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Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer bei Manipulationen

LAG Mecklenburg-Vorpommern, Az.: 3 Sa 305/11. Urteil vom 17.04.2014

I.

Auf die Berufungen der Beklagten zu 1 und 2 wird das Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin vom 26.09.2011 (2 Ca 1422/08) teilweise abgeändert und der Tenor zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagten zu 1 und 2 werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 34.086,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.02.2006 zu zahlen.

2. Der Beklagte zu 2 wird verurteilt, an die Klägerin weitere 110.798,10 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.02.2006 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Von den Gerichtskosten trägt die Klägerin 54 Prozent und die Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner 17 Prozent sowie der Beklagte zu 2 weitere 29 Prozent.

In diesem Umfang tragen die Beklagten zu 1 und 2 auch die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren.

Die außergerichtlichen Kosten für das Berufungsverfahren des Beklagten zu 1 trägt die Klägerin zu 83 Prozent, die des Beklagten zu 2 zu 26 Propzent.

Im Übrigen tragen die Parteien ihre Kosten für das Berufungsverfahren selbst.

II.

Die Revision gegen diese Entscheidung wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche, die die Klägerin vor dem Hintergrund ihrer Behauptung gesamtschuldnerisch gegen die Beklagten zu 1 und 2 geltend macht, der Beklagte zu 2 – der im streiterheblichen Zeitraum einen Fachbetrieb für Akustik-, Trocken- und Innenausbau betrieb – habe sich im kollusiven Zusammenwirken mit ihrem ehemaligen Arbeitnehmer, dem Beklagten zu 1, den Auftrag zur Durchführung von Renovierungsarbeiten in den Jahren 2004 und 2005 in dem Verwaltungsgebäude der Klägerin erschlichen und diesbezüglich zum einen deutlich überzogene Preise sowie zum anderen überhöhte Mengen abgerechnet, wodurch ein Schaden in der klageweise geltend gemachten Höhe entstanden sei.

 

Der am 08.12.1952 geborene und verheiratete Beklagte zu 1, der über einen Hochschulabschluss als Hochschulingenieurökonom verfügt, war bei der Klägerin in der Zeit vom 29.04.1991 bis zum 31.08.2005 als Abteilungsleiter Innere Verwaltung beschäftigt. In dieser Position war der Beklagte zu 1 auch mit der Bewirtschaftung des Verwaltungsgebäudes der Klägerin betraut und für die Erteilung von Aufträgen bis 15.000,00 Euro (Ziffer 6.2. der Organisationsanweisung – Nr. 08; Richtlinien des Vorstandes für die Vergabe von Lieferungen, Leistungen und Bauleistungen; künftig Org08) sowie für die Prüfung der sachlichen Richtigkeit von Rechnungen aus seinem Arbeitsbereich zuständig. In der Tätigkeitsdarstellung heißt es dazu – soweit hier von Bedeutung – wie folgt:

„Bewirtschaftung des Verwaltungsgebäudes und Grundstücks

  • entscheidet über Auftragserteilung an Reinigungs- und Bewachungsfirmen sowie an sonstige Leistungslieferanten und kontrolliert die Leistungen
  • organisiert und kontrolliert durchzuführende Reparatur- und Wartungsarbeiten und entscheidet über die zu beauftragenden Firmen
  • verantwortlich für die innere und äußere Sicherheit von Gebäude und Grundstück“

Die Beklagten zu 1 und 2 kennen sich anlässlich ihrer jeweiligen Mitgliedschaft im Schützenverein J-Stadt.

Im Rahmen einer internen Revision stellte die Klägerin fest, dass der Beklagte zu 1 in Kenntnis der Unrechtmäßigkeit eine Rechnung eines Handwerksmeisters über Lieferung von tatsächlich nicht an die Klägerin gelieferten Gegenständen, unter anderem Heizkörper, mit einem Gesamtbetrag von ca. 1.500,00 Euro als sachlich richtig zeichnete und insoweit eine Zahlung an den Lieferanten veranlasste, obwohl hierfür andere Gegenstände an den Schützenverein J-Stadt geliefert wurden. Dieser Vorfall war Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1 und war Gegenstand der – gerichtlich überprüften – Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag. Anlässlich dieser internen Ermittlungen fielen der Klägerin nach ihren Behauptungen Ungereimtheiten im Zusammenhang mit der Auftragsvergabe zur Durchführung der oben genannten Renovierungsarbeiten in ihrem Verwaltungsgebäude an den Beklagten zu 2 auf, welche den Hintergrund des Rechtsstreites bilden.

Gemäß seiner arbeitsvertraglichen Aufgaben war der Beklagte zu 1 mit der Vorbereitung zur Durchführung eben dieser Renovierungsarbeiten befasst und für die Durchführung des Ausschreibungsverfahrens nach der Org08 zuständig. Dabei war allen Beteiligten auf Seiten der Klägerin klar, dass die Arbeiten bei laufendem Betrieb durchzuführen waren und in mehreren Etappen mit zeitlichen Unterbrechungen erfolgen mussten.

Die Org08 lautet – soweit hier von Bedeutung – wie folgt:

„1. Rechtsgrundlagen

a) EG-Vergaberichtlinien

b) Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)

c) Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB)

d) Verdingungsordnung für Leistungen (VOL)

e) Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen (VOF)

f) Vergabeverordnung (VgV)

g) § 22 der Verordnung über das Haushaltswesen in der Sozialversicherung (SVHV)

h) Richtlinie über die Betriebs-, Wirtschafts- und Rechnungsführung (BWR) der Kassenärztlichen Vereinigungen gemäß § 75 Abs. 7 SGB V

i) § 35 Abs. 2 Sozialgesetzbuch IV (SGB IV)

2. Allgemeines

Der Vorstand erlässt aufgrund des § 22 der Verordnung über das Haushaltswesen in der Sozialversicherung (SVHV) und über die Betriebs-, Wirtschafts- und Rechnungsführung der Kassenärztlichen Vereinigungen gemäß § 75 Abs. 7 SGB V die nachfolgenden Richtlinien.

Auf der Grundlage des § 22 SVHV, der Verdingungsordnung für Leistungen (VOL), der Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB) sowie aller sonstigen einschlägigen Rechtsvorschriften wird eine einheitliche Verfahrensweise bei Auftragsvergaben bestimmt.

Die Zuständigkeit bei Auftragsvergaben ist in dieser Richtlinie geregelt.

3. …

4. Ausschreibungsunterlagen

Die Bestimmungen zum Haushaltsrecht im SGB IV und der SVHV sowie der BWR-Richtlinien sind zu beachten, der Haushaltsbeauftragte ist gemäß § 33 SVHV rechtzeitig zu beteiligen.

Bei Angebotseinholung sind Leistungen gleicher Art möglichst zusammenzufassen. Die Bestellung eines Jahresbedarfs hat Vorrang. Der Abschluss von Jahresliefer- bzw. –leistungsverträgen zu festen Preisen ist anzustreben.

5. Ausschreibungsverfahren

Bei freihändiger Vergabe (Verhandlungsverfahren) können bis zum Auftragswert von 3.000 EUR formlos telefonische Angebote eingeholt werden.

Darüber hinaus sind bis 10.000 EUR schriftliche Angebote einzuholen.

Über 10.000 EUR ist beschränkt auszuschreiben.

Grundsätzlich ist ab einer Höhe von 50.000 EUR eine öffentliche Ausschreibung vorzunehmen.

Es sind mindestens drei voneinander unabhängige, fachkundige, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmen zur Angebotsabgabe aufzufordern. Unter den Bewerbern soll gewechselt werden. Besonderheiten sind aktenkundig zu machen.

Von diesem Grundsatz kann im Zuständigkeitsbereich der Geschäftsführung abgewichen werden.

6. Zuständigkeit der Auftragsvergabe

Für die Vergabe von Aufträgen ist der Hauptgeschäftsführer verantwortlich, soweit im folgenden nichts anderes geregelt ist.

6.1. Aufträge aller Art können nur vergeben werden, wenn sie durch Haushaltstitel untersetzt und abgesichert sind. Ist dieses nicht der Fall, muss zwingend der Vorstand oder die Vertreterversammlung entscheiden.

6.2. Auftragsvergabe

Durch den Abteilungsleiter Innere Verwaltung und den Abteilungsleiter EDV können Aufträge in Höhe bis 15.000 EUR, entsprechend ihrem jeweiligen Bereich, vergeben werden.

Aufträge, deren Höhe 10.000 EUR überschreiten, sind mit dem Haushaltsbeauftragten abzustimmen. Die Zustimmung des Haushaltsbeauftragten ist zwingend.

Aufträge, die 40.000 EUR überschreiten, sind dem Vorstand zur Entscheidung vorzulegen.

6.3. Aufträge am Bau

Aufträge am und im Eigentum der KVMV über 20.000 EUR sind dem Vorstand zur Entscheidung vorzulegen.

7. Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt mit Wirkung vom 01.01.2002 in Kraft.

…“

Ein § 5 der Org08 entsprechendes Ausschreibungsverfahren wurde durch den Beklagten zu 1 für den ersten Bauabschnitt nicht durchgeführt. Vielmehr bat der Beklagte zu 1 den Beklagten zu 2 um Abgabe eines Angebots sowie darum, weitere drei Angebote „zu besorgen“. In der Folge gingen bei der Klägerin insgesamt vier Angebote (Angebot I. – ohne Datum -; Angebot des Malermeisters H. vom 19. Januar 2004; Angebot der G. GmbH & Co. KG vom 20.01.2004 sowie das Angebot des Beklagten zu 2; alle- samt versehen mit dem Eingangsstempel der Klägerin vom 16. Februar 2004) ein (Blatt 34 bis 41 – Band I – d. A.). Die tatsächliche Urheberschaft der vorbenannten Angebote I., G. und H. ist wiederum zwischen den Parteien streitig.

Auf der Grundlage des von ihm erteilten Angebots erhielt der Beklagte zu 2 dann den Auftrag zur Durchführung der Renovierungsarbeiten (hauptsächlich Maler- und Tapezierarbeiten) für den ersten Bauabschnitt, welcher dann auch von den damaligen Mitarbeitern des Beklagten zu 2 ausgeführt wurden und der Klägerin mit Schreiben vom 20.04.2004 unter der Rechnungsnummer 021/2004 mit einem Gesamtbetrag von 39.264,86 Euro in Rechnung gestellt wurde.

Die Beauftragung des Beklagten zu 2 zur Ausführung der Renovierungsarbeiten anlässlich der weiteren Bauabschnitte bis in das Jahr 2005 hinein erfolgte in Kenntnis der Vorgesetzten des Beklagten zu 1 „freihändig“, ohne nochmalige Ausschreibung, ohne vorhergehende Aufmassgestellung und ohne Nachtragsangebot durch den Beklagten zu 2. Die jeweiligen Rechnungslegungen durch den Beklagten zu 2 zu den Rechnungsnummern 030/2004 vom 08.06.2004 mit einem Gesamtbetrag von 29.340,00 Euro, 035/2004 vom 23.07.2004 mit einem Gesamtbetrag von 10.472,24 Euro, 036/2004 vom 23.07.2004 mit einem Gesamtbetrag von 11.945,57 Euro, 053/2004 vom 04.10.2004 mit einem Gesamtbetrag von 32.881,42 Euro, 054/2004 vom 14.10.2004 mit einem Gesamtbetrag von 1.609,21 Euro, 069/2004 vom 15.12.2004 mit einem Gesamtbetrag von 41.425,69 Euro, 070/2004 vom 15.12.2004 mit einem Gesamtbetrag von 22.002,47 Euro, 007/2005 vom 15.02.2005 mit einem Gesamtbetrag von 19.262,36 Euro, 008/2005 vom 15.02.2005 mit einem Gesamtbetrag von 25.482,71, 009/2005 vom 15.03.2005 mit einem Gesamtbetrag von 25.734,60 Euro, 021/2005 vom 06.06.2005 mit einem Gesamtbetrag von 7.488,67 Euro sowie 022/2005 vom 06.06.2005 mit einem Gesamtbetrag von 4.585,77 Euro erfolgten jeweils nach Ausführung Arbeiten allesamt auf der Grundlage der Einheitspreise aus dem „ersten“ Angebot des Beklagten zu 2 vom 21.01.2004 (Blatt 34 bis 36 – Band I – d. A.).

