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Überstundenvergütung eines Kraftfahrers – Beweislast

LAG Mecklenburg-Vorpommern, Az: 5 Sa 192/14, Urteil vom 12.03.2015

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 03.06.2014, Aktenzeichen 2 Ca 146/12, wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Überstundenvergütung KraftfahrerDie Parteien streiten um die Vergütung für Überstunden sowie Entgeltfortzahlung über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus.

Der Kläger war vom 01.04.2011 bis zum 07.07.2011 bei der Beklagten als Kraftfahrer beschäftigt. Die Parteien vereinbarten eine monatliche Vergütung in Höhe von 1.300,00 Euro brutto bei einer Arbeitszeit von 45 Stunden pro Woche bezogen auf eine 6-Tage-Woche.

Der Kläger war bei der Beklagten im Bereich der sogenannten MGL-Touren sowie auch im Fernverkehr eingesetzt. Bei den MGL-Touren begann der Kläger seine Fahrt an seinem Wohnort und fuhr zunächst nach B.. Hier musste sodann Leergut abgeladen und neues Gut aufgeladen werden. Danach fuhr der Kläger Ziele in N., D-Stadt und B-Stadt sowie optional an einigen Tagen auch anschließend in B. an, um dort jeweilige Güter ein- und auszuladen. Anschließend kehrte der Kläger jeweils wieder nach Hause zurück, da er das Fahrzeug mit nach Hause nehmen durfte. Zuletzt unstreitig gehörte das Be- und Entladen zu den Aufgaben des Klägers. Unstreitig sind die Be- und Entladezeiten des Kläger in B., N., D-Stadt, B-Stadt und gegebenenfalls B. nicht auf der Fahrerkarte als Arbeitszeit vermerkt, da die Fahrerkarte in solchen Fällen des Stillstandes auf Pause gestellt war. Streitig ist zwischen den Parteien, ob dies von der Beklagten angeordnet worden war. Diese MGL-Touren wurden im wöchentlichen Wechsel in der Tagschicht oder aber in der Nachtschicht gefahren. Der Beginn der Tagesschicht lag in der Regel zwischen 07:00 Uhr und 10:00 Uhr. Die Nachtschicht begann in der Regel zwischen 17:00 Uhr und 21:00 Uhr. Der Kläger erhielt von der Beklagten bisher nur Vergütung für die vertraglich vereinbarte Normalarbeitszeit.

Der Kläger war seit dem 20.06.2011 arbeitsunfähig erkrankt. Mit Schreiben vom 22.06.2011 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis. Nachdem erstinstanzlich noch unstreitig war, dass die Kündigung wegen der Arbeitsunfähigkeit ausgesprochen war, bestritt die Beklagte dies ab der Berufung, da die Kündigung nun wegen eines nicht näher erläuterten vertragswidrigen Verhaltens erfolgt sei.

Mit seiner Klageschrift vom 18.04.2012, eingegangen beim Arbeitsgericht Stralsund am selbigen Tage, begehrt der Kläger die Bezahlung von Überstunden für die Monate April, Mai und Juni 2011 sowie Entgeltfortzahlung für den Juli 2011.

Das Arbeitsgericht Stralsund gab der Klage mit Urteil vom 3. Juni 2014 vollständig statt. Es begründete sein Urteil im Kern damit, dass der Kläger hinreichend substantiiert zu den jeweils geleisteten Arbeitszeiten und damit auch angefallenen Überstunden vorgetragen habe, während sich die Beklagte auf pauschales Bestreiten dieser Zeiten zurückgezogen habe. Zudem seien die Überstunden durch die Beklagte auch geduldet worden. Entgeltfortzahlung sei zu leisten, da unstreitig wegen der Arbeitsunfähigkeit gekündigt wurde. Wegen des Urteils wird auf Blatt 142 bis 149 der Akte verwiesen. Dieses arbeitsgerichtliche Urteil ist der Beklagten am 18. Juli 2014 zugestellt worden.

Die Beklagte legte hiergegen am 8. August 2014 Berufung ein. Am 17. September 2014 begründete die Beklagte die Berufung.

Die Beklagte begehrt weiterhin die vollständige Abweisung der Klage. Die Beklagte bestreitet die Behauptung, die Anweisung gegeben zu haben, während des Be- und Entladens die Fahrerkarte auf Pause zu stellen. Zudem bestreitet die Beklagte die zunächst generelle Behauptung des Klägers, dass die tägliche Arbeitszeit zwischen 12 bis 14 Stunden gelegen habe. Bezogen auf ein vom Kläger zunächst exemplarisch vorgetragenes Beispiel des Ablaufs eines Arbeitstages der MGL-Tour nebst den verschiedenen anzusteuernden Zielen und den dort genannten Fahrzeiten und Entladezeiten (vgl. Blatt 64 d. A.) behauptet die Beklagte, dass die dortigen Zeitangaben des Klägers nicht richtig seien. Die verschiedenen Fahrstrecken seien auch in kürzerer Zeit zu bewältigen. Auch für das Be- und Abladen seien teils kürzere Zeiten ausreichend. Die Beklagte benennt hier teilweise eigene Zeiten bezüglich des exemplarischen Beispiels des Klägers (vgl. Schriftsatz der Beklagten vom 07.11.2012, Seite 2, Blatt 70 d. A.). Die Beklagte fasst ihre Ausführungen zum exemplarischen Ablauf eines Arbeitstages des Klägers sodann dahingehend zusammen, dass sich seine Schichtzeit auf maximal neun Stunden und im Fall der Option des zusätzlichen Ansteuerns von B. auf elf Stunden belaufen sollte.

