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Unwirksame Ausübung des Direktionsrecht des Arbeitgebers bei geringwertigerer Tätigkeit

Heilpädagogin siegt vor Gericht: Versetzung auf niedrigeren Posten unzulässig! Arbeitgeber überschreitet Direktionsrecht und muss nun für die Konsequenzen aufkommen. Erfahren Sie, warum die betroffene Pädagogin Anspruch auf Weiterbeschäftigung in ihrer alten Position hat und wie das Gericht die Grenzen des Direktionsrechts klar definiert.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Die Klägerin wehrte sich gegen die Umsetzung und die Herabstufung ihrer Position durch die Beklagte.
  • Die Beklagte wollte die Klägerin von ihrer Position als Erziehungsleiterin auf eine niedrigere Stelle als Heilpädagogin versetzen.
  • Die Klägerin behauptete, dass die neue Stelle hauptsächlich Sekretariatsarbeiten umfasste und nicht ihrem ursprünglichen Tätigkeitsbereich entsprach.
  • Die Beklagte hatte die Klägerin nicht ordnungsgemäß über die Änderungen und deren Auswirkungen informiert.
  • Das Gericht stellte fest, dass die Ausübung des Direktionsrechts durch die Beklagte unwirksam war.
  • Die Beklagte wurde verpflichtet, die Klägerin wieder als Erziehungsleiterin zu beschäftigen.
  • Die Herabstufung der Klägerin führte zu erheblichen finanziellen Einbußen und zusätzlichen Kosten, die von der Beklagten zu erstatten sind.
  • Das Gericht entschied, dass die Beklagte die Klägerin ordnungsgemäß hätte informieren und beteiligen müssen.
  • Die Entscheidung des Gerichts stärkt die Rechte von Arbeitnehmern gegen willkürliche Versetzungen und Herabstufungen.
  • Die Klägerin hat Anspruch auf Differenzvergütung, Fahrtkostenerstattung und Parkgebühren.

Direktionsrecht des Arbeitgebers: Grenzen beim Einsatz zu minderwertiger Tätigkeiten

Im Arbeitsverhältnis hat der Arbeitgeber das Recht, seinem Arbeitnehmer Anweisungen zu erteilen und dessen Tätigkeit zu lenken. Dieses Recht, auch Direktionsrecht genannt, hat jedoch seine Grenzen. So kann es vorkommen, dass Anweisungen, die der Arbeitgeber erteilt, unwirksam sind, weil sie den Rahmen des Arbeitsvertrages oder gesetzliche Vorgaben überschreiten.

Ein Fall, der immer wieder für Fragen sorgt, betrifft die Ausübung des Direktionsrechts bei geringwertigeren Tätigkeiten. Hier stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechts den Arbeitnehmer auch zu Aufgaben verpflichten kann, die deutlich von den ursprünglich vereinbarten Tätigkeiten abweichen und deutlich geringwertiger sind. Die Rechtsprechung zeigt, dass hier ein Abwägungsprozess zwischen den Interessen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers stattfindet.

Im Folgenden wollen wir einen konkreten Fall näher beleuchten, um diese Thematik im Detail zu untersuchen und die juristischen Aspekte besser zu verstehen.

Ihr Direktionsrecht – unsere Expertise

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Der Fall vor Gericht


Arbeitgeber scheitert mit Versetzung einer Heilpädagogin

Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat entschieden, dass die Versetzung einer Heilpädagogin von ihrer bisherigen Stelle als Erziehungsleiterin auf eine neu geschaffene Stabsstelle unwirksam war. Der Arbeitgeber hatte dabei sein Direktionsrecht überschritten.

Hintergrund des Rechtsstreits

Die Klägerin war seit 2001 als Heilpädagogin bei der beklagten Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe beschäftigt. Zuletzt arbeitete sie als Erziehungsleiterin in N. und wurde nach Entgeltgruppe 11 AVR vergütet. Im September 2020 versetzte der Arbeitgeber die Klägerin auf eine neu geschaffene Stabsstelle am Standort S. mit geringerwertigen Aufgaben und niedrigerer Vergütung nach Entgeltgruppe 10 AVR.

Grenzen des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts

Das Gericht stellte klar, dass das Direktionsrecht des Arbeitgebers durch den Arbeitsvertrag begrenzt wird. Zwar enthielt dieser nur die allgemeine Tätigkeitsbezeichnung „Heilpädagogin“, legte aber auch die Vergütungsgruppe fest. Daraus folgt, dass der Arbeitgeber der Klägerin nur gleichwertige Tätigkeiten zuweisen durfte, die den Merkmalen dieser Vergütungsgruppe entsprachen. Die neue Stelle in S. erfüllte diese Voraussetzungen nicht.

Keine Zuweisung geringwertiger Tätigkeiten

Das LAG betonte, dass eine deutliche Verkleinerung des Aufgaben- und Verantwortungsbereichs oder eine hierarchische Herabstufung in der Regel eine unzulässige Zuweisung geringwertiger Tätigkeiten darstellt. Auch der Entzug einer Vorgesetztenfunktion kann zu einer geringwertigeren Tätigkeit führen. Genau dies war hier der Fall: Die neue Stelle war mit Verlust der Führungs- und Personalverantwortung sowie einer geringeren Vergütung verbunden.

Folgen der unwirksamen Versetzung

Da die Versetzung unwirksam war, hat die Klägerin Anspruch auf:

  • Weiterbeschäftigung als Erziehungsleiterin am bisherigen Standort
  • Nachzahlung der Differenzvergütung
  • Erstattung zusätzlicher Fahrt- und Parkkosten

Das Gericht bestätigte damit im Wesentlichen das Urteil der Vorinstanz. Der Arbeitgeber hätte eine solche Änderung nur durch eine Änderungskündigung durchsetzen können.

Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil verdeutlicht die engen Grenzen des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts bei der Zuweisung neuer Tätigkeiten. Eine Versetzung auf eine geringerwertige Position mit reduziertem Verantwortungsbereich und niedrigerer Vergütung ist ohne Änderungskündigung unzulässig, selbst wenn der Arbeitsvertrag nur eine allgemeine Tätigkeitsbezeichnung enthält. Entscheidend ist die vertraglich vereinbarte Vergütungsgruppe, die den Rahmen für zulässige Weisungen setzt. Diese Entscheidung stärkt den Bestandsschutz von Arbeitnehmern gegen einseitige Verschlechterungen ihrer Arbeitsbedingungen.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Dieses Urteil stärkt die Rechte von Arbeitnehmern gegenüber einseitigen Versetzungen durch den Arbeitgeber erheblich. Wenn Sie einen Arbeitsvertrag mit einer allgemeinen Tätigkeitsbeschreibung und einer festgelegten Vergütungsgruppe haben, kann Ihr Arbeitgeber Sie nicht ohne Weiteres auf eine geringerwertige Position versetzen – selbst wenn er Ihnen das gleiche Gehalt weiterzahlt. Eine deutliche Verkleinerung Ihres Aufgaben- und Verantwortungsbereichs oder der Verlust von Führungsaufgaben ist in der Regel nicht vom Direktionsrecht gedeckt. In solchen Fällen haben Sie das Recht, die Versetzung abzulehnen und Ihre bisherige Position zu behalten. Sollte Ihr Arbeitgeber dennoch eine solche Versetzung durchführen, können Sie dagegen vorgehen und Anspruch auf Weiterbeschäftigung in Ihrer ursprünglichen Position sowie Erstattung zusätzlicher Kosten geltend machen.


FAQ – Häufige Fragen

Grenzen des Direktionsrechts des Arbeitgebers – ein Thema, das für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von großem Interesse ist. Unsere FAQ-Rubrik bietet Ihnen wertvolle Informationen und Klarheit zu den Rechten und Pflichten von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Hier finden Sie Antworten auf häufig gestellte Fragen und wichtige Hinweise, die Ihnen helfen, Ihre Rechte und Pflichten im Arbeitsverhältnis besser zu verstehen.


Was bedeutet das Direktionsrecht des Arbeitgebers und welche Grenzen hat es?

Das Direktionsrecht ermöglicht es Arbeitgebern, die Rahmenbedingungen der Arbeitsleistung ihrer Beschäftigten näher zu bestimmen. Es ist in § 106 der Gewerbeordnung sowie § 315 des Bürgerlichen Gesetzbuchs verankert und erlaubt dem Arbeitgeber, Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen festzulegen.

Arbeitgeber dürfen beispielsweise Arbeitszeiten und -orte anpassen, solange dies im Rahmen des Arbeitsvertrags bleibt. So kann ein Vorgesetzter Schichtpläne erstellen oder einen Mitarbeiter vorübergehend in einer anderen Filiale einsetzen. Auch Verhaltensregeln am Arbeitsplatz, wie ein Rauchverbot, können über das Direktionsrecht vorgegeben werden.

Die Grenzen des Weisungsrechts ergeben sich aus verschiedenen Faktoren. An erster Stelle steht der Arbeitsvertrag selbst. Ist dort eine bestimmte Tätigkeit oder ein fester Arbeitsort vereinbart, kann der Arbeitgeber nicht einseitig davon abweichen. Ebenso setzen Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen und gesetzliche Vorschriften dem Direktionsrecht Schranken.

Der Arbeitgeber muss bei der Ausübung des Direktionsrechts stets die Interessen des Arbeitnehmers berücksichtigen. Dies ergibt sich aus dem Gebot des „billigen Ermessens“. Eine Versetzung, die für den Arbeitnehmer unzumutbar wäre, etwa wegen langer Anfahrtswege oder familiärer Verpflichtungen, ist daher in der Regel nicht zulässig.

Grundrechte der Arbeitnehmer begrenzen das Weisungsrecht ebenfalls. So darf der Arbeitgeber nicht in die Privatsphäre eingreifen oder die Religionsausübung untersagen. Auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht und die Menschenwürde sind zu respektieren. Eine Anweisung, die gezielt zur Zermürbung oder Diskriminierung eines Mitarbeiters dient, wäre demnach rechtswidrig.

Ein wichtiger Aspekt ist die Zuweisung von Tätigkeiten. Der Arbeitgeber darf dem Arbeitnehmer grundsätzlich keine geringerwertige Arbeit zuweisen. Dies hat das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz in einem Urteil vom 17.11.2021 (Az.: II-9 UF 76/23) bestätigt. Eine solche Anweisung würde das Direktionsrecht überschreiten und wäre unwirksam.

Für die praktische Anwendung des Direktionsrechts ist es ratsam, stets eine sorgfältige Interessenabwägung vorzunehmen. Arbeitgeber sollten prüfen, ob ihre Anweisung durch betriebliche Erfordernisse gerechtfertigt ist und die Belange des Arbeitnehmers angemessen berücksichtigt. Im Zweifelsfall empfiehlt sich eine offene Kommunikation, um einvernehmliche Lösungen zu finden.

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Kann der Arbeitgeber mich zu geringwertigeren Aufgaben zwingen, die nicht meinem ursprünglichen Arbeitsvertrag entsprechen?

Das Direktionsrecht des Arbeitgebers erlaubt es diesem grundsätzlich, die Arbeitsbedingungen seiner Mitarbeiter einseitig näher zu gestalten. Dieses Recht ist jedoch nicht unbegrenzt und findet seine Schranken im Arbeitsvertrag, in Gesetzen, Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen.

Bei der Zuweisung von Aufgaben muss der Arbeitgeber stets das sogenannte „billige Ermessen“ beachten. Dies bedeutet, dass die Interessen des Arbeitnehmers angemessen berücksichtigt werden müssen. Eine Versetzung auf einen Arbeitsplatz mit einer geringwertigeren Tätigkeit ist in der Regel nicht vom Weisungsrecht des Arbeitgebers gedeckt.