Die Klägerin nahm dann ihre Ergebnisse der bereits angesprochenen internen Revision zum Anlass einen Gutachter mit der Überprüfung der Rechnungslegung des Beklagten zu 2 im Zusammenhang mit den in den Jahren 2004 und 2005 erbrachten Renovierungsarbeiten zu beauftragen. Auf der Grundlage des Gutachtens (Blatt 75 bis 92 – Band I – d. A.) behauptet die Klägerin, durch Überschreitung der ansonsten ortsüblichen Preise und durch gegenüber dem tatsächlichen Aufmass überzogenen Massenberechnungen sei ein Schaden in Höhe von 195.829,64 Euro entstanden. Der Beklagte zu 2 habe – durch den Beklagten zu 1 sachlich richtig gezeichnet – 269.777,36 Euro abgerechnet, obwohl tatsächlich lediglich 73.947,70 Euro unter Zugrundelegung der tatsächlichen Maße und ortsüblichen Preise hätten anfallen und entrichtet werden dürfen.

Die Klägerin hat beantragt:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 195.829,64 Euro nebst Zinsen hinsichtlich des Beklagten zu 1 aus der Klagesumme mit einer Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, hinsichtlich des Beklagten zu 2 in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Januar 2005 zu zahlen.

Die Beklagten zu 1 und 2 haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Erstinstanzlich ist Beweis erhoben worden durch Einholung eines Sachverständigengutachtens (Blatt 652 bis 679 – Band IV – d. A.) nebst Anhörung des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom 26.09.2011 (Blatt 703 bis 709 – Band IV – d. A.). Zudem ist Beweis erhoben worden durch Vernehmung des Zeugen H. ebenfalls in der mündlichen Verhandlung vom 26.09.2011 und Vernehmung der Zeugen I. und G. in der mündlichen Verhandlung vom 09.05.2011.

Wegen des weiteren Vortrages der Parteien in der ersten Instanz wird auf die ausführlichen Ausführungen in der streitbefangenen Entscheidung verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage – mit Ausnahme des weitergehenden Zinsanspruches gegen den Beklagten zu 2 – ganz überwiegend stattgegeben und im Wesentlichen ausgeführt, der geltend gemachte Zahlungsanspruch sei bezüglich des Beklagten zu 1 aus einer positiven Forderungsverletzung des Arbeitsvertrages und hinsichtlich der beiden Beklagten aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB begründet. Der Beklagte zu 1 habe seine arbeitsvertraglichen Pflichten zumindest grob fahrlässig, wenn nicht gar bedingt vorsätzlich im Sinne von § 276 BGB verletzt. Er habe dabei einen finanziellen Nachteil für die Klägerin billigend in Kauf genommen. Der Vorsatz brauche sich dabei nur auf die Vertragspflichtverletzung zu beziehen, nicht auf den eingetretenen Schaden. Mit der Vortäuschung der Durchführung eines ordnungsgemäßen Ausschreibungsverfahrens erfülle das Gesamtverhalten der Beklagten zu 1 und 2 auch den Tatbestand des Betruges. Von einem bewussten Zusammenwirken der Beklagten zu 1 und 2 zu Lasten der Klägerin sei auszugehen, da die Klägerin durch das Vortäuschen eines ordnungsgemäßen Ausschreibungsverfahrens zur Auftragsvergabe an den Beklagten zu 2 veranlasst worden sei und der Beklagte zu 1 durch Testierung der sachlichen Richtigkeit die jeweiligen Zahlungen an den Beklagten zu 2 veranlasst habe. Ein Mitverschulden der Klägerin komme bereits deshalb nicht in Betracht, weil Organ der Klägerin der Vorstand und nicht die unmittelbaren Vorgesetzten des Beklagten zu 1 seien. Die Klage sei auch der Höhe nach begründet. Zu Gunsten der Klägerin sei § 287 ZPO in Ansatz zu bringen und eine gerichtliche Schadensschätzung unter Berücksichtigung des eingeholten Sachverständigengutachtens vorzunehmen. In diesem Zusammenhang sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Beklagten zu 1 und 2 gemeinschaftlich zu Lasten der Klägerin und zu Gunsten des Beklagten zu 2 diesem unter Ausschaltung einer wettbewerblichen Vergabe und unter Täuschung der Klägerin dem Beklagten zu 2 den streitgegenständlichen Auftrag verschafft hätten und dadurch der von der Klägerin geltend gemachte Schaden entstanden sei.

Gegen diese – den Beklagten zu 1 und 2 jeweils am 15.11.2011 zugestellte – Entscheidung richtet sich die am 17.11.2011 eingegangene Berufung des Beklagten zu 1 nebst – nach entsprechender gerichtlicher Fristverlängerung – am 15.02.2012 eingegangener Berufungsbegründung sowie die am 13.12.2011 eingegangene Berufung des Beklagten zu 2 nebst – nach entsprechender gerichtlicher Fristverlängerung – am 16.02.2012 eingegangener Berufungsbegründung.

Mit Beschluss vom 04.07.2012 erfolgte die Verbindung der eingelegten Berufungen und die Bestimmung des ersteingegangenen Rechtsmittels zum Aktenzeichen 3 Sa 305/11 zum führenden Verfahren.

Der Beklagte zu 1 hält an seiner erstinstanzlichen Rechtsauffassung fest. Das Arbeitsgericht habe rechtlich unzutreffend ein Mitverschulden der Klägerin gemäß § 254 BGB verneint. Die in die Auftragsvergabe involvierte Hauptabteilungsleiterin der Klägerin (unmittelbare Vorgesetzte des Beklagten zu 1) sowie deren Geschäftsführer seien als besondere Vertreter der Klägerin im Sinne des § 30 BGB anzusehen. Der Geschäftsführer sei nach der Org08 für die Auftragsvergabe zuständig gewesen. Dies gelte deshalb auch für die Durchführung des Vergabeverfahrens, so dass der Geschäftsführer der Klägerin ein vermeintlich notwendiges öffentliches Ausschreibungsverfahren hätte einleiten und den Vorstand der Klägerin entsprechend informieren müssen. Mithin sei die klägerseits vorgetragene Umgehung der Ausschreibungspflicht gänzlich dem Geschäftsführer der Klägerin anzulasten.

Auch habe das Arbeitsgericht rechtsfehlerhaft eine Erleichterung der Beweisführung nach § 287 ZPO bejaht. Dies sei bereits deshalb unrichtig, weil die materielle Ersatzpflicht des Beklagten zu 1 nach Maßgabe des § 286 Abs. 1 ZPO nicht bewiesen sei. So sei bereits nicht bewiesen, dass die Durchführung eines öffentlichen Ausschreibungsverfahrens tatsächlich in den Pflichtenbereich des Beklagten zu 1 falle. Soweit das Arbeitsgericht in Anlehnung an die Entscheidung des OLG München vom 19.02.2002 (9 U 3318/01) vorliegend von einem Submissionsbetrug ausgegangen sei, so könne dem bereits deshalb nicht gefolgt werden, weil die Sachlage zum dortigen Verfahren mit dem hier gegebenen Sachverhalt nicht vergleichbar sei. Denn ein gemeinschaftlich begangener Betrug der Beklagten könne vorliegend nicht festgestellt werden. Es fehle bereits an einer Täuschungshandlung. So sei dem damaligen Geschäftsführer der Klägerin die fehlende Durchführung eines öffentlichen Ausschreibungsverfahrens und die Durchführung der Auftragsvergabe an den Beklagten zu 2 bekannt gewesen. Zudem sei der Klägerin kein Schaden entstanden, so dass auch deshalb der Tatbestand des Betruges nicht erfüllt sein könne. Nach dem Sachverständigengutachten könne nicht festgestellt werden, dass die veranschlagten Preise ortsunüblich oder gar überzogen seien. Dies gelte ebenfalls für die abgerechneten Mengen, da insoweit lediglich eine stichprobenartige Überprüfung vorgenommen worden sei. Außerdem komme der erstinstanzlich bestellte Gutachter ebenfalls zu dem Ergebnis, dass der kalkulatorisch zu Grunde gelegte Stundenverrechnungssatz des Beklagten zu 2 von 36,28 Euro nicht zu beanstanden sei. Auch seien die von dem Beklagten zu 2 erstinstanzlich angeführten Durchfeuchtungen von Räumlichkeiten in dem erstinstanzlichen Gutachten nicht berücksichtigt worden, was der Gutachter – insoweit unstreitig – auch bestätigt habe. Auch diesen Umstand habe das Arbeitsgericht rechtsfehlerhaft verkannt. Das Arbeitsgericht gehe weiterhin fehlerhaft davon aus, dass die Beklagten zu 1 und 2 vorsätzlich und in kollusiver, deliktischer Weise zur Auftragserlangung zusammengewirkt hätten. Eine solche Annahme sei nicht bewiesen worden und entbehre bereits deshalb jeglicher tatsächlicher Grundlage. Es habe lediglich festgestellt werden können, dass ein öffentliches Ausschreibungsverfahren nicht stattgefunden habe. Dieser Umstand allein rechtfertige die Schlussfolgerungen in der erstinstanzlichen Entscheidung jedoch nicht.

Der Beklagte zu 2 trägt vor, die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB seien nach dem Sachverhalt nicht ansatzweise erfüllt. Er – der Beklagte zu 2 – habe keine Kenntnis von Inhalt und Umfang der arbeitsvertraglichen Verpflichtungen des Beklagten zu 1 gehabt. Sollte der Beklagte zu 1 tatsächlich arbeitsvertragliche Pflichten verletzt haben, so könne dies dem Beklagten zu 2 nicht angelastet werden. Die – internen – vergaberechtlichen Bestimmungen seien für sein Vertragsverhältnis mit der Klägerin nicht ausschlaggebend. Es fehle mithin jede Begründung, welcher Tatbetrag dem Beklagten zu 2 bezüglich einer angeblichen arbeitsvertraglichen Verfehlungen des Beklagten zu 1 zuzurechnen sein solle. Zudem sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte zu 2 bereits zuvor Arbeiten für die Klägerin verrichtet habe, ohne dass jemals Ausschreibungen unter Einhaltung vergaberechtlicher Bestimmungen durchgeführt worden wären. Deshalb fehle es auch an der Kausalität zwischen den angeblichen Verfehlungen der Beklagten zu 1 und 2 und der Auftragserteilung an den Beklagten zu 2. Die Klägerin habe den Beklagten zu 2 nicht auf Grundlage des Preisvergleiches der Vergleichsangebote beauftragt, sondern weil sie mit dem Beklagten zu 2 jahrelange gute Erfahrungen gemacht habe. Vor diesem Hintergrund sei ebenfalls von Interesse, dass der Beklagte zu 1 durch den ehemaligen Hauptgeschäftsführer der Klägerin angewiesen worden sei, die Leistungen des Beklagten zu 2 in mehrere Teilaufträge aufzuteilen, damit die jeweiligen Auftragssummen den Wert von 40.000,00 Euro nicht erreichen, um so eine Beteiligung weiterer Kontrollgremien zu umgehen. Die Ausführungen des Arbeitsgerichts zur Schadenshöhe seien oberflächlich und so nicht nachvollziehbar. Die berechtigten Einwände des Beklagten zu 2 seien – auch in dem erstinstanzlich eingeholten Sachverständigengutachten – gänzlich unberücksichtigt geblieben. Sowohl hinsichtlich der vereinbarten Stundensätze als auch bezüglich der abgerechneten Mengen hätte sowohl das erstinstanzliche Gutachten als auch das Arbeitsgericht die erheblichen Erschwernisse bei der Erbringung der Arbeitsleistung durch den Beklagten zu 2 für die Klägerin berücksichtigen müssen. Denn bei den streitgegenständlichen Arbeiten habe es sich um die Beseitigung massiver Wasserschäden (tiefgehende Durchfeuchtungen des Mauerwerkes mit Rissbildungen) gehandelt. So sei die Vornahme umfangreicher Spachtel- und Vorbereitungsarbeiten zur Herstellung eines tragfähigen Untergrundes notwendig gewesen. Einige Räume seien stark verraucht gewesen, so dass eine mehrfache Wiederholung der Anstricharbeiten erforderlich gewesen sei. Sämtliche Arbeiten seien – unstreitig – während des laufenden Geschäftsbetriebes in tatsächlich besetzten Räumlichkeiten ausgeführt worden, wodurch ein erheblich höherer Aufwand entstanden sei. Die Vorbereitungs- und Stillstandszeiten seien deshalb wesentlich höher gewesen. Die Arbeiten seien – unstreitig – in Teilaufträgen durchgeführt worden, so dass ein erheblicher Mehraufwand hinsichtlich der Baustelleneinrichtung und –abrüstung entstanden sei. Die Arbeiten seien sukzessiv nach Wunsch der Klägerin und deren Mitarbeiter raumweise durchgeführt worden, so dass ein großflächiges Arbeiten nicht möglich gewesen sei. Es habe keine durchgängige Baufreiheit in den einzelnen Räumlichkeiten gegeben. Schließlich seien erhebliche Sonderwünsche der Klägerin berücksichtigt worden wie z. B. die individuelle Farbgestaltung. Auch sei nicht berücksichtigt worden, dass die beschädigten Wand- und Deckenflächen teilweise auch von den Glasvliestapeten befreit werden mussten und eine Erneuerung der Tapeten stattgefunden habe, und zwar in den Räumlichkeiten 334 a, 334, 337, 338, 339, 339 a, 341, 335, 336, 336 a und 338.

