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Unterschied Freiberufler oder Gewerbetreibender

Freiberufler oder Gewerbe? Was müssen Selbständige beachten?

Es gibt viele unterschiedliche Arten von Selbstständigen und so auch zwei Begriffe, die oft verwechselt werden: Freiberufler und Gewerbetreibender. Doch was ist der eigentliche Unterschied und welche Regeln gelten für beide? In diesem Artikel lernen Sie die Unterschiede kennen und erfahren, welche Regeln und Folgen für Sie als Freiberufler oder Gewerbetreibender gelten.

Aus der Arbeitslosigkeit in die Selbständigkeit

Es gibt aktuell in der Bundesrepublik Deutschland mehr als 1,4 Millionen Menschen, die auf der freiberuflichen Art ihr Erwerbseinkommen erzielen. Die Tendenz ist dabei stark ansteigend. Wer sich mit der Thematik beschäftigt wird dabei zwangsläufig auf die Frage stoßen, was genau eine freiberufliche Tätigkeit überhaupt ausmacht und ab welchem Zeitpunkt der Mensch als Freiberufler gilt. Der Grund, warum diese Frage so enorm wichtig ist, liegt in der rechtlichen Grundlage in Deutschland zu finden. Besonders die Abgrenzung des Freiberuflers zu dem Gewerbetreibenden ist hierbei besonders wichtig, allerdings sind die Grenzen zwischen einem Freiberufler und einem Gewerbetreibenden oftmals als fließend anzusehen. Der Blick in die aktuelle Gesetzgebung in Deutschland kann diesbezüglich jedoch Abhilfe schaffen.

Das Einkommenssteuergesetz (EStG) ist grundlegend wichtig

Freiberufler oder Gewerbetreibender - Wo ist der Unterschied?
Wo liegt der Unterschied zwischen Freiberuflern und Gewerbetreibenden und was sind die daraus resultierenden Konsequenzen im Arbeitsrecht und Steuerrecht? Wir sagen es Ihnen. (Symbolfoto: goodluz/Shutterstock.com)

Ein guter erster Ansatzpunkt für die Abgrenzung zwischen einem Freiberufler und einem Gewerbetreibenden bietet der § 18 EStG. Dieser Paragraf besagt, dass der rechtliche Charakter einer freiberuflichen Tätigkeit in der selbstständigen Ausübung einer wissenschaftlichen oder schriftstellerischen bzw. künstlerischen respektive erzieherischen oder unterrichtenden Tätigkeit liegt. Es gibt diesbezüglich auch einen regelrechten Katalog an Berufen, welche als freiberufliche Tätigkeiten ausgelegt werden.

Die regelrechten Musterbeispiele für freiberufliche Tätigkeiten sind zum Beispiel: Ärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater oder Architekten.

Hierbei handelt es sich jedoch nur um eine kleine Auswahl an beruflichen Tätigkeiten, welche freiberuflicher Natur sind. Zu dieser Auswahl können auch die kulturschaffenden Berufe wie beispielsweise Schauspieler oder Fotografen nebst den technisch-wissenschaftlichen Angehörigen wie beispielsweise IT-Fachkräfte oder Dozenten gezählt werden. Der wesentliche Grundcharakter einer freiberuflichen Tätigkeit liegt in der als besonders anzusehenden beruflichen Qualifikation sowie den persönlichen Fähigkeiten und Kenntnissen der ausübenden Person, sodass die freiberufliche Tätigkeit als Dienstleistung der höheren Art angesehen wird.

Diejenige Person, welche eine freiberufliche Tätigkeit ausübt, kann keine von anderen Arbeitgebern abhängige Berufstätigkeit ausüben.

