Skip to content

Teilzeitarbeit – Antrag per Email an Arbeitgeber zulässig?

Teilzeitarbeit: Änderungskündigung wegen Elternzeit unwirksam

Das Urteil befasst sich mit der Zulässigkeit eines Antrags auf Teilzeitarbeit per E-Mail und den darauffolgenden arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen, einschließlich der Kündigung und Änderungskündigung der Arbeitnehmerin durch den Arbeitgeber. Es wird festgestellt, dass die Antragstellung per E-Mail gültig ist und die Kündigungen des Arbeitgebers nicht rechtmäßig waren.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 8 Sa 109/12  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Zentrale Punkte aus dem Urteil:

  1. Teilzeitarbeitsantrag: Die Klägerin beantragte per E-Mail nach ihrer Elternzeit eine Arbeitszeitreduzierung auf 30 Stunden pro Woche.
  2. Form der Antragstellung: Das Gericht bestätigt, dass eine Antragstellung auf Teilzeitarbeit per E-Mail rechtlich zulässig ist.
  3. Ablehnung des Antrags: Der Arbeitgeber lehnte den Antrag der Klägerin auf Teilzeitarbeit sowohl mündlich als auch schriftlich in einem Kita-Formular ab, ohne den Antrag direkt zu erwähnen.
  4. Kündigung des Arbeitsverhältnisses: Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis, nachdem die Klägerin auf ihrer Teilzeittätigkeit bestand.
  5. Unwirksamkeit der Kündigung: Das Gericht erklärte die Kündigung und die darauf folgende Änderungskündigung für unwirksam.
  6. Abmahnung der Klägerin: Die Klägerin wurde abgemahnt, weil sie ihren Arbeitsplatz gemäß ihrem Teilzeitwunsch früher verließ.
  7. Entfernung der Abmahnung: Das Gericht verpflichtete den Arbeitgeber, die Abmahnung aus der Personalakte der Klägerin zu entfernen.
  8. Sozialwidrigkeit der Änderungskündigung: Das Gericht stellte fest, dass die Änderungskündigung sozial ungerechtfertigt war.

Flexibilität im Arbeitsverhältnis: Teilzeitarbeit und rechtliche Rahmenbedingungen

Antrag auf Stundenreduzierung per eMail wirksam?
Symbolfoto: fizkes/Bigstock

Teilzeitarbeit hat sich in der modernen Arbeitswelt als ein wesentliches Element der Arbeitszeitgestaltung etabliert. Sie ermöglicht es Arbeitnehmern, ihre Arbeitszeit den persönlichen Bedürfnissen und Lebensumständen anzupassen, besonders nach Phasen wie der Elternzeit. Doch wie verhält es sich mit der rechtlichen Seite, insbesondere wenn es um die Formalitäten der Antragstellung geht? Kann ein Email-Antrag auf Teilzeitarbeit rechtlich Bestand haben? Dies ist ein Schlüsselaspekt, der in vielen Arbeitsgerichtsurteilen behandelt wird und wesentliche Fragen des Arbeitsrechts berührt.

Die Thematik der Teilzeitarbeit wirft nicht nur Fragen zur Flexibilisierung der Arbeitswelt auf, sondern auch zur rechtlichen Anerkennung digitaler Kommunikationswege in formalen Prozessen. Der Konflikt zwischen einer informellen Email und traditionellen formalen Anforderungen bei Anträgen wird in diesem Kontext besonders relevant. Im Zuge dessen spielen auch die Implikationen von Entscheidungen wie Kündigungen eine Rolle, die sich aus der Anerkennung oder Ablehnung solcher Anträge ergeben können. Hierbei steht die Auslegung und Anwendung arbeitsrechtlicher Normen im Vordergrund, die in der Praxis oft zu interessanten und wegweisenden Urteilen führen.