Soweit der Kläger zudem mit seiner Klageschrift für jeden einzelnen streitigen Tag je eine Uhrzeit zu Arbeitsbeginn und Arbeitsende vorgetragen hatte, bestreitet die Beklagte die behaupteten Arbeitszeiten. Die Beklagte könne die tatsächlich geleisteten Arbeiten lückenlos durch das Truckpad (Fahrerkarte) nachweisen [ein solcher Tatsachenvortrag erfolgte jedoch nicht]. Die Angaben des Klägers seien für die Beklagte nicht nachzuvollziehen. Es werde bestritten, dass er die Arbeit zu den angegebenen Zeiten begonnen und sodann auch beendet habe. Die Beklagte verweist darauf, dass den Fahrern Dispo-Pläne bekannt sind. Die Beklagte reichte auch sogenannte Dispo-Pläne als Anlage zur Akte. Für die Beklagte sei aus dem Vortrag des Klägers nicht erkennbar, wo er losfuhr und wo er ankam. Soweit der Kläger behaupte, wegen des engmaschigen Tourenplanes keine Pause gehabt zu haben, sei dies unwahr. Die Beklagte achte streng auf die Einhaltung der Vorschriften. Die Beklagte verweist darauf, dass Stellzeit in B. typischerweise ab 23:00 Uhr war. Wenn der Kläger zu früh losfahre, müsse die Beklagte hierfür nicht einstehen. Weiter trug die Beklagte den nicht bestrittenen Umstand vor: „Das Problem des Klägers war, dass er sehr langsam arbeitete. Es mag sein, dass der Kläger aufgrund falscher Zeiteinteilung manchmal etwas länger als erforderlich Zeit brauchte.“ (vgl. Schriftsatz vom 07.11.2012, Seite 3, Blatt 71 d. A.) Die Beklagte ergänzte sodann erstinstanzlich noch, dass alle von ihr genannten Zeiten – genannt wurden solche für den exemplarischen Arbeitstag – Durchschnittswerte seien. Im Einzelfall mag es richtig sein, dass es unter Berücksichtigung der aktuellen Verkehrslage teilweise länger dauern mag, als die Durchschnittszeit es wiedergebe.

Im Rahmen der Berufungsschrift ging die Beklagte davon aus, dass die Klage unschlüssig sei. Es sei nicht ausreichend, wenn der Kläger nur Anfang und Ende seiner behaupteten Arbeitszeit vortrage und dazu behaupte, keine Pausen gehabt zu haben. Insbesondere sei weiterhin zu bestreiten, dass Überstunden überhaupt angeordnet, geduldet oder betriebsnotwendig gewesen seien. Die bestrittenen Zeiten seien jedenfalls nicht notwendig gewesen. Die Touren seien in der normalen Arbeitszeit zu bewältigen gewesen. Soweit das arbeitsgerichtliche Urteil von einem Dulden der Überstunden ausgehe, sei dies nicht richtig, weil die Beklagte nach der klageweisen Forderung nach Überstundenvergütung sofort geäußert hatte, diese keinesfalls zu akzeptieren.