Die von dem Beklagten zu 2 abgereichten Unterlagen über den erbrachten Arbeitszeitaufwand und das eingesetzte Material entspreche den Leistungen, die sich aus dem beklagtenseits vorgelegten Aufmass nach den jeweiligen Abrechnungen ergeben hätten. Der abgerechnete Werklohn sei in Anbetracht des tatsächlichen Leistungsumfanges und des tatsächlichen Materialeinsatzes ortsüblich und angemessen gewesen. Die Ausführungen des Arbeitsgerichts zu einer angeblichen Betrugshandlung durch den Beklagten zu 2 seien nicht nachvollziehbar. Seitens der Klägerin habe im Hinblick auf die Nichtdurchführung eines Vergabeverfahrens keine Fehlvorstellung bestanden. Auch bleibe völlig unberücksichtigt, dass die Ausführungen der weiteren Arbeiten in den jeweiligen Bauabschnitten freihändig mit Wissen und Wollen der Geschäftsführung der Klägerin geschehen sei. Dadurch werde ebenfalls belegt, dass es der Klägerin von Anfang an gar nicht um einen Preisvergleich mit anderen Anbietern gegangen sei. Soweit sich hinsichtlich der Schadenshöhe das erstinstanzliche Gericht auf die Ausführungen des von der Klägerin beauftragten Gutachters beziehe, so sei dies rechtlich nicht haltbar. Denn das Gutachten sei nicht geeignet, den klägerseits behaupteten Schadensersatzanspruch zu stützen. Denn das von der Klägerin eingeholte Gutachten gehe selber davon aus, lediglich eine stichprobenartige Kontrolle der Aufmasse durchgeführt zu haben. Auch die dort vorgenommene Ermittlung von Durchschnittspreisen sei auf einer rechtlich nicht haltbaren Grundlage erfolgt. Es spiele keine Rolle, ob die Bauwerkleistungen des Beklagten zu 2 auf Einheitspreise oder auf Stundenlohnbasis abgerechnet worden seien. Im Rahmen einer konkreten Schadensberechnung wäre es notwendig gewesen, an konkreten Bauvorhaben erbrachte Bauleistungen zu vergleichen und dann auf dieser Basis einen Preisvergleich mit den durch den Beklagten zu 2 durchgeführten Arbeiten bei der Klägerin vorzunehmen. Der von dem Beklagten zu 2 angezogene Stundenverrechnungssatz sei im Übrigen von dem erstinstanzlich eingeholten Sachverständigengutachten als nicht überhöht bestätigt worden. Soweit das Arbeitsgericht von einer nicht verwertbaren Aufwandskalkulation durch den Beklagten zu 2 ausgehe, so sei dies nicht nachvollziehbar. Dem Arbeitsgericht sei mit der Klageerwiderungsschrift vom 20.04.2006 – unstreitig – ein Ordner überlassen worden, wobei sich aus dem Inhalt die Kalkulation des Beklagten zu 2 nachvollziehen lasse. Es sei eine baubetriebliche Kalkulation des Leistungsaufwandes für die streitgegenständlichen Malerarbeiten für die Klägerin vorhanden, und zwar konkret auf das streitgegenständliche Objekt und die streitgegenständlichen Leistungen bezogen, und nicht abstrakt auf völlig andere überhaupt nicht zum streitgegenständlichen Objekt passende Leistungen.

Die Beklagten zu 1 und 2 beantragen jeweils, das Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin – Aktenzeichen 2 Ca 1422/08 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufungen der Beklagten zu 1 und 2 jeweils kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Klägerin hält an ihrem erstinstanzlichen Sachvortrag fest und trägt vor, der Beklagte zu 1 habe sich, nachdem er mit der Vorbereitung und Umsetzung der Renovierungsarbeiten durch einen Malerfachbetrieb an den Räumlichkeiten des Verwaltungsgebäudes beauftragt worden war, an den Beklagten zu 2 gewandt, habe diesen darüber unterrichtet, dass die Klägerin Malerarbeiten durchführen wolle und habe sodann die Vergabe an den Beklagten zu 2 mit diesem abgestimmt. Hierzu habe der Beklagte zu 1 sich mit dem Beklagten zu 2 zunächst insoweit abgestimmt, dass dieser ein Aufmass nehmen solle. In der Folge hätten die Beklagten zu 1 und 2 zur Wahrung des Scheins eines ordnungsgemäßen Ausschreibungsverfahrens sich dahin abgestimmt, dass der Beklagte zu 2 weitere, angebliche Angebote Dritter eingeholt und dem Beklagten zu 1 übergeben habe, damit er, der Beklagte zu 2, durch eine Unterbietung dieser angeblichen Drittangebote den Auftrag für die Malerarbeiten sicher erhalte. Der Beklagte zu 2 habe dem Beklagten zu 1 dann tatsächlich am 16. Februar 2004 ein eigenes Angebot sowie die – gefälschten – Angebote der Herren I., H. sowie der Malermeister G. GmbH & Co. KG übergeben. Nachdem die Drittangebote eingeholt worden seien, habe der Beklagte zu 1 dem Beklagten zu 2 auf Grundlage vermeintlich ordnungsgemäß zu Stande gekommener Angebote mit der Durchführung vielfältiger Malerarbeiten im Namen der Klägerin beauftragt, ohne – insoweit unstreitig – den jeweils weiteren Leistungsphasen bzw. Bauabschnitten Ausschreibungen oder dergleichen voranzustellen. Die Beklagten zu 1 und 2 hätten sich der falschen Drittangebote (I., H., G. GmbH & Co. KG) zu Täuschungszwecken bedient. Der Beklagte zu 1 habe keine Drittunternehmen zur Abgabe von Angeboten aufgefordert.

Die Klägerin behauptet weiter, ihr sei durch Überschreitung der ansonsten ortsüblichen Preise und durch gegenüber den tatsächlichen Aufmassen überzogenen Massenberechnungen ein Schaden in Höhe von 195.829,64 Euro entstanden. Der Beklagte zu 2 habe – durch den Beklagten zu 1 sachlich richtig gezeichnet – 269.777,36 Euro abgerechnet, obwohl tatsächlich lediglich 73.947,70 Euro hätten anfallen und entrichtet werden dürfen. Die Beklagten zu 1 und 2 hätten einen gemeinschaftlich begangenen, fortgesetzten Submissionsbetrug zu ihren Lasten dadurch begangen, dass sie vermeintlich ordnungsgemäße Ausschreibungen vortäuschten und schließlich eine Vergabe an den Beklagten zu 2 als vermeintlich günstigsten Bieter veranlassten. Tatbeiträge des Beklagten zu 2 seien die Erstellung eines falschen Aufmasses, die Einholung der Alternativangebote und die Rechnungslegung durch den Beklagten zu 2. Tatbeiträge des Beklagten zu 1 seien die Beauftragung sowie die Bestätigung der sachlichen Richtigkeit durch den Beklagten zu 1. Durch die Abwicklung der Ausschreibung und Vergabe hätten die Beklagten zu 1 und 2 damit gemeinschaftlich bewirkt, dass die vom Beklagten zu 2 vorgelegten Preise zum niedrigsten Angebot gegenüber den vermeintlichen Angeboten der Dritten wurden. Hierdurch sei bezweckt worden, dass der Beklagte zu 2 den Auftrag erhalten sollte. Die Klägerin sei hierdurch getäuscht worden, weil sie geglaubt habe, es seien unverfälschte Wettbewerbspreise angeboten worden. Im Vertrauten darauf sei das Ausschreibungsverfahren nicht bemängelt worden. Dadurch, dass die Beklagten zu 1 und 2 verfälschte Angebote Dritter vorgelegt hätten und hierdurch der Beklagte zu 2 zum Auftragnehmer mit dem niedrigsten Angebot gegenüber der Klägerin geworden sei, sei das Preisniveau der tatsächlichen ortsüblichen und im freien Wettbewerb zu Stande gekommenen Preise gegenüber der Klägerin nach oben verändert worden, so dass hierdurch der mit der Klage geltend gemachte Schaden entstanden sei.

Die Klägerin bestreitet, dass der Beklagte zu 1 die Auftragsvergabe von der Hauptabteilungsleiterin und dem Geschäftsführer habe genehmigen lassen müssen. Sie ist der Auffassung, dass die Verpflichtung zu prüfen, ob die Rechtsvorschriften eingehalten worden seien, demjenigen obliege, der die sachliche Richtigkeit bestätige. Insoweit habe der Beklagte zu 1 kollusiv mit dem Beklagten zu 2 schon bei der Auftragsvergabe zusammengewirkt, so dass der Beklagte zu 1 letztlich sowohl seine umfassende Prüfungspflicht vor dem Testat der sachlichen Richtigkeit verletzt habe als auch kollusiv mit dem Beklagten zu 2 zusammengewirkt habe. Es habe keine Vorgabe vom Hauptgeschäftsführer zur Abreichung von Rechnungen unterhalb von 40.000,00 Euro gegeben. Die Klägerin ist zudem der Rechtsauffassung, dass die Erlangung eines Auftrages durch Submissionsbetrug dazu führe, dass die vertragliche Preisvereinbarung nichtig sei, während der übrige Vertrag wirksam bleibe. In diesem Fall beschränke sich die Vergütung des Auftragnehmers auf den hypothetischen Wettbewerbspreis.

Auf die gerichtliche Beauflagung aus der mündlichen Verhandlung vom 04.07.2012 zur Frage, welche konkreten Masseabweichungen die Klägerin geltend mache, trägt die Klägerin unter Einschaltung eines weiteren Gutachters mit Schriftsatz vom 14.08.2012 (Blatt 1099 bis 1118 – Band VI – d. A., der zum Gegenstand des Tatbestandes gemacht wird) dezidiert zu den geltend gemachten Mengendifferenzen vor und behauptet, daraus folge für das Jahr 2004 in Summe ein Schadensbetrag unter Berücksichtigung der Differenzen bei den Quadratmetern von 135.540,58 Euro und für das Jahr 2005 ein Betrag von 58.952,78 Euro und mithin insgesamt ein Schaden in Höhe von 194.493,36 Euro. Dem hält der Beklagte zu 2 entgegen, dass die Klägerin zwar nunmehr erstmals einlassungsfähig zu den geltend gemachten Schadenspositionen vortrage, jedoch die vorgenommenen Preisvergleiche nicht belastbar seien. Die von der Klägerin behaupteten Mengendifferenzen zur Rechnung 30/2004 seien bereits deshalb unrichtig, weil offensichtlich übersehen worden sei, dass nicht lediglich ein Flur mit 267,08 m², sondern vielmehr zwei identische Flure zu berücksichtigen seien (was im weiteren Verlauf des Prozesses durch die Klägerin nicht mehr in Zweifel gezogen wird). Für die Rechnung 35/2004 sei maximal eine Differenz von 41,90 m² vorhanden. Auch die Behauptungen der Klägerin zu den Rechnungen 036/2004 sowie 021/2004 seien unrichtig. Auch diesbezüglich seien Flurbereiche nicht richtig aufgemessen worden. Die weiteren Aufmasse seien ebenso zu bestreiten (diesbezüglich wird Bezug genommen auf die Einzelheiten aus dem Schriftsatz des Beklagten zu 1 vom 21.09.2012 (Blatt 1172 bis 1174 – Band VI – d. A.). Im Weiteren bestreitet der Beklagte zu 2 die von der Klägerin behaupteten Vergleichspreise.

Auf die gerichtliche Beauflagung mit Verfügung vom 14.01.2013 (Blatt 1281 bis 1283 – Band VII – d. A.) zur Frage, welche konkreten Mehrarbeiten der Beklagte zu 2 auf Grund von Durchfeuchtungen bzw. Verschmutzungen durchgeführt haben will, trägt dieser mit Schriftsatz vom 28.02.2013 (Blatt 1297 bis 1303 – Band VII – d. A.) vor, dass die mehrfach behandelten Bereiche in den Büroräumen 334 a, 334, 337, 338, 339, 339 a, 341, 335, 336, 396 a und 338 a nicht nur mehrfach farblich behandelt worden seien, sondern auch die Glasvliestapete entfernt und neu tapeziert worden sei. Hiernach sei stets ein zweifacher Farbanstrich erforderlich gewesen, um die notwendige Farbdeckung zu erreichen (diese Ausführungen, denen sich der Beklagte zu 1 anschließt, beziehen sich auf die Rechnungen 069/2004 und 070/2004).