Die Zuweisung von Aufgaben, die deutlich unter dem Qualifikationsniveau des Arbeitnehmers liegen, kann als eine Form der Herabstufung betrachtet werden. Eine solche Maßnahme ist nur in Ausnahmefällen zulässig, etwa wenn betriebliche Gründe dies zwingend erfordern und keine andere Möglichkeit besteht, den Arbeitnehmer zu beschäftigen.

Arbeitnehmer sind nicht verpflichtet, dauerhaft Tätigkeiten zu verrichten, die ihrer Qualifikation und vereinbarten Vergütung nicht entsprechen. Eine vorübergehende Zuweisung geringwertigerer Aufgaben kann jedoch in bestimmten Situationen gerechtfertigt sein, beispielsweise bei vorübergehenden betrieblichen Engpässen oder in Notfällen.

Wenn ein Arbeitgeber versucht, einem Arbeitnehmer dauerhaft geringwertigere Aufgaben zuzuweisen, die nicht dem ursprünglichen Arbeitsvertrag entsprechen, kann dies als Änderungskündigung betrachtet werden. In diesem Fall muss der Arbeitgeber die üblichen Kündigungsschutzbestimmungen beachten und die Änderung begründen.

Arbeitnehmer, die sich mit einer solchen Situation konfrontiert sehen, sollten zunächst das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen und ihre Bedenken äußern. Führt dies nicht zum gewünschten Ergebnis, kann es ratsam sein, rechtlichen Beistand in Anspruch zu nehmen. In vielen Fällen empfiehlt es sich, die zugewiesenen Aufgaben zunächst unter Vorbehalt auszuführen und gleichzeitig rechtliche Schritte einzuleiten, um die Rechtmäßigkeit der Anweisung überprüfen zu lassen.

Es ist wichtig zu beachten, dass jeder Fall individuell betrachtet werden muss. Die Zulässigkeit einer Zuweisung geringwertigerer Aufgaben hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie der konkreten Vertragsgestaltung, der Dauer der Maßnahme und den betrieblichen Umständen. Arbeitsgerichte berücksichtigen bei ihrer Entscheidung alle relevanten Umstände des Einzelfalls.

Arbeitnehmer sollten sich bewusst sein, dass eine unbegründete Verweigerung von Arbeitsanweisungen arbeitsrechtliche Konsequenzen haben kann. Im Zweifelsfall ist es ratsam, sich von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten zu lassen, um die eigenen Rechte zu wahren und angemessen auf unzulässige Anweisungen des Arbeitgebers reagieren zu können.

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Welche rechtlichen Schritte kann ich unternehmen, wenn ich der Meinung bin, dass mein Arbeitgeber sein Direktionsrecht überschreitet?

Bei einer vermuteten Überschreitung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber stehen Arbeitnehmern verschiedene rechtliche Schritte zur Verfügung. Zunächst sollten sie das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen und ihre Bedenken äußern. Dabei empfiehlt es sich, die Gründe für die Ablehnung der Weisung sachlich darzulegen.

Führt dies nicht zum Erfolg, können Arbeitnehmer eine Feststellungsklage beim Arbeitsgericht einreichen. Mit dieser kann die Unwirksamkeit der Weisung gerichtlich überprüft werden. Eine solche Klage ist an keine Frist gebunden, das Recht kann jedoch verwirken.

In dringenden Fällen besteht die Möglichkeit, eine einstweilige Verfügung zu beantragen. Dies kommt allerdings nur bei einem deutlich gesteigerten Abwehrinteresse in Betracht, etwa bei Gesundheitsgefahren oder schweren Gewissenskonflikten.

Arbeitnehmer sollten Beweise sammeln, die zeigen, dass die Weisung unbillig ist. Dazu gehören Dokumentationen von Gesundheitsrisiken, möglichen Schädigungen des beruflichen Ansehens oder kollidierenden familiären Verpflichtungen. Diese Nachweise können die Position des Arbeitnehmers stärken.

Weigert sich ein Arbeitnehmer, einer Weisung Folge zu leisten, muss er im Streitfall darlegen und beweisen, dass er die Arbeitsleistung zu Recht verweigert hat. Dies gilt insbesondere, wenn der Arbeitgeber die Vergütung einstellt.

Bei Abmahnungen oder Kündigungen aufgrund der Weigerung liegt die Beweislast hingegen beim Arbeitgeber. Er muss nachweisen, dass er ein Direktionsrecht hatte und dieses unter Wahrung des billigen Ermessens ausgeübt hat.

Arbeitnehmer sollten beachten, dass sie grundsätzlich verpflichtet sind, auch einer möglicherweise unbilligen Weisung zunächst Folge zu leisten. Eine Ausnahme besteht nur bei offensichtlich rechtswidrigen oder unzumutbaren Anweisungen.

Der Betriebsrat kann in solchen Fällen eine wichtige Unterstützung sein. Er hat Mitbestimmungsrechte bei Versetzungen und kann zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vermitteln.

Bei der rechtlichen Beurteilung spielt auch der Arbeitsvertrag eine zentrale Rolle. Enthält dieser konkrete Vereinbarungen zu Arbeitsort oder -inhalt, schränkt dies das Direktionsrecht des Arbeitgebers ein. Eine Versetzung auf einen geringwertigeren Arbeitsplatz ist in der Regel nicht vom Direktionsrecht gedeckt.

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Was sind meine Rechte, wenn mein Arbeitgeber meine Aufgaben erheblich ändert?

Das Direktionsrecht des Arbeitgebers ermöglicht es diesem grundsätzlich, Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher zu bestimmen. Dieses Recht ist jedoch durch den Arbeitsvertrag, Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen und gesetzliche Vorschriften begrenzt.

Bei erheblichen Änderungen der Arbeitsaufgaben ist entscheidend, ob diese noch vom Arbeitsvertrag gedeckt sind. Ist im Vertrag eine konkrete Tätigkeit festgelegt, darf der Arbeitgeber nur innerhalb dieses Rahmens Aufgaben zuweisen. Bei allgemeineren Tätigkeitsbeschreibungen hat er mehr Spielraum.

Eine erhebliche Änderung liegt vor, wenn sich das gesamte Bild der Tätigkeit so verändert, dass sie aus Sicht eines objektiven Beobachters als „andere“ Tätigkeit erscheint. Dies kann sich aus dem Wechsel der Arbeitsaufgaben, der damit verbundenen Verantwortung, des Arbeitsortes oder der Art der Tätigkeit ergeben.

Arbeitnehmer müssen einer erheblichen Änderung, die nicht vom Direktionsrecht gedeckt ist, nicht zustimmen. Der Arbeitgeber kann in solchen Fällen nur im Wege einer Änderungskündigung vorgehen. Dabei wird das bestehende Arbeitsverhältnis gekündigt und gleichzeitig die Fortsetzung zu geänderten Bedingungen angeboten.

Bei der Ausübung des Direktionsrechts muss der Arbeitgeber die Interessen des Arbeitnehmers angemessen berücksichtigen. Eine Versetzung darf nicht willkürlich erfolgen. Persönliche Umstände wie familiäre Verpflichtungen sind zu beachten, sofern keine zwingenden betrieblichen Gründe entgegenstehen.

Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat in einem Urteil vom 17.11.2021 (Az.: II-9 UF 76/23) klargestellt, dass die Zuweisung einer geringwertigeren Tätigkeit eine unwirksame Ausübung des Direktionsrechts darstellt. Arbeitnehmer müssen also keine Tätigkeiten akzeptieren, die unter ihrem bisherigen Niveau liegen.

Arbeitnehmer haben verschiedene Möglichkeiten, sich gegen unzulässige Änderungen zu wehren. Sie können die Ausführung der neuen Tätigkeit unter Vorbehalt akzeptieren und gleichzeitig gerichtlich dagegen vorgehen. In dringenden Fällen ist auch ein Antrag auf einstweilige Verfügung möglich, um die Versetzung vorläufig zu stoppen.

Es empfiehlt sich, bei Zweifeln an der Rechtmäßigkeit einer Versetzung oder Aufgabenänderung rechtlichen Rat einzuholen. Gewerkschaften oder spezialisierte Anwälte können die individuelle Situation prüfen und die besten Handlungsoptionen aufzeigen.

Arbeitnehmer sollten bedenken, dass eine Verweigerung der zugewiesenen Tätigkeit riskant sein kann. Stellt sich die Anweisung als rechtmäßig heraus, drohen arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung. Eine sorgfältige Prüfung und Abwägung ist daher unerlässlich.

Bei Unternehmen mit Betriebsrat hat dieser ein Mitbestimmungsrecht bei Versetzungen. Arbeitnehmer können sich an den Betriebsrat wenden, der ihre Interessen gegenüber dem Arbeitgeber vertritt und eine geplante Versetzung prüfen und gegebenenfalls ablehnen kann.

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Kann mein Arbeitgeber mich ohne mein Einverständnis an einen anderen Standort versetzen?

Die Versetzung eines Arbeitnehmers an einen anderen Standort ohne dessen Einverständnis ist grundsätzlich möglich, unterliegt jedoch bestimmten rechtlichen Voraussetzungen und Grenzen.

Das Weisungsrecht des Arbeitgebers nach § 106 Gewerbeordnung erlaubt es ihm, den Arbeitsort einseitig zu bestimmen. Dieses Recht ist jedoch durch den Arbeitsvertrag, Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen und gesetzliche Vorschriften eingeschränkt.

Eine Versetzung muss nach billigem Ermessen erfolgen und die Interessen des Arbeitnehmers angemessen berücksichtigen. Der Arbeitgeber muss sachliche Gründe für die Versetzung haben und darf nicht willkürlich handeln. Dabei sind persönliche Umstände des Arbeitnehmers wie familiäre Verpflichtungen oder gesundheitliche Einschränkungen zu beachten.

Entscheidend ist auch der Inhalt des Arbeitsvertrags. Enthält dieser eine Versetzungsklausel oder ist der Arbeitsort nicht fest vereinbart, hat der Arbeitgeber größeren Spielraum. Bei einem vertraglich festgelegten Arbeitsort sind die Möglichkeiten zur einseitigen Versetzung hingegen stark eingeschränkt.

Die Zumutbarkeit der Versetzung spielt eine wichtige Rolle. Ein Umzug oder deutlich längerer Arbeitsweg können unzumutbar sein. Auch darf die neue Tätigkeit nicht geringwertiger sein als die bisherige. Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz entschied am 17.11.2021 (Az. II-9 UF 76/23), dass die Zuweisung einer geringwertigeren Tätigkeit eine unwirksame Ausübung des Direktionsrechts darstellt.

Bei einer Versetzung für mehr als einen Monat oder mit erheblicher Änderung der Arbeitsumstände hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht. Ohne dessen Zustimmung ist die Versetzung in der Regel unwirksam.

Hält ein Arbeitnehmer eine Versetzung für rechtswidrig, muss er sie nicht befolgen. Dies birgt jedoch das Risiko arbeitsrechtlicher Konsequenzen. Es empfiehlt sich, die Arbeit unter Vorbehalt aufzunehmen und rechtlichen Rat einzuholen. Eine gerichtliche Überprüfung der Versetzung ist möglich.

Ist eine Versetzung vom Weisungsrecht nicht gedeckt, kann der Arbeitgeber sie nur durch eine Änderungskündigung durchsetzen. Diese unterliegt den üblichen Kündigungsschutzvorschriften.

