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Rückzahlung von Fortbildungskosten

Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Az.: 4 Sa 168/11, Urteil vom 03.05.2012

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rückzahlung von Fortbildungskosten.

Der 1983 geborene Kläger trat nach Abschluss seiner Ausbildung bei der Beklagten am 1. August 2003 als Bankangestellter in deren Dienste ein. Gleichzeitig begann er eine dreijährige Ausbildung zum Betriebswirt, die er am 13. Juni 2006 erfolgreich abschloss. Seit dem 1. September 2007 beschäftigte die Beklagte den Kläger als „Gruppenleiter Betriebsbereich“. In dieser Führungsfunktion leitete er bis zu sechs Mitarbeiter in den Bereichen Rechnungswesen, Marktfolge passiv, Personalsachbearbeitung und Sekretariat. Daneben arbeitete er als Sachbearbeiter im Rechnungswesen und im Controlling.

Vorgesetzter des Klägers war bei Übernahme dieser Tätigkeit der Bereichsleiter und Prokurist G…, der am 1. März 2008 in den Vorstand der Beklagten wechselte. Sein Tätigkeitsgebiet wurde aufgeteilt und der Kläger übernahm auch einen Teil davon, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob dies mit einem erheblichen Aufgaben- und Verantwortungszuwachs verbunden war.

Rückzahlung von Fortbildungskosten
Symbolfoto: Gajus/Bigstock

Der Kläger erhielt im Jahre 2008 ein Bruttogehalt in Höhe von EUR 2.689,00 nach der Tarifgruppe 6 der Beklagten. Ab Januar 2009 gruppierte die Beklagte ihn in die Tarifgruppe 7 mit einer Bruttomonatsvergütung in Höhe von EUR 3.059,00 ein. Seit Januar 2010 erhielt er Vergütung nach der Tarifgruppe 8 mit brutto 3.328,00 EUR.

Im Herbst 2008 trat der Kläger an die Vorstände … und … der Beklagten heran und bat darum, einen berufsbegleitenden Master-Studiengang absolvieren zu dürfen.

Die Beklagte war insoweit bereit, die dadurch entstehenden Kosten mit bestimmter Maßgabe zunächst zu verauslagen.

Der Kläger schloss mit der Akademie Deutscher Genossenschaften (ADG) in Montabaur einen Studienvertrag „BEST Master of Business Administration (FinanzMBA)“, wobei seine Unterschrift unter dem Vertrag das Datum 30.10.08 trägt und die Unterschrift des Vertreters der ADG das Datum 12.11.08.

Gemäß § 1 Abs. 3 des Studienvertrages handelt es sich bei dem Studiengang BEST Finanz MBA um einen Studiengang mit staatlicher Anerkennung, der mit dem Master of Business Administration abgeschlossen wird. Der Studiengang dauert in der Regel zwei Jahre. Studienorte sind Montabaur und Berlin, Teile des Programms sind Gast-aufenthalte in Mailand und New York. Das Entgelt für den Studiengang betrug gemäß § 5 Abs. 1 des Studienvertrages 23.900,00 EUR, wobei sich dieser Betrag im Hinblick darauf, dass die Beklagte Fördermitglied des ADG ist, um 2.000,00 EUR reduzierte.

Die Beklagte schloss mit dem Kläger unter dem 12. November 2008 im Hinblick auf diese vom Kläger angestrebte Fortbildung einen Fortbildungsvertrag mit Rückzahlungsklausel. In dessen § 1 heißt es, die Teilnahme erfolge auf Wunsch des Mitarbeiters und diene seiner beruflichen Fort- und Weiterbildung. Gemäß § 2 des Fortbildungsvertrages erklärte sich die Beklagte bereit, den Kläger für die Fortbildung an 15 Tagen pro Jahr freizustellen. § 3 regelt zu den Lehrgangskosten, diese trage der Mitarbeiter und die Abrechnung erfolge dergestalt, dass die Firma (Beklagte) die Lehrgangskosten (inkl. für die Zeit der Freistellung gezahlte Vergütung, Unterkunft und Fahrtkosten, exkl. Fachliteratur) zunächst nach Teilabschnitten in voller Höhe verauslage und sich der Mitarbeiter seinerseits verpflichte, unter seinem Kundenstamm ein Kontokorrentkonto zu eröffnen, von dem die Lehrgangskosten sukzessive nach Entstehung belastet werden. Dieses Konto werde durch die Firma (Beklagte) kostenlos zur Verfügung gestellt.

Zur Rückerstattung heißt es in § 4:

„Nach Abschluss der Fortbildungsmaßnahme erstattet die Firma dem Mitarbeiter den auf dem Kontokorrentkonto ausgewiesenen Betrag in Höhe von 1/36 pro Monat, den das Arbeitsverhältnis nach Beendigung der Fortbildungsmaßnahme besteht.

Die Rückerstattung erfolgt jährlich (12/36) durch Gutschrift auf das Kontokorrentkonto des Mitarbeiters.“

In § 5 heißt es zum Ausschluss der Rückerstattung:

„Kündigt der Mitarbeiter innerhalb von drei Jahren nach Abschluss der Fortbildungsmaßnahme das Arbeitsverhältnis, so hat er die von der Firma verauslagten Kosten des Fortbildungslehrgangs und die für die Zeit der Freistellung gezahlte Vergütung in Höhe der bestehenden Restforderung aus dem Kontokorrentkonto zu tragen. Das gleich gilt, wenn das Anstellungsverhältnis vor Ablauf der Bindungsfrist von drei Jahren von der Firma rechtswirksam aus verhaltensbedingten Gründen oder aus wichtigem Grund i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB gekündigt wird.

