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Sozialwidrigkeit einer betriebsbedingten Kündigung

ArbG Kiel – Az.: 1 Ca 1090 c/17 – Urteil vom 23.11.2017

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 28.06.2017 nicht zum 31.12.2017, sondern erst zum 31.03.2018 beendet worden ist.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen Kläger und Beklagte je 1/2.

4. Der Streitwert wird festgesetzt auf 18.799,74 €.

5. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer ordentlichen Beendigungskündigung.

Der am ….1962 geborene, verheiratete und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger war vom 01.04.1999 bis zum 30.09.2002 auf Basis eines als „Honorarvertrag für eine freiberufliche Tätigkeit“ bezeichneten Vertrages bei der Beklagten als Honorardozent in Teilzeit tätig. Nach den vertraglichen Bestimmungen war der Kläger zur Leistung von wöchentlich 4-6 Unterrichtsstunden verpflichtet. Auf Anlage K 1a, Bl. 8 d.A. wird ergänzend Bezug genommen. Zwischen den Parteien ist streitig, ob bereits während dieses Zeitraums zwischen Ihnen ein Arbeitsverhältnis bestand.

Der Kläger ist nicht Mitglied einer Gewerkschaft.

Die Beklagte ist eine gemeinnützige GmbH, die an drei Standorten in Norddeutschland Fachschulen für Technik betreibt. Sie unterhält am Standort K. den Fachbereich Informationstechnik, Medizintechnik und Elektrotechnik sowie den Fachbereich Maschinen-, Bau- und Umweltschutztechnik.

Mit Vertrag vom 14.06.2002 schlossen die Parteien einen Arbeitsvertrag. Beginn des Arbeitsverhältnisses war der 01.10.2002. Der Arbeitsvertrag regelte u.a., dass sich das Monatsgehalt des Klägers in Anlehnung an den BAT II a berechnen sollte. Darüber hinaus enthält Ziffer 4 des Vertrages folgende Regelung:

„Die Anstellungsbedingungen sowie die Betriebsvereinbarungen des Vereins Techniker Fachschule K. e.V. in der jeweils gültigen Verfassung gelten als vereinbart.“

Die Anstellungsbedingungen enthalten – von den Parteien in der mündlichen Verhandlung unstreitig gestellt – u.a. eine dem § 34 Abs. 2, 3 TV-L inhaltsgleiche Regelung. Hiernach sind Arbeitsverhältnisse von Beschäftigten, die das 40. Lebensjahr vollendet haben und mehr als 15 Jahre bei dem Arbeitgeber beschäftigt waren, nur noch aus einem wichtigen Grund kündbar. Als Beschäftigungszeit ist dabei die Zeit definiert, die bei demselben Arbeitgeber im Arbeitsverhältnis zurückgelegt wurde, auch wenn sie unterbrochen ist.

Zur Kündigungsfrist regelt Ziffer 5 des Vertrages:

„Die Kündigungsfrist beträgt für beide Seiten drei Monate zum Semesterende.“

Auf Anlage K 1b, Bl. 9 d.A. wird ergänzend verwiesen.

Die Semester beginnen am 01.04. sowie am 01.10. eines jeden Jahres.

Der Kläger unterrichtete bei der Beklagten in mehreren Fächern im Rahmen der Aufstiegsfortbildung zum staatlichen geprüften Techniker. Für die Einzelheiten wird insoweit auf die Aufstellung in der Klageschrift vom 10.07.2017, Bl. 3ff. d.A. sowie auf die Replik vom 26.10.2017, Bl. 92 (95) d.A. verwiesen. Darüber hinaus war der Kläger Fachbereichsleiter der Fachrichtung Medizintechnik sowie zuletzt auch Fachbereichsleiter der Fachrichtung Elektrotechnik.

Die Beklagte betrieb bis zum 30.09.2017 auch einen Standort in S. . Inhalt eines im Rahmen der Stilllegung dieses Standortes geschlossenen Interessenausgleichs vom 01.11.2016/02.11.2016 war u.a., dass der Mitarbeiter Herr E. in K. weiter zu beschäftigen ist. Herr E. ist bei der Beklagten in K. seit dem 01.10.2017 als Fachbereichsleiter Informationstechnik, Medizintechnik und Elektrotechnik und Dozent für die zugehörigen Fächer beschäftigt.

Bereits seit dem Jahr 2013 gingen die Einschulungszahlen bei der Beklagten am Standort K. zurück. Folglich sank auch die Zahl der eingeschriebenen Schüler von 2015 bis zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung um etwa 32%. Jedenfalls bis zum 30.09.2017 nahmen die Schülerzahlen kontinuierlich ab. Vom im Sommersemester 2015 einst eingeschriebenen 401 Schülern sind derzeit noch 272 Schüler eingeschrieben. Damit korrespondierend verringerten sich auch die zu erteilenden Unterrichtseinheiten im Wochendurchschnitt von 661 im Sommersemester 2015 auf 439 Unterrichtseinheiten im Wochendurchschnitt im Wintersemester 2017/2018, ein Rückgang von etwa 34%. Seit April 2016 konnte wegen der gesunkenen Einschulungszahlen nur noch einzügig statt zuvor zweizügig eingeschult werden. Zum 30.09.2017 ist die letzte zweizügige Klasse ausgeschult worden.

Vom Rückgang der Unterrichtsstunden sind beide Fachbereiche – der Fachbereich Informationstechnik, Medizintechnik und Elektrotechnik einerseits sowie der Fachbereich Maschinen-, Bau- und Umweltschutztechnik andererseits – der Beklagten betroffen. Im zweiten Fachbereich, dem der Kläger nicht zugeordnet ist, wurden keine betriebsbedingten Kündigungen ausgesprochen, da hier eine Reduzierung der Personalanzahl um zwei Arbeitnehmer durch natürlich Fluktuation erreicht werden konnte bzw. künftig erreicht werden kann.

Im Fachbereich Informationstechnik, Medizintechnik und Elektrotechnik waren für die Zeit ab dem 01.10.2017 durch die Versetzung des Herrn E. statt zuvor vier nunmehr fünf Dozenten (inkl. der Fachbereichsleitung) beschäftigt. Die Geschäftsführung entschied am 13.06.2017, dass dies mit dem sinkenden Bedarf an Unterrichtsstunden nicht vereinbar sei und folglich zwei Arbeitsplätze abzubauen seien. Auf Anlage B 6, Bl. 65 d.A. wird ergänzend verwiesen.

Neben dem Kläger und Herrn E., der ebenfalls Fachbereichsleiter ist, waren im Fachbereich Informationstechnik, Medizintechnik und Elektrotechnik zwei weitere Mitarbeiter beschäftigt, die jeweils Mitglied des Betriebsrats sind. Ein weiterer zum Zeitpunkt der Kündigungsentscheidung noch beschäftigter Mitarbeiter ist ebenfalls aus betriebsbedingten Gründen gekündigt worden.

Der vor Ausspruch der Kündigung angehörte Betriebsrat der Beklagten hat der Kündigung mit Schreiben vom 27.06.2017 widersprochen. Der Betriebsrat stützt den Widerspruch auf Fehler in der Sozialauswahl sowie darauf, dass eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit – ggf. auch zu geänderten Bedingungen, die noch zu verhandeln wären – im Verein TA-N. bestehe. Ergänzend wird auf Anlage B 9, Bl. 88 d.A. Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 28.06.2017 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 31.12.2017.