Es gibt Unterschiede im Zusammenhang mit dem Finanzamt sowie den Steuern

Die grundlegende Einordnung einer Person als Gewerbetreibender oder Freiberufler hat grundsätzlich auch Auswirkungen auf eine erforderliche Gewerbeanmeldung nebst den damit verbundenen Meldepflichten gegenüber dem Finanzamt. Wer sich für eine freiberufliche Tätigkeit entscheidet muss diesbezüglich keine Anmeldung bei dem zuständigen Gewerbeamt vornehmen und hat dementsprechend auch keinerlei Meldepflichten. Ein Gewerbetreibender hingegen muss zunächst das eigene Gewerbe bei dem Gewerbeamt anmelden. Freiberufler müssen jedoch gem. § 138 Abgabenordnung (AO) eine Anzeige der Tätigkeitsaufnahme bei dem zuständigen Finanzamt einreichen und diesbezüglich auch einen Fragebogen mit Bezug auf die steuerliche Erfassung der Einnahmen ausfüllen. Daraus resultiert letztlich auch die logische Schlussfolgerung, dass Freiberufler die Gewerbesteuer gem. § 15 EStG nicht entrichten müssen. Freiberufler entrichten jedoch gem. § 18 EStG die Einkommenssteuer auf die erzielten Einkünfte, welche sich im Verlauf der Freiberuflertätigkeit heraus ergeben.

Im Gegensatz zu Gewerbetreibenden müssen Freiberufler keinerlei Bilanzen handelsrechtlicher Natur erstellen. Gem. § 4 Abs. 3 EStG ist die simple Einnahmen-Überschuss-Rechnung für Freiberufler vollends ausreichend. Freiberufler haben diesbezüglich jedoch einen jährlichen Grundfreibetrag über 10.347 Euro zur Verfügung, welcher am 01.01.2022 so festgelegt wurde. Dieser Grundfreibetrag ist jährlich ansteigend, sodass die freiberufliche Tätigkeit unter gewissen Umständen auch gänzlich steuerfrei gestaltet werden kann.

Unter gar keinen Umständen darf die freiberufliche Tätigkeit jedoch mit der Tätigkeit eines freien Mitarbeiters verwechselt werden. Ein Freiberufler ist rechtlich betrachtet auch nicht mit einem Freelancer gleichzusetzen. Der Grund hierfür liegt in dem Umstand, dass ein Freiberufler seine Tätigkeit nicht auf der Grundlage eines Dienst- bzw. Werkvertrages ausübt, während hingegen ein freier Mitarbeiter auf der Grundlage des Werk- bzw. Dienstvertrages für einen Arbeitgeber tätig ist – ohne dass der freie Mitarbeiter den Status eines Arbeitnehmers bei einem Arbeitgeber erhält. Bei einem freien Mitarbeiter kommt es sehr stark auf den Vertrag an, welcher mit dem Arbeitgeber geschlossen wurde. Der freie Mitarbeiter kann durchaus ein Freiberufler sein, er muss es jedoch nicht zwingend.

Die nebenberufliche Freiberuflertätigkeit

Dem reinen Grundsatz nach ist es in Deutschland durchaus möglich, als Nebenberuf eine Freiberuflertätigkeit auszuüben. Bevor sich jedoch ein Arbeitnehmer zu diesem Schritt entscheidet sollten im Vorfeld sehr genaue Informationen eingeholt werden. In manchen Berufen ist es zwingend erforderlich, dass der Arbeitgeber zuvor über die Aufnahme der Freiberuflertätigkeit des Arbeitnehmers informiert wird. Der Inhalt des Arbeitsvertrages oder die rechtliche Natur der hauptberuflichen Tätigkeit sind hierbei absolut entscheidend. Schlussendlich möchte doch kein Freiberufler durch die freiberufliche Tätigkeit die hauptberufliche Tätigkeit bzw. das Arbeitsverhältnis des Hauptberufes gefährden.

Mitunter ist es zwingend erforderlich, dass der Arbeitgeber die Aufnahme der freiberuflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers genehmigt. Neben der Information / Genehmigung des Arbeitgebers ist überdies auch die Meldung an das Finanzamt zwingend erforderlich, da die freiberuflich erzielten Einnahmen natürlich der Steuerpflicht unterliegen.