Kosten und gezahlte Vergütung sind der Firma auch dann zu erstatten, wenn der Mitarbeiter vor Abschluss der unter § 1 genannten Fortbildung aus dem Unternehmen ausscheidet.

Das Konto wird in diesen Fällen ab dem Zeitpunkt der Beendigung des Anstellungsverhältnisses zu marktüblichen Zinssätzen für Dispositionskredite verzinst.“

Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Kläger den Studienvertrag zeitlich nach dem Fortbildungsvertrag mit Rückzahlungsklausel unterzeichnet hat.

Die Beklagte bestätigte dem Kläger unter dem 9. Dezember 2008 (Bl. 36, 37 d. A.) die Eröffnung eines Girokontos mit der Kontobezeichnung „Seminardarlehen“ mit dem Hinweis, das Konto werde in laufender Rechnung geführt, für das in bestimmten Abständen ein Rechnungsabschluss erteilt werde (§ 355 HGB).

Auf dieses Konto buchte die Beklagte anschließend sämtliche Lehrgangskosten einschließlich der für die Zeit der Freistellung gezahlten Vergütung und die Unterkunfts- und Fahrtkosten.

Das vom Kläger durchgeführte Studium umfasste 85 Präsenztage in Berlin, Montabaur, New York und Mailand in der Zeit vom 20. November 2008 bis 4. November 2010. Die Abschlussprüfung war für März 2011 geplant. Die Beklagte stellte den Kläger nach seiner Berechnung an insgesamt 30 Arbeitstagen unter Fortzahlung der Bezüge für diese Fortbildung frei, wobei die Beklagte insoweit von 31 Tagen ausgeht. Die Fortbildung fand im Übrigen an Wochenenden und an Urlaubstagen des Klägers statt.

Der Kläger kündigte das mit der Beklagten bestehende Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 27. September 2010 ordentlich zum 31. Dezember 2010. Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 20. Oktober 2010 (Bl. 20, 21 d. A.) teilten diese der Beklagten mit, es sei festzustellen, dass die Beklagte nicht in der Lage sei, den Kläger nach der erfolgreich abgeschlossenen Fortbildung angemessen zu beschäftigen. Eine wirksame Vereinbarung, die den Kläger verpflichten könne, von der Beklagten übernommene Fortbildungskosten zurückzuzahlen, sei nicht erkennbar. Die Beklagte werde daher zur Erklärung aufgefordert, dass sie auf Rückforderungsansprüche aus dem Fortbildungsvertrag verzichte.

Die Beklagte behielt im Hinblick auf die Rückzahlungsklausel in § 5 des Fortbildungsvertrages für November 2010 einen Betrag in Höhe von 1.967,04 EUR netto ein. Mit Schreiben vom 3. Januar 2011 (Bl. 89 d. A.) teilte sie dem Kläger mit, sein Seminardarlehen-Konto weise per 3. Januar 2011 eine Überziehung in Höhe von 30.553,77 EUR aus. Er werde aufgefordert, den Betrag bis spätestens 19. Januar 2011 auszugleichen. Eine zweite Mahnung erfolgte mit Schreiben vom 20. Januar 2011.

Der Kläger hat behauptet:

Er habe ab 1. März 2008 den größten Teil der bisherigen Aufgaben des ehemaligen Bereichsleiters … selbständig und eigenverantwortlich übernommen. Trotz dieses Aufgaben- und Verantwortungszuwachses habe sich seine Vergütung nicht geändert. Er sei selbstverständlich bereit gewesen, größere Verantwortung zu übernehmen. Er habe die Beklagte jedoch um eine Kompensation in wirtschaftlicher Hinsicht gebeten. Insoweit habe er sich die Übernahme der Kosten für den streitgegenständlichen Masterstudiengang vorstellen können. Die Beklagte habe dieser Bitte entsprochen und ihm eine Kostenzusage erteilt. Die Beklagte habe sich bei ihrer Überlegung auch davon leiten lassen, dass er während seiner Tätigkeit für die Beklagte zwei privat finanzierte Studiengänge, nämlich einen Diplomabschluss und einen Bachelorabschluss (insgesamt 13.000,00 EUR), absolviert habe. Von diesem Qualifikationszuwachs habe die Beklagte erheblich profitiert. Die Beklagte habe ihm für die Zeit nach Abschluss des Masterstudiengangs keine entsprechend qualifizierte Tätigkeit angeboten. Im Gegenteil, nach der Fusion mit der Raiffeisenbank H…, die zeitlich ungefähr zusammengefallen sei mit der Beendigung seiner Ausbildung, sei beabsichtigt gewesen, ihn auf seiner bisherigen Position nicht weiterzubeschäftigen, da ein Mitarbeiter der …bank … diese Position mitübernehmen und als Leiter des Betriebsbereiches tätig sein sollte. Eine höher qualifizierte Tätigkeit sei für ihn nicht vorgesehen gewesen.

