Übersicht:
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was bedeutet „ungerechtfertigte Bereicherung“ im Zusammenhang mit Versorgungsbezügen?
- Wann kann ich mich auf „Entreicherung“ berufen, um eine Rückforderung abzuwehren?
- Was bedeutet „beamtenmäßige Versorgung“ und welche Auswirkungen hat sie auf meine Versorgungsbezüge?
- Was ist der Unterschied zwischen „Wissen müssen“ und „tatsächlichem Wissen“ im Zusammenhang mit Überzahlungen?
- Welche Rolle spielt das Landesamt für Besoldung und Versorgung (LBV) bei der Berechnung und Auszahlung meiner Versorgungsbezüge?
- Glossar
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Hinweise und Tipps
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 12 Sa 462/22 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
- Datum: 23.11.2022
- Aktenzeichen: 12 Sa 462/22
- Verfahrensart: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Arbeitsrecht, Versorgungsrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Der ehemalige Arbeitgeber (Träger einer Ersatzschule), der zu viel gezahlte Versorgungsbezüge zurückfordert.
- Beklagte: Eine ehemalige Lehrerin im Ruhestand, die Versorgungsbezüge von der Klägerin erhält und zu viel erhaltene Beträge zurückzahlen soll.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Eine ehemalige Lehrerin, die seit 1998 im Ruhestand ist, erhielt Versorgungsbezüge von ihrem früheren Arbeitgeber, einer Ersatzschule. Der Arbeitgeber stellte fest, dass er über einen Zeitraum hinweg zu hohe Beträge gezahlt hatte.
- Kern des Rechtsstreits: Es ging um die Frage, ob und in welcher Höhe die pensionierte Lehrerin verpflichtet ist, die zu viel erhaltenen Versorgungsbezüge an ihren ehemaligen Arbeitgeber zurückzuzahlen.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Landesarbeitsgericht änderte das Urteil der Vorinstanz (Arbeitsgericht Düsseldorf) teilweise ab. Die Beklagte wurde dazu verurteilt, 18.095,52 Euro zuzüglich Zinsen an die Klägerin zurückzuzahlen. Soweit die Klägerin mehr Geld gefordert hatte, wurde die Klage abgewiesen. Die Berufung der Beklagten wurde im Übrigen zurückgewiesen.
- Folgen: Die Beklagte muss den gerichtlich festgestellten Betrag zurückzahlen. Die Kosten des Rechtsstreits vor dem Arbeitsgericht und dem Landesarbeitsgericht wurden zwischen Klägerin und Beklagter aufgeteilt (Arbeitsgericht: Klägerin 25%, Beklagte 75%; Landesarbeitsgericht: Klägerin 40%, Beklagte 60%). Kosten, die durch die vorherige Anrufung des Landgerichts entstanden waren, muss die Klägerin allein tragen. Das Gericht hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen, sodass die Entscheidung noch überprüft werden kann.
Der Fall vor Gericht
Kern des Verfahrens: Rückforderung überzahlter Versorgungsbezüge
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf hatte über einen komplexen Fall zu entscheiden. Eine private Ersatzschule forderte von einer ehemaligen Lehrerin im Ruhestand die Rückzahlung von Versorgungsbezügen.

Diese waren über Jahre hinweg in zu hoher Summe ausgezahlt worden. Im Mittelpunkt stand die Frage, ob die Schule die Rückzahlung verlangen kann, obwohl sie möglicherweise von der Überzahlung wusste.
Der Sachverhalt: Jahrelange Überzahlung an pensionierte Lehrerin
Die betroffene Lehrerin, geboren 1937, unterrichtete von 1980 bis zu ihrer Pensionierung 1998 an einer privaten Ersatzschule. Ihr Arbeitsvertrag sicherte ihr eine Versorgung zu, die sich an den Regeln für Landesbeamte orientiert (beamtenmäßige Versorgung). Dies ist eine wichtige Grundlage für den späteren Rechtsstreit um die korrekte Pensionshöhe.
Witwengeld nach Tod des Ehemannes
Nach dem Tod ihres Ehemannes, der Beamter im Schuldienst des Landes Nordrhein-Westfalen war, erhielt die Lehrerin ab April 2013 zusätzlich zu ihrer eigenen Pension ein Witwengeld. Das Landesamt für Besoldung und Versorgung (LBV) setzte dieses auf monatlich rund 2.416 Euro brutto fest. Solche Zahlungen sind bei Zusammentreffen mit eigenen Versorgungsbezügen oft anzurechnen.
Fehlende Anrechnung führt zur Überzahlung
Die Klägerin, die private Ersatzschule, zahlte der Beklagten weiterhin ihr volles Ruhegehalt von monatlich rund 3.970 Euro aus. Entscheidend ist: Das Witwengeld wurde nicht auf das Ruhegehalt angerechnet. Nach den einschlägigen beamtenrechtlichen Vorschriften (hier § 67 LBeamtVG NRW), die laut Arbeitsvertrag entsprechend anzuwenden waren, hätte eine solche Anrechnung erfolgen müssen. Dadurch kam es zu einer erheblichen Überzahlung über mehrere Jahre.
Behördliche Information über Witwengeld
Brisant ist zudem, dass das LBV die zuständige Schulabteilung der Bezirksregierung Düsseldorf bereits im Mai 2013 über die Berechnung des Witwengeldes informierte. Diese Information ging dort auch nachweislich ein. Ob diese Information der Klägerin, der privaten Schule, zuzurechnen ist, war ein wichtiger Punkt im Verfahren.
Der Rechtsstreit: Schule fordert Geld zurück, Lehrerin wehrt sich
Die Schule verlangte schließlich die Rückzahlung der überzahlten Beträge. Juristisch stützt sich eine solche Forderung meist auf den Grundsatz der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 BGB). Demnach muss derjenige, der etwas ohne rechtlichen Grund erhalten hat, dies wieder herausgeben. Die Schule argumentierte, dass die Lehrerin die Differenzsumme ohne Rechtsgrund erhalten habe.
