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Rückzahlungsvereinbarung bei bereits laufender Fort-/Weiterbildung

Landesarbeitsgericht Niedersachsen – Az.: 8 Sa 229/21 – Urteil vom 23.02.2022

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lingen vom 3.3.2021 – 1 Ca 397/20 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Anspruch der klagenden Arbeitgeberin auf Rückzahlung von Kosten für Fortbildungsmaßnahmen, mit denen sich die beklagte Arbeitnehmerin auf den Erwerb des Berufsexamens Steuerberater vorbereiten wollte.

Die Klägerin betreibt in A-Stadt eine Steuerberater- und Wirtschaftsprüferkanzlei und stellte die Beklagte ab dem 01.04.2014 als Buchhalterin in Teilzeit ein. Die arbeitsvertraglichen Verhältnisse der Parteien werden durch den Teilzeitarbeitsvertrag vom 26.02.2014 (Anlage AF 1, Bl. 12 – 14 d. A.) geregelt.

Am 10.06.2017 begann beim Studienwerk der Steuerberater in NRW der „Lehrgang zur Vorbereitung auf die Steuerberaterprüfung 2018/2019“. Die Beklagte nahm an diesem Lehrgang ab August 2017 teil; ob es zuvor zwischen den Parteien Gespräche über eine Teilnahme der Beklagten an diesem Lehrgang gab und wenn ja, mit welchem Inhalt, ist streitig.

Mit Rechnung vom 18.08.2017 (Anlage AF 2, Bl. 15 d. A.) stellte das Studienwerk der Steuerberater in NRW der Beklagten für die Lehrgangsteilnahme 3.883,93 € in Rechnung.

Am 04.12.2017 schlossen die Parteien einen „Fortbildungsvertrag“ (Anlage AF 3, Bl. 16 – 18 d. A.), den sie mit einer „Klarstellung zum Fortbildungsvertrag“ am 18.12.2017 ergänzten (Anlage AF 4, Bl. 19 d. A.). Der Fortbildungsvertrag hat folgenden Inhalt:

㤠1

Die Arbeitnehmerin nimmt in der Zeit vom 01.08.2017 bis 31.03.2019 an Fortbildungsmaßnahmen teil, die vorbereiten auf den Erwerb des Berufsexamens

Steuerberater

§ 2

Die Teilnahme an dieser Fortbildung erfolgt im Interesse der beruflichen Fort- und Weiterbildung der Arbeitnehmerin.

§ 3

Die Vorbereitung auf das Berufsexamen wird mit einem Gesamtbetrag in Höhe von bis zu 10.000 € gefördert. Bei dem Förderbetrag handelt es sich um einen umsatzsteuerlichen Bruttobetrag. Das gewährte Förderbudget dient in allen Fällen zur Deckung sämtlicher für die Erlangung des Berufsexamens erforderlichen Vorbereitungs- und Prüfungszeiten sowie Vorbereitungs- und Prüfungskosten und die Bestellungsgebühren für Steuerberater. Es kann auch zur Freistellung für die Examensvorbereitung verwendet werden. Eine über das gewährte Förderbudget hinaus gehende Unterstützung wird nicht gewährt. Förderbudgets bzw. Freistellung zur Examensvorbereitung werden nicht gewährt und können nicht mehr in Anspruch genommen werden, selbst wenn die erforderlichen Zustimmungen vorliegen, wenn das Anstellungsverhältnis gekündigt oder auf andere Weise gelöst wird.

§ 4

Die Arbeitnehmerin kann frei über die Verwendung des Förderbudgets entscheiden. Sie kann die Verwendung für die Vorbereitungskurse zum Steuerberater, als auch die Umwandlung des Budgets in Freistellung wählen. Bei der Verwendung für die Vorbereitungskurse muss die Mitarbeiterin eine auf sie selbst ausgestellte Originalrechnung über den Kurs bei dem Arbeitgeber einreichen. Diese wird ihr dann aus dem Förderbudget erstattet.

Für die Examensvorbereitung werden maximal 70 Freistellungstage gewährt. Der frühestmögliche Beginn der Freistellung wird von der Geschäftsleitung unter Berücksichtigung betrieblicher Erfordernisse individuell festgelegt. Zur Umwandlung des Förderbudgets in bezahlte Freistellung wird je Freistellungstag 1/20 des zum Zeitpunkt der Umwandlung (= Gutschrift auf dem entsprechenden Urlaubskonto) geltenden Monatsbruttogehaltes der Mitarbeiterin (ohne sonstige Zulagen und Zahlungen) in Ansatz gebracht. Für Feiertage, die innerhalb der Freistellungszeiten liegen, muss keine Umwandlung erfolgen.

Mit der Inanspruchnahme des Förderbudgets soll auch der Anspruch auf Bildungsurlaub gemäß den landesrechtlichen Bestimmungen abgedeckt werden. Nimmt die Mitarbeiterin in dem Jahr, in dem er das Förderbudget in Anspruch genommen hat Bildungsurlaub (inklusive aus dem Vorjahr übertragener Bildungsurlaub), so wird, in Übereinstimmung mit den landesrechtlichen Bestimmungen, das Förderbudget um den Zeitraum des Bildungsurlaubes (je Bildungsurlaubstag 1/20 des Monatsbruttogehaltes der Mitarbeiterin) gekürzt. Soweit das Förderbudget ausbezahlt wurde, wird der Betrag mit der nächsten Gehaltsabrechnung eingehalten.

§ 5

Das in Anspruch genommene Förderbudget ist zurückzuzahlen, wenn

1. die Angestellte innerhalb von 24 Monaten nach bestandenem Berufsexamen das Unternehmen verlässt,

2. die Angestellte innerhalb von 24 Monaten nach nicht bestandenem Berufsexamen das Unternehmen verlässt,

3. die Angestellte das Examen wiederholt nicht ablegt.

Die Rückzahlungsmodalitäten im Einzelnen:

zu1.:

bestandenes Examen: Verlässt ein Mitarbeiter, der ein Förderbudget in Anspruch genommen hat, innerhalb von 24 Monaten nach Bestehen des Examens das Unternehmen aufgrund eigener Kündigung oder einer verhaltensbedingten Kündigung durch den Arbeitgeber oder sonstiger Auflösung aus gleichem Grunde, so hat er die vollständig gewährte Förderung zeitanteilig an das Unternehmen zurückzuzahlen. Die Rückzahlung reduziert sich mit jedem Monat, der dem letzten Prüfungstermin (schriftliche Prüfung) im ersten Versuch folgt, um 1/24. Eine Veranlassung des Arbeitgebers erfolgt, ohne dass dies vom Mitarbeiter zu vertreten ist.

zu2.:

nichtbestandenes Examen: Die Regelung gemäß § 5 Nr. 1 gilt entsprechend, wenn das Arbeitsverhältnis vor Erlangen der Qualifikation, insbesondere aufgrund nichtbestandenem Examen, aus vorgenannten Gründen beendet wird.

zu3.:

Abbruch des Examens: Fall der Angestellte nach Erhalt der Förderung das Examen nicht ablegt, ist der gesamte gewährte Förderbetrag zum Zeitpunkt des aus geschäftspolitischer Sicht nächstmöglichen Prüfungszeitpunktes vollständig zurückzuzahlen, wenn auch diese Prüfung nicht angetreten wurde. Dies gilt auch, wenn der Angestellte das Unternehmen in diesem Fall aufgrund eigener Kündigung oder einer verhaltensbedingten Kündigung durch den Arbeitgeber oder sonstiger Auflösung aus gleichem Grunde verlässt.

Härtefallregelung: Für den Fall, dass der Angestellte das Examen aus einem nicht von ihm zu vertretenden objektiven Grund (bspw. Dauerhafte Erkrankung, Pflege von Angehörigen) nicht ablegen kann, ist er verpflichtet, das Examen nach Beendigung des Verhinderungsgrundes wieder aufzunehmen und abzuschließen. Es gelten dann wieder die übrigen Bestimmungen dieser Vereinbarung. Falls aufgrund eines zu großen Zeitablaufs oder aufgrund von Bestimmungen der entsprechenden Institutionen eine Wiederaufnahme und Beendigung des Examens nicht möglich sein sollte, ist er nicht zur Rückzahlung der bis dahin geleisteten Förderung verpflichtet.“

In der „Klarstellung zum Fortbildungsvertrag“ vom 18.12.2017 haben die Parteien geregelt, dass es sich bei den von der Klägerin bereitgestellten Mitteln um Auszahlungen auf ein im Übrigen unverzinsliches Darlehen handele.

In der Zeit vom 18.12.2017 bis zum 26.06.2018 leistete die Klägerin an die Beklagte Erstattungen für die am 18.08.2017 in Rechnung gestellten Lehrgangsgebühren in der dort ausgewiesenen Höhe von 3.883,93 € (mittels mehrerer Teilzahlungen) sowie die Erstattung der Anmeldegebühr zur Steuerberaterprüfung in Höhe von 200,– €. Der letztgenannten Zahlung lag zugrunde, dass die Beklagte sich zur Steuerberaterprüfung angemeldet und die Anmeldegebühr am 23.04.2018 gezahlt hatte.

Die Beklagte trat zur Steuerberaterprüfung für das Jahr 2018 jedoch nicht an. Auch zu den Steuerberaterprüfungen der Jahre 2019 und 2020, zu denen eine Anmeldung jeweils bis zum 30. April des betreffenden Jahres möglich gewesen wäre, trat die Beklagte nicht an.

Mit Schreiben vom 14.05.2020 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis selbst zum 30.06.2020.

Mit Schreiben vom 10.06.2020 forderte die Klägerin die Beklagte zur Rückzahlung des erhaltenen Förderbetrages in Höhe von insgesamt 4.083,93 € auf.

