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Sachgrundlose Befristung – Vorbeschäftigungsverbot – Verfassungswidrigkeit

ArbG Braunschweig, Az.: 5 Ca 463/13, Vorlagebeschluss vom 03.04.2014

1. Das Verfahren wird ausgesetzt.

2. Es wird die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber eingeholt, ob § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG in der Fassung vom 20. Dezember 2011 mit Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar und deshalb nichtig ist.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Befristung.

Der Kläger war bei der Beklagten als Lagerarbeiter vom 12. Dezember 2007 bis 6. November 2009 befristet beschäftigt. Ab 19. November 2012 war der Kläger erneut bei der Beklagten gemäß Meldung für Aushilfen vom 15. November 2012 (Blatt 9 der Akte) befristet beschäftigt. Die ursprünglich bis 30. November 2012 vereinbarte Befristung wurde insgesamt dreimal, nämlich am 21. November 2012 bis 31. Dezember 2012, sodann am 20. Dezember 2012 bis 28. Februar 2013 und am 26. Februar 2013 bis 27. September 2013 gemäß der von beiden Parteien unterschriebenen Vereinbarung vom 26. Februar 2013 (Blatt 8 der Akte) verlängert. Vom 26. November 2012 bis 27. September 2013 war der Kläger in der Frachtenabteilung beschäftigt.

Der Beschäftigungsbedarf bei der Beklagten ist weder nach dem Ende der ersten noch der letzten Befristung weggefallen. Mit der befristeten Beschäftigung des Klägers deckte die Beklagte keine Auftragsspitzen ab.

Mit der per Telefax am 14. Oktober 2013 beim Arbeitsgericht A-Stadt und am 15. Oktober 2013 im Original eingegangenen Befristungskontrollklage wehrt sich der Kläger gegen die Wirksamkeit der Befristung zum 27. September 2013.

Er ist der Ansicht, diese Befristung sei als sachgrundlose Befristung nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG unwirksam, weil bereits zuvor zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG bestanden habe. Diese Norm könne nicht dahingehend ausgelegt werden, dass sie eine zeitliche Grenze des sog. Vorbeschäftigungsverbots enthalte.

Der Kläger ist weiter der Ansicht, der Vertragsverlängerung vom 26. Februar 2013 liege kein wirksamer Grundarbeitsvertrag zu Grunde, sondern lediglich eine „Meldung für Aushilfen“.

Der Kläger beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der am 26.02.2013 vereinbarten Befristung am 27.09.2013 beendet worden ist.

2. Im Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. wird die Beklagte verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Lagerarbeiter weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, die Meldung für Aushilfen vom 15. November 2012 sei ein wirksamer Arbeitsvertrag, da er alle essentialia negotii eines Arbeitsvertrages enthalte.

Die Beklagte meint weiter, ein Sachgrund nach § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG sei nicht erforderlich, da das vorhergehende Arbeitsverhältnis der Parteien mehr als drei Jahre vor Begründung des neuen sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisses zurückliege. Sie beruft sich auf die Rechtsprechung des 7. Senats des Bundesarbeitsgerichts gemäß Urteil vom 6. April 2011, Az. 7 AZR 716/09. Hierbei führt sie u. a. aus, eine verfassungsorientierte Auslegung gebiete ein Verständnis des Vorbeschäftigungsverbots nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG in dem Sinn, dass es zeitlich eingeschränkt sei. Ein zeitlich unbegrenztes Verbot der Vorbeschäftigung beschränke die Privatautonomie der Arbeitsvertragsparteien und die Berufsfreiheit des Arbeitnehmers in übermäßiger Weise. Das damit strukturell verbundene Einstellungshindernis sei auch unter Berücksichtigung des mit § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG verfolgten Schutzzwecks nicht gerechtfertigt.

Zu weiterem Parteivortrag und den Hinweisen des Gerichts wird Bezug genommen auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen und die gewechselten Schriftsätze der Parteien.

II.

Das Verfahren ist gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG und § 80 Abs. 1 BVerfGG auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu der Frage einzuholen, ob § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG mit Art. 12Abs. 1, Art. 2Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann ein Gericht eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit einer gesetzlichen Vorschrift nach Art. 100 Abs. 1 GG nur einholen, wenn es zuvor die Entscheidungserheblichkeit der Vorschrift sorgfältig geprüft hat. Hierfür muss das vorlegende Gericht in nachvollziehbarer und für das Bundesverfassungsgericht nachprüfbarer Weise darlegen, dass es bei seiner anstehenden Entscheidung auf die Gültigkeit der Norm ankommt und aus welchen Gründen das vorlegende Gericht von der Unvereinbarkeit der Norm mit der Verfassung überzeugt ist. Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Beurteilung der zur Prüfung gestellten Norm muss das vorlegende Gericht von ihrer Verfassungswidrigkeit überzeugt sein und die für die Überzeugung maßgeblichen Erwägungen nachvollziehbar und erschöpfend darlegen. Dies betrifft sowohl den Sachverhalt, soweit er für die rechtliche Beurteilung wesentlich ist, als auch die rechtlichen Erwägungen. Das vorlegende Gericht muss sich insofern eingehend mit der fachrechtlichen Ausgangslage auseinandersetzen und ausführlich darlegen, welche Erwägungen seine rechtliche Würdigung tragen (BVerfG v. 04.12.2012 – 1 BvL 4/12 – BVerfGE 132, 360-361).

Die Voraussetzungen nach Art. 100 Abs. 1 GG sind gegeben.

1.

Die Parteien sind auf das Vorhaben des Gerichts, das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen, in der mündlichen Verhandlung vom 3. April 2014 hingewiesen worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Parteien haben gegen eine Aussetzung und eine Vorlage zum Bundesverfassungsgericht keine Einwände erhoben.

2.

Die Verfassungsmäßigkeit des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ist in der bei Abschluss der streitgegenständlichen Befristung am 26. Februar 2013 und bis heute gültigen Fassung entscheidungserheblich.

§ 14 Abs. 2 TzBfG lautet in seinen Fassungen vom 21. Dezember 2000, 23. Dezember 2002, 24. Dezember 2003, 19. April 2007 und vom 20. Dezember 2011 wie folgt:

Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Durch Tarifvertrag kann die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend von Satz 1 festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren.

Wenn diese Norm verfassungskonform ist, ist der Klage stattzugeben (siehe unten a)). Ist § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG wegen Verstoßes gegen Grundrechte verfassungswidrig, ist diese Norm nicht anzuwenden. In diesem Falle ist die Klage in vollem Umfang abzuweisen (siehe unten b)).

a)

Wenn § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG verfassungskonform ist, hat die Klage in vollem Umfang Erfolg.

aa)

Dann ist der zulässige Klageantrag zu 1. begründet.

(1)

Der Kläger hat die Klage fristgerecht gemäß § 17 Satz 1 TzBfG binnen drei Wochen nach dem Ende der zuletzt vereinbarten Befristung zum 27. September 2013 mit Eingang der Klageschrift im Original beim Arbeitsgericht A-Stadt am 15. Oktober 2013 erhoben.

(2)

Ein sachlicher Grund nach § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG ist weder für den befristeten Arbeitsvertrag vom 15. November 2012 noch für die Verlängerung der Befristung vom 26. Februar 2013 gegeben.

zum Zeitpunkt des Abschlusses des befristeten Arbeitsvertrages hat dieser im Rechtsstreit darzulegen, damit der Arbeitnehmer die Möglichkeit erhält, deren Richtigkeit zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu überprüfen. Im Bestreitensfalle hat der Arbeitgeber das Vorliegen der Grundlagen für seine Annahme zu beweisen, der Bedarf an der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers werde mit dem Ablauf der Befristung wegfallen (BAG v. 30.10.2008 – 8 AZR 855/07 – EzA § 613a BGB 2002 Nr. 102 = AP Nr. 359 zu § 613a BGB).

Die Beklagte als darlegungsbelastete Partei trägt einen sachlichen Grund gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG nicht vor, obwohl sie gemäß Auflagenbeschluss vom 12. November 2013 hierzu Gelegenheit hatte. Unstreitig diente die Befristung nicht der Überbrückung vorübergehender Auftragsspitzen.

(3)

Die Befristung ist nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ohne das Vorliegen eines sachlichen Grundes i.S.d. § 14 Abs. 1 TzBfG unzulässig, da zwischen denselben Parteien bereits zuvor, nämlich in den Jahren 2007 bis 2009, ein befristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.

