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Unfallrente – Anrechenbarkeit auf Betriebsrenten

BAG, Urteil vom 19.07.1983, Az: 3 AZR 241/82

Tatbestand

Der im Jahre 1918 geborene Kläger war vom 17. August 1954 bis 30. November 1979 bei der Beklagten als Angestellter beschäftigt. Seit dem 1. Dezember 1979 bezieht er vorgezogenes Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Daneben erhält er wegen eines im Jahre 1966 erlittenen Unfalls Verletztenrente. Diese betrug vom 1. März 1980 bis zum 31. Dezember 1980 468,60 DM und ab 1. Januar 1981 494,40 DM.

Die Beklagte gewährt Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach den Richtlinien für die Berechtigung zur Pensionierung und Hinterbliebenen-Versorgung der Werksangehörigen vom 23. Dezember 1925. Das Ruhegeld beträgt nach zehnjähriger Dienstzeit 35 v.H. des letzten Jahresverdienstes. Es steigt bis zum vollendeten 25. Dienstjahr um jährlich 2 v.H. und von da ab um 1 v.H.; der Höchstbetrag des Ruhegeldes darf 80 v.H. des letzten Jahresverdienstes nicht übersteigen. Auf das Ruhegeld werden anderweitige Einnahmen angerechnet. Zu diesen gehört nach dem Wortlaut der Richtlinien auch die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Ferner heißt es in § 14 Abs. 3 der Richtlinien in der Fassung einer Betriebsvereinbarung aus dem Jahre 1957:

Pensionen und Hinterbliebenenrenten werden ferner um diejenigen Beträge vermindert, welche dem Werksangehörigen bzw. seinen Hinterbliebenen aufgrund jeweils bestehender Reichsgesetze (Bundesgesetze) über Versicherungen, Pensionen, Hinterbliebenenversorgungen und dergleichen zustehen im Verhältnis, wie die V für den betreffenden Werksangehörigen zu diesen Einrichtungen Beiträge geleistet haben. Das Ruhegeld der V und die gesetzlichen Versorgungsleistungen dürfen jedoch nicht mehr als 100 % des zuletzt bezogenen pensionsfähigen Einkommens betragen. Andernfalls wird das V Ruhegeld um einen entsprechenden weiteren Betrag gemindert. Bei der Berechnung der 100 % werden auch Renten in Anspruch genommen, die durch Dienstleistungen in fremden Diensten erworben sind. Rentenbeträge aufgrund freiwilliger Beitragsleistung werden nicht in die Berechnung einbezogen. Der Nachweis über freiwillige Beitragsleistungen muß jedoch vom Ruhegeldempfänger durch amtliche Unterlagen der Rentenversicherung einwandfrei erbracht werden.

unfallrente

Falls den Angestellten und Arbeitern allgemein eine Gehalts- und Lohnerhöhung bewilligt wird, erhöhen sich auch die V Pensionen entsprechend (z.B. bei einer allgemeinen 5 %igen Erhöhung der Gehälter und Löhne werden auch die V Pensionen sowie die Hinterbliebenenrenten um 5 % erhöht).“

Die Beklagte zahlte dem Kläger für die Zeit vom 1. Dezember 1979 bis 28. Februar 1980 Übergangsgeld. Mit Schreiben vom 9. April 1980 berechnete sie unter Berücksichtigung von Kriegs- und Wehrdienstzeiten ein Ruhegeld in Höhe von 2.120,25 DM, das einem Versorgungssatz von 75 v.H. entsprach. Auf das betriebliche Ruhegeld rechnete sie den anrechnungsfähigen Teil des gesetzlichen Altersruhegeldes mit 640,90 DM, und die Unfallrente mit 468,60 DM an. Alsdann kürzte sie das Ruhegeld um 319,05 DM, weil dieser Betrag 100 v.H. des versorgungsfähigen Entgelts überstieg. Damit ergab sich ein zu zahlender Betrag von 691,70 DM. Als der Kläger unter Hinweis auf die Entscheidung des Senats vom 17. Januar 1980 (BAG 32, 297 = AP Nr. 3 zu § 5 BetrAVG) der Anrechnung der Verletztenrente widersprach, setzte die Beklagte das Ruhegeld mit Schreiben vom 19. Februar 1981 erneut fest. Bei dieser Festsetzung rechnete die Beklagte nur die anrechnungsfähigen Teile des gesetzlichen Altersruhegeldes an und ließ die Unfallrente zunächst unberücksichtigt. Erst bei der Berechnung der Gesamtversorgung kürzte sie das Ruhegeld um den Betrag, um den die Gesamtversorgung 100 v.H. des Einkommens eines noch aktiven Angestellten überstieg. Diese Berechnung ergab wiederum nur eine Betriebsrente von 691,70 DM.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, daß die Beklagte bei der Berechnung seines Ruhegeldes die Unfallrente nicht berücksichtigen dürfe. Für die Zeit vom 1. März 1980 bis zum 31. Dezember 1980 (zehn Monate) stünden ihm noch 4.686,– DM und für die Zeit vom 1. Januar bis zum 30. April 1981 (vier Monate) noch 1.977,60 DM zu. Ferner bedürfe es der Feststellung, daß die Beklagte nicht berechtigt sei, die Verletztenrente zu berücksichtigen.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.663,60 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 22. April 1981 zu zahlen;