Verteidigung der Beklagten: Kenntnis der Schule und Entreicherung
Die pensionierte Lehrerin wehrte sich gegen die Rückforderung. Ihre Verteidigung stützte sich mutmaßlich auf zwei zentrale Argumente. Erstens könnte sie angeführt haben, dass die Schule von der Überzahlung wusste oder zumindest hätte wissen müssen. Nach § 814 BGB kann eine Leistung nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende wusste, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war. Die Information des LBV an die Schulbehörde könnte hier eine Rolle spielen.
Zweitens könnte die Beklagte geltend gemacht haben, dass sie das Geld bereits ausgegeben habe und nicht mehr „bereichert“ sei (§ 818 Abs. 3 BGB – Wegfall der Bereicherung). Dies ist oft ein Verteidigungsmittel bei Rückforderungen, setzt aber voraus, dass der Empfänger gutgläubig war und das Geld verbraucht hat.
Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf
Das LAG Düsseldorf änderte das Urteil der Vorinstanz (Arbeitsgericht Düsseldorf) teilweise ab. Es verurteilte die Beklagte zur Rückzahlung von 18.095,52 Euro zuzüglich Zinsen an die Klägerin. Ein Teil der ursprünglichen Forderung der Schule wurde jedoch abgewiesen. Dies deutet darauf hin, dass die Argumente der Beklagten zumindest teilweise erfolgreich waren.
Teilweise Rückzahlungspflicht: Nicht die gesamte Summe geschuldet
Die Entscheidung zeigt, dass das Gericht die Rückforderung nicht in vollem Umfang für gerechtfertigt hielt. Die Reduzierung der Summe kann verschiedene Gründe haben. Möglich ist, dass Teile der Forderung verjährt waren. Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre (§ 195 BGB).
Die Bedeutung von § 814 BGB: Wusste die Schule von der Überzahlung?
Ein zentraler Aspekt der Entscheidung dürfte die Anwendung des § 814 BGB gewesen sein. Wenn die Schule tatsächlich positive Kenntnis davon hatte, dass sie aufgrund der Anrechnungspflicht weniger zahlen musste, aber dennoch den vollen Betrag leistete, wäre eine Rückforderung für diesen Zeitraum ausgeschlossen. Das Gericht musste prüfen, ob und ab wann die Schule diese Kenntnis hatte. Die Information an die Bezirksregierung reicht hierfür eventuell nicht aus, um der privaten Schule direkt Kenntnis zuzurechnen.
Mögliche Rolle des § 818 Abs. 3 BGB (Wegfall der Bereicherung)
Auch der Einwand der Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) könnte für einen Teil des Zeitraums eine Rolle gespielt haben. Gerichte prüfen hier aber oft streng, ob der Empfänger sich auf den Wegfall der Bereicherung berufen kann, insbesondere wenn es um laufende Zahlungen geht und der Empfänger die Fehlerhaftigkeit hätte erkennen können.
Zulassung der Revision: Fall hat grundsätzliche Bedeutung
Das LAG Düsseldorf hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) zugelassen. Dies ist ein klares Signal, dass der Fall Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft. Insbesondere die Voraussetzungen des § 814 BGB (Kenntnis des Leistenden) bei komplexen Organisationsstrukturen und Informationsflüssen (Mitteilung an Behörde vs. Kenntnis des privaten Trägers) könnten klärungsbedürftig sein. Auch die Anwendung des Entreicherungseinwands bei langjährigen Überzahlungen von Versorgungsbezügen ist häufig Gegenstand höchstrichterlicher Klärung.
Bedeutung für Betroffene: Was das Urteil lehrt
Dieses Urteil hat erhebliche praktische Bedeutung sowohl für Arbeitnehmer im Ruhestand als auch für Arbeitgeber, insbesondere im Bereich der betrieblichen oder quasi-beamtenrechtlichen Versorgung.
Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Ruhestand
Empfänger von Renten oder Pensionen sollten eingehende Bescheide und Zahlungen stets sorgfältig prüfen. Bei Unklarheiten oder wenn zusätzliche Einkünfte (wie Witwengeld) hinzukommen, ist es ratsam, beim zahlenden Arbeitgeber oder der Versorgungskasse nachzufragen. Auch wenn eine Überzahlung zunächst vorteilhaft erscheint, droht später eine Rückforderung, die finanziell belastend sein kann. Der Einwand, das Geld sei ausgegeben (§ 818 Abs. 3 BGB), greift nicht immer. Gutgläubigkeit ist hierfür oft Voraussetzung.
Für Arbeitgeber und Versorgungsträger
Arbeitgeber und Versorgungsträger müssen sicherstellen, dass ihre Abrechnungssysteme korrekt funktionieren und alle relevanten Informationen (z.B. über anrechenbare Einkünfte) zeitnah verarbeitet werden. Interne Kommunikationswege und die Zurechnung von Wissen innerhalb der Organisation sind entscheidend. Eine fehlerhafte Überweisung kann nicht nur zu finanziellen Verlusten führen, sondern auch das Vertrauensverhältnis belasten. Der Fall zeigt, dass die Rückforderung überzahlter Beträge rechtlich komplex sein kann, insbesondere wenn der Einwand der Kenntnis (§ 814 BGB) im Raum steht. Sorgfalt bei der Berechnung und Auszahlung von Versorgungsleistungen ist daher essenziell.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil verdeutlicht, dass auch bei langjährigen Überzahlungen von Versorgungsbezügen eine Rückforderung grundsätzlich möglich ist, selbst wenn die Überzahlung auf einem Fehler des Arbeitgebers beruht. Allerdings kann sich der Empfänger unter Umständen auf den Schutz des § 814 BGB berufen, wenn der Zahlende von seiner Nichtschuld positive Kenntnis hatte. Der Fall zeigt, wie wichtig es für Versorgungsempfänger ist, bei mehreren Bezügen (wie Ruhegehalt und Witwengeld) auf mögliche Anrechnungsvorschriften zu achten und im Zweifel nachzufragen, ob die Zahlungen korrekt berechnet wurden.
