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Schmerzensgeldanspruch einer Lehrerin wegen Mobbing

Landesarbeitsgericht Köln – Az.: 9 Sa 1221/11 – Urteil vom 29.02.2012

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 28. September 2011 – 2 Ca 1348/11 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schmerzensgeldansprüche, die die Klägerin wegen „Mobbings“ geltend macht.

Die Klägerin, geboren am 1969, war bei dem Beklagten seit dem 22. Januar 2007 als Lehrerin für die Fächer Religion, Mathematik und Sport in der von ihm unterhaltenen Realschule in K beschäftigt. Es handelt sich um eine Ersatzschule. Die Klägerin erhielt gemäß Arbeitsvertrag vom 20. November 2006 Dienstbezüge nach Maßgabe der besoldungsrechtlichen Bestimmungen, die für vergleichbare Landesbeamte gelten. Sie war eingestuft in die Besoldungsgruppe 12 des Landesbesoldungsgesetzes NRW.

Die Klägerin ist gemäß gerichtlichem Vergleich mit Wirkung zum 31. Juli 2011 als Folge krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden. Das Arbeitsverhältnis ist in ein Ruhestandsverhältnis umgewandelt worden.

Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Klägerin durch Mobbing der Schulleitung an Depressionen erkrankt ist, die zur Dienstunfähigkeit führten. Die Klägerin fühlt sich seit Sommer 2007 zunehmend an der Schule ausgegrenzt und vermisst die Unterstützung der Schulleitung gegenüber Schülern und Eltern.

Sie war seit etwa 3 Wochen Klassenlehrerin der Schülerin H aus K , als diese Ende August 2007 vergewaltigt und ermordet wurde. Die Schulleitung veranlasste den Einsatz von Notfallseelsorgern und eines psychologischen Dienstes, um Schüler, Eltern und Lehrer zu unterstützen. Die Klägerin stellte im Klassenzimmer zur Erinnerung an H. zunächst Blumen und später eine brennende Kerze auf einen Tisch. Herr B , damals stellvertretender Schulleiter und seit 1. August 2009 Schulleiter der Realschule, stellte während seiner Unterrichtsstunden die Kerze auf den Boden oder auf einen Stuhl in der Zimmerecke.

Im Frühjahr 2008 nahm die Klägerin dem Schüler C während des Unterrichts einen MP-3 Player weg. Nach ihren Angaben forderte der Schüler nach der Stunde Rückgabe des Geräts, stellte sich ihr in den Weg und drohte mit körperlicher Gewalt. Nachdem die Klägerin der Schulleitung mitgeteilt hatte, es sei ihr nicht zuzumuten, den Schüler weiter zu unterrichten, nahm diese einen Fachlehrerwechsel vor. Sie schloss den Schüler, der sich bei der Klägerin entschuldigte, von einer Exkursion und acht Stunden Mathematikunterricht aus, schrieb die Eltern des Schülers an und missbilligte in einem Gespräch mit den Eltern das Verhalten des Schülers. Auf der Abschlussfeier durfte der Schüler auf dem Klavier vorspielen.

Als der Schüler S im Jahr 2008 die Jacke eines Mitschülers und die Decke der Sportumkleide bespuckt hatte, erarbeitete die Klägerin als Klassenlehrerin mit der Klassenkonferenz eine Liste von Sanktionen, wozu auch die Ableistung von Sozialstunden in einem Altersheim gehören sollte. Nachdem die Eltern sich mit dieser Sanktion nicht einverstanden erklärt hatten, hob der Schulleiter nach Rücksprache mit einem Fachjuristen der Bezirksregierung – unter Beibehaltung der anderen Maßregelungen – die Verpflichtung zur Ableistung von Sozialstunden auf.

Nach einer Schulregelung werden im Unterricht eingesammelte Mobiltelefone von den Lehrern im Sekretariat abgegeben und an die Schüler erst wieder freitags ausgehändigt. Der Schülerin M wurde das Mobiltelefon bereits am selben Tag wieder zurückgegeben, weil diese nachmittags und abends mit dem Sportverein unterwegs war und die Schulleitung angesichts des an der Schülerin H verübten Verbrechens eine besondere Gefahrenlage sah.

Für die Kopfnoten der Schüler unterbreitet der Klassenlehrer einen Vorschlag, zu dem die anderen Lehrer Stellung nehmen. Über Änderungsvorschläge wird im Rahmen der Zeugniskonferenz abgestimmt. Herr B votierte regelmäßig für bessere Kopfnoten als die, die von der Klägerin als Klassenlehrerin vorgeschlagen worden waren.

Die Klägerin rügt, Herr B sei unkollegial mit Beschwerden von Schülern und Eltern umgegangen, die sie betroffen hätten. So habe er im Winter 2007/2008 sie und eine Kollegin nicht über eine gegen sie gerichtete Beschwerde von Eltern unterrichtet. Einer Beschwerde von Eltern über den von ihr in einer Klasse durchgeführten Mädchensport habe er zugestimmt, ohne sie überhaupt zu unterrichten. In gleicher Weise sei er verfahren, als Schülerinnen sich bei ihm darüber beschwert hätten, dass sie im Sportunterricht keine Ballspiele machten, obwohl sie gerne für ein anstehendes Fußballturnier trainieren wollten. Er habe den Schülerinnen erklärt, sie sollten mit ihr – der Klägerin – sprechen. Als sie und eine Kollegin sich daraufhin beim Personalrat beschwert hätten, sei nichts geschehen.