2. festzustellen, daß seine Unfallrente bei der Berechnung der betrieblichen Altersversorgung im Rahmen der Höchstbegrenzungsklausel nicht leistungsmindernd zu berücksichtigen ist.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 17. Januar 1980 rechne sie die Verletztenrente nicht mehr auf das Ruhegeld an. Diese berücksichtige sie lediglich im Rahmen der Gesamtversorgungsobergrenze. Wenn sie den die Obergrenze übersteigenden Betrag kürze, sei rechnerisch gleichgültig, ob die Altersrente oder die Unfallrente berücksichtigt werde. Im Rahmen der Obergrenze sei im übrigen die Berücksichtigung der Verletztenrente nicht unbillig. Diese diene dem Ausgleich von Verdiensteinbußen infolge eines Unfalls. Im Durchschnitt aller leichten und mittleren Unfälle erlitten die Verletzten keine Verdiensteinbußen. Der Kläger sei infolge des Unfalls in den Innendienst versetzt worden und habe sogar einen beruflichen Aufstieg erreicht. Der Gesetzgeber gehe von der Zulässigkeit eines Gesamtversorgungssystems mit Obergrenzen aus. In jedem Fall sei es mit Rücksicht auf die noch aktiven Arbeitnehmer unerträglich, wenn ein Pensionär ein höheres Gesamteinkommen als diese erzielte.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nur zum Teil begründet. Die Beklagte kann die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung bei der Berechnung der Gesamtversorgung des Klägers nur berücksichtigen, soweit sie die Grundrente übersteigt, die in der Kriegsopferversorgung bei gleicher Minderung der Erwerbsfähigkeit gewährt würde. Der Feststellungsklage ist daher teilweise stattzugeben; für die Berechnung der Leistungsklage muß das Landesarbeitsgericht noch weitere Feststellungen treffen.

I. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, daß der Kläger von der Beklagten Ruhegeld verlangen kann. Nach § 1 der Versorgungsordnung haben Angestellte bei Eintritt des Versorgungsfalles Anspruch auf Versorgungsleistungen, wenn sie nach Vollendung des 18. Lebensjahres eine zehnjährige Wartezeit zurückgelegt haben. Versorgungsfall ist das Erreichen der Altersgrenze. Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger. Er ist nach rund 25-jähriger Dienstzeit mit Erreichen der vorgezogenen Altersgrenze für Schwerbehinderte aus den Diensten der Beklagten geschieden. Sein Ruhegeld errechnet sich unter Berücksichtigung der angerechneten Vordienstzeiten aus 75 v.H. des letzten Jahresarbeitsverdienstes. Es beträgt nach der Versorgungsordnung ab 1. März 1980 2.120,25 DM und ab 1. September 1980 2.247,47 DM, wenn man zunächst von sonstigen Versorgungsbezügen absieht.

II. Die Beklagte darf bei der Berechnung der Gesamtversorgung die Verletztenrente des Klägers nur teilweise berücksichtigen.

1. Im Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19. Dezember 1974 (BGBl I, 3610) ist nur unvollkommen geregelt, inwieweit sonstige Versorgungsbezüge auf Betriebsrenten angerechnet werden können.

a) Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG dürfen Leistungen der betrieblichen Altersversorgung durch Anrechnung anderer Versorgungsbezüge, soweit sie auf eigenen Beiträgen des Versorgungsempfängers beruhen, nicht gekürzt werden. Nach Wortlaut und Zweck des Gesetzes soll verhindert werden, daß der Arbeitgeber Maßnahmen der Eigenvorsorge des Arbeitnehmers ausnutzt und bei der Bemessung seiner Leistungen berücksichtigt. Die von dem Kläger bezogene Unfallrente beruht jedoch nicht auf dessen eigenen Beiträgen. Vielmehr werden die Beiträge in der gesetzlichen Unfallversicherung vom Arbeitgeber aufgebracht (§ 723 Abs. 1 RVO), soweit der Unfallversicherungsschutz nicht überhaupt beitragsfrei gewährt wird (§ 539 Abs. 1 RVO). Die Verletztenrente des Klägers unterliegt demnach nicht dem absoluten Anrechnungsverbot des § 5 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG.

b) Andererseits ist dem Betriebsrentengesetz aber auch keine Erlaubnis zur Anrechnung von Verletztenrenten zu entnehmen. Die Beklagte kann sich für ihre gegenteilige Ansicht nicht auf § 5 Abs. 2 Satz 2 BetrAVG berufen.

