinbarung weist außer den persönlichen Daten des Beklagten keine individuellen Besonderheiten auf. Dies – wie auch das äußere Erscheinungsbild – begründet eine tatsächliche Vermutung dafür, dass es sich bei den Bestimmungen um allgemeine Geschäftsbedingen im Sinne von § 305 Absatz 1 Satz 1 BGB handelt (vgl. BAG, Urteil vom 11.12.2018 – 9 AZR 383/18 -, Randziffer 15).

Für die Wirksamkeit von entsprechenden Rückzahlungsklauseln in Fortbildungsvereinbarungen gilt, dass als vertragliche Vereinbarung, nach denen sich ein Arbeitnehmer an den Kosten einer vom Arbeitgeber finanzierten Ausbildung zu beteiligen hat, soweit er vor Ablauf bestimmter Fristen aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, nur dann zulässig sind, wenn die Ausbildung- und Fortbildungsmaßnahme für den Arbeitnehmer von geldwertem Vorteil ist, sei es, dass bei seinem bisherigen Arbeitgeber die Voraussetzungen einer höheren Vergütung erfüllt sind oder sich die erworbenen Kenntnisse auch anderweitig nutzbar machen lassen. Außerdem müssen die Vorteile der Ausbildung und die Dauer der Bindung in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Das ist in erster Linie nach der Dauer der Aus- oder Fortbildungsmaßnahme, aber auch anhand der Qualität der erworbenen Qualifikation zu beurteilen. Grundsätzlich gilt dabei: Bei einer Fortbildungsdauer bis zu einem Monat ohne Verpflichtung zur Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Bezüge ist eine Bindungsdauer bis zu sechs Monaten zulässig, bei einer Fortbildungsdauer bis zu zwei Monaten eine einjährige Bindung, bei einer Fortbildungsdauer von drei bis vier Monaten eine zweijährige Bindung, bei einer Fortbildungsdauer von sechs Monaten bis zu einem Jahr keine längere Bindung als drei Jahre und bei einer mehr als zweijährigen Dauer eine Bindung von fünf Jahren. Abweichungen hiervon sind jedoch möglich. Eine verhältnismäßig lange Bindung kann auch bei kürzerer Ausbildung gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer ganz erhebliche Mittel aufwendet oder die Teilnahme an der Fortbildung dem Arbeitnehmer überdurchschnittlich große Vorteile bringt. Es geht nicht um rechnerische Gesetzmäßigkeiten, sondern um richterrechtlich entwickelte Richtwerte, die einzelfallbezogenen Abweichungen zugänglich sind (vgl. BAG, Urteil vom 15.09.2009 – 3 AZR 173/08 -, Randziffer 38).

Relevant ist hier die Fortbildung des Beklagten als Werkpolier für den Zeitraum vom 28.01. bis 08.03.2019, wobei Gesamtkosten in Höhe von 7.257,41 EUR entstanden sind.

Nach der o. g. Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist grundsätzlich die zulässige Bindungsdauer von einem Jahr bei einer Ausbildungsdauer bis zu zwei Monaten hier gravierend überschritten, in dem der Fortbildungsvertrag vom 22.10.2018 eine Bindungsdauer von drei Jahren vorsieht. Dies führt zur Unangemessenheit der von der Beklagten verwendeten Klausel im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB.

b. Eine Abweichung von dieser grundsätzlichen Festlegung ist vorliegend nicht geboten.

Von einem außergewöhnlich großen Vorteil im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist nach Absolvierung der Fortbildung zum Werkspolier durch den Beklagten im vorliegenden Einzelfall nicht auszugehen. Die Klägerin führt hierbei den möglichen Aufstieg des Beklagten zum Werkpolier und die dadurch einhergehende Höhergruppierung nach dem Bundesrahmentarifvertrag des Baugewerbes in die Lohngruppe 6 an, die eine Steigerung des bisherigen Lohns des Beklagten in Höhe von 16,50 EUR brutto stündlich auf den Stundenlohn als Werkpolier im Umfang auf 23,70 EUR brutto bewirken würde. Allerdings ist dies keine unmittelbare Folge der Absolvierung des Lehrgangs. Eine Garantie für eine Höhergruppierung ist hierdurch nicht gegeben (vgl. hierzu Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 29.10.2010 – 19 Sa 329/10 -, Randziffer 51). Dies zeigt sich im vorliegenden Einzelfall auch daran, dass sich diese Option für den Beklagten bis zum Ausspruch der Eigenkündigung Ende Juli 2019 nicht realisiert hatte, was auch aus der letzten Gehaltsabrechnung zu schließen ist, die weiterhin von dem Stundenlohn in Höhe von 16,50 EUR brutto ausgeht.