Schmerzensgeldanspruch einer Lehrerin wegen Mobbing
Symbolfoto: Von Baru Cameragirl/Shutterstock.com

Entgegen ihrem Wunsch habe sie gemeinsam mit Herrn B und nicht – wie von ihr vorgeschlagen – mit einer weiteren Kollegin eine Klassenfahrt durchführen müssen, an der sowohl ihre Klasse als auch die des Herrn B teilgenommen hätten. Als sie eine Durchsuchung der Zimmer auf unerlaubte alkoholische Getränke vorgeschlagen habe, nachdem sie Schüler mit einem verdächtigen Päckchen bemerkt habe, sei dies von Herrn B nach Befragung der Schüler abgelehnt worden.

Im Herbst 2008 kam es bei der Planung einer weiteren Klassenfahrt zu Unstimmigkeiten zwischen der Klägerin und Schülern/Eltern. Als die Klägerin zusammen mit dem stellvertretenden Klassenleiter, Herrn N , die Klassenfahrt absagte, forderte die Schulleitung sie mit Schreiben vom 12. September 2008 auf, die Absage zurückzunehmen. Nach einem mit der Klägerin am 27. Oktober 2008 geführten Gespräch wiederholte die Schulleitung mit Schreiben vom 5. November 2008 eine dienstliche Anweisung an die Klägerin, bis zum 17. November 2008 schriftlich Vorschläge zur Schaffung eines vertrauensvollen Klimas im Umgang zwischen Klassenleitung und Schülerschaft zu machen. Zudem solle sich die Klägerin darüber Gedanken machen, ob die Schule und deren geistige Grundlage, auf die u. a. im Arbeitsvertrag hingewiesen werde, auch ihrer Vorstellung entspreche. Die von der Klägerin abgesagte Klassenfahrt werde von anderen Lehrern vorbereitet und durchgeführt.

Als die Klägerin aus gesundheitlichen Gründen nur 4 Stunden pro Tag arbeiten konnte, teilte dies Frau L , die Herrn B als stellvertretende Schulleiterin nachfolgte, dem Lehrerkollegium mit. Gleichwohl habe sie sich dagegen wehren müssen, zusätzlich zu Vertretungsstunden eingeteilt zu werden. In der Folgezeit sei der Stundenplan so gestaltet worden, dass sie im Wechsel eine Stunde Unterricht und eine Freistunde gehabt habe, was sie als Belastung empfunden und der Schulleitung mitgeteilt habe.

Als ihre Klasse an der zentralen Abschlussprüfung teilnahm, wurde sie beauftragt, mit einer anderen Klasse den Schulzahnarzt aufzusuchen.

Zur Verabschiedung des damaligen Schulleiters, Herrn Mö , hatte sie mit ihrer Arbeitsgemeinschaft wochenlang einen Auftritt eingeübt. Diesen sagte der Beklagte 3 Tage vor der Aufführung ab, weil die Veranstaltung aufgrund der Anreise des Vorstandes aus Süddeutschland auf maximal 1,5 Stunden gekürzt werden musste.

Im Sommer 2010 erlitt die Klägerin aufgrund eines Burnout-Syndroms einen Zusammenbruch und ist seitdem ohne Unterbrechung arbeitsunfähig erkrankt. Am 1. April 2011 äußerte eine Lehrerin gegenüber einer Kollegin Unverständnis darüber, warum die Klägerin nicht endlich ihre Stelle für jemanden freimache, dem sie bereits versprochen sei.

Mit Schreiben vom 3. Mai 2011 mahnte der Beklagte die Klägerin ab wegen fehlender Wahrnehmung einer amtsärztlichen Untersuchung über ihre Dienstfähigkeit. Zudem zahlte er zunächst nicht Entgelt für den Monat Mai 2011. Eine spätere amtsärztliche Untersuchung ergab, dass die Klägerin längerfristig dienstunfähig ist, worauf der Beklagte die Klägerin zum 30. Juni 2011 in den Ruhestand versetzen wollte und das Entgelt für den Monat Juli 2011 nicht zahlte. In der Folgezeit einigten sich die Parteien darauf, dass die Klägerin zum 31. Juli 2011 in den Ruhestand versetzt und bis dahin vergütet wurde.

Mit der vorliegenden Klage, die am 6. Juni 2011 beim Arbeitsgericht Siegburg eingegangen ist, verlangt die Klägerin von dem Beklagten Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes, dessen Höhe nicht unter EUR 50.000,00 betragen sollte.

Die Klägerin hat erstinstanzlich vorgetragen, ihre derzeitige Erkrankung sei auf „Mobbing“ des Beklagten zurückzuführen. Die Schulleitung habe sie nach der Ermordung der Schülerin H allein gelassen und sie durch das Wegstellen der Kerze respektlos behandelt. Als sie von dem Schüler C bedroht und von dessen Vater auf dem Schulhof verfolgt worden sei, habe Herr B erklärt, damit nichts zu tun zu haben. Der Vorfall habe für den Schüler keine Konsequenz gehabt, obwohl er nach ihrer Meinung ganz vom Unterricht habe ausgeschlossen werden können. Ihr sei weder etwas von Maßnahmen zu ihrem Schutz noch von dem Schriftwechsel mit den Eltern des Schülers bekannt gewesen. Bei ihr sei vielmehr der Eindruck entstanden, dass sie die eigentlich Verantwortliche für den Vorfall gewesen sei. Sie habe sich danach in Psychotherapie begeben.

Beschlüsse der Klassenkonferenz im Fall des Schülers S seien ohne Rücksprache mit ihr abgeändert worden. Dadurch sei bei Eltern, Schülern und Kollegen der Eindruck entstanden, Maßnahmen könnten hinter ihrem Rücken abgeändert worden. Dies stelle eine Missachtung ihrer Person dar.

Immer wieder seien ihre pädagogischen Maßnahmen und ihre Notengebung beanstandet oder abgeändert worden, teilweise ohne Rücksprache mit ihr. So sei ihr auch nicht mitgeteilt worden, dass und warum das Mobiltelefon der Schülerin M zurückgegeben worden sei.