Nach § 5 Abs. 2 Satz 2 BetrAVG gilt das Anrechnungsverbot des § 5 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG nicht für Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, soweit sie auf Pflichtbeiträgen beruhen, sowie für sonstige Versorgungsbezüge, die mindestens zur Hälfte auf Beiträgen oder Zuschüssen des Arbeitgebers beruhen. Zu den Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung zählen nicht die Renten des Unfallversicherungsträgers. In § 5 Abs. 2 BetrAVG wird an die Begriffsbildung der gesetzlichen Sozialversicherung angeknüpft. Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sind demnach allein die Renten der Arbeiter- Angestellten- und knappschaftlichen Rentenversicherung, die bei Erreichen der Altersgrenze oder bei Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit zu zahlen sind (Höhe bei Heubeck/Höhne/Paulsdorff/ Weinert, BetrAVG, 2. Aufl., 1982, § 5 Rz 68; Höfer/Abt, BetrAVG 2. Aufl., 1982, § 5 Rz 9 ff.). Dagegen gehört die Unfallrente zu den sonstigen Versorgungsbezügen. Versorgungsbezug sind alle Leistungen, durch die der Unterhalt einer Person sichergestellt werden soll. Hierzu gehört auch die Verletztenrente, durch die infolge des Unfalls erlittene Nachteile des Unfallgeschädigten ausgeglichen werden sollen. Daraus folgt jedoch nur, daß das absolute Anrechnungsverbot des § 5 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG nicht gilt. Hingegen besagt die Regelung keineswegs, daß der Arbeitgeber schlechthin berechtigt sein soll, im Rahmen seiner Versorgungsleistungen mitfinanzierte Versorgungsbezüge zu berücksichtigen. Vielmehr bleiben Anrechnungsverbote, die sich aus anderen Rechtsgründen ergeben, unberührt.

Das absolute Anrechnungsverbot des § 5 Abs. 2 BetrAVG ist keine abschließende Regelung. Der Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung hat zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung in seiner Stellungnahme vom 22. November 1974 (BT-Drucks. 7/2843 S. 8) ausgeführt, daß die Frage der Anrechenbarkeit anderer Versorgungsbezüge auf die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach seiner Auffassung einer abschließenden Regelung durch den Gesetzgeber nicht zugänglich ist. Die Vielzahl unterschiedlicher Sozialleistungen und sonstiger Bezüge, die für eine Anrechnung in Betracht kämen, und die Vielgestaltigkeit möglicher Anrechnungsregelungen ließen eine erschöpfende Aufzählung und Umschreibung verbotener Anrechnungsfälle nicht zu. Der Gesetzgeber hat sich deshalb auf das Regelungsproblem beschränkt, ob und inwieweit eigene Beitragsleistungen des Versorgungsberechtigten einer Anrechnung entgegenstehen. Hingegen ist offengeblieben, inwieweit sonstige Versorgungsleistungen der Alters- und Hinterbliebenenversorgung vergleichbar sind, so daß sich eine Anrechnung sachlich rechtfertigen läßt. Aber gerade darum geht es im vorliegenden Fall. Zwischen der Verletztenrente und den Leistungen der Altersversorgung bestehen wesentliche Unterschiede.

2. Dem Arbeitgeber ist es untersagt, die Unfallrente im Rahmen von Gesamtversorgungssystemen voll zu berücksichtigen. Die uneingeschränkte Anrechnung verstößt gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.

a) Der Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer. Er enthält das Verbot der sachfremden Differenzierung zwischen vergleichbaren Arbeitnehmern in einer bestimmten Ordnung (BAG vom 8. Dezember 1977 – 3 AZR 530/76 – AP Nr. 176 zu § 242 BGB Ruhegehalt, zu 1 a der Gründe; vom 17. Mai 1978 – 5 AZR 132/77 – AP Nr. 42 zu § 242 BGB Gleichbehandlung, zu 1 der Gründe; vom 5. März 1980 – 5 AZR 881/78 – AP Nr. 44 zu § 242 BGB Gleichbehandlung, zu II 1 der Gründe). Darüber hinaus gebietet der Gleichbehandlungsgrundsatz, wesentlich Ungleiches entsprechend seiner Eigenart zu unterscheiden. Das entspricht allgemeiner Meinung (Hueck/Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, Bd. I, 7. Aufl., § 48 a, S. 417 ff.; Mayer-Maly, AR-Blattei „Gleichbehandlung im Arbeitsverhältnis I“; Nikisch, Lehrbuch des Arbeitsrechts, Bd. I, 3. Aufl., § 37, S. 498; Söllner, Arbeitsrecht, 7. Aufl., § 31 III, S. 217; Zöllner, Arbeitsrecht, 2. Aufl., § 17, S. 146).

Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 17. Januar 1980 (BAG 32, 297 = AP Nr. 3 zu § 5 BetrAVG mit zust. Anm. von Krasney) einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz darin gesehen, daß ein Arbeitgeber die Verletztenrente auf das betriebliche Ruhegeld eines Unfallgeschädigten anrechnete und diesem infolgedessen ein geringeres Ruhegeld zahlen wollte, als er Nichtversehrten zubilligte. Eine Anrechnung der Verletztenrente auf Versorgungsbezüge verbiete sich, weil die Unfallrente einen Ausgleich für möglicherweise bestehende Schadenersatzansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber darstelle. Die Rechtsauffassung des Senats ist im Schrifttum auf erhebliche Kritik gestoßen (Blomeyer, DB 1982, 952 = BetrAV 1982, 225; Gitter, Festschrift für Hilger und Stumm 1983, S. 249; Gitter/Schmidt, DB 1980, 2083; Lange, BB 1982, 1180; Schröder, BB 1981, 186; Schulin, ZfA 1981, 706, 707). Sie wird auch von der Revision bekämpft. Diese Kritik ist teilweise überzeugend. Es ist jedoch daran festzuhalten, daß in Gesamtversorgungssystemen bei der Anrechnung der Verletztenrente auf das betriebliche Ruhegeld oder bei deren Berücksichtigung im Rahmen einer Versorgungsobergrenze ein erheblicher Teil der Unfallrente unberücksichtigt bleiben muß.

