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Schwerbehinderten-Kündigungsschutz in Wartezeit – Anspruch auf Zwischenzeugnis

Ein Servicetechniker verlor seinen Job in der Probezeit – trotz Schwerbehinderung. Das Arbeitsgericht Erfurt entschied, dass die Kündigung rechtens war, da die Schwerbehinderung dem Arbeitgeber erst nach dem Kündigungsausspruch bekannt wurde. Obwohl der Techniker ein Gehalt von 4.000 Euro monatlich verdiente, spielte dies für das Urteil keine Rolle.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Arbeitsgericht Erfurt
  • Datum: 24.04.2024
  • Aktenzeichen: 4 Ca 1505/23
  • Verfahrensart: Klageverfahren im Arbeitsrecht
  • Rechtsbereiche: Arbeitsrecht, Kündigungsschutzrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Ein Servicetechniker, der von der Beklagten während der Probezeit gekündigt wurde. Er argumentiert, dass er durch die Kündigung aufgrund seiner Schwerbehinderung diskriminiert wurde und fordert die Erteilung einer Arbeitsbescheinigung.
  • Beklagte: Das Unternehmen, bei dem der Kläger als Servicetechniker beschäftigt war. Es bestreitet die Diskriminierung und die Notwendigkeit der Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Der Kläger wurde während seiner Probezeit zum 08.09.2023 gekündigt. Kurz nach der Kündigung informierte er seine Arbeitgeberin über seine anerkannte Schwerbehinderung. Er verlangte daraufhin ein qualifiziertes Endzeugnis und die Arbeitsbescheinigung gemäß § 312 SGB III.
  • Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage war, ob die Kündigung während der Probezeit rechtmäßig war, insbesondere in Anbetracht der nachträglich mitgeteilten Schwerbehinderung des Klägers und ob der Arbeitgeber zur Erteilung einer Arbeitsbescheinigung verpflichtet ist.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger die Arbeitsbescheinigung gemäß § 312 SGB III zu erteilen. Die Klage auf Kündigungsschutz und andere Anträge wurde abgewiesen.
  • Begründung: Die Kündigung war wirksam, da das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs noch keine sechs Monate bestand, was eine Kündigung ohne sozialen Rechtfertigungsgrund ermöglicht. Die Beklagte konnte die Schwerbehinderung bei Kündigungsausspruch nicht berücksichtigen, da sie davon nicht informiert war.
  • Folgen: Der Kläger erhält eine Arbeitsbescheinigung. Die Kündigung bleibt wirksam, und der Kläger hat keinen Anspruch auf ein Zwischenzeugnis. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Hintergründe zum Schwerbehinderten-Kündigungsschutz: Ein Fall im Fokus

Der Schwerbehinderten-Kündigungsschutz ist ein zentrales Instrument des Arbeitsrechts, um Menschen mit Behinderungen vor beruflicher Benachteiligung zu schützen. Das Kündigungsschutzgesetz und das Behindertengleichstellungsgesetz bieten diesen Personengruppen besondere rechtliche Garantien, die ihre Arbeitsplatzsicherheit gewährleisten sollen.

Für teilweise Schwerbehinderte gelten dabei spezifische Regelungen, die den Nachteilsausgleich und die berufliche Teilhabe sicherstellen. Der Schutz umfasst nicht nur den Aspekt der Kündigung, sondern auch Fördermöglichkeiten wie das betriebliche Eingliederungsmanagement und Ansprüche auf Arbeitszeitanpassungen. Die folgenden Ausführungen beleuchten einen konkreten Rechtsfall, der die Komplexität dieser Thematik verdeutlicht.

Der Fall vor Gericht


Probezeitkündigung trotz Schwerbehinderung rechtmäßig – Arbeitsgericht Erfurt bestätigt Wirksamkeit

Entlassungsgespräch zwischen einem Arbeitgeber und einem Techniker in einem deutschen Büro.
Probezeitkündigung trotz Schwerbehinderung rechtmäßig | Symbolfoto: Ideogram gen.