Die Klägerin hat erstinstanzlich vorgetragen, die getroffene Fortbildungsvereinbarung sei wirksam. Insbesondere werde die Beklagte durch die Fortbildungsvereinbarung nicht unangemessen benachteiligt. Die Beklagte habe sich aus Eigeninitiative zu dem Lehrgang angemeldet, ohne dass im Zeitpunkt ihrer Anmeldung eine entsprechende Kostenübernahmeverpflichtung der Klägerin vorgelegen habe. Die Beklagte habe ihren Wunsch, bei der Fortbildung finanziell unterstützt zu werden, an die Klägerin erst im November 2017 herangetragen, im Anschluss hieran sei es zu der Vereinbarung vom 04.12.2017 gekommen. Es könne zwar sein, dass vorher schon über eine solche Fortbildungsmöglichkeit zwischen den Parteien gesprochen worden sei, jedoch habe die Klägerin der Beklagten vor Beginn des Lehrgangs bzw. vor Eintritt der Beklagten in denselben keinerlei Zusage einer finanziellen Unterstützung erteilt.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 4.083,93 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.06.2020 zu zahlen.

Die Beklagte hat vor dem Arbeitsgericht beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich vorgetragen, sie sei nicht zur Rückzahlung der erhaltenen Förderbeträge verpflichtet, da die in der Fortbildungsvereinbarung enthaltene Rückzahlungsklausel unwirksam sei. Sie werde durch diese Vereinbarung unangemessen benachteiligt. Im Anschluss an über einen längeren Zeitraum geführte Gespräche habe man der Beklagten von Seiten der Klägerin im August 2017 mitgeteilt, dass die Kosten für die Fortbildung zur Steuerberaterin übernommen würden. Dann erst habe sie sich angemeldet. Dies sei auch der Grund dafür, dass die Rechnung erst am 18.08.2017 erstellt worden sei.

Die Beklagte hat erstinstanzlich ihre Rechtsauffassung vorgetragen, die Fortbildungsvereinbarung sei unwirksam, weil sie erst nach Beginn der Fortbildungsmaßnahme abgeschlossen worden sei. Ferner finde in der Vereinbarung eine Differenzierung nach den Gründen einer etwaigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht bzw. nicht in hinreichender, der Rechtsprechung genügender, Weise statt. Die Fortbildungsvereinbarung sei auch deswegen unwirksam, weil in ihr nur ein „maximaler Förderbetrag“ genannt werde, so dass die Beklagte die zu erstattenden Kosten bzw. das Kostenrisiko nicht habe bestimmen können. Auch die Vereinbarung zur Anrechnung des Anspruchs auf Bildungsurlaub sei unwirksam und führe letztlich zur Unwirksamkeit der gesamten Fortbildungsvereinbarung.

Die Beklagte hat ihre Rechtsauffassung vorgetragen, auch § 5 Ziffer 3 der Fortbildungsvereinbarung stelle keine wirksame Regelung dar, da keinerlei Differenzierung nach dem Grund des dort erwähnten Ausscheidens oder der Nichtablegung des Examens stattfinde.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird auf die zwischen ihnen dort gewechselten Schriftsätze, das Protokoll der erstinstanzlichen Kammerverhandlung vom 03.03.2021 (Bl. 65, 66 d. A.). sowie den Tatbestand des angefochtenen erstinstanzlichen Urteils (Bl. 69 ff. d. A.). Bezug genommen.

Mit Urteil vom 03.03.2021 (Bl. 69 ff. d. A.) hat das Arbeitsgericht der Klage vollumfänglich stattgegeben. Es hat zur Begründung ausgeführt, die Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 Ziffer 3 der Fortbildungsvereinbarung, welcher eine Rückzahlungspflicht statuiere, lägen vor. Die Beklagte habe das Examen wiederholt im Sinne dieser Regelungen nicht abgelegt, ohne dass ein Härtefall vorgelegen habe. Gegen die Höhe der Forderung erhebe die Beklagte keine Einwendungen. Es sei unstreitig, dass die Klägerin der Beklagten insgesamt 4.083,93 € an Fortbildungskosten erstattet habe.

Die Beklagte werde durch die Rückzahlungsklausel in § 5 Ziffer 3 der Fortbildungsvereinbarung auch nicht unangemessen benachteiligt. Insbesondere führe der Umstand, dass die Fortbildungsvereinbarung erst nach Beginn der Fortbildungsmaßnahme und nach Teilnahmebeginn der Beklagten an der Maßnahme geschlossen worden sei, nicht zur Unwirksamkeit der Klausel. Es sei zwischen bereits abgeschlossenen Fortbildungsvereinbarungen, die nachträglich mit einer Rückzahlungsklausel versehen würden, und solchen Vereinbarungen, in denen überhaupt von vornherein erst eine Übernahme von Fortbildungskosten, dann kombiniert mit einer Rückzahlungsvereinbarung, vereinbart werde, zu unterscheiden.

Die Rückzahlungsvereinbarung sei auch nicht deshalb unwirksam, weil die Höhe der möglichen Rückzahlungskosten für die Arbeitnehmerin nicht erkennbar sei, denn entgegen der Auffassung der Beklagten sei deren Höhe erkennbar. Die Kosten der Fortbildung seien der Beklagten bekannt gewesen, da diese sich selbst zu der Fortbildung angemeldet habe. Die Fortbildungsvereinbarung begrenze die Höhe der Förderungssumme und damit auch die Höhe der potentiellen Rückzahlungsverpflichtung der Beklagten auf 10.000 Euro.

Unwirksamkeitsgründe in anderen Regelungen der Fortbildungsvereinbarung, insbesondere in § 5 Ziffer 1 und § 5 Ziffer 2, die möglicherweise vorlägen, änderten nichts an der Wirksamkeit der in § 5 Ziffer 3 geregelten Rückzahlungsklausel, da die einzelnen Paragraphen und Ziffern iSd. Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts einen jeweils selbstständigen Regelungsgehalt aufwiesen und insbesondere die Klausel des § 5 damit teilbar sei.

Das Urteil des Arbeitsgerichts ist der Beklagten mit eEB am 11.03.2021 zugestellt worden (vgl. Bl. 79 d. A.). Am 25.03.2021 und damit fristgerecht hat die Beklagte Berufung eingelegt (Bl. 82, 83 d. A.). Sie hat diese Berufung mit Schriftsatz vom 4. Mai 2021, bei dem erkennenden Gericht am gleichen Tage eingegangen, fristgerecht begründet (vgl. Bl. 109 ff. d. A.).

Die Beklagte führt zur Begründung ihrer Berufung an, das Arbeitsgericht habe rechtsfehlerhaft angenommen, dass bei Vertragsabschlüssen nach Fortbildungsbeginn zwischen abgeschlossenen Fortbildungsvereinbarungen, die nachträglich mit einer Rückzahlungsklausel versehen würden, und solchen Vereinbarungen, in denen die Übernahme von Fortbildungskosten samt Rückzahlungsvereinbarung überhaupt erst vereinbart werde, zu differenzieren sei. Eine solche Differenzierung sei nicht nachvollziehbar und nicht sachlich gerechtfertigt. Die Klägerin sei im Übrigen bereits vor Abschluss des Fortbildungsvertrages über die von der Beklagten aufgenommene Fortbildungsmaßnahme informiert gewesen.

§ 5 Ziffer 3 der Fortbildungsvereinbarung sei so zu verstehen, dass bereits eine Eigenkündigung des Arbeitnehmers ausreiche, um die Rückzahlungsverpflichtung auszulösen. Eine nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts erforderliche Differenzierung nach dem Grund des Ausscheidens bzw. der Nichtablegung des Examens finde nicht statt, was zur Unwirksamkeit der Klausel führe. Zudem enthalte § 5 Ziffer 3 keinerlei zeitanteilige Reduktion der Kostenerstattungspflicht, je nachdem, wie lange das Arbeitsverhältnis nach etwaigem Abbruch des Examens noch bestehe. Auch insoweit benachteilige diese Regelung die Beklagte mit der Folge, dass keine wirksame Rückzahlungsverpflichtung vereinbart worden sei.

Die Fortbildungsvereinbarung sei ferner deswegen unwirksam, weil sich für die Beklagte nicht erschließe, welche Kosten konkret auf sie zukommen, was das Arbeitsgericht rechtsfehlerhaft anders beurteilt habe.

Schließlich sei die Fortbildungsvereinbarung insgesamt unwirksam, weil in § 4 letzter Absatz geregelt sei, dass mit der Inanspruchnahme des Förderbudgets auch der Anspruch auf Bildungsurlaub abgedeckt sein solle, was nicht zulässig sei.

Die Beklagte und Berufungsklägerin hat beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Lingen vom 3.3.2021 – 8 Sa 229/21 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin und Berufungsbeklagte hat beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und tätigt insbesondere umfangreiche Ausführungen dazu, weshalb die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Unwirksamkeit von Rückzahlungsvereinbarungen, die nach Beginn der Fortbildungsmaßnahme abgeschlossen wurden, vorliegend aufgrund anders gearteten Sachverhaltes nicht anwendbar sei. § 5 Nr. 3 der Fortbildungsvereinbarung benachteilige die Beklagte nicht unangemessen. Eine Regelung einer zeitanteiligen Reduzierung der Kostenerstattung sei nicht notwendig gewesen. Die etwaige Unwirksamkeit anderer Regelungen als des § 5 Nr. 3 sei aufgrund des sog. „blue-pencil-Tests“ unbeachtlich.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen in zweiter Instanz gewechselten Schriftsätze und das Protokoll der Kammerverhandlung vom 23.02.2022 verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Beklagte ist aus § 5 Ziffer 3 des Fortbildungsvertrages verpflichtet, der Klägerin die Fortbildungskosten, die die Klägerin von Dezember 2017 bis Juni 2018 in rechnerisch unstreitiger Höhe von 4.083,93 € an die Beklagte geleistet hat, zurückzuerstatten.

1.

Bei dem Fortbildungsvertrag vom 4.12.2017 handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 BGB.