In Literatur und Rechtsprechung ist streitig, ob § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG eine sachgrundlose Befristung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG nur dann zulässt, wenn mit demselben Arbeitgeber niemals in der Vergangenheit ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat (so: LAG Baden-Württemberg v. 26.09.2013 – 6 Sa 28/13 – LAGE § 14 TzBfG Nr. 78 = juris; LAG Baden-Württemberg v. 25.10.2002 – 5 Sa 8/02 – juris; LAG Baden-Württemberg v. 25.10.2006 – 13 Sa 75/05 – juris Rn. 84 ff; ArbG Gelsenkirchen v. 26.02.2013 – 5 Ca 2133/12 – ArbuR 2013, 267-268 = juris; Höpfner NZA 2011, 893-899, 897; Kliemt NZA 2001, 296, 300; KR-Lipke § 14 TzBfG Rn. 416 ff, 10. Aufl.; HaKo-Mestwerdt § 14 TzBfG Rn. 196 ff, 4. Auflage; Ascheid/Preis/Schmidt – Backhaus, Kündigungsrecht, Rn. 381, 4. Auflage; Stahlhacke/Preis/Vossen – Preis, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, Rn. 109, 9. Auflage; Meinel/Heyn/Herms, § 14 TzBfG Rn. 195 ff, 4. Auflage; Laux/Schlachter – Schlachter § 14 TzBfG Rn. 112 ff, 2. Auflage; Hromadka NJW 2001, 400, 404; Preis NZA 2005, 714, 715).

Nach einer anderen Auffassung ist § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG einschränkend auszulegen (Wank, Münchener Handbuch Arbeitsrecht, § 95, Rn. 119 f, 3. Auflage; Straub NZA 2001, 919, 926; Löwisch BB 2001, 254 ff; LAG Schleswig-Holstein v. 30.11.2011 – 6 Sa 311/11 – juris; LAG Rheinland-Pfalz v. 09.08.2012 – 2 Sa 239/12 – juris; ErfK – Müller-Glöge § 14 TzBfG Rn. 99, 14. Aufl.; Bauer NZA 2011, 241, 242; Osnabrügge NZA 2003, 693, 642; Kuhnke NJW 2011, 3131, 3132), und zwar in der Weise, dass eine Vorbeschäftigung i.S.d. § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht gegeben ist, wenn das frühere Arbeitsverhältnis mehr als drei Jahre zurückliegt (LAG Schleswig-Holstein v. 30.11.2011 – 6 Sa 311/11 – juris; LAG Rheinland-Pfalz v. 09.08.2012 – 2 Sa 239/12 – juris; ErfK – Müller-Glöge § 14 TzBfG Rn. 99, 14. Aufl.; Bauer NZA 2011, 241, 242; Kuhnke NJW 2011, 3131, 3132).

Auch innerhalb der Senate des Bundesarbeitsgerichts werden diese unterschiedlichen Auffassungen vertreten. Während der 2. Senat mit seinen Urteilen vom 13. Mai 2004 (BAG v. 13.05.2004 – 2 AZR 426/03 – EzBAT SR 2y BAT Teilzeit– und Befristungsgesetz Nr. 10 = juris Rn. 22 ff) und 6. November 2003 (BAG v. 06.11.2003 – 2 AZR 690/02 – EzA § 14 TzBfG Nr. 7 = AP Nr. 7 zu § 14 TzBfG = juris Rn. 18 ff) und zunächst auch der 7. Senat (BAG Beschluss v. 29.07.2009 – 7 AZN 368/09 – EzTöD 100 § 30 Abs. 1 TVöD-AT Sachgrundlose Befristung Nr. 12 = juris Rn. 2) § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG in der Weise ausgelegt hat, dass darin ein unbegrenztes Vorbeschäftigungsverbot normiert sei, vertritt der 7. Senat seit dem Urteil vom 6. April 2011, Az. 7 AZR 716/09, die Auffassung, das Vorbeschäftigungsverbot sei im Wege der verfassungskonformen Auslegung auf drei Jahre begrenzt (BAG v. 06.04.2011 – 7 AZR 716/09 – BAGE 137, 275-291 = AP Nr. 82 zu § 14 TzBfG = EzA § 14 TzBfG, Nr. 77; BAG v. 21.09.2011 – 7 AZR 375/10 – BAGE 139, 213-225 = AP Nr. 86 zu § 14 TzBfG = EzA § 14 TzBfG Nr. 81). Eine Vorlage dieser Rechtsfrage an den Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts nach § 45 Abs. 2 ArbGG ist nicht erfolgt.

Letzterer Auffassung ist nicht zu folgen. Die in den Urteilen des Bundesarbeitsgerichts vom 6. April 2011, Az. 7 AZR 716/09, und vom 21. September 2011, Az. 7 AZR 375/10 vorgenommene Auslegung steht dem rechtspolitischen Willen des Gesetzgebers entgegen und verletzt das Gewaltenteilungsprinzip nach Art. 20 GG (KR-Lipke § 14 TzBfG Rn. 420 a, 10. Auflage; Meinel/Heyn/Herms a.a.O. Rn. 197). Die Grenzen der gerichtlichen Auslegung und Anwendung dieser Vorschrift sind überschritten, wenn die Norm dahingehend ausgelegt wird, dass das Vorbeschäftigungsverbot eine zeitliche Grenze – etwa von drei Jahren – enthalte. Weder eine verfassungsorientierte Auslegung noch eine verfassungskonforme Auslegung ist mit diesem Ergebnis möglich (Höpfner a.a.O. 893, 898).

Das Gebot verfassungskonformer Gesetzesauslegung verlangt, von mehreren möglichen Normdeutungen, die teils zu einem verfassungswidrigen, teils zu einem verfassungsmäßigen Ergebnis führen, diejenige vorzuziehen, die mit dem Grundgesetz in Einklang steht. Eine Norm ist daher nur dann für verfassungswidrig zu erklären, wenn keine nach anerkannten Auslegungsgrundsätzen zulässige und mit der Verfassung zu vereinbarende Auslegung möglich ist. Lassen der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte, der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen und deren Sinn und Zweck mehrere Deutungen zu, von denen eine zu einem verfassungsmäßigen Ergebnis führt, so ist diese geboten (BVerfG v. 19.09.2007 – 2 BvF 3/02 – BVerfG 119, 247-292 = juris Rn. 92).

Art. 20 Abs. 2 GG schließt aus, dass die Gerichte Befugnisse beanspruchen, die von der Verfassung dem Gesetzgeber übertragen worden sind, indem sie sich aus der Rolle des Normanwenders in die einer normsetzenden Instanz begeben und damit der Bindung an Recht und Gesetz entziehen. Richterliche Rechtsfortbildung darf nicht dazu führen, dass der Richter seine eigene materielle Gerechtigkeitsvorstellung an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers setzt (BVerfG v. 25.01.2011 – 1 BvR 918/10 – NJW 2001, 836, 837 Rn. 52).

Diese Verfassungsgrundsätze verbieten es dem Richter nicht, das Recht fortzuentwickeln. Angesichts des beschleunigten Wandels der gesellschaftlichen Verhältnisse und der begrenzten Reaktionsmöglichkeiten des Gesetzgebers sowie der offenen Formulierung zahlreicher Normen gehört die Anpassung des geltenden Rechts an veränderte Verhältnisse zu den Aufgaben der dritten Gewalt. Der Aufgabe und Befugnis zur „schöpferischen Rechtsfindung und Rechtsfortbildung“ sind mit Rücksicht auf den aus Gründen der Rechtstattlichkeit unverzichtbaren Grundsatz der Gesetzesbindung der Rechtsprechung jedoch Grenzen gesetzt. Der Richter hat hierbei den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung zu folgen. Eine Interpretation, die als richterliche Rechtsfortbildung den klaren Wortlaut des Gesetzes hinten anstellt, keinen Widerhall im Gesetz findet und vom Gesetzgeber nicht ausdrücklich oder – bei Vorliegen einer erkennbaren planwidrigen Gesetzeslücke – stillschweigend gebilligt wird, greift unzulässig in die Kompetenzen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers ein (BVerfG v. 25.01.2011 – 1 BVR 918/19 – NJW 2011, 836, 838).

Rechtsgestaltung ist keine Rechtsetzung mit politischen Gestaltungsfreiräumen, sondern folgt den gesetzlich oder völkervertraglich festgelegten Vorgaben. Sie findet hier Gründe und Grenzen. Anlass zu richterlicher Rechtsfortbildung besteht insbesondere dort, wo Programme ausgefüllt, Lücken geschlossen, Wertungswidersprüche aufgelöst werden oder den besonderen Umständen des Einzelfalls Rechnung getragen wird. Rechtsfortbildung überschreitet diese Grenzen, wenn sie deutlich erkennbar, möglicherweise sogar ausdrücklich im Wortlaut dokumentierte (vertrags-)gesetzliche Entscheidungen abändert oder ohne ausreichende Rückbindung an gesetzliche Aussagen neue Regelungen schafft. Dies ist vor allem dort unzulässig, wo Rechtsprechung über den Einzelfall hinaus politische Grundentscheidungen trifft oder durch die Rechtsfortbildung strukturelle Verschiebungen im System konstitutioneller Macht- und Einflussverteilung stattfinden (BVerfG v. 06.07.2010 – 2 BvR 2661/06 – BVerfGE 126, 286-331 = juris Rn. 64).

§ 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG kann nach den anerkannten Auslegungsgrundsätzen nicht dahingehend ausgelegt werden, dass das Vorbeschäftigungverbot in irgendeiner Weise begrenzt sei.