Ein Servicetechniker scheiterte vor dem Arbeitsgericht Erfurt mit seiner Klage gegen eine Probezeitkündigung. Der Mann war ab dem 1. April 2023 mit einer Bruttomonatsvergütung von 4.000 Euro befristet bis zum 31. März 2025 eingestellt worden. Im Arbeitsvertrag wurde eine sechsmonatige Probezeit mit einer Kündigungsfrist von zwei Wochen vereinbart.

Kündigungsschutz griff noch nicht

Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis am 21. August 2023. Erst nach Erhalt der Kündigung informierte der Mitarbeiter das Unternehmen über seine Schwerbehinderung, die ihm am 2. August 2023 bescheinigt worden war. Das Gericht bestätigte die Rechtmäßigkeit der Kündigung, da das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs noch keine sechs Monate bestanden hatte. Eine Soziale Rechtfertigung der Kündigung war daher nicht erforderlich.

Keine Zustimmung des Integrationsamts notwendig

Die Zustimmung des Integrationsamts zur Kündigung war nach § 173 Abs. 1 Ziffer 1 SGB IX nicht erforderlich. Auch die Anhörung eines Betriebsrats oder einer Schwerbehindertenvertretung war nicht notwendig, da der Kläger deren Existenz nicht nachweisen konnte. Das Unternehmen beschäftigte zum Zeitpunkt der Kündigung einschließlich des Klägers lediglich drei schwerbehinderte Arbeitnehmer.

Keine Diskriminierung wegen Schwerbehinderung

Das Gericht sah auch keine Diskriminierung des Mitarbeiters aufgrund seiner Schwerbehinderung. Da die Arbeitgeberin von der Schwerbehinderung erst nach Ausspruch der Kündigung erfuhr, konnte diese nicht ursächlich für die Kündigung gewesen sein. Zwar war dem Unternehmen bei der Einstellung bereits eine Behinderung im Umfang von 30 GDP bekannt, jedoch gab es keine Hinweise darauf, dass die Kündigung nach viermonatiger Beschäftigung auf dieser Behinderung beruhte. Nach Kenntniserlangung der Schwerbehinderung prüfte die Arbeitgeberin die Möglichkeit eines Arbeitsplatzwechsels, konnte jedoch keinen geeigneten Arbeitsplatz finden.

Streit um Arbeitszeugnis und Arbeitsbescheinigung

Der gekündigte Mitarbeiter hatte auch keinen Anspruch auf Änderung seines Endzeugnisses in ein Zwischenzeugnis. Das Gericht stellte klar, dass nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses kein Anspruch auf ein Zwischenzeugnis besteht. Erfolgreich war der Kläger lediglich mit seinem Antrag auf Erteilung der Arbeitsbescheinigung gemäß § 312 SGB III, da das Unternehmen nicht nachweisen konnte, diese bereits an die Arbeitsagentur übermittelt zu haben.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil verdeutlicht, dass der besondere Kündigungsschutz für schwerbehinderte Menschen während der ersten 6 Monate eines Arbeitsverhältnisses nicht gilt – auch wenn die Schwerbehinderung bereits besteht. Die Zustimmung des Integrationsamtes ist in dieser Zeit nicht erforderlich. Arbeitgeber sind jedoch verpflichtet, Arbeitsbescheinigungen nach § 312 SGB III auszustellen, wenn diese noch nicht nachweislich erfolgt sind.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie innerhalb der ersten 6 Monate Ihres Arbeitsverhältnisses gekündigt werden, können Sie sich auch als schwerbehinderte Person nicht auf den besonderen Kündigungsschutz berufen. Ihr Arbeitgeber muss in diesem Fall keine Zustimmung vom Integrationsamt einholen. Sie haben jedoch einen Rechtsanspruch auf die Ausstellung einer Arbeitsbescheinigung für die Arbeitsagentur – diese muss Ihr Arbeitgeber Ihnen in jedem Fall ausstellen. Dies ist wichtig für die Beantragung von Arbeitslosengeld und anderen Leistungen.