Der Kläger meint, die Kündigung sei bereits deshalb unwirksam, da er jedenfalls nicht ordentlich habe gekündigt werden können. Zwischen den Parteien sei die unbegrenzte Anwendung des TV-L bzw. dessen Vorgängerregelungen vereinbart. Er sei nach § 34 Abs. 2, 3 TV-L aufgrund seiner achtzehnjährigen Betriebszugehörigkeit unkündbar, da bereits vom 01.04.1999 bis 30.09.2002 zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestanden habe. Zwar sei er in dieser Zeit freier Mitarbeiter gewesen. Auch diese Zeit sei aber zu berücksichtigen, es komme nicht darauf an, ob ein Arbeitsverhältnis gelebt worden ist.

Im Übrigen sei die Kündigung sozial nicht gerechtfertigt, insbesondere betriebsbedingte Gründe liegen nicht vor. Auch habe die Beklagte einen falschen Kündigungstermin gewählt. Jedenfalls eine Kündigung zum 31.12.2017 sei ihr verwehrt.

Der Kläger beantragt, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung vom 28.06.2017 – zugegangen am 28.06.2017 – nicht aufgelöst ist, sondern über den 31.12.2017 hinaus fortbesteht.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte meint, der Kläger könne sich nicht auf § 34 TV-L berufen. Der Tarifvertrag finde weder kraft beidseitiger Tarifbindung noch kraft Verweisungsklausel Anwendung. Im Übrigen erfülle der Kläger auch nicht die Voraussetzungen des § 34 TV-L für eine Unkündbarkeit, da er zuvor nicht mehr als 15 Jahre bei der Beklagten als Arbeitnehmer beschäftigt gewesen sei. Vom 01.04.1999 bis zum 30.09.2002 sei der Kläger als freier Mitarbeiter für die Beklagte tätig gewesen. Dies ergebe sich sowohl aus dem Inhalt des Vertrages als auch insbesondere daraus, dass der Kläger erst mit Beginn des Arbeitsverhältnisses am 01.10.2002 durch umfangreichere Aufgaben, höhere Zeitanteile und Übertragung von Verantwortungsbereichen – deren Konkretisierung naturgemäß eine Ausübung des arbeitgeberseitigen Weisungsrechts erfordere – in die Schulorganisation integriert worden sei. Die Zeit der Tätigkeit des Klägers für die Beklagte bis zum 30.09.2022 könne auch bei einer unterstellten Anwendbarkeit des § 34 TV-L daher keine Berücksichtigung finden.

Die Beklagte stützt die Kündigung auf betriebsbedingte Gründe. Der Kündigung liege eine Entscheidung der Geschäftsführung zugrunde, u.a. wegen der gesunkenen Schülerzahlen und damit einhergehend einem deutlich geringeren Umfang an zu erteilenden Unterrichtsstunden, die Zahl der Dozenten je Fachbereich auf drei (inklusive Fachbereichsleitung) zu reduzieren. Auch zum 01.10.2017 seien die Einschulungszahlen erneut gesunken.

Eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den Kläger bestehe nicht, insbesondere sei eine zweite Fachbereichsleitung nicht vorgesehen. Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten beim T. Akademie N. e.V. wie bei der Akademie für T. GmbH seien nicht zu berücksichtigen, da es sich um eigenständigen Unternehmen handele. Im Übrigen bestehen auch dort keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten.

Eine Änderungskündigung als milderes Mittel auf die Stelle eines Dozenten komme ebenfalls nicht in Betracht, denn die Beklagte beschäftige im maßgeblichen Bereich auch zu viele Dozenten. Der Kläger werde als Fachbereichsleiter und Dozent gekündigt, nicht nur als Fachbereichsleiter.

Die Auswahlentscheidung der Sozialauswahl habe zu Lasten des Klägers ausgehen müssen. Der insoweit allein für einen Vergleich noch heranzuziehende Herr E. ist vier Jahre älter und elf Jahre länger im Unternehmen beschäftigt. Selbst unter Berücksichtigung etwaiger Unterhaltspflichten des Klägers habe die Entscheidung deshalb zu seinen Lasten ausfallen müssen. Für das von der Beklagten verwendete Punkteschema der Auswahlentscheidung wird ergänzend auf Anlage 8, Bl. 71 d.A. verwiesen. Dem Arbeitgeber komme zudem in gewissem Umfang ein Wertungsspielraum zu, den die Beklagte vorliegend nicht überschritten habe.

Auch die Kündigung zum Kündigungstermin 31.12.2017 sei gerechtfertigt, da Herr E. den Kläger bereits zum 04.10.2017 als Fachbereichsleiter abgelöst hat.

Der Kläger repliziert, die wirtschaftliche Situation der Beklagten spreche gegen die Notwendigkeit von betriebsbedingten Kündigungen. So seien die Gewinnrücklagen der Beklagten seit 2013 kontinuierlich gestiegen. Auch der Bilanzgewinn sei von 2012 bis 2015 gestiegen.

Auch die Anmeldezahlen der Schüler könne einen Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit nicht stützen. Zum einen seien bei der Beklagten im Oktober 2017 mehr Schüler eingeschrieben als zum Zeitpunkt der Übernahme des Klägers in ein festes Anstellungsverhältnis. Zum anderen sei zu berücksichtigen, dass die Anmeldezahlen seit 2015 und auch derzeit wieder steigen. So seien die Anmeldezahlen von 64 Anmeldungen zum Oktober 2016 auf 79 Anmeldungen im Oktober 2017 gestiegen. Die Beklagte habe bei der Kündigungsentscheidung nicht nur die aktuelle Lage sondern auch die künftige Entwicklung berücksichtigen müssen. Zum 01.10.2017 habe erstmals wieder eine Teilzeitklasse im Bereich Elektrotechnik, Informationstechnik und Medizintechnik eingeschult werden können. Der Beschäftigungsbedarf sei ersichtlich nicht entfallen, da der Kläger für das Wintersemester 2017/2018 – wie alle anderen Mitarbeiter auch – mit der vertraglich vereinbarten Stundenzahl eingeplant worden sei und dabei in 2 von 20 Unterrichtsstunden im Fach Mathematik im Fachbereich Maschinen-, Bau- und Umweltschutztechnik eingesetzt werde.

Die Beklagte habe es fälschlicherweise auch unterlassen, zu prüfen, ob es nicht Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bei dem T. Akademie N. e.V., der Unternehmensteil der Beklagten sei, gebe.

Jedenfalls sei die soziale Auswahl fehlerhaft. Der Kläger sei schutzbedürftiger als Herr E. .

Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien, ihrer Beweisantritte und der von ihnen überreichten Unterlagen sowie ihrer Rechtsausführungen im Übrigen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen (§§ 46 Abs. 2 ArbGG, 313 Abs. 2 ZPO).

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.

Durch die von der Beklagten erklärte Kündigung ist das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien beendet worden, jedoch nicht – wie von der Beklagten erklärt – zum 31.12.2017, sondern erst zum 31.03.2018.