Der Beginn eines arbeitsrechtlichen Streits: Teilzeitarbeit nach der Elternzeit

Die juristische Auseinandersetzung im Fall des Landesarbeitsgerichts Hamburg begann mit dem Wunsch einer Arbeitnehmerin, nach ihrer Elternzeit in Teilzeit zu arbeiten. Die Klägerin, seit 2005 als Assistenzkraft bei einem Unternehmen der Wohnungswirtschaft beschäftigt, kehrte aus der Elternzeit zurück und teilte ihrem Arbeitgeber per E-Mail mit, dass sie ihre Arbeitszeit auf sechs Stunden täglich reduzieren möchte. Diese E-Mail, datiert auf den 21.09.2011, war der Ausgangspunkt für den späteren Rechtsstreit. Die Beklagte, ein mittelständisches Unternehmen, reagierte auf diesen Email-Antrag nicht formgerecht und fügte später handschriftliche Änderungen in einem Formular zur Arbeitszeitbescheinigung ein, welches der Klägerin für die Beantragung eines Kita-Platzes diente.

Eskalation des Konflikts und arbeitsrechtliche Konsequenzen

Die Situation eskalierte, als die Klägerin am 11.06.2012, dem Tag ihrer Rückkehr aus der Elternzeit, eine Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses zum 30.09.2012 erhielt. In einem weiteren Schreiben erklärte der Arbeitgeber, dass eine Teilzeittätigkeit im Verwaltungsbereich nicht möglich sei. Daraufhin verließ die Klägerin am 18.06.2012 ihren Arbeitsplatz um 14:00 Uhr – entsprechend ihrem Teilzeitwunsch – und wurde dafür abgemahnt. Der Arbeitgeber forderte sie auf, ab dem 18.06.2012 wieder in Vollzeit zu arbeiten. Als Reaktion darauf reichte die Klägerin Klage ein und verlangte unter anderem die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung und die Bestätigung ihrer reduzierten Arbeitszeit.

Urteil des Arbeitsgerichts und seine Begründung

Das Arbeitsgericht Hamburg gab der Klägerin in fast allen Punkten Recht. Es stellte fest, dass die Kündigung unwirksam war und die Arbeitszeit der Klägerin sich gemäß § 8 II TzBfG auf 30 Stunden pro Woche reduziert hat. Das Gericht urteilte, dass die Klägerin ihren Antrag auf Teilzeitarbeit rechtzeitig und formgerecht gestellt hatte und dass die Beklagte das Begehren nicht fristgerecht schriftlich abgelehnt hatte. Weiterhin entschied das Gericht, dass die Abmahnung unwirksam sei und aus der Personalakte zu entfernen ist. Bezüglich der Änderungskündigung urteilte das Gericht, dass diese sozial ungerechtfertigt sei.

Die Rolle der Teilzeitarbeit im modernen Arbeitsrecht

Dieses Urteil zeigt die Bedeutung der Teilzeitarbeit im heutigen Arbeitsrecht und den Schutz der Arbeitnehmerrechte, insbesondere nach der Elternzeit. Es unterstreicht die Notwendigkeit für Arbeitgeber, Anträge auf Teilzeitarbeit ernst zu nehmen und formgerecht zu behandeln. Dieser Fall illustriert auch, wie digitale Kommunikationsmittel wie E-Mails im Arbeitsrecht an Bedeutung gewinnen und wie wichtig eine klare und rechtskonforme Kommunikation zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg dient somit als wegweisendes Beispiel für ähnliche Fälle in der Zukunft und betont die Wichtigkeit des Arbeitsrechts als Schutzmechanismus für Arbeitnehmer.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Antrag auf Stundenreduzierung

Ein Antrag auf Stundenreduzierung, also Teilzeitarbeit, kann in Deutschland gemäß dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) gestellt werden. Arbeitnehmer haben grundsätzlich das Recht, ihre Arbeitszeit zu reduzieren, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Dazu gehört, dass der Arbeitnehmer mindestens sechs Monate im Unternehmen beschäftigt ist und der Betrieb mindestens 15 Mitarbeiter beschäftigt.

Um Teilzeit zu beantragen, muss der Arbeitnehmer seinen Wunsch auf Arbeitszeitreduzierung und die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit spätestens drei Monate vor Beginn der Teilzeit dem Arbeitgeber mitteilen. Eine Begründung ist nicht erforderlich, kann aber dazu beitragen, dass der Arbeitgeber die Beweggründe besser nachvollziehen kann. Der Antrag sollte schriftlich erfolgen, um Missverständnisse zu vermeiden.

