Übersicht:
- Überstundenvergütung: Rechtliche Ansprüche und Tipps für Arbeitnehmer
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wie muss ich meine Überstunden dokumentieren, damit sie vor Gericht anerkannt werden?
- Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Überstunden vergütet werden müssen?
- Ab wann gelten zusätzliche Arbeitsstunden rechtlich als Überstunden?
- Wie kann ich die Notwendigkeit meiner Überstunden nachweisen?
- Wann verjähren Ansprüche auf Überstundenvergütung?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Weitere Beiträge zum Thema
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landesarbeitsgericht Hamburg
- Datum: 06.02.2024
- Aktenzeichen: 6 Sa 14/23
- Verfahrensart: Berufungsverfahren im Arbeitsrecht
- Rechtsbereiche: Arbeitsrecht
Beteiligte Parteien:
- Klägerin: Ehemalige Pflegedienstleiterin eines ambulanten Pflegedienstes. Sie machte Ansprüche auf Vergütung weiterer geleisteter Überstunden geltend, die sie aufgrund betriebsbedingter Erfordernisse geleistet haben soll. Sie argumentierte, dass die Vielzahl der Aufgaben nicht innerhalb der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit zu erledigen war und berief sich auf Zeugen, um ihre Arbeitszeiten zu bestätigen.
- Beklagte: Betreiberin des ambulanten Pflegedienstes. Sie wies die Ansprüche der Klägerin zurück und führte an, dass keine Überstunden angeordnet, gebilligt oder geduldet wurden. Zudem betonte sie, dass die Klägerin nicht das Recht hatte, sich eigenständig Überstunden anzuordnen, und bestritt die Richtigkeit der von der Klägerin angeführten Arbeitszeitnachweise.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Klägerin forderte die Bezahlung von 442,80 Überstunden, da sie von der Beklagten nicht anerkannt wurden. In ihrem Arbeitsvertrag war geregelt, dass Überstunden nur bezahlt werden, wenn sie angeordnet oder genehmigt sind. Trotz ihrer Darstellung über freiwillige Leistung von Überstunden aufgrund von Arbeitsaufträgen, bestritt die Beklagte diese Darstellungen.
- Kern des Rechtsstreits: Die Frage, ob die Klägerin Anspruch auf Vergütung der von ihr behaupteten Überstunden hat, obwohl die Beklagte diese nicht angeordnet hatte und auch kein Einverständnis zur Leistung der Überstunden bestand.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Berufung der Klägerin wurde zurückgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die geforderte Vergütung für die behaupteten Überstunden.
- Begründung: Die Klägerin konnte nicht schlüssig und glaubwürdig darlegen, dass die Überstunden angeordnet, gebilligt oder geduldet wurden. Die von ihr erstellten Stundennachweise waren nicht hinreichend plausibel und im Widerspruch zu anderen von ihr vorgelegten Dokumenten. Auch die Überstunden hätten nicht ohne Zustimmung des Arbeitgebers geleistet werden dürfen.
- Folgen: Die Klägerin muss die Kosten des Berufungsverfahrens tragen. Das Urteil verdeutlicht die Anforderungen an die Beweisführung, wenn Arbeitgeber Überstunden nicht angeordnet oder anerkannt haben. Die Revision des Urteils wurde nicht zugelassen, das Urteil ist damit rechtskräftig.
Überstundenvergütung: Rechtliche Ansprüche und Tipps für Arbeitnehmer
Die Vergütung von Überstunden ist ein zentrales Thema im deutschen Arbeitsrecht. Viele Arbeitnehmer stehen vor der Frage, ob und in welchem Umfang sie einen Anspruch auf Überstundenvergütung haben. Gemäß dem Arbeitszeitgesetz sind Überstunden jene Stunden, die über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinaus geleistet werden. Um einen Klaganspruch auf Überstundenvergütung erfolgreich durchzusetzen, müssen bestimmte Anforderungen erfüllt sein, insbesondere die Substantiierung des Klaganspruchs und der Nachweis der geleisteten Überstunden.
Ein aktuelles Gerichtsurteil beleuchtet die Voraussetzungen, unter denen eine Überstundenklage Aussicht auf Erfolg hat. Dabei wird auch erörtert, wie Arbeitnehmer ihre Ansprüche geltend machen können und welche Regelungen zu beachten sind, um eine angemessene Lohnfortzahlung für Überstunden zu erhalten.