(a)

Der Wortlaut des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG enthält weder eine zeitliche noch sachliche Einschränkung der Vorbeschäftigung.

Der Wille des Gesetzgebers, das Vorbeschäftigungsverbot zeitlich oder sachlich einzuschränken, findet im Wortlaut des gesamten Teilzeit- und Befristungsgesetzes keinen Niederschlag (LAG Baden-Württemberg v. 26.09.2013 – 6 Sa 28/13 – a. a. O.; Höpfner NZA 2011, 893, 897). Eine Auslegung des Gesetzes im Sinne einer zeitlichen Einschränkung des Vorbeschäftigungsverbots für die Dauer von drei Jahren ist nicht möglich. Gerade dies findet im Teilzeit- und Befristungsgesetz keinen Anklang. Eine solche Frist ist in dem gesamten Gesetz nicht enthalten.

Der Begriff „bereits zuvor“ ist eindeutig und schließt jegliches in der Vergangenheit liegende Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber ein (BAG v. 13.05.2004 – 2 AZR 426/03 – a.a.O.; BAG v. 06.11.2003 – 2 AZR 690/02 – a.a.O.; LAG Baden-Württemberg v. 25.10.2002 – 5 Sa 8/02 – a.a.O.; LAG Baden-Württemberg v. 26.09.2013 – 6 Sa 28/13 – LAGE § 14 TzBfG Nr. 78; Laux/Schlachter – Schlachter a.a.O. Rn. 112; Höpfner a.a.O. S. 896; HaKo-Mestwerdt a.a.O. Rn. 198; Ascheid/Preis/Schmidt-Backhaus § 14 TzBfG Rn. 381, 4. Auflage). Er ist nicht deshalb auslegungsfähig, weil er nicht die Worte „irgendein“ und „irgendwann“ (so allerdings: Bauer, NZA 2011, 241, 243) oder „jemals zuvor“ (so allerdings: BAG v. 06.04.2011 – 7 AZR 716/09 – a.a.O.) enthält (LAG Baden-Württemberg v. 26.09.2013 – 6 Sa 28/13 – LAGE § 14 TzBfG Nr. 78; Höpfner a.a.O. S. 896; Laux/Schlachter – Schlachter a.a.O. Rn. 112). Allein der Umstand, dass eine noch präzisere sprachliche Fassung denkbar gewesen wäre, ist als Auslegungsmittel nicht tauglich. Die Voraussetzung des „bereits zuvor“ vorhandenen Arbeitsverhältnisses gibt hinreichend deutlich zu verstehen, dass es auf einen „engen sachlichen Zusammenhang“ wie unter Geltung des Beschäftigungsförderungsgesetzes 1996 nicht mehr ankommen soll (Laux/Schlachter – Schlachter a.a.O. Rn. 112).

ErfK – Müller-Glöge (ErfK-Müller-Glöge § 14 TzBfG Rn. 99, 12. Auflage) meint, die Grenzen der Wortbedeutung würden überschritten, wenn der Gesetzeswortlaut mit „niemals zuvor“ verstanden wird, weil das Adverb „je“ fehle. Das ist nicht zutreffend. Die erforderliche Klarstellung ist in der Gesetzesfassung mit dem Begriff „bereits“ enthalten. Das Wort „zuvor“ bedeutet schlicht „vorher“ (Duden „Die deutsche Rechtschreibung“, S. 1211, 25. Auflage). Der Begriff „vorher“ bedeutet seinerseits „früher“ oder „vor diesem Zeitpunkt“ (Duden „Die deutsche Rechtschreibung“ S. 1150, 25. Auflage), bezieht sich also ebenfalls umfassend auf jegliche Zeiträume in der Vergangenheit.

(b)

Die Entstehungsgeschichte des § 14 Abs. 2 TzBfG verbietet jegliche einschränkende Auslegung.

Nach der Vorgängerregelung zu § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG, nämlich § 1 Abs. 2 BeschFG, war eine sachgrundlose Befristung unzulässig, wenn zu einem früheren Arbeitsvertrag mit demselben Arbeitgeber ein enger sachlicher Zusammenhang bestand, der insbesondere anzunehmen war, wenn zwischen den Arbeitsverträgen ein Zeitraum von weniger als vier Monaten lag. Diese Beschränkungen sind in § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG nicht erneut und auch keine anderen Beschränkungen aufgenommen worden. Die erleichterte Befristung eines Arbeitsverhältnisses sollte mit Einführung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes nur noch bei einer Neueinstellung, d.h. bei erstmaliger Beschäftigung eines Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber zulässig sein (BT-Drucks. 14/4374 S. 14). Der Gesetzentwurf, eine zweijährige Karenzregelung einzufügen (BT-Drucks. 15/5556 S. 7, 12), hat in der schließlich verabschiedeten Gesetzesfassung keine Aufnahme gefunden. § 14 TzBfG ist seit seinem Inkrafttreten am 1. Januar 2001 in der Fassung vom 21. Dezember 2000 insgesamt viermal geändert worden, nämlich mit seinen Fassungen vom 23. Dezember 2002, 24. Dezember 2003, 19. April 2007 und zuletzt mit der Fassung vom 20. Dezember 2011. Der Wortlaut des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ist dabei auch in Kenntnis der Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 13. Mai 2004 (- 2 AZR 426/03 – a.a.O.) und vom 6. November 2003 (- 2 AZR 690/02 – a.a.O.) sowie der hiervon abweichenden neuen Rechtsprechung des 7. Senats des Bundesarbeitsgerichts gemäß den Urteilen vom 6. April 2011, Az. 7 AZR 716/09, und vom 21. September 2011, Az. 7 AZR 375/10, nicht angetastet und auch nicht der neuen Rechtsprechung des 7. Senat des Bundesarbeitsgerichts angepasst worden.

Insbesondere hat der Gesetzgeber auch die im Koalitionsvertrag vom 26. Oktober 2009 (Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP vom 26.10.2009, S. 22) vorgesehenen Grenze des Vorbeschäftigungsverbots nicht beschlossen (HaKo-Mestwerdt § 14 TzBfG Rn. 198 4. Auflage). Die „lebenslängliche“ Wirkung des Wortes „zuvor“ wurde während des Gesetzgebungsverfahrens betont und kritisiert, ohne dass der Deutsche Bundestag dieser Kritik nachgekommen ist (Ascheid/Preis/Schmidt-Backhaus § 14 TzBfG Rn. 381, 4. Auflage).

Demnach hat sich der Gesetzgeber für eine nur einmalige Möglichkeit der Befristung ohne Sachgrund entschieden (Höpfner NZA 2011 893, 897; ArbG Gelsenkirchen v. 26.02.2013 – 5 Ca 2133/12). Ihm kann kein Wille zur Einführung einer Zeitgrenze unterstellt werden, den er erkennbar bewusst nicht geäußert hat (LAG Baden-Württemberg v. 26.09.2013, a. a. O.). Es hat zwar das politische Ziel gegeben, das Vorbeschäftigungsverbot in zeitlicher Hinsicht zu begrenzen, dieses ist jedoch in keiner Gesetzesfassung tatsächlich umgesetzt worden, weil eine Einigung auf eine bestimmte Begrenzung des Vorbeschäftigungsverbots gerade nicht zustande gekommen ist. Damit hat der Gesetzgeber eine Änderung dieser Vorschrift nicht gewollt. Eine einschränkende Auslegung dieser Norm führt dazu, dass das gesetzgeberische Ziel, nämlich die sachgrundlose Befristung nur noch bei Neueinstellungen zuzulassen, verfälscht wird.

Das gilt auch dann, wenn eine Einschränkung des Vorbeschäftigungsverbots auf Grund verfassungsrechtlicher Vorgaben geboten erscheint. Denn der Gesetzgeber hat sie gerade nicht geregelt und wollte sie auch nicht in einer bestimmten Form regeln.

(c)

§ 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG lässt sich nicht nach seinem Gesetzeszweck, Befristungsketten zu verhindern (BT-Drucks. 14/4374 S. 14), dahingehend auslegen, dass er eine zeitliche Begrenzung des Vorbeschäftigungsverbots von drei Jahren enthalte.

Das Teilzeit- und Befristungsgesetz sollte die Richtlinie des Rates vom 28. Juni 19991999/70/EG, die wiederum die EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung vom 18. März 1999 durchführen sollte, umsetzen (BVerfG v. 06.07.2010 – 2 BvR 2661/06 – BVerfGE 126, 286-331 – NZA 2010, 9950-1004 = juris Rn. 74). Der Gesetzgeber wollte damit einen Schutz für befristet beschäftigte Arbeitnehmer vor Diskriminierung schaffen, die Aufeinanderfolge befristeter Arbeitsverträge einschränken und die Chancen befristet beschäftigter Arbeitnehmer auf eine Dauerbeschäftigung verbessern (BT-Drucks. 14/4374 S. 1). Im Unterschied zum früheren Recht sollte der Anschluss einer erleichterten Befristung ohne sachlichen Grund an eine Befristung mit sachlichem Grund bei demselben Arbeitgeber ebenso ausgeschlossen werden wie eine erneute erleichterte Befristung ohne sachlichen Grund nach mindestens viermonatiger Unterbrechung. Die Zulässigkeit der Befristung von Arbeitsverträgen ohne sachlichen Grund sollte auf den Fall der Neueinstellung beschränkt werden (BT-Drucks. 14/4374 S. 2, 13). Auf diese Weise sollten Befristungsketten verhindert werden, die durch einen mehrfachen Wechsel von Befristungen mit und ohne Sachgrund entstehen konnten (BT-Drucks. 14/4374, S. 19; BAG v. 13.05.2004 – 2 AZR 426/03 a. a. O.).

