Übersicht:
- Verspätete Lohnzahlungen: Rechtliche Ansprüche und steuerliche Konsequenzen für Arbeitnehmer
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche steuerlichen Folgen können verspätete Lohnzahlungen haben?
- Wie kann ich einen Steuerschaden durch verspätete Lohnzahlungen nachweisen?
- Was muss eine Schadensersatzklage wegen Steuernachteilen enthalten?
- Welche Rolle spielt die Jahressteuerberechnung bei verspäteten Lohnzahlungen?
- Welche Bedeutung haben Lohnersatzleistungen für die Berechnung des Steuerschadens?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Weitere Beiträge zum Thema
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landesarbeitsgericht Hamburg
- Datum: 08.08.2023
- Aktenzeichen: 6 Sa 3/23
- Verfahrensart: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Arbeitsrecht, Schadensersatzrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Ein ehemaliger Angestellter, der Schadensersatz aufgrund eines Steuerschadens durch verspätete Lohnzahlungen fordert.
- Beklagte: Eine Organisation, die für die Unterbringung von Wohnungs- und Obdachlosen in Hamburg zuständig ist und dem Kläger während eines Kündigungsschutzprozesses seinen Lohn nachzahlt.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Der Kläger verlangt Schadensersatz von der Beklagten wegen eines Steuerschadens, der durch nachträgliche Lohnzahlungen nach einem Kündigungsschutzprozess entstanden sein soll. Der Kläger behauptet, dass die verspätete Zahlung zu einer höheren Steuerprogression geführt habe.
- Kern des Rechtsstreits: Es stellt sich die Frage, ob der Kläger einen nachweisbaren Steuerschaden durch die verspätete Lohnzahlung der Beklagten erlitten hat und ob die Berechnung seines Steuerschadens ohne tatsächliche Steuerberechnungen ausreicht.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Berufung des Klägers wurde zurückgewiesen, und ihm steht kein Anspruch auf Schadensersatz wegen eines Steuerschadens zu.
- Begründung: Der Kläger konnte nicht nachweisen, dass die verspätete Zahlung zu einem finanziell nachteiligen Progressionsschaden führte. Eine Jahresbetrachtung der Steuerlast ist erforderlich, und diese wurde vom Kläger nicht ausreichend dargelegt. Der Kläger hat nicht gezeigt, wie eine rechtzeitige Zahlung seine Steuerlast konkret anders beeinflusst hätte.
- Folgen: Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wurde nicht zugelassen, das Urteil ist somit endgültig.
Verspätete Lohnzahlungen: Rechtliche Ansprüche und steuerliche Konsequenzen für Arbeitnehmer
Verspätete Lohnzahlungen können für Arbeitnehmer nicht nur kurzfristige finanzielle Engpässe, sondern auch langfristige Auswirkungen auf ihre Steuerlast und Einkommenssituation nach sich ziehen. Wenn das Gehalt nicht pünktlich fließt, entstehen Gehaltseinbußen, die zu einem Lohnschaden führen. In solchen Fällen kann es wichtig sein, rechtliche Schritte in Betracht zu ziehen, um einen Entschädigungsanspruch geltend zu machen. Die Arbeitgeberpflichten bezüglich der pünktlichen Lohnzahlung sind klar definiert, und bei Verzug können Arbeitnehmer Anspruch auf Schadensersatz geltend machen, inklusive Zinsen auf Lohnrückstände.
Ein besonders komplexer Aspekt ist der mögliche Steuerschaden, der aus verspäteten Zahlungen resultieren kann. Arbeitnehmer dürfen nicht nur auf den finanziellen Ausgleich achten, sondern auch auf die steuerlichen Auswirkungen hinausfokussieren. Im folgenden Abschnitt wird ein konkreter Fall vorgestellt, der die rechtlichen Rahmenbedingungen und Herausforderungen bei der Geltendmachung von Ansprüchen wegen verspäteter Lohnzahlungen beleuchtet.
Der Fall vor Gericht
Landesarbeitsgericht Hamburg: Lohnsteuer-Nachzahlungsschäden erfordern Jahresbetrachtung
Das Landesarbeitsgericht Hamburg hat in einem Rechtsstreit über Steuerschäden durch verspätete Lohnzahlungen eine wichtige Entscheidung getroffen. Der Fall betrifft einen Arbeitnehmer, der nach einem erfolgreichen Kündigungsschutzverfahren rückwirkend Gehaltszahlungen für den Zeitraum Dezember 2020 bis Januar 2022 erhielt.