Der Fall vor Gericht
Pflegedienstleiterin scheitert mit Überstundenvergütungsklage vor LAG Hamburg
Ein ambulanter Pflegedienst muss seiner ehemaligen Pflegedienstleiterin keine Überstunden nachvergüten. Das Landesarbeitsgericht Hamburg wies die Berufungsklage der früheren Mitarbeiterin zurück, die für 442,8 Überstunden eine Vergütung von rund 10.950 Euro brutto gefordert hatte.
Handlungsvollmacht erlaubt keine „Selbstanordnung“ von Überstunden
Die Klägerin war von Dezember 2020 bis Dezember 2022 als Pflegedienstleiterin bei dem ambulanten Pflegedienst beschäftigt. Ihr Arbeitsvertrag sah eine wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden vor. Überstunden sollten nur vergütet werden, wenn sie vom Arbeitgeber angeordnet oder nachträglich genehmigt wurden. Die Klägerin verfügte über eine Handlungsvollmacht des Pflegedienstes.
Nach Auffassung des Gerichts berechtigte diese Handlungsvollmacht die Pflegedienstleiterin jedoch nicht dazu, für sich selbst Überstunden anzuordnen. Die Vollmacht betraf lediglich die Vertretung des Unternehmens nach außen bei regelmäßigen Geschäften mit Dritten.
Widersprüchliche Arbeitszeitnachweise untergraben Glaubwürdigkeit
Die von der Klägerin selbst erstellten Arbeitszeitnachweise überzeugten das Gericht nicht. So wies das LAG auf Widersprüche zwischen verschiedenen Dokumenten hin: Die Einsatzzeiten der Klägerin bei Patientenbesuchen im August 2021 stimmten weder mit ihren Arbeitszeitangaben noch mit den dort vermerkten Tätigkeiten überein.
Unzureichende Darlegung der Arbeitsnotwendigkeit
Das Gericht stellte zudem klar: Die pauschale Behauptung, die vielfältigen Aufgaben seien nicht in der vereinbarten Arbeitszeit zu bewältigen gewesen, reiche für einen Vergütungsanspruch nicht aus. Die Klägerin hätte konkret darlegen müssen, welche einzelnen Tätigkeiten sie an welchen Tagen in welchem Zeitumfang erledigen musste und warum dies nicht innerhalb der regulären Arbeitszeit möglich war.
Keine Billigung durch bloße Kenntnisnahme
Auch dass die Geschäftsführung die Arbeitszeitnachweise in Kopie erhielt, wertet das Gericht nicht als Einverständnis mit den Überstunden. Als der Geschäftsführerin im Juni 2022 der hohe Überstundenumfang auffiel, widersprach sie diesem ausdrücklich. Die widerspruchslose Entgegennahme von Arbeitszeitaufzeichnungen allein begründe keine Billigung von Überstunden.
Die Schlüsselerkenntnisse
Für einen Anspruch auf Überstundenvergütung muss der Arbeitnehmer konkret nachweisen können, welche Tätigkeiten er wann ausgeführt hat und warum diese nicht in der regulären Arbeitszeit zu bewältigen waren. Die bloße Kenntnis des Arbeitgebers von Arbeitszeitnachweisen oder eine Handlungsvollmacht berechtigen nicht zur eigenständigen „Anordnung“ von Überstunden. Auch die pauschale Behauptung einer zu hohen Arbeitsbelastung genügt nicht – es müssen für jeden Tag die konkreten Tätigkeiten und deren Zeitaufwand dargelegt werden können.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Als Pflegekraft müssen Sie Ihre Überstunden von Anfang an minutiös dokumentieren: Notieren Sie täglich detailliert, welche konkreten Aufgaben Sie ausführen mussten und wie viel Zeit diese in Anspruch nahmen. Lassen Sie sich Überstunden vorab schriftlich anordnen oder genehmigen – eine stillschweigende Duldung reicht für einen Vergütungsanspruch nicht aus. Informieren Sie Ihren Vorgesetzten aktiv und nachweisbar, wenn die übertragenen Aufgaben nicht in der regulären Arbeitszeit zu schaffen sind. Verlassen Sie sich nicht darauf, dass Ihr Arbeitgeber aus eigener Initiative einschreitet, auch wenn er von langen Arbeitszeiten weiß.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wie muss ich meine Überstunden dokumentieren, damit sie vor Gericht anerkannt werden?
Für eine gerichtsfeste Dokumentation von Überstunden müssen Sie täglich und zeitnah folgende Details schriftlich festhalten:
Grundlegende Dokumentationspflichten
Der tägliche Arbeitsbeginn und das Arbeitsende müssen präzise mit Datum und Uhrzeit erfasst werden. Zusätzlich müssen Sie dokumentieren, welche konkreten Tätigkeiten Sie während der Überstunden ausgeführt haben.