b) Im vorliegenden Fall ist das Problem der Anrechnung von Unfallrenten nur beschränkt zu prüfen. Die Parteien streiten nur um die Berücksichtigung der Unfallrente im Rahmen einer Höchstbegrenzungsklausel. Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 17. Januar 1980 unentschieden gelassen, ob die Zusage einer Gesamtversorgung bis zu einer Höchstbegrenzung großzügiger zu beurteilen ist als normale Anrechnungsklauseln (BAG 32, 297, 302 = AP Nr. 3 zu § 5 BetrAVG, zu I 3 b der Gründe). Im Schrifttum ist hierzu ausgeführt worden, im Rahmen eines Gesamtversorgungssystems stehe der Versorgungsgedanke im Vordergrund der Überlegungen des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber wolle lediglich eine bei dem Arbeitnehmer bestehende Versorgungslücke schließen. Für ein Gesamtversorgungssystem sei mithin kennzeichnend, daß nur dann ein betriebliches Ruhegeld gezahlt werde, wenn die anderweitigen Einnahmen eine Versorgungslücke ließen. Durch die Unfallrente werde aber auch die Versorgung des Arbeitnehmers gewährleistet (Blomeyer, DB 1982, 952 = BetrAV 1982, 225; auch Lange, BB 1982, 1180). Mithin sei jedenfalls bei Gesamtversorgungssystemen die Berücksichtigung von Unfallrenten kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Blomeyer, DB 1982, 952 = BetrAV 1982, 225).

Blomeyer beschreibt die Eigenart der Gesamtversorgungssysteme überzeugend, leitet daraus aber zu weitreichende Folgerungen ab. Auch dann, wenn der Arbeitgeber unter Anrechnung anderweitiger Bezüge eine Gesamtversorgung gewährleisten will, geschieht dies mit Rücksicht auf die im Arbeitsverhältnis erbrachten Dienste und die zurückgelegte Dienstzeit. Auch insoweit hat die Altersversorgung die Funktion, erbrachte Dienste und Betriebstreue abzugelten. Deshalb kann nicht jedes beliebige Einkommen als Teil der Gesamtversorgung betrachtet werden. Unfallrenten sind in diesem Zusammenhang nicht deshalb problematisch, weil mehrere Versorgungsberechtigte entsprechend ihrem beruflichen Lebensweg unterschiedliche Renten erhalten; zu beanstanden ist vielmehr, daß bei der Bemessung von Altersruhegeldern Versorgungsbezüge ruhegeldmindernd wirken, die zum Ausgleich körperlicher Unversehrtheit dienen.

c) Die Unfallversicherung beruht auf den Grundgedanken der Ablösung und Sicherung zivilrechtlicher Schadenersatzansprüche. Nach dem bürgerlich rechtlichen Haftungssystem erlangt ein Gläubiger nur dann Schadenersatzansprüche gegen den Schuldner, wenn dieser den Unfall schuldhaft (§ 276 BGB) verursacht hat. Dagegen soll es dem Arbeitnehmer im Unfallversicherungsrecht erspart sein, Schadenersatzansprüche mit entsprechendem Prozeßrisiko gegen seinen Arbeitgeber einzuklagen und das Risiko der Zahlungsfähigkeit des Arbeitgebers zu tragen. An die Stelle etwaiger Schadenersatzansprüche tritt ein auf dem Grundsatz der Gefährdungshaftung aufgebauter, auch bei Fahrlässigkeit des Unfallgeschädigten bestehender, öffentlich-rechtlicher Entschädigungsanspruch, für den die genossenschaftlich zusammengeschlossene Unternehmerschaft einzustehen hat (Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd. II, Stand April 1980, S. 469; Gitter, Schadensausgleich im Arbeitsunfallrecht, 1969, S. 72 ff.).