Sie bestreitet, dass Herr B im Winter 2007 und im Jahr 2008 mit Eltern über gegen sie und eine Kollegin gerichtete Beschwerden gesprochen hat. Sie habe auf der Klassenfahrt den Verdacht eines unerlaubten Alkoholbesitzes gehabt, nachdem einer Schülerin über den Zaun der Herberge ein Rucksack gereicht worden sei. Die Zimmer seien nicht durchsucht worden. Herr B habe ihr später vorgeworfen, sie habe die Fahrt sabotiert, sei militant und habe sich nicht hinreichend um die Schülerinnen gekümmert.

Für die Absage einer weiteren Klassenfahrt habe die Schulleitung sie verantwortlich gemacht und ihr die unberechtigte Anweisung gegeben, Vorschläge zur Schaffung eines vertrauensvollen Klimas zu machen. Das Gespräch am 27. Oktober 2008 sei wie vor einem Tribunal gewesen. Die Hinzuziehung von Herrn N als Vertrauensperson sei abgelehnt worden.

Die Äußerung der stellvertretenden Schulleiterin, Frau L , auf das Kollegium komme eine erhebliche Mehrbelastung zu, weil die Klägerin nur 4 Stunden täglich arbeiten könne, sei inhaltlich unzutreffend gewesen und habe zu einer Missstimmung bei Kollegen geführt. Es sei geäußert worden, dass sie sich auf Kosten ihrer Kollegen ausruhe. Tatsächlich sei sie immer wieder zu 5 Unterrichtsstunden pro Tag und zu Vertretungsstunden eingeteilt worden. Durch die spätere Handhabung, nach einer Unterrichtsstunde jeweils eine Freistunde für sie einzuplanen, sei sie nicht sinnvoll entlastet worden. Sie sei auch zur Vertretung in für sie fachfremden Fächern herangezogen worden, obwohl in einem Fall der zuständige Fachlehrer, Herr N , eine Freistunde gehabt habe.

Nach Aussage einer Schülerin habe Herr B Ende des Schuljahres 2009/2010 gegenüber der Klasse geäußert, sie – die Klägerin – „bekomme das hier nicht geregelt“.

Sie sei wahrscheinlich auf Dauer dienstunfähig und führe eine Konkurrentenklage wegen einer Bewerbung auf die Stelle eines Konrektors an einer anderen Schule. Selbstzweifel, Antriebslosigkeit und Suizidgedanken bestimmten ihren Alltag. Ihre berufliche Existenz sei zerstört und ihr Privatleben massiv belastet.

Der Beklagte hat den Vorwurf des „Mobbings“ zurückgewiesen. Die Klägerin deute aufgrund ihrer Depressionserkrankung normale Handlungsabläufe im pädagogischen Alltag als gegen sich gerichtete Vorgänge. So habe Herr B die Gedenkkerze für die Schülerin H weggestellt, weil diese auf dem Lehrerpult vor der Tafel gestanden habe. Es sei zudem die Sache jedes Lehrerkollegen, wie er mit diesem Ereignis umgehe.

Der Schüler C habe bestritten, die Klägerin bedroht zu haben. Nachdem auch Zeugen den Vorfall nicht bestätigt hätten, habe die Aussage der Klägerin gegen die Aussage des Schülers gestanden. Die Schulleitung habe der Klägerin empfohlen, eine Strafanzeige zu erstatten. Das Klavierspiel des Schülers auf der Abschlussfeier sei zunächst aus dem Programm genommen worden, dann jedoch wegen einer anderslautenden Zusage der Klassenlehrerin wieder hineingenommen worden.

Mit der Rückgabe des Mobiltelefons an die Schülerin M sei das Ansehen der Klägerin nicht beschädigt worden.

Die Vergabe abweichender Kopfnoten durch andere Lehrer sei pädagogischer Alltag und könne objektiv nicht beanstandet werden, zumal sich die Schüler in jedem Fach anders verhielten.

Die Beschwerde über die Klägerin und ihre Kollegin habe Herr B nicht an diese weitergeleitet, weil sie neu an der Schule gewesen seien und deshalb ihr Verhalten von den Schülern ausgetestet worden sei. Herr B habe beide nicht zusätzlich verunsichern wollen. Die Klägerin und Herr B hätten gemeinsam die Klassenfahrt durchgeführt, weil es ihre Aufgabe als Klassenlehrer jeweils einer der beiden teilnehmenden Klassen gewesen sei. Herr Breitenstein habe auf der Klassenfahrt mit der Klägerin über schulische Angelegenheiten sprechen wollen. Die Klägerin habe sich dem entzogen und private Dinge unternommen. Nachdem die Klägerin gemeldet hätte, sie habe eine Schülerin mit einem Six-Pack gesehen, habe Herr B durch Befragung der Schüler erfahren, dass es sich um eine Kuchendose gehandelt habe. Er habe eine Durchsuchung der Zimmer nicht mehr für angezeigt gehalten und dies mit der Klägerin besprochen, die jedoch die anwesenden externen Teamer zu einer solchen Maßnahme veranlasst habe, bei der keine alkoholischen Getränke gefunden worden seien.

Die Anweisung, Vorschläge zur Schaffung eines vertrauensvollen Klimas zu machen, sei erfolgt, um die Lage zu entspannen und die Klägerin „aus der Schusslinie zu nehmen“. Soweit sich Frau L über eine Mehrbelastung des Kollegiums durch gesundheitliche Einschränkungen der Klägerin geäußert haben sollte, sei dies nicht von der Schulleitung zu verantworten. Der Stundenplan habe nicht so geändert werden können, dass die Klägerin an 4 aufeinanderfolgenden Schulstunden Unterricht zu erteilen gehabt habe. Die Absage der Tanzaufführung bei der Verabschiedung des Schulleiters habe nichts mit der Person der Klägerin zu tun.