Eine ganz spezielle Rechtsform exklusiv für Freiberufler

Wer sich für eine gewerbliche Tätigkeit entscheidet, der muss im Zuge der Gewerbeanmeldung auch eine Rechtsform für das Gewerbe auswählen. Seit dem Jahr 1999 gibt es diese Möglichkeit für Freiberufler ebenfalls. Freiberufler haben jedoch, im Gegensatz zu Gewerbetreibenden, nur eine sehr eingeschränkte Auswahl an Möglichkeiten bezüglich der Rechtsform. Der Gesetzgeber hat diesbezüglich die Rechtsform der Partnergesellschaft ins Leben gerufen. Diese Partnergesellschaft ist jedoch eine überaus spezialisierte Rechtsform, welche ausschließlich den Freiberuflern zur Verfügung steht. Wenn mehrere Freiberufler sich gemeinschaftlich zu der Ausübung der freiberuflichen Tätigkeit entschließen können sie eine Partnergesellschaft gründen und im Rahmen dieser Rechtsform die Tätigkeit ausüben.

Im Gegensatz zu einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ist für die Gründung einer Partnergesellschaft keinerlei Mindestkapital zwingend erforderlich.

Wenn Freiberufler gemeinschaftlich eine Partnergesellschaft gründen, haften sie dem Grundsatz nach innerhalb dieser Gesellschaft gemeinschaftlich mit dem individuellen Privatvermögen für die Verbindlichkeiten von der Partnergesellschaft. Hierbei handelt es sich jedoch ausdrücklich nicht um eine unbeschränkte Haftung. Der Gesetzgeber hat für die Partnergesellschaft festgelegt, dass die lediglich diejenigen Partner, welche mit der Auftragsbearbeitung praktisch befasst gewesen sind, für etwaige Berufsfehler haften. Für die Partnergesellschaft ist ein entsprechender Partnerschaftsvertrag erforderlich, welcher in schriftlicher Form verfasst werden muss. Die auf diese Weise gegründete Partnerschaftsgesellschaft wird anschließend auch in ein spezielles Partnerschaftsregister eingetragen.

Im Fall der Beendigung der Freiberuflertätigkeit muss eine Abmeldung auf jeden Fall erfolgen

Wenn ein freiberuflich tätiger Mensch die Freiberuflertätigkeit beenden möchte muss eine entsprechende Mitteilung an das regional zuständige Finanzamt erfolgen. Diese Abmeldung ist jedoch mittels einer formlosen Anzeige, aus welcher die Aufgabe der Freiberuflertätigkeit hervorgeht, möglich. Auf den Internetpräsenzen der Finanzämter finden sich diesbezüglich auch spezielle Vordrucke, welche für die Beendigung der Freiberuflertätigkeit verwendet werden können.

Sowohl die Tätigkeit als Gewerbetreibender als auch die Tätigkeit als Freiberufler kann für viele Menschen, die sich aus den Abhängigkeiten bzw. Zwängen eines Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnisses lösen möchten, durchaus eine gute Entscheidung sein. Nicht vergessen werden darf dabei jedoch der Umstand, dass weder ein Freiberufler noch ein Gewerbetreibender über ein kalkulierbares festes monatliches Einkommen verfügt. Dementsprechend ist der Schritt auch stets mit einem gewissen finanziellen Risiko verbunden, da der Markt gerade für Gewerbetreibende oder auch Freiberufler durchaus harte Konkurrenz bietet. Es ist daher auf jeden Fall im Vorfeld überaus entscheidend, dass die jeweilige Branche im Hinblick auf die Konkurrenzsituation sowie die Nachfrage sehr genau geprüft wird. Auch wenn der Wunsch nach der freien bzw. gewerbetreibenden Tätigkeit noch so groß und nachvollziehbar sein mag, so sollte ein objektiver Blick auf die realistische Umsetzungsmöglichkeit dieses Blicks auf jeden Fall im Vorwege erfolgen.

Hierbei sollten auch die individuellen Rahmenvoraussetzungen wie beispielsweise die finanziellen Verpflichtungen einer Person ebenfalls in den Fokus gerückt werden. Gerade dann, wenn es eine wahre Vielzahl von finanziellen Verpflichtungen gibt, lässt sich der nachvollziehbare Wunsch nach der Ausübung einer derartigen Tätigkeit überhaupt nicht oder nur sehr schwerlich umsetzen. Auch die anfänglichen Kosten für die Realisierung dieses Wunsches sollten dabei berücksichtigt werden.

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