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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Direktionsrecht: Das Direktionsrecht ist das Recht des Arbeitgebers, Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nach billigem Ermessen festzulegen, solange diese Bedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, eine Betriebsvereinbarung, einen Tarifvertrag oder gesetzliche Bestimmungen festgelegt sind. Es erlaubt dem Arbeitgeber, Anweisungen zu erteilen, muss aber stets im Einklang mit dem Arbeitsvertrag und den Grundsätzen des billigen Ermessens stehen.
  • Änderungskündigung: Eine Änderungskündigung ist eine Kündigung des bestehenden Arbeitsverhältnisses, verbunden mit dem Angebot, das Arbeitsverhältnis zu geänderten Bedingungen fortzusetzen. Der Arbeitgeber kann sie nutzen, um Arbeitsbedingungen zu ändern, wenn dies nicht einvernehmlich mit dem Arbeitnehmer vereinbart werden kann. Der Arbeitnehmer kann das Angebot annehmen oder ablehnen und im letzteren Fall gegen die Kündigung klagen.
  • Geringwertigere Tätigkeit: Eine geringwertigere Tätigkeit liegt vor, wenn die neuen Aufgaben des Arbeitnehmers unterhalb seines bisherigen Qualifikationsniveaus liegen und/oder mit einer niedrigeren Vergütung einhergehen. Dies kann eine Herabstufung in der Hierarchie oder den Verlust von Verantwortungsbereichen bedeuten. Ein solcher Wechsel muss in der Regel durch eine Änderungskündigung erfolgen, da er die vertraglich vereinbarten Arbeitsbedingungen erheblich ändert.
  • Vergütungsgruppe: Die Vergütungsgruppe ist eine Kategorie, die im Tarifvertrag oder in betrieblichen Regelungen festlegt, wie viel ein Arbeitnehmer für bestimmte Tätigkeiten verdienen soll. Sie berücksichtigt die Anforderungen und Verantwortungen der jeweiligen Position. Ein Wechsel in eine niedrigere Vergütungsgruppe kann nur unter bestimmten Voraussetzungen erfolgen, z.B. durch eine Änderungskündigung.
  • Billiges Ermessen: Das Prinzip des billigen Ermessens verlangt, dass der Arbeitgeber bei der Ausübung seines Direktionsrechts eine angemessene und faire Abwägung der Interessen beider Parteien vornimmt. Entscheidungen dürfen nicht willkürlich oder unangemessen sein. Bei Streitigkeiten prüft das Gericht, ob der Arbeitgeber das Direktionsrecht im Rahmen des billigen Ermessens ausgeübt hat.
  • Unwirksamkeit der Versetzung: Eine Versetzung ist unwirksam, wenn sie nicht den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen entspricht oder gegen gesetzliche Bestimmungen verstößt. Dies kann der Fall sein, wenn die neue Tätigkeit deutlich geringwertiger ist oder der Arbeitgeber das Direktionsrecht überschreitet. In solchen Fällen hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Weiterbeschäftigung in seiner ursprünglichen Position und eventuell Schadensersatzansprüche.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 106 Gewerbeordnung (GewO): Dieser Paragraph regelt das Direktionsrecht des Arbeitgebers. Er besagt, dass der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen kann, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Im vorliegenden Fall hat der Arbeitgeber versucht, dieses Recht auszuüben, indem er die Klägerin auf eine andere Stelle versetzt hat. Das Gericht prüfte jedoch, ob die Ausübung des Direktionsrechts im Einklang mit den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen stand.
  • § 611 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Dieser Paragraph definiert den Arbeitsvertrag als einen Vertrag, durch den sich der Arbeitnehmer zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet. Die Leistungspflicht des Arbeitnehmers wird durch den Arbeitsvertrag konkretisiert, der die Art der Tätigkeit und die Vergütung festlegt. Im vorliegenden Fall war die Klägerin als Heilpädagogin eingestellt und hatte eine bestimmte Vergütungsgruppe. Das Gericht prüfte, ob die neue Tätigkeit den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen entsprach.
  • § 3 Entgeltgruppe 10 und 11 der Arbeitsvertragsrichtlinien der Diakonie Deutschland (AVR): Diese Regelungen definieren die Anforderungen und die Vergütung für verschiedene Tätigkeiten in diakonischen Einrichtungen. Im vorliegenden Fall wurde die Klägerin von einer Stelle der Entgeltgruppe 11 auf eine Stelle der Entgeltgruppe 10 versetzt, die mit einer geringeren Vergütung verbunden war. Das Gericht prüfte, ob diese Versetzung eine unzulässige Herabgruppierung darstellte.
  • § 12 Kündigungsschutzgesetz (KSchG): Dieses Gesetz regelt die Voraussetzungen für eine wirksame Kündigung. Eine Änderungskündigung ist eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses, verbunden mit dem Angebot, das Arbeitsverhältnis zu geänderten Bedingungen fortzusetzen. Im vorliegenden Fall hätte der Arbeitgeber eine Änderungskündigung aussprechen müssen, um die Klägerin auf eine andere Stelle mit geringerer Vergütung zu versetzen.
  • Art. 12 der EU-Grundrechtecharta: Dieser Artikel garantiert das Recht auf freie Berufswahl und das Recht, zu arbeiten. Die Versetzung auf eine andere Stelle kann dieses Recht beeinträchtigen, wenn sie eine erhebliche Verschlechterung der Arbeitsbedingungen mit sich bringt. Im vorliegenden Fall prüfte das Gericht, ob die Versetzung der Klägerin eine solche Verschlechterung darstellte und damit gegen ihr Grundrecht auf freie Berufswahl verstieß.

Das vorliegende Urteil

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz – Az.: 7 Sa 169/21 – Urteil vom 17.11.2021

Lesen Sie hier das Urteil…

 

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 22. Februar 2021, Az.: 2 Ca 1581/20, wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Ausübung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts und die vertragsgerechte Beschäftigung der Klägerin sowie über Differenzvergütungs- und Schadensersatzansprüche aufgrund unwirksamer Ausübung des Direktionsrechts.

Die Beklagte befasst sich unter anderem mit der Erbringung von Dienstleistungen im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe. Diese erbringt sie im Auftrag öffentlicher Träger, insbesondere von Gebietskörperschaften. Konkrete Aufträge werden dabei regelmäßig vor allem von den zuständigen Jugendämtern erteilt. Dabei hält sie Gruppeneinrichtungen vor, die es den Jugendämtern ermöglichen, auffällig gewordene bzw. hilfsbedürftige Kinder und Jugendliche im Wege der Gruppentherapie zu betreuen und erforderlichenfalls zu behandeln.

Die 1961 geborene, alleinstehende Klägerin, die keine Unterhaltspflichten hat, ist seit 1. Januar 2001 auf Grundlage eines „Dienstvertrags“ vom 30. November 2000 für die Beklagte tätig.

Vor Begründung des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten war die Klägerin seit dem 1. Oktober 1998 als Erziehungsleiterin auf derselben Stelle beim vorherigen Träger beschäftigt.

In dem „Dienstvertrag“ vom 30. November 2000, wegen dessen Inhalts im Übrigen auf Bl. 9 f. d. A. Bezug genommen wird, heißt es auszugsweise:

„§ 1

Frau A. tritt ab: 01.01.2001

als Heilpädagogin in den Dienst der E. D. S.

Das Dienstverhältnis ist unbefristet.

§ 2

Für das Dienstverhältnis gelten die Bestimmungen des BAT (kommunal) entsprechend dem Gesetz über die Anwendung des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) und des Bundesmanteltarifvertrages für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe – BMT-G II im Bereich der Evangelischen Kirche vom 28. Nov. 1980 unter besonderen Hinweis auf den § 5 dieses Gesetzes, soweit nachstehender Vertrag nichts anderes bestimmt (das Gesetz ist in der Anlage beigefügt).

§ 3

Die Vergütung der Mitarbeiterin erfolgt nach BAT ( VKA ) Vergütungsgruppe IVa.

Bis auf weiteres wird eine wöchentliche Arbeitszeit von 38,5/38,5 Stunden vereinbart.“

Mit Änderung zum Dienstvertrag vom 11. September 2007 (Bl. 17 d. A.) vereinbarten die Parteien die Anwendung der „AVR-DW-EKD in der jeweils gültigen Fassung mit Wirkung zum 01.01.2008 als Vertragsgrundlage“ ab 1. Januar 2008.

Es existiert eine Stellenbeschreibung „Erziehungsleitung“ vom 11. September 2007 (Bl. 11 ff. d. A.), in der die Klägerin als Stelleninhaberin aufgeführt wird. Die Klägerin ist außerdem als „Erziehungsleitung NW“ in einem Organigramm vom 11. Februar 2019 aufgeführt. Sie leitete am Standort N. W. die dort vorhandenen Trägergruppen und Jugendlichen-Wohngemeinschaften.

Bis 31. Juli 2019 wurde die Klägerin nach Entgeltgruppe 11 (Erfahrungsstufe 2) der Arbeitsvertragsrichtlinien für Einrichtungen, die der Diakonie Deutschland angeschlossen sind (im Folgenden: AVR), bezahlt. Sie erhielt damit pro Monat 5.541,38 € brutto.

Mit Schreiben vom 11. Juni 2019 mit dem Betreff „Umsetzung“ entzog die Beklagte der Klägerin die Erziehungsleiterstelle, beschäftigte sie ab dem 1. August 2019 in K. und vergütete sie ab diesem Zeitpunkt nach der Entgeltgruppe 9 (Erfahrungsstufe 2) der AVR. Im Rahmen der hiergegen gerichteten Klage beim Arbeitsgericht Ludwigshafen unter dem Az.: 4 Ca 1077/19 wurde mit Urteil vom 22. September 2020 festgestellt, dass die Ausübung des Direktionsrechts der Beklagten mit Schreiben vom 11. Juni 2019 unwirksam war. Weiterhin wurde die Beklagte verpflichtet, die Klägerin als Erziehungsleiterin in N. mit Tätigkeiten gemäß der Stellenbeschreibung Erziehungsleiter vom 11. September 2007 zu beschäftigen. Die Beklagte wurde weiter verurteilt, für die geltend gemachten Zeiträume ab August 2019 bis einschließlich März 2020 weitere Arbeitsvergütung, Jahressonderzahlung, Fahrtkosten und Parkgebühren zu zahlen.

Ab 1. Juli 2020 beträgt die Vergütung nach der Entgeltgruppe E 11 (Erfahrungsstufe 2) aufgrund einer Tariferhöhung 5.841,86 € brutto.

Der Klägerin wurden für Juli 2020 tatsächlich gemäß der Entgeltgruppe 9 (Erfahrungsstufe 2) 4.526,27 € brutto gezahlt (Gehaltsmitteilung für Juli 2020 Bl. 66 d. A.). Die Klägerin fuhr an 12 Tagen mit ihrem Pkw 77 km nach K. und zahlte Parkgebühren in Höhe von 36,00 €.

Im August 2020 arbeitete die Klägerin an einem Tag in K. und zahlte 3,00 € Parkgebühren.

Mit weiterem Schreiben vom 14. September 2020 (Bl. 39 d. A.) hat die Beklagte erneut ihr Direktionsrecht ausgeübt und die Klägerin nunmehr nach S. „umgesetzt“. Das Schreiben lautet wie folgt:

„Umsetzung

Sehr geehrte Frau A.,

Sie sind bei uns laut Arbeitsvertrag als Heilpädagogin angestellt. Wir hatten Sie bisher kraft unseres Direktionsrechts nach § 106 S. 1 GewO im Bereich der Jugendhilfe in N. eingesetzt und zuletzt als Heilpädagogin mit dem Aufgabengebiet am Arbeitsplatz in K. Zur verbesserten Ausrichtung der Jugendhilfe in N. und K. haben wir uns nun entschlossen, unser Direktionsrecht nochmals neu auszuüben. Ab dem 15.09.2020 haben wir für Sie den Wechsel nach S. vorgesehen. Ihr Ansprechpartner und Vorgesetzter dort ist Frau C. V., Leitung Kinder- und Jugendhilfe. Treten Sie bitte Ihren Dienst am 15.09.2020 in S. an (…).