Die Entscheidung beruht auf den nachfolgend kurz zusammengefassten rechtlichen und tatsächlichen Erwägungen (§§ 46 Abs. 2 ArbGG, 313 Abs. 3 ZPO).

I.

Die Kündigung vom 28.06.2017 ist wirksam.

1.

Der Wirksamkeit der Kündigung steht zunächst nicht eine (ordentliche) Unkündbarkeit des Klägers entgegen. Der Kläger ist nicht ordentlich unkündbar.

a) Eine ordentliche Unkündbarkeit folgt entgegen der Auffassung des Klägers zunächst nicht aus den Regelungen der §§ 34 Abs. 2, 3 TV-L.

aa) Der Kläger ist, wie er auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung erklärte, nicht Mitglied einer Gewerkschaft, sodass die Anwendbarkeit der §§ 34 Abs. 2, 3 TV-L kraft Tarifbindung ausscheidet.

bb) Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers schriftsätzlich die Auffassung vertritt, die aus §§ 34 Abs. 2, 3 TV-L folgende ordentliche Unkündbarkeit ergebe sich aus der unbegrenzten (sic!) Inbezugnahme des TV-L im Arbeitsvertrag des Klägers, so ist dem Vertrag eine solche umfassende oder gar unbegrenzte Bezugnahmeklausel an keiner Stelle zu entnehmen. Hierzu hat auch der Prozessbevollmächtigte des Klägers über die pauschale Behauptung hinaus nicht näher vorgetragen. Tatsächlich enthält der Vertrag keine Bezugnahmeklausel, mit denen ein Tarifvertrag umfänglich auf das Arbeitsverhältnis auch nicht tarifgebundener Arbeitnehmer Anwendung finden soll (exemplarisch hierzu Bauer/Lingemann/Diller/Haußmann, Anwalts-Formularbuch Arbeitsrecht, 6. Auflage 2017, Kap. 2). Allein für die Vergütung verweisen die vertraglichen Regelungen in Ziffer 3a sowie in Ziffer 3e darauf, dass die Vergütungsberechnung „in Anlehnung“ an den – damals geltenden – BAT erfolgen solle. Dass darüber hinaus ein gesamtes Tarifwerk zwischen nicht tarifgebundenen Vertragsparteien Anwendung finden soll, ist weder dem Vertrag zu entnehmen noch sonst nachvollziehbar vorgetragen.

b) Erstmalig in der mündlichen Verhandlung vom 23.11.2017 wies der Kläger persönlich darauf hin, dass eine den Regelungen des §§ 34 Abs. 2, 3 TV-L entsprechende Formulierung auch in den zwischen den Parteien unstreitig geltenden Anstellungsbedingungen enthalten ist. Indes kann sich der Kläger auch unter Einbeziehung dieser Regelungen nicht mit Erfolg darauf berufen, nicht mehr ordentlich kündbar zu sein.

Denn die ordentliche Unkündbarkeit nach den Anstellungsbedingungen setzt u.a. voraus, dass zwischen den Parteien zuvor mehr als 15 Jahre ein Arbeitsverhältnis bestand. Hierfür trägt der Kläger als derjenige, der sich auf eine für ihn günstige Regelung beruft, nach allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast. Die Ausführungen des Prozessbevollmächtigten des Klägers zu einem Arbeitsverhältnis der Parteien in der – hier allein streitigen – Zeit vom 01.04.1999 bis 30.09.2202 werden diesen Anforderungen nicht gerecht. Der Kläger hat zu einer Arbeitnehmereigenschaft während dieses Zeitraums nicht hinreichend vorgetragen.

aa) Schriftsätzlich hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers lediglich pauschal behauptet, es habe bereits im Zeitraum vom 01.04.1999 bis 30.09.2002 ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestanden. Gleichzeitig hat er vorgetragen, der Kläger sei freier Mitarbeiter gewesen und es komme nicht darauf an, ob ein Arbeitsverhältnis gelebt worden sei. Dieser Vortrag ist nicht nachvollziehbar. Denn tatsächlich kommt es für die Beurteilung der Typologie eines Vertragsverhältnisses genau darauf an, wie dieses – gerade wenn es, wie hier, nicht als Arbeitsverhältnis bezeichnet worden ist und der Rechtstypus des Vertrages streitig ist – tatsächlich gelebt worden ist. Hierzu ist nichts vorgetragen.bb) Demgegenüber hat die Beklagte substantiiert zu Art und Inhalt des Vertragsverhältnisses in der Zeit vom 01.04.1999 bis zum 30.09.2002 vorgetragen und dargelegt, warum es sich während dieser Zeit (aus ihrer Sicht) nicht um ein Arbeitsverhältnis gehandelt hat. Der Kläger ist auch diesem Vortrag nicht entgegengetreten.

cc) Eine abweichende Verteilung der Darlegungslast oder gar der vollständige Verzicht auf Darlegungen zur Arbeitnehmereigenschaft durch den Kläger lässt sich auch nicht damit rechtfertigen, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer pauschal auf eine Fundstelle in einem Kommentar hinweist und meint, dass sich daraus, respektive aus der dort in Bezug genommenen Rechtsprechung ergebe, dass das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien in der Zeit vom 01.04.1999 bis zum 30.09.2002 als Arbeitsverhältnis zu werten sei. Weder der Verweis auf Literatur noch der Verweis auf Rechtsprechung ersetzt substantiierten Sachvortrag dazu, dass und warum die in der Literatur besprochenen oder in der Rechtsprechung entschiedenen Konstellationen zur Folge habe, dass der Kläger daraus auch für sich positive Erkenntnisse ableiten kann.

dd) Selbst wenn man zugunsten des Klägers den fehlenden Vortrag hierzu unterstellt, also die implizite Behauptung zugrunde legt, die in Literatur und Rechtsprechung wiedergegebenen Fallkonstellationen entsprechen bis ins Detail der hier streitgegenständlichen, ist der Kläger nicht von seiner Darlegungslast befreit.

(1) Zwar ist zutreffend, dass nach der älteren Rechtsprechung des 5. Senats des Bundesarbeitsgerichts für die Abgrenzung zwischen Arbeitsvertrag und freiem Dienstverhältnis nicht eine individualisierende Betrachtungsweise, sondern in bestimmten Einzelfällen eine typologische Methode zugrunde gelegt wird. Dies habe – so der 5. Senat – u.a. zur Folge, dass jedenfalls für Lehrkräfte des zweiten Bildungsweges – in Abgrenzung zu Volkshochschuldozenten – in aller Regel anzunehmen sei, dass sie Arbeitnehmer sind (BAG, Urteil v. 12.09.1996 – 5 AZR 104/93). Ob diese – in der Literatur zum Teils heftig kritisierte – Sichtweise des 5. Senats zutreffend ist, ist für die Kammer jedenfalls zweifelhaft. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil der 5. Senat des Bundesarbeitsgerichts damit im Widerspruch zum 7. Senat des Bundesarbeitsgerichts entschieden hat. Der 7. Senat des Bundesarbeitsgerichts hatte einige Zeit zuvor ebenfalls für Honorarlehrkräfte bei der Frage, ob ein Arbeitsverhältnis vorliegt, darauf abstellt, ob und wie intensiv diese in den Lehrkörper und Lehrbetrieb integriert waren und in welchem Umfang sie den Inhalt ihrer Tätigkeit, die Art und Weise der Durchführung, ihre Arbeitszeit und sonstige Umstände der Dienstleistung mitgestalten konnten (BAG, Beschluss v. 30.10.1991 – 7 ABR 19/91, Rn. 24, zitiert nach juris). Damit wendet der 7. Senat keine typologische, sondern die (gängige) und auch in sonstigen Fällen von der Rechtssprechung zugrunde gelegte individualisierende Betrachtungsweise an. Einen Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des 7. Senats (hier in Bezug auf ein weiteres Urteil) sah auch der 5. Senat in dem vom Kläger wohl implizit herangezogenen Urteil vom 12. September 1996. Allein wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls, insbesondere, weil auch nach der individualisierenden Betrachtungsweise ein Arbeitsverhältnis anzunehmen war, sah der 5. Senat von einer Anrufung des Großen Senats ab (BAG, Urteil v. 12.09.1996 – 5 AZR 104/93, Rn. 56, zitiert nach juris).