In der Berufungsinstanz ist erneut Beweis erhoben worden durch Vernehmung der Zeugin W. sowie der Zeugin G., H., I. sowie Dr. G.. Wegen der Beweisthemen und der Ergebnisse der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 07.11.2012 (Blatt 1214 bis 1238 – Band VII – d. A.) Bezug genommen.

Zudem ist durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens mit Beschluss vom 10.05.2013 Beweis erhoben worden. Wegen der Beweisthemen wird auf den vorbenannten Beschluss (Blatt 1331 bis 1335 – Band VII – d. A.) Bezug genommen. Wegen der Ergebnisse dieser Beweisaufnahme wird auf das Gutachten (Blatt 1380 bis 1447 – Band VIII – d. A.) sowie auf die Anhörung des Sachverständigen aus der mündlichen Verhandlung (Blatt 1658 bis 1663 – Band IX – d. A.) Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässigen Berufungen der Beklagten zu 1 und 2 sind teilweise sowie in jeweils unterschiedlichem Umfang begründet und im Übrigen unbegründet. Die Klage ist gegen den Beklagten zu 1 in Höhe von 34.086,00 Euro und gegenüber dem Beklagten zu 2 in Höhe von insgesamt 144.884,10 Euro erfolgreich und im Übrigen unbegründet.

Der Beklagte zu 1 ist der Klägerin gegenüber zum Schadensersatz im Zusammenhang mit der Vergabe und Durchführung der umfangreichen Renovierungsarbeiten an dem Verwaltungsgebäude der Klägerin in den Jahren 2004 und 2005 durch den Beklagten zu 2 in der austenorierten Höhe zum Schadensersatz wegen arbeitsvertraglicher Pflichtverletzung verpflichtet (A, 1.). Eine Haftung des Beklagten zu 1 wegen kollusiven Zusammenwirkens mit dem Beklagten zu 2 mit Schädigungsabsicht zu Lasten der Klägerin gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB ist – entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichtes Schwerin – nicht gegeben (A, 2.). Die Haftung des Beklagten zu 1 ist unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes sowie dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens der Klägerin auf insgesamt sechs Bruttomonatsgehälter gemessen an dem Gesamtschaden in Höhe von 144.884,10 Euro zu begrenzen (A, 3.). Der Beklagte zu 2 ist der Klägerin gegenüber zum Schadensersatz in Höhe des festgestellten Schadens bereits auf vertraglicher Grundlage gemäß § 311Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit § 280Abs. 1 und § 276 Abs. 1 BGB verpflichtet, so dass die Frage einer Haftung auf deliktischer Grundlage dahinstehen kann (B, 1.). Die Höhe des Schadensersatzanspruches beläuft sich zu Lasten des Beklagten zu 2 auf insgesamt 144.884,10 Euro (B, 2.). Ein etwaiges Mitverschulden der Klägerin zu Gunsten des Beklagten zu 2 kann keine Berücksichtigung finden (B, 3.). Die Beklagten zu 1 und 2 haften der Klägerin gegenüber im Umfang eines Betrages von 34.086,00 Euro als Gesamtschuldner ( C ). Die Kostenentscheidung erfolgt in Anwendung der „Baumbachschen Formel“ mit der austenorierten Verteilung (D). Revisionszulassungsgründe sind nicht ersichtlich (E).

A

Der Beklagte zu 1 ist verpflichtet, der Klägerin wegen der Verletzung arbeitsvertraglicher Verpflichtungen ein Schadensersatzbetrag in Höhe von 34.086,00 Euro zu zahlen.

1.

Der Beklagte zu 1 hat gegenüber der Klägerin im Zusammenhang mit dem ihm vertraglich obliegenden Ausschreibungsverfahren zur Durchführung der Renovierungsarbeiten an dem Verwaltungsgebäude der Klägerin in den Jahren 2004 und 2005 und der Auftragsvergabe an den Beklagten zu 2 in schwerwiegender Weise seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt und sich damit dem Grunde nach gemäß §§ 280Abs. 1 Satz 1, 276 Abs. 1 Satz 1,619 a BGB schadensersatzpflichtig gemacht.

Gemäß § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Gläubiger Ersatz des entstandenen Schadens verlangen, wenn der Schuldner seine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt.

Gemäß § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB hat der Schuldner Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten.

Gemäß § 619 a BGB hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber Ersatz für den aus der Verletzung einer Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis entstandenen Schaden nur zu leisten, wenn der Arbeitnehmer die Pflichtverletzung zu vertreten hat.

Gemessen an den genannten Voraussetzungen hat der Beklagte zu 1 – entgegen der erstinstanzlichen Entscheidung – nicht nur eine fragliche Nebenpflicht, sondern vielmehr seine vertragliche Hauptleistungspflicht verletzt. Denn der Beklagte zu 1 war als Leiter Innere Verwaltung gemäß der Arbeitsplatzbeschreibung (organisiert und kontrolliert durchzuführende Reparatur- und Wartungsarbeiten und entscheidet über die zu beauftragenden Firmen) in Verbindung mit Ziffer 5 der Org08 für die Durchführung des Ausschreibungsverfahrens zuständig. Er hat während des gesamten Verfahrens auch nicht in Frage gestellt, mit dieser Aufgabe tatsächlich befasst gewesen zu sein. So hat er u. a. auch in mündlichen Verhandlungen sowohl in der ersten Instanz als auch im Berufungsverfahren persönlich geschildert, dass und warum er den Beklagten zu 2 darum gebeten habe, die notwendigen weiteren Angebote zu organisieren. Deshalb ist für die Kammer der Einwand gegen die erstinstanzliche Entscheidung in der Berufungsbegründung, es sei nicht bewiesen worden, dass die Durchführung des Ausschreibungsverfahrens im Pflichtenbereich des Beklagten zu 1 gelegen habe, nicht nachvollziehbar. Es ist dem Beklagten zu 1 zwar zuzugeben, dass erstinstanzlich unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich der Zuständigkeit zur konkreten Auftragsvergabe und in diesem Zusammenhang über die Genehmigungspflichtigkeit durch die Haushaltsbeauftragte vertreten worden sind und nach wie vor von den Parteien vertreten werden. Jedoch ist der Umstand der Befassung des Beklagten zu 1 mit der Durchführung des Ausschreibungsverfahrens im Rahmen seiner Tätigkeit als Leiter Innere Verwaltung von diesem nicht substantiiert streitig gestellt worden. Zu den Inhalten der Pflichtverletzung selbst kann auf die insoweit zutreffenden Ausführungen in der streitbefangenen Entscheidung Bezug genommen werden, zumal sich die Berufungbegründung des Beklagten zu 1 zu den Folgenden erstinstanzlichen Ausführungen nicht weiter verhält:

„Der Beklagte hat durch Weiterreichung der Drittangebote, die – wie der Beklagte zu 1 wusste – nicht direkt von den Drittanbietern eingeholt wurden, ein im Sinne der haushaltsrechtlichen Vorschriften der Klägerin erforderliches Ausschreibungsverfahren vorgetäuscht und damit gegen seine arbeitsvertragliche Verpflichtung als Leiter der Inneren Verwaltung zur Durchführung eines Ausschreibungsverfahrens verstoßen.

Insofern kommt es auf die voneinander abweichenden Angaben der Beklagten zur Frage, wer die Drittangebote einholte, nicht an, denn der Beklagte zu 1 räumt ein (Blatt 603 d. A.), die Angebote nicht selbst eingeholt zu haben und versichert, die Drittanbieter nicht zu kennen. Insofern räumt der Beklagte zu 1 ebenfalls ein, den Beklagten zu 2 (was dieser bestreitet) mit der Einholung der Angebote beauftragt zu haben. Schon durch dieses, vom Beklagten zu 1 eingeräumte Verhalten verletzt dieser seine arbeitsvertragliche Verpflichtung zur Wahrung der Interessen der Klägerin bei der Einholung von Angeboten.

Die Verpflichtung zur Einholung der Alternativangebote trifft den Beklagten zu 1 und stellt insofern als höchstpersönliche arbeitsvertragliche Pflicht keine delegationsfähige Aufgabe dar. Zudem ist für den Beklagten zu 1 offensichtlich, dass die Übertragung der Aufgabe zur Einholung der Alternativangebote an den Bieter selbst ersichtlich zu einer Verzerrung des Wettbewerbes führt und insofern die Interessen der Klägerin nicht wahrt.“

Dem ist hinsichtlich der konkreten Pflichtverletzung aus Sicht der Kammer nichts hinzuzufügen.

Lediglich der Vollständigkeit halber sei diesbezüglich noch angemerkt, dass die Argumentation des Beklagten zu 1, er sei mit Ausschreibungen nie befasst gewesen und habe sich mit dieser Materie nicht ausgekannt, nicht zu einer abweichenden Beurteilung führen kann. Denn nach seinem Vortrag war ihm ja sehr wohl bewusst, zur Einholung unterschiedlicher Angebote verpflichtet gewesen zu sein. Denn ansonsten hätte er ja den Beklagten zu 2 nicht gebeten, eben diese zu organisieren. Vor diesem Hintergrund kann sich der Beklagte zu 1 auf Unkenntnis nicht stützen. Außerdem hätte doch nichts entgegengestanden, die Vorgesetzten im Falle einer subjektiv wahrgenommenen Überforderung zu Rate zu ziehen, an statt dem Eindruck der Durchführung eines ordnungsgemäßen Ausschreibungsverfahrens durch Verschweigen der tatsächlichen Geschehnisse gegenüber den Vorgesetzten des Beklagten zu 1 Vorschub zu leisten. Unter Berücksichtigung der Aussagen der ehemaligen Hauptabteilungsleiterin Frau W. sowie des ehemaligen Hauptgeschäftsführers der Klägerin Dr. G. kann im Übrigen die Behauptung des Beklagten zu 1 als widerlegt angesehen werden, den vorbenannten Zeugen sei jeweils die tatsächlich unterbliebene Durchführung eines Ausschreibungsverfahrens bekannt gewesen. Denn nach den entsprechenden Angaben sind die beiden Zeugen von der Abgabe selbstständiger Angebote durch die Firmen I., H. und G. im Rahmen eines ordnungsgemäßen Auswahlverfahrens ausgegangen.

Die Zeugen sind nach Auffassung der Kammer auch glaubwürdig, ihre Aussagen sind jeweils glaubhaft. Zwar ist zu berücksichtigen, dass sich die Beweisthemen unter anderem auch vor dem Hintergrund eines etwaigen Mitverschuldens der Klägerin in Gestalt von möglichen Verhaltensweisen der Zeugen selbst bewegen. Jedoch haben die Zeugen jeweils in freier Rede und keineswegs einstudiert auch solche Umstände ungeschminkt angesprochen – worauf bei der Frage des Mitverschuldens später noch konkret einzugehen sein wird -, die die seinerzeitig problematischen Vorgehensweisen im Umgang mit den – weiteren – Ausführungen der Renovierungsarbeiten eindrucksvoll belegen. Mithin geht die Kammer vor diesem Hintergrund davon aus, dass die Angaben der Zeugen W. und Dr. G. die damaligen Zustände gemäß der Beweisthemen in ihren jeweiligen Aussagen zutreffend wiedergegeben haben. Schließlich kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Beklagte zu 1 – bestätigend durch den Beklagten zu 2 – in der mündlichen Verhandlung vom 09.05.2011 bereits erstinstanzlich selbst angegeben hat, er habe den Beklagten zu 2 aufgefordert, die notwendigen Alternativangebote einzuholen, weil er – der Beklagte zu 1 – in diesem Hinblick zu Faul gewesen sei. Er selbst habe tatsächlich keine Angebote eingeholt. Vor diesem Hintergrund sind durchgreifende Zweifel an einer schwerwiegenden Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten durch den Beklagten zu 1 durch die tatsächliche Nichtvornahme zumindest einer beschränkten Ausschreibung im Sinne von Ziffer 5 Satz 3 Org08 zum Zwecke der Sicherstellung der Auftragserteilung an den Beklagten zu 2 bei gleichzeitigem Verschweigen dieser Umstände gegenüber der damaligen Hauptabteilungsleiterin sowie dem vormaligen Hauptgeschäftsführer der Klägerin nicht erkennbar und zur Überzeugung der Kammer auch nicht vorhanden.

2.

Die Voraussetzungen für eine deliktische Haftung des Beklagten zu 1 gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB sind nach Auffassung des erkennenden Gerichts nicht gegeben.

Gemäß § 823 Abs. 2 BGB macht sich derjenige schadensersatzpflichtig, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt.

