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„Schleppnetzantrag“ – Auflösungsantrag – Streitwertberechnung

LAG Berlin-Brandenburg – Az.: 17 Ta (Kost) 6061/14 – Beschluss vom 03.07.2014

I. Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 12.06.2014 – 34 Ca 2852/14 – wird zurückgewiesen.

II. Die Gebühr Nr. 8614 der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz bleibt außer Ansatz.

Gründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Das Arbeitsgericht hat den mit dem Klageantrag zu 2) verfolgten Feststellungantrag zu Recht nicht bewertet. Das Arbeitsgericht hat den Klageantrag zu 2) bei der Wertfestsetzung zu Recht unberücksichtigt gelassen.

a) Die Klägerin hat sich mit dem Klageantrag zu 1) gegen die Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses vom 12.02.2014 gewandt und mit dem Klageantrag zu 2) die allgemeine Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen über den 31.03.2014 hinaus fortbesteht. Bei dem Klageantrag zu 2) handelt sich um einen so genannten „Schleppnetzantrag“, der sich nicht gegen einen konkreten Beendigungstatbestand richtet, sondern allein im Hinblick auf möglicherweise im Verlauf des Rechtsstreits auftretende Beendigungstatbestände rechtshängig gemacht wird; diese müssen dann nicht mehr innerhalb der Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG gerichtlich angegriffen werden, sofern sie bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz mit einem punktuellen Antrag in den Prozess eingeführt werden (BAG, Urteil vom 26.09.2013 – 2 AZR 682/12 – NZA 2014, 443).

b) Einem „Schleppnetzantrag“ der genannten Art kommt neben der eigentlichen Bestandsstreitigkeit kein eigenständiger Wert zu. Das mit dem Antrag verfolgte Ziel, die Klagefrist in Bezug auf weitere Beendigungstatbestände nicht einhalten zu müssen, hat keine gesonderte wirtschaftliche Bedeutung. Der Antrag soll die Partei lediglich dagegen absichern, mit der eigentlichen Bestandsstreitigkeit allein deshalb nicht durchzudringen, weil die Klagefrist wegen eines weiteren Beendigungstatbestandes versäumt wurde; dieses Interesse wird von dem Wert der eigentlichen Bestandsstreitigkeit umfasst. Erst wenn ein weiterer Beendigungstatbestand mit einem punktuellen Antrag in den Prozess eingeführt wird, kann es zu einer Werterhöhung kommen. Die Beschwerdekammer hat deshalb ihre bisherige Rechtsprechung, wonach ein „Schleppnetzantrag“ mit 10 v.H. des Werts der Bestandsstreitigkeit zu bewerten war, aufgegeben (LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22.05.2014 – 17 Ta (Kost) 6033/14) und folgt damit einer Empfehlung der Streitwertkommission der Arbeitsgerichtsbarkeit (NZA 2013, 809 ff.).

2. Der Antrag der Beklagten, das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen, erhöht nach der ebenfalls ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammer den Streitwert nicht (LAG Berlin, Beschluss vom 12. Mai 2006 – 17 Ta (Kost) 6061/06; Beschluss vom 24. Oktober 2002 – 17 Ta (Kost) 6115/02). Für die Wertberechnung bei Rechtsstreitigkeiten über die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist gemäß § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend, wobei eine Abfindung nicht hinzugerechnet wird. Ein Auflösungsantrag nach den §§ 9, 10 KSchG führt danach nicht zu einer Streitwerterhöhung. Vielmehr umfasst der Wert der Bestandsstreitigkeit auch den Auflösungsantrag. Hiergegen kann nicht mit Erfolg eingewandt werden, lediglich die Abfindung als Ergebnis eines Auflösungsantrages sei dem Kündigungsstreitwert nicht hinzuzurechnen, während der Auflösungsantrag als solcher zu bewerten sei (so Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, 8. Auflage 2013, § 12 Rdnr. 123;). Die Bestimmung des § 42 Abs. 2 GKG dient der Begrenzung des Streitwertes in Kündigungsschutzverfahren; auch kann eine Abfindung in einem Kündigungsschutzverfahren nur zugesprochen werden, wenn eine der Parteien einen Auflösungsantrag nach den §§ 9, 10 KSchG gestellt hat. Soll deshalb in einem Kündigungsschutzverfahren der in § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG genannte Höchstbetrag unter Ausschluss einer Abfindung für die Wertberechnung maßgebend sein, so muss auch der Auflösungsantrag bei der Berechnung des Streitwertes unberücksichtigt bleiben. Dass der Auflösungsantrag einen eigenen Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit bildet und zu einem anwaltlichen Arbeitsaufwand sowie einem Haftungsrisiko für den Rechtsanwalt führt, trifft zu, rechtfertigt jedoch im Hinblick auf die gesetzliche Regelung und der von ihr bezweckten Begrenzung der Prozesskosten kein anderes Ergebnis. Auch ist es ohne Belang, welche der Parteien einen Auflösungsantrag stellt. Dies entspricht insgesamt ebenfalls den Empfehlungen der Streitwert-kommission der Arbeitsgerichtsbarkeit (NZA 2013, 809 ff.).

3. Die Gebühr Nr. 8614 der Anlage 1 zum GKG bleibt gemäß § 21 GKG wegen unrichtiger Sachbehandlung durch das Arbeitsgericht außer Ansatz. Das Arbeitsgericht hätte den Wert des Streitgegenstandes im vorliegenden Verfahren für die Gerichtsgebühren nach § 63 GKG festsetzen müssen, was nach § 32 Abs. 1 RVG für die Gebühren der Beschwerdeführer maßgebend gewesen wäre; für eine Wertfestsetzung nach § 33 RVG war kein Raum. Bei der gebotenen Wertfestsetzung hätten die Beschwerdeführer aus eigenem Recht Beschwerde einlegen können (§ 32 Abs. 2 RVG), wobei das Beschwerdeverfahren nach § 68 Abs. 3 gerichtsgebührenfrei gewesen wäre. Dies gebietet es, die eigentlich entstandene Gebühr Nr. 8614 der Anlage 1 zum GKG nicht zu erheben.

4. Die Entscheidung ist unanfechtbar.

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