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Schmerzensgeldanspruch nach § 82 DSGVO – Datenschutzverstoß

Kostentragung nach § 12a ArbGG

Landesarbeitsgericht Köln – Az.: 2 Sa 358/20 – Urteil vom 14.09.2020

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 12.03.2020, Aktenzeichen

5 Ca 4806/19 wird auf deren Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schmerzensgeldansprüche aus § 82 DSGVO sowie um die Erstattung von Rechtsanwaltskosten.

Die Klägerin war vom 01.10.2013 bis zum 31.08.2018 bei der Beklagten als Professorin für das Lehrgebiet Medien- und Eventmanagement am Standort K beschäftigt. Im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses speicherte die Beklagte das Profil der Klägerin und verlinkt dies auf ihrer Homepage. Dieses Profil war ursprünglich als PDF gefertigt worden. Im Jahr 2015 stellte die Beklagte ihre Homepage auf HTML um. Dabei wurde übersehen, dass das Profil der Klägerin als PDF weiterhin im Internet abrufbar blieb.

Am 11.07.2018 verständigten sich die Parteien auf einen Aufhebungsvertrag zum 31.08.2018. Gleichzeitig wurde vereinbart, dass die Beklagte bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Profil der Klägerin nebst Foto von der Website sowie das Intranet-Profil löscht. Mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses war von der Homepage der Beklagten aus ein Link zur Klägerin nicht mehr vorhanden. Auch das Intranet Profil war gelöscht. Es wurde übersehen, dass das isolierte PDF im Internet abrufbar blieb.

Im Februar 2019 entdeckte die Klägerin dies. Sie hatte ihren Namen gegoogelt. Das PDF war unter den ersten zehn Treffern aufzurufen.

Die Klägerin beauftragte ihren auch mit der vorliegenden Prozessführung bevollmächtigten Rechtsanwalt, welcher sich mit Schreiben vom 18.03.2019 an die Beklagte wandte und die Löschung des Profils sowie weiterer Artikel über vergangene Forschungsvorhaben der Klägerin forderte. Die Beklagte kam dem unverzüglich nach. Die Klägerin vertritt die Ansicht, dass die Beklagte ihr die Rechtsanwaltskosten i.H.v. 413,64 € gerechnet auf einem Streitwert von 4.000,00 € erstatten müsse.

Die Klägerin zeigte die Datenverarbeitung auch bei der Datenschutzbeauftragten des Landes B , in dem die Beklagte ihren Hauptsitz hat, an. Diese erteilte der Beklagten eine Rüge wegen des übersehenden PDF. Die Datenschutzbeauftragte kam im Übrigen zu dem Ergebnis, dass der Aufhebungsvertrag nur eine Regelung zu der Verlinkung des Profils der Klägerin auf der Homepage und im Intranet der Beklagten enthalte. Diese Vereinbarungen habe die Beklagte mit Ende des Arbeitsverhältnisses erfüllt. Berichterstattungen über einzelne von der Klägerin durchgeführte Projekte seien bis zu deren Widerruf mit Anwaltsschreiben vom 18.03.2019 als genehmigte Datenverarbeitung zulässig gewesen. Die Beklagte hat die Projektberichterstattung unverzüglich nach Eingang des Schreibens vom 18.03.2019 anonymisiert.

Mit Schreiben vom 01.04.2019 verlangte die Klägerin über ihren Prozessbevollmächtigten ein Schmerzensgeld i.H.v. 1.000,00 € aus § 82 DSGVO wegen der unberechtigten Vorhaltung des PDF auf dem Server der Beklagten. Weiterhin machte die Klägerin geltend, dass die Beklagte zum vollständigen Schadensersatz verpflichtet sei. Hierunter fielen auch die Kosten, die durch die außergerichtliche Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten angefallen sind. Insoweit müsse die Beklagte sie von den Kosten freistellen, die wegen der Inanspruchnahme der Rechtsschutzversicherung und der daraus resultierenden Erhöhung der Selbstbeteiligung in künftigen Rechtsstreitigkeiten entstehen. Gleiches gelte auch für die erstinstanzlichen Anwaltskosten des Schmerzensgeldverfahrens. § 12a ArbGG müsse wegen der Unabdingbarkeit von Art. 82 DSGVO als europäische Verordnung unangewendet bleiben.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie ein Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, das jedoch 1.000,00 € nicht unterschreitet;

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB aus 1.000,00 € seit dem 12.04.2019 zu zahlen;