Mit der einschränkenden Auslegung des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG, namentlich im Sinne der Urteile des Bundesarbeitsgerichts vom 6. April 2011, Az. 7 AZR 716/09, und vom 21. September 2011, Az. 7 AZR 375/10, wird der normative Gehalt der auszulegenden Norm grundlegend neu bestimmt. Das Gesetz erhält einen Inhalt, auf den sich der Gesetzgeber im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens gerade nicht hat einigen können (siehe oben (b)).

Hinsichtlich der Begrenzung des Vorbeschäftigungsverbots und der Wahrung der mit der Richtlinie 1999/70/EG verbundenen Zielsetzung kommen mannigfaltige Regelungsmöglichkeiten in Betracht, insbesondere auch längere Befristungen des Vorbeschäftigungsverbots als drei Jahre, eine unterschiedliche zeitliche Befristung nach der Art der verschiedenen Branchen, z.B. kürzere Fristen für sog. schnelllebige Branchen (vgl.: Höpfner a.a.O. 895) oder ein Anknüpfen an die Art und Dauer der Vorbeschäftigung. Anhaltspunkte dafür, dass gerade eine zeitliche Befristung von drei Jahren dem Sinn des Gesetzes und dem Regelungswillen des Gesetzgebers entspricht, bestehen nicht. Die Anknüpfung an die Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB (so: BAG v. 06.04.2011 – 7 AZR 716/09 – a.a.O.) lässt sich auf die Interessenlage bei Abschluss von befristeten Arbeitsverträgen nicht übertragen. Die Verjährungsfrist regelt die Durchsetzbarkeit von Ansprüchen. Sie enthält keinerlei Bezug zur Begründung oder Befristung von Arbeitsverhältnissen.

Die Verjährung will den Rechtsfrieden und die Rechtssicherheit wahren sowie den vermeintlichen Schuldner vor der Inanspruchnahme aus unbegründeten, unbekannten oder unerwarteten Forderungen schützen. Das Vorbeschäftigungsverbot bezweckt etwas völlig anderes. Es geht nicht darum, etwaige Auswirkungen von Streitigkeiten aus früheren Arbeitsverhältnissen auf das neue Arbeitsverhältnis auszuschließen, sondern um eine mögliche Umgehung des Kündigungsschutzes. Maßgebend für die Dauer der Sperrzeit kann daher allein die Frage sein, nach welchem Zeitraum eine erneute Befristung desselben Arbeitnehmers für denselben Arbeitgeber so unattraktiv ist, dass er auf Kettenbefristungen vernünftigerweise verzichten wird (Höpfner a. a. O., 895).

Nach alledem steht die Vorbeschäftigung des Klägers bei der Beklagten in den Jahren 2007-2009 der Wirksamkeit der Befristung zum 27. September 2013 entgegen. Der Klageantrag zu 1. ist begründet.

bb)

Wenn der Antrag zu 1. Erfolg hat, ist über den Antrag zu 2. zu entscheiden. Auch der Antrag zu 2. ist dann zulässig und begründet.

Das Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung des Arbeitnehmers überwiegt nur bis zu dem Punkt, in welchem ein Urteil ergeht, das die Unwirksamkeit der Kündigung feststellt. Wird die Unwirksamkeit der Kündigung durch ein Urteil festgestellt, überwiegt das Beschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers, sofern sich nicht die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung für den Arbeitgeber aus anderen Umständen ergibt (BAG v. 27.02.1985 – GS 1/84 – AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht). Nicht anders ist die Rechtslage zu beurteilen, wenn die Parteien nicht über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine Kündigung des Arbeitgebers, sondern darüber streiten, ob das Arbeitsverhältnis durch Ablauf einer vereinbarten Frist oder den Eintritt einer auflösenden Bedingung beendet worden ist. Denn entscheidend für die Zuerkennung eines Weiterbeschäftigungsanspruchs ist die unterschiedliche Interessenlage während des unangefochtenen Bestehens des Arbeitsverhältnisses und eines Streits über seinen Fortbestand. Die hierfür angeführten Gründe gelten unabhängig davon, ob der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses wegen einer vom Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung oder einer Befristung oder auflösenden Bedingung streitig ist. Auch hier besteht zunächst ein im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigendes schutzwertes Interesse des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer bei unsicherem Bestand des Arbeitsverhältnisses für die Dauer des Rechtsstreits nicht zu beschäftigen. Entscheidet ein Gericht für Arbeitssachen, dass eine dahingehende Vereinbarung gar nicht besteht oder dass eine solche Regelung unwirksam ist, so ist auch in einem solchen Fall ein überwiegendes Interesse des Arbeitnehmers an seiner Beschäftigung anzunehmen, solange ein solches Urteil besteht (BAG v. 13.06.1985 – 2 AZR 410/84 – EzA § 611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 16 – AP Nr. 19 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht; LAG Düsseldorf v. 18.09.2013 – 12 Sa 602/13 – juris; LAG Bremen v. 15.08.2013 – 3 Sa 180/12 – juris).

Tatsachen, die die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung auf Beklagtenseite im Falle eines dem Antrag zu 1. stattgebenden Urteils annehmen lassen, sind nicht zu erkennen. Insbesondere ist der Beklagten die Beschäftigung des Klägers tatsächlich möglich, weil der Beschäftigungsbedarf nicht entfallen ist.

b)

Ist § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG wegen Verstoßes gegen Grundrechte verfassungswidrig und damit nichtig, ist diese Norm nicht anzuwenden. Dann unterliegen die streitgegenständliche Befristung sowie die weiteren ab 15. November 2012 zwischen den Parteien vereinbarten Befristungen keinem Anschlussbeschäftigungsverbot und sind damit wirksam. In diesem Falle ist die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

aa)

Dann bleibt der Antrag zu 1. erfolglos.

(1)

Die Befristung zum 27. September 2013 ist formwirksam vereinbart worden.

Sie wahrt die Schriftform nach § 14 Abs. 4 TzBfG. Bereits in der Güteverhandlung vom 12. November 2013 hat der Kläger unstreitig gestellt, dass auch er die Vereinbarung vom 26. Februar 2013 unterschrieben hat. Über die Formwirksamkeit der Befristungsvereinbarungen von 15. November 2012, 21. November 2012, 20. Dezember 2012 und 26. Februar 2013 streiten die Parteien auch nicht.

(2)

Entgegen der Ansicht des Klägers handelt es sich bei der „Meldung für Aushilfen“ vom 15. November 2012 um einen Arbeitsvertrag. Er ist seinerseits nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG wirksam. Er ist von beiden Parteien unterschrieben und enthält alle für den Abschluss eines Arbeitsverhältnisses wesentlichen Vereinbarungen, nämlich den Zeitraum der – befristeten – Beschäftigung vom 19. bis 30. November 2012, die Höhe der Vergütung, die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit sowie die Parteien des Arbeitsvertrages. Der vertragsschließende Arbeitgeber ist mit dem Firmenstempel bei der Unterschrift als die Beklagte eindeutig bezeichnet.

(3)

Die Verlängerung der Befristung vom 26. Februar 2013 zum 27. September 2013 ist eine zulässige Verlängerung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG.

Eine Verlängerung i.S.d. § 14 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbs. TzBfG setzt voraus, dass sie noch während der Laufzeit des zu verlängernden Vertrages schriftlich vereinbart und nur die Vertragsdauer geändert wird, nicht aber die übrigen Arbeitsbedingungen. Andernfalls liegt der Neuabschluss eines befristeten Arbeitsvertrages vor, der nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ohne Sachgrund unzulässig ist, da zwischen den Parteien bereits ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Hingegen ist die einvernehmliche Änderung der Arbeitsbedingungen während der Laufzeit eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages befristungsrechtlich nicht von Bedeutung. Eine derartige Vereinbarung unterliegt nicht der Befristungskontrolle. Sie enthält keine erneute, die bereits bestehende Befristungsabrede ablösende Befristung, die ihrerseits auf ihre Wirksamkeit überprüft werden könnte. Einer Verlängerung i.S.d. § 14 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbs. TzBfG steht nicht entgegen, dass bereits zuvor erfolgte Änderungen der Vertragsbedingungen in den Text der Verlängerungsvereinbarung aufgenommen werden. Diese können etwa auf der Änderung einer für das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Kollektivvereinbarung oder auf zwischenzeitlich getroffenen Abreden der Parteien über Arbeitsbedingungen beruhen. In beiden Fällen wird nur der zum Zeitpunkt der Verlängerung geltende Vertragsinhalt in der Urkunde dokumentiert (BAG v. 23.08.2006 – 7 AZR 12/06 – EzA § 14 TzBfG Nr. 33 = AP Nr. 1 zu § 14 TzBfG Verlängerung).