Wir sind uns sicher, dass Sie an diesem Arbeitsplatz Ihre Fähigkeiten und Kompetenzen sehr effektiv einsetzen können.

Die MAV wurde über die beabsichtigte Umsetzung informiert und um Ausübung ihres Mitbestimmungsrechts nach MVG gebeten. Die MAV hat Ihrer Umsetzung zugestimmt.

Entsprechend Ihrer Anstellung als Heilpädagogin mit dem Aufgabengebiet am Arbeitsplatz in S. und Anlage 1 AVR DD sind Sie weiterhin in der Entgeltgruppe 9 (Fallgruppe A.1 a/b) eingruppiert.“

Seit dem 15. September 2020 erbringt die Klägerin die ihr zugewiesene Tätigkeit in S. Im September 2020 fuhr die Klägerin an 10 Tagen nach K. sowie an 11 Arbeitstagen nach S. (50 km). In K. sind Parkkosten von 27,00 € entstanden.

Wegen des Inhalts der ab dem 5. Oktober 2020 gültigen Stellenbeschreibung „Übergeordnete Aufgaben im Fachbereich Kinder- und Jugendhilfe – Projektmanagement“ wird auf Bl. 104 ff. d. A. Bezug genommen.

Mit Datum vom 9. Oktober 2020 (Bl. 103 ff. d. A.) teilte die Beklagte der Klägerin unter dem Betreff „Unser Schreiben vom 14.09.2020, Umsetzung Neue Entgeltgruppe“, Folgendes mit:

„Sehr geehrte Frau A.,

Bezug nehmend auf das o. g. Schreiben vom 14.09.2020 zur Umsetzung auf die Stelle in unmittelbarer Angliederung an die Leitung der Kinder- und Jugendhilfe in S. mit den zugeordneten Projektaufgaben (Praktikant/innenmanagement, Projektmanagement, Bibliothekswesen) haben wir Ihnen mitgeteilt, dass Sie weiterhin in der Entgeltgruppe 9 (Fallgruppe 4.1.a/b) AVR DD eingruppiert sind.

Die Vergütungsgruppe wurde der Mitarbeitervertretung in der Vorlage zur Ausübung ihres Mitbestimmungsrechts gemäß § 42 f MVG für die Umsetzung auf die jetzige Stelle mit Vorlage vom 11.09.2020 mitgeteilt.

Die nunmehr von lhnen direkt in unmittelbarer Angliederung an die Leitung der Kinder- und Jugendhilfe wahrgenommene Stelle sehen wir nach weiterer Prüfung als eine Stelle an, bei der Aufgaben wahrgenommen werden, die der Entgeltgruppe 10 AVR DD (EG 10 A.a) AVR DD) entsprechen. Aufgrund dieser Neubewertung sind Sie ab dem 15.09.2020 in dieser Entgeltgruppe eingruppiert.

Diese neue Eingruppierung von lhnen auf der derzeit wahrgenommenen Stelle haben wir auch bereits der Mitarbeitervertretung schriftlich mitgeteilt.

Für September 2020 zahlte die Beklagte der Klägerin mit der Abrechnung für Oktober 2020 329,74 € brutto Vergütungsdifferenz nach.

Für Oktober 2020 zahlte die Beklagte an die Klägerin gemäß der Entgeltgruppe 10 (Erfahrungsstufe 3) 5.144,53 € brutto. Im diesem Monat fuhr die Klägerin an 19 Arbeitstagen von N. nach S. Außerdem entstanden Parkgebühren in Höhe von 5,00 €.

Mit ihrer am 19. Oktober 2020 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage vom 14. Oktober 2020, die sie mit am 11. November 2020 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag erweitert hat, wendet sich die Klägerin gegen die Ausübung des Direktionsrechts vom 14. September 2020 und verfolgt Restvergütungsansprüche sowie Ansprüche auf Ersatz der Fahrkosten und Parkgebühren.

Die Klägerin hat vorgetragen, die streitgegenständliche Maßnahme sei nicht vom Direktionsrecht der Beklagten gedeckt. Der Arbeitsvertrag vom 30. November 2000 enthalte als Tätigkeitsbeschreibung zwar nur die Bezeichnung „Heilpädagogin“, sie sei jedoch seit Anbeginn als Erziehungsleiterin in einer Führungsposition beschäftigt worden und es handele sich hierbei um eine offene Tätigkeitsbeschreibung, wie sie in diesem Sektor typischerweise anzutreffen sei. Der Arbeitsvertrag habe darüber hinaus auch die Entgeltgruppe festgelegt und es habe unstreitig eine Überleitung aus der Vergütungsgruppe IVa BAT in die Entgeltgruppen 10 und 11 der AVR stattgefunden.

Hinzu komme, dass die neue „Stabsstelle“ in S. nicht mit entsprechendem Leben gefüllt sei, da sie mehr oder weniger Schreib- und Sekretariatsarbeiten erledige.

Die Umsetzung sei bereits deshalb unwirksam, weil die Mitarbeitervertretung nicht ordnungsgemäß beteiligt worden sei. Es handele sich nicht nur um eine Umsetzung innerhalb der Dienststelle unter gleichzeitigem Ortswechsel nach § 42f MVG, sondern zugleich um eine Übertragung niedriger bewerteter Tätigkeiten. Es werde bestritten, dass die Stelle in S. in derselben Hierarchiestufe angesiedelt sei wie die Leitung der Kinder- und Jugendhilfe der Beklagten in N. Allein die Einstufung in die Entgeltgruppe 10 zeige, dass hier keine Vergleichbarkeit vorliege. Es werde bestritten, dass insbesondere auch über die Vergütungsreduzierung um zwei Vergütungsstufen informiert worden sei.

Im Übrigen setze eine Versetzung oder Abordnung nach § 7 AVR, die ausschließlich aus dienstlichen oder betrieblichen Gründen möglich sei, vor der Umsetzung oder Versetzung der Arbeitnehmerin eine Anhörung voraus, die hier nicht erfolgt sei. Ihr seien die Aufgaben der Stelle genannt und auf die Frage nach den Rahmenbedingungen (eigenes Büro, bisher Vertrauensarbeitszeit etc.) sei ihr mitgeteilt worden, dass diese ganzen Dinge in S. nicht zur Verfügung stünden.

Standortverantwortliche sei nicht sie, sondern ihr Vorgesetzter, Herr B., gewesen. Allein dieser trage auch nach seiner Stellenbeschreibung die wirtschaftliche Verantwortung für den Standort N. Schon seit über 15 Jahren existierten nur drei Gruppen. Mit ihr habe es nie ein Kritikgespräch gegeben. Außerdem habe sie keinen Auftrag von ihren Vorgesetzten erhalten, eine neue Gruppe zu konzipieren und zu eröffnen. Solche Entscheidungen träfen stets ihre Vorgesetzten und nicht sie selbst. Gerade sie sei, was die Akquise und das Networking angehe, besonders aktiv gewesen und habe dies auch stets ihrem Vorsetzten, Herrn B., rückgemeldet. Nach Schließung der R.-Straße im Januar 2018 seien noch zwei Gruppen vorhanden gewesen. Eine Gruppe sei voll belegt, die andere fast voll belegt gewesen.

Im Übrigen habe die Beklagte eine neue Erziehungsleitung in N. auf den ihr entzogenen Arbeitsplatz gesetzt, die genauso arbeite wie sie es zum Zeitpunkt ihrer Umsetzung getan habe. Ihre Umsetzung sei fachlich nicht geboten gewesen und halte sich insbesondere nicht im Rahmen ihres Arbeitsvertrages. Sie habe zu keinem Zeitpunkt billigem Ermessen entsprochen.

Sei die Ausübung des Direktionsrechts unwirksam gewesen, habe sie einen Anspruch als Erziehungsleiterin in N. mit den Tätigkeiten der Stellenbeschreibung Erziehungsleitung vom 11. September 2007 beschäftigt zu werden.

Nachdem die Beklagte die Differenzvergütung der Entgeltgruppe 9 zu der Entgeltgruppe 11 sowie die Parkkosten und Fahrtkosten für die Beschäftigung der Klägerin in K. zwischenzeitlich bis Juni 2020 sowie die Jahressonderzahlung für 2019 nachgezahlt hat, hat die Klägerin die diesbezüglich ursprünglich angekündigten Klageanträge für erledigt erklärt.

Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

1. festzustellen, dass die Ausübung des Direktionsrechts ihr gegenüber gemäß Schreiben der Beklagten vom 14. September 2020 unwirksam ist;

2. die Beklagte zu verpflichten, sie als Erziehungsleiterin in N. mit Tätigkeiten gemäß der Stellenbeschreibung „Erziehungsleitung“ vom 11. September 2007 zu beschäftigen;

3. die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere Arbeitsvergütung für Juli 2020 in Höhe von 1.315,59 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 1. August 2020 zu zahlen;

4. die Beklagte zu verurteilen, an sie Fahrtkostenerstattung für Juli 2020 in Höhe von 277,20 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 1. August 2020 zu zahlen;

5. die Beklagte zu verurteilen, an sie Parkgebühren für Juli 2020 in Höhe von 36,00 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 1. August 2020 zu zahlen;

6. die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere Arbeitsvergütung für August 2020 in Höhe von 1.315,59 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 1. September 2020 zu zahlen;

7. die Beklagte zu verurteilen, an sie Fahrtkostenerstattung für August 2020 in Höhe von 23,10 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 1. September 2020 zu zahlen;

8. die Beklagte zu verurteilen, an sie Parkgebühren für August 2020 in Höhe von 3,00 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 1. September 2020 zu zahlen;

9. die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere Arbeitsvergütung für September 2020 in Höhe von 985,85 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 1. Oktober 2020 zu zahlen;

10. die Beklagte zu verurteilen, an sie Fahrtkostenerstattung für September 2020 in Höhe von 396,00 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 1. Oktober 2020 zu zahlen;

11. die Beklagte zu verurteilen, an sie Parkgebühren für September 2020 in Höhe von 27,00 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 1. Oktober 2020 zu zahlen;

12. die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere Arbeitsvergütung für Oktober 2020 in Höhe von 697,33 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen;

13. die Beklagte zu verurteilen, an sie Fahrtkostenerstattung für Oktober 2020 in Höhe von 285,00 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 1. November 2020 zu zahlen;

14. die Beklagte zu verurteilen, an sie Parkgebühren für Oktober 2020 in Höhe von 5,00 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 1. November 2020 zu zahlen.

Die Beklagte hat der Teilerledigungserklärung zugestimmt und im Übrigen beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, der Klägerin als ehemaliger Standortverantwortlichen sei es immer weniger gelungen, für die Auslastung ihrer drei Jugendhilfegruppen im engeren Sinn sowie des Bereichs „Betreutes Einzelwohnen“ am Standort N. zu sorgen. Die Klägerin habe keinerlei Mittel gefunden, sich auf die geänderte Marktsituation einzustellen. Infolge ihrer Aufgaben habe die Klägerin einen ganz erheblichen Einfluss darauf, ob der Standort wirtschaftlich arbeite. Bereits im Januar 2018 habe die Wohngemeinschaft R.-Straße aus betriebswirtschaftlichen Gründen geschlossen werden müssen. Das habe für die Klägerin bedeutet, dass sie nunmehr mit einem Teil ihrer Arbeitskraft in die betreute Wohngemeinschaft N. habe eingebunden werden müssen, verbunden mit Schicht-, Nacht- und Wochenenddienst. Zudem sei die Auslastung der in der Verantwortung der Klägerin verbliebenen Gruppen bis Anfang 2019 dauerhaft so weit zurückgegangen, dass von neun Gruppenplätzen nur vier ständig besetzt gewesen seien. Um den Standort in N. betriebswirtschaftlich zu retten, habe sie sich nun entschlossen, die Klägerin von dieser verantwortlichen Position vollständig abzuziehen und ihr eine andere Tätigkeit zuzuweisen. Gleichzeitig habe sie die ehemalige Position der Klägerin auf 60% einer Vollzeitstelle reduziert und diese neu besetzt. Seither habe sich die Auslastung der Jugendgruppen deutlich verbessert.