Nachweis der Anordnung
Sie müssen nachweisen können, dass die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, geduldet oder nachträglich gebilligt wurden. Notieren Sie daher, wer die Überstunden angeordnet hat oder warum diese zur Erledigung der Arbeit notwendig waren.
Formale Anforderungen
Eine nachträgliche Rekonstruktion von Überstunden aus dem Gedächtnis wird vor Gericht nicht anerkannt. Vage Angaben oder willkürliche Aufstellungen sind unzulässig. Verwenden Sie am besten ein digitales Zeiterfassungssystem oder führen Sie ein detailliertes Arbeitszeitjournal.
Inhaltliche Dokumentation
Ihre Aufzeichnungen müssen folgende Informationen enthalten:
- Die reguläre tägliche Arbeitszeit als Ausgangsbasis
- Die exakte Dauer der Überstunden
- Den konkreten Grund für die Mehrarbeit
- Die Art der ausgeführten Tätigkeit
- Name der anordnenden Person oder Grund der Notwendigkeit
Die Dokumentation muss lückenlos und widerspruchsfrei sein. Bewahren Sie alle relevanten Unterlagen, E-Mails oder andere Nachweise auf, die Ihre Überstunden bestätigen können.
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Überstunden vergütet werden müssen?
Ein Anspruch auf Vergütung von Überstunden besteht nur dann, wenn diese vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt oder geduldet wurden oder zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig waren.
Rechtliche Grundlagen für die Vergütungspflicht
Die Vergütungspflicht ergibt sich aus § 612 BGB, wonach eine Vergütung als stillschweigend vereinbart gilt, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.
Nachweis der Überstunden
Der Arbeitnehmer muss im Streitfall die folgenden Punkte nachweisen können:
- Den konkreten Umfang der geleisteten Überstunden
- Die Anordnung durch den Arbeitgeber oder dessen Billigung
- Die betriebliche Notwendigkeit der Mehrarbeit
Bei vorhandenen Stechuhren oder anderen Zeiterfassungssystemen kann sich die Beweislast zugunsten des Arbeitnehmers umkehren.
Vertragliche Regelungen
Eine wirksame Überstundenregelung muss klar und transparent im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung formuliert sein. Pauschale Klauseln wie „Überstunden sind mit dem Gehalt abgegolten“ sind unwirksam.
Die Vergütung kann entweder durch Freizeitausgleich oder finanzielle Entlohnung erfolgen. Ist im Arbeitsvertrag ein Freizeitausgleich vereinbart, besteht kein Anspruch auf finanzielle Vergütung – außer wenn der Freizeitausgleich wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr möglich ist.
Ab wann gelten zusätzliche Arbeitsstunden rechtlich als Überstunden?
Zusätzliche Arbeitsstunden gelten rechtlich als Überstunden, wenn sie über die vertraglich vereinbarte reguläre Arbeitszeit hinausgehen. Die rechtliche Definition unterscheidet dabei zwischen verschiedenen Arten von Überstunden:
Angeordnete Überstunden
Überstunden müssen vom Arbeitgeber ausdrücklich angeordnet oder im Arbeitsvertrag geregelt sein. Seit der Anpassung des Nachweisgesetzes vom August 2022 muss der Arbeitsvertrag konkret festlegen, ob und unter welchen Voraussetzungen Überstunden zu leisten sind.
Geduldete Überstunden
Wenn Beschäftigte länger arbeiten und ihre Vorgesetzten davon Kenntnis haben, handelt es sich um geduldete Überstunden. Diese müssen ebenfalls vergütet oder durch Freizeit ausgeglichen werden. Ein typisches Beispiel ist die Überziehung einer Schicht aufgrund einer Notsituation, sofern die Schichtleitung darüber informiert wurde.
Freiwillige Überstunden
Arbeiten Pflegekräfte aus eigenem Antrieb länger, besteht kein automatischer Anspruch auf Vergütung. Diese zusätzlichen Stunden gelten rechtlich nicht als Überstunden, wenn sie weder angeordnet noch geduldet wurden.
Gesetzliche Höchstgrenzen
Das Arbeitszeitgesetz erlaubt eine maximale tägliche Arbeitszeit von 10 Stunden, sofern innerhalb von sechs Monaten oder 24 Wochen ein Durchschnitt von 8 Stunden werktäglich nicht überschritten wird. In der Pflege sind pro Arbeitswoche maximal 8 Überstunden zulässig.