3. die Beklagte zu verurteilen, an sie als Nebenforderung 413,64 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 29.03.2019 zu zahlen;

4. die Beklagte zu verurteilen, sie von den Selbstbeteiligungskosten freizustellen, die sie aufgrund der Inanspruchnahme ihrer Rechtsschutzversicherung in diesem Verfahren und der daraus resultierenden Erhöhung der Selbstbeteiligung der Klägerin in künftigen Rechtsstreitigkeiten entstehen;

hilfsweise zu Ziffer 4.

festzustellen, dass die Beklagte die Klägerin von solchen Kosten freizustellen hat, die ihr aufgrund der Inanspruchnahme ihrer Rechtsschutzversicherung in diesem Verfahren und der daraus resultierenden Erhörung der Selbstbeteiligung in künftigen Rechtsstreitigkeiten entstehen;

5. die Beklagte zu verurteilen, ihr die Kosten des Rechtsstreit einschließlich der erstinstanzlichen kosten wegen Zeitversäumnis der Klägerin und für die Zuziehung ihres Prozessbevollmächtigten aufzuerlegen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat der Klägerin Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO i.H.v. 300,00 € zugesprochen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Es hat in der Vorhaltung des PDF eine Persönlichkeitsrechtsverletzung gesehen, die einen Bagatellfall überschreitet.

Den Kostenerstattungs- und Freistellungsanspruch hat das Arbeitsgericht abgelehnt, da § 12a ArbGG in seiner Wirkung nicht durch die DSGVO eingeschränkt werde. Das materielle deutsche Prozessrecht behalte seine Geltung.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung.

Schmerzensgeldanspruch nach § 82 DSGVO - Datenschutzverstoß
(Symbolfoto: Von microstock3D/Shutterstock.com)

Die Klägerin begründet den Anspruch auf ein einen um 700,00 € höheren Ersatz des immateriellen Schadens damit, dass das Arbeitsgericht lediglich zwei Teilaspekte, nämlich den Verschuldensgrad und die Intensität der Rechtsverletzung berücksichtigt habe. Der immaterielle Schaden müsse allerdings auch anhand der Grundsätze der Lizenzanalogie berechnet werden. Es sei zu berücksichtigen, zu welchem Preis der Verletzte mutmaßlich dem Verletzer die Nutzung des hier streitigen PDF für die Zeit von Ende des Arbeitsverhältnisses bis zu dessen Löschung eingeräumt hätte.

Dabei sei zum einen zu berücksichtigen, dass die Klägerin einen Reputationsschaden für sich fürchte, da es Mängel im Akkreditierungsverfahren der Beklagten als private Hochschule gegeben habe. Zudem sei das Vorhalten des PDF im Internet werbewirksam für die Beklagte. Die Website der Beklagten werde wegen der Generierung von Seitenbesuchen attraktiver.

Zudem könnten Hochschulinteressenten wegen des PDF der Klägerin mit der Beklagten einen Studienvertrag abschließen. Aus diesem erziele die Beklagte Studiengebühren von 595,00 € monatlich, bei einer Studiendauer von regelmäßig 3,5 Jahren, somit einen Umsatz von rund 25.000,00 €.

Die Beklagte hat hierzu unwidersprochen vorgetragen, es habe nur zwei Abrufe des PDF gegeben, nämlich denjenigen der Klägerin und einen ihres Prozessbevollmächtigten.

Die Klägerin vertritt weiterhin die Ansicht, dass die Rechtsverfolgungskosten sowohl des Entfernungsanspruchs als auch des Schadensersatzanspruchs im vorliegenden Verfahren von der Beklagten erstattet werden müssten. Es handele sich um kausal durch den Datenschutzverstoß entstandene Kosten.

Da es sich bei der DSGVO um eine europarechtliche Verordnung handele, dürfe der deutsche Gesetzgeber keinerlei Einschränkungen hinsichtlich der Höhe des Schadensersatzes gegenüber den Regelungen der DSGVO vornehmen. Denn dies sei eine Ausgestaltung des Ersatzanspruchs. Damit müsse § 12a ArbGG zumindest insoweit unangewendet bleiben, soweit die Rechtsprechung ihn auch auf den materiellen Kostenanspruch ausdehnt und nicht lediglich auf den prozessualen anwendet. Dabei erläutert die Klägerin die im folgenden wiedergegebenen Berufungsanträge dahin, dass der Hauptantrag die Kostenerstattung im Wege der Kostenfestsetzung beinhalte, der Hilfsantrag solle den materiellrechtlichen Anspruch unmittelbar durch Leistungsbefehl im Urteil aussprechen.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des am 12.03.2020 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Köln, Az. 5 Ca 4806/19,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie ein Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, das jedoch weitere 700,00 € nicht unterschreitet;