Hintergrund des Steuerschadens
Der Arbeitgeber hatte dem Kläger im Dezember 2020 außerordentlich gekündigt. Nach erfolgreichem Kündigungsschutzverfahren zahlte die Beklagte im April 2022 die ausstehenden Vergütungen in Höhe von rund 42.787 Euro brutto nach. Von diesem Betrag führte sie Lohnsteuer in Höhe von 12.523 Euro ab. Der Kläger machte daraufhin einen Steuerschaden von über 6.000 Euro geltend, da die Einmalzahlung zu einer höheren steuerlichen Belastung geführt habe als bei regulärer monatlicher Zahlung.
Zentrale Anforderungen des Gerichts
Das LAG Hamburg wies die Klage ab und stellte dabei wichtige Grundsätze für die Berechnung von Steuerschäden auf. Nach dem Urteil muss der Arbeitnehmer für einen solchen Anspruch nachweisen:
- Die tatsächliche Steuerberechnung für die betroffenen Jahre
- Die fiktiven Bruttobezüge bei rechtzeitiger Zahlung
- Die konkrete Differenz der Steuerzahlungen
Entscheidend sei die Jahresbetrachtung gemäß § 38a EStG. Die bloße Gegenüberstellung der abgeführten Lohnsteuer mit fiktiven monatlichen Steuerberechnungen reiche nicht aus. Auch der Bezug von Arbeitslosengeld und dessen Rückzahlung müssen bei der Berechnung berücksichtigt werden.
Bedeutung der Jahressteuerberechnung
Das Gericht betonte, dass die vom Arbeitgeber abgeführte Lohnsteuer nur eine Vorauszahlung auf die Jahreseinkommensteuer darstellt. Die tatsächliche Steuerlast ergebe sich erst aus der Jahresbetrachtung. Dabei spielen auch Faktoren wie Lohnersatzleistungen und deren Rückzahlung eine wichtige Rolle für die steuerliche Gesamtbelastung.
Der Kläger konnte seinen Anspruch nicht durchsetzen, da er keine Einkommensteuererklärungen eingereicht hatte und somit die tatsächliche Jahressteuerlast nicht nachweisen konnte. Das Gericht stellte klar, dass sich ein Arbeitnehmer nicht durch Verzicht auf eine Steuererklärung einer Schadensberechnung auf Jahresbasis entziehen kann. Dies würde gegen die Schadensminderungspflicht verstoßen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Landesarbeitsgericht Hamburg stellt klar, dass für die Berechnung eines Steuerschadens durch verspätete Lohnzahlungen stets eine Jahresbetrachtung erforderlich ist. Die tatsächliche Steuerbelastung muss durch Jahressteuerbescheide oder vergleichbare Nachweise belegt werden – einfache Lohnabrechnungen oder Online-Rechner reichen nicht aus. Betroffene Arbeitnehmer sind verpflichtet, eine Steuererklärung einzureichen und können sich dieser Pflicht auch nicht durch Verzicht entziehen, da dies gegen die Schadensminderungspflicht verstößt.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie nach einer unrechtmäßigen Kündigung Lohnnachzahlungen erhalten, müssen Sie für die Geltendmachung eines Steuerschadens zwingend Steuererklärungen für die betroffenen Jahre einreichen. Die Berechnung des Schadens können Sie nicht allein auf Basis der Gehaltsabrechnungen oder mit Online-Steuerrechnern durchführen. Besonders wichtig ist, dass Sie alle Einkünfte des jeweiligen Jahres berücksichtigen, einschließlich erhaltenen Arbeitslosengeldes. Verzichten Sie nicht auf die Abgabe einer Steuererklärung – dies könnte Ihren Schadensersatzanspruch gefährden und verstößt gegen Ihre Pflicht zur Schadensminderung.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche steuerlichen Folgen können verspätete Lohnzahlungen haben?
Verspätete Lohnzahlungen können erhebliche steuerliche Auswirkungen haben, besonders wenn mehrere Gehaltszahlungen in einem Monat oder Veranlagungszeitraum zusammenfallen.
Progressionseffekt bei gebündelten Zahlungen
Der progressive Steuersatz führt bei gebündelten Gehaltszahlungen zu einer höheren Steuerbelastung. Bei einem zu versteuernden Einkommen zwischen 17.006 € und 66.760 € liegt der Grenzsteuersatz bereits zwischen 24% und 42%. Wenn durch verspätete Zahlungen mehrere Monatsgehälter in einem Veranlagungszeitraum zusammenfallen, wird ein höherer Steuersatz auf den Gesamtbetrag angewendet.