Wie kann ich die Notwendigkeit meiner Überstunden nachweisen?
Als Arbeitnehmer tragen Sie die Beweislast für die Notwendigkeit und tatsächliche Ableistung von Überstunden. Für einen erfolgreichen Nachweis müssen Sie drei zentrale Aspekte dokumentieren:
Konkrete Dokumentation der Arbeitszeit
Führen Sie eine detaillierte Dokumentation Ihrer täglichen Arbeitszeit, die folgende Elemente enthält:
- Beginn und Ende der Arbeitszeit
- Tatsächlich genommene Pausen
- Genaue Dauer der Überstunden
- Konkrete Tätigkeiten während der Überstunden
Nachweis der Anordnung
Die Überstunden müssen vom Arbeitgeber entweder ausdrücklich angeordnet oder stillschweigend geduldet worden sein. Eine Duldung liegt vor, wenn Ihr Vorgesetzter von den Überstunden wusste und nicht widersprochen hat.
Begründung der Notwendigkeit
Dokumentieren Sie konkret, warum die Überstunden unvermeidbar waren. Beispiele hierfür sind:
- Unvorhersehbare Notfälle mit Patienten
- Kurzfristige Personalausfälle
- Nicht aufschiebbare Dokumentationspflichten
Die reine Behauptung, dass aufgrund des Arbeitspensums keine Pausen möglich waren, reicht nicht aus. Stattdessen müssen Sie den Arbeitsumfang und die entstandenen Überstunden konkret beschreiben. Notieren Sie sich daher zeitnah die genauen Umstände, die zu den Überstunden geführt haben.
Wann verjähren Ansprüche auf Überstundenvergütung?
Bei der Verjährung von Überstundenvergütungen gibt es zwei maßgebliche Regelungen: die gesetzliche Verjährungsfrist und die arbeitsvertragliche Ausschlussfrist.
Gesetzliche Verjährungsfrist
Die reguläre Verjährungsfrist für Überstundenvergütungen beträgt drei Jahre gemäß § 195 BGB. Diese Frist beginnt nicht unmittelbar mit der Leistung der Überstunden, sondern erst am Ende des Kalenderjahres, in dem die Überstunden geleistet wurden. Wenn Sie also im Januar 2024 Überstunden leisten, beginnt die Verjährungsfrist erst am 31.12.2024.
Arbeitsvertragliche Ausschlussfristen
In vielen Arbeitsverträgen sind kürzere Fristen in Form von Ausschlussklauseln festgelegt. Diese Ausschlussfristen müssen mindestens drei Monate betragen. Kürzere Fristen sind unwirksam, wodurch dann automatisch die dreijährige gesetzliche Verjährungsfrist gilt.
Fälligkeit der Vergütung
Die Fälligkeit der Überstundenvergütung orientiert sich grundsätzlich an der regulären Gehaltszahlung. Nach § 614 BGB wird die Vergütung für Überstunden zum ersten Tag des Folgemonats fällig, sofern keine abweichenden vertraglichen Regelungen bestehen.
Besonderheit bei Arbeitszeitkonten
Bei bestehenden Arbeitszeitkonten beginnt die Verjährungsfrist erst zu dem Zeitpunkt, an dem das Arbeitszeitkonto ausgeglichen werden muss. Ohne Arbeitszeitkonto unterliegt jede einzelne Überstunde der individuellen Verjährung.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Handlungsvollmacht
Eine Handlungsvollmacht ist eine rechtliche Befugnis, die ein Unternehmen einem Mitarbeiter erteilt, um das Unternehmen bei bestimmten Geschäften zu vertreten. Sie ist im Handelsgesetzbuch (§ 54 HGB) geregelt und ermächtigt typischerweise zur Vornahme aller Geschäfte, die der gewöhnliche Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt. Im Gegensatz zur Prokura ist sie meist inhaltlich beschränkt. Ein Handlungsbevollmächtigter kann beispielsweise Verträge mit Kunden abschließen oder Waren bestellen, nicht aber grundlegende Unternehmensentscheidungen treffen.
Substantiierung des Klaganspruchs
Die Substantiierung bezeichnet die detaillierte und konkrete Darlegung aller anspruchsbegründenden Tatsachen in einer Klage. Der Kläger muss gemäß § 253 ZPO alle relevanten Umstände so genau wie möglich schildern und beweisen können. Bei Überstundenklagen bedeutet dies zum Beispiel, dass für jeden Tag genau aufgeführt werden muss, welche Tätigkeiten wann ausgeführt wurden und warum diese notwendig waren. Pauschale Behauptungen oder ungenaue Angaben sind nicht ausreichend.