Nachdem die Beklagte zunächst erstinstanzlich nur pauschal die klägerseitig vorgetragenen Arbeitszeiten bestritten hatte, das Arbeitsgericht die Beklagte sodann in seinem ersten Kammertermin am 20.11.2012 darauf hingewiesen hatte, dass ein pauschales Bestreiten der Arbeitszeiten nicht zulässig sei (vgl. Sitzungsprotokoll Blatt 74 d. A.), die Beklagte es danach erstinstanzlich beim pauschalen Bestreiten beließ, im arbeitsgerichtlichen Urteil der Beklagten vorgehalten worden war, unzulässigerweise nur pauschal die klägerweise vorgetragenen Zeiten bestritten zu haben, die Beklagte sodann in der Berufungsbegründung ebenfalls nur bestritt, dass die klägerseitig vorgetragenen Zeiten nicht stimmen könnten, das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern sodann nach Vorliegen der Berufungsbegründung und Berufungserwiderung zum Termin am 12.03.2015 mit Schreiben vom 19.11.2014 geladen hatte, übersandte die Beklagte schließlich, eingehend vorab per Telefax am 12. Februar 2015, einen weiteren Schriftsatz. In diesem Schriftsatz war nun erstmalig eine tabellarische Auflistung der einzelnen Arbeitstage für die streitgegenständlichen vier Monate enthalten (vgl. Blatt 221 ff d. A.). Diese mehrseitige Tabelle enthält datumsmäßig benannte Tage, in der nächsten Spalte jeweils eine Uhrzeit für den Beginn der Arbeit, in den folgenden vier Spalten, welche für Belade- und Entladestellen stehen, Ankunfts- und Abfahrtszeiten und darunter teils eine mengenmäßige Stundenangabe, die nicht der Differenz zwischen Ankunftszeit und Abfahrtszeit entspricht, und schließlich eine Spalte zum Arbeitsende mit entsprechenden Uhrzeitangaben. Auf vorgenannte Liste wird wegen der einzelnen Angaben verwiesen (vgl. Blatt 221 ff d. A.). Dieser Schriftsatz enthält keine genaue Beschreibung dazu, ob die mengenmäßige Stundenangabe für eine Beladestelle bzw. Entladestelle nun die aus Sicht der Beklagten von der Standzeit abzuziehende mögliche Pausenzeit oder aber die für die Standzeit vielleicht aus Sicht der Beklagten anzuerkennende Arbeitszeit sein soll. Für einige der aufgezählten Tage gibt es in dieser Liste gar keine Angaben. Teilweise findet sich dann bei einigen Tagen der Vermerk: „Fahrer hat keine Daten geschickt“. Die allerletzte Spalte der Tabelle enthält jeweils die Gesamtarbeitszeit für den Tag, die die Beklagte als richtig ansieht. Soweit ersichtlich, zählt die Beklagte für die drei Monate Arbeit insgesamt 5 Tage auf, an denen der Kläger 7,5 Stunden am Tag oder weniger geleistet habe. An sämtlichen anderen Tagen beträgt die beklagtenseitig vorgetragene Arbeitszeit des Klägers mehr als 7,5 Stunden, wobei die arbeitsgeberseitig vorgetragene Arbeitszeit je Tag teils über 12 Stunden betrug. Die Beklagte erläuterte im Schriftsatz vom 12.02.2015 ergänzend, dass die vorgenannte Tabelle die „tatsächliche bzw. anzuerkennende Arbeitszeit“ wiedergebe. Dabei sei die Beklagte hinsichtlich des Beginns und des Endes der Arbeitszeit von Durchschnittszeiten ausgegangen, die andere Fahrer benötigen würden. Nach der Behauptung des Klägers hätte er damit länger gebraucht, als die Durchschnittszeit anderer Fahrer. Bei den Be- und Entladestellen seien Pausen mit enthalten [wie genau ist nicht beschrieben worden]. Für die Beklagte sei auffällig, dass beim Kläger die Fahrzeit für ein und dieselbe Strecke an unterschiedlichen Tagen variiere. Die Beklagte halte jedoch nur eine gewisse Zeit für erforderlich und auch nur diese Zeit sei anzuerkennen.

Im letztgenannten Schriftsatz ergänzte die Beklagte sodann weiter, dass aus nachfolgenden Angaben folge, dass die vom Kläger behaupteten Zeiten nicht stimmen könnten. Die Beklagte benennt zunächst die gesetzlichen Lenk- und Ruhezeiten. Hieran müsse sich der Fahrer halten. Sodann wiederholt die Beklagte aus ihrer Tabelle für eine Auswahl von Tagen ihre vom Vortrag des Klägers abweichenden Uhrzeiten, wobei die Beklagte teils sogar längere Arbeitszeiten als der Kläger angibt. Teils seien die Uhrzeiten des Klägers zu bestreiten, weil dann die Lenk- und Ruhezeiten nicht eingehalten worden wären, teils hätte er gegenüber dem Disponenten andere Mitteilungen gemacht. Teils bestreitet die Beklagte ganze Touren, wobei der Kläger solche Touren auch gar nicht behauptet hatte.

Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 232 – 235 d. A. verwiesen.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 03.06.2014, Aktenzeichen 2 Ca 146/12, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil.

Der Kläger behauptet weiterhin, dass die tatsächliche Arbeitszeit im Schnitt 12 bis 14 Stunden pro Tag betragen habe. Der Kläger listet hierzu beispielhaft den typischen Ablauf einer sogenannten MGL-Tour auf (vgl. Blatt 64 d. A.). Die Aufzeichnungen der Fahrerkarte seien teilweise falsch, da die Beklagten angeordnet habe, die Fahrerkarte beim Be- und Entladen auf Pause zu stellen, obwohl Arbeitszeit vorliege. Die Beklagte habe so die Ruhezeit aushebeln wollen.

Der Kläger behauptet weiterhin, er habe im April 2011

125,5 Überstunden, im Mai 2011

53,5 Überstunden und im Juni 2011

50,5 Überstunden geleistet.