Der öffentlich-rechtliche Entschädigungsanspruch unterscheidet sich aber nicht nur in seinen Voraussetzungen, sonder auch in seinem Umfang von einem privatrechtlichen Schadenersatzanspruch. Während bei einem privatrechtlichen Schadenersatzanspruch der Geschädigte seinen Schaden konkret nachzuweisen hat, gilt für den öffentlich-rechtlichen Entschädigungsanspruch das Prinzip der abstrakten Schadensberechnung. Nach § 581 Abs. 1 RVO erhält der Verletzte bis zu 2/3 seines Jahresarbeitsverdienstes, je nachdem, wie stark seine Erwerbsfähigkeit gemindert wurde. Aus dem Umstand, daß für die Berechnung der Verletztenrente allein der Grad der Erwerbsminderung und die Höhe des bisherigen Jahresarbeitsverdienstes maßgebend ist, kann aber nicht gefolgert werden, daß die Unfallrente allein zum Ausgleich des Verdienstausfalles bestimmt ist Vielmehr sollen alle Auswirkungen des Unfalls entschädigt werden. Die abstrakte Schadensberechnung dient lediglich zur Erleichterung der Abwicklung von Unfällen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bedeutet das Prinzip der abstrakten Schadensberechnung, daß die als Rente zu zahlende Entschädigung nach dem Unterschied der auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens bestehenden Erwerbsmöglichkeiten des Verletzten vor und nach dem Unfall zu bemessen ist (BSG 21, 63, 67 = SozR Nr. 1 zu § 581 RVO; vom 27. Januar 1976 – 8 RU 264/74 – SozR 2200 Nr. 6 zu § 581 RVO). Insoweit werden nicht nur allgemein der Gesundheitsschaden, der Verlust der körperlichen Unversehrtheit und die hierdurch bedingten höheren Aufwendungen, sondern auch die Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit entschädigt. Dazu gehören auch besondere Anstrengungen, die ein Unfallverletzter unternimmt, die Unfallfolgen möglichst gering zu halten (überzeugend Krasney in Anm. AP Nr. 3 zu § 5 BetrAVG unter 2 b). Das Bundesverfassungsgericht hat darüber hinausgehend entschieden, daß sogar der immaterielle Schaden des Unfallgeschädigten durch die Verletztenrente abgegolten wird. Die Unfallrente diene in der Mehrzahl der Fälle nicht mehr dazu, Verdienstausfallschäden auszugleichen; vielmehr wiege sie unter den gegenwärtigen Verhältnissen bei leichten und mittelschweren Unfällen ein entgangenes Schmerzensgeld auf (BVerfG vom 7. November 1972 – 1 BvL 4/71, 17/71, 10/72, 1 BVR 355/71 – BVerfGE 34, 118, 132 f. = AP Nr. 6 zu § 636 RVO, zu C I 4 der Gründe). Das Bundesverfassungsgericht hat den Ausschluß von Schadenersatzansprüchen wegen immaterieller Schäden im Unfallversicherungsrecht nur deswegen als verfassungsgemäß angesehen, weil die Unfallrente unter den veränderten sozialen Verhältnissen heute auch insoweit für einen angemessenen Ausgleich sorgt.

Die unterschiedlichen Zwecke der Unfallrente dürfen bei der Gestaltung und Anwendung von Gesamtversorgungssystemen nicht außer Betracht bleiben. Da die Unfallrente nebeneinander unfallbedingten Mehraufwand, immaterielle Schäden, erhöhte Anstrengungen des Unfallgeschädigten und Verdienstminderungen ausgleichen soll, ist zwischen einem anrechnungsfähigen und einem anrechnungsfreien Teil zu unterscheiden. Soweit die Unfallrente den Verlust der körperlichen Unversehrtheit entschädigt, ist sie im Rahmen der Gewährung von betrieblichen Ruhegeldern anrechnungsfrei. Insoweit soll sie unfallbedingte Spätfolgen ausgleichen, die der Unfallverletzte während seines ferneren Arbeitslebens oder Ruhestandes ertragen muß. Diese stehen mit der Arbeitsleistung und Betriebstreue, zu deren Abgeltung der Arbeitgeber Versorgungsleistungen zusagt, nicht in Zusammenhang. Soweit dagegen die Unfallrente dazu dient, den Verdienstausfall des Verletzten pauschal zu entschädigen, kann sie bei der Bemessung des betrieblichen Ruhegeldes berücksichtigt werden. Insoweit hat die Unfallrente die gleiche Funktion wie Gehalts- oder Versorgungsbezüge, so daß ihre Berücksichtigung als Teil einer Gesamtversorgung nicht zu willkürlichen Verzerrungen im Vergleich zu unversehrten Pensionären führen kann.

3. Der von der Revision im Anschluß an das Schrifttum vertretenen Auffassung, die Unfallrente dürfe in vollem Umfang bei der Bemessung des Ruhegeldes berücksichtigt werden, kann der Senat nicht folgen.

a) Die Revision hat sich auf die Entwicklungsgeschichte der gesetzlichen Unfallversicherung berufen. Aus dieser ergebe sich, daß mit der Unfallrente allein materielle Verdienstausfälle entschädigt werden sollten. Bei Einführung der gesetzlichen Unfallversicherung habe jeder Unfall zu empfindlichen Verdiensteinbußen der Unfallgeschädigten geführt. Diese allein hätten ausgeglichen werden sollen. Inzwischen sichere das soziale Netz die Unfallverletzten so weitgehend ab, daß bei leichten und mittleren Unfällen überhaupt keine Verdienstausfälle mehr einträten. Deshalb sei es gerechtfertigt, zumindest im Rahmen eines Gesamtversorgungssystems die Unfallrenten zu berücksichtigen (Schröder, BB 1981, 186 ff; Lange, BB 1982, 1180 ff.).