Wegen der im Übrigen vom Kläger geäußerten Rechtsauffassungen wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils. Der Kläger hat insoweit insbesondere die Auffassung vertreten, die Rückzahlungsklausel in § 5 sei deshalb unwirksam, weil sie für den Fall der Eigenkündigung nicht differenziere zwischen den Gründen für den Ausspruch der Eigenkündigung.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.967,04 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 01.12.2010 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Widerklagend hat die Beklagte beantragt, den Kläger zu verurteilen, an sie 30.553,76 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Kläger hat beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, die von ihr für das Studium des Klägers aufgewandten Studiengebühren, Übernachtungs- und Fahrtkosten und Entgeltzahlungen für die bezahlten Freistellungen beliefen sich auf insgesamt 32.520,08 EUR. Für sie sei es grundsätzlich weder erstrebenswert noch weiterführend, dass der Kläger diese Ausbildung absolviert habe. Er sei als Gruppenleiter beschäftigt und in dieser Position gut ausgebildet gewesen und wenn es nach ihr gegangen wäre, hätte er diese Position auch gut weiter ausüben können. Sofern sie einen Mitarbeiter mit MBA-Studium hätte rekrutieren wollen, so hätte sie sich einen solchen auf dem freien Markt suchen und nicht zuvor deutlich über 30.000,00 EUR ausgeben müssen. Der Kläger habe sich zu Höherem berufen gefühlt und unbedingt berufsbegleitend studieren wollen. Die Vorstände hätten ihm diese Chance geben wollen. Sie hätten ihm das Studium mit über 30.000,00 EUR vorfinanziert und seien sogar bereit gewesen, ihm die entsprechende Schuld zu erlassen, wenn er sein akademisches Wissen jedenfalls für drei Jahre der Firma zur Verfügung stelle. Mit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 2010 habe sie von der akademischen Ausbildung des Klägers keinen Nutzen oder Vorteil gehabt. Sie habe letztlich der Bitte des Klägers, ihm das MBA-Studium zu finanzieren, entsprochen mit der Maßgabe, dass der Fortbildungsvertrag mit der Rückzahlungsklausel verbunden werde. Zu keiner Zeit sei die Bewilligung der Vorfinanzierung in irgendeiner Weise als Kompensation für die Arbeitsleistung des Klägers gedacht gewesen. Die Rückzahlungsklausel sei rechtlich nicht zu beanstanden. Im Übrigen stütze sie ihren Zahlungsanspruch auch auf die Vereinbarungen aus dem Kontokorrentverhältnis. Es handele sich dabei um eine neben die Rückzahlungsverpflichtung tretende selbständige rechtliche Vereinbarung.

Wegen der im Übrigen von der Beklagten in erster Instanz vorgetragen Rechtsauffassungen wird Bezug genommen auf den Inhalt des Tatbestands des angegriffenen Urteils.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Rückzahlungsvereinbarung in § 5 sei nicht mit § 307 Abs. 1 S. 1 BGB vereinbar. Denn für den Fall der Eigenkündigung werde nicht differenziert nach den Gründen für das Ausscheiden. Vom Wortlaut her solle der Kläger in allen Fällen seiner Eigenkündigung zur Rückzahlung verpflichtet sein, also auch dann, wenn die Gründe der Eigenkündigung dem Verantwortungs- und Risikobereich der Beklagten zuzurechnen seien. Im Übrigen folge der Rückzahlungsanspruch auch nicht aus dem Kontokorrentvertrag. Dieser müsse sich an denselben Maßstäben messen lassen wie § 5 des Fortbildungsvertrages. Andernfalls bestehe die Gefahr der Umgehung der Schutzvorschrift des § 307 BGB. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird Bezug genommen auf den Inhalt der Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 31. März 2011 zugestellte Urteil am 27. April 2011 mit Fax und am 29. April 2011 mit Originalschriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Frist bis 24. Juni 2011 am 23. Juni 2011 mit Fax und am 24. Juni 2011 mit Originalschriftsatz begründet.