Benötigen Sie Hilfe?
Rückforderung von Versorgungsbezügen: Klarheit bei komplexen Rechtsfragen
Ob bei versehentlich zu hohen Pensionszahlungen an ehemalige Angestellte oder im Streit um die Anrechnung von Witwen- und Versorgungsbezügen – rechtliche Unsicherheiten entstehen schnell, wenn Zahlungsflüsse nicht eindeutig geregelt oder interne Abstimmungen unklar sind. Betroffene stehen in solchen Situationen häufig vor schwierigen Fragen zur Rückforderbarkeit, zu möglichen Verjährungsfristen oder zur Anrechnung eigener Gutgläubigkeit.
Unsere Kanzlei bietet eine präzise rechtliche Einordnung Ihrer individuellen Lage und entwickelt die passende Vorgehensweise, um Ihre Interessen zu sichern – ganz gleich, ob Sie Zu- oder Rückzahlungen betreffen. Eine belastbare Einschätzung der rechtlichen Erfolgsaussichten und die professionelle Durchsetzung Ihrer Ansprüche stehen dabei im Mittelpunkt.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was bedeutet „ungerechtfertigte Bereicherung“ im Zusammenhang mit Versorgungsbezügen?
Der Begriff „ungerechtfertigte Bereicherung“ klingt kompliziert, beschreibt aber einen recht einfachen Grundsatz: Jemand hat etwas erhalten – meist Geld –, das ihm rechtlich gesehen nicht zusteht, und muss es deshalb zurückgeben.
Im Zusammenhang mit Ihren Versorgungsbezügen (wie Pensionen oder Renten aus einem Versorgungswerk) bedeutet dies: Wenn Ihnen die auszahlende Stelle mehr Geld überwiesen hat, als Ihnen tatsächlich zusteht, dann ist dieser zu viel gezahlte Betrag eine „ungerechtfertigte Bereicherung“. Die Stelle hat Ihnen diesen Betrag ohne eine rechtliche Verpflichtung gezahlt.
Warum ist das bei Versorgungsbezügen relevant?
Dieser Grundsatz ist oft die rechtliche Basis dafür, dass zu viel gezahlte Versorgungsbezüge zurückgefordert werden. Die Behörde oder Versorgungseinrichtung stellt fest, dass eine Überzahlung stattgefunden hat und verlangt das Geld zurück, weil Sie es eben „ungerechtfertigt“, also ohne rechtlichen Grund, erhalten haben.
Wann liegt eine solche Überzahlung vor?
Eine Überzahlung, die zurückgefordert werden kann, basiert darauf, dass für die Zahlung (oder einen Teil davon) von Anfang an kein Rechtsgrund bestand oder dieser später weggefallen ist. Gründe hierfür können vielfältig sein, zum Beispiel:
- Rechenfehler bei der Berechnung Ihrer Bezüge.
- Falsche Datengrundlagen (z.B. falsche Dienstzeiten berücksichtigt).
- Nicht oder zu spät berücksichtigte Änderungen, wie z.B. die Anrechnung anderer Einkünfte, die Ihre Versorgungsbezüge mindern.
- Doppelzahlungen oder technische Fehler bei der Überweisung.
Entscheidend ist: Die auszahlende Stelle war gesetzlich oder vertraglich nicht verpflichtet, Ihnen den Betrag in dieser Höhe zu zahlen.
Was bedeutet das für Sie?
Wenn Sie Versorgungsbezüge erhalten haben, die Ihnen rechtlich nicht zustanden, besteht grundsätzlich die Pflicht, diesen Betrag zurückzuzahlen. Ob und in welcher Höhe eine Rückzahlung erfolgen muss, hängt von den genauen Umständen ab. Es kann unter Umständen eine Rolle spielen, ob Sie erkennen konnten, dass die Zahlung zu hoch war, und ob Sie das Geld bereits ausgegeben haben. Dies sind jedoch komplexe Fragen, die vom Einzelfall abhängen.
Die „ungerechtfertigte Bereicherung“ ist also der juristische Mechanismus, der es ermöglicht, irrtümlich oder fehlerhaft gezahlte Leistungen zurückzufordern.
Wann kann ich mich auf „Entreicherung“ berufen, um eine Rückforderung abzuwehren?
Wenn Sie zu hohe Versorgungsbezüge erhalten haben und diese zurückzahlen sollen, können Sie sich unter bestimmten Umständen darauf berufen, dass Sie das Geld bereits ausgegeben haben und es nicht mehr besitzen. Dies nennt man Einwand der Entreicherung. Das bedeutet, Sie sind durch die Überzahlung nicht mehr „reicher“ als Sie es ohne diese wären.
Allerdings führt nicht jede Ausgabe automatisch dazu, dass Sie sich erfolgreich auf Entreicherung berufen können. Es kommt entscheidend darauf an, wofür Sie das Geld verwendet haben.
Was als Entreicherung gelten kann
Eine Entreicherung liegt in der Regel vor, wenn Sie das zusätzlich erhaltene Geld für Dinge ausgegeben haben, die Sie sich sonst nicht geleistet hätten und die keinen bleibenden wirtschaftlichen Vorteil darstellen. Dazu gehören zum Beispiel:
- Ausgaben für den laufenden Lebensunterhalt, die über Ihrem normalen Standard lagen (z.B. teurere Lebensmittel, häufigere Restaurantbesuche).