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Das Arbeitsrecht rund um Kündigungen, besonders in der Probezeit, ist komplex. Gerade bei Schwerbehinderung gilt es, Ihre Rechte zu kennen und sich gegenüber dem Arbeitgeber richtig zu verhalten. Unklare Situationen führen schnell zu Unsicherheiten und Fehlern, die Sie im Nachhinein teuer zu stehen kommen können. Wir beraten Sie umfassend zu allen Fragen rund um Kündigungsschutz und setzen Ihre Ansprüche durch. Sprechen Sie uns an und lassen Sie uns gemeinsam Ihre Situation analysieren.

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Häufig gestellte Fragen zum Thema

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche besonderen Kündigungsschutzrechte haben Schwerbehinderte während der Probezeit?

Wenn Sie als schwerbehinderter Mensch in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt sind, gelten während der ersten sechs Monate besondere Regelungen für Ihren Kündigungsschutz. Diese sechsmonatige Frist wird auch als Wartezeit bezeichnet.

Grundsätzliche Regelungen

Der besondere Kündigungsschutz, der normalerweise die Zustimmung des Integrationsamtes erfordert, greift in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses noch nicht. In dieser Zeit können Sie wie nicht schwerbehinderte Arbeitnehmer unter Einhaltung der vereinbarten Kündigungsfrist gekündigt werden.

Wichtige Schutzrechte während der Wartezeit

Auch wenn der besondere Kündigungsschutz noch nicht gilt, haben Sie folgende Rechte:

  • Die Schwerbehindertenvertretung muss vor einer Kündigung angehört werden.
  • Der Arbeitgeber muss ein Präventionsverfahren durchführen, wenn Schwierigkeiten auftreten, die das Arbeitsverhältnis gefährden könnten.
  • Eine Kündigung darf nicht wegen der Schwerbehinderung erfolgen, da dies eine verbotene Diskriminierung darstellt.

Besondere Mitteilungspflichten

Wenn Sie eine Kündigung erhalten und der Arbeitgeber von Ihrer Schwerbehinderung nichts wusste, müssen Sie diese innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung mitteilen. Dies gilt auch, wenn Sie erst einen Antrag auf Anerkennung als schwerbehinderter Mensch gestellt haben.

Aktuelle Rechtsprechung

Nach einem aktuellen Urteil des LAG Köln vom September 2024 müssen Arbeitgeber auch während der Wartezeit ein Präventionsverfahren durchführen. Dies bedeutet für Sie als Arbeitnehmer einen verstärkten Schutz, da der Arbeitgeber vor einer Kündigung zunächst alle Möglichkeiten zur Weiterbeschäftigung prüfen muss.

Der Europäische Gerichtshof hat zudem festgestellt, dass Arbeitgeber vor einer Probezeitkündigung prüfen müssen, ob eine Beschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz möglich ist, wenn Sie aufgrund Ihrer Behinderung die bisherige Tätigkeit nicht mehr ausüben können.


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Wann muss der Arbeitgeber über eine Schwerbehinderung informiert werden?

Eine grundsätzliche Pflicht zur Information des Arbeitgebers über eine Schwerbehinderung besteht nicht. Im laufenden Arbeitsverhältnis darf der Arbeitgeber jedoch nach einer Beschäftigungsdauer von sechs Monaten nach der Schwerbehinderung fragen.

Mitteilungspflicht bei drohender Kündigung

Wenn Sie eine Kündigung erhalten und der Arbeitgeber keine Kenntnis von Ihrer Schwerbehinderung hatte, müssen Sie innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Ihre Schwerbehinderung mitteilen. Diese Frist ist zwingend einzuhalten, um den besonderen Kündigungsschutz nicht zu verlieren.

Voraussetzungen für den Kündigungsschutz

Der besondere Kündigungsschutz greift, wenn zum Zeitpunkt der Kündigung:

  • eine amtlich festgestellte Schwerbehinderung vorliegt
  • die Behinderung offensichtlich erkennbar ist
  • ein Gleichstellungsbescheid der Agentur für Arbeit existiert

Antragstellung vor Kündigung

Wenn Sie einen Antrag auf Anerkennung als schwerbehinderter Mensch stellen möchten, ist der Zeitpunkt entscheidend: Der Antrag muss spätestens drei Wochen vor Ausspruch der Kündigung bei der zuständigen Behörde eingereicht worden sein. Die Antragstellung allein genügt jedoch nicht – Sie müssen den Arbeitgeber auch über den gestellten Antrag informieren.