Die Beklagte greift die rechtliche Würdigung des Arbeitsgerichts an und vertritt die Auffassung, die Regelung sei mit § 307 Abs. 1 S. 1 BGB vereinbar. Dass im Fall der Eigenkündigung nicht nach dem Anlass für die Eigenkündigung differenziert werde, sei unschädlich. Entscheidend sei hier aber, dass sie – Beklagte – dem Kläger auf dessen dringende Bitte ein Darlehen gewährt habe, um ein im seinem Interesse liegendes akademisches Studium zu finanzieren. Insoweit sei von einer anderen Interessenlage auszugehen als bei jener, bei der die Fortbildung zu einem erheblichen – wenn nicht gar ganz überwiegenden Teil – im Interesse des Arbeitgebers liege. Hier sei aber im Fortbildungsvertrag ganz deutlich geregelt, dass es allein das Interesse des Klägers sei, die Fortbildung durchzuführen. Es sei auch geregelt worden, dass er die Kosten trage. In einem solchen Fall könne man nicht von einer unangemessenen Benachteiligung ausgehen, wenn der Mitarbeiter dieses Darlehen auch zurückzahlen müsse. Hätte sie mit dem Kläger lediglich den Vertrag über das Kontokorrentkonto abgeschlossen, so hätte die Rückzahlungsverpflichtung des Klägers nicht mit der Begründung des Arbeitsgerichts abgelehnt werden dürfen. Vielmehr wäre Ergebnis gewiesen, dass sich ihr Zahlungsanspruch aus der dem Darlehensvertrag immanenten Verpflichtung des Klägers ergebe. Die Vereinbarung des Darlehens sei keine Umgehung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu den Weiterbildungsverträgen mit Rückzahlungsklausel. Das Studium habe im ausschließlichen Interesse des Klägers gelegen. Für sie sei es weder grundsätzlich erstrebenswert noch weiterführend gewesen, dass der Kläger diese Ausbildung absolviere. Die akademische Graduierung zum MBA sei eine Qualifikation, die eine Karriere in Großbanken sowie bei international tätigen Finanzdienstleistern und Versicherungen ermögliche. Sie sei jedoch eine kleine regionale Bank, bei der für eine solch hohe Qualifikation in Ermangelung entsprechender Positionen (außer des Vorstandes) kein Bedarf bestehe. Der Kläger hätte als Gruppenleiter wie bisher weiterbeschäftigt werden können. Es sei allein der Kläger gewesen, der unbedingt den akademischen Studiengang des MBA habe absolvieren wollen. Wenn sie aber von diesem MBA-Studium überhaupt keinen Vorteil erlangt habe, dann könne die Rückzahlungsverpflichtung auch keine Umgehung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu den Weiterbildungsverträgen mit Rückzahlungsklauseln sein. Im Übrigen folge der Zahlungsanspruch auch aus dem Kontokorrentverhältnis. Es handele sich dabei um eine selbständige vertragliche Vereinbarung.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Arbeitsrechts Lübeck vom 08.03.2011 – 3 Ca 3039/10 – abzuändern und

1. die Klage abzuweisen,

2. widerklagend den Kläger zu verurteilen, an sie 30.553,76 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zahlen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und behauptet nochmals, infolge der Fusion mit der …bank … sei seine Stelle weggefallen. Ihm sei es nicht darum gegangen, nach Abschluss seiner Ausbildung etwa befördert zu werden. Vielmehr habe er lediglich geltend gemacht, gleichwertig weiterbeschäftigt zu werden. Dies habe die Beklagte ihm nicht bieten können.

Wegen des weiteren Vortrages in der Berufung wird Bezug genommen auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist statthaft und frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zutreffend der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Die Angriffe der Berufung rechtfertigen keine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Rückzahlungsvereinbarung in § 5 Abs. 1 S. 1 und in § 5 Abs. 2 des Fortbildungsvertrages vom 12.11.2008 verstößt gegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. Denn in beiden Fällen wird der Kläger unangemessen benachteiligt gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB, weil er ohne Ausnahme für jeden Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnis durch Eigenkündigung verpflichtet wird, die Kosten zurückzuzahlen. Es fehlt an der Unterscheidung danach, ob der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Eigenkündigung der Sphäre des Arbeitgebers oder der des Arbeitnehmers zuzuordnen ist (dazu nachfolgend 1.). Die Unangemessenheit dieser beiden Klauseln lässt sich entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht mit der Behauptung entkräften, die Fortbildung habe allein im Interesse des Klägers gelegen, für sie habe insoweit kein Bedarf bestanden (dazu nachfolgend 2.). Schließlich folgt der Rückzahlungsanspruch der Beklagten auch nicht aus dem Kontokorrentverhältnis (dazu 3.).

1. Die Beklagte begründet ihren Rückzahlungsanspruch damit, der Kläger habe das Arbeitsverhältnis vor Ablauf von drei Jahren nach Beendigung der Ausbildung bzw. sogar während der Ausbildung beendet. Als Anspruchsgrundlage stützt sie sich insoweit auf § 5 des Fortbildungsvertrages.

§ 5 Abs. 1 S. 1 des Fortbildungsvertrages verpflichtet den Kläger zur Rückzahlung der Restforderung aus dem Kontokorrentkonto, sofern er innerhalb von drei Jahren nach Abschluss der Fortbildungsmaßnahme das Arbeitsverhältnis kündigt. § 5 Abs. 2 wiederum verpflichtet den Kläger, der Beklagten die Kosten und die gezahlte Vergütung auch dann zu erstatten, wenn er vor Abschluss der unter § 1 genannten Fortbildung aus dem Unternehmen ausscheidet. Es kann hier dahingestellt bleiben, ob § 5 S. 1 oder § 5 Abs. 2 des Fortbildungsvertrages einschlägig ist. In jedem Fall sind beide Anspruchsgrundlagen gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam, denn sie differenzieren für den Fall der Eigenkündigung durch den Kläger nicht danach, ob der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses dem Kläger zuzurechnen ist oder in der Sphäre der Beklagten zu sehen ist.

a. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB ist für den Fortbildungsvertrag vom 12. November 2008 anwendbar.