- Eine Urlaubsreise, die ohne das zusätzliche Geld nicht möglich gewesen wäre.
- Andere Verbrauchsausgaben, die keinen bleibenden Wert geschaffen haben.
Entscheidend ist, dass das Geld verbraucht wurde und kein Vermögenswert mehr vorhanden ist. Sie müssen also nachweisen können, dass Sie das Geld für solche Zwecke verwendet haben und es nicht mehr besitzen.
Was in der Regel keine Entreicherung ist
Sie können sich meist nicht auf Entreicherung berufen, wenn Sie das Geld verwendet haben, um:
- Vermögen aufzubauen (z.B. Sparen, Geld anlegen).
- Schulden zu tilgen, die Sie ohnehin hätten zurückzahlen müssen.
- Anschaffungen zu tätigen, die noch einen Wert haben (z.B. Kauf eines Autos, teuren Schmucks).
- Ausgaben zu decken, die Sie sowieso gehabt hätten (sogenannte ersparte Aufwendungen, z.B. normale Miete, notwendige Reparaturen).
In diesen Fällen sind Sie durch die Überzahlung weiterhin bereichert, entweder weil der Vermögenswert noch vorhanden ist oder weil Sie notwendige Ausgaben mit dem überzahlten Geld bestritten haben.
Die Bedeutung der Gutgläubigkeit
Ein weiterer wichtiger Punkt ist Ihre Gutgläubigkeit. Sie können sich oft nur dann auf Entreicherung berufen, wenn Sie nicht wussten und auch nicht erkennen mussten, dass die Zahlungen zu hoch waren. Wenn die Überzahlung für Sie offensichtlich war oder Sie grob fahrlässig gehandelt haben (z.B. weil Sie einen Bescheid nicht richtig gelesen haben), ist der Einwand der Entreicherung häufig ausgeschlossen. Bei Versorgungsbezügen gelten hier oft spezielle Regelungen, die den Vertrauensschutz einschränken können.
Nachweis der Entreicherung
Wenn Sie sich auf Entreicherung berufen möchten, müssen Sie nachweisen, dass die Voraussetzungen dafür vorliegen. Das bedeutet, Sie müssen darlegen und belegen können, dass Sie das Geld nicht mehr besitzen und wofür Sie es ausgegeben haben. Dies kann in der Praxis schwierig sein, insbesondere wenn die Ausgaben länger zurückliegen.
Ob der Einwand der Entreicherung in Ihrem speziellen Fall anerkannt wird, hängt immer von den genauen Umständen der Überzahlung und der Verwendung des Geldes ab.
Was bedeutet „beamtenmäßige Versorgung“ und welche Auswirkungen hat sie auf meine Versorgungsbezüge?
„Beamtenmäßige Versorgung“ bedeutet, dass sich Ihre Alters- oder Hinterbliebenenversorgung an den Regeln orientiert, die auch für Beamte gelten, auch wenn Sie selbst nie Beamter im klassischen Sinne waren. Ihre Versorgungsbezüge werden also nach ähnlichen Grundsätzen berechnet, angepasst und verwaltet wie die von Beamten.
Wer erhält eine beamtenmäßige Versorgung?
Nicht nur Beamte, sondern auch andere Personengruppen können eine Versorgung erhalten, die sich an den Beamtenregeln orientiert. Dies kann zum Beispiel für Richter, Soldaten, bestimmte Gruppen von Angestellten im öffentlichen Dienst oder manchmal auch für Geistliche gelten.
Die Grundlage hierfür ist entweder ein spezielles Gesetz oder eine besondere vertragliche Vereinbarung (z.B. in einem Arbeitsvertrag oder einer Versorgungsordnung). Im Kern bedeutet es, dass für Ihre Versorgung im Ruhestand oder für die Versorgung Ihrer Hinterbliebenen (z.B. Witwen- oder Waisengeld) die Prinzipien des Beamtenversorgungsrechts angewendet werden.
Nach welchen Regeln richtet sich die Versorgung?
Die genauen Regelungen finden sich in speziellen Gesetzen. Auf Bundesebene ist dies vor allem das Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG). Die Bundesländer haben jeweils eigene Landesbeamtenversorgungsgesetze (LBeamtVG).
Diese Gesetze sind oft sehr komplex und detailliert. Sie legen genau fest:
- Wie hoch die Versorgungsbezüge sind.
- Wann und unter welchen Voraussetzungen sie gezahlt werden.
- Wie sie sich im Laufe der Zeit verändern können (z.B. durch Anpassungen).
Welche Auswirkungen hat das auf meine Bezüge?
Die Orientierung an den Beamtenregeln hat mehrere konkrete Auswirkungen auf Ihre Versorgungsbezüge:
- Berechnung der Höhe: Die Höhe Ihrer Versorgungsbezüge (z.B. Ihres Ruhegehalts) hängt – ähnlich wie bei Beamten – in der Regel von zwei Hauptfaktoren ab: der Dauer Ihrer anrechenbaren Dienstzeit und der Höhe Ihres letzten Gehalts vor dem Ruhestand (den sogenannten ruhegehaltfähigen Dienstbezügen). Die genaue Berechnungsmethode ist in den jeweiligen Versorgungsgesetzen festgelegt.
- Anpassungen: Ihre Versorgungsbezüge werden normalerweise regelmäßig angepasst. Diese Anpassungen orientieren sich oft an den Gehaltssteigerungen der aktiven Beamten und sollen die Kaufkraft Ihrer Bezüge erhalten.