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB aus 700,00 € seit dem 12.04.2019 zu zahlen;

3. die Beklagte zu verurteilen, als Nebenforderung an die H -Rechtsschutzversicherung AG, W Straße 2, C , 263,64 € und an die Klägerin 150,00 € jeweils zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 29.03.2019 zu zahlen;

Hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin als Nebenforderung 413,64 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 29.03.2019 zu zahlen;

4. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von den Selbstbeteiligungskosten freizustellen, die der Klägerin aufgrund der Inanspruchnahme ihrer Rechtsschutzversicherung in diesem Verfahren und der daraus resultierenden Erhöhung der Selbstbeteiligung der Klägerin in künftigen Rechtsstreitigkeiten entstehen;

5. der Beklagten die Kosten des Rechtsstreit einschließlich der erstinstanzlichen Kosten wegen Zeitversäumnis der Klägerin und für die Zuziehung ihrer Prozessbevollmächtigten aufzuerlegen;

hilfsweise zu der obenstehenden Fassung der Ziffer 4 festzustellen, dass die Beklagte die Klägerin von solchen Kosten freizustellen hat, die der Klägerin aufgrund der Inanspruchnahme ihrer Rechtsschutzversicherung in diesem Verfahren und der daraus resultierenden Erhörung der Selbstbeteiligung der Klägerin in künftigen Rechtsstreitigkeiten entstehen;

hilfsweise zu der obenstehenden Fassung der Ziffer 5 die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 384,68 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 06.05.2020 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie tritt dem erstinstanzlichen Urteil bei. Einen Reputationsschaden sieht sie bei der Klägerin nicht gegeben, da keine wesentlichen Mängel der Reakkreditierung der Beklagten entgegenstünden. Wenn überhaupt, könne die Beklagte einen Reputationsschaden durch die Klägerin erleiden. Im Übrigen gebe es für die Kostenerstattung keinerlei Anspruchsgrundlage.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 313 ZPO auf den Inhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige und fristgerechte Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Auch der außerhalb der Berufungsbegründungsfrist geänderte Antrag zu Z. 3 stellt lediglich die Konkretisierung des bisher nicht bezifferten Anspruchs dar. Diese Antragsänderung war sachdienlich. Die Beklagte hat sich hierzu eingelassen.

Der Klägerin steht kein weiterer Schadensersatzanspruch aus Art. 82 DSGVO zu.

Dabei kann dahinstehen, ob der zugesprochene immaterielle Schadensersatz nicht bereits zu hoch war, da die Beklagte insoweit zur Verknappung des Prozessstoffes keine Anschlussberufung eingelegt hat.

Die erkennende Kammer tritt den Überlegungen des Arbeitsgerichts zur Bemessung des immateriellen Schadens bei der versehentlichen Aufrechterhaltung der Sichtbarkeit des PDF mit dem Profil der Klägerin auf dem Server der Beklagten bei. Der Verschuldensgrad ist sehr gering. Nach der Umstellung des Dateiformats des Internetauftritts im Jahr 2015 liegt eine Nachlässigkeit der Beklagten vor, nicht vollumfänglich geprüft zu haben, ob weiterhin alte Dateiformate abrufbar waren. Zum Zeitpunkt der Umstellung war zudem die Klägerin als Arbeitnehmerin und Lehrende der Beklagten nicht berechtigt, die Löschung des PDF zu verlangen, da die Darstellung der Lehrenden für eine Hochschule unverzichtbarer Inhalt eines Internetauftritts und damit der erforderlichen Datenverarbeitung war.

Richtig hat das Arbeitsgericht auch gewertet, dass die Intensität der Rechtsverletzung marginal war. Die veröffentlichen Tatsachen über die Klägerin waren inhaltlich richtig, allein das Logo der Beklagten auf dem Profil ermöglichten nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses den fehlerhaften Rückschluss, die Klägerin sei auch im Zeitpunkt des Abrufs des PDF noch Lehrende der Beklagten. Zwar mag es sein, dass das PDF unter den ersten zehn Einträgen der Suchmaschine Google bei einer Suche nach dem Namen der Klägerin erschien. Wie viele Personen tatsächlich dann das PDF angeklickt haben, um es vollständig zu lesen (nach dem Vortrag der Beklagten, welcher nicht bestritten wurde, soll es nur zwei Zugriffe gegeben haben), ist nicht nachgewiesen.