Das Arbeitsgericht Siegburg hat durch Urteil vom 28. September 2011 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die von der Klägerin beanstandeten Handlungen ergäben weder für sich allein noch bei einer Gesamtschau eine systematische Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin, was Voraussetzung für einen Schmerzensgeldanspruch wegen „Mobbings“ sei.

Im Fall der ermordeten Schülerin H sei eine Persönlichkeitsverletzung nicht im Ansatz ersichtlich, da die Schulleitung Fachkräfte zur Unterstützung herangeholt habe und sich die Klägerin mit ihrem Wunsch nach weitergehender Hilfe an die Schulleitung hätte wenden können. Es sei im Übrigen allein Sache von Herrn B gewesen, wie er mit den Schülern die Trauersituation verarbeitet habe. Sofern er durch das Wegstellen der Kerze im täglichen Unterricht die Trauer aus dem Blickfeld der Schüler habe rücken wollen, sei dies nicht zu beanstanden. Die Klägerin habe nicht vorgetragen, dass sie Herrn B auf das Wegstellen der Kerze angesprochen habe.

Der Vortrag der Klägerin im Fall des Schülers C sei zu rudimentär, um überhaupt beurteilen zu können, ob Herrn B eine mangelnde Unterstützung vorzuwerfen sei. Jedenfalls liege keine Verletzung des Persönlichkeitsrechts vor, auch nicht durch die Schulleitung, die den Schüler vom Unterricht und auch von einer Exkursion ausgeschlossen habe, und die sich auch gegenüber den Eltern schützend vor die Klägerin gestellt habe. Den Fachlehrer habe die Schulleitung gewechselt, nachdem die Klägerin es nicht für zumutbar gehalten habe, den Schüler C weiter zu unterrichten. Durch die Sanktionen habe die Schulleitung zu erkennen gegeben, dass die Schuld nicht bei der Klägerin, sondern bei dem Schüler liege. Angesichts dessen habe auch keine Notwendigkeit bestanden, die Klägerin im Einzelnen über die von der Schulleitung unternommenen Schritte zu unterrichten. Die Klägerin habe nicht ansatzweise dargetan, dass sie mangels hinreichender Informationen vor der Klasse unter Rechtfertigungsdruck gestanden habe. Die Gestattung des Klavierspiels auf der Abschlussfeier sei eine sachliche Entscheidung gewesen, die sich nicht gegen die Klägerin gerichtet habe.

Auch im Falle des Schülers S sei das Persönlichkeitsrecht der Klägerin nicht verletzt worden. Den Beschluss, dem Schüler Sozialstunden in einem Altenheim aufzuerlegen, habe die Schulleitung nach Rücksprache mit der Bezirksregierung in der Tat für rechtlich bedenklich halten dürfen. Auch wenn eine engere Kommunikation zwischen der Klägerin und Schulleitung in diesem Punkt für wünschenswert gehalten werden dürfe, sei doch nicht ersichtlich, inwiefern sich an der Aufhebung der Sanktion etwas geändert hätte. Wiederum habe die Klägerin nicht dargetan, dass sie sich damals bei der Schulleitung über mangelnde Kommunikation beschwert habe.

Die Schulleitung habe allein darüber entscheiden dürfen, ob gegenüber der Schülerin M – angesichts der dafür angeführten Gründe – eine Ausnahme von der Regelung über die Rückgabe von im Unterricht eingezogener Mobiltelefone gemacht werden müsse. Es sei nicht erkennbar, warum die Schulleitung diese Entscheidung der Klägerin hätte mitteilen oder gar ihr gegenüber hätte rechtfertigen müssen.

Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb der Vorschlag von anderen Lehrern, Schülern eine höhere Kopfnote als die von der Klägerin befürwortete zu geben, nicht auf einer zulässigen fachlichen Entscheidung beruht habe. Es handle sich um einen normalen Vorgang im pädagogischen Alltag und nicht um eine Persönlichkeitsverletzung der Klägerin.

Wenn Herr B eine Beschwerde nicht an die Klägerin weitergeleitet habe, um sie von Unannehmlichkeiten fernzuhalten, liege auch darin kein ihre Würde verletzendes Verhalten.

Auch die fehlende Unterrichtung über eine Beschwerde, die den Mädchensport betroffen habe, und eine Äußerung von Herrn B , er finde die Handhabung der Klägerin auch nicht gut, stellten keine Persönlichkeitsverletzung der Klägerin dar. Nach dem Vortrag des Beklagten habe Herr B ausdrücklich darauf hingewiesen, die Schüler sollten selbst mit der Klägerin sprechen.

Die Anordnung, die Klassenfahrt gemeinsam mit Herrn B durchzuführen, könne nicht beanstandet werden, da Herr B als Klassenlehrer teilgenommen habe. Es seien auch externe Teamer für die Betreuung der Schüler vorhanden gewesen. Wenn die zusätzliche Teilnahme einer weiteren Lehrerin an der Klassenfahrt nicht genehmigt worden sei, stelle dies keine Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin dar.

Gleiches gelte für die Ablehnung einer Durchsuchung der Räumlichkeiten auf unerlaubte alkoholische Getränke. Herr B habe die Schüler befragt, nachdem ein entsprechender Verdacht von der Klägerin geäußert worden sei, und deren Antwort für ausreichend gehalten. Wenn die Klägerin damit nicht zufrieden gewesen sei, so stelle sich dies als eine von ihr hinzunehmende Meinungsverschiedenheit dar. Die anschließend von den Teamern durchgeführte Durchsuchung der Zimmer habe einen erheblichen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Schüler dargestellt und die Stimmung auf der Fahrt erheblich beeinträchtigt. Die anschließende Äußerung von Herrn B , die Klägerin sei militant und habe sich nicht genug um die Schülerinnen gekümmert, sei von dem Grundrecht der freien Meinungsäußerung gedeckt gewesen.