Wenn Sie diese Fristen versäumen, können Sie sich nicht mehr auf den besonderen Kündigungsschutz berufen. Der Arbeitgeber muss dann vor Ausspruch der Kündigung auch keine Zustimmung des Integrationsamtes einholen.


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Ab wann ist die Zustimmung des Integrationsamts für eine Kündigung erforderlich?

Die Zustimmung des Integrationsamts ist ab dem siebten Monat des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten oder gleichgestellten Menschen erforderlich. In den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses kann eine Kündigung ohne Zustimmung des Integrationsamts erfolgen.

Voraussetzungen für die Zustimmungspflicht

Die Zustimmungspflicht gilt unter folgenden Bedingungen:

  • Das Arbeitsverhältnis besteht seit mindestens sechs Monaten.
  • Die Schwerbehinderung oder Gleichstellung ist anerkannt oder wurde mindestens drei Wochen vor Zugang der Kündigung beantragt.
  • Der Arbeitgeber wurde innerhalb von drei Wochen nach Kündigungszugang über die Schwerbehinderung informiert.

Arten der zustimmungspflichtigen Kündigungen

Die Zustimmung des Integrationsamts ist bei allen Kündigungsarten erforderlich:

Fristen für das Zustimmungsverfahren

Bei einer ordentlichen Kündigung soll das Integrationsamt innerhalb eines Monats über den Antrag entscheiden. Bei einer außerordentlichen Kündigung muss der Arbeitgeber die Zustimmung innerhalb von zwei Wochen ab Kenntnis der Kündigungsgründe beantragen. Das Integrationsamt entscheidet dann ebenfalls innerhalb von zwei Wochen.

Wenn Sie als Arbeitgeber eine Kündigung aussprechen möchten, müssen Sie nach Erhalt der Zustimmung folgende Fristen beachten:

  • Bei ordentlicher Kündigung: Die Kündigung muss innerhalb eines Monats nach Zustellung der Zustimmung erfolgen.
  • Bei außerordentlicher Kündigung: Die Kündigung muss unverzüglich nach Erteilung der Zustimmung erklärt werden.

Eine ohne Zustimmung des Integrationsamts ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. Die Zustimmung kann auch nicht nachträglich eingeholt werden.


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Welche Zeugnisansprüche bestehen nach einer Kündigung?

Nach § 109 GewO haben Sie bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses grundsätzlich Anspruch auf ein schriftliches Arbeitszeugnis. Der Anspruch entsteht bereits mit Ausspruch der Kündigung, auch wenn das Arbeitsverhältnis noch nicht beendet ist.

Arten von Arbeitszeugnissen

Sie können zwischen zwei Zeugnisarten wählen:

Einfaches Zeugnis: Enthält nur Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit.

Qualifiziertes Zeugnis: Umfasst zusätzlich eine Beurteilung Ihrer Leistung und Ihres Verhaltens im Arbeitsverhältnis.

Zeitpunkt und Fristen

Der Arbeitgeber muss das Zeugnis spätestens bei Ablauf der Kündigungsfrist oder am letzten Arbeitstag ausstellen. Bei einer fristlosen Kündigung gilt eine Frist von zwei bis vier Tagen als angemessen.

Besondere Regelungen

Wenn Sie einen befristeten Arbeitsvertrag haben oder ein Aufhebungsvertrag geschlossen wurde, können Sie das Zeugnis bereits vor dem letzten Arbeitstag beantragen.

Der Arbeitgeber darf das Zeugnis nicht zurückhalten, auch wenn Sie noch Firmeneigentum besitzen. Das Zeugnis muss in Papierform ausgestellt werden – eine elektronische Form ist nicht zulässig.