Allerdings hat die Klägerin keine Rückmeldung von Dritten zu diesem veralteten Profil erhalten und im Prozess vorgetragen. Entscheidend für die Intensität der Wahrnehmung des PDF wäre hierbei, welche Suchergebnisse die ersten neun Google Einträge beinhalteten. Üblicherweise werden bei einer Namenssuche, die einer Personeninfo dienen soll, die Einträge in der Reihenfolge ihres Erscheinens angeschaut, da dem Googlenutzer bekannt ist, dass die Einträge mit den meisten Klicks, in der Regel aber auch die neueren Beiträge zuerst angezeigt werden. Ob dann der Googlenutzer überhaupt spätere Einträge öffnet, hängt damit davon ab, ob das Informationsbedürfnis bei der Namenssuche bereits vorher ausreichend befriedigt ist. Da das PDF auch nur eine relativ kurze Zeit nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses überhaupt auffindbar war, aber niemand Kontakt zur Klägerin gesucht hat, um ihr von der fehlerhaften Veröffentlichung Mitteilung zu machen, kann davon ausgegangen werden, dass das bei Google auffindbare Suchsuchergebnis für Personen, die sich für die Klägerin interessierten und deshalb ihren Namen gegoogelt haben, eher uninteressant war.

Es kann auch ausgeschlossen werden, dass sich eine Vielzahl von Googlenutzern nach dem Lesen des PDF der Homepage der Beklagten zugewandt haben. Denn eine direkte Verlinkung war nicht gegeben. Um die Homepage der Beklagten aufzurufen hätte ein Benutzer diese in eine neue Suchmaske eingeben müssen. Dann allerdings hätte er sofort feststellen können, dass die Klägerin nicht mehr zu den Lehrenden gehört.

Fernliegend ist auch die von der Klägerin angezogene Lizenzanalogie. Es ist nicht erkennbar, dass für die Beklagte irgendein Mehrwert durch die kurzzeitige Aufrechterhaltung der Sichtbarkeit des PDF mit dem Profil der Klägerin und dem Logo der Beklagten im Internet verbunden war. Ein potentieller Studierender, der tatsächlich überlegt, einen Vertrag mit der Beklagten abzuschließen, wird sich zuvor genauer und aktuell über die Homepage der Beklagten mit deren Lehrangeboten auseinandersetzen. Dabei war unmittelbar festzustellen, dass die Klägerin nicht mehr zu den Lehrenden zählt. Wenn es gleichwohl zum Vertragsschluss kam, so war dies jedenfalls dann unabhängig von der Person der Klägerin.

Auch ein Reputationsschaden der Klägerin ist fernliegend. Sie beachtet dabei nicht, dass es auch eine große Anzahl von Personen gibt, die die Beklagte schätzen und dadurch die Klägerin somit an einer positiven Bewertung der Beklagten mittelbar teilhaben lassen. Insbesondere die Studierenden, die bei der Evaluation angegeben haben, mit den Leistungen der Beklagten zufrieden zu sein und alle Personen, die die Beklagte für eine gute Hochschule halten, nützen damit der Reputation der Klägerin. Damit ist ein Interesse an einer Nutzung des PDFs durch die Beklagte schon nicht gegeben. Ein hypothetischer „Verkaufswert“ ist nicht feststellbar.

Eine Erhöhung des immateriellen Schadensersatzes war auch nicht angezeigt, um zukünftige Verstöße zu vermeiden. Bereits das vorliegende Verfahren sowie die Rüge durch die Landesdatenschutzbeauftragte sind geeignet, bei der Beklagten den auch vom Schadensersatz erwünschten erzieherischen Effekt zu erzielen.

Der Klägerin steht der Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten wegen des geltend gemachten Anspruchs auf Entfernung des PDF nach Art. 17 Abs. 1 DSGVO nicht zu.

Unabhängig von den späteren Ausführungen zu § 12a ArbGG und dessen Geltung im Rahmen des Schadensersatzanspruchs nach Art. 82 DSGVO handelt es sich bei Art. 17 DSGVO um den Löschungsanspruch. Zwar mag es richtig sein, dass der deutsche Gesetzgeber insgesamt keine Einschränkung der in der DSGVO niedergelegten Rechte vornehmen kann, jedoch handelt es sich bei der Anwendbarkeit von § 12a ArbGG auf den Beseitigungsanspruch nicht um eine Ausgestaltung des Beseitigungsanspruchs. Die Kosten des Beseitigungsanspruchs regelt die DSGVO nicht, so dass es bei den allgemeinen deutschen Regeln aus § 12a ArbGG verbleibt.