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt. Die Vereinbarung muss darüber hinaus für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sein. Das ist der Fall, wenn der Text in mindestens drei Fällen zur Grundlage von Vertragsbedingungen gemacht wird (vgl. BAG 23. Januar 2007 – 9 AZR 482/06 – Rn. 15, AP BGB § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 38 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 19). Dabei reicht es aus, wenn eine Partei ein von einem Dritten für eine Vielzahl von Verträgen angefertigtes Formular verwendet, selbst wenn sie es selber nicht in mindestens drei Fällen nutzt (BGH 16. November 1990 – V ZR 217/89 – zu 1 der Gründe, NJW 1991, 843).

Nach § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB liegen keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor, soweit Vertragsbedingungen im Einzelnen ausgehandelt sind. Ein bloßes übereinstimmendes Verständnis des Inhalts von Allgemeinen Geschäftsbedingungen führt nicht bereits dazu, dass einzeln ausgehandelte Vertragsbedingungen vorliegen. Nur dann, wenn der Verwender die betreffende Klausel inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und dem Verhandlungspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumt mit der realen Möglichkeit, die inhaltliche Ausgestaltung dieser Vertragsbedingungen zu beeinflussen, sind die Voraussetzungen des § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB erfüllt. Der Verwender muss sich deutlich und ernsthaft zu gewünschten Änderungen der zu treffenden Vereinbarung bereiterklären (BAG 18. Januar 2006 – 7 AZR 191/05 – Rn. 23, AP BGB § 305 Nr. 8 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 13). Das verlangt mehr als ein gemeinsames Verständnis des Inhalts der Norm (BAG 15. September 2009 – 3 AZR 173/08 –, Rn. 29 – 33, juris).

Zwischen den Parteien ist nicht streitig, dass die Bestimmungen von der Klägerin vorformuliert waren und für eine Vielzahl von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen der Klägerin Verwendung fanden und auch weiterhin Verwendung finden sollen. Die Klägerin hat nicht behauptet, der Inhalt der Vereinbarung sei im Einzelnen ausgehandelt worden. Der Fortbildungsvertrag vom 4.12.2017 unterliegt damit dem Prüfungsmaßstab der §§ 305 bis 310 BGB.

Danach ist der Fortbildungsvertrag, insbesondere dessen § 5 Ziffer 3, nach seinem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie er von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der gewöhnlich beteiligten Verkehrskreise verstanden wird. Dabei sind nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen. Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 19.01.2011 – 3 AZR 621/08 – juris Rn. 17; BAG 27.07.2010 – 3 AZR 777/08 – juris Rn. 21 und öfter (st. Rspr. des Bundesarbeitsgerichts).

2.

Der Fortbildungsvertrag der Parteien ist ungeachtet des Umstandes, dass die Parteien am 18.12.2017 eine „Klarstellung zur Fortbildungsvereinbarung“ getroffen haben, in der sie „klargestellt“ haben, dass es sich bei den vom Arbeitgebern bereitgestellten Mitteln um Auszahlungen auf ein im Übrigen unverzinsliches Darlehen handele, an den von der Rechtsprechung für die Wirksamkeit von Rückzahlungsklauseln bei Fort-, Aus- und Weiterbildungsvereinbarungen zu messen.

Die Beklagte erhielt von der Klägerin kein Darlehen im Rechtssinne. Nach § 488 Abs. 1 BGB setzt ein Darlehensvertrag voraus, dass der Darlehensgeber sich verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag zur Verfügung zu stellen und dieser sich zur Rückzahlung des Darlehens verpflichtet. Der Darlehensvertrag ist Rechtsgrund der Verpflichtungen. Diesen Anforderungen entspricht der am 4.12.2017 getroffene Fortbildungsvertrag auch unter Berücksichtigung der am 18.12.2017 vereinbarten „Klarstellung zum Fortbildungsvertrag“ nicht.

Rechtsgrund der an die Beklagten geleisteten Kostenerstattungen sind vorliegend § 3 und § 4, erster Absatz, des Fortbildungsvertrages. Dem steht nicht entgegen, dass die Leistungen der Beklagten nach dem Wortlaut der „Klarstellung zum Fortbildungsvertrag“ als „im Übrigen unverzinsliches Darlehen“ zur Verfügung gestellt werden. Entgegen dem Wortlaut der „Klarstellung“ war kein Darlehen im Rechtssinne gewollt, sondern eine Verpflichtung zur Rückzahlung der nach dem Fortbildungsvertrag für den Erwerb des Berufsexamens Steuerberater aufgewandten arbeitgeberseitigen Leistungen (vgl. zu allem Vorstehenden BAG 18. März 2008 – 9 AZR 186/07 –, BAGE 126, 187-198, juris Rn. 8, sowie auch LAG Schleswig-Holstein 21.8.2019 – 3 Sa 67/19, juris).

3.

Der Umstand, dass die Parteien die Rückzahlungsvereinbarung erst abgeschlossen haben, als die Beklagte die Fortbildungsmaßnahme bereits begonnen hatte, stellt keine unangemessene Benachteiligung der Beklagten dar und führt auch unter keinem anderen rechtlichen Gesichtspunkt zur Unwirksamkeit der Rückzahlungsklausel.

a.

Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.

Unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Arbeitnehmers, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Es bedarf einer umfassenden Würdigung der beiderseitigen Positionen unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben. Bei der Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Abzuwägen sind die Interessen des Verwenders gegenüber den Interessen der typischerweise beteiligten Vertragspartner. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell und unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt. Betrifft die Inhaltskontrolle einen Verbrauchervertrag, sind nach § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen (st. Rspr. des Bundesarbeitsgerichts, vgl. etwa BAG 7. Oktober 2015 – 7 AZR 945/13 – Rn. 40; 10. Dezember 2014 – 7 AZR 1009/12 – Rn. 46; 15. Dezember 2011 – 7 AZR 394/10 – Rn. 21, BAGE 140, 191). Eine unangemessene Benachteiligung kann sich nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist (BAG 24. Februar 2016 – 7 AZR 253/14 –, Rn. 31 – 32, juris).

aa.

Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 19.03.1980 – 5 AZR 362/78 die Vereinbarung einer Rückzahlungsklausel als unwirksam angesehen, der zugrunde lag, dass die Arbeitnehmerin ab dem 1.10.1973 bei der Arbeitgeberin in deren Krankenhaus eine Umschulung von einer Fremdsprachensekretärin zu einer Krankenschwester durchlief, die Vertragsbeziehungen der Umschulung jedoch erst am 17.4.1974 geregelt und der Abschluss einer Vereinbarung über eine Rückzahlung der gesamten Ausbildungskosten von der Arbeitgeberin erst im Oktober 1974 verlangt wurde, wobei die Arbeitnehmerin die Vereinbarung im November 1974 unterzeichnete, nachdem ihr die Arbeitgeberin mit einer Beendigung der Umschulung gedroht hatte.

bb.

Dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 09.12.1992 – 5 AZR 158/92 lag zugrunde, dass die Arbeitnehmerin vom 1.1.1987 bis zum 31.12.1988 an einem berufsbegleitenden Seminar zur „Fachschwester für Anästhesie und Intensivmedizin“ teilnahm, in diesem Zusammenhang für die Jahre 1987, 1988 und 1989 je sechs Tage Fortbildungsurlaub erhielt und für den jeweils freitags stattfindenden theoretischen Unterricht bezahlt vom Dienst freigestellt wurde, wobei diese Vereinbarung, soweit aus der ausgesprochen knapp abgefassten Entscheidung ersichtlich, zu Beginn der Maßnahme getroffen, eine schriftliche Rückzahlungsvereinbarung jedoch erst während der laufenden Fortbildung unterzeichnet wurde.

cc.

In dem Fall, der die Grundlage für das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 15.09.2009 – 3 AZR 173/08 bildete, nahm die Arbeitnehmerin, eine pharmazeutisch-technische Assistentin, an einer Ausbildung zur „Fachberaterin Dermo-Kosmetik“ teil, einem Lehrgang, zu dem nur ausgesuchte Apotheken Teilnehmer entsenden konnten. Der Arbeitgeber übernahm Lehrgangs-, Fahrt- und Zertifizierungskosten. Eine Vereinbarung darüber, ob die in die Zeit der Lehrgangsteilnahme fallende Arbeitszeit vergütet werden sollte, trafen die Parteien zunächst nicht. Nachdem der Lehrgang vollständig durchgeführt war, behielt der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt für die Zeiten der Teilnahme an der Fortbildung ein, indem er diese Zeit nicht dem Arbeitszeitkonto der Arbeitnehmerin zugute brachte. Daraufhin kam es zum Abschluss einer schriftlichen „Fortbildungs- und Rückzahlungsvereinbarung“, die sowohl die (von Anfang an zugesagte) Übernahme der Lehrgangskosten als auch die Anrechnung von Arbeitsstunden zu Gunsten der Arbeitnehmerin regelte und die Arbeitnehmerin im Gegenzug unter bestimmten Umständen zur Rückzahlung verpflichtete.

Das Bundesarbeitsgericht erklärte die Klausel aufgrund einer (im Verhältnis zu den erlangten Vorteilen) unangemessen langen Bindungsdauer für unwirksam. Den späten Zeitpunkt des Zustandekommens der Rückzahlungsvereinbarung erwog es in diesem Fall zu Gunsten des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Es führte dazu aus:

„Als besonderer Umstand könnte hier in Betracht kommen, dass die streitbefangene Vereinbarung nach Abschluss der Schulungsmaßnahme abgeschlossen wurde. In einer derartigen Situation steht der Arbeitnehmer nicht mehr unter dem Druck, dass die Teilnahme oder weitere Teilnahme an der Veranstaltung möglicherweise vom Abschluss der Fortbildungsvereinbarung abhängt.“

Letztlich verwarf es diesen Gedanken jedoch:

„Im vorliegenden Fall kam die Vereinbarung zwischen den Parteien zustande, nachdem der Beklagte das Arbeitsentgelt für die Zeiten der Teilnahme an der Fortbildung einbehalten hatte, indem er diese Zeit nicht auf dem Arbeitszeitkonto der Klägerin zugute brachte. Erst aufgrund dieses Sachverhalts kam es zu der streitbefangenen Vereinbarung: Der Klägerin wurde das Arbeitsentgelt gezahlt, sie musste sich jedoch dafür überlang binden. Bei einer derartigen Fallgestaltung liegt keine besondere Situation vor, die dazu führen könnte, dass die allgemeinen Regeln für die Überprüfung von Rückzahlungsklauseln bei überlanger Bindungsdauer etwa nicht anzuwenden wären.“

dd.