(2) Letztlich kann aus Sicht der Kammer aber dahinstehen, welcher Auffassung der Senate des Bundesarbeitsgerichts der Vorzug zu gewähren ist. Denn jedenfalls mit der Einführung des § 611a BGB ist eine typologische Betrachtungsweise nicht mehr zulässig. Mit § 611a BGB hat der Gesetzgeber eine Definition des Arbeitsvertrages und die hierfür allein maßgeblichen Beurteilungskriterien vorgegeben. Mit der Einführung des § 611a BGB wollte der Gesetzgeber unter Rückgriff auf die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verbindlich festlegen, wer Arbeitnehmer ist und wie die Abgrenzung zu anderen Vertragstypen zu erfolgen hat. Insbesondere mit der Regelung des § 611a Satz 5 BGB ist beabsichtigt, die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts festzuschreiben, wonach die Abgrenzung eines Arbeitsverhältnisses von anderen Vertragstypen stets im Wege einer Gesamtbetrachtung erfolgen muss (Gesetzesentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 18/9232, S. 31, 32, wobei der jetzige Satz 5 zu diesem Zeitpunkt noch als Satz 4 vorgesehen war). Typologische Abgrenzungen oder Einteilungen enthält die Vorschrift gerade nicht. Eine rein typologische Abgrenzung wäre weder mit dem Gesetzeswortlaut noch mit dem Willen des Gesetzgebers in Einklang zu bringen. Das Gesetz allein ist Beurteilungsmaßstab für den Rechtsanwender. Für die Frage, ob ein Arbeitsverhältnis besteht oder bestand, ist unter die Tatbestandsmerkmale der Norm zu subsumieren. Hierfür sind die notwendigen Tatsachen vorzutragen. Dies hat der Kläger nicht getan.

2.

Die Kündigung ist nicht sozial ungerechtfertigt. Die Kündigung ist durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers im Betrieb entgegenstehen (betriebsbedingte Kündigung), gerechtfertigt, § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG.

a) Das Kündigungsschutzgesetz ist vorliegend anwendbar. Dies gilt in personeller Hinsicht aufgrund der sechs Monate überschreitenden Betriebszugehörigkeit des Klägers, § 1 Abs. 1 KSchG, und in sachlicher Hinsicht wegen der Betriebsgröße der Beklagten, § 23 Abs. 1 KSchG.

b) Eine betriebsbedingte Kündigung ist sozial gerechtfertigt, wenn sich der Arbeitgeber zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt (BAG, Urteil vom 28. 10. 2004 – 8 AZR 391/03). Der Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht gehalten, nicht mehr benötigte Arbeitsplätze und Arbeitskräfte weiterhin zu besetzen bzw. zu beschäftigen (BAG, Urteil v. 20.11.2014 – 2 AZR 512/13). Eine vom Arbeitgeber getroffene Unternehmerentscheidung ist von den Arbeitsgerichten daraufhin nachzuprüfen, ob eine solche Entscheidung tatsächlich vorliegt und ob sie bei ihrer Umsetzung zum Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses des Arbeitnehmers führt. Indes unterliegt weder die sachliche Rechtfertigung noch die Zweckmäßigkeit der unternehmerischen Entscheidung der gerichtlichen Prüfung (BAG, Urteil v. 27.01.2011 – 2 AZR 9/10), soweit die Entscheidung nicht rechtsmissbräuchlich ist (BAG, Urteil v. 10.07.2008 – 2 AZR 1111/06). Rechtsmissbrauch ist dabei nicht deshalb anzunehmen, weil der Arbeitgeber die Senkung von Kosten oder die Steigerung des Gewinns bezweckt (BAG, Urteil v. 29.03.2007 – 2 AZR 31/06). Denn auch zur Verfolgung solcher Zwecke ist der Arbeitgeber in der Wahl seiner Betriebsorganisation, wozu auch die Anzahl der von ihm beschäftigen Arbeitnehmer zählt, frei (Berkowsky, Die betriebsbedingte Kündigung, 6. Auflage 2008, S. 103 f.). Soll eine getroffene Unternehmerentscheidung indes ausschließlich dazu dienen, die Auswirkungen bestimmter außerbetrieblicher Gründe – so auch eine verschlechterte „Auftragslage“ – innerbetrieblich umzusetzen, handelt es sich um eine selbstbindende Unternehmerentscheidung. Für diese gilt: Je näher die getroffene Unternehmerentscheidung an den Kündigungsschluss selbst heranrückt, desto mehr bedarf es Tatsachenvortrags des Arbeitgebers dazu, dass und wodurch das Beschäftigungsbedürfnis entfallen ist und ggf. auch dazu, inwieweit das noch vorhandene Beschäftigungsvolumen ohne überobligatorische Leistungen erledigt werden kann (BAG, Urteil v. 16.12.2010 – 2 AZR 770/09). Bei einem vorgetragenen Auftragsmangel oder Auftragsrückgang als Kündigungsgrund muss der Arbeitgeber – auch in Fällen einer selbstbindenden Unternehmerentscheidung – deshalb anhand der Auftrags- und Personalplanung darlegen, wie sich Beschäftigungsbedarf und Beschäftigungskapazität zueinander verhalten. Die Anforderungen an die Darlegungslast sind dabei unter Berücksichtigung des gerichtlichen Prüfungsmaßstabs (Rechtsmissbrauch) nicht zu überspannen. Das Kündigungsrecht darf nicht in Form mathematischer Gleichungen vollzogen werden (Berkowsky, Die betriebsbedingte Kündigung, 6. Auflage 2008, S. 103 f.). Das Bundesarbeitsgericht verlangt deshalb insoweit eine „schlüssige Prognose“ (BAG, Urteil v. 16.12.2010 – 2 AZR 770/09, Rn. 15, zitiert nach juris).

c) Nach diesen Maßstäben ist hinreichend dargelegt, dass die Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger entfallen ist.