Anspruch bei Schwerbehinderung

Auch bei einer Kündigung in der Probezeit oder während des besonderen Kündigungsschutzes für Schwerbehinderte besteht der Zeugnisanspruch uneingeschränkt. Eine Schwerbehinderung darf im Zeugnis nicht erwähnt werden.

Der Zeugnisanspruch verjährt nach drei Jahren. Sie sollten das Zeugnis jedoch zeitnah nach der Kündigung anfordern, da der Anspruch bereits nach einem Jahr verwirken kann.


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Was ist bei einer möglichen Diskriminierung aufgrund der Schwerbehinderung zu beachten?

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbietet jede Benachteiligung aufgrund einer Schwerbehinderung im Arbeitsleben. Wenn Sie eine Benachteiligung vermuten, müssen Sie nur Indizien darlegen, die eine Diskriminierung vermuten lassen.

Typische Formen der Benachteiligung

Eine Benachteiligung kann bereits vorliegen, wenn Sie als schwerbehinderter Mensch:

  • nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden
  • bei Beförderungen übergangen werden
  • schlechter bezahlt werden
  • bei Weiterbildungen nicht berücksichtigt werden

Beweiserleichterung für Betroffene

Bei einem Verdacht auf Diskriminierung gilt eine besondere Beweislastregelung. Sie müssen lediglich Indizien vortragen, die eine Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung vermuten lassen. Solche Indizien können sein:

  • Die Verletzung von Verfahrensvorschriften durch den Arbeitgeber
  • Die Nichtbeteiligung der Schwerbehindertenvertretung
  • Die unterlassene Prüfung alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten

Nach Vorlage der Indizien muss der Arbeitgeber beweisen, dass keine Diskriminierung vorlag.

Ihre Ansprüche bei Diskriminierung

Wenn eine Diskriminierung festgestellt wird, haben Sie Anspruch auf:

Materiellen Schadensersatz für konkrete finanzielle Nachteile, etwa entgangenen Verdienst.

Entschädigung als Ausgleich für die erlittene Persönlichkeitsrechtsverletzung. Die Höhe richtet sich nach der Schwere des Verstoßes.

Diese Ansprüche müssen Sie innerhalb von zwei Monaten schriftlich geltend machen. Die Frist beginnt bei einer Bewerbung mit Erhalt der Ablehnung.

Präventive Schutzmaßnahmen

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, bei auftretenden Schwierigkeiten ein Präventionsverfahren durchzuführen. Dies bedeutet:

Die Schwerbehindertenvertretung muss einbezogen werden. Alternative Beschäftigungsmöglichkeiten sind zu prüfen. Mögliche Hilfen und Anpassungen am Arbeitsplatz müssen erörtert werden.

Die Unterlassung dieser Präventionsmaßnahmen kann bereits als Indiz für eine Diskriminierung gewertet werden.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar - Fachbegriffe aus dem Arbeitsrecht

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Schwerbehinderung

Eine Schwerbehinderung liegt vor, wenn ein Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 festgestellt wurde. Dies wird durch einen Schwerbehindertenausweis nachgewiesen, den das Versorgungsamt nach Antrag ausstellt. Die Feststellung erfolgt nach § 2 SGB IX. Die Behinderung muss dabei länger als 6 Monate andauern und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben erheblich beeinträchtigen. Beispielsweise können schwere chronische Erkrankungen, Mobilitätseinschränkungen oder psychische Erkrankungen zu einer Schwerbehinderung führen.


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Probezeitkündigung

Eine Kündigung während der vertraglich vereinbarten Probezeit, die maximal 6 Monate betragen darf (§ 622 Abs. 3 BGB). In dieser Zeit gilt ein erleichtertes Kündigungsrecht mit einer Kündigungsfrist von zwei Wochen, ohne dass besondere Gründe angegeben werden müssen. Der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz greift in dieser Zeit noch nicht. Dies ermöglicht beiden Parteien, die Zusammenarbeit zunächst zu testen.