Auch den in den Rechtsstreit eingeführten Urteilen aus der obergerichtlichen Rechtsprechung lag zugrunde, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer vor Beginn der Fortbildung eine Kostenübernahme zugesagt hatte und dann nachträglich – während der laufenden Maßnahme – eine Rückzahlungsklausel vereinbarte oder vereinbaren wollte.

In dem Sachverhalt, der dem Urteil des LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 8.5.2018 – 2 Sa 215/17, LAGE § 611 BGB 2002 Ausbildungsbeihilfe Nr. 8 zugrunde lag, benötigte die Arbeitgeberin, ein Klinikbetreiber dringend Fachpfleger für Intensivpflege und Anästhesie. Da am Arbeitsmarkt solche Kräfte nicht zur Verfügung standen, unterbreitete sie ihren Mitarbeitern ein dahingehendes Qualifizierungsangebot, verbunden mit der Zusage, die Kosten zu übernehmen. Ob in dem vor Beginn der Qualifizierung geführten mündlichen Gespräch darauf hingewiesen wurde, dass Voraussetzung für die Teilnahme an der Qualifikation eine entsprechende Verpflichtung zur Rückzahlung im Fall der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei, war (zweitinstanzlich) zwischen den Parteien streitig. Jedenfalls war beiden Parteien zu Beginn der Weiterbildungsmaßnahme nicht bekannt, in welchem Umfang Kosten entstehen würden. Das LAG sah die erst rd. sieben Monate nach dem Beginn der Fortbildung abgeschlossene schriftliche Rückzahlungsverpflichtung als unwirksam an, da die Arbeitnehmerin zum Zeitpunkt des Beginns der Ausbildung nicht klar und unmissverständlich auf alle sich aus der Ausbildung ergebenden Folgen, insbesondere über den Umfang der von der Arbeitnehmerin bei Nichteinhaltung der Bindungsfrist sich ergebenden Kostenfolgen, hingewiesen worden sei.

Das LAG Schleswig-Holstein hat mit Urteil vom 21.8.2019 – 3 Sa 67/19, juris, über einen Fall entschieden, in welchem – ähnlich wie vorliegend – die Arbeitnehmerin als Steuerfachangestellte bei einer Steuerberatungskanzlei tätig war und sich entschloss, entgeltliche Kurse bei einem privaten Anbieter zur Vorbereitung auf die Prüfung zur Steuerberaterin wahrzunehmen. Einer der Steuerberater und Partner der Arbeitgeberin erklärte vor Beginn der Fortbildung, dass die Arbeitgeberin die Rechnungen des Schulungsinstituts bezahle. Vor Beginn der Fortbildung wurde weder über eine Rückzahlung noch über Rückzahlungsmodalitäten gesprochen, lediglich hatte der Partner die Arbeitnehmerin darauf hingewiesen, sie solle aber nicht nach bestandener Steuerberaterprüfung ausscheiden. Weder zu Beginn der Fortbildung noch in der Folgezeit trafen die Parteien eine schriftliche Vereinbarung über eine Erstattungspflicht der Arbeitnehmerin. Das LAG verneinte eine Rückzahlungspflicht der später ausscheidenden Arbeitnehmerin mit der Begründung, die Arbeitnehmerin habe vor Beginn der Weiterbildung nicht gewusst, was an Verhaltens- und Rückzahlungspflichten auf sie zukomme.

b.

Dem Urteil des BAG vom 19.03.1980 lag maßgeblich zugrunde, dass die Arbeitgeberin den Abschluss der Rückzahlungsvereinbarung und damit auch die Verpflichtung der Arbeitnehmerin, sich zeitlich an die Arbeitgeberin zu binden, insbesondere mittels der Drohung erzwang, anderenfalls die Umschulung zu beenden.

In dem der Entscheidung des BAG vom 09.12.1992 zugrunde liegenden Sachverhalt lag zwar, soweit erkennbar, keine Androhung von Nachteilen für den Fall der Nichtunterzeichnung vor, aber die Arbeitnehmerin hatte dem berufsbegleitenden Seminar unter anderen Vorzeichen zugestimmt und sah sich nun damit konfrontiert, sich für drei Jahre an die Arbeitgeberin binden und bei vorzeitigem Ausscheiden die durch die Freistellungs- und Urlaubsregelung der Arbeitgeberin entstandenen Kosten, von deren vorbehaltloser Übernahme sie bis zu diesem Zeitpunkt hatte ausgehen können, erstatten zu müssen. Durch diese Vorgehensweise wurde der Arbeitnehmerin die Möglichkeit genommen, sich im Angesicht einer (nicht gewollten) Bindungs- bzw. Rückzahlungsverpflichtung von vornherein gegen die Durchführung der Fortbildungsmaßnahme zu entscheiden.

Das Urteil vom 15.9.2009 macht deutlich, dass das Bundesarbeitsgericht nicht von einem allgemeinen Rechtssatz ausgeht, dass eine Fortbildungsvereinbarung stets vor Beginn der Fortbildungsmaßnahme vollständig getroffen sein müsse. Die Unwirksamkeit der zur Überprüfung stehenden Klausel ergab sich im konkreten Fall aus der unangemessen langen Bindungsdauer, nicht aus dem Zeitpunkt des Abschlusses der Fortbildungsvereinbarung.

Zusammenfassend kann damit festgestellt werden: Allein die Tatsache, dass sich ein Arbeitnehmer zu dem Zeitpunkt, zu dem es zum Abschluss einer Fortbildungsvereinbarung kommt, bereits mitten in einer Fortbildungsmaßnahme befindet, wirkt noch nicht unangemessen benachteiligend. Nur bei Hinzutreten weiterer Umstände kann sich eine solche Bewertung ergeben. So verstößt es in nicht hinnehmbarer Weise gegen die Interessen des Arbeitnehmers, wenn der Arbeitgeber bereits Fortbildungskosten getragen oder sich bereits wirksam hierzu verpflichtet hat und erst zu einem späteren Zeitpunkt während der laufenden Maßnahme den Abschluss einer Rückzahlungsvereinbarung verlangt. Auch kann der Umstand, dass der Arbeitgeber den Abschluss der Fortbildungsvereinbarung erst während der laufenden Maßnahme durch die Drohung mit negativen Folgen erzwingt, wie z.B. einen Abbruch der Fortbildungsmaßnahme oder gar die Auflösung des Vertragsverhältnisses, gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen, dies im Übrigen unabhängig von der Frage, ob Allgemeine Geschäftsbedingungen vorliegen.

Beginnt der Arbeitnehmer hingegen eine Fortbildung, ohne hierzu durch den Arbeitgeber veranlasst worden zu sein und ohne mit dem Arbeitgeber eine Vereinbarung zur Übernahme von Fortbildungskosten getroffen zu haben, und kommt es im Anschluss während der laufenden Maßnahme zu einem Vertragsschluss, wonach der Arbeitgeber Kosten übernimmt, während der Arbeitnehmer sich im Gegenzug unter bestimmten Umständen zur Rückerstattung verpflichtet bzw. vertraglich an den Arbeitgeber für eine gewisse Dauer bindet, wirkt der Arbeitgeber nicht in unangemessener Weise auf die Entscheidungsfreiheit des Arbeitnehmers ein. In solchen Fällen hat der Arbeitnehmer sich frei, ohne Druck, Zwang oder Vorspiegelung einer unbedingten Kostenübernahme zur Durchführung der Fortbildungsmaßnahme entschieden. Das spätere Angebot einer finanziellen Förderung kann der Arbeitnehmer dann ebenfalls aus freien Stücken annehmen oder aber darauf verzichten und die Fortbildung, wie ursprünglich geplant, allein aus eigenen Mitteln finanzieren und damit auch jegliche Bindung und Rückerstattungspflicht vermeiden. Würde man unter diesen Umständen den nachträglichen Abschluss einer Fortbildungsvereinbarung mit (bedingter) Rückerstattungspflicht generell als unwirksam ansehen, hätte dies auch erhebliche negative Konsequenzen für den Arbeitnehmer, der dann eine Unterstützung seitens des Arbeitgebers in der Regel nicht (mehr) erreichen kann, weil dieser gewöhnlich nicht bereit sein wird, die Fortbildungsmaßnahme ohne die Vereinbarung einer (bedingten) Rückerstattungspflicht zu finanzieren.

c.

Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass die Beklagte die Fortbildungsmaßnahme aus eigener Initiative begonnen hat. Sie durfte zu diesem Zeitpunkt nicht davon ausgehen, hierfür eine wie auch immer geartete Finanzierung oder anteilige Kostentragung der Arbeitgeberin zu erhalten.

Zwar behauptet die Beklagte, sie habe bereits anlässlich eines Mitarbeitergesprächs im Oktober 2016 mit den Partnern G. und B. der Klägerin erörtert, dass sie beabsichtige, im Jahr 2017 die Fortbildung zur Steuerberaterin durchzuführen und im Jahre 2018 dann die Prüfung abzulegen. Die Klägerin habe hierbei „ihre Unterstützung zugesagt“. Dieser Vortrag ist nicht schlüssig, denn eine „Unterstützung“ kann auch in gänzlich anderen Handlungen bestehen als in der Übernahme von Fortbildungskosten.