Dazu hat der Kläger tabellarisch für die Monate April bis Juni 2011 für jeden einzelnen Arbeitstag uhrzeitmäßig den Beginn der Arbeitszeit und das Ende der Arbeitszeit benannt. Diese Daten hat der Kläger unstreitig der Fahrerkarte entnommen. Der Kläger behauptet weiter, dass auf Grund des engmaschigen Tourenplanes der MGL-Touren eine Pause jeweils nicht möglich gewesen sei. Er habe maximal eine Tasse Kaffee beim Tanken trinken können. Dies habe keine zehn Minuten gedauert. Mangels Pausen hat der Kläger sodann die Differenz zwischen Arbeitsbeginn und Arbeitsende als Gesamtstundenanzahl pro Tag errechnet und dies der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit von 7,5 Stunden pro Tag gegenübergestellt. Die sich sodann ergebene Differenz ergab in der Summe die hier behaupteten Überstunden. Bei den Fernverkehrstouren hat der Kläger Pausen angegeben. Der Kläger geht davon aus, dass das Bestreiten der Beklagten hinsichtlich der Überstunden zu pauschal sei. Zu pauschal sei auch der Vortrag der Beklagten hinsichtlich möglicher Stillstandszeiten. Zu pauschal sei auch der Vortrag hinsichtlich des fehlenden Duldens der Überstunden. Soweit die vom Kläger angegebenen Fahrtzeiten nicht den vielleicht denkbaren schnellstmöglichen Zeiten entsprechen, verweist der Kläger auf den unstreitigen Umstand, dass den Fahrern untersagt worden war, wegen der Mautkosten die Autobahnen zu benutzen. Nur bei besonderer Zeitknappheit oder auf ausdrückliche Anweisung durfte unstreitig die Autobahn benutzt werden. Der Kläger bestreitet, dass die Zeitangaben der Beklagten im allerletzten Schriftsatz auf Durchschnittszeiten der anderen Fahrer beruhen. Soweit die Beklagte Kürzungen beim Be- und Entladen vornehme, verweist der Kläger darauf, dass sich die Beklagte hier selbst Arbeitszeiten berechnet hatte. Soweit die Beklagte bezüglich einiger abschließend aufgezählter Tage noch einmal ausdrücklich andere Uhrzeiten benenne, macht der Kläger noch einmal deutlich, dass seine Zeiten den Zeiten aus der Fahrerkarte entsprechen (was im Übrigen unstreitig ist).

Der Kläger geht auch davon aus, dass ihm nach § 8 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz auch Vergütung für den Zeitraum 08.07.11 bis 31.07.11 zustehe, da erstinstanzlich noch unstreitig die Kündigung aus Anlass der Arbeitsunfähig ausgesprochen wurde, aber jedenfalls der enge zeitliche Zusammenhang zur Kündigung für einen Zusammenhang spreche. Vom vereinbarten Monatslohn von 1.300,00 Euro für den Juli 2011 zieht der Kläger erhaltenes Krankengeld (654,96 Euro) und aufgrund eines Vergleiches gezahlte Teilvergütung (bis 07.07.2011) von 563,00 Euro ab. Der Rest ergibt die Klageforderung von 82,04 Euro brutto.

Das Arbeitsgericht hatte im Wege der Amtshilfe durch das Arbeitsgericht Berlin Beweis erhoben zur so formulierten Behauptung, der Kläger habe selbst be- und entladen müssen und deshalb seien diese Zeiten Arbeitszeiten und nicht Pausen. Die Beweiserhebung erfolgte durch Vernehmung eines Zeugen, welcher ebenfalls Kraftfahrer bei der Beklagten war. Dieser Zeuge sagte unter anderem aus, dass bei ihm während des Ladevorganges die Fahrerkarte eingesteckt und auf Pause gestellt war. Dies wäre so vom Disponenten und auch vom Geschäftsführer der Beklagten angewiesen worden, damit man die Tour schafft. So konnte man zu den jeweiligen Zielorten fahren, ohne zusätzlich Pausen machen zu müssen. Wegen der Einzelheiten der Zeugenvernehmung wird auf Blatt 127 bis 128 der Akte verwiesen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Verhandlungsprotokolle sowie das erstinstanzliche Urteil verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.

Das Arbeitsgericht Stralsund hat den klägerseitig gestellten Zahlungsanträgen zu Recht stattgegeben. Die Berufung war somit zurückzuweisen und das arbeitsgerichtliche Urteil aufrechtzuerhalten.

1.

Das Arbeitsgericht Stralsund hat im Ergebnis und auch mit richtigen Gründen zu Recht festgestellt, dass der Kläger die von ihm behaupteten Überstunden tatsächlich geleistet hat. Insoweit kann zunächst bezüglich der tatsächlichen Ableistung der Überstunden auf das arbeitsgerichtliche Urteil verwiesen werden.

Insbesondere ging das Arbeitsgericht Stralsund richterweise davon aus, dass der die Bezahlung von Überstunden begehrende Arbeitnehmer im Rahmen einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast zunächst verpflichtet ist, konkret in tatsächlicher Hinsicht die Ableistung von Überstunden zu behaupten. Dazu muss der Kläger für jeden einzelnen Tag, für den er Überstunden geltend machen will, durch konkrete Benennung von Uhrzeiten darstellen, von welcher tatsächlich geleisteten Arbeitszeit er ausgeht. Hierfür ist es ausreichend, den Arbeitsbeginn und das Arbeitsende zu benennen. Behauptet der Kläger, er habe keine Pausen gehabt und benennt er hierzu auch konkrete Gründe, so ist auch dieser Sachvortrag des Klägers zunächst ausreichend und zu berücksichtigen (vgl. BAG, Urteil vom 16.05.2012, 5 AZR 347/11, Rz. 27, zitiert nach juris).