Die Parteien haben mit der Vereinbarung vom 26. Februar 2013 keinen neuen Arbeitsvertrag abgeschlossen, sondern ausdrücklich die Verlängerung des befristeten Aushilfsarbeitsvertrages vereinbart. Durch die Bestimmung in der Verlängerungsvereinbarung „Frachten“ ist die ursprüngliche Vereinbarung vom 15. November 2012 nicht geändert worden. Dort ist kein anderer Beschäftigungsbereich oder eine andere Tätigkeit für den Kläger festgelegt als im Vertrag vom 15. November 2012.

Selbst wenn darin eine Änderung des ursprünglichen Arbeitsvertrages in Bezug auf den Einsatzbereich liegen sollte, entsprach sie jedenfalls der zwischen den Parteien zumindest konkludent getroffenen Abrede, den Kläger im Bereich Frachten einzusetzen, da er dort bereits seit 26. November 2012 beschäftigt war. Dann dokumentiert diese Bestimmung den zum Zeitpunkt der Verlängerung geltenden Vertragsinhalt.

(4)

Die Befristung vom 15. November 2012 ist nicht mehr als dreimal verlängert worden und überschreitet die Gesamtdauer von zwei Jahren nicht, § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG.

bb)

Wenn der Klageantrag zu 1. erfolglos bleibt, fällt der unecht hilfsweise gestellte Weiterbeschäftigungsantrags nicht zur Entscheidung an.

3.

Das vorlegende Gericht ist von der Verfassungswidrigkeit des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG überzeugt.

a)

§ 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG verstößt gegen Art. 12 Abs. 1 sowie gegen Art. 2 Abs. 1 GG.

aa)

Sowohl die durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete Privatautonomie als auch die Garantie der freien Berufsausübung nach Art. 12 Abs. 1 GG schließen das Recht ein, Arbeitsverhältnisse durch die Abgabe übereinstimmender Willenserklärungen zu begründen, auszugestalten und zu befristen. Die Vertragsfreiheit als wesentlicher Ausdruck der Privatautonomie wird allgemein durch das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit nach Art. 2 Abs.1 GG geschützt. Geht es um die Handlungsfreiheit gerade im Bereich der beruflichen Betätigung, die ihre spezielle Gewährleistung in Art. 12 Abs. 1 GG findet, scheidet die gegenüber anderen Freiheitsrechten subsidiäre allgemeine Handlungsfreiheit als Prüfungsmaßstab allerdings aus. Dies gilt insbesondere im Bereich des Individualarbeitsvertragsrechts (BVerfG v. 06.07.2010 -2 BvR 2661/06 – BVerfGE 126, 286-331 = juris Rn. 50).

Nach der sog. Drei-Stufen-Theorie (grundlegend: BVerfG v. 11.06.1958 – 1 BvR 596/56 – BVerfGE 7, 377-444 = juris Rn. 75 ff) dürfen Eingriffe in die Berufsfreiheit nicht weitergehen, als die sie legitimierenden öffentlichen Interessen es erfordern. Die Eingriffsmittel müssen zur Erreichung der angestrebten Zwecke geeignet sein und dürfen nicht übermäßig belasten (vergl.: BVerfG v. 09.08.1995 – 1 BvR 2263/94, 1 BvR 229/95, 1 BvR 534/95 – BVerfGE 93, 213-248 = juris). Die Drei-Stufen-Theorie unterscheidet zwischen der Berufswahlregelung in Gestalt objektiver Zulassungsvoraussetzungen, der Berufswahlregelung in Gestalt subjektiver Zulassungsvoraussetzungen sowie der bloßen Berufsausübungsregelung mit ihrem Differenzierungsgebot. Der Gesetzgeber ist inhaltlich umso freier, je mehr er eine reine Berufsausübungsregelung trifft (Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf – Hofmann, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 12 Rn. 50, 12. Auflage). Der Gesetzgeber hat nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit stets diejenige Form des Eingriffs zu wählen, die das Grundrecht am wenigsten einschränkt. Eingriffe in die Berufsfreiheit dürfen deshalb nicht weiter gehen, als die sie legitimierenden öffentlichen Interessen es erfordern (BVerfG v. 18.06.1980 – 1 BvR 697/77 – BVerfGE, 54, 301-341 = juris Rn. 35).

§ 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG greift in das Grundrecht auf freie Berufsausübung ebenso wie in die durch Art. 2 Abs. 1 GG – subsidiär – garantierte Vertragsfreiheit ein. Diese Norm stellt eine Berufsausübungsregelung dar, denn sie enthält keine Zulassungsbeschränkungen, sondern stellt lediglich Regelungen zur Art und Weise der Berufsausübung auf.

bb)

Der Eingriff ist unverhältnismäßig.

Beschränkungen der Berufsausübungsfreiheit sind dann mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar, wenn sie vernünftigen Zwecken des Gemeinwohls dienen und den Berufstätigen nicht übermäßig oder unzumutbar treffen, also dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen (BVerfG v. 07.03.2012 – 1 BvR 1209/11 – GesR 2012, 360-363 = juris Rn. 17). Dem Gesetzgeber steht bei der Festlegung der verfolgten berufs-, arbeits- oder sozialpolitischen Ziele eine ebenso weite Gestaltungsfreiheit zu wie bei der Bestimmung wirtschaftspolitischer Ziele. Diese Gestaltungsfreiheit ist noch weiter, wenn die beanstandeten Regelungen keinen unmittelbar berufsregelnden Charakter haben. Werden durch eine Berufsausübungsregelung innerhalb der betroffenen Berufsgruppe nicht nur einzelne, aus dem Rahmen fallende Sonderfälle, sondern bestimmte (wenn auch zahlenmäßig begrenzte Gruppen) ohne ausreichende sachliche Gründe wesentlich stärker belastet, so kann Art. 12 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG verletzt sein (Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf – Hofmann a.a.O. Rn. 59). Eingriffe in die Berufsfreiheit dürfen deshalb nicht weiter gehen, als es die sie rechtfertigenden Gemeinwohlbelange erfordern (BVerfG v. 09.06.2004 – 1 BvR 636/02 – BVerfGE 111, 10-54 = juris Rn. 114). An der Erforderlichkeit fehlt es, wenn der Gesetzgeber hierfür ein anderes, gleich wirksames, aber das Grundrecht nicht oder weniger stark einschränkendes Mittel hätte wählen können (BVerfG v. 14.01.2014 – 1 BvR 2998/11 – NJW 2014, 613-619 = juris Rn. 80). Allerdings kommt dem Gesetzgeber ein Einschätzungs- und Prognosespielraum nicht nur im Hinblick auf die Auswirkungen eines Gesetzes zu, sondern auch bei der Beurteilung einer Bedrohungslage für das Gemeinschaftsgut, zu dessen Schutz er im konkreten Fall tätig wird (BVerfG v. 08.06.2010 – 1 BvR 2011/07 – BVerfGE 126, 112-158 = juris Rn. 96).

Die Privatrechtsordnung ist gesetzlich gestaltet. Gesetze regeln die Ausübung der Vertragsfreiheit nicht nur zu ihrem institutionellen Schutz, sondern auch, um soziale Belange strukturell schwächerer Marktteilnehmer zu wahren. Aus diesem Grund wird der Abschluss befristeter Arbeitsverträge nicht vollständig in die Dispositionsfreiheit der Vertragsparteien gelegt, sondern traditionell an Voraussetzungen gebunden, die die Arbeitnehmer schützen sollen, denn für Arbeitnehmer ist Erwerbsarbeit regelmäßig alleinige Existenzgrundlage. Durch Befristung wird zwar den Flexibilitätsbedürfnissen rentabler Unternehmensführung entsprochen. Für die davon betroffenen Arbeitnehmer bedeutet ein befristetes Arbeitsverhältnis aber nicht nur die Chance auf Erwerbsarbeit, sondern ist auch mit Unsicherheit über den Fortbestand des Erwerbseinkommens verbunden. Der insoweit schützende staatliche Eingriff in die Privatautonomie bei der Ausgestaltung befristeter Arbeitsverhältnisse bedarf einer gesetzlichen Grundlage, die sich ihrerseits als verfassungsgemäß erweisen muss (BVerfG v. 06.07.2010 – 2 BvR 2661/06 – BVerfGE 126, 286-331 = juris Rn. 51).