Billigung
Die Billigung ist eine Form der nachträglichen Zustimmung zu einem bereits geschehenen Vorgang. Im Arbeitsrecht bedeutet dies, dass der Arbeitgeber durch sein Verhalten stillschweigend sein Einverständnis zu bestimmten Handlungen gibt. Nach § 151 BGB kann eine Zustimmung auch ohne ausdrückliche Erklärung erfolgen. Wichtig ist jedoch: Nicht jedes Schweigen oder bloße Kenntnisnahme bedeutet automatisch eine Billigung. Bei Überstunden reicht das reine Wissen des Arbeitgebers nicht aus.
Arbeitszeitnachweis
Ein Arbeitszeitnachweis ist ein Dokument zur Dokumentation der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit eines Beschäftigten. Nach § 16 Abs. 2 ArbZG ist der Arbeitgeber zur Aufzeichnung verpflichtet. Der Nachweis muss Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit enthalten und mindestens zwei Jahre aufbewahrt werden. Bei Überstundenklagen dient er als wichtiges Beweismittel. Die Aufzeichnungen müssen wahrheitsgemäß und nachvollziehbar sein.
Lohnfortzahlung
Die Lohnfortzahlung beschreibt die Pflicht des Arbeitgebers, das Arbeitsentgelt unter bestimmten Bedingungen weiterzuzahlen, auch wenn keine Arbeitsleistung erbracht wird. Geregelt im Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG), umfasst sie verschiedene Fälle wie Krankheit oder Feiertage. Bei Überstunden bedeutet Lohnfortzahlung die Vergütung der über die reguläre Arbeitszeit hinaus geleisteten Arbeitsstunden, sofern diese angeordnet oder genehmigt wurden.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 611a BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Dieser Paragraph regelt den Arbeitsvertrag im Allgemeinen, insbesondere die Pflichten des Arbeitnehmers und Arbeitgebers sowie die Vergütungspflicht. Im vorliegenden Fall sind die Regelungen zur Vergütung von Mehrarbeit und Überstunden entscheidend, da die Klägerin Ansprüche auf Überstundenvergütung geltend macht, die nicht eindeutig vom Arbeitgeber angeordnet wurden.
- § 7 Abs. 1 BUrlG (Bundesurlaubsgesetz): Dieses Gesetz beschreibt die Arbeitszeit des Arbeitnehmers und regelt, dass Überstunden bei der Berechnung des Urlaubsanspruchs berücksichtigt werden müssen. Dies ist relevant für den Fall, da nicht nur die Überstundenvergütung, sondern auch die Frage gestellt werden kann, ob und wie diese Überstunden den Urlaubsanspruch der Klägerin beeinflussen.
- § a des Arbeitsvertrags: Diese Vertragsklausel behandelt die Führung eines Arbeitszeitkontos, auf dem Überstunden als Plusstunden erfasst werden. Im Fall ist dieser Paragraph relevant, da er die Bedingungen definiert, unter denen Überstunden registriert und vergütet werden, und somit die Grundlage für die Ansprüche der Klägerin auf Überstundenvergütung bildet.
- § 615 BGB: Dieser Paragraph sieht vor, dass der Arbeitgeber auch dann vergütungspflichtig ist, wenn der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung aufgrund von Umständen, die der Arbeitgeber zu vertreten hat, nicht er kann. Im vorliegenden Fall ist der Zusammenhang wichtig, um zu ermitteln, ob der Arbeitgeber für die nicht vergüteten Überstunden verantwortlich gemacht werden kann, wenn er keine klare Anordnung zur Leistung gegeben hat.
- § 106 GewO (Gewerbeordnung): Dieser Paragraph gibt dem Arbeitgeber die Weisungsbefugnis hinsichtlich der Arbeitszeitgestaltung. Für den Fall ist er relevant, da viele der auftretenden Probleme aus der unklaren Weisung des Arbeitgebers zur Arbeitszeit und den Überstundenresultieren und beleuchtet, inwieweit der Arbeitgeber tatsächlich berechtigt ist, Überstunden anzuordnen oder zu genehmigen.
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Das vorliegende Urteil
Landesarbeitsgericht Hamburg – Az.: 6 Sa 14/23 – Urteil vom 06.02.2024
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