Soweit die Beklagte dann weiter behauptet, im Juli 2017 habe sie ein weiteres Gespräch mit Herrn G. geführt, der ihr erklärt habe, dass die Klägerin „die Fortbildungskosten übernehme bzw. erstatte“, und die Beklagte solle sich zur Fortbildung anmelden, hat die Klägerin dies substantiiert bestritten. Die Klägerin hat hierzu ausgeführt, in einem Gespräch zwischen Herrn G. und der Beklagten am 22.6.2017 habe sich der bereits zuvor gewonnene Eindruck, dass die Beklagte noch nicht qualifiziert genug war, um mit ausreichender Wahrscheinlichkeit das Steuerberaterexamen erfolgreich abzulegen, verfestigt. Ein weiteres Gespräch habe dann erst wieder Ende September 2017 stattgefunden. Dabei habe die Beklagte offenbart, sich eigenständig zu dem Vorbereitungskurs zum Steuerberaterexamen angemeldet zu haben. Erst in diesem Gespräch habe die Beklagte gefragt, ob eine Finanzierung der Fortbildung durch die Klägerin möglich sei. Herr G. habe der Beklagten daraufhin versprochen, die Angelegenheit in der Partnerrunde zu besprechen. Erst nachdem sämtliche Partner ihre Zustimmung gegeben hätten, sei es zur Unterzeichnung des Fortbildungsvertrages vom 4.12.2017 gekommen.

Die Beklagte ist für die ihr günstige Tatsache einer verbindlichen Zusage der Übernahme von Fortbildungskosten bereits vor dem Abschluss des schriftlichen Vertrages darlegungs- und beweispflichtig. Sie hat bereits ihrer Darlegungslast nicht hinreichend genügt. Der Vortrag, dass die Klägerin, vertreten durch Herrn G., mitgeteilt habe, dass sie „die Fortbildungskosten“ übernehme, ist nicht hinreichend substantiiert. Der Begriff der „Fortbildungskosten“ umfasst, wie der Beklagten als Buchhalterin mit abgeschlossenem Masterstudium der Steuerwissenschaften auch von sich aus geläufig sein muss, zahlreiche Positionen. Es werden durch eine Fortbildung der von der Beklagten angestrebten Art nicht allein die Kosten des Lehrganges als solchem ausgelöst, sondern es können darüber hinaus auch Fahrt-, Verpflegungs- und ggf. auch Übernachtungskosten entstehen. Besucht die Arbeitnehmerin während ihrer vertraglich geschuldeten Arbeitszeit Vorträge bzw. Unterrichtseinheiten, stellt sich die Frage, ob sie hierfür freigestellt wird und ob dies ggf. bezahlt geschieht. Gleiches gilt für eine etwaige Freistellung zum Zwecke des Eigenstudiums bzw. der Prüfungsvorbereitung. Darüber hinaus können die Lehrgangskosten je nach Art und Umfang des Lehrganges und des anbietenden Instituts erheblich variieren. Die Beklagte legt nicht dar, über welche dieser Fortbildungskosten sie mit Herrn G. im Einzelnen gesprochen haben will, ob und in welcher Höhe diese Kosten bzw. welcher Umfang der Übernahme durch die Klägerin thematisiert worden sein soll und welche Kosten nach Art und Umfang durch Herrn G. mündlich zur Übernahme durch die Klägerin zugesagt worden sein sollen. Darüber hinaus ist es widersprüchlich, wenn die Beklagte einerseits behauptet, Herr G. habe gesagt, es solle noch geklärt werden, ob die Rechnungen des Studienwerkes auf die Klägerin oder die Beklagte auszustellen seien, eine solche Klärung dann aber nicht erfolgte (jedenfalls trägt die Beklagte dazu nichts vor) und die Beklagte sich sodann zum Kurs anmeldete und die Rechnungen auf sich selbst ausstellen ließ.

Jedenfalls hat die Beklagte der ihr obliegenden Beweislast nicht genügt. Zwar beruft sie sich zum Beweis der Richtigkeit ihrer Behauptungen auf das Zeugnis einer Frau J.. Sie führt aber nicht dazu aus, weshalb Frau J. die Behauptungen der Beklagten bestätigen können soll. Insbesondere behauptet die Beklagte nicht, Frau J. sei bei den von ihr geschilderten Gesprächen und angeblichen mündlichen Zusagen dabei gewesen.

d.

Eine wirksame Vereinbarung über die Tragung der Kosten der Fortbildung durch die Klägerin lag damit in dem Zeitpunkt, in dem die Beklagte die Fortbildungsvereinbarung mit dem Werk der Steuerberater in NRW abschloss, nicht vor. Dementsprechend konnte und durfte die Beklagte nicht davon ausgehen, dass die Klägerin sich überhaupt an den Kosten der von der Beklagten selbst angestrebten Fortbildung zur Steuerberaterin beteiligen würde. Sie musste damit rechnen, die gesamten Fortbildungskosten allein tragen zu müssen.

Mit dem Abschluss des Fortbildungsvertrages vom 04.12.2017 wurde erstmalig eine Beteiligung der Klägerin an den Fortbildungskosten, zu deren Tragung sich die Beklagte bereits gegenüber dem Werk der Steuerberater verpflichtet hatte, schriftlich, rechtsverbindlich und hinreichend konkret statuiert. Der Beklagten wuchs aus dieser Vereinbarung ein Vorteil zu, den sie vorher nicht innehatte. Die in § 5 des Fortbildungsvertrages geregelte Rückzahlungsvereinbarung stellt vor diesem Hintergrund lediglich eine Einschränkung der ansonsten für die Beklagte vorteilhaften, neu vereinbarten, Regelung über eine Kostenübernahme bzw. Kostenerstattung durch die Klägerin dar. Aus dem Zeitpunkt des Abschlusses des Fortbildungsvertrages resultiert daher in Bezug auf die Bindungs- und Rückzahlungsverpflichtungen, denen sich die Beklagte gleichzeitig unterwarf, keine nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessene Benachteiligung der Beklagten. In dem in Rede stehenden zeitlichen Ablauf liegt auch weder ein Verstoß gegen Treu und Glauben, der die Rückzahlungsvereinbarung nach § 242 BGB unwirksam machen würde, noch ist dieser unter anderen rechtlichen Gesichtspunkten zu beanstanden.

4.

Entgegen der von der Beklagten vorgetragenen Rechtsauffassung waren die von ihr zurück zu erstattenden Kosten der Höhe nach bei Abschluss des Fortbildungsvertrages auch klar erkennbar.

a.

Eine in einer Fortbildungsvereinbarung enthaltene Rückzahlungsklausel stellt eine nach § 307 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers dar und ist nicht hinreichend klar und verständlich, wenn sie nicht erkennen lässt, welche finanziellen Belastungen – ggf. in welcher Größenordnung – auf den Arbeitnehmer zukommen konnten.

Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich die zur Unwirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung führende unangemessene Benachteiligung daraus ergeben, dass die Vertragsklausel nicht klar und verständlich ist. Dieses Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Danach müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Vertragsbestimmung so genau beschrieben werden, dass für den Verwender der Klausel keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird (vgl. BAG 24. Oktober 2007 – 10 AZR 825/06 – Rn. 14, BAGE 124, 259; 31. August 2005 – 5 AZR 545/04 – Rn. 45, BAGE 115, 372). Eine Klausel muss im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners des Klauselverwenders so klar und präzise wie möglich umschreiben. Sie verletzt das Bestimmtheitsgebot, wenn sie vermeidbare Unklarheiten enthält und Spielräume eröffnet. Die Voraussetzungen und der Umfang der Leistungspflicht müssen so bestimmt oder zumindest so bestimmbar sein, dass der Vertragspartner des Verwenders bereits bei Vertragsschluss erkennen kann, was ggf. „auf ihn zukommt“. Allerdings darf das Transparenzgebot den Verwender nicht überfordern. Die Verpflichtung, den Klauselinhalt klar und verständlich zu formulieren, besteht nur im Rahmen des Möglichen (BAG 1. September 2010 – 5 AZR 517/09 – Rn. 15, BAGE 135, 250; 5. August 2009 – 10 AZR 483/08 – Rn. 14, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 85 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 10; BGH 5. November 2003 – VIII ZR 10/03 – zu II 2 b aa der Gründe, NJW 2004, 1598; 3. März 2004 – VIII ZR 153/03 – zu II 2 a bb der Gründe, NZM 2004, 379).

In einer Fortbildungsvereinbarung, die unter bestimmten Voraussetzungen die Erstattung der Fortbildungskosten vorsieht, sind die Kosten der Fortbildung zumindest der Größenordnung nach anzugeben, damit die Klausel den Anforderungen an die Transparenz entspricht. Dem Transparenzgebot ist nur genügt, wenn die ggf. zu erstattenden Kosten dem Grunde und der Höhe nach im Rahmen des Möglichen angegeben sind. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Anforderungen, die an die Transparenz einer Rückzahlungsvereinbarung zu stellen sind, nicht überzogen sein dürfen. Der Verwender der Klausel ist nicht verpflichtet, die Kosten der Ausbildung bei Abschluss der Rückzahlungsvereinbarung exakt der Höhe nach zu beziffern. Im Sinne eines Ausgleichs der widerstreitenden Interessen von Klauselverwender und Vertragspartner müssen die Angaben jedoch so beschaffen sein, dass der Vertragspartner sein Rückzahlungsrisiko abschätzen kann. Dazu sind zumindest Art und Berechnungsgrundlagen der ggf. zu erstattenden Kosten anzugeben. Ohne die genaue und abschließende Bezeichnung der einzelnen Positionen (zB Lehrgangsgebühren, Fahrt-, Unterbringungs- und Verpflegungskosten), aus denen sich die Gesamtforderung zusammensetzen soll, und der Angabe, nach welchen Parametern die einzelnen Positionen berechnet werden (zB Kilometerpauschale für Fahrtkosten, Tagessätze für Übernachtungs- und Verpflegungskosten), bleibt für den Vertragspartner unklar, in welcher Größenordnung eine Rückzahlungsverpflichtung auf ihn zukommen kann, wenn er seine Ausbildung abbricht. Ohne diese Angaben kann der Vertragspartner sein Zahlungsrisiko nicht abschätzen und bei Vertragsschluss in seine Überlegungen einbeziehen. Zudem eröffnet das Fehlen solcher Angaben dem Verwender der Klausel vermeidbare Spielräume (zu allem Vorstehenden BAG 21. August 2012 – 3 AZR 698/10 –, BAGE 143, 30-41, Rn. 17 – 20).

b.