Die Anweisung an die Klägerin, Vorschläge für die Schaffung eines vertrauensvollen Klimas zu erarbeiten, habe keine Schuldzuweisung in einem Konflikt der Klägerin mit Schülern und Eltern dargestellt, sondern sei der Versuch einer Konfliktlösung gewesen.

Ebenfalls sei im Zusammenhang mit einer ärztlich angeordneten Begrenzung der Tätigkeit der Klägerin auf 4 Stunden Unterricht pro Arbeitstag keine Verletzung des Persönlichkeitsrechts erfolgt. Soweit zunächst diese Einschränkung bei der Stundenzuweisung nicht beachtet worden sei, habe sich dies nach einer Beschwerde der Klägerin geändert. Soweit sie die Unterrichtsstunden nicht hintereinander habe ableisten können, sondern zwischen den Unterrichtsstunden Freistunden gelegen hätten, liege ebenfalls keine entwürdigende Behandlung der Klägerin vor. Es könne vielmehr Folge des bestehenden Stundenplans gewesen sein. Die Freistunden habe die Klägerin zur Erholung oder sonstigen Tätigkeiten nutzen können.

Auch durch die Vertretung in fachfremden Fächern sei die Klägerin nicht herabgesetzt worden.

Die behauptete Äußerung von Herrn B , die Klägerin bekomme es nicht geregelt, sei nicht im Zusammenhang dargestellt worden.

Eine Herabsetzung der Klägerin sei nicht darin zu sehen, dass sie während der zentralen Abschlussprüfung ihrer Klasse mit einer anderen Klasse den Schulzahnarzt habe aufsuchen müssen.

Gleichfalls stelle sich die Absage der Tanzaufführung bei der Schulleiterverabschiedung nicht als Teil einer Kette von Mobbinghandlungen dar. Der Beklagte habe dafür einen sachlichen Grund angeführt.

Eine etwaige Äußerung einer Lehrerkollegin am 1. April 2011 gegenüber einem anderen Lehrer, warum die Klägerin nicht endlich ihre Stelle frei mache, sei dem Beklagten nicht zuzurechnen. Im Übrigen sei die Äußerung zu einem Zeitpunkt erfolgt, als die Klägerin bereits ¾ Jahr arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei.

Die Abmahnung vom 3. Mai 2011 sei keine Mobbinghandlung gewesen. Der Beklagte habe aus seiner Sicht berechtigten Anlass gehabt, die Dienstfähigkeit der Klägerin durch einen Amtsarzt überprüfen zu lassen. Nachdem die Klägerin einer entsprechenden Anordnung des Beklagten nicht nachgekommen sei, habe er unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes die Abmahnung erteilt. Auch durch das Einstellen der Entgeltzahlung habe der Beklagte nur Klarheit darüber erhalten wollen, ob die Klägerin tatsächlich noch dienstfähig gewesen sei.

Stellten sich die von der Klägerin angeführten 18 Einzelvorgänge nicht als „Mobbing“ dar, so könnten sie dies auch nicht bei einer Gesamtschau sein. Es liege keine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vor, was Voraussetzung für einen Schmerzensgeldanspruch sei.

Das Urteil ist der Klägerin am 30. September 2011 zugestellt worden. Sie hat hiergegen am 28. Oktober 2011 Berufung einlegen und diese am 24. November 2011 begründen lassen.

Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie meint weiterhin, die Schulleitung habe sie über einen längeren Zeitraum immer wieder gegenüber Eltern und Schülern bloßgestellt, wodurch sie Autorität verloren habe. Zudem habe sie Zweifel an ihren fachlichen Entscheidungen zum Ausdruck gebracht und ihre berufliche Reputation angegriffen. Es sei dadurch für sie eine letztlich krank machende Arbeitsatmosphäre entstanden, die zur Dienstunfähigkeit geführt habe. Das Arbeitsgericht habe fehlerhafterweise nur die einzelnen Vorgänge geprüft, ohne zu berücksichtigen, dass gerade durch die Gesamtschau auf ein systematisches Vorgehen gegen sie geschlossen werden müsse. Im Übrigen habe das Arbeitsgericht aber auch die einzelnen Vorgänge falsch bewertet. Sie wiederholt dann im Wesentlichen ihr Vorbringen, sie sei nach der Ermordung der Schülerin H ohne pädagogische Unterstützung der Schulleitung geblieben, Herr B hätte ihre Entscheidung, mit einer Kerze an H zu erinnern, respektieren müssen, Herr B und der damalige Schulleiter, Herr Mö , hätten sie bei der Auseinandersetzung mit dem Schüler Leon Christ nicht unterstützt, z. B. durch Herausnahme des Schülers aus ihrer Klasse, und dadurch das Vertrauen der Schüler und Eltern in ihre Kompetenz erschüttert. Über die Aufhebung der Anordnung der Klassenkonferenz, dass der Schüler S Sozialstunden in einem Altenheim zu leisten habe, sei sie ebenso wenig unterrichtet worden wie über die vorzeitige Rückgabe des Mobiltelefons an die Schülerin M . Es sei üblich, dass sich das Lehrerkollegium dem Kopfnotenvorschlag der Klassenlehrerin anschließe. Nur Herr B habe die von ihr vorgeschlagenen Kopfnoten signifikant nach oben abgeändert. Durch die fehlende Unterrichtung über bei der Schulleitung eingegangene Beschwerden, auch der über ihren Mädchensport, sei ihr die Möglichkeit genommen worden, den Konflikt unmittelbar mit den Schülern und Eltern zu klären. Ihr gegenüber sei nicht begründet worden, weshalb trotz ihres Konflikts mit Herrn B keine weitere Lehrerin für die Klassenfahrt nach W eingeteilt worden sei. Die Anordnung von Herrn B , trotz ihrer Beobachtung die Zimmer nicht zu durchsuchen, habe einen Angriff auf ihre pädagogische Kompetenz dargestellt. Auch im Konflikt um die weitere Klassenfahrt sei sie von der Schulleitung nicht unterstützt worden, sondern als Schuldige dargestellt worden durch die Anordnung, sich Verbesserungen zu überlegen. Die Äußerung der stellvertretenden Schulleiterin, Frau L , über eine Mehrbelastung der Kollegen aufgrund ihrer gesundheitlichen Einschränkungen sei geeignet gewesen, sie in einem ungünstigen Licht darzustellen. Tatsächlich sei sie für nur eine einzige Wochenstunde ausgefallen. Auch durch die Verteilung der Schulstunden – keine aufeinanderfolgenden Schulstunden, sondern Freistunden zwischen den Schulstunden – sei bezweckt worden, ihr die Arbeit zu erschweren. Gleiches gelte für die Einteilung für fachfremden Vertretungsunterricht, obwohl ein Fachlehrer (Herr N ) zur gleichen Zeit Freistunden gehabt habe. Dies zeige, dass der Beklagte systematisch gegen sie vorgegangen sei. Obwohl es bei dem Beklagten üblich sei, dass der betreffende Fachlehrer die Aufsicht bei den zentralen Abschlussprüfungen führe, sei sie für die Begleitung zum Schulzahnarzt eingeteilt worden. Es sei weder nachvollziehbar, weshalb die Tanz-AG auf der Schulleiterverabschiedung nicht habe auftreten dürfen, noch sei dies mit ihr zuvor besprochen worden. Es sei ihr verwehrt worden, ihre erfolgreiche Arbeit zu präsentieren. Die Äußerung einer Kollegin, weshalb sie die Stelle nicht endlich frei mache, zeige, dass sich zumindest ein Teil des Lehrerkollegiums ihr Ausscheiden gewünscht habe. Der Beklagte könne zwar berechtigt gewesen sei, sie wegen der Verweigerung einer amtsärztlichen Untersuchung abzumahnen. Jedoch sei es nicht gerechtfertigt gewesen, die laufenden Entgeltzahlungen einzustellen und sie dadurch zeitweise in eine existentielle Notlage zu bringen.

Im Mai 2009 habe die Bezirksregierung bei ihr eine sogenannte Revision durchgeführt, die Voraussetzung für eine Bewerbung auf eine Konrektorenstelle sei. Sie habe die Note „übertrifft die Anforderungen“ erzielt, was der Note „gut“ entspreche. Ohne die von dem Beklagten herbeigeführte Erkrankung wäre sie vermutlich bereits auf eine Konrektorenstelle befördert worden. Sie führe derzeit eine Konkurrentenklage gegen das Land R wegen der Besetzung einer dort ausgeschriebenen Konrektorenstelle mit einem anderen Bewerber.

Sie beziehe nunmehr Versorgungsbezüge in Höhe von monatlich EUR 1.651,84 brutto und damit deutlich weniger als das bis zum 1. August 2011 bezogene monatliche Entgelt.

In der mündlichen Verhandlung am 29. Februar 2012 vor dem Berufungsgericht hat die Klägerin persönlich erklärt: Ihr Anfang in der Schule zu Beginn des Jahres 2007 sei positiv gewesen. Nach einem halben Jahr hätten die Schwierigkeiten begonnen, und zwar mit dem damaligen Schulleiter, Herrn Mö , nur punktuell, aber mit dem damaligen stellvertretenden Schulleiter und jetzigen Schulleiter, Herrn B , systematisch. Mit Herrn B habe sie Probleme in der Zusammenarbeit gehabt. Sie habe zuvor weder Depressionen gehabt, noch an Magenbeschwerden aufgrund der Arbeitssituation gelitten. Das erste belastende Ereignis sei der Tod der Schülerin H gewesen. Sie habe vermisst, dass sie nicht von der Schulleitung angesprochen worden sei, dass niemand mit ihr in die Klasse gegangen sei. Ihr über 100 %-iger Einsatz und dass sie sich aufgerieben habe, sei nicht gewürdigt worden. Er sei als selbstverständlich betrachtet worden. Es habe die Wertschätzung gefehlt.

Herr Möller habe eine gute Leistungsbeurteilung erstellt. Sie sei in dem Leistungsbericht vom 22. Mai 2009, den Herrn B aus Anlass ihrer dienstlichen Beurteilung durch die Bezirksregierung Kö erstellt habe, wörtlich abgeschrieben worden. Sie vermute, dass man sie habe wegloben wollen.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Siegburg vom 28. September 2011 – 2 Ca 1348/11 – den Beklagten zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe nicht unter EUR 50.000,00 betragen sollte, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9. Juni 2011.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen zu den einzelnen Vorgängen. Das Vorbringen der Klägerin zeige das Grundproblem der Klägerin bei ihrer Wahrnehmung: Sie stelle ihre eigenen Entscheidungen als die einzig richtigen dar und wolle die von ihr für richtig gehaltene Vorgehensweise den anderen Beteiligten aufoktroyieren. Sie erkenne andere Meinungen nicht an und bewerte sie sogar als Mobbingattacken. Insbesondere habe die Klägerin nicht von sich aus die Kommunikation mit der Schulleitung bei Beanstandungen gesucht. Auch sei die Klägerin nicht anders behandelt worden als die anderen Lehrer z. B. bei der Anordnung, dass nur die Klassenlehrer die Schüler auf der Fahrt nach W begleiteten, bei der Einteilung für fachfremden Vertretungsunterricht und bei der Aufsicht der Klasse während der zentralen Abschlussprüfung. Auch sei nicht nur der Auftritt der Tanz-AG auf der Schulleiterverabschiedung abgesagt worden, sondern weitere Programmpunkte und auch Grußworte. Zu Recht sei die Klägerin wegen der Verweigerung der berechtigterweise angeordneten amtsärztlichen Untersuchung abgemahnt worden. Ihr sei auch die Aussetzung der Bezügezahlungen vorher angedroht worden. Weil die Klägerin nicht alle erforderlichen Informationen über Vordienstzeiten, die für die Ruhegeldzahlungen relevant seien, mitgeteilt habe, sei ihr die Absenkung oder Aussetzung der zunächst geleisteten Abschlagszahlungen auf das Ruhegeld zulässigerweise angedroht worden.