Im vorgenannten Urteil unter Randziffer 28 ergänzt das Bundesarbeitsgericht für den Fall eines Kraftfahrers auch, dass es ausreichend sei, wenn der Kraftfahrer vortrage, dass ihm eine Tour zugewiesen wurde, wann er diese Tour begonnen habe und wann er diese Tour beendet habe. Sodann sei es Aufgabe des Arbeitgebers im Rahmen der abgestuften Darlegungs- und Beweislast, unter Auswertung der pflichtgemäß nach § 21 a Abs. 7 Satz 1 Arbeitszeitgesetz aufgezeichneten Daten substantiiert darzulegen, an welchen Tagen der Arbeitnehmer aus welchen Gründen in geringerem zeitlichen Umfang als von ihm behauptet gearbeitet haben muss. Dabei ist nach den Ausführungen des BAG in vorgenanntem Urteil unter Randziffer 29 auch davon auszugehen, dass sowohl Arbeitnehmer wie auch Arbeitgeber ihrer Darlegungslast nicht durch die bloße Bezugnahme auf den Schriftsätzen beigefügte Anlagen genügen. Anlagen können lediglich zur Erläuterung eines schriftsätzlichen Vortrages dienen, diesen aber nicht ersetzen. Die Darlegung der Leistung von Überstunden durch den Arbeitnehmer bzw. auch die substantiierte Erwiderung hierauf durch den Arbeitgeber hat vielmehr entsprechend § 130 Nr. 3 und Nr. 4 ZPO schriftsätzlich zu erfolgen. Das Gericht ist nicht verpflichtet, sich die unstreitigen oder aber streitigen Arbeitszeiten aus den Anlagen selbst zusammenzusuchen.

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist das Arbeitsgericht Stralsund zu der richtigen Entscheidung gelangt, dass die vom Kläger behaupteten Überstunden in vollständigem Umfang auch tatsächlich so abgeleistet worden sind. Denn der Kläger hat substantiiert für jeden einzelnen fraglichen Arbeitstag der drei streitigen Monate eine gewisse Tour benannt, den Arbeitsbeginn benannt und das Arbeitsende benannt. Unstreitig sind diese Zeiten sogar der Fahrerkarte des Klägers entnommen worden. Da die Fahrerkarte unstreitig keine Beladezeiten oder Entladezeiten aufzeichnete, egal ob dies vom Arbeitgeber angewiesen oder nicht angewiesen wurde, und zudem Be- und Entladezeiten nur unterwegs und nicht am Anfangs- und Zielort auftraten, muss es sich bei den vom Kläger vorgetragenen Arbeitsbeginnzeiten und Arbeitsendezeiten logischerweise um echte Fahrzeiten (Lenkzeiten) und damit zwingend Arbeitszeiten handeln. Aus den vom Kläger vorgetragenen Zeiten in Verbindung mit der Behauptung, es habe keine Pausen gegeben bzw. für einige Tage es habe Pausen gegeben, lässt sich unproblematisch mathematisch die tägliche Arbeitszeit ermitteln und diese, wie vom Kläger geschehen, der normalen Arbeitszeit von 7,5 Stunden gegenüberstellen. Durch Ermittlung der Differenz ergaben sich unproblematisch die vom Kläger behaupteten Überstunden.

Nicht ausreichend war es sodann unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BAG, wenn die Beklagte schlicht behauptet, die vom Kläger vorgetragenen Zeiten und Überstunden könnten nicht stimmen. Die Beklagte zog sich (vorbehaltlich des nachfolgend noch gesondert auszuwertenden Schriftsatzes vom 12.02.2015) erstinstanzlich und in der Berufungsbegründungsschrift allein auf das pauschale Bestreiten des Anfallens von Überstunden zurück. Dies ist völlig unzureichend. Prozessual unbrauchbar ist auch der Vortrag, der Kläger sei zu früh losgefahren und es habe dann gegebenenfalls Wartezeiten bzw. Standzeiten gegeben. Die Beklagte hätte dies gegebenenfalls für jeden einzelnen Tag konkret vortragen müssen. Dies ist nicht geschehen. Insgesamt hätte die Beklagte für einen substantiierten Vortrag hinsichtlich jeden Tages und jeder zu bestreitenden Uhrzeit eine entsprechende eigene Vorstellung hinsichtlich der für richtig gehaltenen Zeit unter Auswertung der Arbeitsaufzeichnungen nach § 21 a Abs. 7 Satz 1 Arbeitszeitgesetz vortragen müssen. Dies ist offensichtlich nicht erfolgt.

Letztlich stellt auch der letzte Schriftsatz vom 12.02.2015 mit der dort enthaltenen tabellarischen Auflistung bezüglich der einzelnen Tage des streitgegenständlichen Zeitraumes keine substantiierte Erwiderung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BAG dar. Zwar enthält diese Tabelle gewisse Uhrzeitangaben hinsichtlich eines Arbeitsbeginns und eines Arbeitsendes. Problematisch sind dann jedoch im nächsten Schritt schon die nicht erläuterten Angaben zu den Beladeorten und Entladeorten. Welche zeitlichen Berechnungen auf welcher Basis die Beklagte hier gemacht haben will, ist nicht konkret ersichtlich. Es ist nicht einmal erkennbar, ob es sich bei den mengenmäßigen Stundenangaben um die aus Sicht der Beklagten anzuerkennende oder aber zu kürzende Zeit handeln soll.