Der Arbeitgeber kann den Antrag auf Teilzeit aus betrieblichen Gründen ablehnen, wenn die Organisation, der Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Unternehmen wesentlich beeinträchtigt werden oder unverhältnismäßig hohe Kosten entstehen. Wenn der Arbeitgeber den Antrag auf Teilzeit ablehnt, kann der Arbeitnehmer nach zwei Jahren erneut einen Antrag stellen.

Nach Ablauf der vereinbarten Teilzeit kehrt der Arbeitnehmer automatisch zur ursprünglich im Arbeitsvertrag vereinbarten Arbeitszeit zurück. Bei Teilzeitarbeit erhalten Arbeitnehmer denselben Stundenlohn wie bei Vollzeitarbeit, allerdings wird das Gesamtgehalt entsprechend der reduzierten Arbeitszeit angepasst.

Wie wird ein Antrag auf Teilzeitarbeit rechtlich bewertet, wenn er per E-Mail gestellt wird?

Ein Antrag auf Teilzeitarbeit kann in Deutschland per E-Mail gestellt werden. Dies ist durch das Bundesarbeitsgericht (BAG) bestätigt worden. Der Antrag muss gemäß § 8 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) gestellt werden und sollte so konkret sein, dass der Arbeitgeber ihn mit einem einfachen „Ja“ annehmen kann.

Der Antrag sollte mindestens drei Monate vor Beginn der gewünschten Arbeitszeitreduzierung beim Arbeitgeber eingegangen sein. Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer spätestens einen Monat vor dem gewünschten Teilzeitbeginn schriftlich mitteilen, ob er der Teilzeit zustimmt oder nicht. Unterlässt er dies, verringert sich die Arbeitszeit automatisch in dem vom Arbeitnehmer gewünschten Umfang (§ 8 Abs. 5 TzBfG).

Der Arbeitgeber kann den Antrag auf Teilzeitarbeit ablehnen, wenn betriebliche Gründe vorliegen. Diese Gründe müssen erheblich sein und können beispielsweise eine wesentliche Beeinträchtigung der Organisation, der Arbeitsabläufe oder der Sicherheit im Betrieb darstellen. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, alle Möglichkeiten der betrieblichen Umorganisation auszuschöpfen und eventuelle Störungen im Arbeitsablauf oder in der betrieblichen Organisation zu minimieren.

Es ist zu erwähnen, dass der Arbeitnehmer bei seinem Antrag auf Teilzeitarbeit keine Begründung für diesen Wunsch nennen muss. Der Antrag kann in Textform gestellt werden, was bedeutet, dass eine E-Mail ausreichend ist.

Falls der Arbeitgeber den Antrag nicht spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn ablehnt, verringert sich automatisch die Arbeitszeit des Arbeitnehmers, wie es beantragt wurde (§ 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG).

Es ist zu beachten, dass es keinen Rechtsanspruch darauf gibt, die Arbeitszeit zu verlängern, wenn man einmal in Teilzeit gearbeitet hat.

Welche formalen Anforderungen bestehen für die Ablehnung eines Antrags auf Teilzeitarbeit durch den Arbeitgeber?

Die formalen Anforderungen für die Ablehnung eines Antrags auf Teilzeitarbeit durch den Arbeitgeber in Deutschland sind im Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) festgelegt.

Frist- und Formgerechtigkeit

Gemäß § 8 Abs. 5 TzBfG muss die Ablehnung eines Teilzeitantrags schriftlich erfolgen. Wenn der Teilzeitantrag nicht schriftlich abgelehnt wird, gilt der Antrag kraft Gesetzes als genehmigt. Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass das Schriftformerfordernis nur eingehalten ist, wenn die Ablehnung auf einem Papierdokument, welches die eigenhändige Unterschrift des Arbeitgebers trägt, erfolgt.