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Soziale Rechtfertigung

Ein zentrales Prinzip im Kündigungsschutzrecht nach § 1 KSchG. Eine Kündigung ist nur dann sozial gerechtfertigt, wenn sie durch personen-, verhaltens- oder betriebsbedingte Gründe begründet ist. Der Arbeitgeber muss nachweisen, dass die Kündigung durch einen dieser drei Gründe gerechtfertigt ist. Beispiel: Eine betriebsbedingte Kündigung wegen Wegfall des Arbeitsplatzes durch Umstrukturierung oder Auftragsrückgang.


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Zustimmung des Integrationsamts

Eine behördliche Genehmigung, die der Arbeitgeber vor der Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers einholen muss (§ 168 SGB IX). Das Integrationsamt prüft dabei, ob alle Möglichkeiten zur Weiterbeschäftigung ausgeschöpft wurden und ob die Kündigung mit dem besonderen Schutz schwerbehinderter Menschen vereinbar ist. Dieser Schutz gilt allerdings erst nach Ablauf der sechsmonatigen Wartezeit.


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Diskriminierung

Eine ungerechtfertigte Benachteiligung aufgrund bestimmter Merkmale wie Behinderung, die nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verboten ist. Im Arbeitsrecht liegt eine Diskriminierung vor, wenn Beschäftigte wegen geschützter Merkmale schlechter behandelt werden als andere in vergleichbarer Situation. Beispiel: Eine Kündigung ausschließlich wegen einer Behinderung wäre eine verbotene Diskriminierung.


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Arbeitsplatzsicherheit

Der rechtliche und tatsächliche Schutz des Arbeitnehmers vor dem Verlust seines Arbeitsplatzes, geregelt in verschiedenen Gesetzen wie dem Kündigungsschutzgesetz und dem SGB IX. Für Schwerbehinderte gelten besondere Schutzvorschriften wie verlängerte Kündigungsfristen und der Sonderkündigungsschutz. Dazu gehören auch Maßnahmen zur behindertengerechten Arbeitsplatzgestaltung und Rehabilitationsmaßnahmen.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 312 SGB III: Dieser Paragraph regelt die Verpflichtung des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Arbeitsbescheinigung auszustellen. Die Bescheinigung enthält wichtige Informationen für die Agentur für Arbeit, um Ansprüche auf Arbeitslosengeld zu prüfen.
    Im vorliegenden Fall hat das Gericht die Beklagte verurteilt, dem Kläger die Arbeitsbescheinigung gemäß § 312 SGB III zu erteilen, da diese bisher nicht ausgestellt wurde.
  • § 173 SGB IX: Diese Vorschrift verlangt vom Arbeitgeber die Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung eines schwerbehinderten Mitarbeiters. Ohne diese Zustimmung ist eine Kündigung unwirksam.
    Der Kläger ist schwerbehindert und die Kündigung erfolgte während der Probezeit. Die Beklagte argumentierte, dass keine Zustimmung des Integrationsamtes notwendig sei, doch das Gericht sah dies anders.
  • Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG): Das BetrVG regelt die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei Kündigungen und anderen arbeitsrechtlichen Angelegenheiten. Ein Betriebsrat muss bei Kündigungen beteiligt werden, sofern einer besteht.
    Der Kläger bestreitet, dass kein Betriebsrat vorhanden sei. Die Beklagte hingegen behauptet das Gegenteil, was für die Bewertung der Kündigung relevant ist.
  • Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG): Das AGG schützt Arbeitnehmer vor Diskriminierung aufgrund von Behinderung, Geschlecht, Religion und weiteren Merkmalen. Diskriminierende Kündigungen sind unzulässig und können rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
    Der Kläger behauptet, durch die Kündigung aufgrund seiner Schwerbehinderung diskriminiert worden zu sein, was unter das AGG fallen würde.
  • § 622 BGB: Dieser Paragraph regelt die Kündigungsfristen im Arbeitsrecht. Während der Probezeit gelten kürzere Fristen, meist zwei Wochen, wie im Arbeitsvertrag des Klägers vereinbart.
    Die Kündigung des Klägers erfolgte unter Einhaltung der vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist von zwei Wochen innerhalb der sechsmonatigen Probezeit.

Das vorliegende Urteil


ArbG Erfurt – Az.: 4 Ca 1505/23 – Urteil vom 24.04.2024


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