ArbG Nürnberg – Az.: 6 Ca 1833/22 – Beschluss vom 08.11.2022
Leitsatz:
Welche wirtschaftliche Bedeutung ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot für den betroffenen Arbeitnehmer hat, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Ohne konkrete Anhaltspunkte verbleibt als Anhaltspunkt nur die in §§ 74 ff. HGB enthaltene gesetzliche Regelung zur Karenzentschädigung.
Der Beschluss vom 06.10.2022 wird dahingehend abgeändert, dass der Streitwert auf 51.000,- € festgesetzt wird.
Gründe
Bei der Festsetzung des Gegenstandswerts ist bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten vom wirtschaftlichen Wert des Streitgegenstands auszugehen. Welche wirtschaftliche Bedeutung ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot für den betroffenen Arbeitnehmer hat, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Fehlen – wie hier – konkrete Anhaltspunkte für den Gegenstandswert, verbleibt als Anhaltspunkt für die wirtschaftliche Bewertung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots nur die in §§ 74 ff. HGB enthaltene gesetzliche Regelung zur Karenzentschädigung (vgl. LAG Schleswig-Holstein v. 31.05.2012 – 6 Ta 86/12).
✔ Wichtige Begriffe kurz erklärt
Nachvertragliches Wettbewerbsverbot und Karenzentschädigung
Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist eine vertragliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die besagt, dass der Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht in konkurrierender Weise tätig werden darf. Dies dient dem Schutz der Geschäftsinteressen des ehemaligen Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer darf seine Tätigkeit weder für Konkurrenzunternehmen noch auf eigene Rechnung im gleichen Tätigkeitsbereich wie der Arbeitgeber ausüben. Die Dauer eines solchen Wettbewerbsverbotes ist auf maximal zwei Jahre nach Ausscheiden beschränkt.
Die Karenzentschädigung ist eine finanzielle Entschädigung, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zahlt, um das nachvertragliche Wettbewerbsverbot auszugleichen. Sie soll die aus dem Wettbewerbsverbot resultierenden finanziellen Nachteile ausgleichen. Für die Berechnung der Karenzentschädigung gelten die §§ 74 HGB. Danach ist vorgegeben, dass die Höhe der Karenzentschädigung mindestens die Hälfte des vom Arbeitnehmenden zuletzt bezogenen Entgelts erreichen muss. Dabei handelt es sich um die Mindestkarenzentschädigung. Eine höhere Karenzentschädigung zugunsten des Arbeitnehmenden kann jederzeit vereinbart werden.
Die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots mit Karenzentschädigung hat Auswirkungen auf die Sozialversicherung: Wird die Karenzentschädigung dem Arbeitnehmenden während einer laufenden Beschäftigung gezahlt, ist sie als Einmalzahlung beitragspflichtig in der Sozialversicherung. Der weitaus häufigere Fall wird es sein, dass die Zahlung der Karenzentschädigung erst nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses fällig wird. In diesem Fall ist sie nicht beitragspflichtig in der Sozialversicherung.
Es gibt bestimmte Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot gültig ist. Dazu gehören eine schriftliche Vereinbarung und unmissverständliche Regelungen. Darüber hinaus darf das Wettbewerbsverbot den ausscheidenden Arbeitnehmer nicht über Gebühr in seinem beruflichen Fortkommen einschränken. Ort, Karenzzeit und Inhalt sind genau zu definieren. Der Arbeitgeber selbst muss ein berechtigtes geschäftliches Interesse daran haben, dass ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot Bestandteil eines Arbeitsvertrages wird.