Begründung der Ablehnung

Die Ablehnung eines Teilzeitantrags muss begründet sein. Die Ablehnungsgründe sind nicht abschließend und müssen im Einzelfall geprüft werden. Sie können tarifvertraglich festgelegt werden. Arbeitgeber begründen die Ablehnung des Teilzeitantrags häufiger damit, dass die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation wesentlich beeinträchtigen würde.

Betriebliche Gründe für die Ablehnung

Nach § 8 Abs. 4 TzBfG hat der Arbeitgeber der Verringerung der Arbeitszeit zuzustimmen und ihre Verteilung entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers festzulegen, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Das Gesetz selbst nennt beispielhaft die Verursachung unverhältnismäßiger Kosten sowie eine wesentliche Beeinträchtigung der Organisation, Arbeitsabläufe oder der Sicherheit im Betrieb.

Die Rechtsprechung prüft anhand von drei Schritten, ob betriebliche Gründe einer Arbeitszeitverringerung entgegenstehen. Im ersten Schritt wird geprüft, ob das Organisationskonzept des Arbeitgebers eine Verringerung der Arbeitszeit ausschließt. Im zweiten Schritt wird geprüft, ob das Organisationskonzept tatsächlich durchgeführt wird. Im dritten Schritt stellt sich die Frage, ob das Teilzeitverlangen des Arbeitnehmers das betriebliche Organisationskonzept oder die zugrunde liegende unternehmerische Aufgabenstellung wesentlich beeinträchtigt.


Das vorliegende Urteil

LAG Hamburg, Az.: 8 Sa 109/12, Urteil vom 30.05.2013

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 24.10.2012 (3 Ca 325/12) wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten im Kern um die Arbeitszeit der Klägerin.

Die 1986 geborene, ledige, einem Kind zum Unterhalt verpflichtete Klägerin ist seit dem 01.08.2005 bei der Beklagten als Assistenzkraft beschäftigt. Ihr durchschnittliches Monatsgehalt betrug zuletzt € 2.654,- brutto. Die Beklagte ist ein Unternehmen der Wohnungswirtschaft und beschäftigt ca. 45 Mitarbeiter. Bis zur ihrer Elternzeit arbeitete die Klägerin in Vollzeit täglich von 8 – 17 Uhr, Freitags von 7 – 15 Uhr.

Mit E-Mail vom 21.09.2011 (Anl. A2, Bl. 8 d.A.) an die Beklagte kündigte die Klägerin ihre Rückkehr aus der Elternzeit zum 11.06.2012 an. Weiter heißt es in dem Schreiben:

„nach reiflicher Überlegung sind wir nun zu dem Entschluss gekommen, dass ich 5 x 6 Stunden, also von 08:00 bis 14:00 arbeiten möchte. Eine Pause würde ich dann nicht machen (braucht man ja nicht, wenn man nur 6 Stunden arbeitet).

Ich hoffe, dass das auch P. Be. Vorstellungen entspricht und warte auf seine/ihre Rückmeldung.“

Am 03.02.2012 übersandte die Klägerin der Beklagten ein für die Beantragung eines Kita-Platzes bestimmtes Formular zur Arbeitszeitbescheinigung (Anl. A7, Bl. 17 d.A.), welches im oberen, vom Arbeitnehmer auszufüllenden Teil Angaben zu Kind und Eltern sowie zur Entfernung zwischen Kita und Arbeitsstätten, im unteren, vom Arbeitgeber auszufüllenden Teil, Angaben zum Arbeitsverhältnis und zur Arbeitszeit vorsieht. In dem vom Arbeitgeber auszufüllenden unteren Bereich hatte die Klägerin bereits die von ihr gewünschten Arbeitszeiten (täglich von 8 – 14 Uhr) eingetragen. Die Beklagte strich handschriftlich das von der Klägerin angegebene Arbeitsende 14 Uhr und ersetzte es für die Tage Montag bis Donnerstag durch 17 Uhr und für Freitags durch 15 Uhr. Das von Geschäftsführer der Beklagten unterzeichnete Formular wurde der Klägerin am 13.03.2012 von Frau To., einer Mitarbeiterin der Beklagen, per Post übersandt.

In einem Gespräch zwischen der Klägerin und dem Geschäftsführer der Beklagten im März 2012 lehnte dieser den Teilzeitwunsch der Klägerin ab.

