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Sonderurlaub im Arbeitsrecht – Was ist zu beachten?

Anspruch auf bezahlte Arbeitsfreistellung aus besonderem Anlass

Die große Vielzahl aller Menschen geht einer geregelten Erwerbstätigkeit nach, sodass die Freizeitverpflichtungen nicht selten mit den beruflichen Pflichten kollidieren. Es gibt zwar für diese Zwecke durchaus den Regel-Jahresurlaub, allerdings können auch kurzfristige Termine einen Urlaub erforderlich machen. Es gibt im Arbeitsrecht die Möglichkeit des Sonderurlaubs, allerdings ist diese Möglichkeit mit gewissen Rahmenbedingungen verbunden.

Was ist Sonderurlaub eigentlich?

Mit dem Begriff Sonderurlaub wird eine vorübergehende und zumeist kurzfristige Befreiung von der Arbeitspflicht bezeichnet. Im Grunde genommen ist diese Bezeichnung jedoch irreführend, da der Sonderurlaub mit dem Regelurlaubsanspruch nur sehr wenig gemeinsam hat. Es wird bei Sonderurlaub vielmehr eine Unterscheidung vorgenommen zwischen einem unbezahlten Sonderurlaub und einem bezahlten Sonderurlaub.

Der Erholungsurlaub auf der Grundlage der §§ 1 sowie 11 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) hat mit dem Sonderurlaub sehr wenig gemeinsam.

Unter welchen Voraussetzungen hat ein Arbeitnehmer einen Anspruch auf den bezahlten Sonderurlaub?

Sonderurlaub
Anspruch auf bezahlte Freistellung (Symbolfoto: fizkes/Shutterstock.com)

Diese gesetzliche Grundlage für den Sonderurlaub findet sich in dem § 616 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Der § 616 BGB besagt, dass ein Arbeitnehmer einen Anspruch auf einen Sonderurlaub hat, sofern der Arbeitnehmer aus anderweitigen Gründen als bei einer Erkrankung seiner Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung unverschuldet nicht nachkommen kann. Die Kriterien unverschuldet sowie vorübergehend in Verbindung mit den persönlichen Gründen sind dabei entscheidend.

Die Definition von vorübergehend ist in der gängigen Praxis nicht immer einfach. Die Verhinderungsdauer muss dabei in das Verhältnis zu der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses betrachtet werden. Ist dieses Verhältnis unbedeutend, so wird von einer vorübergehenden Verhinderung ausgegangen.

Der § 616 BGB regelt nicht den Umfang des Sonderurlaubs. Vielmehr geht der § 616 BGB in seiner Grundbedeutung stets von einer Einzelfallsituation aus. Rechtlich betrachtet kann der § 616 BGB auch als eine Auffangnorm angesehen werden. Diese Auffangnorm bezieht sich dabei auf den bezahlten Sonderurlaub. Der bezahlte Sonderurlaub wird etwaig jedoch auch in dem § 37 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) geregelt.

Auch in Tarifverträgen oder Arbeitsverträgen kann sich eine entsprechende Regelung für den bezahlten Sonderurlaub wiederfinden. In der gängigen Praxis werden in den Tarifverträgen bzw. Arbeitsverträgen auch der genaue Umfang sowie die Voraussetzungen für einen bezahlten Sonderurlaub sehr genau definiert.

Die Arbeitnehmerpartei hat Nachweispflichten

Es besteht seitens der Arbeitnehmerpartei eine Verpflichtung zur Mitteilung an die Arbeitgeberpartei, dass Sonderurlaub benötigt wird. Die Arbeitnehmerpartei hat das Recht, einen entsprechenden Nachweis im Zusammenhang mit dem Grund für den Sonderurlaub zu verlangen. Mögliche Gründe für den Bedarf an Sonderurlaub sind beispielsweise die Hochzeit einer Arbeitnehmerpartei oder auch die sogenannte Kindsbetreuung infolge von Kita- bzw. Schulschließungen bzw. Kindserkrankungen ohne Möglichkeit einer anderweitigen Kindsbetreuung.

Sollte im Fall einer Kindsbetreuung die zumutbare Möglichkeit einer anderweitigen Betreuung bestehen, so besteht seitens der Arbeitnehmerpartei kein Anspruch auf einen Sonderurlaub.

Sollte eine Arbeitnehmerpartei einen Arztbesuch antreten müssen, so kann dies durchaus auch einen Sonderurlaub gem. § 616 BGB rechtfertigen. Dies gilt jedoch ausschließlich dann, wenn der Termin nicht durch die Arbeitnehmerpartei beeinflusst werden kann. Hierbei sind jedoch die Arbeitszeiten der Arbeitnehmerpartei entscheidend. Sollte eine Arbeitnehmerpartei einen Arzttermin außerhalb der vertraglichen Kernarbeitszeiten antreten müssen, jedoch der Termin innerhalb der sogenannten Gleitzeit liegen, so besteht kein Anspruch auf Sonderurlaub gem. § 616 BGB.

Es besteht auch keinerlei Anspruch der Arbeitnehmerpartei, eine Gutschrift in dem Zeitkonto für die Dauer des Arzttermins zu erhalten. Sollte eine Operation terminiert sein und diese Operation nicht zwingend für die Aufrechterhaltung der Arbeitsleistung notwendig sein, so hat die Arbeitnehmerpartei gem. § 616 BGB auch keinerlei Anspruch auf einen bezahlten Sonderurlaub.