Die Klägerin sei an Depressionen erkrankt, die nicht im Zusammenhang mit den Bedingungen am Arbeitsplatz stünden. Wenn das Handeln ihrer Mitarbeiter nicht immer den Wünschen der Klägerin entsprochen habe, so liege das daran, dass sie auch die Bedürfnisse von Schülern, Eltern, gesetzliche Vorgaben und die des Schulträgers hätten beachten müssen. Es habe kein systematisches Vorgehen gegen die Klägerin gegeben.

Der von der Klägerin geltend gemachte Schmerzensgeldanspruch sei auch der Höhe nach übersetzt. Vorgerichtlich habe die Klägerin einen Betrag in Höhe von EUR 15.000,00 verlangt.

In der mündlichen Verhandlung am 29. Februar 2012 vor dem Berufungsgericht hat der Gesamtleiter der Beklagten in den Einrichtungen in K , Herr K , erklärt:

Herr Mö sei von 2004 bis zum 1. Februar 2009 Leiter der Realschule gewesen. Herr B sei sein Stellvertreter gewesen. Ab 1. August 2009 sei Herr B der Schulleiter. Auf diese Stelle habe sich damals auch Herr N , der Lebensgefährte der Klägerin, vergebens beworben ebenso wie auf die Stelle des stellvertretenden Schulleiters. Nachfolgerin von Herrn B als stellvertretende Schulleiterin sei Frau L .

Nach dem Tod der Schülerin H , der eine ganz außergewöhnliche Belastung für Schüler/Eltern und Lehrer dargestellt habe, habe es einen Medienauflauf gegeben, was die Situation noch erschwert habe. Unterstützung sei gewährt worden durch Seelsorger aus der Umgebung und durch bei dem Beklagten beschäftigte Psychologen.

Es habe in der Schule eine flache Hierarchie bestanden. Die Türen zu den Zimmern der Vorgesetzten hätten offen gestanden, was die Klägerin bestreitet.

Im September 2011 sei bei dem Beklagten eine Mitarbeiterbefragung durch eine externe Stelle durchgeführt worden. Teilgenommen hätten 90 % der am Gymnasium Beschäftigten und 80 % der an der Realschule Beschäftigten. Es seien bei allen Fragen überdurchschnittliche Ergebnisse erzielt worden. Unterdurchschnittlich sei das Ergebnis bezüglich des Faktors „Stress“ gewesen. Der höhere Stress an den Schulen hänge mit dem im Vergleich zu anderen Schulen komplexeren Schulbetrieb zusammen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung ist zulässig.

Sie ist nach § 64 Abs. 2 b ArbGG statthaft und innerhalb der Fristen nach § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG eingelegt und begründet worden.

II. Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Klage auf Zahlung von Schmerzensgeld wegen „Mobbings“ abgewiesen.

1. „Mobbing“ ist kein Rechtsbegriff und damit auch keine mit einer Rechtsnorm vergleichbare selbständige Anspruchsgrundlage für Ansprüche eines Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber oder gegen Vorgesetzte bzw. Arbeitskollegen. Macht ein Arbeitnehmer konkrete Ansprüche aufgrund von Mobbing geltend, muss jeweils geprüft werden, ob der in Anspruch genommene Handelnde in den vom Kläger genannten Einzelfällen arbeitsrechtliche Pflichten, ein absolutes Recht des Arbeitnehmers im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB, ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB verletzt oder eine sittenwidrige Schädigung im Sinne des § 826 BGB begangen hat. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass es Fälle gibt, in welchen die einzelnen, vom Arbeitnehmer dargelegten Handlungen oder Verhaltensweisen seiner Arbeitskollegen, Vorgesetzten oder seines Arbeitgebers für sich allein betrachtet noch keine Rechtsverletzungen darstellen, jedoch die Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen zu einer Vertrags- oder Rechtsgutverletzung führt, weil deren Zusammenfassung aufgrund der ihnen zugrunde liegenden Systematik und Zielrichtung zu einer Beeinträchtigung eines geschützten Rechtes des Arbeitnehmers führt. Letzteres ist insbesondere dann der Fall, wenn unerwünschte Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Dies entspricht der in § 3 Abs. 3 AGG erfolgten Definition des Begriffs „Belästigung“, die eine Benachteiligung im Sinne des § 1 AGG darstellt. Da ein Umfeld grundsätzlich nicht durch ein einmaliges, sondern durch ein fortdauerndes Verhalten geschaffen wird, sind alle Handlungen bzw. Verhaltensweisen, die dem systematischen Prozess der Schaffung eines bestimmten Umfeldes zuzuordnen sind, in die Betrachtung mit einzubeziehen. Demzufolge dürfen einzelne zurückliegende Handlungen/Verhaltensweisen bei der Beurteilung nicht unberücksichtigt gelassen werden (vgl. z. B. BAG, Urteil vom 28. Oktober 2010 – 8 AZR 546/09 – ).