- Anrechnung anderer Einkünfte: Ein sehr wichtiger und oft komplexer Punkt ist die Anrechnung anderer Einkünfte oder Versorgungsleistungen. Wenn Sie neben Ihren beamtenmäßigen Versorgungsbezügen noch andere Einkünfte haben, können diese dazu führen, dass Ihre Versorgungsbezüge gekürzt werden. Typische Beispiele für anzurechnende Einkünfte sind:
- Gesetzliche Renten (z.B. aus der Deutschen Rentenversicherung).
- Einkommen aus einer neuen Beschäftigung nach Eintritt in den Ruhestand.
- Andere Versorgungsleistungen (z.B. Witwen- oder Waisengeld aus einer anderen Versorgung oder einer gesetzlichen Unfallversicherung).
Die Regeln für diese Anrechnung sind sehr detailliert und können im Einzelfall schwer nachvollziehbar sein. Gerade weil diese Vorschriften so komplex sind, kann es bei der Berechnung der Bezüge oder der Anrechnung von Einkünften zu Fehlern kommen. Solche Fehler können ein Grund dafür sein, dass Versorgungsbezüge nachträglich korrigiert werden müssen, was unter Umständen auch zu Rückforderungen führen kann, wenn sich herausstellt, dass über einen Zeitraum zu hohe Beträge ausgezahlt wurden.
Was ist der Unterschied zwischen „Wissen müssen“ und „tatsächlichem Wissen“ im Zusammenhang mit Überzahlungen?
Wenn es um die Rückforderung von zu viel gezahltem Geld geht, beispielsweise bei Versorgungsbezügen, spielt die Kenntnis der zahlenden Stelle (z.B. einer Behörde) eine wichtige Rolle. Dabei unterscheidet das Recht zwischen „tatsächlichem Wissen“ und „Wissen müssen“.
Tatsächliches Wissen
Tatsächliches Wissen bedeutet, dass die zahlende Stelle positiv wusste, dass die Zahlung zu hoch war oder ohne rechtlichen Grund erfolgte, als sie die Zahlung geleistet hat. Es reicht nicht aus, dass sie Zweifel hatte oder es hätte überprüfen können. Die Stelle muss die Fakten gekannt haben, die zur Erkenntnis führen, dass keine oder eine niedrigere Zahlung geschuldet ist.
- Beispiel: Ein Sachbearbeiter in der Behörde erkennt bei der Berechnung klar, dass aufgrund einer Gesetzesänderung weniger Geld zusteht, weist aber dennoch den alten, höheren Betrag zur Zahlung an.
Die Folge von tatsächlichem Wissen: Wenn die zahlende Stelle tatsächlich wusste, dass sie zu viel zahlt, kann sie das Geld in der Regel nicht zurückfordern. Dies ergibt sich aus dem Grundsatz, dass niemand eine Leistung zurückverlangen kann, die er in Kenntnis der Nichtschuld erbracht hat (vergleichbar mit § 814 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB).
Wissen müssen (Fahrlässige Unkenntnis)
„Wissen müssen“ bedeutet, dass die zahlende Stelle die Überzahlung zwar nicht positiv kannte, sie aber hätte erkennen müssen, wenn sie die im Verkehr erforderliche Sorgfalt angewendet hätte. Man spricht hier auch von fahrlässiger Unkenntnis. Die relevanten Informationen lagen der Stelle vor, wurden aber übersehen, falsch interpretiert oder nicht ausreichend geprüft.
- Beispiel: Der Behörde liegt die Mitteilung über eine Einkommensänderung vor, die zu einer Kürzung der Bezüge führen müsste. Diese Mitteilung wird aber bei der Bearbeitung übersehen oder nicht berücksichtigt, obwohl sie bei sorgfältiger Prüfung hätte auffallen müssen.
Die Folge von „Wissen müssen“: Anders als beim tatsächlichen Wissen schließt das bloße „Wissen müssen“ die Rückforderung des überzahlten Betrags nicht automatisch aus. Die Behörde hat die Überzahlung zwar fahrlässig verursacht, aber sie wusste es nicht positiv. Ob der Empfänger das Geld dennoch behalten darf, hängt dann von anderen Voraussetzungen ab, insbesondere vom sogenannten Vertrauensschutz und davon, ob der Empfänger das Geld bereits ausgegeben hat (Wegfall der Bereicherung, § 818 Abs. 3 BGB). Fahrlässigkeit der Behörde kann aber im Rahmen der Prüfung des Vertrauensschutzes eine Rolle spielen.
Bedeutung für die Rückforderung von Versorgungsbezügen
Für Sie bedeutet das: Nur wenn die Behörde zum Zeitpunkt der Zahlung tatsächlich wusste, dass sie zu viel zahlt, ist eine Rückforderung in der Regel ausgeschlossen. Hätte die Behörde die Überzahlung bei sorgfältiger Prüfung lediglich erkennen müssen („Wissen müssen“), kann sie das Geld grundsätzlich zurückfordern, sofern nicht andere Gründe (wie Ihr schutzwürdiges Vertrauen als Empfänger) dem entgegenstehen. Diese Grundsätze gelten auch im Bereich der Versorgungsbezüge, wobei hier spezielle beamten- oder versorgungsrechtliche Vorschriften ergänzend zu beachten sein können.
Welche Rolle spielt das Landesamt für Besoldung und Versorgung (LBV) bei der Berechnung und Auszahlung meiner Versorgungsbezüge?
Das Landesamt für Besoldung und Versorgung (LBV) ist in vielen Bundesländern die zentrale Behörde, die für die Berechnung und die pünktliche Auszahlung Ihrer Versorgungsbezüge (Ihrer Pension) zuständig ist. Stellen Sie es sich wie die Lohnbuchhaltung für Pensionäre des Landes vor.