aa) Soweit der Kläger bei der Beklagten auch Fach(bereichs)leiter für die Bereiche Medizintechnik und auch Elektrotechnik ist, folgt das weggefallene Bedürfnis zur Weiterbeschäftigung bereits daraus, dass der Kläger zuvor alleiniger Fachbereichsleiter war und durch die Weiterbeschäftigung des Herrn E. in K. ab dem 01.10.2017 nun ein zweiter Fachbereichsleiter für dieselben Fachbereiche bei der Beklagten tätig ist. Die Beklagte hat zuvor unstreitig je einen Fachbereichsleiter für die bei ihr angebotenen Bereiche beschäftigt und damit eine entsprechende nicht zu beanstandende Unternehmerentscheidung getroffen. Sind nunmehr durch die Weiterbeschäftigung des Herrn E. zwei Fachbereichsleiter beschäftigt, liegt es auf der Hand, dass insoweit ein Beschäftigungsbedürfnis für einen zweiten Fachbereichsleiter nicht besteht. Es bedarf auch keiner näheren Darlegungen dazu, wie die Beklagte meint, den künftigen Arbeitsbedarf mit der vorhandenen Anzahl an Arbeitnehmern – hier: Fachbereichsleitern – zu erledigen. Die Beklagte kehrt damit lediglich zum status quo ante zurück. Die zeitweilige doppelte Besetzung der Fachleiterposition ist nicht durch vorübergehenden erhöhten Beschäftigungsbedarf für Fachbereichsleiter bedingt gewesen, sondern allein durch die Weiterbeschäftigung des Herrn E. sowie durch die Länge der (vermeintlichen) Kündigungsfristen.

bb) Auch in Bezug auf das Beschäftigungsbedürfnis als Dozent ist bereits aufgrund des unstreitigen Vortrags der Parteien für das Gericht erkennbar der Beschäftigungsbedarf entfallen. Die Zahl der eingeschriebenen Schüler verringerte sich von 2015 bis zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung um 32%. Der Kläger selbst hat hierzu ergänzend vorgetragen, dass seit April 2016 nur noch einzügig statt zuvor zweizügig eingeschult werden konnte und zum 30.09.2017 die letzte zweizügige Klasse ausgeschult worden sei. Die Zahl der zu erteilenden Unterrichtsstunden sank deshalb im gleichen Zeitraum unbestritten um etwa 34%. Die Beklagte beschäftigte im hier maßgeblichen Fachbereich inklusive des Klägers als Fachbereichsleitung in den zurückliegenden Jahren vier Dozenten. Verringert sich dann über einen Zeitraum von mehreren Jahren kontinuierlich die Schülerzahl, in den letzten zwei Jahren (vier Semestern) um 32%, bei einer in etwa proportional verringerten Anzahl zu erteilender Unterrichtsstunden, die schließlich in einer nur noch einzügigen, statt zuvor zweizügigen Einschulung mündet, so war für die Kammer hinreichend nachvollziehbar dargelegt, dass auch der Beschäftigungsbedarf für Dozenten entsprechend gesunken ist. Ist sodann weiter zu berücksichtigen, dass Herr E. ein Team aus vier Dozenten, für welches ohnehin schon zu erteilende Unterrichtsstunden in deutlich verringertem Umfang zur Verfügung stehen, noch verstärkt, ist aus Sicht der Kammer den Darlegungsanforderungen Genüge getan, wenn die Beklagte vor diesem Hintergrund die Entscheidung trifft, den Fachbereich künftig mit drei Dozenten (statt bis zum 30.09.2017 mit vier Dozenten) zu betreiben, mithin zwei Arbeitsplätze abzubauen. Einer Aufschlüsselung – so sie dann im Falle einer Dozententätigkeit überhaupt möglich ist – unter Anwendung einer streng mathematischen Gegenüberstellung von Arbeitskräfteanzahl und Unterrichtsstundenbedarf wäre vor diesem Hintergrund nicht notwendige Förmelei und überspannte die Anforderungen an die Darlegungslast der Beklagten. Dies gilt jedenfalls dann, wenn – wie hier – nicht nur das verringerte Arbeitsvolumen (zu erteilende Unterrichtsstunden) sondern auch die dem zugrundeliegenden Ursachen (stetig verringerte Schülerzahlen und schließlich einzügige Einschulung) als solche – und damit im Kern der Wegfall von Beschäftigungsmöglichkeiten – unstreitig sind.

cc) Ohne Bedeutung ist nach oben genannten Grundsätzen, ob die wirtschaftliche Situation der Beklagten „gegen die Notwendigkeit“ von betriebsbedingten Kündigungen spricht. Die Arbeitsgerichte sind nicht berechtigt, eine unternehmerische Entscheidung auf ihre Wirtschaftlichkeit zu überprüfen. Es ist gerade Kern der unternehmerischen Freiheit, die erstrebenswerten wirtschaftlichen Parameter selbst zu definieren und den Geschäftsbetrieb danach auszurichten. Entscheidend ist allein, ob ein Beschäftigungsbedarf entfallen ist. Dies ist hier wie dargelegt der Fall. Auf gestiegene Gewinnrücklagen, Bilanzgewinne oder Ergebnisse der Gewinn- und Verlustrechnungen kommt es bei der Prüfung der Sozialwidrigkeit nicht an.

d) Offen bleiben kann, ob die Zahl der Anmeldungen zuletzt zum 01.10.2017 wieder gestiegen ist oder ob im Oktober 2017 erstmals wieder eine Teilzeitklasse im Bereich Elektrotechnik, Informationstechnik und Medizintechnik hat eingeschult werden können. Gleiches gilt für die Behauptung des Klägers, das Beschäftigungsbedürfnis sei deshalb nicht entfallen, weil der Kläger – wie alle anderen Mitarbeiter auch – für das Wintersemester 2017/18 hätten voll eingeplant werden konnte. Dies steht der Wirksamkeit der am 28.06.2017 ausgesprochenen Kündigung nicht ohne Weiteres entgegen.

aa) Dem Kündigungsrecht immanent ist das Prognoseprinzip. Dies gilt gerade auch für die betriebsbedingte Kündigung, der keinerlei Sanktionscharakter zukommt. Hiernach ist allein entscheidend, dass die Umsetzung einer unternehmerischen (Organisations-)Entscheidung auf der betrieblichen Ebene spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist zu einem voraussichtlich dauerhaften Wegfall des Beschäftigungsbedarfs führt. Diese Prognose muss im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung objektiv berechtigt sein (BAG, Urteil v. 31.07.2014 – 2 AZR 422/13). Für das die Wirksamkeit der Kündigung überprüfende Gericht muss nachvollziehbar sein, dass der Arbeitgeber im Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs eine solche Prognose zulässigerweise treffen konnte. Kommt es nach Kündigungsausspruch tatsächlich zu einer Änderung der prognostizierten Umstände, fällt also der Kündigungsgrund jedenfalls nach Ablauf der Kündigungsfrist entgegen der zulässigerweise zugrunde gelegten Prognose weg, ist in aller Regel der Rechtssicherheit und der vertraglichen Dispositionsfreiheit des Arbeitgebers der Vorrang vor dem Beschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers einzuräumen und zwar selbst dann, wenn ein vom Arbeitnehmer angestrengtes Kündigungsschutzverfahren noch andauert (Ascheid/Preis/Schmidt/Kiel, Kündigungsrecht, 5. Auflage 2017, KSchG § 1 Rn. 746 m.w.N.). Eine sich im Nachhinein als falsch herausgestellte Prognose ist auf die Wirksamkeit der Kündigung deshalb grundsätzlich ohne Einfluss. Dem Arbeitnehmer steht jedoch unter Umständen ein Wiedereinstellungsanspruch, gerichtet auf die Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses zu (ErfK/Preis, 18. Auflage 2018, § 611a Rn. 323f.), wenn sich eine Prognose im Nachhinein als unzutreffend herausstellt und das Beschäftigungsbedürfnis tatsächlich nicht entfallen ist.