Steuerliche Zuordnung nach Zuflussprinzip
Im Steuerrecht gilt das Zuflussprinzip. Das bedeutet, dass Lohnzahlungen in dem Monat versteuert werden müssen, in dem sie tatsächlich beim Arbeitnehmer eingehen. Wenn beispielsweise das Dezembergehalt erst im Januar des Folgejahres gezahlt wird, wird es steuerlich dem neuen Jahr zugerechnet.
Auswirkungen auf die Steuererklärung
Die verspäteten Zahlungen werden im Lohnsteuerbescheinigungszeitraum der tatsächlichen Zahlung erfasst. Dies kann zu Verschiebungen zwischen den Kalenderjahren führen und damit die steuerliche Gesamtbelastung beeinflussen. Das Steuerbrutto kann dadurch in einem Jahr deutlich höher ausfallen als das Sozialversicherungsbrutto.
Verzugszinsen und Schadenspauschale
Bei verspäteten Lohnzahlungen können Arbeitnehmer Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz verlangen. Zusätzlich steht ihnen eine Schadenspauschale von 40 Euro zu. Diese Pauschale und die Verzugszinsen sind als Entschädigung zu verstehen und unterliegen eigenen steuerlichen Regelungen.
Wie kann ich einen Steuerschaden durch verspätete Lohnzahlungen nachweisen?
Um einen Steuerschaden durch verspätete Lohnzahlungen nachzuweisen, müssen Sie einen konkreten Vergleich zwischen zwei Steuerszenarien durchführen:
Erforderliche Dokumentation
Sie benötigen für die Berechnung folgende Unterlagen:
- Einkommensteuerbescheide der betroffenen Jahre
- Lohnabrechnungen und Gehaltsbelege
- Nachweise über sonstige Einkünfte
- Belege über Werbungskosten und Sonderausgaben
Durchführung der Berechnung
Die Berechnung erfolgt in zwei Schritten:
Szenario 1 (Fiktion): Berechnen Sie die Steuerbelastung, die bei regulärer monatlicher Auszahlung des Lohns entstanden wäre. Berücksichtigen Sie dabei:
- Den regulären Bruttolohn der jeweiligen Jahre
- Weitere Einkünfte laut Steuerbescheid
- Den Pauschalbetrag für Werbungskosten
- Sonderausgaben und Steuerermäßigungen
- Fiktive Sozialversicherungsbeiträge
Szenario 2 (Realität): Ermitteln Sie die tatsächlich entstandene Steuerbelastung durch die Einmalzahlung, unter Einbeziehung:
- Der Nachzahlungsbeträge
- Der tatsächlichen Steuerbelastung im Zahlungsjahr
- Bereits erhaltener Steuererstattungen
Darstellung des Schadens
Der nachzuweisende Steuerschaden ergibt sich aus der Differenz zwischen der Steuerbelastung bei Einmalzahlung und der fiktiven Steuerbelastung bei regulärer Zahlung. Dabei müssen Sie:
- Die Berechnungen detailliert aufschlüsseln
- Steuerliche Vor- und Nachteile gegenüberstellen
- Die Differenz konkret beziffern
Bei komplexeren Berechnungen ist die Einschaltung eines Steuerberaters möglich, dessen Kosten als notwendige Rechtsverfolgungskosten ebenfalls ersatzfähig sind.
Was muss eine Schadensersatzklage wegen Steuernachteilen enthalten?
Eine Schadensersatzklage wegen Steuernachteilen durch verspätete Lohnzahlungen erfordert eine detaillierte und präzise Darlegung des entstandenen Schadens. Der Kläger muss folgende Elemente konkret nachweisen:
Berechnung des Steuerschadens
Der Steuerschaden muss durch einen konkreten Vergleich zweier Szenarien dargestellt werden:
- Die tatsächlich entstandene Steuerlast durch die verspätete Zahlung
- Die hypothetische Steuerlast bei rechtzeitiger monatlicher Zahlung
Erforderliche Nachweise
Die Klage muss mit folgenden Dokumenten untermauert werden:
- Steuerbescheide der betroffenen Jahre
- Lohnabrechnungen mit den verspäteten Zahlungen
- Detaillierte Berechnung der Steuerdifferenz
- Nachweis über den Zeitpunkt der tatsächlichen Lohnzahlungen
Inhaltliche Anforderungen
Die Klageschrift muss schlüssig darlegen:
- Den genauen Zeitraum der verspäteten Zahlungen
- Die konkrete Höhe der Nachzahlungen
- Die dadurch entstandene Steuerprogression
- Die exakte Differenz zwischen regulärer und erhöhter Steuerbelastung
Die Darstellung muss so präzise sein, dass das Gericht den Steuerschaden ohne weitere Erklärungen nachvollziehen kann. Eine pauschale oder überschlägige Berechnung reicht nicht aus.