Da beide Arbeitsvertragsparteien unter dem Schutz des Art. 12 Abs. 1 GG stehen, sind die kollidierenden Grundrechtspositionen in ihrer Wechselwirkung zu erfassen und so zu begrenzen, dass sie für alle Beteiligten möglichst weitgehend wirksam werden. Dem Gesetzgeber ist dabei ein weiter Gestaltungsfreiraum eingeräumt. Die Einschätzung der für die Konfliktlage maßgeblichen ökonomischen und sozialen Rahmenbedingungen liegt in seiner politischen Verantwortung, ebenso die Vorausschau auf die künftige Entwicklung und die Wirkungen seiner Regelung. Dasselbe gilt für die Bewertung der Interessenlage, d.h. die Gewichtung der einander entgegenstehenden Belange und die Bestimmung ihrer Schutzbedürftigkeit. Eine Verletzung grundrechtlicher Schutzpflichten kann nur angenommen werden, wenn eine Grundrechtsposition den Interessen des anderen Vertragspartners in einer Weise untergeordnet wird, dass in Anbetracht der Bedeutung und Tragweite des betroffenen Grundrechts von einem angemessenen Ausgleich nicht mehr gesprochen werden kann (BVerfG v. 29.12.2004 – 1 BvR 2283/03 – AP Nr. 2 zu § 3 AEntG = EzAÜG § 3 AÜG Nr. 1 = juris Rn. 40-41)

(1)

Der Eingriff durch § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ist nicht durch die Schutzfunktion des Art. 12 Abs. 1 GG zu Gunsten der Arbeitnehmer oder zur Umsetzung der Richtlinie 1999/70/EG gerechtfertigt.

Zur Erreichung des mit dem Gesetz verfolgten Zwecks, nämlich der Verhinderung von Befristungsketten und der Umsetzung der Richtlinie 1999/70/EG, ist das unbegrenzte Vorbeschäftigungsverbot unverhältnismäßig (BAG v. 21.09.2011 – 7 AZR 375/10 – a. a. O., Höpfner a.a.O. 899; LAG Rheinland-Pfalz v. 09.08.2012 – 2 Sa 239/12 – juris; ErfK – Müller-Glöge, § 14 TzBfG Rn. 99, 14. Auflage; Löwisch a.a.O.; Osnabrügge a.a.O., 642).

Der erklärte Gesetzeszweck des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ist nicht die Verhinderung befristeter Arbeitsverträge und auch nicht die Verhinderung sachgrundlos befristeter Arbeitsverträge, sondern lediglich die Verhinderung von Befristungsketten (BAG v. 06.04.2011 – 7 AZR 716/09 – a.a.O.). Dies steht mit dem Ziel der Richtlinie 1999/70/EG im Einklang. Die Rahmenvereinbarung vom 28. März 1999 gebietet nicht, dass bereits der erste oder einzige befristete Arbeitsvertrag aus sachlichen Gründen gerechtfertigt sein muss (EuGH v. 23.04.2009 – C 378/07 – AP Nr. 6 zu Richtlinie 99/70/EG = juris, Ziffer 90 der Gründe). Ziel der mit der Richtlinie 1999/70/EG durchgeführten Rahmenvereinbarung vom 28. März 1999 ist die Verhinderung des Missbrauchs von aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverträgen (EuGH v. 04.07.2006 – C 212/04 – AP Nr. 1 zu Richtlinie 99/70/EG = juris, Ziffer 63, 64 der Gründe; BAG v. 06.04.2011 – 7 AZR 716/09 – a.a.O.).

Das Teilzeit- und Befristungsgesetz bezweckt den Erhalt des unbefristeten Arbeitsverhältnisses als Regel und die Brückenfunktion des sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisses (KR-Lipke a.a.O. Rn. 418 d). Die erleichterte Zulassung sachgrundlos befristeter Arbeitsverträge gibt Unternehmen die Möglichkeit, auf eine unsichere und schwankende Auftragslage sowie wechselnde Marktbedingungen durch Neueinstellungen flexibel zu reagieren und damit die Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen zu stärken. Dieses Flexibilisierungsinstrument ist allerdings in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG mit der Höchstdauer von zwei Jahren unter höchstens dreimaliger Verlängerungsmöglichkeit eingegrenzt. Auch das Anschlussverbot nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG begrenzt Kettenarbeitsverträge und die damit verbundene Missbrauchsmöglichkeit effektiv (so: LAG Baden-Württemberg v. 11.01.2006 – 13 Sa 75/05 – juris Rn. 85). Gemessen an seinem Regelungszweck ist es jedoch zu weitgehend und in dieser Absolutheit nicht erforderlich. Eine zeitlich unbegrenzt in die Vergangenheit reichende Voraussetzung für den zulässigen Abschluss eines befristetes Vertrages greift gemessen am Gesetzeszweck in unzulässiger, weil sachlich nicht mehr gerechtfertigter Weise in die Privatrechtsautonomie der Arbeitsvertragsparteien ein (Osnabrügge NZA 2003, 639, 642). Auch ein milderes Anschlussverbot ist – je nach seiner Ausgestaltung – grundsätzlich geeignet, dem verfolgten Schutzzweck zu dienen und die Vorgaben der Richtlinie 1999/70/EG zu wahren.

Wenn zwischen zwei Arbeitsverhältnissen ein Zeitraum von mehreren Jahren liegt, kann von „Kettenverträgen“, „Befristungsketten“ oder „aufeinanderfolgenden Arbeitsverhältnissen“ nicht mehr gesprochen werden. Zugleich liefe ein lebenslanges Verbot der Vorbeschäftigung dem mit § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG verfolgten Normzweck zuwider. Dann würde Arbeitnehmern, die vor längerer Zeit schon einmal bei demselben Arbeitgeber beschäftigt waren, die Chance genommen werden, über ein zunächst nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG befristetes Arbeitsverhältnis in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu gelangen. Die „Brücke zur Dauerbeschäftigung“, welche die sachgrundlose Befristung des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG nach ihrem Gesetzeszweck sein soll, bliebe solchen Arbeitnehmern versperrt, ohne dass dies nach dem mit § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG verfolgten Zweck geboten wäre (BAG v. 06.04.2011 – 7 AZR 716/09 a.a.O.; Höpfner a. a. O., 899).

(2)

Der Grundrechtseingriff durch § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ist entgegen dem Urteil des LAG Baden-Württemberg vom 26. September 2013 (LAG Baden-Württemberg v. 26.06.13 – 6 Sa 28/13 – a. a. O.) nicht deshalb gerechtfertigt, weil die Norm im Anschluss an eine sachgrundlose Befristung eine Befristung mit Sachgrund gemäß § 14 Abs. 1 TzBfG, insbesondere zur Erprobung nach § 14 Abs. 1 Nr. 5, zulässt. Diejenigen Arbeitsvertragsparteien, denen Befristungsgründe nach § 14 Abs. 1 TzBfG nicht zur Verfügung stehen, sind gehindert, das Arbeitsverhältnis befristet auszugestalten, obwohl dies bei einer lange Zeit, z. B. mehr als zehn oder 20 Jahre zuvor liegenden Vorbeschäftigung dem Schutzzweck, Befristungsketten zu verhindern, nicht entgegensteht. Der Sachgrund der Erprobung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 TzBfG scheidet aus, wenn es um einen Tätigkeitsbereich geht, in dem der Arbeitnehmer früher schon einmal bei diesem Arbeitgeber eingesetzt war. Darüber hinaus ist keine Befristung zu Erprobung für die Dauer von zwei Jahren möglich (Straub NZA 2001 919, 926).

Auch die mit § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG verfolgte Überbrückungsfunktion wird entgegen Laux/Schlachter – Schlachter (a.a.O. Rn. 112) nicht durch die Möglichkeit der Sachgrundbefristung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 oder Nr. 5 TzBfG erhalten. Von der Befristungsmöglichkeit nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TzBfG sind diejenigen ausgeschlossen, die sich nicht im Anschluss an ihre Ausbildung oder ihr Studium um einen Arbeitsplatz bei dem Arbeitgeber bewerben, bei dem sie irgendwann in der Vergangenheit beschäftigt waren.

 

Das absolute Anschlussverbot bildet entgegen dem Urteil LAG Baden-Württemberg vom 11. Januar 2006 (- 13 Sa 75/05 – juris Rn. 84) auch keinen schonenden Ausgleich zwischen den Grundrechtspositionen des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers, die jeweils aus Art. 12 Abs. 1 GG folgen, da es in die Berufsausübungsfreiheit beider Arbeitsvertragsparteien gleichermaßen eingreift.

(3)

Die Interessenlage vor Vertragsschluss rechtfertigt ebenfalls kein absolutes Anschlussbeschäftigungsverbot.