Am 11.06.2012 kehrte die Klägerin aus der Elternzeit zurück. Am gleichen Tag ging ihr eine Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses zum 30.09.2012, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin zu (Anl. A1, Bl. 7 d.A.). In einem weiteren Schreiben an die Klägerin vom 11.06.2012 teilte der Geschäftsführer der Beklagten der Klägerin mit, dass eine Teilzeittätigkeit im Verwaltungsbereich nicht in Betracht käme. Dabei nahm er auf eine bereits zuvor erfolgte mündliche Ablehnung des Teilzeitbegehrens der Klägerin Bezug. Gleichzeitig forderte er die Klägerin auf, ab Montag, dem 18.06.2012 wieder in Vollzeit tätig zu werden.

Am 18.06.2012 verlies die Klägerin um 14:00 Uhr ihren Arbeitsplatz, wofür sie die Beklagte mit Schreiben vom 19.06.2012 (Anl. A 10, Bl. 20 d.A.) abmahnte.

Mit einem weiteren Schreiben vom 19.06.2012 (Anl. A 8, Bl. 18 d.A.), welches der Klägerin um 13:20 Uhr zuging, forderte die Beklagte die Klägerin unabhängig von der Frage der Länge der regelmäßigen Arbeitszeit auf, am gleichen Tag bis 16:00 Uhr Mehrarbeit zu leisten. Nachdem die Klägerin ohne Erfolg versucht hatte, eine Abholung ihrer Tochter aus der Kita zu organisieren, teilte sie dem Geschäftsführer der Beklagten mit, dass sie die Mehrarbeit an diesem Tag nicht leisten könne (Anl. A 9, Bl. 19 d.A.).

Am 22./23.06.2012 schalte die Beklagte im Ha. A. eine Anzeige, mit der sie eine/n Immobilienkauffrau/-kaufmann für zwei Stunde pro Tag suchte. Die Anzeige blieb ebenso ohne Erfolg wie eine Anfrage des Geschäftsführers bei seinem Arbeitgeberverband nach geeigneten Teilzeitkräften in anderen Unternehmen.

Mit Schreiben vom 28.06.2012 (Anl. A 10, Bl. 32 d.A.), welches der Klägerin am gleichen Tag zuging, sprach die Beklagte „unter Aufrechterhaltung der bisherigen Kündigung“ eine Änderungskündigung aus, um das Arbeitsverhältnis ab dem 01.10.2012 wieder in Vollzeit fortzusetzen. Das Änderungsangebot nahm die Klägerin am 16.07.2012 unter Vorbehalt an.

Mit ihrer am 20.06.2012 bei Gericht eingegangenen und der Beklagten am 26.06.2012 zugestellten Klage hat die Klägerin u.a. die Unwirksamkeit der Beendigungskündigung vom 11.06.2012 geltend. Mit Klageerweiterung vom 16.07.2012, der Beklagten am 19.07.2012 zugestellt, hat sie die Feststellung der Sozialwidrigkeit der Änderungskündigung begehrt.

Die Klägerin hat behauptet, eine ständige Präsenz der Assistenzkräfte während der Kernarbeitszeit sei weder erforderlich noch werde ein solches Arbeitszeitkonzept praktisch umgesetzt. Sie selbst habe seit Oktober 2008 bis zum Beginn ihres Mutterschutzes zu ca. 50 % ihrer Arbeitszeit sieben Objekte als Verwalterin bearbeitet und habe dafür ca. 20 % ihrer Arbeitszeit außer Haus verbracht. Auch eine andere Mitarbeiterin werde mit 30 Stunden pro Woche beschäftigt. Eine weitere Assistenzkraft betreue ebenfalls auch eigene Objekte und sei in diesem Zusammenhang nicht durchgängig im Büro anwesend. Eigentliche Ansprechpartner der Kunden seien die Verwalter, auf deren telefonische Erreichbarkeit es deshalb im Wesentlichen ankomme. Eine gegenseitige Vertretung der Assistenzkräfte sei bei Urlaub oder Krankheit ohnehin üblich. Sie sei problemlos möglich, da die meisten Vorgänge per E-Mail dokumentiert würden. Die telefonische Erreichbarkeit sei auch bei Abwesenheit einzelner Kräfte uneingeschränkt gewährleistet, weil alle eingehenden Telefonate von der zentrale an die präsenten Mitarbeiter weitergeleitet würden.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die ordentliche Kündigung vom 11.06.2012 beendet worden ist, sondern weiter fortbesteht;