Der Arbeitgeber hat gegenüber dem Arbeitnehmer bestimmte Fürsorge- und Schutzpflichten wahrzunehmen (§ 241 Abs. 2 BGB). Diese verbieten die Herabwürdigung und Missachtung des Arbeitnehmers, der einen Anspruch darauf hat, dass auf sein Wohl und seine berechtigten Interessen Rücksicht genommen wird, dass er vor Gesundheitsgefahren, auch psychischer Art, geschützt wird, und dass er keinem Verhalten ausgesetzt wird, das bezweckt oder bewirkt, dass seine Würde verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

Ob Rechte des Arbeitnehmers verletzt worden sind, ist aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung unter sorgsamer Würdigung aller Umstände des Einzelfalles zu beurteilen (vgl. BAG, Urteil vom 28. Oktober 2010 – 8 AZR 546/09 – ).

2. Das Arbeitsgericht hat unter Würdigung der beiderseitigen Erklärungen der Parteien zu den einzelnen Vorfällen festgestellt, dass die einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen weder für sich genommen, noch in einer Gesamtschau rechtsverletzenden Charakter haben, und dies eingehend begründet. Diesen Ausführungen schließt sich das Berufungsgericht nach Würdigung des weiteren Vorbringens vollinhaltlich an.

Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren die Bewertungen der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen durch das Arbeitsgericht angreift, wiederholt sie im Wesentlichen ihr Vorbringen und ihre andere – subjektive – Bewertung der Vorgänge.

Soweit sie bemängelt, das Arbeitsgericht habe es unterlassen, durch eine Gesamtschau den rechtsverletzenden Charakter der Handlungen oder Verhaltensweisen und die ihnen zugrunde liegende Systematik und Zielrichtung festzustellen, gilt Folgendes:

Die einzelnen Konflikte offenbaren, dass unterschiedliche Ansichten zwischen der Klägerin und der Schulleitung über das richtige Verhalten gegenüber Schülern und Eltern bei bestimmten Auseinandersetzungen bestanden haben. Es kommt hinzu, dass sich die Klägerin allein gelassen (Fall H ) bzw. übergangen (Fälle C , S und M ) und nicht richtig in ihrer Stellung als Klassenlehrerin (Klassenfahrt) und nicht als besonders engagierte Lehrerin (Tanz-AG) gewürdigt fühlte. Es bestanden auch unterschiedliche Vorstellungen über die Kopfnotenbewertung von Schülern. Zudem kann angenommen werden, dass das Verhältnis zwischen der Klägerin und dem jetzigen Schulleiter, Herrn B , belastet war, vornehmlich aufgrund abweichender pädagogischer Konzepte bei Konflikten mit Schülern (wie z. B. Alkoholkontrolle in W ).

Solche schultypischen Konflikte sind üblicherweise in Gesprächen zwischen dem sich benachteiligt fühlenden Lehrer und der Schulleitung sowie dem Lehrerkollegium zu erörtern mit dem Ziel, sie beizulegen. Dabei kann es dem betroffenen Lehrer obliegen, derartige Gespräche anzustoßen, insbesondere wenn die erhebliche Auswirkung der Konflikte auf seine Gesundheit für die Schulleitung und die anderen Lehrer so nicht erkennbar ist. Was anderes gilt, wenn es sich von vornherein um ein systematisches und zielgerichtetes Anfeinden handelt.

Es sind aber im vorliegenden Fall keine begründeten Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass es sich bei den von der Klägerin gerügten Handlungen oder Verhaltensweisen um ein systematisches und zielgerichtetes Anfeinden durch die Schulleitung oder (nur) den damals stellvertretenden Schulleiter, Herrn B , oder aber das Lehrerkollegium gehandelt hat. Es fehlt schon die bei solchen Mobbinghandlungen typische übergreifende Zielsetzung: Weder hatte der Klägerin die Eingliederungsbereitschaft bei Beginn der Beschäftigung gefehlt, noch sollte – konfliktauslösend – die von ihr bekleidete Stelle für eine andere Lehrkraft freigemacht werden, noch gab es ein tiefgehendes Zerwürfnis zwischen ihr und der Schulleitung oder einem anderen Lehrer. Im Gegenteil waren ihre fachlichen Leistungen durch schriftliche Bewertungen sowohl von Herrn Mö als auch später durch Herrn B anerkannt worden. Die gute Beurteilung durch die Bezirksregierung stützt sich in wesentlichen Teilen auf den von Herrn B erstellten Leistungsbericht, insbesondere auch zu der Fähigkeit mit Schülerinnen und Schülern, Lehrkräften, Erziehungsberechtigten, Schulleitungsmitgliedern inhalts- und prozessbezogen umgehen zu können (Leitungs- und Koordinationstätigkeiten), und über ihre fundierten Fachkenntnisse, ihre Fortbildung und ihre erweiterten Einsatzmöglichkeiten im Bereich der Schule (Fachkenntnisse). Wenn sie dies als den Versuch wertet, sie von der Schule wegzuloben, so zeigt dies ein grundlegendes Misstrauen gegenüber allem, was von der Schulleitung kommt, und eine tiefe Enttäuschung über die aus ihrer Sicht fehlende Würdigung ihres überobligationsmäßigen Einsatzes an der Schule.

Ob dies an Defiziten bei der Personalführung durch die Schulleitung liegt, braucht hier nicht beantwortet zu werden. Jedenfalls erfüllt dies nicht das, was rechtlich unter „Mobbing“ als Voraussetzung für einen Schmerzensgeldanspruch zu verstehen ist.

Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge nach § 97 ZPO zurückzuweisen.

Die Revision war nicht zuzulassen. Es handelt sich um einen Einzelfall, bei dem sich keine grundlegenden Rechtsfragen stellten, die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch nicht beantwortet sind.

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