Diese Voraussetzungen liegen hinsichtlich des Beklagten zu 1 nicht vor. Zwar stellt der Betrugstatbestand nach § 263 StGB ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 StGB dar. Jedoch lässt sich zu Lasten des Beklagten zu 1 unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes sowie nach den Ergebnissen der Beweisaufnahme ein vorsätzliches Handeln nicht feststellen. Vielmehr ist von einer grob fahrlässigen Vorgehensweise des Beklagten zu 1 im Zusammenhang mit der Auftragsvergabe an den Beklagten zu 2 und dem daraus schließlich resultierenden Schaden auszugehen. Soweit in der angefochtenen Entscheidung davon ausgegangen wird, der Vorsatz des Beklagten zu 1 brauche sich nur auf die Vertragsverletzung zu beziehen und nicht auf den eingetretenen Schaden, so vermag die Kammer dem nicht zu folgen.

Zwar entspricht diese Feststellung grundsätzlich den Grundzügen des deutschen Schadensersatzrechts. Jedoch fehlt es insoweit an einer hinreichenden Berücksichtigung der Rechtsprechungsgrundsätze des Bundesarbeitsgerichts, welcher sich die Kammer anschließt, zur Frage der notwendigen Haftungsprivilegierung für Arbeitnehmer im Rahmen der Ausführung einer betrieblich veranlassten Tätigkeit.

Die entsprechend § 254 BGB vorzunehmende Haftungsprivilegierung für Arbeitnehmer verfolgt den Zweck, den Arbeitnehmer von einem uneingeschränkten Haftungsrisiko zu entlasten. In diesem Zusammenhang ist unter Berücksichtigung des Äquivalentsgedankens und des erforderlichen Existenzschutzes des Arbeitnehmers eine Abstufung nach dem Verschulden vorzunehmen. Die Gründe, die eine privilegierte Haftung des Arbeitnehmers rechtfertigen, tragen aber nicht nur eine Differenzierung des Verschuldensmaßstabes, sondern darüber hinaus eine Erstreckung des Verschuldens auch auf den Schaden. Die Enthaftung des Arbeitnehmers geschieht nicht zuletzt deshalb, weil Schäden in Folge von Tätigkeiten entstehen können, deren Schadensrisiko so hoch ist, dass der Arbeitnehmer typischerweise schon von seinem Arbeitsentgelt her nicht in der Lage ist, Risikovorsorge zu betreiben oder einen eingetretenen Schaden zu ersetzen (BAG vom 18.04.2002 – 8 AZR 348/01 -, juris Rn. 36). Mithin ist ein Vorsatz eines Arbeitnehmers im vorgenannten Sinne erst dann anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer nicht nur die Pflichtverletzung, sondern auch den Schaden in seiner konkreten Höhe zumindest als möglich voraussieht und ihn für den Fall seines Eintritts billigend in Kauf nimmt (BAG vom 18.04.2002, a. a. O., Rn. 34).

Unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze kommt die Bejahung einer vorsätzlichen Vorgehensweise durch den Beklagen zu 1 nicht in Betracht. Zum einen sind die Grundsätze der Haftungsprivilegierung vorliegend in Ansatz zu bringen. Zum anderen lässt sich ein Vorsatz des Beklagten zu 1 im Hinblick auf den tatsächlich eingetretenen Schaden nicht begründen.

a)

Bereits nach dem Vortrag der Klägerin selbst ist die pflichtverletzungsbegründende Handlung durch den Beklagten zu 1 im Rahmen einer betrieblich veranlassten Tätigkeit vorgenommen worden. Denn sowohl die Aufgabe zur Durchführung eines Ausschreibungsverfahrens als auch die Betreuung der weiteren Bauabschnitte inklusive der Zeichnung der sachlichen Richtigkeit sei – so die Klägerin – Aufgabe des Beklagten zu 1 gewesen, so dass die Grundsätze der Haftungsprivilegierung danach in Anwendung zu bringen sind.

b)

Ein vorsätzliches Handeln des Beklagten zu 1 im Hinblick auf den eingetretenen Schaden lässt sich zur Überzeugung der Kammer nicht feststellen.

Zwar hat der Beklagte zu 1 – wie bereits unter 1. a) dargelegt – vorsätzlich gegenüber der damaligen Hauptabteilungsleiterin und gegenüber dem vormaligen Hauptgeschäftsführer die ordnungsgemäße Durchführung eines Ausschreibungsverfahrens vorgetäuscht und damit die Auftragsvergabe an den Beklagten zu 2 kausal ermöglicht. Gleichwohl ergeben sich nach dem Sach- und Streitstand keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine billigende Inkaufnahme des dann tatsächlich eingetretenen Schadens durch den Beklagten zu 1.

Vielmehr ist insbesondere auch nach den Aussagen der Zeugen W. und Dr. G. davon auszugehen, dass die verantwortlich Beteiligten auf Seiten der Klägerin – inklusive des Beklagten zu 1 – stets davon ausgegangen sind, der Beklagte zu 2 werde sich redlich verhalten und die Arbeiten wie ein ordentlicher Handwerker erbringen und abrechnen. Ebenso wenig wie die damalige Hauptabteilungsleiterin und der vormalige Hauptgeschäftsführer der Klägerin hatte offensichtlich auch der Beklagte zu 1 keinerlei Vorstellungen und Ahnungen darüber, dass die von dem Beklagten zu 2 angebotenen Preise überhöht sein könnten. Auch die Zeichnung der sachlichen Richtigkeit durch den Beklagten zu 1 – die Richtigkeit des teilweise streitigen Vortrags der Klägerin unterstellt – ändert daran nichts. Denn auch insoweit vertrauten die verantwortlich Handelnden auf Seiten der Klägerin ganz offensichtlich in die Redlichkeit des Beklagten zu 2. So hat die Zeugin W. u. a. ausgesagt, ihr Einverständnis habe sich zunächst auf das Angebot zur Ausführung des ersten Bauabschnittes bezogen. Man habe abwarten wollen, ob die Leistungen des Beklagten zu 2 in Ordnung seien und den Vorstellungen der Klägerin entsprechen. Sie – die Zeugin – habe die Angelegenheit laufen lassen. Die Qualität der Arbeiten sei in Ordnung gewesen und es sei dann zu den im ersten Angebot angegebenen Einheitspreisen weiter gearbeitet worden. Für die weiteren Bauabschnitte habe sie eine grobe Prüfung auf der Grundlage der aus dem Angebot vorliegenden Einheitspreise vorgenommen und ausgerechnet was da preislich ungefähr dabei herauskomme. Die Räumlichkeiten habe sie nicht ausgemessen. Vielmehr habe sie grob über den Daumen die Quadratmeterzahlen geschätzt und so dann eine ungefähre Kalkulation vorgenommen. Es sei dann so gewesen, dass zwei- oder dreimal aufgefallen sei, dass die Quadratmeterzahlen für die bearbeiteten Räumlichkeiten nicht stimmen konnten, weil z. B. der eine Flur kleiner gewesen sei als der andere. Dies sei dann dem Beklagten zu 1 mitgeteilt worden, damit die notwendigen Korrekturen hätten vorgenommen werden können. Vor Ausführung der weiteren Bauabschnitte seien keine konkreten Angaben eingeholt worden, weil man bei der Rechnungslegung darauf bestanden habe, dass die konkreten Aufmassangaben in der Rechnung enthalten seien, damit die Richtigkeit der abgerechneten Leistungen habe überprüft werden können.

 

Der Zeuge Dr. G. hat insoweit angegeben, bei der Vergabe der weiteren Arbeitsschritte habe man sich darauf verlassen, dass der Beklagte zu 2 hier sachgerecht und den Tatsachen entsprechend abrechnen würde. Vertrauen habe eine große Rolle gespielt. Nach dem ersten Angebot seien die Preise bekannt gewesen und mit der Qualität sei man einverstanden gewesen, so dass man davon ausgegangen sei, dass auch die weiteren Arbeitsschritte ordnungsgemäß abgerechnet würden. Auch wenn man vorab keine konkreten Aufmassberechnungen durch den Beklagten zu 2 für die weiteren Arbeitsabschnitte verlangt habe, so sei doch nach den bekannten zu bearbeitenden Räumlichkeiten jedenfalls in etwa klar gewesen, um welche Quadratmeterzahlen es sich gehandelt habe. Er habe sich im Übrigen auf die Arbeitsweise des Beklagten zu 1 sowie der Hauptabteilungsleiterin verlassen. Insgesamt sei zu beachten, dass die wöchentlichen Beratungsrunden so in etwa zwei Stunden jeweils in Anspruch genommen hätten. Es sei dann immer um viele wichtige Dinge gegangen, so dass die Entscheidung über die Fortführung der Bauabschnitte vielleicht einen Umfang von ca. zwei Minuten gehabt hätten. Im Übrigen habe der Beklagte zu 1 an den Besprechungen nicht teilgenommen. Zu den Renovierungsarbeiten habe er sich die Einzelheiten von der Hauptabteilungsleiterin vortragen lassen.

Danach wird deutlich, dass die weiteren Arbeiten ab dem zweiten Bauabschnitt durch den Beklagten zu 2 in Kenntnis der vorbenannten Zeugen ohne nochmalige Ausschreibung, ohne vorhergehendes Aufmass und ohne jedwede Nachtragsangebote durch den Beklagten zu 2 auf „Zuruf“ erfolgten. Aus der Aussage der Zeugin W. ergibt sich ferner, dass – ebenfalls in Kenntnis der Beteiligten – ein konkrete Nachprüfung der abgerechneten Mengen durch den Beklagten zu 1 jeweils nicht erfolgte, sondern lediglich eine grobe Prüfung der laut jeweiliger Rechnung bearbeiteten Quadratmeter pro Zimmer nach Raumplan. Vor dem Hintergrund des sich so darstellenden Sachverhaltes kann nicht davon ausgegangen werden, der Beklagte zu 1 habe den Schaden in seiner konkreten Höhe zumindest als möglich voraussehen können. Im Gegenteil ist nach Auffassung der Kammer davon auszugehen, dass es bei dem Beklagen zu 1 an einer Vorstellung zur Frage möglicher Schadensentwicklungen – wenn auch überaus naiv und nach den vorhergehenden Umständen ebenfalls grob fahrlässig – fehlte.

Im Ergebnis bleibt damit festzuhalten, dass trotz der vorsätzlichen Vorgehensweise hinsichtlich der vorgetäuschten Durchführung eines ordnungsgemäßen Ausschreibungsverfahrens eine deliktische Haftung des Beklagten zu 1 gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB in Ermangelung des Nachweises eines Vorsatzes hinsichtlich der voraussichtlichen Schadenshöhe nicht gegeben ist. Dabei geht der fehlende Beweis des Vorsatzes zu Lasten der insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Klägerin.

3.

Der sich aus den Ausführungen zu A 1. ergebende vertragliche Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen den Beklagten zu 1 beläuft sich unter Berücksichtigung des Mitverschuldens der Klägerin sowie in Anwendung der Grundsätze der Haftungsprivilegierung im Fall einer groben Fahrlässigkeit der Höhe nach auf sechs Bruttomonatsgehälter und mithin auf einen Betrag in Höhe von 34.086,00 Euro. Im Ergebnis der Beweisaufnahme ist gemessen an der gesamten Schadenshöhe von 144.884,10 Euro im Verhältnis zu dem Beklagten zu 1 von einem hälftigen Mitverschulden der Klägerin auszugehen. Entgegen der Auffassung in der streitgegenständlichen Entscheidung ist jedenfalls der ehemalige Hauptgeschäftsführer als Organ der Klägerin anzusehen. Ob dies auch für die ehemalige Hauptabteilungsleiterin gilt, ist nicht streiterheblich und bleibt mithin unentschieden [a)]. Zudem ist eine weitere Haftungsprivilegierung für den Beklagten zu 1 auf insgesamt sechs Bruttomonatsgehälter auf Grund der Einzelfallumstände trotz seiner grob fahrlässigen Verhaltensweise angemessen [b)].

a)

Die Klägerin muss sich in Gestalt der Vorgehensweise ihres ehemaligen Hauptgeschäftsführers nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ein hälftiges Mitverschulden gemäß § 254 BGB in Verbindung mit §§ 89, 31 BGB zurechnen lassen.

Gemäß § 254 BGB hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist, wenn bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt hat.

Gemäß § 89 Abs. 1 BGB findet die Vorschrift des § 31 BGB auf den Fiskus, sowie auf die Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts entsprechende Anwendung.

Gemäß § 31 BGB ist ein Verein für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt.