Insbesondere ist die tabellarische Auflistung von Uhrzeiten der Beklagten allerdings schon deshalb in rechtlicher Hinsicht wiederum völlig unbrauchbar, da die Beklagte im selbigen Schriftsatz darstellt, dass die im Schriftsatz genannten Zeiten auf Durchschnittszeiten anderer Fahrer beruhen. Außerdem teilt die Beklagte mit, dass es sich in der Tabelle um Zeiten handele, die von der Beklagten anzuerkennen seien. Durch diese Formulierungen macht die Beklagte jedoch deutlich, dass die tabellarische Auflistung im Schriftsatz vom 12.02.2015 keinerlei Tatsachenvortrag bezogen auf die Person des Klägers und bezogen auf die konkreten Arbeitszeitbehauptungen des Klägers enthält. Vielmehr enthält die tabellarische Auflistung der Beklagten nur Zeiten, die eine Rechtsmeinung der Beklagten wiedergeben. Es sind nämlich Zeiten, die die Beklagte auf Grund einer nicht näher dargestellten Durchschnittsbetrachtung für richtig hält. Der Vortrag der Beklagten hat daher nichts mit den tatsächlichen Gegebenheiten im Fall des Klägers zu tun. Eine Durchschnittsbetrachtung ist im Fall einer Überstundenklage völlig nutzlos. Denn gerade im Fall einer Überstundenklage macht ein Arbeitnehmer geltend, dass konkret er in diesem Fall besonders lange für die Ausführung einer Arbeit gebraucht hat. Es handelt sich im Fall einer Überstundenklage somit um Tage, die typischerweise über dem Durchschnitt liegen. Auf eine Durchschnittsbetrachtung kann ohnehin deshalb schon nicht abgestellt werden, da statistisch gesehen, voraussichtlich die Hälfte der Arbeitnehmer über dem Durchschnitt und die andere Hälfte darunter liegt. Soll die eine Hälfte der Arbeitnehmer nicht vollständig vergütet werden?

Im Übrigen bestätigt selbst die Beklagte mehr oder minder ausdrücklich, dass der Kläger tatsächlich Überstunden geleistet hat. Zwar bestreitet die Beklagte pauschal die Ableistung von Überstunden und behauptet auch pauschal, sie habe sich immer peinlich genau an alle Vorschriften gehalten. Aber schon bei der erstinstanzlichen Betrachtung des exemplarischen Beispielfalles des Klägers teilte die Beklagte mit, dass der Kläger für eine Tour nicht wie von ihm behauptet 12 bis 14 Stunden, sondern eher 9 bis 11 Stunden benötige. Aus Sicht des Gerichts sind allerdings 9 bis 11 Stunden auch schon mehr als die bei 45 Wochenstunden verteilt auf sechs Tage täglich zu erbringenden 7,5 Stunden. Ähnlich verhält es sich mit der ohnehin rechtlich nicht relevanten tabellarischen Auflistung im Schriftsatz der Beklagten vom 12.02.2015. Selbst hier kommt die Beklagte für den streitgegenständlichen Zeitraum von vier Monaten nur an fünf Tagen zu einer Arbeitsleistung von 7,5 oder weniger Stunden pro Arbeitstag. An allen anderen Tagen kommt die Beklagte ganz überwiegend auf mehr als acht Stunden und auch bis über 12 Stunden pro Tag. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Beklagte bei ihrer Berechnung zudem pauschal und nicht nachvollziehbar Kürzungen für Entlade- und Beladezeiten vorgenommen hatte. Auch hatte die Beklagte einige Tage gar nicht berechnet, da sie hierzu angeblich vom Kläger keine Daten habe.

Das Ableisten von Überstunden durch den Kläger ist auch deshalb allein auf Grund des Vortrages der Beklagten nachvollziehbar, da sie selbst unbestritten vortrug, dass der Kläger langsamer arbeitet als andere Arbeitnehmer. Dabei ist zu berücksichtigen, dass jeder Arbeitnehmer wie auch allgemein jeder Mensch zu unterschiedlichen Leistungen in der Lage ist. Dies kann in der Tat in Übereinstimmung mit dem Vortrag der Beklagten wie auch des Klägers dazu führen, dass der Kläger für dieselbe Aufgabe mehr Zeit benötigt als andere Arbeitnehmer. Ein Arbeitnehmer ist in seiner Vergleichsgruppe zwangsläufig nun einmal immer der Langsamste, ohne dass ihm dies als Pflichtverletzung und unnötige Arbeitsbummelei vorgehalten werden kann. Jedenfalls fehlt es für Letzteres an greifbaren Anhaltspunkten.

Soweit die Beklagte sodann in ihrem letzten Schriftsatz vom 12.02.2015 einige Tage bzw. auch einige Wochen benennt, aus denen ableitbar sei, dass der Vortrag des Klägers nicht stimmen könne, bestätigt der sodann folgende Vortrag der Beklagten nicht das verfolgte Ziel. Soweit die Beklagte im wesentlichen für einige Tage noch einmal im Rahmen des schriftlichen Vortrages andere Uhrzeiten benannte hatte, ist auch dies kein hinreichender Vortrag, der eine andere Sichtweise rechtfertigen könnte. Denn die Beklagte stellte in solchen Fällen jeweils nur eine gewisse Uhrzeit aus ihrer Sicht in den Raum. Es gab von ihr jedoch keine Erläuterung, weshalb genau diese Uhrzeit die richtige Uhrzeit sein sollte, zumal sie ja selbst eingeräumt hatte, dass sie von Durchschnittszeiten ausgehe. Unstreitig war es jedoch, dass die klägerseitig vorgetragenen Uhrzeiten bezüglich Arbeitsbeginn und Arbeitsende aus der Fahrerkarte stammten. Da die Fahrerkarte jedoch nur Arbeitszeiten aufzeichnet, wenn sie sich bereits im Fahrzeug befindet und die Karte für Be- und Entladezeiten unstreitig auf Pause gestellt war, hier jedoch tatsächliche Arbeitszeit auswies, ist von der Richtigkeit des klägerischen Vortrages auszugehen. Die Beklagte hätte konkret vortragen müssen, warum die in der Fahrerkarte des Klägers abgespeicherte Zeit des Fahrbeginns so abgespeichert wurde, obwohl der Kläger selbst den Lkw nicht fuhr. Jedenfalls Anhaltspunkte hierfür sind nicht vorgetragen worden.