Zuständigkeit für Berechnung und Zahlung
Das LBV ermittelt auf Grundlage der geltenden Gesetze (z.B. Beamtenversorgungsgesetz des Bundes oder des jeweiligen Landes) und Ihrer persönlichen Daten (wie Dienstzeiten, Besoldungsgruppe etc.) die genaue Höhe Ihrer monatlichen Pensionsansprüche. Es sorgt dann dafür, dass Ihnen dieser Betrag korrekt und regelmäßig überwiesen wird. Sie erhalten vom LBV in der Regel auch die entsprechenden Bescheide und Mitteilungen über die Höhe Ihrer Bezüge.
Fehler des LBV und mögliche Folgen
Da die Berechnung von Versorgungsbezügen komplex sein kann, können auch dem LBV Fehler unterlaufen. Das kann dazu führen, dass Ihnen versehentlich zu viel Geld ausgezahlt wird. Man spricht dann von einer Überzahlung. Wenn das LBV eine solche Überzahlung feststellt, ist es grundsätzlich verpflichtet, das zu viel gezahlte Geld zurückzufordern. Die genauen Voraussetzungen für eine solche Rückforderung sind gesetzlich geregelt (oft in § 812 Bürgerliches Gesetzbuch in Verbindung mit beamtenrechtlichen Vorschriften). Entscheidend ist dabei unter anderem, ob Sie die Überzahlung hätten erkennen müssen.
Bedeutung der Informationen des LBV für Rückforderungen
Die Rolle des LBV ist auch dann wichtig, wenn es um die Frage geht, ob Sie als Empfänger der Zahlung von der Überzahlung wussten oder diese hätten erkennen müssen.
- Informationen vom LBV: Haben Sie vom LBV Bescheide oder Mitteilungen erhalten, aus denen die korrekte Berechnung oder eine Änderung klar hervorging, und die tatsächliche Zahlung war höher? Solche Unterlagen können darauf hindeuten, dass Sie die Abweichung bemerken konnten.
- Weitergabe von Informationen: Manchmal informiert das LBV auch andere Stellen, wie zum Beispiel Ihre letzte Dienststelle oder die Schulbehörde, über bestimmte Sachverhalte, die für Ihre Versorgung relevant sind. Auch diese Kommunikation kann im Nachhinein relevant sein, um zu beurteilen, ob die Überzahlung für Sie erkennbar war.
Zusammenfassend ist das LBV also die ausführende Stelle für Ihre Pensionszahlungen. Seine Berechnungen und Mitteilungen sind die Grundlage für Ihre Zahlungen, und Fehler des LBV können der Grund für spätere Rückforderungen sein. Die vom LBV bereitgestellten Informationen spielen eine wichtige Rolle bei der Klärung, ob eine Rückforderung rechtmäßig ist.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar
Juristische Fachbegriffe kurz erklärt
beamtenmäßige Versorgung
Dies ist eine Zusage eines privaten Arbeitgebers (hier der Ersatzschule) an einen Arbeitnehmer (hier die Lehrerin), ihm im Ruhestand eine Versorgung zu gewähren, die sich an den Regeln für Beamte des öffentlichen Dienstes orientiert. Obwohl der Arbeitnehmer kein Beamter ist, werden die entsprechenden gesetzlichen Regelungen für Beamtenpensionen (im Text z. B. das LBeamtVG NRW) durch den Arbeitsvertrag zur Anwendung gebracht. Das bedeutet, dass sowohl die Höhe als auch die Bedingungen der Versorgung, wie etwa Anrechnungsvorschriften, denen von Staatsbeamten entsprechen sollen.
Beispiel: Eine private Klinik verspricht einem Chefarzt eine Altersversorgung „entsprechend den Regelungen für beamtete Chefärzte in Landeskrankenhäusern“. Damit gelten für die Berechnung und Anpassung seiner Pension die beamtenrechtlichen Vorschriften, auch wenn er Angestellter der privaten Klinik ist.
ungerechtfertigte Bereicherung (§ 812 BGB)
Dies ist ein zentraler Grundsatz im deutschen Zivilrecht, geregelt in § 812 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Er besagt, dass jemand, der etwas ohne rechtlichen Grund auf Kosten eines anderen erlangt hat, verpflichtet ist, es zurückzugeben. Im konkreten Fall hat die Lehrerin über Jahre hinweg höhere Versorgungsbezüge erhalten, als ihr nach den (vertraglich vereinbarten beamtenrechtlichen) Regeln zustanden, weil das Witwengeld nicht angerechnet wurde. Für den überzahlten Teil fehlte somit der „rechtliche Grund“, weshalb die Schule diesen Betrag zurückfordert.
Beispiel: Ihr Mobilfunkanbieter bucht versehentlich zweimal die Monatsgebühr ab. Den zweiten, zu viel gezahlten Betrag haben Sie ohne Rechtsgrund erhalten. Der Anbieter kann diesen Betrag nach § 812 BGB von Ihnen zurückfordern (oder Sie können ihn zurückfordern, wenn Sie es zuerst bemerken).
§ 814 BGB (Kenntnis der Nichtschuld)
Diese Vorschrift des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) schränkt den Anspruch auf Rückgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 BGB) ein. Eine Leistung kann nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende (hier die Schule) zum Zeitpunkt der Leistung positiv wusste, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war. Es reicht nicht aus, dass der Leistende die Nichtverpflichtung nur hätte erkennen können (Fahrlässigkeit). Im vorliegenden Fall könnte die Lehrerin argumentieren, dass die Schule wusste, dass sie aufgrund der Anrechnung des Witwengeldes weniger zahlen musste, es aber trotzdem tat, weshalb eine Rückforderung nach § 814 BGB ausgeschlossen sei.
Beispiel: Sie überweisen Ihrem Nachbarn 50 Euro für eine angebliche Reparatur, obwohl Sie genau wissen, dass Sie ihm nichts schulden, sondern ihm nur eine Freude machen wollen. Später können Sie das Geld nicht mit der Begründung zurückfordern, Sie hätten ihm rechtlich nichts geschuldet.