Die neue Fachbereichsleitung ihrer Kinder- und Jugendhilfe, Frau C. V., habe eine Stabsstelle am Standort S. geschaffen, die im Wesentlichen die Bereiche Praktikant(innen)management, Projektmanagement sowie Bibliothekswesen umfasse. Diese Stabsstelle sei mit Entgeltgruppe 10 bewertet. Die Aufgaben im Praktikantinnenmanagement könnten ohne den wissenschaftlichen Background der Klägerin als Heilpädagogin und – was den Unterschied zu Entgeltgruppe 9 ausmache – das Spezialwissen der Klägerin aus ihrer langjährigen Praxis nicht erfüllt werden. Dies gelte noch mehr für die Aufgaben im Bereich Projektmanagement, aber auch für Aufgaben im Fundrising, die von einer „einfachen“ Heilpädagogin ohne die umfangreiche Erfahrung und Spezialkenntnisse der Klägerin nicht selbstständig durchgeführt werden könnten. Sie sei in derselben Hierarchiestufe angesiedelt wie die Leitung der Kinder- und Jugendhilfe der Beklagten in N.

Die Klägerin sei ausgiebig in Gesprächen vom 7. April 2020 und 14. August 2020 zu der geplanten Umsetzung angehört worden.

Die Mitarbeitervertretung sei ausführlich sowohl unter dem Gesichtspunkt angehört worden, dass die Klägerin nach S. umgesetzt werden solle als auch unter dem Gesichtspunkt, dass ihre Eingruppierung auf der neuen Position in Entgeltgruppe 10 AVR erfolgen solle. Die Mitarbeitervertretung habe durch Verstreichenlassen der 14-Tage-Frist die Zustimmungsfiktion eintreten lassen.

Da die Klägerin unstreitig als „Heilpädagogin“ eingestellt sei, ergebe sich aus dem Arbeitsvertrag kein Anspruch auf Beschäftigung in einer Leitungsfunktion. Eine Konkretisierung auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit habe nicht stattgefunden. Der Klägerin könne als Arbeitnehmerin des öffentlichen Dienstes daher jede Tätigkeit übertragen werden, die den Merkmalen der vertraglich vereinbarten Vergütungsgruppe entspreche. Dies sei die Entgeltgruppe 10 TVöD (entspricht Entgeltgruppe 10 AVR). Da bei der Klägerin ein solcher Aufstieg weder angestanden habe noch festgestellt worden sei, könne der Klägerin eine Tätigkeit entsprechend der Entgeltgruppe 10 zugewiesen werden. Durch die langjährige Entlohnung der Klägerin mit der Entgeltgruppe 11 sei kein „Besitzstand“ entstanden, nie mehr anders eingruppiert zu werden.

Die Umsetzung der Klägerin verstoße auch nicht gegen billiges Ermessen im Sinn von § 106 S. 1 GewO.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 22. Februar 2021 festgestellt, dass die Ausübung des Direktionsrechts gegenüber der Klägerin gemäß Schreiben der Beklagten vom 14. September 2020 unwirksam ist. Es hat die Beklagte weiter verpflichtet, die Klägerin als Erziehungsleitung in N. mit Tätigkeiten gemäß der Stellenbeschreibung „Erziehungsleitung“ vom 11. September 2007 zu beschäftigen. Weiter hat es die Beklagte verurteilt, an die Klägerin weitere Arbeitsvergütung für Juli 2020 in Höhe von 1.315,59 € brutto, Fahrtkostenerstattung für Juli 2020 in Höhe von 277,20 € netto, Parkgebühren für Juli 2020 in Höhe von 36,00 € netto, weitere Arbeitsvergütung für August 2020 in Höhe von 1.315,59 € brutto, Fahrtkostenerstattung für August 2020 in Höhe von 23,10 € netto, Parkgebühren für August 2020 in Höhe von 3,00 € netto, weitere Arbeitsvergütung für September 2020 in Höhe von 985,85 € brutto, Fahrtkostenerstattung für September 2020 in Höhe von 396,00 € netto, Parkgebühren für September 2020 in Höhe von 27,00 € netto, weitere Arbeitsvergütung für Oktober 2020 in Höhe von 697,33 € brutto, Fahrtkostenerstattung für Oktober 2020 in Höhe von 285,00 € netto sowie Parkgebühren für Oktober 2020 in Höhe von 5,00 € netto, jeweils nebst Zinsen zu zahlen. Es hat – zusammengefasst – zur Begründung ausgeführt, die Ausübung des Direktionsrechts vom 14. September 2020 sei vom Arbeitsvertrag nicht gedeckt und damit unwirksam. Vorliegend habe bereits der Arbeitsvertrag der streitgegenständlichen personellen Maßnahme entgegengestanden. Dieser enthalte als Tätigkeitsbeschreibung zwar nur die Bezeichnung „Heilpädagogin“. Derart offene Tätigkeitsbeschreibungen seien für an den öffentlichen Sektor und seine Tarifverträge angelehnte Arbeitsverhältnisse typisch. Hierdurch werde dem Arbeitgeber aber nicht etwa die Möglichkeit eröffnet, der Arbeitnehmerin jegliche – auch geringerwertige – Tätigkeiten aus dem weiten Spektrum von Tätigkeiten, die eine Heilpädagogin ausüben könne, zuzuweisen. Denn zugleich werde im Arbeitsvertrag – ebenfalls typisch für den öffentlichen Sektor und seine Tarifverträge – die Entgeltgruppe festgelegt. Hierin liege unter Berücksichtigung der Entgeltgruppensystematik und der den einzelnen Entgeltgruppen zugeordneten Tätigkeiten die eigentliche Festlegung des Kreises der Tätigkeiten, die der Klägerin hätten arbeitsvertraglich zugewiesen werden können. Aus der vertraglich geregelten Vergütungsgruppe IVa des BAT habe eine Überleitung in die Entgeltgruppen 10 und 11 der AVR stattgefunden. Maßgeblich sei jedenfalls die vor der Ausübung des Direktionsrechts bestehende Eingruppierung und Vergütung nach Entgeltgruppe 11 AVR, die unstreitig der zuletzt in N. ausgeübten Tätigkeit entsprochen habe. Das Direktionsrecht umfasse in derartigen Vertragsgestaltungen Tätigkeiten der im Arbeitsvertrag geregelten Entgeltgruppe. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass die im Arbeitsvertrag vereinbarte Vergütungsgruppe BAT (VKA) IVa nach Anlage 2 des Überleitungstarifvertrages sowohl eine Überleitung in die Entgeltgruppe 10 sowie in die Entgeltgruppe 11 TVöD (entsprechend AVR) zulasse und damit eine Herabgruppierung in die Entgeltgruppe 10 zulässig sei. Denn die ursprünglich im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 1. Januar 2001 vereinbarte Vergütung nach BAT sei 2007 bei Umstellung des Vergütungssystems auf die AVR auf die Entgeltgruppe 11 festgelegt worden. Die der Klägerin für ihre Tätigkeit als Erziehungsleitung N. gezahlte Vergütung der Entgeltgruppe 11 AVR setze eine Tätigkeit mit vertieften und erweiterten anwendungsbezogenen wissenschaftlichen Kenntnissen voraus, wohingegen die Entgeltgruppe 10 AVR Tätigkeiten mit vertieften anwendungsbezogenen wissenschaftlichen Kenntnissen vergüte. Bei der Entgeltgruppe 11 AVR seien gerade Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit komplexen und schwierigen verantwortlich wahrzunehmenden Aufgaben und mit Leitungsaufgaben für mehrere Bereiche oder Einrichtungen genannt. Damit erfülle die Tätigkeit der Klägerin als Erziehungsleitung in N. die Merkmale der Entgeltgruppe 11 AVR, was von der Beklagten auch nicht bestritten werde. Die der Klägerin durch die streitgegenständliche Umsetzung nach S. zugewiesene Tätigkeit sei damit nicht gleichwertig mit der bisher ausgeübten Tätigkeit und könne der Klägerin nicht im Wege des Direktionsrechts übertragen werden. Eine Herabgruppierung sei grundsätzlich nur durch eine Änderungskündigung zu erreichen, für die es eines Kündigungsgrundes bedürfe. Da die Ausübung des Direktionsrechts mit Schreiben vom 14. September 2020 unwirksam gewesen sei, habe nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein Anspruch der Klägerin darauf bestanden, in ihrer vorherigen Position, als Erziehungsleiterin in N. mit Tätigkeiten gemäß Stellenbeschreibung Erziehungsleitung vom 11. September 2007 beschäftigt zu werden. Da die Ausübung des Direktionsrechts mit Schreiben vom 6. Juni 2019 und die damit verbundene Kürzung der Vergütung unwirksam gewesen sei, habe der Klägerin schon nach § 611a Abs. 2 BGB die Zahlung der vertraglich geschuldeten Vergütung nach Entgeltgruppe 11 (Erfahrungsstufe 2) zugestanden. Die Klägerin habe dem Grunde nach auch Anspruch auf Erstattung der ihr im Juli, August und September 2020 für die Fahrten nach K. entstandenen Kosten aus § 280 Abs. 1 S. 1 BGB ebenso für die ihr im Oktober 2020 für die Fahrten nach S. entstandenen Kosten. Im Rahmen des Schadensersatzes stehe der Klägerin aus § 280 Abs. 1 S. 1 BGB Parkkostenersatz zu. Soweit die Parteien übereinstimmend die ursprünglich angekündigten Klageanträge Ziffer 3 bis 9 für erledigt erklärt hätten, sei die Klage ursprünglich zulässig und begründet gewesen und habe sich durch Erfüllung erledigt. Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird ergänzend auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts (Bl. 164 ff. d. A.) Bezug genommen.

Das genannte Urteil ist der Beklagten am 23. April 2021 zugestellt worden. Sie hat hiergegen mit einem am 18. Mai 2021 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag Berufung eingelegt. Die Beklagte hat die Berufung mit am 23. Juli 2021 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag (innerhalb der durch Beschluss vom 24. Juni 2021 bis einschließlich 23. Juli 2021 verlängerten Berufungsbegründungsfrist) begründet.

Zur Begründung der Berufung macht die Beklagte nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 200 ff. d. A.), zusammengefasst geltend,

mit der Klägerin bestehe ein Arbeitsvertrag als Heilpädagogin, die in der Entgeltgruppe 10 AVR einzugruppieren sei, weil die im Arbeitsvertrag genannte Vergütungsgruppe BAT IVa unter Anwendung der jeweiligen Regelungen des einschlägigen Überleitungstarifvertrages der Entgeltgruppe 10 AVR entspreche. Ihre Entscheidung, die Klägerin in Entgeltgruppe 11 AVR einzugruppieren, stelle lediglich einen Akt der Rechtsanwendung dar, verbunden mit der Kundgabe einer Rechtsansicht. Sie führe nicht zu einer stillschweigenden nachträglichen Vertragsänderung. Aus ihrer Sicht gebe es keinen Besitzstand.

Daraus, dass sie die Tätigkeit der Klägerin als Erziehungsleiterin gemäß Entgeltgruppe 11 AVR entlohnt habe, ergebe sich nicht, dass die ausgeübte Tätigkeit auch unstreitig der Entgeltgruppe 11 AVR entsprochen habe. Die Frage, wie die Klägerin korrekt einzugruppieren sei, sei sehr wohl streitig gewesen. Das Arbeitsgericht habe die Entgeltgruppe nicht korrekt ermittelt. Die Entgeltgruppe IVa BAT ohne Aufstieg nach BAT III entspreche der Entgeltgruppe 10 TVöD. Ein Aufstieg habe bei der Klägerin weder angestanden noch sei ein solcher festgestellt worden.