bb) Vorliegend hat die Beklagte aufgrund des unstreitigen kontinuierlichen Rückgangs der Schülerzahlen in K. über mehrere Semester und Jahre – beginnend im Jahr 2013 mindestens bis zum 30.09.2017 – und auch vor dem Hintergrund der notwendigen Schließung des Standortes S. – jedenfalls zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung am 28.06.2017 nachvollziehbar davon ausgehen dürfen, dass dies keine kurzfristige Schwankung sondern eine grundsätzliche Tendenz zu weniger Schülern darstellt. Gegenteiliges, insbesondere eine im Zeitpunkt des Kündigungszugangs erkennbar falsche Prognose, weil die Beklagte zu diesem Zeitpunkt hat erkennen können, dass der Beschäftigungsbedarf künftig doch nicht entfallen wird, hat auch der Kläger nicht vorgetragen. Untauglich für die Frage der Prognose ist der vom Kläger bemühte Vergleich der Schülerzahlen im Jahr 2002 mit den Schülerzahlen im Jahr 2017. Soweit für die Prognose auf die Entwicklung der Schülerzahlen in der Vergangenheit zurückgegriffen wird, ist die Zugrundelegung eines 15-Jahres-Zeitraums ungeeignet, um eine auf einen rückwärtigen Zeitraum von vier Jahren bzw. acht Semestern gestützte Prognose zu widerlegen.

3.

Die betrieblichen Erfordernisse waren auch dringend. Insbesondere eine Änderungskündigung auf die Stelle eines Dozenten kam nicht in Betracht. Denn es ist gerade nicht nur das Beschäftigungsbedürfnis für einen (weiteren) Fachbereichsleiter entfallen. Die Beklagte hat, wie dargelegt, auch ersichtlich weniger Bedarf an zu erteilenden Unterrichtsstunden durch Dozenten.

4.

Die Kündigung ist auch nicht deshalb sozialwidrig, weil anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten bestehen. Eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit ist bereits nicht hinreichend substantiiert dargelegt.

a) Zwar ist für das Fehlen einer anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit gem. § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG der Arbeitgeber darlegungs- und beweispflichtig. Dabei gilt jedoch eine abgestufte Darlegungslast. Bestreitet der Arbeitnehmer lediglich den Wegfall seines bisherigen Arbeitsplatzes, genügt der Vortrag des Arbeitgebers, wegen der betrieblichen Notwendigkeiten sei eine Weiterbeschäftigung zu den gleichen Bedingungen nicht möglich. Will der Arbeitnehmer vorbringen, es sei eine Beschäftigung an anderer Stelle möglich, obliegt es ihm darzulegen, wie er sich diese Beschäftigung vorstellt. Erst daraufhin muss der Arbeitgeber eingehend erläutern, aus welchen Gründen eine Umsetzung nicht in Betracht kam (BAG, Urteil v. 29.08.2013 – 2 AZR 809/12).

b) Der Kläger ist seiner Darlegungslast auch insoweit nicht nachgekommen. Die Beklagte hat bereits in der Klageerwiderung vorgetragen, dass eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nicht ersichtlich ist. Dies hat der Kläger mit seiner Replik lediglich pauschal „bestritten“ und im Übrigen in Anlehnung an das Widerspruchsschreiben des Betriebsrats gemeint, es bestehe eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit bei dem T. Akademie N. e.V. Dieser sei – anders als von der Beklagten dargestellt – kein anderer Arbeitgeber, sondern Unternehmensteil der Beklagten. Es ist indes ohne ergänzenden Vortrag schon nicht ersichtlich, aus welchem Grund eine eigenständige juristische Person „Unternehmensteil“ einer anderen juristischen Person sein soll. Die Beklagte hat – vom Kläger nicht bestritten – vielmehr dargelegt, dass sie selbst eine 100%ige Tochtergesellschaft des T. demie N. e.V. ist. Es handelt sich deshalb im Grundsatz um zwei eigenständige Unternehmen. Aus welchem Grund der T. Akademie N. e.V. als Mutterunternehmen der Beklagten ein „Unternehmensteil“ derselben sein soll, ist weder ersichtlich noch vorgetragen. Eine – unterstellte – Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in einem anderen Unternehmen eines Konzerns kommt ebenfalls nicht in Betracht. Einen konzernweiten Weiterbeschäftigungsanspruch kennt das Kündigungsschutzgesetz nicht; es ist im Grundsatz unternehmensbezogen (BAG, Urteil v. 26.06.2008 – 2 AZR 1109/06).

5.

Die Kündigung ist auch nicht deshalb sozial ungerechtfertigt, weil die Beklagte bei der sozialen Auswahl die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter und die Unterhaltspflichten des Klägers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat, § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG. Die von der Beklagten durchgeführte Sozialauswahl lässt keine Fehler erkennen.

a) Die vom Arbeitgeber durchzuführende Sozialauswahl verlangt vom Arbeitgeber, beim Wegfall von Beschäftigungsmöglichkeiten denjenigen Arbeitnehmer zu kündigen, der nach den Grundsätzen der Sozialauswahl unter Berücksichtigung der vom Gesetz vorgegebenen sozialen Kriterien am wenigsten schutzwürdig ist. Die Sozialauswahl ist dabei nicht unternehmens- sondern betriebsbezogen. Einzubeziehen sind hiernach alle auch horizontal vergleichbaren Arbeitnehmer des Betriebes. Eine solche Vergleichbarkeit ist dann nicht mehr gegeben, wenn eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nur zu schlechteren Arbeitsbedingungen möglich ist (Schaub/Linck, Arbeitsrechts-Handbuch, 17. Auflage 2017, § 135 Rn. 7 m.w.N.), um eine „Verdrängung nach unten“ zu vermeiden. Die Darlegungs- und Beweislast für die Vergleichbarkeit trägt der Arbeitnehmer, § 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG (BAG, Urteil v. 05.12.2002 – 2 AZR 697/01). Bei der Durchführung der Sozialauswahl steht dem Arbeitgeber in gewissem Rahmen ein Beurteilungsspielraum zu. Dies bedeutet auch, dass das Gericht nicht seine eigene Beurteilung an die Stelle der Beurteilung des Arbeitgebers setzen darf. Das Gericht hat die Sozialauswahl nur darauf zu überprüfen, ob – wie § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG vorgibt – die sozialen Kriterien ausreichend berücksichtigt worden sind (ErfK/Oetker, 18. Auflage 2018, § 1 KSchG Rn. 305a m.w.N. der Rechtsprechung). Nur deutlich sozial schutzwürdigere Arbeitnehmer können sich deshalb erfolgreich auf eine fehlerhafte Sozialauswahl berufen (BAG, Urteil v. 21.05.2015 – 8 AZR 409/13).