2. festzustellen, dass die Arbeitszeit der Klägerin sich gemäß § 8 II TzBfG auf 30 Stunden pro Woche verringert hat und die geschuldete Arbeit an 5 Arbeitstagen jeweils 6 Stunden in der Zeit von 8:00 Uhr bis 14:00 Uhr zu leisten ist;

3. hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, der Verringerung der Arbeitszeit der Klägerin auf 30 Stunden pro Woche bei einer Verteilung dieser Arbeitszeit auf montags bis freitags von 8:00 Uhr bis 14:00 Uhr zuzustimmen;

4. festzustellen, dass die Abmahnung vom 19.06.2012 unwirksam ist;

5. die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung mit Datum vom 19.06.2012 sie den diesbezüglichen Schriftverkehr aus der Personalakte der Klägerin zu entfernen;

6. festzustellen, dass eine Änderung der Arbeitsbedingungen durch die ordentliche Änderungskündigung vom 28.06.2012 zum 30.09.2012 sozial ungerechtfertigt ist.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, im Bereich der Assistenz keine Teilzeitkräfte beschäftigen zu können. Als relativ kleiner Anbieter sei sie bestrebt, sich durch ständige Präsenz kompetenter Ansprechpartner während der Kernarbeitszeit von ihren Konkurrenten abzusetzen. Deshalb sei jedem Verwalter eine Assistenzkraft zugeordnet, die für alle Objekte „ihres“ Verwalters zuständig sei und über alle dafür erforderlichen Unterlagen in ihrem Büro verfüge. Die Arbeit der Assistenzkräfte sei von den aktuellen Anforderungen der Kunden und der Bewohner der Mietobjekte abhängig und zum größten Teil zeitlich nicht planbar. Die Einstellung eine fachlich geeigneten Kraft nur für die Nachmittagsstunden sei nicht zu realisieren. Die bei Teilung der Stelle der Klägerin erforderliche Übergabe würde täglich eine halbe Stunde für beide Kräfte erfordern, insgesamt also eine Arbeitsstunde pro Tag. Die von der Klägerin als Verwalterin selbständig betreuten 66 Wohneinheiten würden nicht einmal 7 % des Bestandes der Abteilung ausmachen, in welcher die Klägerin tätig sei.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Ausnahme des in Ziffer 1 enthaltenen allgemeinen Feststellungsantrags stattgegeben. Dringende betriebliche Gründe für eine Beendigung des Arbeitsverhältnis lägen nicht vor. Der Feststellungsantrag zu 2 sei begründet, da die Beklagte das Teilzeitbegehren der Klägerin nicht form- und fristgerecht abgelehnt habe. Da die Klägerin folglich seit dem 11.06.2012 nicht verpflichtet gewesen sei, über 14:00 Uhr hinaus zu arbeiten, habe sie durch das Verlassen ihres Arbeitsplatzes zu diesem Zeitpunkt am 18.06.2012 keine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt. Die Abmahnung und der dazugehörige Schriftverkehr seien folglich aus der Personalakte der Klägerin zu entfernen. Für die mit der Änderungskündigung vom 28.06.2012 erstrebte Änderung der Arbeitszeit seien keine dringenden betrieblichen Erfordernisse vorhanden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen das am 24.10.212 verkündete und dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 05.12.2012 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 19.12.2012 Berufung eingelegt und diese – nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 04.03.2013 – an diesem Tag begründet.