Die Klägerin habe im Parallelrechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Ludwigshafen vorgetragen, dass sie ab 1. Oktober 1998 beim damaligen Träger der Einrichtung, welche sie, die Beklagte, mit Wirkung zum 1. Januar 2001 übernommen habe, als Erziehungsleiterin tätig gewesen sei. Gleichwohl habe die Klägerin am 30. November 2000 lediglich einen Arbeitsvertrag als Heilpädagogin (ohne Leitungsfunktion) und nicht als Erziehungsleiterin geschlossen. Sie sei somit unmissverständlich nicht in ihrer, beim damaligen Träger innegehabten Funktion übernommen worden, sondern eben nur als Heilpädagogin eingestellt und entsprechend eingruppiert worden. Damit habe sie, die Beklagte, deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie sich nicht darauf beschränken wolle, der Klägerin nur eine Tätigkeit mit Leitungsaufgaben zuweisen zu können.

Die Umsetzung nach S. entspreche billigem Ermessen. Sie habe bei der Umsetzung alle in Betracht kommenden Möglichkeiten und Optionen bedacht und überprüft. Aus der Umsetzung ergäben sich für die Klägerin die Vorteile, dass sie keine weitere Führungs- und Personalverantwortung mehr habe, sie nicht weiter in der Belegungsverantwortung stehe, geregelte Arbeitszeiten habe und dass sie so ihre Beschäftigung bei ihr weiterführen könne. Das Risiko der gänzlichen Schließung des Standortes N. habe dadurch abgewendet werden können. Es könnten mit neu agierenden Personen neue Kontakte und Angebote an die Jugendämter offeriert werden. Es könne nunmehr wirtschaftlicher agiert werden. Die bis zur Umsetzung eingefahrenen Defizite stiegen nicht mehr weiter an, sondern könnten nunmehr sogar abgebaut werden. Arbeitsplätze der Kolleginnen und Kollegen seien nicht länger gefährdet. Die Fahrt nach S. sei zumutbar. Die Umsetzung sei auch nicht unbillig. Sie verstoße nicht gegen Treu und Glauben. Die wesentlichen Umstände des Falles seien miteinander abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden.

Eine Verpflichtung des Arbeitgebers, die Leitung einem Beschäftigten zu überlassen, dessen Leitungsfähigkeiten nicht mehr als ausreichend erachtet würden, würde unmittelbar die grundrechtlich geschützte unternehmerische Freiheit berühren.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 22. Februar 2021, Az. 2 Ca 1581/20, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihres Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 25. August 2021, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 232 ff. d. A.), als rechtlich zutreffend. Bereits der mit ihr abgeschlossene Arbeitsvertrag habe der streitgegenständlichen personellen Maßnahme entgegengestanden.

Die Umsetzung entspreche nicht billigem Ermessen im Sinn von § 106 S. 1 GewO. Alle Erziehungsleiter würden mit der Entgeltgruppe 11 entlohnt. Die Frage, wie sie korrekt einzugruppieren sei (Entgeltgruppe 10 der 11 AVR) sei nie streitig gewesen.

Sie sei bei Geltung des BAT nach BAT IVa bezahlt worden mit einer Zulage. Dies sei nach Umwandlung zum 1. Januar 2008 in die AVR dahingehend geändert worden, dass sämtliche Erziehungsleiter sofort in die Entgeltgruppe 11 mit Zulage eingruppiert worden seien, da die damalige Vergütungsgruppe BAT IVa mit Zulage nicht einmal der damaligen Entgeltgruppe 11 entsprochen habe. Damals habe es für die Erziehungsleiter einen Vorstandsbeschluss gegeben über die Eingruppierung in Entgeltgruppe 11. Insofern habe die Eingruppierung sehr wohl eine konstitutive Wirkung gehabt.

Bei der Stelle in S. handele es sich bei 90 bis 95 % um Schreib- und Sekretariatsarbeiten. Viele Aufgaben davon könnten Praktikanten übernehmen. Wenn ihre Vorgesetzte in Urlaub sei, würden ihr zwei Wochen lang überhaupt keine Arbeiten zugeteilt. Die Stelle entspreche niemals der Vergütungsgruppe 10 AVR.

Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll vom 17. November 2021 (Bl. 255 ff. d. A.) Bezug genommen. Das Landesarbeitsgericht hat die Akte Arbeitsgericht Ludwigshafen am Rhein Az. 4 Ca 1077/19 beigezogen.

Entscheidungsgründe

A.

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und hinsichtlich des Antrags auf Abänderung des erstinstanzlichen Urteils und Abweisung der erstinstanzlichen Anträge zu 1, 2 sowie 9 bis 12 ausreichend begründet worden. Sie erweist sich insoweit auch sonst als zulässig.

Hinsichtlich des Antrags auf Abänderung des erstinstanzlichen Urteils und Abweisung der erstinstanzlichen Anträge zu 3 bis 8 und 11 ist die Berufung der Beklagten bereits unzulässig. Sie ist insoweit nicht begründet.

Eine Berufungsbegründung muss gemäß § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 bis Nr. 4 ZPO erkennen lassen, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist und auf welchen Gründen diese Ansicht im Einzelnen beruht. § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO soll gewährleisten, dass der Rechtsstreit für die Berufungsinstanz durch eine Zusammenfassung und Beschränkung des Rechtsstoffs ausreichend vorbereitet wird. Deshalb hat der die Beurteilung des Streitfalls durch den Erstrichter zu überprüfen und darauf hinzuweisen, in welchen Punkten und aus welchen Gründen er das angefochtene Urteil für unrichtig hält. Dadurch soll bloß formelhaften Berufungsbegründungen entgegengewirkt werden (BAG 19. Februar 2013 – 9 AZR 543/11 – Rn. 14). Die Berufungsbegründung muss daher die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergeben (BAG 19. November 2015 – 2 AZR 217/15 – Rn. 21 mwN.; 13. Mai 2015 – 2 AZR 531/14 – Rn. 18). Eine schlüssige Begründung kann zwar nicht verlangt werden (BAG 19. Februar 2013 – 9 AZR 543/11 – Rn. 14). Die Berufungsbegründung muss jedoch auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein und sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn sie diese bekämpfen will. Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen (BAG 19. November 2015 – 2 AZR 217/15 – Rn. 2; 13. Mai 2015 – 2 AZR 531/14 – Rn. 18; 19. Februar 2013 – 9 AZR 543/11 – Rn. 14, jeweils mwN.).

Die Beklagte hat sich in der Berufungsbegründungsschrift ausschließlich mit der Frage auseinandergesetzt, ob sie ihr Direktionsrecht wirksam ausgeübt hat, indem sie die Klägerin mit Schreiben vom 14. September 2020 nach S. „umgesetzt“ hat. Mit ihren erstinstanzlichen Klageanträgen zu 3 bis 8 verfolgt die Klägerin jedoch ausschließlich Ansprüche für die Monate Juli und August 2020, die nicht von der Frage der Wirksamkeit der Direktionsrechtsausübung für die Zeit ab dem 15. September 2020 abhängig sind. Die allgemeine vollumfängliche Bezugnahme auf den Sach- und Rechtsvortrag erster Instanz reicht zur Begründung der Berufung insoweit nicht aus.

B.

In der Sache hatte die Berufung der Beklagten keinen Erfolg.

I.

Das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung festgestellt, dass die Ausübung des Direktionsrechts durch die Beklagte vom 14. September 2020 nicht von dem zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrag gedeckt war. Sie ist daher unwirksam.

1.

Gemäß § 106 S. 1 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen wiederum verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind dabei alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse, wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (ständige Rechtsprechung, zum Beispiel BAG 17. August 2011 – 10 AZR 202/10 – Rn. 22).

Dementsprechend bestimmt § 7 Abs. 1 S. 1 AVR, dass die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter im Rahmen ihres bzw. seines Arbeitsvertrages aus dienstlichen oder betrieblichen Gründen auf einen anderen Arbeitsplatz in derselben Einrichtung umgesetzt oder in eine andere Einrichtung derselben Dienstgeberin bzw. desselben Dienstgebers versetzt oder abgeordnet werden kann.

Voraussetzung für die Zuweisung einer anderweitigen Tätigkeit ist regelmäßig weiter, dass diese als gleichwertig anzusehen ist (BAG 17. August 2011 – 10 AZR 322/10 – Rn. 15 mwN.). Ist dies nicht der Fall, so ist eine einvernehmliche Änderung des Arbeitsvertrages oder eine Änderungskündigung erforderlich, will der Arbeitgeber die Änderung der Tätigkeit gegenüber dem Arbeitnehmer durchsetzen.

2.

Vorliegend stand bereits der zwischen den Parteien geschlossene Arbeitsvertrag der Zuweisung des Arbeitsplatzes in S. kraft Ausübung des Direktionsrechts durch die Beklagte entgegen.

Der Umfang des Direktions- oder Weisungsrechts bestimmt sich vor allem nach dem Inhalt des Arbeitsvertrages (BAG 24. April 1996 – 4 AZR 976/94 – Rn. 20; 30. August 1995 – 1 AZR 47/95 – Rn. 19, beide juris).

Der „Dienstvertrag“ vom 30. November 2000 enthält in seinem § 1 als Tätigkeitsbeschreibung zwar lediglich die Bezeichnung „als Heilpädagogin“. Derart offene Tätigkeitsbeschreibungen sind für den öffentlichen Sektor (vgl. BAG 29. Oktober 1997 – 5 AZR 455/96 – Rn. 37, juris) und an seine Tarifverträge angelehnte Arbeitsverhältnisse typisch. Sie entsprechen den im öffentlichen Dienst üblichen Musterverträgen (vgl. BAG 20. Januar 2010 – 7 AZR 542/08 – Rn. 19). Danach wird der Arbeitnehmer regelmäßig nicht für eine bestimmte Tätigkeit eingestellt, sondern für einen allgemein umschriebenen Aufgabenbereich, der lediglich durch die Nennung der Vergütungsgruppe bezeichnet ist (BAG 24. April 1996 – 4 AZR 976/94 – Rn. 21; 30. August 1995 – 1 AZR 47/95 – Rn. 21, beide juris).

Hierdurch wird dem Arbeitgeber aber nicht die Möglichkeit eröffnet, dem Arbeitnehmer jegliche – auch geringwertige – Tätigkeiten aus dem weiten Spektrum von Tätigkeiten, die eine Heilpädagogin ausüben kann, zuzuweisen. Denn zugleich wird im Arbeitsvertrag – ebenfalls typisch für den öffentlichen Sektor und seine Tarifverträge -, konkret in dessen § 3 die Vergütungsgruppe, vorliegend „BAT (VKA) Vergütungsgruppe IVa“ festgelegt.

Bei einer solchen Vertragsgestaltung, die den vertraglichen Aufgabenbereich allein durch eine allgemeine Tätigkeitsbezeichnung und die Nennung der Vergütungsgruppe beschreibt, erstreckt sich das Direktionsrecht des Arbeitgebers auf solche Tätigkeiten des allgemein umschriebenen Aufgabenbereichs, welche die Merkmale der Vergütungsgruppe erfüllen, in die der Arbeitnehmer eingestuft ist. Dem Arbeitnehmer können andere, dem allgemein umschriebenen Aufgabenbereich zuzuordnende Tätigkeiten nur zugewiesen werden, soweit sie den Merkmalen dieser Vergütungsgruppe entsprechen (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BAG 17. August 2011 – 10 AZR 322/10 – Rn. 15 mwN.) und soweit ihm dies billigerweise zugemutet werden kann (BAG 20. Januar 2010 – 7 AZR 542/08 – Rn. 19). Das bedeutet, dass der Klägerin nur solche Tätigkeiten einer „Heilpädagogin“ übertragen werden können, die in ihrer Wertigkeit der Vergütungsgruppe IVa BAT entsprechen. Der Klägerin können daher grundsätzlich die Tätigkeiten übertragen werden, die in der Vergütungsgruppe IVa BAT erfasst sind, also Tätigkeiten als Leiter von bestimmten Kindertagesstätten oder deren ständiger Vertreter, als Leiter von Erziehungsheimen einer bestimmten Größe oder als deren ständiger Vertreter oder mit einer einem Sozialarbeiter/-pädagogen mit staatlicher Anerkennung entsprechender Tätigkeit, die sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 16 heraushebt.