Arbeitgeberinteressen sind in der Bewerbungssituation, also vor Abschluss des Arbeitsvertrages, nicht in besonderer Weise berührt. Der Arbeitgeber hat es auf Grund seiner wirtschaftlich überlegenen Stellung regelmäßig in der Hand, einen Bewerber einzustellen, der zuvor noch nicht bei ihm beschäftigt war, und so eine zulässige sachgrundlose Befristung durchzusetzen. Die Ablehnung eines Bewerbers mit der Begründung, er sei bereits früher einmal bei demselben Arbeitgeber beschäftigt gewesen, verstößt auch nicht gegen das Diskriminierungsverbot des § 4 Abs. 2 TzBfG, da diese Vorschrift nur auf befristet beschäftigte Arbeitnehmer und nicht auf Bewerber anwendbar ist. Befindet sich der Arbeitgeber ausnahmsweise tatsächlich in der schwächeren Verhandlungsposition, wird er ohnehin ein Interesse daran haben, den begehrten Arbeitnehmer längerfristig an sich zu binden, so dass ein Bedürfnis nach einer sachgrundlosen Befristung in der Regel nicht bestehen wird. In erster Linie werden durch das Vorbeschäftigungsverbot und seine Dauer oder inhaltliche Ausgestaltung die Interessen des sich bewerbenden Arbeitnehmers berührt und das Konkurrenzverhältnis zwischen den Bewerbern untereinander sowie zwischen den Arbeitssuchenden und den Arbeitnehmern, die bei dem betreffenden Unternehmen befristet eingestellt oder kündbar sind (Höpfner a. a. O., 894). Dabei handelt es sich entgegen HaKo-Mestwerdt (a.a.O. Rn. 199) nicht um eine bloße Vermutung. Will ein Arbeitgeber einen Arbeitsplatz besetzen, wird er in aller Regel denjenigen unter gleich qualifizierten Bewerbern einstellen, dessen Arbeitsverhältnis später am einfachsten, insbesondere ohne besondere, gerichtlich überprüfbare Begründung, beendet werden kann, um sich möglichst hohe Flexibilität zu sichern. Dieser Umstand liegt gerade der Regelung des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG zu Grunde. Damit will der Gesetzgeber dem Arbeitgeber zusätzliche Anreize zur Einstellung von Arbeitnehmern bieten. Diese Anreizfunktion hat er bei der Einführung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes und all seinen Änderungen beibehalten.

(4)

Ein unbegrenztes Anschlussbeschäftigungsverbot führt in seiner praktischen Anwendung zu unzumutbaren und sachwidrigen Ergebnissen.

Der Arbeitgeber muss, wenn er einen befristeten Arbeitsvertrag ohne Sachgrund abschließen will, kontrollieren, ob er mit dem in Aussicht genommenen Bewerber schon einmal in der Vergangenheit ein befristetes Arbeitsverhältnis abgeschlossen hatte. Dabei muss der potenzielle Arbeitgeber dann weiter prüfen, ob das Vorvertragsverhältnis tatsächlich ein Arbeitsverhältnis war. Hier ist die Gefahr falsch bewerteter freier Mitarbeiterverhältnis gegeben. Für den Arbeitgeber bedeutet das einen unzumutbaren Kontrollaufwand hinsichtlich früherer Beschäftigungen. Ob es sich bei der früheren Beschäftigung um „denselben Arbeitgeber“ gehandelt hat, wird in den Fällen einer Fusion, Aufspaltung, Abspaltung auch für den potenziellen Arbeitgeber kaum noch nachvollziehbar sein (Straub NZA 2001, 919, 926). Dasselbe gilt bei Betriebsübergängen. Um sich abzusichern, ist der Arbeitgeber praktisch gezwungen, Personalakten aller jemals bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer aufzubewahren, um sicher prüfen zu können, ob ein sachgrundlos befristeter Arbeitsvertrag zulässig ist (Löwisch a.a.O.), dies sogar über die Aufbewahrungsfristen von § 257 HGB, § 41 Abs. 1 Satz 9 EStG, § 147 AO hinaus.

Soweit der Gesetzgeber Risiken des Arbeitgebers, sich an eine lange Zeit zurückliegende kurzfristige Vorbeschäftigung des Arbeitnehmers zu erinnern, durch ein in der Gesetzesbegründung ausdrücklich erwähntes Fragerecht des Arbeitgebers ausgleichen wollte, an das er im Fall der wissentlichen Falschbeantwortung ein Anfechtungsrecht geknüpft hat, ist sehr zweifelhaft, dass der Arbeitnehmer die Frage nach „demselben Arbeitgeber“ und hinsichtlich der Einordnung seiner Beschäftigung als Arbeitsverhältnis oder etwa freies Mitarbeiterverhältnis besser beantworten kann als der Arbeitgeber (Straub a.a.O.).

(5)

Der Gesetzgeber ist unionsrechtlich und verfassungsrechtlich frei, sachgrundlose Befristungen eingeschränkt zuzulassen. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen nicht, wenn er den zulässigen Einsatzbereich sachgrundloser Befristungen beschränkt, solange, er dabei systemgerecht und systemkonsequent vorgeht (Meinel/Heyn/Herms, Teilzeit- und Befristungsgesetz, Rd. 197, 4. Auflage). Er hat auch die Möglichkeit, ganz auf sachgrundlose Befristungen zu verzichten (Stahlacke/Preis/Vossen, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, Rn. 109, 9. Auflage). Gerade das hat er aber mit der Beibehaltung des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG nicht getan und ist nicht systemgerecht vorgegangen. Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG soll die sachgrundlose Befristung mit ihrer angenommenen Brückenfunktion erhalten bleiben (BT-Drucks. 14/4374, S. 14). Es erschließt sich nicht, aus welchen Gründen diese Brückenfunktion Arbeitnehmern nicht zugute kommen soll, wenn die Gefahr von Kettenarbeitsverträgen durch eine zeitliche oder sachliche Begrenzung des Anschlussbeschäftigungsverbots ausgeschlossen ist.

(6)

Eine einschränkende und damit verfassungskonforme Auslegung des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ist angesichts des eindeutigen Wortlauts der Vorschrift, der Entstehungsgeschichte und der Gesetzessystematik unzulässig (siehe oben 2. a) aa) (3), S. 7-11).

b)

§ 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG stellt auch einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG dar.

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verpflichtet den Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen. Damit ist dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung verwehrt. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an das Verhältnismäßigkeitserfordernis reichen. Für die Anforderungen an Rechtfertigungsgründe für gesetzliche Differenzierungen kommt es wesentlich darauf an, in welchem Maß sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten auswirken kann. Genauere Maßstäbe und Kriterien dafür, unter welchen Voraussetzungen der Gesetzgeber den Gleichheitssatz verletzt, lassen sich nicht abstrakt und allgemein, sondern nur in Bezug auf die jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereiche bestimmen (BVerfG v. 09.12.2008 – 2 BvL 1/07 – BVerfG 122, 210-248 = juris, Rn. 56).

Art. 3 Abs. 1 GG ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten ungleich behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts: BVerfG v. 08.04.1997 – 1 BvR 48/94 – NJW 1997, 1974-1980 = BVerfGE 95, 267-322, 317; BVerfG v. 14.03.2000- 1 BvR 284/96 – BVerfGE 102, 41-67, 54 = juris Rn. 41). Die Anforderungen an eine Verhältnismäßigkeitsprüfung sind dabei umso strenger, je intensiver die Auswirkungen auf eine bestimmte Personengruppe sind. Eine besonders strenge Prüfung der Verhältnismäßigkeit ist danach bei der Differenzierung nach personenbezogenen bzw. personengebundenen Merkmalen vorzunehmen, insbesondere wenn sie mit denen in Art. 3 Abs. 3 GG vergleichbar sind und der einzelne auf ihr Vorhandensein oder Fehlen keinen oder nur einen begrenzten Einfluss hat. Sofern es sich um eine rein sachbezogene Differenzierung handelt, die allein zu einer Ungleichbehandlung von Sachverhalten führt, stehen dem Gesetzgeber und der Rechtsprechung weite Gestaltungs- und Beurteilungsspielräume zu (BVerfG v. 20.06.1995 – 1 BvR 166/93 – BVerfGE 93, 99, 111 = juris Rn. 38). Ob eine Ungleichbehandlung gerechtfertigt ist, ist unter Berücksichtigung der Besonderheiten des geregelten Lebens- und Sachbereichs zu prüfen. Ob eine gesetzliche Regelung zweckuntauglich ist, ist hingegen keine verfassungsrechtliche Frage des allgemeinen Gleichheitssatzes (Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf – Kannengießer, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 3, Rn. 17, 12. Auflage).