Erhebliche wirtschaftliche Aufwendungen der Klägerin für die Durchführung der Fortbildung des Beklagten rechtfertigen ebenfalls kein Abweichen von den vorgenannten grundsätzlichen Festlegungen. Hierzu hat der Beklagte zutreffend auf den Status der Klägerin als mittelständisches Unternehmen verwiesen. Zudem fließt der erhebliche Teil der entstandenen Fortbildungskosten – nämlich der Umfang der Entgeltfortzahlung den Freistellungszeitraum – in Höhe des darauf entfallenden Bruttolohns von 3.069,00 EUR nebst Arbeitgeberabgaben bereits bei der Festlegung der Grundsätze zur angemessenen Dauer der Bindung ein und vermag eine darüber hinausgehende erhebliche wirtschaftliche Aufwendung ohne weiteres nicht zu rechtfertigen (vgl. hierzu Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 29.10.2010 – 19 Sa 329/10 -, Randziffer 52).

c. Im Rahmen des Rechts der allgemeinen Geschäftsbedingungen ist eine geltungserhaltende Reduktion nicht vorgesehen (vgl. BAG, Urteil vom 15.09.2009- 3 AZR 173/08 -, Randziffer 48).

d. Auf eine an die Unwirksamkeit anknüpfende ergänzende Vertragsauslegung kann sich die Klägerin für eine teilweise Aufrechterhaltung der Rückzahlungsklausel im Umfang einer zulässigen Bindungsdauer nicht berufen.

Eine ergänzende Vertragsauslegung kommt unter Umständen in Betracht, in denen das Gesetz ohnehin vorsieht, dass ein Verstoß gegen die Schutzvorschriften des Rechts der allgemeinen Geschäftsbedingungen ausnahmsweise Auswirkungen auf den Bestand des Vertrages hat, also dann, wenn das Festhalten an ihn für eine Vertragspartei eine unzumutbare Härte darstellen würde. In diesen Fällen ergibt sich aus der gesetzlichen Wertung, dass es nicht bei der bloßen Unwirksamkeit einer Klausel verbleiben kann. Auch unter diesem Gesichtspunkt rechtfertigt jedoch nicht jede Verschiebung der Gewichte zu Lasten des Verwenders die Annahme einer unzumutbaren Härte und damit einer ergänzungsbedürftigen Lücke. Entscheidend ist, ob die ersatzlose Streichung der unwirksamen Klausel eine angemessene, den typischen Interessen des AGB-Verwenders und seines Vertragspartners Rechnung tragende Lösung bietet. Unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Arbeitslebens kommt bei einer mit einer Rückzahlungsverpflichtung für Fortbildungskosten verbundenen zu langen Bindungsdauer eine ergänzende Vertragsauslegung in Betracht. In Einzelfällen sind Abweichungen von der in den Grundstrukturen festgelegten Zulässigkeit von Bindungsklauseln möglich, etwa wenn die Fortbildung dem Arbeitnehmer ungewöhnlich große Vorteile bringt oder der Arbeitgeber gar erhebliche Mittel aufwendet. Es ist also für den Arbeitgeber nicht immer voraussehbar, welche Bindungsdauer angemessen ist. Er trägt damit ein Prognoserisiko (vgl. BAG, Urteil vom 14.01.2009 – 3 AZR 900/07 -, Randziffer 28 ff.).

Hierbei ist vorliegend zu berücksichtigen, dass die grundsätzlich zulässige Bindungsdauer von einem Jahr mit der von der Beklagten gewählten Bindungsdauer von drei Jahren erheblich überschritten worden ist und sich daher ein Prognoserisiko hier nicht mehr realisiert hat. Die dreijährige Bindungsdauer kam mit Rücksicht auf die Ausbildungsdauer von etwas über einem Monat, die an der unteren Schwelle für eine zulässige Bindungsdauer von einem Jahr liegt, von vornherein nicht in Betracht und war mit der gewählten Bindungsdauer von drei Jahren deutlich überschritten. Insofern erweist sich die Beklagtenseite nicht als schutzwürdig für ein von ihr eingegangenes Prognoserisiko. Eine ergänzende Vertragsauslegung war daher nicht vorzunehmen.

Ein Erstattungsanspruch der Klägerin lässt sich aus Ziffer 5 des Fortbildungsvertrages nicht herleiten.

2. Der Beklagte kann wegen der Unwirksamkeit der Rückzahlungsklausel und dem Nichtbestehen der Erstattungsforderungen der Klägerin auch den restlichen Vergütungsanspruch für August 2019 nebst den geltend gemachten Zinsen herleiten, da insofern kein aufrechenbarer Gegenanspruch besteht.

III. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die unterlegene Klägerseite nach § 97 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 72 ArbGG sind nicht gegeben, da die Entscheidung unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung auf den Umständen des Einzelfalls beruht.

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