In der gängigen Praxis kommt dies jedoch lediglich bei sogenannten Schönheitsoperationen zur Anwendung. Es ist durchaus denkbar, dass die Arbeitnehmerpartei und die Arbeitgeberpartei für den Fall einer Operation auch eine individuelle Vertragsnebenabrede treffen.

Weitere Beispiele für Sonderurlaub

Sollte ein nahestehender Angehöriger der Arbeitnehmerpartei versterben, so hat die Arbeitnehmerpartei durchaus einen Anspruch auf bezahlten Sonderurlaub. Als nahe Angehörige gelten dabei sowohl der Lebens- bzw. Ehepartner als auch eigene Kinder bzw. Adoptiv- oder Stief- bzw. Pflegekinder. Auch die Eltern nebst Schwiegereltern gelten gem. § 616 BGB als nahestehende Angehörige. Gleiches gilt auch für Geschwister. Der Umfang des Sonderurlaubs hängt sehr stark von der Enge der Beziehung zu der verstorbenen Person ab.

Bei dem Tod eines Lebens- oder Ehepartners besteht ein Anspruch auf Sonderurlaub in Höhe von drei Werktagen. Für den Tod von anderen engen Angehörigen wird in der gängigen Praxis ein Sonderurlaub in Höhe von zwei Werktagen gewährt.

Sollte das Arbeitsverhältnis zwischen der Arbeitgeberpartei und der Arbeitnehmerpartei bereits gekündigt sein, so hat eine Arbeitnehmerpartei gem. § 629 BGB einen Anspruch auf Sonderurlaub für Bewerbungsmaßnahmen. Auch für die Erfüllung der sogenannten staatsbürgerlichen Pflichten, beispielsweise die Schöffen- oder ehrenamtlichen Richtertätigkeiten besteht seitens der Arbeitnehmerpartei ein Anspruch auf bezahlten Sonderurlaub. Gleichermaßen verhält es sich auch mit ehrenamtlichen Tätigkeiten in dem Katastrophenschutz bzw. in der freiwilligen Feuerwehr im Bedarfsfall.

Nachweisdokumente

Wenn eine Arbeitnehmerpartei einen bezahlten Sonderurlaub aus einem wichtigen Grund heraus von der Arbeitgeberpartei erhält, so ist ein entsprechender Nachweis unaufgefordert vorzulegen. Als Nachweisdokumente können sowohl ärztliche Atteste als auch anderweitige Bescheinigungen dienen. Aus den anderweitigen Bescheinigungen muss jedoch zwingend hervorgehen, dass der bezahlte Sonderurlaub seitens der Arbeitnehmerpartei auch tatsächlich für den Grund des Sonderurlaubs genutzt wurde. Für den Fall des Todes eines nahestehenden Angehörigen der Arbeitnehmerpartei kann die Sterbeurkunde in Kopie der Arbeitgeberpartei vorgelegt werden. In der gängigen Praxis verzichten sehr viele Arbeitgeber auf die Einreichung derartiger Dokumente und empfinden es als ausreichend, dass die Dokumente lediglich als Sichtvorlage vorgelegt werden.

Je nachdem, wie vertraut die Beziehung zwischen der Arbeitgeberpartei und der Arbeitnehmerpartei ist, gewähren viele Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern in derartigen Situationen auch einen längeren Sonderurlaub und verlangen keinerlei Nachweise. Dieses Verhalten ist menschlich absolut nachvollziehbar, da der Tod eines nahestehenden Angehörigen eine enorm traumatisierende Erfahrung sein kann. Eine Arbeitnehmerpartei ist in den seltensten Fällen dann auch in der Lage, konzentriert und effektiv seinen Arbeitsverpflichtungen nachzukommen. Ein Sonderurlaub in derartigen Fällen muss jedoch seitens der Arbeitnehmerpartei nicht zwingend angetreten werden. Es gibt durchaus auch Menschen, für die ihre Arbeit eine willkommene Ablenkung von den privaten Sorgen und Nöten darstellt.

Sollte ein Kind erkranken, so liegt die Entscheidung, welches Elternteil die Pflege des Kindes letztlich übernimmt, stets bei den Eltern. Eine Arbeitgeberpartei kann diesbezüglich keinerlei Vorgaben machen. Es besteht jedoch seitens der Eltern eine Verpflichtung dazu, die Belange des jeweiligen Arbeitgebers auch zu berücksichtigen. Sollte ein erkranktes Kind einer umfangreichen Pflege bedürfen, so haben Eltern einen Anspruch auf 5 Werktage Sonderurlaub. Das ärztliche Attest in Bezug auf die Pflegebedürftigkeit des Kindes muss jedoch dem Arbeitgeber umgehend vorgelegt werden.

Sollte das Verhältnis zwischen der Arbeitgeberpartei und der Arbeitnehmerpartei nicht gerade eng sein, so kann der Wunsch nach Sonderurlaub durchaus auch einen Anlass für Streitigkeiten darstellen. Eine Arbeitnehmerpartei hat jedoch durchaus auch Ansprüche gegen den Arbeitgeber, welche nicht selten auch mithilfe eines Rechtsanwalts durchgesetzt werden müssen. Sehr gerne können Sie uns diesbezüglich kontaktieren.

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