Gemäß § 305 Abs. 1 S. 1 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt. Sowohl erstinstanzlich als auch zweitinstanzlich ist von der Beklagten nicht in Abrede gestellt worden, dass grundsätzlich die Vorschriften der §§ 305 ff. BGB Anwendung finden. Davon abgesehen gelten bei Vereinbarungen zwischen einem Arbeitgeber und einem „Verbraucher“ gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB Allgemeine Geschäftsbedingungen vom Unternehmer als gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden. Der Kläger war als Arbeitnehmer Verbraucher im Sinne des § 310 Abs. 3 i. V. m. § 13 BGB. Gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB findet § 307 BGB (Inhaltskontrolle) auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher aufgrund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte. Folglich unterliegt im Regelfall auch die vom Arbeitgeber nur für den Einzelfall vorformulierte Vereinbarung der Inhaltskontrolle. Davon ist auch hier auszugehen, weil die Beklagte nicht dazu vorträgt, die Voraussetzungen des § 310 Abs. 3 BGB seien nicht erfüllt.

b. Gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.

Der 3. Senat des Bundesarbeitsgerichts hat mit Urteil vom 13. Dezember 2011 (3 AZR 791/07) entschieden, dass ein Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt wird gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB, wenn er ohne Ausnahme für jeden Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Eigenkündigung verpflichtet wird, die Ausbildungskosten zurückzuzahlen. Die vom Arbeitgeber (mit) verantwortete Kündigung des Arbeitsverhältnisses stelle im Arbeitsleben keinen so seltenen und fernliegenden Beendigungstatbestand dar, dass sie nicht gesondert in der Klausel erwähnt werden müsste. Solle die Rückzahlungsklausel gerade diese Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer nicht erfassen, so müsse dies hinreichend klar formuliert sein. Die geltungserhaltende Reduktion komme nicht in Betracht. Die Klausel sei hinsichtlich des Beendigungstatbestandes „Kündigung des Arbeitnehmers“ auch nicht teilbar. Mit der Streichung des Beendigungstatbestandes „Kündigung des Arbeitnehmers“ entfalle die Anspruchsgrundlage.

Die Berufungskammer schließt sich der Rechtsauffassung des 3. Senats an.

Eine Auslegung des § 5 Abs. 1 S. 1 und des § 5 Abs. 2 des Fortbildungsvertrages ergibt, dass in beiden Fällen der Kläger als Arbeitnehmer im Fall der Eigenkündigung ausnahmslos zur Rückzahlung der Fortbildungskosten verpflichtet werden soll, ohne dass eine Eigenkündigung ausgenommen wird, die veranlasst wurde aus Gründen, die in der Sphäre der Arbeitgeberin lagen. Folglich kann dahingestellt bleibt, ob § 5 Abs. 1 S. 1 oder § 5 Abs. 2 des Fortbildungsvertrages einschlägig ist. Beide Vorschriften verletzen aus den vorstehenden Gründen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB und kommen folglich als Anspruchsgrundlage für das Rückzahlungsbegehren der Beklagten nicht in Betracht.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Entscheidung des 3. Senats vom 13. Dezember 2011 (3 AZR 791/09) auch auf den hier zu entscheidenden Sachverhalt zu übertragen. Es ist völlig unerheblich, dass es anders als bei der hier zu beurteilenden Fortbildungsvereinbarung dort hieß, „die Gesellschaft übernehme für den Mitarbeiter die Kosten der Ausbildung“. Der Umstand, dass in dem hier streitgegenständlichen Fortbildungsvertrag in § 3 vereinbart wurde, der Mitarbeiter trage die Kosten des Lehrgangs, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn der Sache nach war es in beiden Fällen so, dass zunächst die Arbeitgeberin die Kosten trug und der Arbeitnehmer für drei Jahre gebunden war und im Fall des vorzeitigen Ausscheidens hätte zurückzahlen müssen. Bei wirtschaftlicher Betrachtung besteht also insoweit überhaupt kein Unterschied zwischen beiden Sachverhalten. Es war immer die Arbeitgeberin, die zunächst die Kosten trug und der Arbeitnehmer die Beträge nur unter bestimmten Voraussetzungen hätte erstatten müssen. In beiden Fällen stellt sich identisch die Frage nach der Angemessenheit der Bindung des Arbeitnehmers.

2. Die Angemessenheit der Klauseln lässt sich auch nicht halten mit der Begründung, die Ausbildung sei lediglich – so die Beklagte – auf eigenen Wunsch des Klägers in dessen Interesse ohne Bedarf ihrerseits durchgeführt worden. Die Beklagte will damit die Auffassung vertreten, der Maßstab des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB könne unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hier deshalb nicht zur Anwendung gelangen, weil nur der Kläger ein Interesse an der Fortbildung gehabt habe, sie jedoch nicht.