Es kann unentschieden bleiben, ob bei der Verabschiedung des Unfallversicherungsgesetzes von 1884 die Vorstellung bestand, daß nur Verdienstausfälle entschädigt werden sollten. Die sozialen Verhältnisse haben sich seit 1884 geändert (vgl. Gitter, Schadenausgleich im Arbeitsunfallrecht, 1969, S. 159 ff.). Nach Untersuchungen, die im Auftrage des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung im Jahre 1959 über die Verdienste Unfallverletzter durchgeführt wurden, haben Verletzte, deren Erwerbsfähigkeit um 20 oder 25 v.H. gemindert ist, in der Regel den Verdienst gesunder Arbeitnehmer; Nichtschwerverletzte deren Erwerbsfähigkeit um weniger als 50 v.H. gemindert ist, haben regelmäßig keinen ins Gewicht fallenden Verdienstausfall Der Verdienstausfall steigt mit zunehmender Minderung der Erwerbsfähigkeit (Brakel in BArbBl 1959, 515, 518; Gitter, aaO, S. 163). Nach neueren Berichten werden 85 v.H. aller Verletztenrenten an Verletzte mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit bis zu 45 v.H. gezahlt und nur 15 v.H. an Schwerverletzte mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 50 bis 100 v.H. (vgl. dazu Udsching, Der Kompaß, 1981, 468). Intensive Maßnahmen der Rehabilitation haben dazu geführt, daß leicht und mittelschwer Verletzte zumindest in Zeiten der Hochkonjunktur keine Verdienstausfälle erleiden. Die Veränderung der sozialen Verhältnisse hat dem Unfallversicherungsrecht einen neuen Inhalt gegeben. Dies hat namentlich die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 7. November 1972 (BVerfGE 34, 118 = AP Nr. 6 zu § 636 RVO) klargestellt, wonach die Verletztenrente auch immaterielle Entschädigungsfunktion hat (dazu Schwinger, BArbBl 1959, 745; Gitter, aaO, S. 167).

b) Die Revision hat demgegenüber auf die Ausführungen von Bickel (SAE 1981, 129, 130) verwiesen. Sie hat geltend gemacht, die Berufung auf einen Funktionswandel des Unfallversicherungsrechts laufe darauf hinaus, daß die Rechtsfolge nicht mehr aus der Rechtsnorm, sondern aus einem „Sachverhalt“ gezogen werde. Dabei übersieht sie jedoch, daß ein Wandel der tatsächlichen Verhältnisse, die den Gegenstand einer Norm bilden, den Inhalt einer Norm ändern kann (Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 4. Aufl., 1979, S. 338). Die Rechtsfolge ergibt sich dann aus dem geänderten Inhalt der Norm und nicht aus dem Sachverhalt. An einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse kann die Rechtsprechung nicht vorbeigehen.

c) Entgegen der Auffassung der Revision kann aus den sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften, die das Zusammentreffen von Verletztenrente und Altersruhegeld regeln, nicht gefolgert werden, der Arbeitgeber dürfe im Rahmen einer Versorgungsobergrenze die Unfallrente in vollem Umfang berücksichtigen.

Nach § 1278 Abs. 1 RVO und § 55 Abs. 1 AVG ruht eine Rente aus der Rentenversicherung, wenn eine Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit oder ein Altersruhegeld aus der Rentenversicherung mit einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zusammentrifft, sofern diese Rente zusammen mit der Verletztenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowohl 80 v.H. des Jahresarbeitsverdienstes, der der Berechnung der Verletztenrente zugrunde liegt, als auch 80 v.H. der für ihre Berechnung maßgebenden Rentenbemessungsgrundlage übersteigt. Im Schrifttum ist daraus geschlossen worden, wenn schon die Gesamtversorgung aus Renten mehrerer Sozialleistungsträger begrenzt werden könne, müsse es auch einem Arbeitgeber gestattet sein, die Unfallrente im Rahmen einer Gesamtversorgungsobergrenze in vollem Umfang zu berücksichtigen (Gitter in Festschrift für Hilger und Stumpf, 1983, S. 249, 255; Gitter/Schmi DB 1980, 2083, 2084). Das ist nicht überzeugend.

Die Rentenobergrenze nach § 1278 Abs. 1 RVO und § 55 Abs. 1 AVG übersteigt die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erheblich. Mit 80 v.H. des Bruttoerwerbseinkommens ist sie so bemessen, daß ein erheblicher Teil der Verletztenrente dem Geschädigten in jedem Falle ungeschmälert erhalten bleibt. So erweisen die Tabellen über die Entwicklung der Durchschnittsentgelte der Versicherten, der allgemeinen Bemessungsgrundlage und des Rentenniveaus in der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten, daß die Durchschnittsrente in der Arbeiter- und Angestelltenversicherung zwischen 47,3 v.H. im Jahre 1965 und 50,9 v.H. im Jahre 1968 geschwankt hat. In der Folgezeit ist sie bis 1975 auf 43,6 v.H. gesunken. Nach einem vorübergehenden Anstieg bis zum Jahre 1978 auf 49,3 v.H. beläuft sie sich nach Schätzungen für das Jahr 1981 auf 43,7 v.H. (Dornbusch, Die Rentenversicherung 1982, 5, 7; ders., Der Kompaß 1982, 1, 2; vgl. auch die Rentenanpassungsberichte der Bundesregierung, insbesondere vom 1. April 1981, BT-Drucks. 9/290). Hieraus ergibt sich, daß der Abstand zwischen den Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der Rentenversicherungsobergrenze beträchtlich ist. Bei kleineren Unfallrenten wird deshalb nur ausnahmsweise eine Beschneidung der Gesamt-Rentenversorgung in Betracht kommen. Bei hohen Unfallrenten und langjähriger Berufstätigkeit vor Eintritt des Versorgungsfalles greift zwar die gesetzliche Obergrenze ein; das führt aber nie zu einer weitgehenden Aufzehrung der Unfallrente. Erst wenn man über den Regelungsgegenstand der §§ 1278 RVO, 55 AVG hinausgeht und auch Betriebsrenten in die Gesamtversorgungsbetrachtung einbezieht, ergibt sich eine so starke Kürzung, daß unfallgeschädigte Pensionäre dadurch ihren Ausgleich für immaterielle Einbußen und Opfer verlieren. Erst dann ergibt die Anrechnung der Verletztenrente eine willkürliche Benachteiligung der Unfallverletzten.