Das angegriffene Urteil habe den Sachverhalt teilweise unzutreffend dargestellt und sei deshalb zu unzutreffenden rechtlichen Bewertungen gelangt, wobei Rechtsprechung und Gesetz teilweise nicht beachtet worden seien. Das Arbeitsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Beklagte das von ihr vorgetragene Arbeitszeitkonzept tatsächlich nicht lebe. Die Beklagte habe die Behauptung der Klägerin, sei wende ca. 50 % ihrer Arbeitszeit mit der Betreuung eines eigenen Wohnungsbestandes qualifiziert bestritten, indem sie vorgetragen habe, die Klägerin betreue lediglich 66 Wohneinheiten, was 7 % des Bestands der Abteilung entspreche. Das Arbeitsgericht sei gleichwohl ohne Hinweis oder Beweisaufnahme davon ausgegangen, dass die Klägerin in nennenswertem Umfang aufgrund ihrer Verwaltertätigkeit nicht im Büro anwesend sei. Dies sei der tragende Grund für die der Klage stattgebende Entscheidung. Unabhängig davon habe die Klägerin ihr Teilzeitbegehren nicht wirksam geltend gemacht. Eine E-Mail sei weder eine Erklärung unter Anwesenden noch unter Abwesenden. Bezüglich der Ablehnung bzw. Stellungnahme der Beklagten seien die formalen gesetzlichen Voraussetzungen nicht unbekannt. Allerdings meine die Beklagte, ein übermäßiger Formalismus, der denn auch nur einseitig eine Vertragspartei belaste, sei fehl am Platz. Das Arbeitsgericht habe daher die handschriftlichen Eintragungen des Geschäftsführers in dem Kindergartenformular rechtsfehlerhaft nicht als Ablehnung bewertet. Das Formular sei der Klägerin zugeschickt worden. Abgesehen von dem Fall, dass eine Arbeitnehmerin eine Reduzierung ihrer Arbeitszeit begehre, sei kein Grund für die Abgabe einer Erklärung eines Arbeitgebers über die Arbeitszeit gegenüber einer Behörde erkennbar. Es bestünde auch kein Anhaltspunkt für die Annahme des Arbeitsgericht, die Erklärung habe sich auf die Vergangenheit bezogen. Da die Arbeitszeit der Klägerin nicht verringert worden sei, sei die Abmahnung vom 19.06.2012 zu Recht erfolgt. Bezüglich der Änderungskündigung sei das Arbeitsgericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass das von der Beklagten vorgetragene Arbeitszeitkonzept tatsächlich zur Anwendung komme.

Die Beklagte beantragt:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg (3 Ca 325/12) vom 24.10.2012 wird aufgehoben und abgeändert, soweit es die Klage nicht abwies.

2. Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen hilfsweise für den Fall der Abweisung des Antrags zu 2, die Beklagte zu verurteilen, der Verringerung der Arbeitszeit der Klägerin auf 30 Stunden pro Woche bei einer Verteilung dieser Arbeitszeit auf montags bis freitags von 8:00 Uhr bis 14:00 Uhr zuzustimmen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

In der Verhandlung vor dem Berufungsgericht hat die Beklagte ihre Berufung zurückgenommen, soweit sie sich gegen die Feststellung des Arbeitsgerichts gewendet hat, die Beendigungskündigung vom 11.06.2012 sei unwirksam.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das erstinstanzliche Urteil sowie die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

I. Das Arbeitsgericht hat zu Recht festgestellt, dass die Zustimmung der Beklagten zu der von der Klägerin begehrten Verringerung und Verteilung ihrer Arbeitszeit gemäß § 8 V 2 und 3 TzBfG als erteilt gilt.

1. Entgegen der Ansicht der Berufung hat die Klägerin die Veränderung ihrer Arbeitszeit rechtzeitig beantragt. § 8 II TzBfG verlangt für ein wirksames Änderungsbegehren lediglich, dass dieses dem Arbeitgeber spätestens drei Monate vor dem Beginn der gewünschten Änderung zugeht. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall erfüllt, denn die Klägerin hat ihr Begehren der Beklagten bereits am 21.09.2011, also mehr als 8 Monate vor deren Beginn am 11.06.2012 mitgeteilt. Das Begehren war sowohl hinsichtlich des Umfangs der Reduzierung der Arbeitszeit als auch hinsichtlich der zeitlichen Lage der Arbeitszeit hinreichend bestimmt. Die Kammer vermag die Bedenken der Berufung gegen eine Antragstellung per E-Mail nicht zu teilen. Das TzBfG gibt für das Änderungsbegehren des Arbeitnehmers keine Form vor. Das bedeutet, dass auch eine mündliche / telefonische Übermittlung des Begehrens wirksam wäre. Erst recht ist eine E-Mail ausreichend (vgl. ErfK-Preis § 8 TzBfG Tz 12).