Aus § 3 des Fortbildungsvertrages ergibt sich, dass die Klägerin zusagte, die Vorbereitung auf das Berufsexamen mit einem Gesamtbetrag in Höhe von bis zu 10.000 Euro zu fördern. Dementsprechend konnte die Beklagte von Anfang an nicht darüber im Zweifel sein, dass die Klägerin von ihr im Fall jedweder Rückzahlungsverpflichtung jedenfalls keinen Betrag, der 10.000 Euro überstieg, zurückzufordern vermochte.

Zudem ist in § 3 des Fortbildungsvertrages weiter ausgeführt, dass das gewährte Förderbudget zur Deckung sämtlicher für die Erlangung des Berufsexamens erforderlichen Vorbereitungs- und Prüfungszeiten sowie Vorbereitungs- und Prüfungskosten und die Bestellungsgebühren für Steuerberater dienen sollte. Der Beklagten war damit klar, dass die Klägerin (ausschließlich) Vorbereitungs- und Prüfungszeiten zu vergüten sowie Vorbereitungs- und Prüfungskosten und die Bestellungsgebühren zu tragen bereit war, nicht jedoch etwa Fahrtkosten, Verpflegungskosten und Unterbringungskosten. Auch die Rückzahlungsverpflichtung der Beklagten konnte sich daher von vornherein nur auf diese in § 3 des Fortbildungsvertrages genannten Arten von Fortbildungskosten beziehen.

In § 4 des Fortbildungsvertrages ist vereinbart, dass die Arbeitnehmerin frei über die Verwendung des Förderbudgets entscheiden kann. Insbesondere ist dort geregelt, dass die Mitarbeiterin bei der Verwendung für die Vorbereitungskurse eine auf sie selbst ausgestellte Originalrechnung über den Kurs bei der Arbeitgeberin einreichen muss, welche ihr dann aus dem Förderbudget erstattet wird. Auch zu den Freistellungstagen ist im Einzelnen im zweiten Absatz des § 4 geregelt, in welcher Weise und Höhe diese in das Förderbudget Eingang finden.

Die Beklagte selbst konnte entscheiden, bei welchem Institut sie sich zur Fortbildung für die Steuerberaterprüfung anmeldete. Sie konnte selbst Klarheit darüber gewinnen, welche Lehrgangsgebühren mit einer solchen Fortbildung für sie verbunden waren, zumal sie selbst nach den Vereinbarungen im Fortbildungsvertrag die Rechnung zu erhalten hatte. Auch die Prüfungskosten und die Bestellungsgebühren waren für die Beklagte problemlos ermittelbar, zumal sie auch mit diesen in Vorleistung zu gehen hatte. Gleiches gilt für die Freistellungstage. Auch hier konnte die Beklagte selbst darüber bestimmen, ob und in welcher Höhe sie solche Tage zur eigenständigen Fortbildung in Anspruch nehmen wollte. Fortbildungskosten wurden somit ausschließlich durch die Beklagte selbst ausgelöst, nicht durch die Klägerin. Zudem konnte die Beklagte sich selbst vorher vollumfänglich über deren betragsmäßigen Umfang kundig machen und selbst entscheiden, gegenüber welchem Fortbildungsinstitut und in welcher Höhe sie derartige Verbindlichkeiten einging. Da folglich die Höhe der Fortbildungskosten für die Beklagte klar ersichtlich, weil von ihr selbst steuerbar war, war für die Beklagte bei Abschluss des Fortbildungsvertrages auch der Umfang der etwaigen Rückzahlungsverpflichtungen klar erkennbar.

5.

Die in § 5 Ziffer 3 des Fortbildungsvertrages getroffene Vereinbarung, dass das in Anspruch genommene Förderbudget zurückzuzahlen ist, wenn die Angestellte das Examen wiederholt nicht ablegt, begegnet – ergänzt durch die nachfolgende, ins Einzelne gehende Regelung der Rückzahlungsmodalitäten – nach Auffassung des erkennenden Gerichts keinen rechtlichen Bedenken. Die Beklagte hat den Tatbestand dieser Rückzahlungsklausel auch verwirklicht und ist deshalb zur Rückzahlung der erhaltenen Fördersumme in voller Höhe verpflichtet.

a.

Soweit ersichtlich, war eine Klausel, in der – wie hier – eine Rückzahlungsverpflichtung daran anknüpft, dass der Arbeitnehmer die Prüfung, auf die die betreffende Fortbildungsmaßnahme ihn hinführt, nicht ablegt, noch nicht Gegenstand höchstrichterlicher Prüfung.

Zwar lagen den Urteilen des Bundesarbeitsgerichts vom 06.09.1995 – 5 AZR 241/94, EzA 1996, 314 und vom 19.01.2011 – 3 AZR 621/08, EzA 2012, 85 Sachverhaltskonstellationen zugrunde, in denen der jeweilige Arbeitgeber – zum einen ein Landkreis, zum anderen eine Sparkasse – eine Rückzahlung auch für den Fall vorsah, dass die betreffende Prüfung vom Arbeitnehmer nicht abgelegt werde. In beiden Fällen kam es jedoch zur Ablegung der Prüfung, so dass es auf die betreffende Klausel nicht ankam.

Nach Auffassung des erkennenden Gerichts sind derartige Klauseln grundsätzlich wirksam. Auch die vorliegend in § 5 Nr. 3 des Fortbildungsvertrages verwendete, durch den Text „zu 3.“ unter den „Rückzahlungsmodalitäten im Einzelnen“ ergänzte, Regelung begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Einwänden.

aa.

Bedenken, die insbesondere im Schrifttum dagegen vorgebracht werden, Rückzahlungsverpflichtungen mit dem Nichtbestehen einer Prüfung zu verbinden, da der Arbeitgeber sich insoweit vor der Finanzierung der Ausbildung über die Fähigkeiten des Arbeitnehmers Kenntnis verschaffen könne bzw. da der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nicht per Rückzahlungsabrede unter finanziellem Druck Ausbildungserfolge abfordern solle (ErfK/Preis, 22. Auflage 2022, § 611 a BGB Rz. 440 unter Verweis auf Arbeitsgericht Celle 08.08.1978, ARST 1979, 3), greifen vorliegend nicht. Die vorliegend zu beurteilende Klausel in § 5 Ziffer 3 der Fortbildungsvereinbarung stellt auf eine Nichtablegung, also einen Nichtantritt zur Prüfung, ab. Hingegen ist das Nichtbestehen ausdrücklich in § 5 Ziffer 2 der Fortbildungsvereinbarung geregelt.

bb.

Der Umstand, dass § 5 Ziffer 3 des Fortbildungsvertrages eine unbedingte und vollständige Rückzahlungsverpflichtung statuiert und dem Arbeitnehmer somit – im Gegensatz zu § 5 Ziffern 1 und 2 – nicht die Möglichkeit einräumt, seine Rückzahlungsverpflichtung durch eine nachfolgende Arbeitsleistung „abzuarbeiten“, begegnet nach Auffassung der Kammer keinen durchgreifenden Bedenken.

Im Falle des Nichtantritts zur vereinbarten Prüfung werden die arbeitgeberseitigen Aufwendungen zur Fortbildungsmaßnahme des Arbeitnehmers vollständig frustriert, und dies aus Gründen, die allein der Arbeitnehmer zu vertreten hat. Eine solche Klausel knüpft an Umstände an, bei denen der Arbeitnehmer seine essentiellsten Verpflichtungen nicht erfüllt. Die Fortbildungsvereinbarung richtet sich, wie auch der Beklagten ersichtlich und von ihr gewünscht ist, auf die Ablegung des Steuerberaterexamens aus. Das (nach Möglichkeit erfolgreiche) Ablegen dieser Prüfung ist auch der Grund, weshalb der Arbeitgeber die Fortbildungsmaßnahme fördert. Durch den Nichtantritt der Prüfung vereitelt der Arbeitnehmer von vornherein jegliche Möglichkeit, dass der Erfolg eintreten kann. Dagegen erkennt die Fortbildungsvereinbarung ausdrücklich an, dass der Arbeitnehmer zumindest das grundlegend Notwendige getan hat, wenn er zum Berufsexamen antritt, es aber nicht besteht. Dieses Nichtbestehen soll dann (ebenso wie im Übrigen auch das Bestehen) zwar auch zu einer Rückzahlungsverpflichtung führen, jedoch soll diese erst eintreten, wenn der Arbeitnehmer innerhalb von 24 Monaten nach dem Examen bzw. nach der Examensprüfung das Unternehmen (selbst) verlässt.

Die nach alledem schärferen Folgen eines Nichtantritts zur Prüfung als die eines Nichtbestehens des Examens benachteiligen den Arbeitnehmer auch nicht unangemessen. Es steht in aller Regel in der Macht des Arbeitnehmers, sich zumindest zur Prüfung anzumelden und dort auch anzutreten. Bereits dies reicht aus, um die in § 5 Ziffer 3 geregelte Rechtsfolge einer unbedingten Rückzahlungsverpflichtung zu vermeiden.

cc.

Die Regelung zur „wiederholten“ Nichtablegung des Examens ist in Verbindung mit den nachfolgenden Bestimmungen – „Rückzahlungsmodalitäten im Einzelnen“ – hinreichend klar und transparent und benachteiligt den Arbeitnehmer auch nicht unangemessen.

In den Einzelregelungen zu den Rückzahlungsmodalitäten wird zu 3. darauf abgestellt, dass der Arbeitnehmer das Examen „nach Erhalt der Förderung nicht ablegt“. Der damit in Bezug genommene Zeitpunkt ist – für einen objektiven Empfänger in der Rolle des Arbeitnehmers auch klar erkennbar – derjenige, zu dem die Ablegung des Examens nach den Regelungen der geförderten Fortbildungsmaßnahme planmäßig zu erfolgen hat.