4. Die Beklagte muß mindestens den Teil der Verletztenrente bei der Bemessung der Gesamtversorgung unberücksichtigt lassen, der der Grundrente eines Versorgungsberechtigten nach dem Bundesversorgungsgesetz entspricht.

a) Den Vorschriften des Unfallversicherungsrechts ist nicht unmittelbar zu entnehmen, welcher Teil der Verletztenrente als Verdienstentschädigung dienen und welcher Teil sonstige Einbußen und immaterielle Schäden ausgleichen soll. Die Doppelfunktion der Rente läßt sich nicht ohne weiteres in Zahlen ausdrücken. Deshalb muß eine Aufteilung in der Versorgungsregelung selbst nach billigem Ermessen bestimmt werden. Ist das unterblieben oder wird der anrechnungsfreie Teil so niedrig festgesetzt, daß die Regelung unbillig erscheint, muß der Richter eine Aufteilung vornehmen (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB), die die Funktion der Unfallrente angemessen berücksichtigt und der Billigkeit entspricht. Dabei hat er sich nach den Wertentscheidungen derjenigen Gesetze zu richten, die vergleichbare Anrechnungsprobleme betreffen.

Im vorliegenden Fall enthalten die umstrittenen Versorgungsrichtlinien keine Aufteilung der Unfallrente in einen anrechenbaren und einen unanrechenbaren Teil. Vielmehr werden alle gesetzlichen Renten ohne Unterschied und unbeschränkt bei der Anwendung der Höchstbegrenzungsklausel berücksichtigt (§ 14 Abs. 3 der Richtlinien). Diese Regelung kann keinen Bestand haben und muß ersetzt werden.

b) Wegen des Aufteilungsmaßstabs für den anrechenbaren und den unanrechenbaren Teil der Unfallrente liegt es nahe, das Recht der Kriegsopferversorgung heranzuziehen, das eine vergleichbare Regelung enthält.

Im Rahmen der Kriegsopferversorgung werden Grund- und Ausgleichsrenten sowie Schwerstbeschädigtenzulagen gezahlt (§§ 31, 32 BVG). Die Grundrente soll dem Beschädigten einen Ausgleich für Mehraufwendungen gewähren, einen wirtschaftlichen Schaden ausgleichen, der sich regelmäßig nicht konkret feststellen läßt, sowie einen Ausgleich für die körperliche Beeinträchtigung bieten (vgl. Bericht des BT-Ausschusses zur 2. NOG Drucks. IV/1831 S. 13; Schieckel/Gurgel, Bundesversorgungsgesetz, Stand 1. Mai 1982, § 31 Anm. 1). Sie entspricht damit demjenigen Teil der Verletztenrente, der im Zusammenhang mit der betrieblichen Altersversorgung nicht berücksichtigt werden darf. Eine Ausgleichsrente erhält dagegen nur derjenige Versehrte, der infolge seines Gesundheitszustandes, hohen Alters oder aus sonstigen Gründen eine ihm zumutbare Beschäftigung nicht ausüben kann, der also eine Verdienstminderung als Folge seiner Verletzung hinnehmen muß. Dieser Rentenbezug ist betrieblichen Versorgungsleistungen nach seinem Zweck vergleichbar.

Der Grad der Erwerbsminderung wird sowohl im Unfallversicherungsrecht als auch nach dem Bundesversorgungsgesetz grundsätzlich nach vergleichbaren Merkmalen festgestellt. Erwerbsminderung ist danach der Unterschied zwischen der vor dem Arbeitsunfall vorhandenen Erwerbsfähigkeit und der durch die unfallbedingte Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten; maßgebend ist sowohl das Unternehmen, in dem sich der Unfall ereignete, wie auch das Gesamtgebiet des Arbeitsmarktes (Baumer/Fischer/Salzmann, Die gesetzliche Unfallversicherung, Stand Dezember 1982, § 581 RVO Anm. 12). Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 BVG ist die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach der körperlichen oder geistigen Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben zu beurteilen. Soweit sich insoweit Unterschiede in der Bewertung der Erwerbsfähigkeit ergeben, sind sie geringfügig und können außer Betracht bleiben.