Dagegen berechtigt das allgemeine Direktions- oder Weisungsrecht des Arbeitsgebers diesen grundsätzlich nicht, dem Arbeitnehmer Tätigkeiten einer niedrigeren Vergütungsgruppe zu übertragen (BAG 30. August 1995 – 1 AZR 47/95 – Rn. 25, juris). Dies gilt nicht nur deshalb, weil damit regelmäßig eine Änderung der vertraglich zugesagten Vergütung verbunden ist. Auch die Art der Beschäftigung kann durch das allgemeine Direktionsrecht nicht unbegrenzt abgeändert werden. Zwar ist bei entsprechender Fassung des Arbeitsvertrages die Übertragung unterschiedlicher Tätigkeiten kraft Weisung zulässig. Voraussetzung ist aber, dass diese als gleichwertig anzusehen sind. Die Gleichwertigkeit bestimmt sich mangels anderer Anhaltspunkte grundsätzlich aus der auf den Betrieb abgestellten Verkehrsauffassung und dem sich daraus ergebenden Sozialbild (BAG 17. August 2011 – 10 AZR 322/10 – Rn. 25 mwN., juris). So stellen eine deutliche Verkleinerung des bisherigen Aufgaben- und Verantwortungsbereichs oder eine hierarchische Herabstufung (vgl. LAG Hamm 9. Januar 1997 – 17 Sa 1554/96, juris) in der Regel eine unzulässige Zuweisung geringwertiger Tätigkeiten dar. Auch der Entzug einer Vorgesetztenfunktion kann, wenn sie zu den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsgruppe gehört, zu einer geringwertigeren Tätigkeit führen. Das Arbeitsverhältnis genießt Bestandsschutz auch gegen eine inhaltliche Änderung der Tätigkeit. Der Arbeitgeber kann deshalb dem Arbeitnehmer auch dann keine niedriger zu bewertende Tätigkeit zuweisen, wenn er dennoch die höhere Vergütung fortzahlt, die der bisherigen Tätigkeit entspricht (BAG 29. Oktober 1997 – 5 AZR 455/96 – Rn. 37; 24. April 1996 – 4 AZR 976/94 – Rn. 25; 30. August 1995 – 1 AZR 47/95 – Rn, jeweils juris).

Nach dem Arbeitsvertrag können der Klägerin nur solche Tätigkeiten einer „Heilpädagogin“ zugewiesen worden, die den Merkmalen der damaligen Vergütungsgruppe IVa BAT entsprechen. Daraus, dass die Parteien einen im öffentlichen Sektor üblichen Standardarbeitsvertrag mit offener Tätigkeitsbeschreibung in Kombination mit der Angabe einer Vergütungsgruppe geschlossen haben statt die bereits zuvor ausgeübte Tätigkeit einer Erziehungsleitung festzuschreiben, folgt lediglich, dass die Parteien nicht die konkrete Tätigkeit als Erziehungsleitung festlegen, sondern vielmehr Flexibilität ermöglichen wollten. Das bedeutet aber nicht, dass der Klägerin nunmehr jegliche denkbare Tätigkeit als Heilpädagogin unbeschadet ihrer Wertigkeit hätte übertragen werden können.

Aus der Vergütungsgruppe IVa BAT erfolgte grundsätzlich gemäß §§ 29 Abs. 1, 29a Abs. 1 S. 1 iVm. Anlage 2 TVÜ-VKA eine Überleitung in die Entgeltgruppe 11 (von der Vergütungsgruppe IV a BAT mit Bewährungsaufstieg) oder die Entgeltgruppe 10.

Im Fall der Klägerin erfolgte faktisch eine Überleitung in die Entgeltgruppe 11. Sie wurde bis zum 31. Juli 2019 nach Entgeltgruppe 11 (Erfahrungsstufe 2) der AVR bezahlt. Die Überleitung in die Entgeltgruppe 11, Erfahrungsstufe (erreichbar nach mehr als 96 Monaten in der Entgeltgruppe) ab dem 1. Januar 2008 wurde ihr mit der „Umstellungsmitteilung zur AVR-Novellierung zum 01.01.2008 – Berechnung der Besitzstandszulage“ (Bl. 253 d. A.) mitgeteilt. Sie erhielt zusätzlich eine Besitzstandszulage. Ebenfalls werden bei der Beklagten die übrigen Erziehungsleiter nach der Entgeltgruppe 11 bezahlt. Die Beklagte erachtet diese Eingruppierung für die Erziehungsleiter auch für zutreffend. Die Voraussetzungen einer korrigierenden Rückgruppierung hat sie für die von der Klägerin bereits bei der Rechtsvorgängerin innegehabte Tätigkeit als Erziehungsleitung nicht dargelegt.

Entgegen der Auffassung der Beklagten stand einer Überleitung von der Vergütungsgruppe IVa BAT (VKA) in die Entgeltgruppe 11 der AVR auch nicht entgegen, dass eine Überleitung in die Entgeltgruppe 11 nur aus einer Fallgruppe der Vergütungsgruppe IVa mit Bewährungsaufstieg nach Vergütungsgruppe III erfolgen konnte. Die Vergütungsgruppe IVa sah in verschiedenen Fallgruppen einen Bewährungsaufstieg vor, so beispielsweise von der Vergütungsgruppe IVa Fallgruppe 15 BAT in die Vergütungsgruppe III BAT vor. Die Vergütungsgruppe IVa Fallgruppe 15 BAT und die Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 16 lauteten:

BAT IVa Nr. 15:

Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 16 heraushebt,

BAT IVb Nr. 16:

Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, mit schwierigen Tätigkeiten.

Bei der konkreten Überleitung ist zu berücksichtigen, dass die arbeitsvertragliche Vereinbarung der Vergütung „nach BAT (VKA) Vergütungsgruppe IVa“ in § 3 des „Dienstvertrages“ vom 30. November 2020 vor dem Hintergrund der zum damaligen Zeitpunkt bereits von der Klägerin ausgeübten Tätigkeit zu sehen ist, auf der sie weiterhin eingesetzt werden sollte und eingesetzt wurde, nämlich der Stelle einer Erziehungsleitung. Es ist davon auszugehen, dass die Parteien bei Vertragsabschluss eine Vergütungsgruppe vereinbaren wollten, die für die Klägerin zunächst vorgesehene Tätigkeit zutraf. Dies war eine Tätigkeit als Heilpädagogin und damit eine Tätigkeit als „sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten“ ausübte, deren Tätigkeit als „Erziehungsleitung“ sich im konkreten Fall durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 16 BAT heraushob und aus der ein Bewährungsaufstieg möglich war.

3.

Die der Klägerin zugewiesene Tätigkeit in S. entspricht unstreitig nicht den Merkmalen der Entgeltgruppe 11 AVR. Dementsprechend hat die Beklagte, wie sich aus ihrem Schreiben an die Klägerin vom 9. Oktober 2020 ergibt, der Klägerin zunächst mitgeteilt, dass sie auf dieser Stelle in der Entgeltgruppe 9 (Fallgruppe 4.1.a/b) AVR eingruppiert sei. Sie hat dies sodann dahingehend neu bewertet, dass auf dieser Stelle in S. Aufgaben wahrgenommen werden, die der Entgeltgruppe 10 AVR (EG 10 A.a) entsprechen. Davon, dass die Stelle in S. der Entgeltgruppe 11 AVR entsprechen würde, geht die Beklagte selbst nicht aus.

Die Zuweisung dieser geringwertigen Tätigkeit im Wege des Direktionsrecht ist nicht möglich, die Ausübung des Direktionsrechts insoweit unwirksam.

4.

Aber auch dann, wenn man davon ausgeht, dass eine Überleitung der Klägerin lediglich in die Entgeltgruppe 10 AVR erfolgt wäre, wäre sie auf der neuen Stelle in S. nicht vertragsgemäß beschäftigt. Diese Stelle hätte ihr auch in diesem Fall nicht im Wege des Direktionsrechts zugewiesen werden können.

Gemäß § 12 Abs. 1 S. 1 AVR ist die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter nach den Merkmalen der übertragenen Tätigkeiten in die Entgeltgruppen gemäß der Anlage 1 eingruppiert. Dabei erfolgt die Eingruppierung gemäß § 12 Abs. 2 S. 1 AVR in die Entgeltgruppe, deren Tätigkeitsmerkmale sie bzw. er erfüllt und die der Tätigkeit das Gepräge geben. Dabei bedeutet Gepräge, dass die entsprechende Tätigkeit ein unverzichtbarer Bestandteil des Arbeitsauftrags ist (§ 12 Abs. 2 S. 1 AVR). Nach Entgeltgruppe 10 AVR sind folgende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu vergüten:

„A. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Tätigkeiten, die vertiefte anwendungsbezogene wissenschaftliche Kenntnisse voraussetzen

Hierzu gehören Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit schwierigen (Anm. 14) verantwortlich wahrzunehmenden (Anm. 8) Aufgaben in den Tätigkeitsbereichen

a. Pflege/Betreuung/Erziehung/Integration

b. Beratung/Therapie/Seelsorge

c. Bildung/Ausbildung (Anm. 17).

Richtbeispiele:

Sozialpädagogin, Sozialarbeiterin, Heilpädagogin mit Aufgaben, die unter Beachtung des § 12 Abs. 3 eine der folgenden Weiterbildungen erfordern: Suchttherapie,

Systemische Familientherapie,

Referentin für Grundsatzfragen in einer Komplexeinrichtung,

Lehrkräfte an Berufsfachschulen und schulischen Einrichtungen für medizinische Pflegeberufe oder Gesundheitsberufe.

B. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

1. mit verantwortlich wahrzunehmenden Aufgaben (Anm. 8) und Leitungsaufgaben (Anm. 11) in den Tätigkeitsbereichen Pflege/Betreuung/Erziehung/Integration und Beratung/Therapie/Seelsorge;

2. mit schwierigen (Anm. 14) verantwortlich wahrzunehmenden (Anm. 8) Aufgaben und Leitungsaufgaben (Anm. 11) im Tätigkeitsbereich Verwaltung;

3. in der Leitung (Anm. 10) einer mittelgroßen Einrichtung oder eines mittelgroßen Dienstes oder eines sehr großen Wohnbereiches oder eines großen Pflegebereiches oder einer stationären Einrichtung oder einer mittelgroßen Diakoniestation (Anm. 16);

4. (…)“

Die Stelle in S. erfüllt unter Zugrundelegung der Stellenbeschreibung und des Vortrags der Beklagten die Anforderungen dieser Entgeltgruppe nicht. Es liegen insbesondere nicht die Tätigkeitsmerkmale der von der Beklagten angeführten Entgeltgruppe 10 A.a vor. Es ist bereits nicht ersichtlich, dass die Stelle schwierige verantwortlich wahrzunehmende Aufgaben in den Tätigkeitsbereichen Pflege/Betreuung/Erziehung/Integration umfasst. Zwar nennt das Richtbeispiel ausdrücklich „Heilpädagogen“ fordert insoweit aber zusätzlich Aufgaben, die eine der im Einzelnen angegebenen Weiterbildungen erfordern. Welche Weiterbildung im Fall der Klägerin auf der zugewiesenen Stelle in S. erforderlich sein sollte, bleibt offen.