In diesem Zusammenhang ist anerkannt, dass der Begriff des verfassungsmäßig berufenen Vertreters weit auszulegen ist. Es ist nicht erforderlich, dass die Tätigkeit des Vertreters in der Satzung vorgesehen ist. Er braucht auch keine rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht zu besitzen. Vielmehr genügt es, wenn dem Beschäftigten bedeutsame, wesensmäßige Funktionen der juristischen Person zur selbstständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind, so dass er die juristische Person im Rechtsverkehr repräsentiert, wobei die allgemeine Verkehrsanschauung maßgeblich ist (BAG vom 21.06.1988 – 1 AZR 651/86 -; juris Rn. 94).

Auf der Grundlage der beschriebenen Voraussetzungen bestehen keine ernsthaften Zweifel daran, den ehemaligen Hauptgeschäftsführer der Klägerin im streiterheblichen Zeitraum als „verfassungsmäßig berufenen Vertreter“ der Klägerin im Sinne des § 31 BGB anzusehen, welcher gemäß § 89 BGB auf die Klägerin als Körperschaft des öffentlichen Rechts auch anzuwenden ist. Bereits aus der Stellung und den Aufgaben des damaligen Hauptgeschäftsführers der Klägerin (z. B. Anordnung der Zahlungsanweisung nach Ziffer II. der Anlage 2 zur Kassenordnung der Klägerin, Blatt 200 – Band I – d. A.; Zuständigkeit zur Auftragsvergabe nach Ziffer 6 der Org08) inklusive der vom Zeugen Dr. G. beschriebenen repräsentativen Aufgaben im streiterheblichen Zeitraum ergibt sich jedenfalls für den damaligen Zeitpunkt eine derart herausgehobene Stellung, dass nach der allgemeinen Verkehrsanschauung derartige Befugnisse und Aufgabenwahrnehmungen in der Regel als Repräsentanz der juristischen Person im Sinne einer selbstständigen und eigenverantwortlichen Funktionswahrnehmung angesehen werden.

Das durch den Zeugen Dr. G. geschilderte eigene Verhalten und die von ihm vorgegebene Arbeitsorganisation im Zusammenhang mit der Durchführung der Renovierungsarbeiten durch den Beklagten zu 2 in den Jahren 2004 und 2005 rechtfertigt unter Berücksichtigung des weiteren, unstreitigen Sachstandes die Bejahung eines hälftigen Mitverschuldens zu Lasten der Klägerin im Verhältnis zu dem Beklagten zu 1. Diesbezüglich kann zunächst auf die Ausführungen hinsichtlich der fehlenden Aufmasse sowie dem jeweiligen Absehen von der Einholung weiterer Angebote nach Fertigstellung des ersten Bauabschnittes in Kenntnis der verantwortlich Handelnden auf Seiten der Klägerin zu A 2. b) verwiesen werden. Aus den Gesamtumständen ergibt sich, dass man auf Seiten der Klägerin im grenzenlosen Vertrauen auf die Redlichkeit des Beklagten zu 2 nach Beendigung des ersten Bauabschnitts quasi im „Blindflug“ die weiteren Renovierungsarbeiten ab dem zweiten Bauabschnitt hat durchführen lassen. Nach den Angaben des Zeugen Dr. G. habe dieser sich vor jedem weiteren Bauabschnitt einen groben Überblick über die ungefähren weiteren Kosten verschafft und dies auch für ausreichend erachtet. Nach Rechnungslegung durch den Beklagten zu 2 – so die Zeugin W. – sei dann überschlägig eine Kontrolle der abgerechneten Arbeitsmengen vorgenommen und gegebenenfalls auf Korrekturnotwendigkeiten hingewiesen worden. Anlässlich der Leitungssitzungen seien dann in ca. zwei Minuten die wichtigen Dinge zum Bauvorhaben und zu den weiteren Bauabschnitten mit der Hauptabteilungsleiterin besprochen worden.

Es soll an dieser Stelle keineswegs verkannt werden, dass der Beklagte zu 1 mit der Vortäuschung der Durchführung eines ordnungsgemäßen Ausschreibungsverfahrens in Abstimmung mit dem Beklagten zu 2 die zentrale Ursache dafür setzte, dass dieser den Auftrag erlangte und bereits mit dem ersten Angebot eine künftige Rechnungslegung zu überhöhten Preisen implementierte. Jedoch kann andererseits ebenfalls nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Auftragsvergabe selbst gemäß Ziffer 6 der Org08 bei Beachtung der jeweiligen Rechnungssummen ausschließlich im Verantwortungsbereich des damaligen Hauptgeschäftsführers der Klägerin lag, und zwar – nach dem eindeutigen Wortlaut – ohne jedwede Delegationsmöglichkeit. Insoweit ist für die Kammer nicht nachvollziehbar, dass sowohl der damalige Hauptgeschäftsführer als auch die vormalige Hauptabteilungsleiterin zwar Kenntnis von den vermeintlichen Angeboten nahmen, jedoch der Umstand des fehlenden Ausschreibungsvorgangs nebst Leistungsbeschreibung und Bezeichnung der Ausschreibungsmedien unentdeckt blieb. Jedenfalls ist für die Kammer spätestens mit dem Beginn des zweiten Bauabschnitts hinsichtlich des dann tatsächlich entstandenen Schadens nicht ersichtlich, auf welcher Grundlage dem Verhalten des Beklagten zu 1 ein höherer Verschuldensbeitrag – ausdrücklich bezogen auf den tatsächlichen Schadenseintritt – zugemessen werden könnte, als dies vorliegend geschehen ist.

b)

Zudem ist entsprechend § 254 BGB eine Haftungsprivilegierung zu Gunsten des Beklagten zu 1 trotz seiner grob fahrlässigen Pflichtverletzung auf insgesamt sechs Bruttomonatsgehälter vorzunehmen.

Die Anwendbarkeit der Grundsätze der Haftungsprivilegierung für Arbeitnehmer auf den vorliegenden Fall auf der Grundlage eines erheblichen Fehlverhaltens des Beklagten zu 1 in Ansehung einer betrieblichen Tätigkeit ist bereits unter A 1. a) der Entscheidungsgründe festgestellt worden. Ferner ergibt sich aus den Ausführungen zu A 1. b) der Entscheidungsgründe, dass hinsichtlich des konkreten Fehlverhaltens von einer groben Fahrlässigkeit des Beklagten zu 1 auszugehen ist.

Im Falle einer groben Fahrlässigkeit ist im Einzelfall eine Entlastung des Arbeitnehmers nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Ob sie in Frage kommt und wie weit sie zu gehen hat, ist auf der Grundlage einer Einzelfallabwägung vorzunehmen. Auf Seiten des Arbeitnehmers müssen insbesondere die Höhe des Arbeitsentgeltes, die weiteren mit seiner Leistungsfähigkeit zusammenhängenden Umstände und der Grad des Verschuldens in die Abwägung einbezogen werden. Auf Seiten des Arbeitgebers wird ein durch das schädigende Ereignis eingetretener hoher Vermögensverlust umso mehr dem Betriebsrisiko zuzurechnen sein, als dieser einzukalkulieren oder durch Versicherungen oder Rückgriffsmöglichkeiten gegen den Arbeitnehmer abzudecken war (BAG vom 28.10.2010 – 8 AZR 418/09 – juris Rn. 25).

Danach ist vorliegend zu Lasten des Beklagten zu 1 zu berücksichtigen, dass ihm – wie bereits erörtert – hinsichtlich der Vortäuschung der Durchführung eines ordnungsgemäßen Auswahlverfahrens ein vorsätzliches Verhalten vorzuwerfen ist und lediglich in Ermangelung eines entsprechenden Vorsatzes im Hinblick auf den tatsächlich eingetretenen Schaden insgesamt eine außerordentlich schwerwiegende Pflichtverletzung im Bereich der groben Fahrlässigkeit vorgehalten werden muss. Auch ist zu Bedenken, dass sich das seinerzeitige monatliche Gehalt in Höhe von 5.681,00 Euro brutto im für die Verhältnisse in Mecklenburg-Vorpommern oberen Segment bewegte. Andererseits beträgt der hier festgestellte Schaden das ca. 25fache des damaligen monatlichen Entgelts des Beklagten zu 1. Entscheidend für die hier weiter vorgenommene Haftungsprivilegierung zu Gunsten des Beklagten zu 1 trotz seiner schwerwiegenden und besonders groben Pflichtverletzung ist nach Auffassung der Kammer jedoch der Umstand, dass die Gefahr des Schadenseintrittes jedenfalls ab dem zweiten Bauabschnitt für die verantwortlich Handelnden auf Seiten der Klägerin in Gestalt der damaligen Hauptabteilungsleiterin sowie des vormaligen Hauptgeschäftsführers ebenso vorhersehbar war, wie für den Beklagten zu 1. Denn die benannten Beteiligten waren sich allesamt – wie bereits zu A 3. a) ausgeführt – über die Fortführung der Arbeiten ab dem zweiten Bauabschnitt ohne vorherige Ausschreibung und ohne vorhergehende Aufmasserstellung bei lediglich oberflächlicher Vorstellung über die Mengen der tatsächlich zu bearbeitenden Flächen im Klaren. Unter Berücksichtigung dieser doch sehr besonderen Einzelfallumstände hält die Kammer eine Haftung des Beklagten zu 1 mit einem halben Jahresgehalt gemessen an dem festgestellten Gesamtschaden trotz der nicht zu rechtfertigenden und sehr schwerwiegenden Pflichtverletzung für angemessen.

B

1.

a)

Der Beklagte zu 2 ist gegenüber der Klägerin wegen vorvertraglicher Pflichtverletzung gemäß § 311Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit § 280 Abs. 1 BGB schadensersatzpflichtig sowohl hinsichtlich der zum Teil deutlich überhöht in Ansatz gebrachten Einheitspreise als auch der festgestellten Mengendifferenzen (zu den Positionen im Einzelnen kann auf die Ausführungen zur konkreten Schadenshöhe unter B 2. verwiesen werden).

Gemäß § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB entsteht ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 BGB auch durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen.

Gemäß § 280 Abs. 1 BGB kann der Gläubiger Ersatz des entstehenden Schadens verlangen, wenn der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt.

In diesem Zusammenhang ist anerkannt, dass eine Haftung des Vertragspartners gemäß § 311Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit § 280 Abs. 1 BGB dann gegeben ist, wenn der Vertrag auf Grund eines schuldhaften und pflichtwidrigen Einwirkens auf die Willensbildung des Geschädigten zu Stande gekommen ist und die verletzte Pflicht gerade vor diesen Nachteilen schützen soll (BAG – 3 AZR 575/09 – juris Rn. 52; BGH – I ZR 176/03 – juris Rn. 30). In diesem Fall besteht als Rechtsfolge zwar kein Anspruch des Geschädigten auf Vertragsanpassung im engeren Sinn. Jedoch kann dieser vom Vertragspartner eine Reduzierung seiner Leistung auf das angemessene Maß und gegebenenfalls die Rückzahlung des Mehrbetrages als Vertrauensschaden einfordern (BGH – V ZR 264/05 – juris Rn. 21, 22). Der Schaden für den Geschädigten ist mithin daran zu bemessen, dass es ihm ohne die Pflichtverletzung des Vertragspartners gelungen wäre, die erbrachte Leistung zu einem niedrigeren Preis zu erhalten (BGH – V ZR 264/05 – juris Rn. 22). Im Fall –wie hier– der Vortäuschung der Durchführung eines ordnungsgemäßen Ausschreibungsverfahrens ist dabei der tatsächlich erzielbare Wettbewerbspreis maßgeblich (BGH – 2 StR 102/91 – juris Rn. 28 zur strafrechtlichen Schadensermittlung; BGH – V ZR 264/05 – juris Rn. 22).

Gemessen an den genannten Voraussetzungen hat der Beklagte zu 2 durch die Vortäuschung der Durchführung eines ordnungsgemäßen Auswahlverfahrens mit Hilfe des Beklagten zu 1 bei der Klägerin bereits bei Abgabe des ersten Angebotes und damit bereits vor Vertragsschluss die Fehlvorstellung hervorgerufen, bei den angegebenen Einheitspreisen handele es sich um eine markübliche Preisgestaltung. Da die Angebotspreise dann auch den weiteren Leistungen des Beklagten zu 2 ab dem zweiten Bauabschnitt zu Grunde gelegt wurden, erstreckte sich die vorvertragliche Pflichtverletzung auch kausal auf die insgesamt durch den Beklagten zu 2 erbrachten Renovierungsarbeiten inklusive der unter B 2. aufgeführten Mengendifferenzen zu Lasten der Klägerin. Die Kammer geht diesbezüglich ebenfalls von einer vorsätzlichen Pflichtverletzung durch den Beklagten zu 2 im Sinne des § 280Abs. 1 in Verbindung mit § 276 Abs. 1 BGB aus.

Zur weiteren Begründung kann hier zunächst wieder auf die folgende Argumentation in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen werden (unter II. Ziffer 1. und Ziffer 1 a) der Gründe):

„1.