Im Ergebnis sind die klägerseitig behaupteten Stunden daher als richtig – im Kern mangels substantiierten Bestreitens als prozessual unstreitig – anzusehen.

2.

Die vom Kläger behaupteten Überstunden und auch als tatsächlich geleistet anzusehenden Überstunden sind von der Beklagten im Übrigen auch zu vergüten.

Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass den Arbeitgeber nur dann eine Vergütungspflicht trifft, wenn er die Überstunden entweder angeordnet hat, diese betriebsnotwendig waren oder aber der Arbeitgeber die Überstunden geduldet hat.

Von einer ausdrücklichen Anordnung der Überstunden ist im vorliegenden Fall nicht auszugehen.

Allerdings geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Beklagte hier die Überstunden konkludent angeordnet hat bzw. die Überstunden betriebsnotwendig waren. Nach der Rechtsprechung des BAG ordnet der Arbeitgeber Überstunden dann konkludent an, wenn er dem Arbeitnehmer Arbeit in einem Umfang zuweist, der unter Ausschöpfung der persönlichen Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers nur durch die Leistung von Überstunden zu bewältigen ist. Dazu muss der Arbeitnehmer darlegen, dass eine bestimmte angewiesene Arbeit innerhalb der Normalarbeitszeit nicht zu leisten ist. Unter Berücksichtigung vorgenannter Maßstäbe, ist von einer solchen Betriebsnotwendigkeit bzw. konkludenten Anordnung von Überstunden auszugehen. Dabei ist zunächst im vorliegenden Fall die Besonderheit zu berücksichtigen, dass der Kläger als Kraftfahrer auf einer streckenmäßig weiten Tour eingesetzt war. Damit war es dem Kläger von vornherein nicht möglich, in jedem Fall die Arbeit zum Ablauf der Normalarbeitszeit (7,5 Stunden pro Tag) zu beenden. Der Kläger konnte seine Arbeit erst dann beenden, wenn er mit seinem Lkw wieder den Ausgangsort erreicht hatte. Damit war die Ableistung von Überstunden immer dann erforderlich und konkludent angeordnet, wenn er nach Ablauf von 7,5 Stunden pro Tag noch nicht seinen Ausgangspunkt wieder erreicht hatte. Die Ableistung von Überstunden war somit insoweit betriebsnotwendig, wie es notwendig war, die vorgegebene Tour zu Ende zu fahren und schließlich wieder an den Ausgangsort zurückzufahren. Im Rahmen der abgestuften Darlegungs- und Beweislast, ist der Kläger im Übrigen seiner Darlegungslast zunächst nachgekommen. Er hat vorgetragen, wann er jeweils losgefahren ist und wann er wiederum seinen Zielort erreicht hat. Auch stellte der Kläger dar, welche Zeiten er typischerweise von einem Ort bis zum nächsten Ort gebraucht hat bzw. welche Zeiten er zum Abladen benötigt hat. Dabei hat der Kläger zunächst im ersten Schritt der Darlegung auch in ausreichender Form darauf hingewiesen, dass zu berücksichtigen ist, dass im Verkehrsfluss auch tägliche Unterschiede auftreten können. Soweit die Beklagte darauf verwies, dass man theoretisch zwischen zwei Orten auch etwas schneller hätte fahren können, mag dies theoretisch zwar möglich sein. Entscheidend ist aber auch hier, dass der Kläger unstreitig geltend machte, dass den Fahrern zunächst generell die Benutzung von Autobahnen untersagt war. Weiterhin ist im Rahmen der Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen, dass der Kläger vorgetragen hatte, dass er keine Pausen nehmen konnte, um überhaupt die Fahrten in der nunmehr vorgetragenen Zeit zu schaffen. Dies korrespondiert auch mit dem Vortrag, dass angewiesen worden sei, während des Beladens und Entladens die Fahrerkarte auf Pause zu stellen. Diese Anweisung sei erfolgt, um die Vorschriften für die Lenk- und Ruhezeiten überhaupt einhalten zu können. Eine solche Anweisung macht jedoch nur dann Sinn, wenn bei ordnungsgemäßer Verhaltensweise die Lenk- und Ruhezeiten überschritten worden wären. Die zulässigen Lenkzeiten pro Tag liegen über der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung von 7,5 Stunden pro Tag. Darin sind dann noch nicht einmal die Beladezeiten und Entladezeiten enthalten. Das Gericht geht im Übrigen auch davon aus, dass die Behauptung des Klägers zur Anordnung des Umstellens der Fahrerkarte auf Pause richtig ist. Denn zunächst wird diese Behauptung des Klägers durch den vom Arbeitsgericht Berlin vernommenen Zeugen, welcher ebenfalls Arbeitnehmer der Beklagten war, bestätigt. Anhaltspunkte dafür, weshalb diese Zeugenaussage fehlerhaft sein sollte, sind nicht ersichtlich. Auch ist zu berücksichtigen, dass in einem am gleichen Sitzungstag vom Berufungsgericht verhandelten Fall ein weiterer Kraftfahrer der Beklagten (Aktenzeichen 5 Sa 193/14) dieselbe Behauptung aufgestellt hat. Damit stellen zwei verschiedene Kläger und ein dritter Zeuge völlig übereinstimmend die Situation dar, dass während des Beladens und Entladens die Fahrerkarte auf Anweisung der Beklagten auf Pause gestellt worden ist. Das bloße Bestreiten der Beklagten ist in diesem Fall nicht hilfreich. Insbesondere fügt sich die Behauptung des Klägers auch unproblematisch in die weiteren Umstände mit ein. Denn es ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Arbeitnehmer ohne Anweisung des Arbeitgebers von sich aus und zu ihren eigenen Lasten tatsächlich stattfindende Beladezeiten und Entladezeiten auf ihre Fahrerkarte als Pause markiert haben sollten. Im Übrigen war es auch nach dem insoweit unsubstantiierten Vortrag der Beklagten auf Grund einer Durchschnittsbetrachtung schon so, dass der Kläger täglich bis zu 11 Stunden arbeiten musste. In der späteren tabellarischen Auflistung der Beklagten selbst waren es teils über 12 Stunden. Schon dieser von erheblichen Kürzungen durch die Beklagte getragene Sachvortrag deutet ein gewisses Interesse an der Nichtaufzeichnung weiterer Arbeitszeiten zur Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten an. Dies deutet insgesamt aber auch darauf hin, dass der Beklagten bewusst war, dass die tägliche Normalarbeitszeit von 7,5 Stunden überschritten wurde – und zwar deutlich überschritten wurde. Sie ging doch selbst von 9 bis 11 Stunden täglich auf Basis einer Durchschnittsbetrachtung aus. Auch trug sie selbst vor, dass der Kläger (als persönliche Eigenschaft) langsamer war als andere Fahrer. Damit ist dann aber auch von der Beklagten selbst vorgetragen worden, dass ihr bewusst war, dass der Kläger mehr als 9 bis 11 Stunden benötigen würde. Richtig ist, dass es vom Kläger keinerlei konkreten Sachvortrag dazu gibt, dass die Beklagte eine gewisse konkrete Anzahl von Überstunden konkludent angeordnet habe. Dies ist allerdings auch nicht möglich bzw. nicht notwendig. Denn hierbei ist wiederum zu betrachten, dass der Kläger als Kraftfahrer tätig war und die täglich zu bewältigende weite Strecke durchaus zu erheblichen Zeitverschiebungen je nach Verkehrslage führen kann. In der Gesamtbetrachtung war daher der Vortrag des Klägers insoweit ausreichend, dass aus ihm die konkludente Anordnung von Überstunden geschlossen werden konnte.