Welche Rolle spielt die Jahressteuerberechnung bei verspäteten Lohnzahlungen?
Die Jahressteuerberechnung ist bei verspäteten Lohnzahlungen von zentraler Bedeutung für die Ermittlung eines möglichen Steuerschadens. Wenn Ihr Arbeitgeber Lohn verspätet zahlt, kann dies zu einer höheren Steuerlast führen.
Entstehung des Steuerschadens
Ein Steuerschaden entsteht durch die Verschiebung der Lohnzahlung in ein anderes Steuerjahr. Die Berechnung erfolgt durch den Vergleich zweier Szenarien: Die tatsächliche Steuerlast durch die verspätete Zahlung wird der fiktiven Steuerlast bei pünktlicher Zahlung gegenübergestellt.
Berechnung des Schadens
Die konkrete Schadenshöhe ergibt sich aus der Differenz zwischen der tatsächlichen und der hypothetischen Steuerlast. Dabei werden die Steuerbescheide der betroffenen Jahre herangezogen und eine Neuberechnung unter Berücksichtigung der korrekten zeitlichen Zuordnung der Lohnzahlungen durchgeführt.
Rechtliche Durchsetzung
Bei einem nachgewiesenen Steuerschaden können Sie einen Schadensersatzanspruch gegen Ihren Arbeitgeber geltend machen. Die Beweislast für den entstandenen Steuerschaden liegt bei Ihnen als Arbeitnehmer. Eine detaillierte Berechnung bis auf den Cent ist erforderlich.
Welche Bedeutung haben Lohnersatzleistungen für die Berechnung des Steuerschadens?
Lohnersatzleistungen wie Arbeitslosengeld oder Krankengeld sind zwar grundsätzlich steuerfrei, unterliegen jedoch dem Progressionsvorbehalt. Dies bedeutet, dass diese Leistungen den persönlichen Steuersatz für das übrige zu versteuernde Einkommen erhöhen.
Auswirkung auf den Steuersatz
Wenn Sie in einem Jahr sowohl reguläres Arbeitseinkommen als auch Lohnersatzleistungen beziehen, wird für die Berechnung Ihres Steuersatzes die Summe aus beiden Einkünften herangezogen. Der sich daraus ergebende höhere Steuersatz wird dann auf Ihr reguläres Arbeitseinkommen angewendet.
Berechnung des Steuerschadens
Bei der Ermittlung eines möglichen Steuerschadens ist die steuerliche Mehrbelastung zu berücksichtigen, die durch den erhöhten Progressionssatz entsteht. Ein Beispiel verdeutlicht dies:
Bei einem zu versteuernden Einkommen von 35.000 Euro beträgt der Steuersatz 19%. Kommen Lohnersatzleistungen von 6.500 Euro hinzu, steigt der anzuwendende Steuersatz auf 21%. Die Differenz von 2 Prozentpunkten auf das reguläre Einkommen stellt den steuerlichen Mehraufwand dar.
Besonderheiten bei der Schadensberechnung
Bei der Berechnung eines Steuerschadens muss die tatsächlich entstandene steuerliche Mehrbelastung nachgewiesen werden. Dabei ist zu beachten, dass nicht die Lohnersatzleistung selbst besteuert wird, sondern nur deren Effekt auf den Steuersatz des übrigen Einkommens relevant ist.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Schadensminderungspflicht
Eine rechtliche Verpflichtung des Geschädigten, den entstandenen Schaden möglichst gering zu halten und nicht unnötig zu vergrößern. Geregelt in § 254 BGB. Der Geschädigte muss zumutbare Maßnahmen ergreifen, um den Schaden zu begrenzen. Im Arbeitsrecht bedeutet dies zum Beispiel, dass ein Arbeitnehmer bei Gehaltsstreitigkeiten seine Steuererklärung einreichen muss, um mögliche Steuervorteile zu nutzen. Versäumt er dies, kann sein Schadenersatzanspruch gekürzt werden oder ganz entfallen.
Kündigungsschutzverfahren
Ein arbeitsgerichtliches Verfahren, in dem die Rechtmäßigkeit einer Kündigung überprüft wird. Basiert auf dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Der Arbeitnehmer kann innerhalb von 3 Wochen nach Erhalt der Kündigung Klage erheben. Gewinnt er das Verfahren, besteht das Arbeitsverhältnis fort und er hat Anspruch auf die ausgefallenen Gehaltszahlungen. Beispiel: Ein ohne wichtigen Grund außerordentlich gekündigter Mitarbeiter klagt erfolgreich und erhält seine Stelle sowie die nicht gezahlten Gehälter zurück.