Zudem folgt die erkennende Kammer im Übrigen der Kommentierung von Däubler 2. Aufl. EU DSGVO, Art. 82 Rn. 14 sowie Plath Becker, 2. Aufl., BDSG/DSGVO Art. 82 Nr. 8. Danach ist in all den Fällen, in denen die DSGVO keine ausdrückliche Regelung enthält, nationales Recht anwendbar. Damit sind jedenfalls auf die vorliegenden Ansprüche die allgemeinen Grundsätze über Mitverschulden, Verjährungsfristen und prozessuale Behandlung der Ansprüche anwendbar.

Vorliegend gilt für den Beseitigungsanspruch, dass die Klägerin auch nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses eine minimale Rücksichtnahme auf die Interessen der Beklagten hätte nehmen müssen. Diese hätte darin bestanden, die Beklagte durch einen kurzen Anruf, ein E-Mail oder auch eine andere schriftliche Notiz darauf aufmerksam zu machen, dass das PDF mit dem Profil der Klägerin im Internet noch abrufbar war. Erst dann, wenn die Beklagte hierauf nicht reagiert hätte, hätte die Klägerin sich anwaltlicher Hilfe bedienen können. Ohne vorherige Abmahnung war die Einschaltung eines Prozessbevollmächtigten nicht erforderlich, sodass die hierfür angefallenen Kosten nicht erstattungsfähig sind. Gerade das Rechtsinstitut der Abmahnung ist die Ausformung der gegenseitigen Rücksichtnahme im Arbeitsverhältnis und konkretisiert, dass dem Vertragspartner, auch dann, wenn der Vertrag beendet ist, zunächst die Gelegenheit eingeräumt werden muss, sein nachvertragliches Verhalten gesetzeskonform auszugestalten.

Hinsichtlich der weiteren Kostenerstattungsforderungen legt die erkennende Kammer Art. 82 DSGVO dahingehend aus, dass dieser nur den primären Schadensersatz hinsichtlich der immateriellen Schäden/Persönlichkeitsrechtsverletzungen, die durch einen Verstoß gegen die DSGVO entstanden sind, regelt. Sekundäre Schäden wie Vermögensschäden, die durch die Rechtsverfolgung des immateriellen Schadensersatzanspruchs entstehen, sind von der DSGVO nicht erfasst und bleiben damit entsprechend der Kommentierung bei Däubler (siehe oben) der Regelung durch nationales Recht vorbehalten.

Im Übrigen stellt die Regelung des § 12a ArbGG und die von der Rechtsprechung hieraus hergeleitete Wirksamkeit auch im materiellen Kostenerstattungsrecht letztlich keine Einschränkung des Schadensersatzes oder gar einen Nachteil von Arbeitnehmern dar, die von Datenschutzverstößen ihre Arbeitgeber betroffen sind. Denn durch die fehlende Kostenerstattung ist der Schadensersatz geltend machende Arbeitnehmer durchaus frei, wenigstens in erster Instanz einen höheren Anspruch geltend zu machen, ohne hierbei im Fall des Unterliegens die Kosten des Gegners erstatten zu müssen. Die Regelung fördert also sogar den Zweck des Art. 82 DSGVO, in dem sie das Risiko des Arbeitnehmers, einen zu hohen Schadensersatzbetrag zu fordern, absenkt. Vorliegend wäre aber jedenfalls bei einer Unanwendbarkeit des §12a ArbGG der Anteil der von der Klägerin der Beklagten zu erstattenden Kosten höher als umgekehrt. Die Regelung stellt sich damit ohnehin nicht als Einschränkung des Schadensersatzanspruchs, sondern da sie in beide Richtungen wirkt, als neutrale Kostenverteilungsregelung dar.

Wegen der zu hohen Klageforderung und des Unterliegens (mit Kostenpflicht) im Berufungsverfahren ist der Selbstbehalt der Klägerin bei ihrer Rechtsschutzversicherung ohnehin angefallen. Dieser und eine mögliche Beitragsverschlechterung sind damit unabhängig vom erstinstanzlichen Streit angefallen, so dass ein Schadensersatz durch die Beklagte wegen Verschlechterung der Rechtsschutzkonditionen keines falls geschuldet ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Die Revision wurde nicht zugelassen, da eine allgemeine Bedeutung für das Landesarbeitsgericht nicht erkennbar ist.

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