a. Allein der Umstand, dass die Parteien im Fortbildungsvertrag regelten, die Teilnahme erfolge auf Wunsch des Klägers und diene seiner beruflichen Fort-und Weiterbildung, führt noch nicht dazu, dass die Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Angemessenheit von Rückzahlungsklauseln hier keine Anwendung finden. Dies gilt selbst dann, wenn – was die Beklagte behauptet und vom Kläger nicht substantiiert bestritten wird – die Teilnahme auch tatsächlich auf seinen Wunsch erfolgte und er derjenige war, der insoweit aus einem eigenen Interesse die Initiative ergriff. Allein ein feststellbares Eigeninteresse und eine Eigeninitiative stehen der Anwendung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu Rückzahlungsklauseln nicht entgegen. Denn Weiter- bzw. Fortbildung erschöpft sich nicht nur darin, zusätzliche Qualifikationen zu erwerben, um die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung noch besser erbringen zu können. Vielmehr geht es auch darum, durch Fortbildung zusätzlich und weitergehend Qualifikationen zu erlangen, die einem berufliche Aufstiegsmöglichkeiten eröffnen. Diese beruflichen Aufstiegsmöglichkeiten mögen in der Tat zunächst das Eigeninteresse des Arbeitnehmers an der Fortbildung prägen. Dennoch besteht auch in einer solchen Situation das Spannungsverhältnis zwischen der Berufsfreiheit des Arbeitnehmers und der Vertragsfreiheit des Arbeitgebers, das angemessen berücksichtigt und geregelt werden muss. So heißt es auch in der Vereinbarung über die Ausbildungskostenerstattung, die der 3. Senat in seiner Entscheidung vom 13. Dezember 2011 (3 AZR 791/09) zu beurteilen hatte, die Teilnahme an der Ausbildung erfolge nach übereinstimmender Auffassung der Gesellschaft und des Mitarbeiters im Interesse seiner beruflichen und fachlichen Fort-und Weiterbildung. Trotz dieses bekundeten Eigeninteresses des Arbeitnehmers sah der 3. Senat aber keine Veranlassung, in diesem Fall die bisherigen Prüfungsmaßstäbe nicht anzuwenden. Dass ein etwaiger geäußerter Wunsch des Arbeitnehmers nicht dazu führt, Rückzahlungsvereinbarungen nicht einer Kontrolle zu unterwerfen, ergibt sich auch bereits aus einer früheren Entscheidung des 5. Senats vom 23. Februar 1983 (5 AZR 531/80). Ausweislich des dort dargelegten Tatbestandes hatte die Klägerin den Wunsch geäußert, an dem Lehrgang für den gehobenen Sparkassendienst teilnehmen zu können. Trotz dieses Wunsches prüfte der 5. Senat, ob die dortigen Rückzahlungsvereinbarungen unter Beachtung des Grundsatzes der freien Wahl des Arbeitsplatzes zu beanstanden waren. Schließlich lag der Entscheidung des 9. Senats (9 AZR 482/06) eine Vereinbarung zwischen den dortigen Vertragsparteien zu Grunde, ausweislich derer die Teilnahme des Mitarbeiters an dem 42-monatigen Studiengang Betriebswirtschaft auf dessen eigenen Wunsch im Interesse seiner beruflichen Fort- und Weiterbildung stattfand, wobei der Mitarbeiter auch anerkannte, die Höhe der insgesamt gezahlten und zu zahlenden Studiengebühren dem Unternehmen zu schulden. Die Formulierungen im dortigen Vertrag entsprechen folglich weitgehend der hier zu beurteilenden Regelung, zumal es auch dort heißt, für jeden Monat der Beschäftigung nach Beendigung des Studiums werde dem Mitarbeiter 1/36 des gesamten Darlehensbetrages erlassen. Dennoch hat der 9. Senat im dortigen Verfahren die Rückzahlungsklausel an § 307 Abs. 1 S. 1 BGB gemessen. Mit anderen Worten: Allein ein – auch objektiv vorhandener – eigener Wunsch des Mitarbeiters und die von ihm ausgehende Initiative zur Fortbildung stehen der Anwendung des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB nicht entgegen. Folglich ist es entgegen der Auffassung der Beklagten unerheblich, dass die Parteien im Fortbildungsvertrag regelten, die Teilnahme erfolge auf Wunsch des Mitarbeiters und dieser trage gemäß § 3 die Kosten des Lehrgangs.

b. Auch die Argumentation der Beklagten, sie habe kein Interesse an der Fortbildung des Klägers gehabt, insbesondere keinen Bedarf an der akademischen Ausbildung des Klägers, steht der Anwendung des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB mit der Folge der Unangemessenheit der Rückzahlungsklausel in § 5 Abs. 1 S. 1 und § 5 Abs. 2 des Fortbildungsvertrages nicht entgegen.

Allerdings ist nach den Entscheidungen verschiedener Senate des Bundesarbeitsgerichts davon auszugehen, dass es grundsätzlich keinen Bedenken unterliegt, wenn ein Arbeitgeber die Kosten einer beruflichen Aus- oder Fortbildung, die die Arbeitsmarktchancen des Arbeitnehmers deutlich erhöhen, in wirtschaftlich angemessener Weise auf den Arbeitnehmer ohne weitere Bedingungen abwälzt (BAG, Urteil vom 18.11.2008 – 3 AZR 192/07 –, zitiert nach JURIS Rn. 34 mit Hinweis auf weitere Entscheidungen verschiedener Senate des Bundesarbeitsgerichts). Weiter führt der 3. Senat in der dortigen Entscheidung (Rn. 34, zitiert nach JURIS) aus, etwas anderes gelte jedoch dann, wenn es sich bei den vom Arbeitgeber vorgeschossenen Ausbildungs- und Fortbildungskosten der Sache nach um eine Investition im Interesse des arbeitgeberischen Unternehmens handelt, es also letztendlich um einen Teil der Personalpolitik des Unternehmens gehe. In diesem Falle bringe der Arbeitgeber die Kosten auf, um die später vom Arbeitnehmer erworbenen Kenntnisse für seinen Geschäftsbetrieb nutzbar zu machen. Liege ein derartiger Fall vor, sei die Rückzahlungsklausel nur interessengerecht, wenn dem Arbeitnehmer die Möglichkeit eingeräumt werde, der Rückzahlungspflicht durch Betriebstreue zu entgehen.