Lohnersatzleistungen
Zahlungen, die anstelle des regulären Arbeitslohns gewährt werden, typischerweise durch Sozialversicherungsträger. Dazu gehören insbesondere Arbeitslosengeld, Krankengeld oder Kurzarbeitergeld. Geregelt im Sozialgesetzbuch (SGB). Diese Leistungen können bei einer späteren Gehaltsnachzahlung zurückgefordert werden und beeinflussen die steuerliche Gesamtbelastung durch den Progressionsvorbehalt nach § 32b EStG.
Jahreseinkommensteuer
Die endgültige Steuerbelastung eines Kalenderjahres, die alle Einkünfte zusammen berücksichtigt. Geregelt im Einkommensteuergesetz (EStG). Anders als die monatliche Lohnsteuer, die nur eine Vorauszahlung darstellt, werden hier alle Einkünfte, Freibeträge und Sonderausgaben des gesamten Jahres einbezogen. Bei der Steuererklärung wird die finale Steuerlast ermittelt und mit den bereits gezahlten Steuervorauszahlungen verrechnet.
Lohnschaden
Eine finanzielle Einbuße, die durch verspätete oder ausbleibende Gehaltszahlungen entsteht. Umfasst nicht nur den eigentlichen Lohnausfall, sondern auch Folgeschäden wie höhere Steuerbelastungen oder Verzugszinsen. Der Arbeitgeber muss nach § 288 BGB bei Zahlungsverzug Verzugszinsen zahlen. Beispiel: Ein Arbeitnehmer muss wegen ausbleibender Gehaltszahlung einen teuren Überziehungskredit aufnehmen – diese Zusatzkosten sind Teil des Lohnschadens.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 38a EStG (Einkommensteuergesetz): Dieser Paragraph regelt die Besteuerung von Einkünften im Rahmen der Lohnsteuer. Hierbei wird eine Jahresbetrachtung der einbehaltenen Lohnsteuer gefordert, sodass sich die Steuerlast eines Arbeitnehmers über das gesamte Kalenderjahr summiert. Im vorliegenden Fall betrifft dies die Berechnung eines Steuerschadens, der durch die verspätete Lohnzahlung des Klägers entstanden ist, da die Höhe der zu zahlenden Steuer erst nach Betrachtung aller Jahreseinkünfte korrekt ermittelt werden kann.
- § 611a BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Dieser Paragraph definiert die Grundsätze des Arbeitsverhältnisses, einschließlich der Pflichten des Arbeitgebers zur rechtzeitigen Zahlung des Arbeitsentgeltes. Im Fall des Klägers führt die verspätete Zahlung zu finanziellen Nachteilen, da diese nicht nur die aktuelle Finanzlage betrifft, sondern auch steuerliche Konsequenzen nach sich zieht, die durch die verzögerte Auszahlung beeinflusst werden.
- § 249 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Diese Norm legt den Grundsatz fest, dass der Geschädigte in die Lage versetzt werden muss, die Situation so herzustellen, als wäre der Schaden nicht entstanden. Die verspätete Lohnzahlung des Arbeitgebers hat dem Kläger in Form eines Steuerschadens finanzielle Einbußen gebracht. Der Anspruch auf Schadensersatz muss also auch die notwendigen Schritte zur Berechnung und Regulierung des Steuerschadens umfassen.
- § 4 Abs. 1 und 2 EStG (Einkommensteuergesetz): Diese Absätze regeln die Ermittlung und die Erfassung von Einkünften, insbesondere über die Lohnsteuer. Sie sind entscheidend für die korrekte Berechnung des Steuerschadens, da die Einbeziehung aller relevanten Einkünfte sehr wichtig ist. Der Kläger muss nachweisen, dass die versäumten Zahlungen zu einer höheren Steuerlast führen, was nur über die genauen Bruttobezüge für den betreffenden Zeitraum erfolgen kann.
- § 46 EStG (Einkommensteuergesetz): Dieser Paragraph behandelt die Steuerpflicht für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und den damit verbundenen Besteuerungszeitraum. Da der Kläger Ansprüche auf Schadensersatz aufgrund von verspäteten Lohnzahlungen geltend macht, spielt die unterjährige Steuerpflicht in seinem Fall eine zentrale Rolle. Der Zusammenhang liegt darin, dass die versäumte Zahlung den Zeitpunkt der Steuerpflicht beeinflusst und somit die Höhe der Steuerlast des Klägers direkt beeinflusst.
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Das vorliegende Urteil
Landesarbeitsgericht Hamburg – Az.: 6 Sa 3/23 – Urteil vom 08.08.2023
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