Vor diesem Hintergrund kann die Frage dahinstehen, ob mit dem Arbeitsgericht Stralsund tatsächlich eine Duldung von Überstunden vorlag, da hierfür die Kenntnis des Arbeitgebers von der bisherigen Leistung von Überstunden positiv festgestellt werden müsste.

Im Ergebnis hat der Kläger mithin einen Zahlungsanspruch für Überstunden in beantragter Höhe(Anträge des Klägers zu 1 – 3). Der Anspruch auf Verzugszinsen folgt wie vom Arbeitsgericht ausgeurteilt aus dem Gesetz.

II.

Der Kläger hat auch einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung für den Zeitraum 08.07.11 bis 31.07.11.

Wegen der Einzelheiten kann zunächst wieder völlig auf das Urteil des Arbeitsgerichts verwiesen werden, dem sich das Berufungsgericht insoweit anschließt.

Soweit nun in der Berufungsinstanz erstmalig streitig wurde, dass die Kündigung wegen der Arbeitsunfähigkeit ausgesprochen wurde, ändert dies nichts an der Entscheidung. Es ist schon äußerst widersprüchlich und unglaubhaft, wenn zunächst im ganzen Prozess seit April 2012 unstreitig die Kündigung wegen der Arbeitsunfähigkeit ausgesprochen wurde und dieser einfache Umstand nun in der Berufungsinstanz über zwei Jahre später erstmalig bestritten wird. Hinzu kommt, dass in einer solchen Situation schlichtes Bestreiten und der pauschale Hinweis auf ein vertragswidriges Verhalten nicht ausreicht. Dies gibt weder dem Kläger die Möglichkeit einer sachgerechten Erwiderung noch dem Gericht einer sachlichen Prüfung. Auch weist der Kläger zurecht darauf hin, dass die Kündigung nur zwei Tage nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit ausgesprochen wurde. Es liegt somit eine deutliche zeitliche Nähe vor, die als hinreichendes Indiz für eine kausale Verbindung von Arbeitsunfähigkeit und Kündigung geeignet ist. Dies gilt insbesondere deshalb, da andere Gründe für eine Kündigung nicht erkennbar sind.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.

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