§ 818 Abs. 3 BGB (Wegfall der Bereicherung)
Dieser Paragraph im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ist ein wichtiger Einwand gegen einen Rückforderungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 BGB). Die Pflicht zur Rückgabe entfällt, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist, d.h., das Erlangte nicht mehr in seinem Vermögen vorhanden ist. Dies gilt aber in der Regel nur, wenn der Empfänger das Geld gutgläubig verbraucht hat (z. B. für den Lebensunterhalt oder für Ausgaben, die er sich sonst nicht geleistet hätte) und nicht wusste oder wissen musste, dass er es zurückzahlen muss. Im Fall der Lehrerin könnte sie geltend machen, dass sie das zu viel gezahlte Geld im Vertrauen auf die Richtigkeit der Zahlungen ausgegeben hat und es daher nicht mehr zurückzahlen muss.
Beispiel: Ein Arbeitnehmer erhält irrtümlich 200 Euro zu viel Lohn und gibt dieses Geld gutgläubig für eine Konzertkarte aus, die er sich sonst nicht gekauft hätte. Wenn der Arbeitgeber den Fehler später bemerkt, kann sich der Arbeitnehmer möglicherweise auf den Wegfall der Bereicherung berufen und muss die 200 Euro nicht zurückzahlen (abhängig von den genauen Umständen, z. B. ob der Fehler offensichtlich war).
Anrechnung
Im Kontext von Versorgungsbezügen bedeutet Anrechnung, dass bestimmte andere Einkünfte oder Leistungen, die der Versorgungsempfänger erhält, auf seine Versorgungsbezüge mindernd berücksichtigt werden. Dies soll eine Überversorgung verhindern, wenn mehrere Ansprüche zusammentreffen. Im vorliegenden Fall hätte das Witwengeld der Lehrerin nach den einschlägigen beamtenrechtlichen Vorschriften (§ 67 LBeamtVG NRW), die vertraglich vereinbart waren, auf ihr Ruhegehalt von der Schule angerechnet werden müssen. Da diese Anrechnung unterblieb, erhielt sie von der Schule mehr Geld, als ihr zustand.
Beispiel: Ein Rentner erhält eine gesetzliche Rente und zusätzlich eine Betriebsrente. Wenn die Betriebsrentenordnung eine Anrechnung vorsieht, kann die gesetzliche Rente (oder ein Teil davon) dazu führen, dass die ausgezahlte Betriebsrente gekürzt wird.
Revision
Die Revision ist ein Rechtsmittel gegen Urteile der Landesarbeitsgerichte (oder Oberlandesgerichte in anderen Rechtsgebieten), über das in arbeitsrechtlichen Fällen das Bundesarbeitsgericht (BAG) entscheidet. Anders als die Berufung, bei der der Fall oft auch in tatsächlicher Hinsicht neu geprüft wird, dient die Revision primär der Überprüfung von Rechtsfehlern. Sie wird vom Gericht nur zugelassen, wenn der Fall grundsätzliche Bedeutung hat oder das Urteil von der Rechtsprechung höherer Gerichte abweicht (§ 72 Arbeitsgerichtsgesetz – ArbGG). Dass das LAG Düsseldorf die Revision zugelassen hat, bedeutet, dass es den Fall für juristisch so bedeutsam hält, dass eine Klärung durch das höchste deutsche Arbeitsgericht erfolgen sollte.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) / Analoge Anwendung: Das Beamtenversorgungsgesetz regelt die Altersversorgung von Beamten. Im Arbeitsvertrag der Beklagten wurde vereinbart, dass die für Beamte geltenden Versorgungsbestimmungen sinngemäß angewendet werden. Dies bedeutet, dass ihre Betriebsrente nach ähnlichen Prinzipien wie eine Beamtenpension berechnet wird, obwohl sie keine Beamtin war. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Anstellungsvertrag verweist auf das Beamtenversorgungsrecht, um die Höhe und Bedingungen der Rente der Beklagten zu bestimmen. Dieses Gesetz ist daher maßgeblich für die Frage, ob und in welcher Höhe eine Rückforderung von Versorgungsbezügen gerechtfertigt ist.
- § 67 Beamtenversorgungsgesetz (Zusammentreffen von Versorgungsbezügen mit Renten): Diese Vorschrift regelt die Anrechnung von anderen Renten oder Einkommen auf die Beamtenpension, um eine Überversorgung zu vermeiden. Ziel ist es, zu verhindern, dass Rentner durch mehrere Versorgungsleistungen ungerechtfertigt hohe Bezüge erhalten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Im Kern des Streits steht, ob das Witwengeld der Beklagten aus der Beamtenversorgung ihres verstorbenen Mannes auf ihre Betriebsrente angerechnet werden muss. Die korrekte Anwendung oder Nichtanwendung von § 67 BeamtVG ist entscheidend für die Rechtmäßigkeit der Rückforderung.
- § 812 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – Ungerechtfertigte Bereicherung: Wer durch die Leistung eines anderen oder in anderer Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist zur Herausgabe verpflichtet. Dieser Grundsatz des Bereicherungsrechts besagt, dass Vermögensverschiebungen ohne Rechtsgrundlage rückgängig gemacht werden müssen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Klägerin argumentiert, dass die Beklagte zu viel Rente ohne Rechtsgrund erhalten hat, da das Witwengeld hätte angerechnet werden müssen. Die Rückforderung basiert somit auf dem Anspruch der ungerechtfertigten Bereicherung, da die Beklagte vermeintlich zu Unrecht höhere Zahlungen erhalten hat.