b) Der Kläger hat insoweit lediglich vorgetragen, er sei schutzbedürftiger als Herr E. . Die Beklagte hat zur Veranschaulichung ihrer Auswahlentscheidung der Betriebsratsanhörung eine Art Punkteschema beigefügt, nach welchem – anders als der Kläger meint – Herr E. deutlich schutzwürdiger als der Kläger ist. Denn Herr E. ist nicht nur vier Jahr älter, sondern auch elf Jahre länger im Unternehmen der Beklagten beschäftigt. Soweit das Gesetz von „Betriebszugehörigkeit“ spricht, ist damit tatsächlich die Zugehörigkeit zum Unternehmen gemeint (BAG, Urteil v. 02.06.2005 – 2 AZR 158/04). Anhand des Punkteschemas wird zudem deutlich, dass der Kläger auch dann nicht deutlich sozial schutzwürdiger wäre als Herr E., wenn man zu Gunsten des Klägers noch dessen Unterhaltspflichten gegenüber zwei Kindern berücksichtigen wollte. Denn auch unter Berücksichtigung dieser Unterhaltspflichten wäre der Kläger nicht nur nicht deutlich schutzwürdiger als Herr E., er wäre auch bei zusätzlichen „8 Punkten“ sozial weniger schutzwürdig als Herr E. .

Dahinstehen kann, ob der Kläger als Fachbereichsleiter und Vollzeitbeschäftigter mit weiteren Arbeitnehmern des Betriebs vergleichbar wäre. Denn der Kläger hat zur Vergleichbarkeit mit anderen Arbeitnehmern im Betrieb nichts vorgetragen und sich ersichtlich allein dagegen gewandt, dass Herr E. den Verzug erhalten hat.

6.

Schließlich ist die Kündigung auch nicht deshalb sozial ungerechtfertigt, weil der Betriebsrat der Kündigung widersprochen hat. Denn ein Widerspruch des Betriebsrats berührt die Wirksamkeit der Kündigung nur dann, wenn der Betriebsrat deshalb widerspricht, weil eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit im Unternehmen besteht, die Kündigung gegen eine Auswahlrichtlinie verstößt oder eine Weiterbeschäftigung nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen bzw. unter geänderten Bedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis erklärt hat, § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1, Satz 3 KSchG.

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Soweit der Betriebsrat seinen Widerspruch auf die fehlende Berücksichtigung von Unterhaltspflichten bei der durchgeführten Sozialauswahl stützt, hat diese Rüge auf die Sozialwidrigkeit der Kündigung keinen Einfluss. Auch der Verweis des Betriebsrats auf eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit im „verbundenen Unternehmen im gemeinsamen Betrieb“ ist untauglich. Der Weiterbeschäftigungsanspruch ist unternehmensbezogen, verbundene Unternehmen sind ohne besondere Umstände dabei nicht zu berücksichtigen. Für das Vorliegen eines Gemeinschaftsbetriebes bestehen keine Anhaltspunkte, die bloße Bezeichnung als „verbundenes Unternehmen im gemeinsamen Betrieb“ genügt dafür nicht. Auch der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger hat – anwaltlich vertreten – einen Gemeinschaftsbetrieb nicht behauptet, sondern behauptet, der T. Akademie N. e.V. sei ein Unternehmensteil der Beklagten. Aus diesem Grunde genügt auch der Hinweis auf die Weiterbeschäftigung zu geänderten Bedingungen – die ohnehin noch zu bestimmen wären („nach Verhandlung bereit“) – nicht. Denn auch diese Weiterbeschäftigung soll bei einem anderen Rechtsträger erfolgen.

II.

Die hiernach im Grundsatz wirksame Kündigung konnte das Arbeitsverhältnis indes nicht zum 31.12.2017, sondern erst zum 31.03.2018 beenden.

1.

Die vertraglich vorgesehene Kündigungsfrist beträgt unstreitig drei Monate zum Semesterende. Das Semesterende ist jeweils der 31. März und der 30. September eines Kalenderjahres. An diesen Kündigungsterminen muss sich auch die Beklagte festhalten lassen. Zu Recht wendet der Kläger ein, dass eine Kündigung zum 31.12. eines Jahres vertraglich nicht zulässig war. Die Kammer geht jedoch davon aus, dass die Beklagte das Arbeitsverhältnis unter Beachtung der einschlägigen Kündigungsfrist und des einschlägigen Kündigungstermins hat kündigen wollen. Zwar ist die Kündigungserklärung von keiner Partei vorgelegt worden. Indes wendet sich der Kläger gegen die von der Beklagten unter Nennung des (falschen) Kündigungstermins – 31.12.2017 – ausgesprochene ordentliche Kündigung. Die Anhörung des Betriebsrats erfolgte ebenfalls zur ordentlichen, fristgemäßen Kündigung zum nächstmöglichen Termin. Auch der Kläger hat vorgetragen, eine „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ erklärte Kündigung scheitere an der Unkündbarkeit des Klägers. Die Kammer konnte somit davon ausgehen, dass die Beklagte eine entsprechende fristgemäße ordentliche Kündigung zum 31.12.2017, ggf. hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt erklärt hat. Eine solche Kündigung kann regelmäßig als Kündigung zum richtigen Termin ausgelegt werden (BAG, Urteil v. 15.05.2013 – 5 AZR 130/12). Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Kündigungserklärung ohne jedweden Zusatz einen bestimmten Kündigungstermin nennt. Dies ist angesichts der Gesamtumstände nicht anzunehmen und auch vom Kläger nicht behauptet.

2.

Ist die Kündigung hiernach als Kündigung zum richtigen Termin zu verstehen, bedeutet dies indes nicht, dass sich die Beklagte – weil bei Kündigungszugang am 28.06.2017 rechnerisch möglich – darauf berufen kann, dass die Kündigung das Arbeitsverhältnis bereits zum 30.09.2017 hat beenden können. Die Zulässigkeit einer Auslegung als Kündigung zum richtigen Termin ist dadurch begründet, dass der Beendigungswille bei solchen Kündigungen an sich offensichtlich ist und die Beendigung des Vertragsverhältnisses durch die Kündigung schnellstmöglich – wenn auch zu einem späteren Termin als vom Arbeitgeber errechnet – herbeigeführt werden soll. Indes kann die Wahl einer längeren Kündigungsfrist oder eines späteren Kündigungstermins als vertraglich vereinbart, vielfältige Gründe haben und insbesondere auch aus sozialen Gesichtspunkten zugunsten des Arbeitnehmers erfolgen. Es verbietet sich daher nach Überzeugung des Gerichts, ohne Weiteres anzunehmen, eine vom Arbeitgeber ordentlich und/oder fristgemäß zu einem bestimmten Termin erklärte Kündigung sei als eine Kündigung zu einem früheren Termin auszulegen, sofern dies rechnerisch möglich ist. Das Arbeitsverhältnis konnte daher erst zum 31.03.2018 als nächst zulässigem Termin beendet werden.

III.