Weiter ist geregelt, dass der gesamte Förderbetrag „zum Zeitpunkt des aus geschäftspolitischer Sicht nächstmöglichen Prüfungszeitpunktes“ vollständig zurückzuzahlen sein soll, „wenn auch diese Prüfung nicht angetreten wurde“. Die Klausel stellt folglich auf den zweiten Nichtantritt zur Prüfung ab, wobei der Antritt zum Zeitpunkt der nächsten möglichen Prüfung, die auf den planmäßigen Prüfungszeitpunkt folgt, erwartet wird. Nicht vollständig klar wird hierbei, was genau der „aus geschäftspolitischer Sicht“ nächstmögliche Prüfungszeitpunkt sein soll. Hiermit sollen möglicherweise berechtigte Interessen des Arbeitnehmers, zu einer sich in kurzem zeitlichem Abstand ergebenden weiteren Prüfungsmöglichkeit nicht antreten zu müssen, in Betracht genommen werden. Möglich ist ebenso, dass die Arbeitgeberin ihre eigenen betrieblichen Belange in Bezug nimmt, die einem bestimmten nachfolgenden Prüfungszeitpunkt entgegenstehen könnten, weil etwa die Arbeitskraft des Arbeitnehmers im Betrieb benötigt wird. Diese Unklarheit ist durch die Kammer nicht weiter aufklärbar, führt aber auch nicht zur Unwirksamkeit der Rückzahlungsklausel. Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen gem. § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Die Klausel ist folglich zu Gunsten des Arbeitnehmers dahingehend auszulegen, dass eine nachfolgende Möglichkeit zur Ablegung der Prüfung dann nicht als „nächstmögliche Prüfung“ zählt, wenn der Arbeitnehmer berechtigte Gründe dafür vortragen kann, dass ihm der Antritt zu dieser Prüfung nicht zumutbar war.

dd.

Soweit die Rückzahlungsmodalitäten nachfolgend regeln, dass die Klausel auch dann gelte, „wenn der Angestellte das Unternehmen in diesem Fall aufgrund eigener Kündigung oder einer verhaltensbedingten Kündigung durch den Arbeitgeber oder sonstiger Auflösung aus gleichem Grunde verlässt“, ist zu berücksichtigen, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hier gerade nicht zum Auslöser der Rückzahlungsverpflichtung gemacht wird. Zurückzuzahlen hat der Arbeitnehmer die Förderung bereits infolge des zweimaligen Nichtantritts zur Prüfung. Er ist zur Rückzahlung gem. § 5 Ziffer 3 des Fortbildungsvertrages auch dann verpflichtet, wenn er im Anschluss jahre- oder jahrzehntelang im Unternehmen verbleibt. Die Klausel will lediglich klarstellen, dass die Rückzahlungsverpflichtung durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht erlischt. Dies ist entgegen der Auffassung der Beklagten rechtlich nicht zu beanstanden.

ee.

Fälle, in denen eine Rückzahlungsverpflichtung unbillig erscheint, weil der Nichtantritt zur Prüfung auf Gründen beruht, die der Arbeitnehmer nicht zu vertreten hat, werden durch die in den Rückzahlungsmodalitäten enthaltene Härtefallregelung hinreichend erfasst. In solchen Fällen kommt es zunächst nicht zu einer Rückzahlungspflicht, vielmehr ist der Arbeitnehmer verpflichtet, das Examen nach Beendigung des Verhinderungsgrundes wieder aufzunehmen und abzuschließen. Nach Wegfall des Verhinderungsgrundes sollen wieder die übrigen Bestimmungen des Fortbildungsvertrages gelten. Eine Rückzahlungspflicht soll jedoch entfallen, wenn aufgrund zu großen Zeitablaufs oder aufgrund von Bestimmungen der entsprechenden Institutionen eine Wiederaufnahme und Beendigung des Examens nicht möglich sein sollte. Als Beispielsfälle nicht zu vertretender Gründe nennt die Klausel eine dauerhafte Erkrankung oder die Durchführung der Pflege von Angehörigen. Die Klausel eröffnet damit auch die Möglichkeit, weitere Tatbestände als nicht zu vertretende objektive Gründe zu bewerten, in denen eine Verpflichtung zur sofortigen Rückzahlung als unangemessen erscheint. Die Arbeitgeberin ist durch die Aufnahme der Härtefallregelung in den Fortbildungsvertrag ihrer Verpflichtung, in besonderen Fällen auf die Belange des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen und von einer (unmittelbaren) Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Rückzahlung der erhaltenen Förderbeträge abzusehen, ausreichend nachgekommen.

ff.

Die Regelung des § 5 Nr. 3 des Fortbildungsvertrages ist auch unter Berücksichtigung des Gesamtinhaltes des Vertrages nicht zu beanstanden. Insbesondere führt ein wertender Vergleich insbesondere mit der Regelung des § 5 Nr. 2 nicht zu dem Schluss, dass die Statuierung einer vollständigen und unbedingten Rückzahlungsverpflichtung in Nr. 3 verglichen damit unangemessen wäre.

Der Nichtantritt zur Prüfung unterscheidet sich vom Nichtbestehen der Prüfung dadurch, dass der Arbeitnehmer im erstgenannten Fall nicht einmal den Versuch unternimmt, das Fortbildungsziel zu erreichen. Der Umstand, dass einzelne Arbeitnehmer sich infolge dessen veranlasst sehen könnten, ohne ausreichende Vorbereitung zur Prüfung anzutreten und ein Nichtbestehen sehenden Auges in Kauf zu nehmen, um in den Genuss der „milderen“ Regelung der Nr. 2 zu gelangen, ändert nichts daran, dass die im Fortbildungsvertrag zwischen Nichtantritt und Nichtbestehen vorgenommene Differenzierung dem Grunde nach berechtigt ist. Ob dem Arbeitnehmer vor diesem Hintergrund das Recht eingeräumt werden muss, erklären zu können, dass er die Ausbildung abbreche, und vom Arbeitgeber fordern zu können, dies als ein „Nichtbestehen“ im Sinne der Nr. 2 zu bewerten, so dass der Arbeitnehmer nachfolgend die Möglichkeit erhält, wie nach einem Antritt mit Nichtbestehen die Fortbildungskosten durch einen 24monatigen Verbleib im Unternehmen „abzuarbeiten“, oder ob der Arbeitgeber vielmehr vom Arbeitnehmer für die Anwendung der Nr. 2 einen Antritt zur Prüfung verlangen kann (der dann letztlich ggf. ohne Erfolgsaussicht und nur der Form halber geschieht), kann vorliegend offen bleiben. Die Beklagte hat ein solches Verlangen nicht gestellt. Sie hat zu keinem Zeitpunkt erklärt, die Fortbildung zur Steuerberaterin abbrechen zu wollen. Noch im Kammertermin hat die Beklagte erklärt, nach wie vor zu beabsichtigen, die Steuerberaterprüfung abzulegen, und diesen Wunsch nie aufgegeben zu haben.

b.

Die Beklagte hat im Sinne des § 5 Nr. 3 des Fortbildungsvertrages „das Examen wiederholt nicht abgelegt“, ohne dass ein Härtefall im Sinne der „Rückzahlungsmodalitäten im Einzelnen“ vorgelegen hätte. Sie hat damit das in Anspruch genommene Förderbudget an die Klägerin zurückzuzahlen.

Die Beklagte hätte die Prüfung in jedem Kalenderjahr ablegen können, wobei sie sich jeweils bis zum 30.4. des betreffenden Jahres hätte anmelden müssen. Die Dauer der Fortbildung war bis zum 31.3.2019 geplant. Damit hätte eine reguläre Anmeldung der Beklagten zur Steuerberaterprüfung erstmalig zum 30.4.2019 erfolgen können. Ihren zweiten Versuch hätte die Beklagte durch Teilnahme an der Prüfung des Jahres 2020 unternehmen können, zu dem sie sich bis zum 30.4.2020 hätte anmelden müssen. Indem die Beklagte den letztgenannten Zeitpunkt ohne Antritt zur Prüfung verstreichen ließ, erfüllte sie den Tatbestand der Nr. 3 und löste die Rückzahlungspflicht aus. Es kann dahinstehen, ob die Beklagte durch die – vorzeitige – Anmeldung zur Prüfung des Jahres 2018, zu der sie dann jedoch nicht antrat, bereits den Tatbestand des erstmaligen Nichtantritts und folgerichtig im Jahr 2019 bereits den des zweiten Nichtantritts erfüllte, so dass die Förderbeträge gegebenenfalls bereits zum 30.4.2019 zur Rückzahlung fällig wurden. Jedenfalls war die Fälligkeit der Rückzahlung eingetreten, als die Klägerin diese am 10.6.2020 von der Beklagten einforderte.

Soweit die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 22.9.2020 „nur kurz anführt“, dass sie selbstverständlich die Absicht hatte, die Fortbildung mit dem Steuerberaterexamen abzuschließen, jedoch in den Jahren 2018 und 2019 aus persönlichen Gründen aufgrund einer Trennung von ihrem damaligen Ehemann und aufgrund der Verpflichtung der Versorgung ihres vierjährigen Kindes an der Ablegung des Examens daran gehindert war, hat sie sich zwar nicht ausdrücklich darauf berufen, dass diese Umstände einen Härtefall im Sinne der Rückzahlungsmodalitäten des § 5 Nr. 3 des Fortbildungsvertrages darstelle. Dennoch waren ihre dahingehenden Behauptungen durch die Kammer nicht gänzlich unbeachtet zu lassen. Jedoch lässt der Vortrag der Beklagten nicht hinreichend erkennen, dass ein Härtefall vorgelegen haben könnte.