Die Auffassung des Gerichts beruht dabei sowohl auf der erfolgten Beweisaufnahme, den Zeugeneinvernahmen und der Anhörung des Sachverständigen, als auch auf den sich aus dieser Beweisaufnahme ergebenden Rückschlüssen und Indizien, die es äußerst unwahrscheinlich erscheinen lassen, dass im vorliegenden Fall die Beklagten rein „zufällig“ aufeinandertrafen und nur zufällig der Beklagte zu 2 ein schließlich vom Beklagten zu 1 beauftragtes, überhöhtes Angebot abgab und den Zuschlag erhielt.

Eine solch zufällige Konstellation, gegen die im Übrigen auch die Aussage des Beklagten zu 1, welcher darauf behaarte, den Beklagten zu 2 mit der Einholung von Alternativangeboten betraut zu haben spricht, ist durch eine Vielzahl von Indizien, die für ein vorsätzliches Zusammenwirken der Beklagten als Beteiligte sprechen, widerlegt. Im Einzelnen:

a.

Der Beklagte zu 1 beharrte, nachdem er zunächst erklärt hatte, sich zur Frage der Einholung der Alternativangebote nicht äußern zu wollen (Blatt 544 d. A.), darauf, den Beklagten zu 2 mit der Einholung der Alternativangebote beauftragt zu haben. Dies sei aus „Faulheit“ geschehen (Blatt 603 d. A.). Hiermit deckt sich die Aussage des Beklagten zu 1 in dem ihn betreffenden Vorprozess. Zugleich räumt der Beklagte zu 1 ein, sich nicht erklären zu können, woher die Angebote stammten und keinen Kontakt zu den Bietern aufgenommen zu haben.“

Soweit der Beklagte zu 2 diesbezüglich vorträgt, er habe weder Kenntnis vom Inhalt und Umfang der arbeitsvertraglichen Verpflichtungen des Beklagten zu 1 gehabt, noch seien die internen Vergaberichtlinien für sein Vertragsverhältnis mit der Klägerin maßgeblich, so stehen diese Ausführungen den zitierten erstinstanzlichen Feststellungen nicht entgegen.

Denn es ist unstreitig, dass der Beklagte zu 1 mit der Einholung von Angeboten beauftragt war und dieser sich an den Beklagten zu 2 mit dem Ansinnen richtete, sich um die Beibringung eben dieser weiteren Angebote zu kümmern. Dies hat der Beklagte zu 2 in der mündlichen Verhandlung vom 09.05.2011 (Seite 4 des Protokolls) auch ausdrücklich bestätigt und weiter ausgeführt, daraufhin habe er den Zeugen I. gebeten, sich das Bauvorhaben anzuschauen und ein Angebot abzugeben. Dem Beklagten zu 2 war damit bewusst, dass es der Klägerin daran gelegen war, Angebote von unterschiedlichen Bietern einzuholen, um auf dieser Grundlage eine Entscheidung über die tatsächliche Vergabe der Arbeiten zu treffen. Deshalb kann es als ebenfalls widerlegt angesehen werden, soweit der Beklagte zu 2 vorträgt, der Klägerin sei es gar nicht um einen Preisvergleich, sondern von vornherein um eine Vertragsvergabe an seine Person gegangen. Vor diesem Hintergrund ist es nach Auffassung der Kammer auch nicht von Interesse, ob – wie der Beklagte zu 2 behauptet – der Beklagte zu 1 vom damaligen Hauptgeschäftsführer der Klägerin angewiesen worden sein soll, die Arbeiten in mehrere Abschnitte aufzuteilen, um in den einzelnen Abschnitten die jeweilige Auftragssumme unterhalb von 40.000,00 Euro zu halten. Im Übrigen hat sich dieser Vortrag des Beklagten zu 2 unter Berücksichtigung der glaubhaften Aussagen der Zeugen W. und Dr. G. nicht als zutreffend erwiesen.

Auch sieht es die Kammer als erwiesen an, dass der Beklagte zu 2 an der Vortäuschung der Durchführung eines ordnungsgemäßen Ausschreibungsverfahrens gegenüber den verantwortlich Handelnden der Klägerin entscheidend mitgewirkt hat.

Bezüglich des Angebots I. ist die Kammer zu dem Ergebnis gelangt, dass es sich insoweit nicht um ein tatsächlich ernst gemeintes, sondern lediglich um ein „Gefälligkeitsangebot“ zu Gunsten des Beklagten zu 2 handelte. So hatte der Zeuge I. bereits erstinstanzlich ausgesagt, er habe das Verwaltungsobjekt der Klägerin nur einmal zur Angebotsabgabe betreten. Das Objekt selber kenne er nicht. Dies habe auch daran gelegen, dass es eigentlich unmöglich gewesen sei, derartige Aufträge zu bekommen. Anlässlich seiner Vernehmung vom 07.11.2012 hat er ergänzt, er habe die Aufmassdaten vom Beklagten zu 2 erhalten und übernommen. Der Beklagte zu 2 habe ihm mitgeteilt, dass es um Malerarbeiten gehe, worin er durchaus Erfahrungen habe. Der Zeuge I. gab mithin nach eigenen Angaben ohne Kenntnis der Räumlichkeiten, ohne selbst ein Aufmass genommen zu haben und lediglich auf der Grundlage der Informationen des Beklagten zu 2 ein Angebot ab, wobei er doch jedenfalls wusste, dass es um die Erbringung von Malerarbeiten ging. Daraus lässt sich unter Berücksichtigung der Vorgehensweise eines ordentlichen Handwerkers lediglich der Schluss ziehen, dass eine tatsächliche Auftragserlangung nie Ziel des Zeugen I. war. Denn ohne konkrete Kenntnis der tatsächlich zu erbringenden Leistungen unter Berücksichtigung der tatsächlich gegebenen Räumlichkeiten war eine redliche Angebotsabgabe durch den Zeugen I. gar nicht möglich. Dieser Umstand war dem Beklagten zu 2 auch bewusst. Denn schließlich hat der Zeuge I. den „Tipp“ ja von ihm bekommen. Zur weiteren Begründung kann auf die Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung unter II. c. aa. auf Seite 31 verwiesen werden.

Nach erneuter Vernehmung des Zeugen G. in der zweiten Instanz ist die Kammer zu dem Ergebnis gelangt, dass das bei der Klägerin insoweit abgegebene Angebot nicht von der Firma G. abgegeben wurde. Missverständliche Ausführungen im Vergleich zur erstinstanzlichen Aussage hat der Zeuge glaubhaft auflösen können. Nach ausführlicher Befassung – so der Zeuge – sei ihm aufgefallen, dass Angebote seiner Firma niemals unterschrieben worden seien, sondern erst die Rechnungslegung selbst. Außerdem fehle auf dem Angebot die Auftragsnummer. Auch sei eine Kundennummer nicht vorhanden. Eine solche hätte aber zwangsläufig erscheinen müssen, da seine Firma bereits vorher für die Klägerin Leistungen erbracht habe, was zur Vergabe einer entsprechenden und einheitlichen Kundennummer habe führen müssen. Die Glaubwürdigkeit des Zeugen steht für die Kammer außer Zweifel. Eigene Interessen des Zeugen am Ausgang des Rechtsstreits sind ebenso wenig ersichtlich, wie eine „Lagerzuordnung“.

Nach Auffassung der Kammer ist unter Berücksichtigung der sich deckenden Angaben des Zeugen H. zudem von einer Fälschung des diesbezüglich bei der Klägerin angelangten Angebots auszugehen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird vollinhaltlich auf die Ausführungen in der streitgegenständlichen Entscheidung unter II. 1. b. (Seite 30 und 31 der Gründe) Bezug genommen.

Unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes und insbesondere vor dem Hintergrund der Einlassungen der Beklagten zu 1 und 2 selbst ist die Kammer schließlich zu dem Ergebnis gelangt, dass die vermeintlichen und manipulierten Angebote der Firmen H. und G. dem Beklagten zu 2 zuzurechnen sind.

So hat der Beklagte zu 1 in der mündlichen Verhandlung vom 09.05.2011 wörtlich erklärt:

„Ich habe die Angebote auf dem Tisch gehabt und damit war die Sache für mich erledigt.

Ich habe keine Angebote eingeholt.

Ich habe Herrn J. aufgefordert, Alternativangebote einzuholen. Ich war in diesem Hinblick „Faul“. Ich dachte, Herr J. kennt Malerbetriebe und er soll die Alternativangebote einholen.“

Der Beklagte zu 2 hat darauf wörtlich erwidert:

„Das stimmt, daraufhin habe ich Herrn I. gebeten, sich das Bauvorhaben anzusehen und ein Angebot zu unterbreiten.“

Im Schriftsatz des Beklagten zu 1 vom 01.11.2005 aus dem Vorprozess (Blatt 1129 – Band VI – d. A.) heißt es:

„Was die Malerarbeiten anbelangt, so hat Herr J. die Aufmaße gemacht. Die weiteren Angebote des Malermeisters H. und des Malermeisters G. wurden auch von Herrn J. eingereicht, damit er den Auftrag für die Durchführung der Arbeiten bekommt.

Die Angebote sind beim Kläger eingegangen. Herr J. hat diese Angebote zusammen mit seinem Angebot eingereicht, offensichtlich zu Vergleichszwecken. Der Kläger hatte mit diesen Firmen keinen Kontakt.

Dies lief wohl offensichtlich allein über Herrn J..

Es ist nicht unüblich, dass eine Firma bei anderen Vergleichsangebote einholt mit dem Ziel, diese dann zu unterbieten, um so den Auftrag zu erhalten. Dies ist offensichtlich von Herrn J. auch so gemacht worden. Dieses Vorgehen ist weit verbreitet, gerade in den Fällen, in dem mehrere Angebote eingeholt werden sollen.“

Zudem ist zu bedenken, dass nach dem gesamten Sachverhalt – auch und gerade nach dem Vortrag der Beklagten zu 1 und 2 – keinerlei Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass neben den Beklagten zu 1 und 2 noch weitere Personen an der „Beibringung“ unterschiedlicher Angebote beteiligt waren. Wenn nun der Beklagte zu 2 in der mündlichen Verhandlung vom 09.05.2011 zugestanden hat, vom Beklagten zu 1 zur Beschaffung eben dieser Angebote „beauftragt“ worden zu sein, dann ist einerseits die Angabe des Beklagten zu 1, selbst keine Aufträge eingeholt zu haben, glaubhaft und andererseits bleibt danach nur der Beklagte zu 2 als Urheber für die vermeintlichen und manipulierten „Angebote“ der Firmen H. und G. mit überragender Wahrscheinlichkeit übrig.

Mithin geht die Kammer mit der notwendigen Sicherheit von einer vorsätzlichen Beteiligung des Beklagten zu 2 an der Vortäuschung der ordnungsgemäßen Durchführung eines Ausschreibungsverfahrens aus.

b)

Vor diesem Hintergrund spricht ebenfalls vieles für eine deliktische Haftung des Beklagten zu 2 gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB. Im Ergebnis kann dieser Umstand allerdings angesichts des Ergebnisses zu B 1. a) offen bleiben, zumal sich für die Parteien abweichende Rechtsfolgen nicht ergeben.

2.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ergibt sich zu Lasten der Klägerin ein Schaden im Sinne von § 249 Abs. 1 BGB in Höhe von insgesamt 144.884,10 Euro.

Gemäß § 249 Abs. 1 BGB hat der zum Schadensersatz verpflichtete den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

Wie bereits unter B 1. a) erörtert hat die Klägerin gegen den Beklagten zu 2 als Rechtsfolge der vorvertraglichen Pflichtverletzung einen Anspruch auf Reduzierung der erbrachten und abgerechneten Leistungen auf das angemessene Maß nebst Rückzahlungsanspruch bezogen auf den ungerechtfertigt ausgezahlten Mehrbetrag. Dabei trägt die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast für die konkrete Schadenshöhe. Die Entscheidung des OLG München vom 19.02.2002 – 9 U 3318/01 – steht dem nicht entgegen, da die dortige Fallgestaltung mit dem hier gegebenen Sachverhalt in Ermangelung eines Vorsatzes des Beklagten zu 1 im Hinblick den tatsächlichen Schadenseintritt nicht vergleichbar ist.

Auch bedarf es im Wesentlichen keiner Schadensschätzung nach § 287 ZPO. Denn auf der Grundlage des erstinstanzlichen Gutachtens sowie des zweitinstanzlich eingeholten Ergänzungsgutachtens nebst Anhörung des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom 17.04.2014 sowie unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes ist der Klägerin der Nachweis eines Schadens in Höhe von 144.884,10 Euro gelungen. Damit die Schadenshöhe im Einzelnen von den Parteien nachvollzogen werden kann, werden die grundsätzlichen Erwägungen zur Schadensermittlung im Folgenden vorangestellt.