Grundsätzlich ist es Aufgabe des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselben Rechtsfolgen knüpft, das heißt welche Sachverhalte im Sinne eines Rechtssatzes „gleich“ und deshalb in seinem Tatbestand aufzunehmen sind. Er hat zu entscheiden, welche Elemente und Merkmale maßgebend für eine Gleich- und Ungleichbehandlung sind. Dem Gesetzgeber steht dabei ein weiter Ermessensspielraum zu. Er muss ihm auch bleiben, wenn es ihm gelingen soll, vielfältigen Lebensverhältnissen durch eine einheitliche – und daher notwendig gewisse tatsächliche Verschiedenheiten vernachlässigende Regelung – Herr zu werden. Bei der Überprüfung des Gesetzes ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat. Der allgemeine Gleichheitssatz verlangt immer, dass eine vom Gesetz vorgenommene unterschiedliche Behandlung sich – sachbereichsbezogen – auf einen vernünftigen oder sonst wie einleuchtenden Grund zurückführen lässt. Art. 3 Abs. 1 GG verbietet dem Gesetzgeber, dabei Art und Maß der tatsächlichen Unterschiede sachwidrig außer Acht zu lassen (BVerfG v. 07.07.1992 – BVerfGE 87, 1-48, 36 f. = juris Rn. 125). Dem Gestaltungspielraum des Gesetzgebers sind dabei umso engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten, namentlich auf die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte freie Berufsausübung, nachteilig auswirken kann (BVerfG v. 24.01.2012 – 1 BvL 21/11 – BVerfGE 130, 131-151 = juris Rn. 41) und je weniger der Einzelne nachteilige Folgen durch eigenes Verhalten vermeiden kann (Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf – Kannengießer, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 3, Rn. 18, 12. Auflage).

aa)

Das uneingeschränkte Vorbeschäftigungsverbot benachteiligt den bereits zuvor bei demselben Arbeitgeber beschäftigten Bewerber gegenüber dem Konkurrenten um einen Arbeitsplatz, der bei diesem Arbeitgeber noch nicht tätig war (Höpfner a.a.O. 899). In diesen Fällen erweist sich die Schutzvorschrift des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG als Einstellungshindernis, das durch den verfolgten Schutzzweck, Befristungsketten zu verhindern, nicht gerechtfertigt ist (BAG v. 06.04.2011 – 7 AZR 716/09 a.a.O. = juris Rn. 37; BAG v. 21.09.2011 – 7 AZR 375/10 a.a.O. = juris Rn. 30; LAG Rheinland-Pfalz vom 09.08.2012 – 2 Sa 239/12 – juris Rn. 47; Löwisch a.a.O).

bb)

Die Ungleichbehandlung ist nicht durch den mit dem Teilzeit- und Befristungsgesetz verfolgten – an sich legitimen – Zweck gerechtfertigt (vergl.: Höpfner a.a.O. 899; Osnabrügge a.a.O. 642; Löwisch a.a.O.). Sie ist insbesondere dann nicht gerechtfertigt, wenn die Gefahr der zu verhindernden Kettenbefristungen und des Missbrauchs der Befristungsvereinbarungen trotz einer Vorbeschäftigung bei demselben Arbeitgeber nicht besteht. Eine solche Gefahr besteht dann nicht, wenn seit dem letzten Beschäftigungsverhältnis ein erheblicher Zeitraum verstrichen ist und ein Anknüpfen an die Vorbeschäftigung durch sachgrundlose Befristungsketten für den Arbeitgeber nicht nur unattraktiv, sondern in der praktischen Ausübung nicht möglich ist.

Auch ein anderer einleuchtender Grund für die Ungleichbehandlung von erstmalig einzustellenden und sehr lange Zeit zuvor bei demselben Arbeitgeber beschäftigten Arbeitnehmern besteht nicht. Er liegt insbesondere nicht in dem Erfordernis der Typisierung von Sachverhalten. Zwischen Arbeitnehmern mit einer bei demselben Arbeitgeber sehr lange zuvor liegenden Vorbeschäftigung und denjenigen ohne eine solche Vorbeschäftigung bestehen weder nach der Interessenlage noch dem Schutzbedürfnis Unterschiede von solchem Gewicht, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten.

cc)

§ 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG enthält einen Systembruch.

Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers umfasst von Verfassungs wegen die Befugnis, neue Regeln einzuführen, ohne durch Grundsätze der Folgerichtigkeit an frühere Grundentscheidungen gebunden zu sein. Das setzt voraus, dass wirklich ein neues Regelwerk geschaffen wird; andernfalls ließe sich jede Ausnahmeregelung als (Anfang einer) Neukonzeption deklarieren. Die umfassende Gestaltungsfreiheit bei Entscheidungen für neue Regeln kann vom Gesetzgeber da nicht in Anspruch genommen werden, wo solche neuen Regeln nach Ziel und Wirkung die Orientierung an alternativen Prinzipien nicht erkennen lassen. Einen zulässigen Systemwechsel kann es ohne ein Mindestmaß an neuer Systemorientierung nicht geben (BVerfG v. 09.12.2008 – 2 BvL 1/07 – BVerfG 122, 210-248 = juris, Rn. 80). Die Systemwidrigkeit, die Verletzung der „vom Gesetz selbst statuierten Sachgesetzlichkeit“, indiziert einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz (BVerfG v. 07.11.1972 – 1 BvR 338/68 – BVerfGE 34, 103-118 = juris Rn. 36; BVerfG v. 21.06.1977 – 2 BvR 308/77 – BVerfGE 45, 363-376 = juris Rn. 47). Wird gegen das System eine unterschiedliche Regelung getroffen, so ist diese willkürlich, wenn dieses System ohne sachliche Gründe verlassen wird (Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf – Kannengießer, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 3, Rn. 24, 12. Auflage).

§ 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ist nicht der Ausfluss eines zulässigen Systemwechsels bei den Anforderungen an die Wirksamkeit von Befristungsvereinbarungen. Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung grundsätzlich beibehalten. Die sachgrundlose Befristung mit ihrer „Brückenfunktion“ soll, wie § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG zeigt, weiterhin erhalten bleiben. Aus welchen Gründen diese „Brückenfunktion“ ausschließlich bei Neueinstellungen zum Tragen kommen soll, ist dem Gesetzeskonzept nicht zu entnehmen. Der Schutzzweck des Gesetzes (siehe oben a) cc) (1) S. 17 f) rechtfertigt diese Ungleichbehandlung jedenfalls nicht.

4.

Von der Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG kann nicht abgesehen werden.

Der 7. Senat des Bundesarbeitsgerichts vertritt die Auffassung, im Falle einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht würde der Wille des deutschen Gesetzgebers ersichtlich in sein Gegenteil verkehrt, weil dann auch § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht mehr angewandt werden könne; die von § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG eröffnete Möglichkeit sachgrundloser Befristungen müsse schon wegen § 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung vom 18. März 1999 notwendig beschränkt werden; die einzige Beschränkung gehe aus § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG hervor, da ohne diese Vorschrift beliebig viele sachgrundlose Befristungen nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG aneinandergereiht werden könnten (BAG v. 21.9.2011 – 7 AZR 375/10 a. a.O. juris Rn. 34).

Dem ist nicht zu folgen.

Der Verstoß einer Norm gegen das Grundgesetz kann entweder zur Nichtigerklärung nach § 82 Abs. 1 BVerfGG i. V. m. § 78 Satz 1 BVerfGG oder dazu führen, dass das Bundesverfassungsgericht die mit der Verfassungswidrigkeit gegebene Unvereinbarkeit der Norm mit dem Grundgesetz feststellt (§ 31Abs. 2, § 79 Abs. 1 BVerfGG). Eine Erklärung nur der Unvereinbarkeit ist insbesondere geboten, wenn der Gesetzgeber verschiedene Möglichkeiten hat, den Verfassungsverstoß zu beseitigen. Das ist regelmäßig bei Verletzungen des Gleichheitssatzes der Fall (BVerfG v. 09.12.2008 – 2 BvL 1/07 – BVerfG 122, 210-248 = juris, Rn. 86). Stellt das Bundesverfassungsgericht die Unvereinbarkeit einer Norm mit Art. 3 Abs. 1 GG fest, folgt daraus grundsätzlich die Verpflichtung des Gesetzgebers, rückwirkend, bezogen auf den in der gerichtlichen Feststellung genannten Zeitpunkt, die Rechtslage verfassungsgemäß umzugestalten. Gerichte und Verwaltungsbehörden dürfen die Norm im Umfang der festgestellten Unvereinbarkeit nicht mehr anwenden, laufende Verfahren sind auszusetzen (BVerfG v. 09.12.2008 – 2 BvL 1/07 – BVerfGE 122, 210-248 = juris, Rn. 88).

Eine gegen das Grundgesetz verstoßende Norm kann bei einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht erst ab dem Zeitpunkt nicht mehr angewendet werden, in dem das Bundesverfassungsgericht ihre Verfassungswidrigkeit festgestellt hat. Der Verfassungsverstoß des Gesetzgebers kann nicht mit einem weiteren Verfassungsverstoß der Rechtsprechung gegen Art. 20 Abs. 2 GG bei Anwendung der verfassungswidrigen Norm ausgeglichen werden. Das Grundgesetz hat hierfür klare Vorgaben in Art. 20 Abs. 2 GG und Art. 100 Abs. 1 GG getroffen. Diese sind durch die einschränkende Auslegung des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG verletzt (siehe oben 2. a) aa) (3), S. 7-12).

Auch der Wille des deutschen Gesetzgebers bildet hierfür keine Rechtfertigung. Er gilt nicht schrankenlos. Überschreitet er die Vorgaben des Grundgesetzes oder des Unionsrechts, hat der Gesetzgeber die entsprechenden Normen – ggf. nach den Vorgaben durch das Bundesverfassungsgericht oder den Europäischen Gerichtshof – zu korrigieren.

 

5.

Gegen den vorliegenden Aussetzungsbeschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.

 

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