Bei Beginn der Fortbildungsvereinbarung wusste die Beklagte bereits um ihre Betreuungspflichten gegenüber dem vierjährigen Kind. Sie ist die Fortbildungsvereinbarung in diesem Wissen eingegangen. Die Beklagte hätte, wollte sie sich auf einen in der nunmehr nach Trennung vom Ehemann vermehrten Betreuungsnotwendigkeit des Kindes liegenden, nicht von ihr zu vertretenden Grund berufen, im Wege einer vergleichenden Gegenüberstellung die vorher und nachher von ihr selbst geleisteten Betreuungszeiten vortragen und dazu erläutern müssen, dass diese Steigerung der persönlichen Betreuungszeiten dazu geführt habe, dass die vormals von ihr zur Vorbereitung auf das Steuerberaterexamen eingeplanten Fortbildungszeiten nicht mehr geleistet werden konnten. Daran fehlt es gänzlich. Die Beklagte hat insbesondere nicht vorgetragen, dass und in welchem Umfang sich ihr damaliger Ehemann an der Betreuung des Kindes beteiligt hätte und dass und in welchem Umfang diese Betreuung infolge der Trennung weggefallen wäre (denn auch nach der Trennung kann der Ehemann grundsätzlich weiterhin eine Betreuung des Kindes wie ggf. zuvor leisten). Sie hat auch nicht vorgetragen, inwieweit das vierjährige Kind vor und nach der Trennung anderweitig betreut wurde, beispielsweise durch Besuch eines Kindergartens (an welchen Tagen und zu welchen Tageszeiten?) oder durch andere Angehörige (Großeltern), Bekannte oder Tagesmütter.

6.

Der Einwand der Beklagten, sie sei nicht zur Rückzahlung verpflichtet, da der Fortbildungsvertrag in § 4 unwirksame Regelungen enthalte und da die Klauseln in § 5 Nr. 1 und Nr. 2 nicht wirksam seien, geht ins Leere. Es kann dahinstehen, ob und inwieweit die Behauptung der Beklagten hinsichtlich der Unwirksamkeit dieser anderweitigen Regelungen zutrifft. Die vorliegend zur Rückzahlungspflicht der Beklagten führenden Bestimmungen sind als solche wirksam und bleiben von einer etwaigen Teilnichtigkeit des Fortbildungsvertrages unbeeinflusst.

a.

§ 306 Abs. 1 BGB weicht von der Auslegungsregel des § 139 BGB ab. Er bestimmt, dass der Vertrag bei Teilnichtigkeit grundsätzlich aufrechterhalten bleibt. Die Teilbarkeit der Klausel ist durch Streichung des unwirksamen Teils zu ermitteln (BAG 9. Februar 2011 – 7 AZR 91/10 – Rn. 64, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2). Maßgeblich ist, ob die Klausel mehrere sachliche Regelungen enthält und der unzulässige Teil sprachlich eindeutig abtrennbar ist. Ist die verbleibende Regelung weiter verständlich, bleibt sie bestehen (sog. blue-pencil-test, vgl. für die st. Rspr. BAG 14. September 2011 – 10 AZR 526/10 – Rn. 27, EzA-SD 2012 Nr. 1, 9; 6. Mai 2009 – 10 AZR 443/08 – Rn. 11 mwN, AP BGB § 307 Nr. 43 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 44). Handelt es sich um eine teilbare Klausel, ist die Inhaltskontrolle jeweils für die verschiedenen, nur formal verbundenen Bestimmungen vorzunehmen (vgl. BAG 11. April 2006 – 9 AZR 610/05 – Rn. 32, BAGE 118, 36; BAG 19.10.2011 – 7 AZR 33/11 –, Rn. 69, juris).

b.

Es kann dahinstehen, ob die in § 5 Nr. 1 und Nr. 2 des Fortbildungsvertrages statuierte Rückzahlungspflicht als solche wirksam vereinbart ist. Insbesondere kann dahinstehen, ob die dort geregelte 24monatige Bindungsdauer dem Umfang nach angemessen ist. Auch kann offen bleiben, ob die Klägerin die Rückzahlungspflicht an die Tatbestände knüpfen konnte, dass der Mitarbeiter das Unternehmen aufgrund eigener Kündigung oder einer verhaltensbedingten Kündigung durch den Arbeitgeber oder sonstiger Auflösung aus gleichem Grunde verlässt, ergänzt um die Passage, dass eine Rückzahlungsverpflichtung nicht besteht, wenn die Eigenkündigung auf Veranlassung des Arbeitgebers erfolgt, ohne dass dies vom Mitarbeiter zu vertreten ist. Die vorliegend anzuwendende Bestimmung des § 5 Nr. 3 des Fortbildungsvertrages ist nicht nur sprachlich, sondern auch sachlich im Verhältnis zu Nr. 1 und Nr. 2 vollkommen eigenständig. Während die ersten beiden Varianten den Fall betreffen, dass der Mitarbeiter zur Prüfung angetreten ist, regelt Nr. 3 die – hier vorliegende – Konstellation eines Nichtantritts. Nur die ersten beiden Varianten regeln eine anschließende Bleibeverpflichtung, deren Nichteinhaltung unter bestimmten Voraussetzungen durch eine Rückzahlungspflicht sanktioniert wird. Die Rückzahlungspflicht nach Nr. 3 entsteht unbedingt und unabhängig von der Frage des Verbleibs des Mitarbeiters im Arbeitsverhältnis. Die Inhaltskontrolle ist in Bezug auf Nr. 3 daher unabhängig von der Inhaltskontrolle der Nr. 1 und der Nr. 2 vorzunehmen, eine daraus folgende etwaige Teilnichtigkeit der Nr. 1 oder der Nr. 2 wirkt sich auf die rechtliche Beurteilung der Nr. 3 nicht aus.

c.

Ebenso kann offenbleiben, ob die Bestimmung in § 4, dritter Absatz, wirksam ist, wonach mit der Inanspruchnahme des Förderbudgets auch der Anspruch auf Bildungsurlaub gemäß den landesrechtlichen Bestimmungen abgedeckt werden soll. Diese Regelung steht in – begrenztem – sachlichen Zusammenhang mit der Regelung im zweiten Absatz, welche die Gewährung von Freistellungstagen betrifft. Sie besitzt aber keinen sachlichen Zusammenhang zu den Regelungen in § 3 und in § 4, erster Absatz, die die Förderung bzw. arbeitgeberseitige Übernahme von Vorbereitungs- und Prüfungskosten und die Bestellungsgebühren für Steuerberater betreffen und die vorliegend allein einschlägig sind, da die Klägerin der Beklagten ausschließlich eine Förderung in Bezug auf Lehrgangskosten und Prüfungsgebühren gewährt hat und ausschließlich diesbezüglich eine Rückzahlung von der Beklagten fordert. Die Inhaltskontrolle ist für die Vorbereitungs- und Prüfungskosten sowie Bestellungsgebühren einerseits, für die Vorbereitungs- und Prüfungszeiten und die damit im Zusammenhang stehenden Freistellungstage andererseits, getrennt vorzunehmen. Eine etwaige Teilnichtigkeit der Regelung in § 4, dritter Absatz, sowie auch eine etwa daraus folgende Teilnichtigkeit der Regelung in § 4, zweiter Absatz, wirkt sich auf die in § 3 und § 4, erster Absatz, enthaltenen Bestimmungen zur Übernahme der Kosten nicht aus.

Nach alle dem hat das Arbeitsgericht zu Recht und mit zutreffender Begründung erkannt, dass die Beklagte der Klägerin dem Grunde nach aus § 5 Nr. 3 des Fortbildungsvertrages zur Rückzahlung der erhaltenen Förderleistungen verpflichtet ist.

7.

Die Klage ist, wie das Arbeitsgericht ebenfalls zu Recht erkannt hat, in voller Höhe begründet. Die Beklagte hat unstreitig das ihr zur Verfügung gestellte Förderbudget in Höhe von 4.083,93 Euro in Anspruch genommen. Dies ist der Betrag, den die Klägerin zur Rückzahlung fordert. Eine Reduzierung, insbesondere durch einen anschließenden Verbleib im Unternehmen, wie § 5 Nr. 1 und Nr. 2 dies regeln, sieht Nr. 3 nicht vor. Wie oben ausgeführt, ist diese unterschiedliche Gestaltung der Rückzahlungstatbestände rechtlich nicht zu beanstanden.

Die Klägerin kann von der Beklagten auch die geforderten Zinsen verlangen. Zwar regelt die „Klarstellung zum Fortbildungsvertrag“, dass die Förderbeträge ein unverzinsliches Darlehen darstellen (sollen). Mit dem wiederholten Nichtantritt zur Prüfung, spätestens im April 2020, waren die Förderbeträge jedoch zur Rückzahlung fällig. Durch die schriftliche Mahnung der Klägerin vom 10.6.2020 geriet die Beklagte in Verzug. Sie hat die Klageforderung daher unter dem Gesichtspunkt des Schuldnerverzuges ab dem 11.6.2020, wie klageweise verlangt, mit 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

II.

Gem. § 97 ZPO hat die Beklagte die Kosten ihrer erfolglosen Berufung zu tragen.

Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen, da (mindestens) eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung besitzt. Eine Klausel, die die Pflicht zur Rückzahlung im Rahmen einer Fort-, Aus- oder Weiterbildung erhaltener Förderbeträge an den (wiederholten) Nichtantritt zu einer Prüfung knüpft, war, soweit ersichtlich, noch nicht Gegenstand höchstrichterlicher Befassung. Die Rechtsfrage, ob die Statuierung einer solchen Verpflichtung in einer Fortbildungsvereinbarung rechtlich zulässig ist, ist auch entscheidungserheblich, da die Klage verneinendenfalls abzuweisen wäre. Die Kammer geht davon aus, dass Klauseln wie die gegenständliche in der Praxis auch regelmäßig Verwendung finden, insbesondere im Bereich der Sparkassen und der Steuerberater.

Daneben erscheint auch die Frage, ob und unter welchen Umständen Fortbildungsvereinbarungen bzw. damit im Zusammenhang stehende Rückzahlungsvereinbarungen nach Beginn der Fortbildungsmaßnahme abgeschlossen werden können, klärungsbedürftig. Auch diesbezüglich wirft der vorliegende Fall entscheidungserhebliche Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf, deren Beantwortung sich aus der bislang ergangenen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht mit hinreichender Klarheit ergibt.

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