2. Die Beklagte hat das Begehren der Klägerin nicht spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn schriftlich abgelehnt. Die Berufungskammer folgt der Auffassung des Arbeitsgerichts, dass dafür die vom Geschäftsführer der Beklagten vorgenommenen Korrekturen in dem Formular für die Beantragung eines Kita-Platzes nicht ausreichen. Bei dem Formular handelt es sich nicht um eine an die Klägerin gerichtete, sondern zur Vorlage bei der für die Zuteilung von Kita-Plätzen zuständigen Stelle. Die Übersendung des Formulars an die Klägerin ändert daran nichts. Nach Auffassung der Kammer setzt die Ablehnung auch einen eindeutigen Bezug auf den Antrag des Arbeitnehmers voraus. Auch daran fehlt es hier, denn die E-Mail der Klägerin vom 21.09.2012 wird in dem Formular nicht erwähnt. Sowohl die Bezugnahme auf das Begehren des Arbeitnehmers als auch eine an diesen gerichtete Erklärung sind erforderlich, um dem Arbeitnehmer Klarheit über Dauer und Lage der künftigen Arbeitszeit zu verschaffen. Für die Richtigkeit der hier vertretenen Auffassung spricht auch der Umstand, dass die Beklagte in ihrem Schreiben an die Klägerin vom 11.06.2012 selbst nicht davon ausgeht, den Antrag durch ihre Eintragungen im Formular formgerecht abgelehnt zu haben. Anders ist es nicht zu erklären, dass die Beklagte ausführlich auf eine mündlich erfolgte Ablehnung des Antrags in einem Gespräch mit der Klägerin nach dem 21.09.2011 eingeht, das Kita-Formular hingegen nicht erwähnt.

II. Das Arbeitsgericht hat die Beklagte auch zu Recht verurteilt, die Abmahnung vom 19.06.2012 und den damit im Zusammenhang stehenden Schriftverkehr aus der Personalakte zu entfernen. Der Anspruch ergibt sich nach ständiger Rechtsprechung des BAG aus einer entsprechenden Anwendung von §§ 242, 1004 BGB (vgl. BAG v. 27.11.2008 – 2 AZR 675/07 – Tz 16). Eine Herleitung aus §§ 611, 241 II BGB ist – ohne Änderung in der Sache – ebenfalls möglich. Da die Klägerin nach der ab dem 11.06.2012 geltenden Reduzierung ihrer Arbeitszeit grundsätzlich nicht verpflichtet war, nach 14:00 Uhr für die Beklagte tätig zu sein, war das Verlassen des Arbeitsplatzes am 18.06.2012 nicht pflichtwidrig.

III. Das Arbeitsgericht hat auch im Ergebnis zu Recht festgestellt, dass die Änderungskündigung der Beklagten vom 28.06.2012 unwirksam ist. Die Unwirksamkeit ergibt sich bereits aus § 11 S. 1 TzBfG. Ausweislich des in ihrem Änderungsangebot zum Ausdruck kommenden Begehrens, welches durch den Sachvortrag im vorliegenden Rechtsstreit bestätigt wird, ist tragendes Motiv der Beklagten für die Änderungskündigung die Weigerung der Klägerin von einer Teilzeit– in eine Vollzeittätigkeit zurückzukehren.

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 VI ArbGG i. V. m. § 97 ZPO.

V. Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 II Nr. 1 ArbGG.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Arbeitsrecht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Arbeitsrecht. Vom Arbeitsvertrag bis zur Kündigung. Nehmen Sie noch heute Kontakt zu uns auf.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Wissenswertes aus dem Arbeitsrecht einfach erklärt

Weitere interessante arbeitsrechtliche Urteile

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!