- Anstellungsvertrag vom 11.01.1980, insbesondere § 5: Verträge sind die Grundlage für die Rechtsbeziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. § 5 des Anstellungsvertrages sicherte der Beklagten eine „beamtenmäßige Versorgung“ zu und verwies auf die „für vergleichbare Landesbeamte geltenden Bestimmungen“. Die genaue Auslegung und Reichweite dieser vertraglichen Vereinbarung ist entscheidend. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Anstellungsvertrag ist die primäre Rechtsgrundlage für den Rentenanspruch der Beklagten. Die Interpretation von § 5 bestimmt, inwieweit tatsächlich eine Anrechnung des Witwengeldes nach beamtenrechtlichen Grundsätzen erfolgen muss und ob die Rückforderung somit vertraglich gedeckt ist.
Hinweise und Tipps
Praxistipps für Empfänger von Versorgungsbezügen zum Thema Rückforderung von Überzahlungen
Sie beziehen eine Betriebsrente oder ähnliche Versorgungsbezüge von Ihrem früheren Arbeitgeber und verlassen sich auf die Korrektheit der Zahlungen. Manchmal stellt der Arbeitgeber jedoch nachträglich fest, über einen längeren Zeitraum zu viel gezahlt zu haben. Dann kann unerwartet ein Schreiben mit einer hohen Rückforderung bei Ihnen eingehen.
Hinweis: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar. Sie ersetzen keine individuelle Prüfung durch eine qualifizierte Kanzlei. Jeder Einzelfall kann Besonderheiten aufweisen, die eine abweichende Einschätzung erfordern.
Tipp 1: Abrechnungen prüfen und aufbewahren
Auch wenn es mühsam erscheint: Prüfen Sie Ihre monatlichen oder jährlichen Abrechnungen der Versorgungsbezüge zumindest stichprobenartig auf Plausibilität. Bewahren Sie diese Unterlagen sorgfältig auf. So können Sie bei einer späteren Rückforderung besser nachvollziehen, wie sich die Zahlungen zusammensetzten und ob die Berechnung des Arbeitgebers korrekt ist.
Tipp 2: Rückforderungsschreiben ernst nehmen, aber nicht vorschnell zahlen
Ignorieren Sie ein Rückforderungsschreiben Ihres ehemaligen Arbeitgebers nicht. Zahlen Sie den geforderten Betrag jedoch auch nicht ungeprüft. Fordern Sie eine detaillierte und nachvollziehbare Aufschlüsselung der angeblichen Überzahlung an.
⚠️ ACHTUNG: Unterschreiben Sie keine Schuldanerkenntnisse oder Ratenzahlungsvereinbarungen, ohne vorher unabhängigen Rechtsrat eingeholt zu haben. Sie könnten sonst möglicherweise Einwände verlieren.
Tipp 3: Einwand der „Entreicherung“ prüfen lassen
Ein wichtiger Einwand gegen Rückforderungen ist die sogenannte Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB). Wenn Sie die zu viel gezahlten Beträge im Vertrauen auf die Richtigkeit der Zahlung bereits für Ihren laufenden Lebensunterhalt ausgegeben haben (z. B. für Miete, Lebensmittel, übliche Anschaffungen) und das Geld nicht mehr vorhanden ist, müssen Sie es unter Umständen nicht oder nicht vollständig zurückzahlen. Dies gilt insbesondere, wenn Ihnen die Überzahlung nicht auffallen musste.
Beispiel: Sie haben die leicht erhöhten Bezüge über Jahre erhalten und das Geld für normale Lebenshaltungskosten und eine Urlaubsreise verwendet, ohne einen Fehler zu bemerken.
⚠️ ACHTUNG: Die Berufung auf Entreicherung ist an strenge Voraussetzungen geknüpft und muss im Streitfall von Ihnen dargelegt und ggf. bewiesen werden. Eine anwaltliche Prüfung ist hier ratsam.
Tipp 4: Verjährung prüfen
Auch Rückforderungsansprüche des Arbeitgebers können verjähren. Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre. Diese Frist beginnt am Ende des Jahres, in dem der Arbeitgeber Kenntnis von der Überzahlung erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Lassen Sie prüfen, ob zumindest Teile der Forderung bereits verjährt sind.
⚠️ ACHTUNG: Die Berechnung der Verjährung kann komplex sein, insbesondere wenn die Überzahlungen über viele Jahre erfolgten.
Weitere Fallstricke oder Besonderheiten?
- Kenntnis der Überzahlung: Wenn Sie die Überzahlung hätten erkennen müssen (z. B. wegen eines offensichtlichen Fehlers in der Abrechnung oder einer erheblichen, unerklärlichen Steigerung), können Sie sich möglicherweise nicht auf Entreicherung berufen.
- Tarifliche oder vertragliche Ausschlussfristen: Prüfen Sie, ob Ihr Arbeits- oder ein Tarifvertrag kurze Fristen für die Geltendmachung von Ansprüchen vorsieht. Diese könnten auch für den Arbeitgeber gelten.
- Beweislast: Der Arbeitgeber muss beweisen, dass er zu viel gezahlt hat und in welcher Höhe.
✅ Checkliste: Rückforderung von Versorgungsbezügen
- Liegt ein konkretes Rückforderungsschreiben vor?
- Ist die Berechnung der Überzahlung nachvollziehbar dargelegt?
- Haben Sie die Abrechnungen aus dem betreffenden Zeitraum noch?
- Haben Sie die überzahlten Beträge gutgläubig verbraucht (möglicher Einwand der Entreicherung)?
- Könnten Teile der Forderung bereits verjährt sein (älter als 3 Jahre seit Kenntnis des Arbeitgebers)?
- Haben Sie rechtlichen Rat eingeholt, bevor Sie zahlen oder etwas unterschreiben?
Das vorliegende Urteil
Landesarbeitsgericht Düsseldorf – Az.: 12 Sa 462/22 – Urteil vom 23.11.2022
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