Es steht dem Arbeitgeber demnach zwar grundsätzlich frei, die Kosten einer von ihm finanzierten beruflichen Aus- und Fortbildung, die die Arbeitsmarktchancen eines Arbeitnehmers erhöht, auf den Arbeitnehmer abzuwälzen. Dies gilt aber nur dann, wenn es sich nicht um eine Investition im Interesse des Arbeitgebers handelt (Schaub/Vogelsang, § 176 Rn. 18, Arbeitsrechtshandbuch, 14. Auflage). Mit anderen Worten: Liegt die Investition – auch – im Interesse des Arbeitgebers, so gelten die für die Zulässigkeit von Rückzahlungsklauseln entwickelten Grundsätze.

Das Landesarbeitsgericht Hamm hat insoweit in einer Entscheidung vom 14. Januar 2011 – 7 Sa 1386/10 – (zitiert nach JURIS) ausgeführt, Allgemeine Geschäftsbedingungen, die dem Arbeitgeber einen Rückzahlungsanspruch für verauslagte Kosten einer Fortbildung gewährten, seien nicht unangemessen benachteiligend i. S. v. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB, wenn die Fortbildung auf Wunsch und im Interesse des Arbeitnehmers ohne ein eigenes unmittelbares betriebliches Interesse des Arbeitgebers erfolge. Insoweit könne keine Rede davon sein, dass der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versuche, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren. Sei ein unmittelbares betriebliches Interesse im Hinblick auf einen späteren Einsatz des Mitarbeiters nicht erkennbar, so liege regelmäßig in der Rückzahlungsverpflichtung keine unangemessene Benachteiligung gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. Die Förderung der Mitarbeiter auch außerhalb eigener Bedarfe in ihrer beruflichen Entwicklung, sodass den Kunden gut ausgebildete Mitarbeiter zur Verfügung stünden, sei nur ein mittelbares Interesse der Arbeitgeberin an der Fortbildung ihrer Arbeitnehmer, das die Anwendung der Grundsätze des Bundesarbeitsgerichts zur Rechtmäßigkeit von Rückzahlungsklauseln nicht rechtfertige. Ein solches mittelbares Interesse sei keines, das die Arbeitgeberin im Sinne einer an den Anforderungen ihrer Arbeitsplätze orientierten, bedarfsgerechten Personalentwicklung verfolge, um Mitarbeiter ausbildungsadäquat verwenden zu können.

c. Nach Auffassung der Berufungskammer überzeugt eine solche Differenzierung zwischen einem unmittelbaren und einem mittelbaren Interesse nicht. Es ist bereits nicht erkennbar, wie das Landesarbeitsgericht Hamm mit welchen Kriterien allgemein beide Interessen abgrenzen will. Richtig ist sicherlich, dass von einer Unangemessenheit der Rückzahlungsverpflichtung unter Anwendung der vom Bundesarbeitsgericht zu § 307 Abs. 1 S. 1 BGB entwickelten Grundsätze bei Rückzahlungsklauseln dann nicht auszugehen ist, wenn überhaupt kein Interesse des Arbeitgebers an einer solchen Fortbildung zu erkennen ist, mit anderen Worten, sie allein im Interesse des Arbeitnehmers liegt. Begehrt also beispielsweise ein Mitarbeiter von seiner Arbeitgeberin ein Darlehen, mit dem er sich beispielsweise ohne jeglichen Bezug zu seiner Tätigkeit privat oder im Rahmen seines Hobbies fortbilden möchte, so ist es sicherlich ohne weiteres nachvollziehbar, dass insoweit die Grundsätze zur Wirksamkeit von Rückzahlungsklauseln nicht anwendbar sind. Hier hat die Fortbildung aber einen Bezug zum Geschäftsgegenstand der Beklagten und sie fußt auf der bisherigen Qualifizierung des Klägers. Mit der Fortbildung zum MBA-Finanz und deren erfolgreichen Abschluss hätte die Beklagte einen weiterqualifizierten Mitarbeiter zu ihrem Personal zählen dürfen, über dessen Qualifizierungen sie hätte verfügen können. Dabei kommt es nicht darauf an, ob ein konkreter Bedarf bestand. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Beklagte beabsichtigte, den Kläger gemäß seiner Qualifizierung später einzusetzen. Entscheidend ist allein der objektive Tatbestand, dass der Kläger bezogen auf den Geschäftsgegenstand der Beklagten eine Qualifizierung erwarb, die diese hätte nutzen können. Dieses Interesse – selbst wenn man es mit dem Begriff des Landesarbeitsgerichts Hamm als mittelbares Interesse bezeichnen würde – reicht aus, um ein – auch – betriebliches Interesse der Beklagten an der Fortbildung zu begründen. Im Übrigen belegt gerade die Bindung über drei Jahre das Interesse der Beklagten an dieser Fortbildung. Denn sie hat damit zum Ausdruck gebracht, dass sie mit einem etwaigen Verbleib des Klägers in den nächsten drei Jahren nach Ende der Ausbildung ihr Amortisationsinteresse als erfüllt ansehen würde. Der Arbeitgeber verbindet mit der Weiterbildung die Erwartung, der Arbeitnehmer werde die (zusätzlich) erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten zu Gunsten des Unternehmens nutzen. Er möchte die Erträge seiner „Humankapitalinvestitionen“ über die sogenannte Rückzahlungsklausel sichern (Lakies, BB 2004,1903). Bereits diese Bindung macht deutlich, dass sich die Beklagte von dem Verbleib des Klägers in zumindest den nächsten drei Jahren nach Ende der Ausbildung etwas versprach. Zwar mag sie keinen konkreten Bedarf gehabt haben, sie hat aber durch die dreijährige Bindung zum Ausdruck gebracht, insoweit auch von der Fortbildung des Klägers profitieren zu wollen. Dieser Vorteil mag auch möglicherweise nur darin bestanden haben, dass der Kläger für seine vertraglich geschuldete Leistung noch besser qualifiziert war. Er mag aber darin gelegen haben, dass die Beklagte jedenfalls losgelöst von einem konkreten Bedarf einen Mitarbeiter hatte, der entwicklungsfähig war. Dass es konkret bei der Beklagten als kleine regionale Bank in absehbarer Zeit für den besonders qualifizierten Mitarbeiter möglicherweise keine Tätigkeit entsprechend seiner Qualifizierung gab, ist insoweit unerheblich. Die erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten im Rahmen des MBL-Studiums können auch nutzbar gemacht werden innerhalb der drei Jahre, ohne dass dies mit einem beruflichen Aufstieg verbunden sein muss. Dies hat die Beklagte selbst bereits erstinstanzlich in ihrem Schriftsatz vom 23.02.2011 (Seite 9) zum Ausdruck gebracht, wenn sie ausführt, sie sei bereit gewesen, dem Kläger die entsprechende Schuld zu erlassen, sofern er sein akademisches Wissen jedenfalls für drei Jahre der Firma zur Verfügung stelle. Genau dies belegt das – auch – betriebliche Interesse der Beklagten an der Fortbildung. Dieses Interesse reicht aus. Eine Differenzierung zwischen unmittelbarem und mittelbarem Interesse erscheint der Berufungskammer nicht möglich zu sein.