Soweit der Beklagte zu 2 die mengenmäßigen Differenzen darauf zurückzuführen versucht, dass zwei- bis dreimalige Anstriche erforderlich gewesen seien, weil Durchfeuchtungen vorhanden gewesen seien bzw. weil einige Räumlichkeiten stark „verraucht“ gewesen seien, so kann dem nicht gefolgt werden. Trotz der gerichtlichen Beauflagung vom 14.01.2013 (Blatt 1282 – Band VII – d. A.) hat der Beklagte zu 2 zu den konkreten Räumlichkeiten mit angeblicher Nikotinverschmutzung nicht substantiiert vorgetragen, so dass dieser von ihm lediglich pauschal behauptete Vortrag nicht zu seinen Gunsten berücksichtigt werden kann. Hinsichtlich der behaupteten Durchfeuchtungen hat der Beklagte zu 2 Räumlichkeiten bezüglich der Rechnungen 069/04 und 070/04 konkret benannt. Dem ist die Klägerin nicht substantiiert entgegengetreten. Aus den gerichtlichen Sachverständigengutachten ist zu entnehmen, dass offensichtlich jedenfalls teilweise Durchfeuchtungsschäden vorhanden waren, so dass die Klägerin verpflichtet gewesen wäre, hierzu gegebenenfalls detailliert vorzutragen. Gleichwohl – und schon gar nicht ohne entsprechende Nachtragsangebote – ergab sich für den Beklagten zu 2 daraus keine Berechtigung für eine Abrechnung von Mehrmengen bezüglich der in der Rechnung 069/04 bezeichneten Räumlichkeiten (nur diese beinhaltet Malerarbeiten). Denn ein Zweit- oder Drittanstrich kann grundsätzlich allein wegen des Wegfalles der notwendigen Vorarbeiten nicht mit dem Erstanstrich gleichgestellt werden. Deshalb kann hier lediglich ein Preisaufschlag pro Quadratmeter gerechtfertigt sein, den das erkennende Gericht mit 25 Prozent festgesetzt hat, worauf im Rahmen der konkreten Schadensberechnung weiter eingegangen wird.

Im Ergebnis sind deshalb – mit Ausnahme der Rechnung Nr. 21/04 – die Aufmasse des gerichtlichen Gutachtens vom 30.01.2014 (Blatt 1411 – 1423 nebst Gesamtübersicht Blatt 1406 – Band VIII – d. A.) zu Grunde gelegt worden.

Lediglich bezüglich der Rechnung Nr. 21/04 sind die berechneten Mengen des Beklagten zu 2 berücksichtigt worden. Denn insoweit hat der Beklagte zu 2 mit Schriftsatz vom 21.09.2012 (Blatt 1166 – Band VI – d. A.) detailliert auf Berechnungsfehler der Klägerin sowie auf zwischenzeitliche räumliche Veränderungen hingewiesen, ohne dass die Klägerin dem im weiteren Verlauf des Verfahrens substantiiert entgegengetreten wäre, weshalb das erkennende Gericht mit Beweis-Beschluss vom 10.05.2013 (Blatt 1331 bis 1335 – Band VI – d. A.) dem Sachverständigen auch nicht die Aufmassgestellung bezüglich der Rechnung Nr. 21/04 aufgegeben hat.

Die Ermittlung eines marktüblichen Preises ist ebenfalls auf der Grundlage des eingeholten Sachverständigen-Gutachtens erfolgt. Zu den einzelnen Preispositionen wird auf die Tabelle 1 aus dem genannten Gutachten (Blatt 1405 – Band VIII – d. A.) Bezug genommen, welche zum Gegenstand dieser Entscheidungsgründe gemacht wird. Es bestehen aus Sicht der Kammer keine berechtigten Bedenken, die dort genannten Preise als marktüblich und angemessen zu akzeptieren. Zum einen hat der Sachverständige die Ermittlung der Preise unter Benennung und Erklärung der Ermittlungsmethoden in seinem Gutachten nachvollziehbar erläutert, weshalb zur Vermeidung von Wiederholungen auf die dortigen Ausführungen auf den Seiten 21 bis 23 (Blatt 1400 bis 1402 – Band VIII – d. A.) verwiesen wird. Anlässlich seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 17.04.2014 hat er insbesondere noch einmal detailliert geschildert, auf welcher Grundlage und unter Heranziehung welcher Referenzobjekte er den Quadratmeterpreis für Malerarbeiten in Höhe von 3,40 Euro ermittelt hat (Blatt 1660, 1661 – Band IX – d. A.).

Der Vortrag des Beklagten zu 2, er habe mit den abgereichten Unterlagen (Beiakte LeitzOrdner) den von ihm zu Grunde gelegten Stundenverrechnungssatz mit 36,28 Euro im Rahmen seiner Kalkulationsgrundlage nachvollziehbar dargelegt, was auch von dem Gutachter als nicht überhöht bestätigt worden sei, so vermag diese Argumentation ein anderes Ergebnis nicht zu rechtfertigen. Denn der Beklagte zu 2 rechnete gegenüber der Klägerin gerade nicht auf „Stundenbasis“ ab, sondern über Einheitspreise pro Stück bzw. Quadratmeter. Auf mehrfache Nachfragen des Gerichts sowohl in erster als auch in zweiter Instanz hat er stets betont, die abgereichten Unterlagen seien lediglich Kalkulationsgrundlage und nicht als Nachweis tatsächlich erbrachter Leistungen zu verstehen. Darauf ist in dem gerichtlichen Hinweis- und Auflagen-Beschluss vom 14.01.2013 explizit nochmals hingewiesen worden, wo es wie folgt lautet:

„Schließlich ist anzumerken, dass nach den Angaben des Beklagten zu 2 in der mündlichen Verhandlung vom 07.11.2012 die Angaben zu vermeintlich geleisteten Arbeitsstunden lediglich die Richtigkeit des angesetzten Stundenverrechnungssatzes belegen sollen, so dass damit offensichtlich nicht behauptet werden soll, dass diese Stunden auch tatsächlich geleistet worden sind und mithin als Ansatz der Kostenplanung gedient haben.“

Im Weiteren Verlauf des Verfahrens ist von dem Beklagten zu 2 dazu auch nicht weiter vorgetragen worden, so dass kein substantieller Vortrag des Beklagten zu 2 vorhanden ist, der über den vorgetragenen Stundenverrechnungssatz multipliziert mit den tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden die tatsächlich gegenüber der Klägerin abgerechneten Summen der Höhe nach hätten plausibel erklären können.

Hinsichtlich der Ermittlung marktüblicher Preise hat die Kammer – zu Gunsten des Beklagten zu 2 – die von dem Gutachter ermittelten „Bis-Preise“ zu Grunde gelegt, da diese noch – wenn auch im oberen Segment – als marktüblich angesehen werden können. Zudem ist auf Grund der Erschwernisse für den Beklagten zu 2 – Arbeitsausführung während des laufenden Geschäftsbetriebs, mehr Vorbereitungs- und Stillstandszeiten, Arbeitsdurchführung in Teilaufträgen etc.) während der jeweiligen Bauabschnitte ein Aufschlag von zehn Prozent auf die „Bis-Preise“ vorgenommen worden und hinsichtlich der Ausführung der Malerarbeiten anlässlich der Rechnung 069/04 – wie bereits erörtert – ein weiterer Aufschlag in Höhe von 25 Prozent wegen nicht auszuschließender Durchfeuchtungen in den insoweit bearbeiteten Räumlichkeiten.

Hinsichtlich der weiterhin abgerechneten Positionen (z. B. „Stahlzargen lackieren“, „Möbel und Boden abdecken“, „Rissbildung beseitigen“ etc.) sind mengenmäßig jeweils die von dem Beklagten zu 2 abgerechneten Mengen zu Grunde gelegt worden. Soweit die darlegungs- und beweispflichtige Klägerin jedenfalls teilweise auch insoweit die Abrechnung zu hoher Mengen rügt, so ist sie diesbezüglich beweisfällig geblieben. Der Gutachter hat für die Kammer nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass diese Angaben im Nachhinein nicht mehr überprüfbar sind. Dies hat zur Folge, dass sich für die Position „Möbel und Boden abdecken“ insgesamt keine Überzahlung feststellen lässt.

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze zur Schadensermittlung ergibt sich unter Berücksichtigung der Tabelle 1 des Gutachtens (Blatt 1406 – Band VIII – d. A.) ein Schaden bezüglich der erbrachten Malerleistungen sowie der Positionen „abweichen und entfernen Wandbekleidung“ sowie „Glasfasertapete verkleben“ in Höhe von 77.469,92 Euro netto und mithin unter Berücksichtigung des damals geltenden Umsatzsteuersatzes von 16 Prozent in Höhe von insgesamt 89.895,10 Euro. Der vom Gutachter ermittelte Wert in Höhe von 39.551,92 Euro netto ist unter Berücksichtigung eines generellen Aufschlages von zehn Prozent sowie eines weiteren Aufschlages von 25 Prozent hinsichtlich der Rechnungsnummer 069/04 auf insgesamt 46.341,28 Euro netto zu erhöhen, so dass sich bei der von dem Beklagten zu 2 vereinnahmten Abrechnungssumme von 123.811,20 Euro netto ein Überzahlungsdifferenz von 77.469,28 Euro netto und mithin 89.895,10 Euro ergibt.

Zudem ergibt sich aus der Rechnung 021/04 („Stahlzargen beseitigen“ 42 x 85,34 Euro – überhöhte Preisdifferenz – = 3.584,28 Euro netto; „Rissbildung beseitigen“ 250 x 0,88 Euro – überhöhte Preisdifferenz – = 220,00 Euro netto; „Malerarbeiten“ 3013 x 4,46 Euro – überhöhte Preisdifferenz – = 13.437,98 Euro netto = insgesamt 17.242,26 Euro netto = insgesamt 20.001,02 Euro) ein weiterer Schaden in Höhe von 20.001,02 Euro. Auf entsprechender Berechnungsgrundlage ergeben sich die folgenden weiteren Schadenspositionen (hier selbstverständlich ohne Malerarbeiten, da diese ja bereits vorstehend berücksichtigt worden sind):

– Rechnung Nr. 30/04 = 7.052,10 Euro

– Rechnung Nr. 36/04 = 4.535,41 Euro

– Rechnung Nr. 53/04 = 2.856,59 Euro

– Rechnung Nr. 69/04 = 1.952,51 Euro

– Rechnung Nr. 007/05 = 7.782,39 Euro

– Rechnung Nr. 008/05 = 1.419,84 Euro

– Rechnung Nr. 009/05 = 5.003,95 Euro

– Rechnung Nr. 021/05 = 1.974,32 Euro

– Rechnung Nr. 022/05 = 3.464,80 Euro

Abzüglich gewährten Skonto in Höhe von 1.023,93 Euro ergibt sich mithin eine gesamte Schadenshöhe von 144.884,10 Euro.

3.

Im Gegensatz zum Beklagten zu 1 kann sich der Beklagte zu 2 weder auf eine Haftungsprivilegierung noch auf ein Mitverschulden der Klägerin berufen.

Eine Haftungsprivilegierung scheidet bereits deshalb aus, weil der Beklagte zu 2 nicht Arbeitnehmer der Klägerin war.

Die Berücksichtigung eines etwaigen Mitverschuldens der Klägerin kommt nicht in Betracht, weil von einer vorsätzlichen Schädigung der Klägerin durch den Beklagten zu 2 auszugehen ist. Denn im Fall einer vorsätzlichen Schädigung tritt ein fahrlässiges Mitverschulden des Geschädigten grundsätzlich zurück (Palandt, BGB, 73. Auflage/Grüneberg Band Nr. 65 zu § 254 BGB, m. w. N.). Auch sind nach dem Sachverhalt keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich, von den vorstehenden Grundsätzen vorliegend abweichen zu können.

C

Die Beklagten zu 1 und 2 haften gegenüber der Klägerin in Höhe eines Betrages von 34.086,00 Euro gemäß § 421 BGB als Gesamtschuldner.

D

Die Kostenentscheidung erfolgt aus § 92 ZPO in Verbindung mit § 97 ZPO und entspricht auf der Grundlage der sogenannten „Baumbachschen Formel“ dem Verhältnis an dem Grad des jeweiligen Obsiegens bzw. Unterliegens der Parteien.

E

Revisionszulassungsgründe sind nicht ersichtlich.

Diese Entscheidung befindet sich im Einklang mit den Rechtsprechungsgrundsätzen sowohl des Bundesarbeitsgerichtes als auch des Bundesgerichtshofes.

 

 

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