In prozessualer Hinsicht war der Rechtsstreit entscheidungsreif. Zu berücksichtigen waren alle bis dahin bei Gericht eingegangenen Schriftsätze.

1.

Der Vortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 13.11.2017, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am selben Tage zugegangen, war nicht als verspätet zurückzuweisen.

Nach § 296 Abs. 1 ZPO sind Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist vorgebracht werden, nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt. Verspätetes Vorbringen muss streitig, beweisbedürftig und erheblich sein und dazu führen, dass der Rechtsstreit bei Zulassung des Vorbringens länger dauern würde als bei dessen Zurückweisung (sog. absoluter Verzögerungsbegriff des Bundesgerichtshofs, zuletzt etwa BGH, Urteil v. 03.07.2012 – IV ZR 120/11). Dass diese Voraussetzungen auf das Vorbringen der Beklagten im Schriftsatz vom 13.11.2017 zutreffen, war nicht anzunehmen. Die Ausführungen im Schriftsatz sind vielmehr teilweise bereits nicht erheblich (Ausführungen zur wirtschaftlichen Lage, Ausführungen zu Zuschüssen), unstreitig (Rückgang der Schülerzahlen) oder aber sie erschöpfen sich in Wiederholungen von Tatsachenvortrag sowie Rechtsausführungen (Sozialauswahl, Unkündbarkeit des Klägers). Letztere sind bereits keine Angriffs- oder Verteidigungsmittel. Für das Gericht, das nach freier Überzeugung zu prognostizieren hat, ob das Zulassen des Vorbringens den Rechtsstreit verzögert, war nicht erkennbar, inwieweit das Verfahren durch die Zulassung der Ausführungen im Schriftsatz vom 13.11.2017 verzögert wird. Auch der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat seine pauschale Rüge – wenngleich formuliert als ein vom Gesetz nicht vorgesehener Antrag auf Zurückweisung wegen Verspätung – nicht konkretisiert. Er hat vielmehr unter bloßer Bezugnahme darauf, dass der Schriftsatz nach Ablauf der gesetzten Frist bei Gericht einging, die Zurückweisung als verspätet beantragt. Im Übrigen kann selbst die Zulassung verspäteten Vorbringens ein Rechtsmittel des Gegners – mit Ausnahme von § 296 Abs. 3 ZPO – nicht rechtfertigen (Zöller/Greger, 32. Auflage 2017, § 296 Rn. 35).

2.

Dem Kläger war auch keine weitere Schriftsatzfrist einzuräumen. Nach § 283 S. 1 ZPO kann das Gericht – unter gleichzeitiger Bestimmung eines Verkündungstermins – auf Antrag einer Partei eine Schriftsatzfrist bestimmen, wenn sich diese Partei in der mündlichen Verhandlung auf ein Vorbringen des Gegners nicht erklären kann, weil es ihr nicht rechtzeitig vor dem Termin mitgeteilt worden ist. Für die Frage der Rechtzeitigkeit sind indes nicht die in § 296 Abs. 1 ZPO genannten Fristen, insbesondere auch nicht die Frist des § 273 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, maßgeblich. Nicht rechtzeitig im Sinne von § 283 S. 1 ZPO ist ein Vorbringen ohne besondere Umstände vielmehr nur dann, wenn es unter Verkürzung der Wochenfrist des § 132 ZPO erfolgt ist (Zöller/Greger, 32. Auflage 2017, § 283 Rn. 2b). Dessen ungeachtet kommt ein Schriftsatznachlass nach dem klaren Wortlaut der Norm nur dann in Betracht, wenn es der Partei nicht möglich ist, sich zum Vorbringen der Gegenseite zu erklären. Das Gericht prüft nach pflichtgemäßem Ermessen, ob eine Erklärung vor oder spätestens im Termin möglich ist oder ob – wenn das nicht der Fall sein sollte – Ursache hierfür nicht die fehlende Rechtzeitigkeit, sondern das Unvermögen der Partei ist, die Schriftsatznachlass begehrt (Münchener Kommentar zu ZPO/Prütting, 5. Auflage 2016, § 283 Rn. 11).

Nach diesen Grundsätzen kam ein Schriftsatznachlass für den Kläger nicht in Betracht. Es kann schon nicht festgestellt werden, dass das Vorbringen der Beklagten nicht rechtzeitig im Sinne von § 132 ZPO war. Der Kläger hat vom Schriftsatz vom 13.11.2017 bereits am gleichen Tag Kenntnis erlangt, der Kammertermin fand erst am 23.11.2017 statt. Die Wochenfrist des § 132 ZPO ist ersichtlich gewahrt. Besondere Umstände, so etwa der besondere Umfang oder die besondere Komplexität des Sachvortrags, welche auch einen 10 Tage vor der mündlichen Verhandlung bekannt gewordenen Schriftsatz auch vor dem Hintergrund des § 282 Abs. 2 ZPO als nicht rechtzeitig erscheinen lassen, sind angesichts des unter Punkt III. 1. bereits dargestellten Inhalts des Schriftsatzes der Beklagten nicht ersichtlich. Auch § 283 ZPO gilt weder für Rechtsausführungen, noch für Wiederholungen früheren Vorbringens und auch nicht für nicht entscheidungserheblichen Vortrag (Zöller/Greger, 32. Auflage 2017, § 283 Rn. 2a m.w.N.). Im Übrigen sind unter Zugrundelegung des Inhalts des Schriftsatzes vom 13.11.2017 auch keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass und warum eine Erklärung des Klägers hierzu vor oder spätestens im Termin nicht möglich gewesen sein soll. Dies hat auch der Prozessbevollmächtigte des Klägers weder schriftsätzlich noch in der mündlichen Verhandlung näher dargelegt. Nicht ausreichend hierfür ist es jedenfalls, eine noch vor der mündlichen Verhandlung erfolgende schriftsätzliche Reaktion auf einen als verspätet gerügter Schriftsatz als „vorläufig“ zu bezeichnen. Denn auch ein – unterstelltes – nicht rechtzeitiges Vorbringen gewährt keinen unbedingten Anspruch auf Gewährung eines Schriftsatznachlasses (Münchener Kommentar zu ZPO/Prütting, 5. Auflage 2016, § 283 Rn. 11).

IV.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus §§ 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Aus Sicht der Kammer ist eine Kostenquotelung, nach der jede Partei die Hälfte der Kosten trägt, sachgerecht. Zwar verliert der Kläger den Streit um den Bestand seines Arbeitsverhältnisses. Er obsiegt jedoch insoweit, als dass sein Arbeitsverhältnis drei Monate länger dauert als von der Beklagten beabsichtigt. Der Kläger obsiegt damit (fiktiv) mit drei Monatsgehältern und verliert gleichermaßen den mit maximal drei Monatsgehältern zu bewertenden Streit um den Bestand, § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG.

Die Entscheidung über die Streitwertfestsetzung beruht auf den Vorschriften der §§ 61 Abs. 1 ArbGG, 42 Abs. 2 Satz 1 GKG.

Einer gesonderten Zulassung der Berufung bedurfte es nicht. Die Berufungsmöglichkeit ergibt sich bereits aus § 64 Abs. 2c ArbGG. Im Übrigen liegen die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung nach § 64 Abs. 3 ArbGG nicht vor.

 

 

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