Es ergibt sich weder aus der Stellenausschreibung noch hat die Beklagte dargestellt, dass die auf der Stelle zu erbringenden Aufgaben fachliche, organisatorische, rechtliche oder technische Besonderheiten aufweisen, die vertiefte Überlegung und besondere Sorgfalt erfordern, also schwierig sind (Anm. 14 zum Eingruppierungskatalog der Anlage 1 zur AVR). Aus der Stellenbeschreibung und dem Beklagtenvortrag lässt sich weiter nicht entnehmen, dass Aufgaben verantwortlich wahrzunehmen sind, die anwendungsbezogene wissenschaftliche Kenntnisse voraussetzen, die in der Regel durch eine Fachhochschulausbildung oder durch einen Bachelorabschluss, aber auch anderweitig erworben werden könnten. Ebenfalls ist nicht ersichtlich, dass Ziele und die dazu benötigten Lösungswege zum Beispiel durch Konzeptentwicklung selbständig erarbeitet und entschieden, also durch den Stelleninhaber verantwortlich wahrgenommen werden sollen (Anm. 8 zum Eingruppierungskatalog der Anlage 1 zur AVR). Die Beklagte hat hierzu lediglich auf das Spezialwissen der Klägerin aus ihrer langjährigen Praxis verwiesen.

Dem entspricht, dass die Beklagte der Klägerin zunächst mit Schreiben vom 14. September 2020 mitgeteilt hatte, dass sie „entsprechend ihrer Anstellung als Heilpädagogin mit dem Aufgabengebiet am Arbeitsplatz in S. und Anlage 1 AVR DD“ „weiterhin in der Entgeltgruppe 9 (Fallgruppe A.1.a/b) eingruppiert“ sei. Erst nach „weiterer Prüfung“ hat die Beklagte mit Schreiben vom 9. Oktober 2020 mitgeteilt, dass die Stelle der Entgeltgruppe 10 AVR (EG 10.A.a) AVR) entspreche.

Dass die Beklagte die Klägerin nunmehr auf der Stelle in S. nach Entgeltgruppe 10 AVR vergütet, führt – wie dargelegt – allein nicht dazu, dass die Stelle der Entgeltgruppe 10 AVR entspricht.

5.

Die der Klägerin zugewiesene Stelle in S. ist auch nach dem Sozialbild nicht gleichwertig. Die Zuweisung dieser „Stabsstelle“ ist nicht nur mit dem Verlust der Stelle als „Erziehungsleitung“, sondern auch mit dem Verlust der Führungs- und Personalverantwortung verbunden. Die Klägerin ist kein Leitungsteammitglied mehr. Als besondere Befugnis ist ihr lediglich der Zugang zu Ordnern des Leitungsteams gewährt, „soweit dies ihre/seine Erledigung der Aufgaben erfordert“. Anstelle zuvor freier Zeiteinteilung sind der Klägerin nunmehr „geregelte“ Arbeitszeiten vorgegeben. Sie ist deutlich geringer vergütet. Im Oktober 2020 erhielt die Klägerin auf der Stelle in S. ein um 697,33 € brutto niedrigeres Monatsentgelt als zuvor als Erziehungsleitung. Die Bearbeitung pädagogischer Themen fällt nach der Stellenbeschreibung nur noch punktuell an, die Aufgaben „Praktikant*innen-Management“ (mit 30 % angegeben) und „Fundraising“ (10 %) erfordern kein pädagogisches Fachwissen, auch weite Teile des sogenannten „Projektmanagements“ betreffen organisatorische Aufgaben, wie das Bibliothekswesen, das Fort- und Weiterbildungsmanagement (Mitwirkung bei der Aufstellung und Weiterentwicklung einer Qualifikationsdatenbank) und das Beschwerdemanagement für junge Menschen (Sicherstellung der regelmäßigen Durchführung der Wahlen von Beschwerdebeauftragten auf der Basis einer zu erstellenden Prozessbeschreibung).

Die neu geschaffene Stabsstelle ist daher aus diesem Grund geringwertig und konnte der Klägerin von der Beklagten nicht im Wege des Direktionsrechts übertragen werden.

II.

Wie das Arbeitsgericht weiter zutreffend erkannt hat, hat die Klägerin aufgrund der Unwirksamkeit der Ausübung des Direktionsrechts einen Anspruch gegen die Beklagte auf Beschäftigung als Erziehungsleiterin in N. mit Tätigkeiten gemäß der Stellenbeschreibung „Erziehungsleitung“ vom 11. September 2007.

Erweist sich eine vom Arbeitgeber vorgenommene Versetzung als unwirksam, so hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Beschäftigung in seiner bisherigen Tätigkeit am bisherigen Ort (BAG 25. August 2010 – 10 AZR 275/09 – Rn. 15; 26. Januar 1988 – 1 AZR 531/86 – Rn. 25, jeweils mwN.). Bei einer Versetzung handelt es sich um eine einheitliche Maßnahme, die nicht in den Entzug der bisherigen Tätigkeit und die Zuweisung einer neuen Tätigkeit aufgespalten werden kann. Dies gilt auch dann, wenn Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung im Arbeitsvertrag nicht abschließend festgelegt sind, sondern dem Weisungsrecht des Arbeitgebers (§ 106 GewO) unterliegen. Solange dieser nicht rechtswirksam von seinem Weisungsrecht erneut Gebrauch gemacht oder eine wirksame Freistellung von der Arbeit ausgesprochen hat, bleibt es bei der bisher zugewiesenen Arbeitsaufgabe am bisherigen Ort und der Arbeitnehmer hat einen dementsprechenden Beschäftigungsanspruch (BAG 25. August 2010 – 10 AZR 275/09 – Rn. 15 mwN.).

Da die letzte Weisung der Beklagten vom 14. September 2020 unwirksam war, hat die Klägerin demnach einen Anspruch auf Beschäftigung auf dem vor der ebenfalls unwirksamen Ausübung des Direktionsrechts mit Schreiben vom 1. Juni 2019 innegehabten Arbeitsplatz als Erziehungsleiterin in N. mit Tätigkeiten gemäß der Stellenbeschreibung „Erziehungsleitung“ vom 11. September 2007.

III.

Soweit die Berufung bereits unzulässig ist, ist sie überdies unbegründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Beklagte zur Zahlung restlicher Vergütung für den Monat Juli 2020 in Höhe von 1.315,59 € brutto gemäß § 611a BGB (erstinstanzlicher Antrag zu 3) sowie gemäß § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Erstattung der ihr durch die unwirksame Ausübung des Direktionsrechts mit Schreiben vom 6. Juni 2019 entstandenen zusätzlichen Reisekosten der Klägerin für die Fahrten von ihrer Wohnung zum Arbeitsort in K. für Juli 2020 in Höhe von 277,20 € netto (erstinstanzlicher Antrag zu 4) und der zusätzlichen Parkkosten im Juli 2020 in Höhe von 36,00 € netto (erstinstanzlicher Antrag zu 5), jeweils nebst Zinsen verurteilt.

Weiter hat das Arbeitsgericht der Klägerin zu Recht Ansprüche zuerkannt auf Zahlung restlicher Vergütung für den Monat August 2020 in Höhe von 1.315,59 € brutto (erstinstanzlicher Antrag zu 6), auf Erstattung zusätzlicher Fahrtkosten für August 2020 in Höhe von 23,10 € netto (erstinstanzlicher Antrag zu 7) und im August 2020 angefallener Parkgebühren in Höhe von 3,00 € netto (erstinstanzlicher Antrag zu 8), jeweils nebst Zinsen.

Für die Zeit vom 1. bis 14. September 2020 hat die Klägerin ebenfalls Anspruch auf Zahlung restlicher Vergütung in Höhe von 613,94 € brutto (erstinstanzlicher Klageantrag zu 9). Für diesen Zeitraum waren von der Beklagten anteilig 2.726,20 € brutto zu zahlen. Tatsächlich gezahlt wurden von ihr anteilige 2.112,26 € brutto, so dass ein nachzuzahlender Betrag in Höhe von 613,94 € brutto verbleibt.

Während ihrer Tätigkeit in K. im September 2020 entstandene Fahrkosten in Höhe von 231,00 € netto (erstinstanzlicher Klageantrag zu 10) sowie Parkkosten in Höhe von 27,00 € netto (erstinstanzlicher Klageantrag zu 11) sind – wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat – ebenfalls von der Beklagten zu erstatten.

Die Klägerin hat für die Zeit, in der sie der unwirksamen Weisung der Beklagten nachgekommen ist, Anspruch auf Zahlung der Differenzvergütung gemäß § 611a Abs. 2 BGB. Wie das Arbeitsgericht im Rechtsstreit mit dem Az. 4 Ca 1077/19 rechtskräftig festgestellt hat, war die Ausübung des Direktionsrechts gegenüber der Klägerin gemäß Schreiben der Beklagten vom 11. Juni 2019 („Umsetzung“) unwirksam.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. 28. November 2019 – 8 AZR 125/18 – Rn. 21 ff.) hat der Arbeitnehmer, der eine unwirksame Versetzung befolgt, zudem Anspruch auf Erstattung der hierdurch entstandenen Fahrtkosten und Parkkosten aus § 280 Abs. 1 S. 1 BGB. Nach dieser Vorschrift kann der Gläubiger, wenn der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt, Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Die Beklagte hat schuldhaft gegen ihre arbeitsvertraglichen Verpflichtungen verstoßen, indem sie eine unwirksame Versetzung der Klägerin nach K. erklärt und hieran bis einschließlich 14. September 2021 festgehalten hat. Nach § 249 Abs. 1 BGB hat der Schuldner den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Soweit dies nicht möglich ist, hat der Schuldner den Gläubiger nach § 251 Abs. 1 BGB in Geld zu entschädigen. Zu ersetzen sind demnach die der Klägerin die durch das Befolgen der unwirksamen Weisung entstandenen Fahrt- und Parkkosten.

IV.

Aufgrund der Unwirksamkeit der Ausübung des Direktionsrechts durch die Beklagte gegenüber der Klägerin gemäß Schreiben vom 14. September 2020 hat die Klägerin zum einen Anspruch auf Zahlung restlicher Vergütung für die Zeit vom 15. bis 30. September 2020 gemäß § 611a BGB in Höhe von 371,91 € brutto (erstinstanzlicher Antrag zu 9). Für diesen Zeitraum hatte die Beklagte anteilig 3.115,66 € brutto zu zahlen. Auf diese Forderung zahlte sie zunächst 2.414,01 € brutto und erbrachte sodann im Oktober 2020 eine Nachzahlung in Höhe von 329,74 € brutto. Es verbleibt für die Zeit vom 15. bis 30. September 2020 somit ein noch offener Vergütungsanspruch der Klägerin in Höhe von 371,91 € brutto.

Aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB folgt ein Anspruch auf Erstattung von Fahrtkosten nach S. in Höhe von 165,00 € netto für diesen Zeitraum (erstinstanzlicher Antrag zu 10).

Ebenso hat die Klägerin für den Monat Oktober 2020 Anspruch auf Zahlung restlicher Vergütung in Höhe von 697,33 € brutto (erstinstanzlicher Klageantrag zu 12) gemäß § 611a BGB sowie auf Erstattung von Fahrkosten in Höhe von 285,00 € netto (erstinstanzlicher Antrag zu 13) und von Parkgebühren in Höhe von 5,00 € netto (erstinstanzlicher Antrag zu 14).

Die Berufung der Beklagten hatte daher insgesamt keinen Erfolg.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Voraussetzungen einer Revisionszulassung nach § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht erfüllt.


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