Deshalb hat auch der Gesetzgeber bei einem vergleichbaren Anrechnungsproblem die Unfallrente nach dem Maßstab des Bundesversorgungsgesetzes aufgeteilt: Nach § 134 AFG hat Anspruch auf Arbeitslosenhilfe, wer arbeitslos und bedürftig ist, sowie einige weitere Voraussetzungen erfüllt, die hier nicht interessieren. Im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung muß sich der Arbeitslose anderweitige Einnahmen anrechnen lassen. Nicht zu den anderweitigen Einnahmen gehören nach § 138 Abs. 3 Nr. 5 AFG die Grundrente und die Schwerstbeschädigtenzulage, die einem Versehrten nach dem Bundesversorgungsgesetz oder in entsprechender Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes gewährt werden, sowie Renten, die an Opfer des Nationalsozialismus gezahlt werden, und zwar bis zur Höhe der Grundrente und der Schwerstbeschädigtenzulage. Eine ausdrückliche Regelung für die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist im Arbeitsförderungsgesetz selbst nicht enthalten. Indes ist der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung ermächtigt, durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen zu bestimmen, daß auch andere in § 138 Abs. 3 AFG genannte Einnahmen nicht als anrechenbares Einkommen gelten. Aufgrund dieser Ermächtigung ist die Arbeitslosenhilfe-Verordnung vom 7. August 1974 (BGBl I, 1929) ergangen. In § 11 Nr. 4 AlhiV ist bestimmt, daß die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung bis zur Höhe des Betrages, der in der Kriegsopferversorgung bei gleicher Minderung der Erwerbsfähigkeit als Grundrente und Schwerstbeschädigtenzulage gewährt würde, nicht zu den anderweitigen Einnahmen im Sinne von § 138 Abs. 3 AFG gehört. Das Bundessozialgericht hat keine Bedenken gehabt, diese Aufteilungsgrundsätze entsprechend bei der Berechnung des Ausbildungsgeldes nach § 24 Abs. 1 RehaAnO anzuwenden (BSG vom 21. Juli 1981 – 7 RAr 43/80 – SozR 4480 § 27 RehaAnO Nr. 4).

c) Nicht in allen Fällen läßt sich der anrechnungsfreie Teil einer Verletztenrente durch Abzug der Grundrente von der Verletztenrente ermitteln.

Nach § 581 Abs. 1 Nr. 2 RVO wird eine Verletztenrente bereits bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v.H. gewährt. Dagegen werden Grundrenten erst bei einer Erwerbsminderung von 30 v.H. gezahlt, die allerdings eine um 5 v.H. geringere Minderung der Erwerbsfähigkeit mit umfassen (§ 31 Abs. 1, 2 BVG). Es fehlt mithin an einer Grundrente bei einer Erwerbsminderung in Höhe von 20 bis 25 v.H. In diesen Fällen ist der anrechnungs- und berücksichtigungsfrei zu lassende Betrag unter Berücksichtigung der Versehrtenstufe von 30 v.H. festzusetzen, wobei ein angemessener Abschlag gemacht werden kann.

Das Bundesversorgungsgesetz gewährt für Schwer- und Schwerstbehinderte eine unverhältnismäßig höhere Grundrente. Für diese Personengruppen bleibt also nach den vorstehend entwickelten Grundsätzen ein größerer Anteil der Unfallrente anrechnungsfrei als bei Leichtverletzten. Damit ist unabhängig von der Verdiensthöhe ein gleichmäßiger Ausgleich für den Verlust körperlicher Integrität gewährleistet, was die Sachgerechtigkeit des Aufteilungsgrundsatzes bestätigt. Für erwerbsunfähige Beschädigte, die durch die Schädigungsfolgen gesundheitlich außergewöhnlich betroffen sind, sieht § 31 Abs. 5 BVG eine Schwerstbeschädigtenzulage vor. Entsprechend wird im Rahmen einer Billigkeitsentscheidung auch der Arbeitgeber für diese seltenen Ausnahmefälle einen besonderen Ausgleich vorsehen müssen.

III. Da das Landesarbeitsgericht die Berücksichtigung der Unfallrente im Rahmen der Höchstbegrenzungsklausel der Beklagten uneingeschränkt gebilligt hat, konnte das angefochtene Urteil keinen Bestand haben (§ 563 Abs. 1 ZPO). Eine Zurückverweisung war jedoch entbehrlich, soweit die Feststellungsklage zu beurteilen ist. Insoweit reichen die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts für eine abschließende Entscheidung aus (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).

Hingegen ist die Zahlungsklage noch nicht zur Entscheidung reif, weil die Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers nicht festgestellt wurde. Das wird das Landesarbeitsgericht nachholen müssen. Alsdann kann es nach den dargestellten Grundsätzen aus dem Bundesversorgungsgesetz entnehmen, in welcher Höhe eine Grundrente zu zahlen wäre. Diese ist von der Verletztenrente abzusetzen. Der verbleibende Betrag kann im Rahmen der Berechnung der Gesamtversorgung des Klägers berücksichtigt werden. Zu dieser Berechnung ist den Parteien rechtliches Gehör zu gewähren. Deshalb konnte der Senat nicht selbst abschließend entscheiden.

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