3. Der Zahlungsanspruch der Beklagten folgt auch nicht aus dem Kontokorrentvertrag. Es mag sein, dass es sich bei dem Kontokorrentvertrag um ein selbständiges Rechtsverhältnis neben der Fortbildungsvereinbarung handelte. Dennoch hat das Arbeitsgericht zutreffend im Ergebnis ausgeführt, angesichts der Unwirksamkeit der Rückzahlungsklausel in § 5 des Fortbildungsvertrages könne sich die Beklagte auch nicht auf einen Anspruch aus dem Kontokorrentverhältnis stützen. Entscheidend ist insoweit Folgendes:

Ausweislich der Bestätigung der Beklagten über die Eröffnung des Kontos „Mitarbeiterseminardarlehen“ wurde das Konto in laufender Rechnung geführt, für das in bestimmten Abständen ein Rechnungsabschluss erteilt wird. Das Kontokorrentverhältnis (§ 355 HGB) enthält einen Aufrechnungsvertrag, der in der Regel dahingeht, dass sich die Verrechnung am Ende der Rechnungsperiode automatisch vollzieht (Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, § 387 Rn. 21). Das Bankkontokorrent ist in der Regel kein Staffelkontokorrent. Die schuldumschaffende Saldierung erfolgt nur am Rechnungsperiodenende (Baumbach/Hopt, BB, 35. Aufl., § 355 Rn. 9). Der Aufrechnungsvertrag, der im Kontokorrentverhältnis enthalten ist, bedeutet dann aber auch wiederum, dass nur solche Positionen von der Aufrechnung erfasst sind, also in das Kontokorrent gestellt werden dürfen, die tatsächlich bestehen. Insoweit besteht dann der Zusammenhang zum Fortbildungsvertrag. In das Kontokorrent dürfen nur die Ansprüche gestellt werden, die sich aus dem Fortbildungsvertrag ergeben. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus dem Fortbildungsvertrag selbst, denn dort wird in § 3 und § 4 ausdrücklich an das Kontokorrentkonto angeknüpft. Mit anderen Worten: Besteht der Rückerstattungsanspruch gemäß § 5 des Fortbildungsvertrages nicht, so darf er auch nicht in das Kontokorrent eingestellt werden. Da der Rückzahlungsanspruch gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 bzw. § 5 Abs. 2 aus dem Fortbildungsvertrag aus den oben dargelegten Gründen nicht besteht, ist er auch nicht in das Kontokorrentverhältnis einzustellen, d. h., das Kontokorrent zu Gunsten des Klägers um diesen Betrag zu reduzieren mit der Folge, dass das Kontokorrentkonto auf „Null“ gestellt werden muss.

4. Nach alledem ist die Berufung mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen.

Anlass zur Zulassung der Revision besteht deshalb, weil angesichts der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 14. Januar 2011 (7 Sa 1386/10) aus der Sicht der Berufungskammer höchstrichterlicher Klärungsbedarf für die Frage besteht, wie das betriebliche Interesse des Arbeitgebers ausgestaltet sein muss, um zur Anwendung der Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu Rückzahlungsklauseln zu gelangen.

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