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Urlaubsstaffelung – Ungleichbehandlung

ArbG Gießen, Az.: 7 Ca 294/16, Urteil vom 08.02.2017

1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für Urlaub aus dem Jahr 2013 drei Tage Ersatzurlaub zu gewähren.

2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für Urlaub aus dem Jahr 2014 drei Tage Ersatzurlaub zu gewähren.

3. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für Urlaub aus dem Jahr 2015 drei Tage Ersatzurlaub zu gewähren.

4. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für Urlaub aus dem Jahr 2016 drei Tage Ersatzurlaub zu gewähren.

5. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

6. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1.500,00 EUR festgesetzt.

7. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen. Die Statthaftigkeit der Berufung nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes bleibt davon unberührt.

Tatbestand

Der am xx.xx.1959 geborene Kläger ist seit 1. Oktober 1991 auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom selben Tage bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgänger, dem Land Hessen, als Lehrer für Pflegeberufe in A beschäftigt. In § 2 des Vertrages ist geregelt, dass das Arbeitsverhältnis sich nach dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung bestimmt. Außerdem, so heißt es dort, finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung. Wegen des Inhalts des schriftlichen Arbeitsvertrages im Übrigen wird auf Bl. 58 f. d. A. Bezug genommen.

Der Kläger war und ist Mitglied der Gewerkschaft Ver.di. Das Land Hessen ist zum 31. März 2004 aus der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) ausgetreten. Es hat unter anderem das B zunächst in eine Körperschaft des öffentlichen Rechts umgewandelt und im Jahr 2005 privatisiert und per Gesetz auf die Beklagte übertragen.

Nach Artikel III § 1 des Tarifvertrages zu § 71 BAT (Besitzstandswahrung) vom 23. Februar 1961 waren für die Dauer des Erholungsurlaubes die für die Beamten des Arbeitgebers jeweils geltenden Vorschriften maßgebend. Entsprechend wurde auf das Arbeitsverhältnis bezüglich des Erholungsurlaubs des Klägers die Urlaubsverordnung für die Beamtinnen und Beamten im Land Hessen abgewendet. Diese hatte in der Fassung vom 12. Dezember 2006 in § 5 Abs. 1 die konkrete Urlaubsdauer in Staffeln nach Lebensjahren wie folgt bestimmt:

  • bis zu 30 Jahren 26 Arbeitstage
  • über 30 – 40 Jahre 29 Arbeitstage
  • über 40 – 50 Jahre 30 Arbeitstage
  • über 50 Jahre 33 Arbeitstage

Die Vorgängerregelung, die Urlaubsverordnung vom 16. November 1982, die bis zum 31. Dezember 2006 galt, regelte in § 4 Abs. 1 eine Staffelung der Urlaubsdauer nach dem Lebensalter wie folgt:

  • Bis zu 30 Jahren 25 Arbeitstage
  • über 30 – 40 Jahre 27 Arbeitstage
  • über 40 – 50 Jahre 30 Arbeitstage
  • über 50 Jahre 33 Arbeitstage.

Am 5. Dezember 2007 schloss die Beklagte mit der Gewerkschaft Ver.di den „Manteltarifvertrag Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH“ (im Folgenden: MTV UKGM), welcher zum 1. Januar 2008 in Kraft getreten ist. Im MTV UKGM haben die Tarifvertragsparteien in § 29 Regelungen zum Erholungsurlaub getroffen. Dort heißt es:

„1. Der Arbeitnehmer erhält in jedem Kalenderjahr Erholungsurlaub unter Fortzahlung der Urlaubsvergütung.

(…)

3. Die Dauer des Urlaubs richtet sich nach der Urlaubstabelle (Anlage 1 a und b), die Bestandteil dieses Tarifvertrages ist.

(…)

10. Der Urlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubes auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. (…) Im Falle der Übertragung muss der Urlaub ab dem Kalenderjahr 2008 in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und angetreten werden.

Kann der Urlaub wegen Arbeitsunfähigkeit nicht angetreten werden, muss er in den ersten sechs Monaten des Folgejahres gewährt und angetreten werden. Urlaub, der nicht innerhalb der genannten Fristen angetreten wird, verfällt.

(…)

§ 34 Ausschlussfristen

1. Die Ansprüche aus den zwischen den Tarifvertragsparteien abgeschlossenen Tarifverträgen müssen innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. Für Ansprüche, die bis zum 30. Juni 2008 fällig sind, gilt eine verlängerte Ausschlussfrist von sechs Monaten.

2. Für den gleichen Tatbestand reicht die einmalige Geltendmachung fällig gewordener Ansprüche aus, um die Ausschlussfrist auch für später aus dem gleichen Rechtsgrund fällig werdende Ansprüche unwirksam zu machen.“

Die maßgebliche Anlage 1b zum MTV UKGM sieht vor:

„Beschäftigungsjahr 1. -3. 4

– –

7.

Urlaubstage 26 28“.

Ab dem 8. Beschäftigungsjahr sind 30 Urlaubstage vorgesehen.

Weiter heißt es dort:

„Arbeitnehmer, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Tarifvertrages am 01.01.2008 einen höheren Urlaubsanspruch als nach obiger Tabelle haben, wird dieser Urlaubsanspruch weiter gewährt. Gleiches gilt für diejenigen Arbeitnehmer, die zum obigen Zeitpunkt nach der Hessischen Urlaubsverordnung (HUrlVO) vom 12. Dezember 2006 (GVBl. I S. 671) einen höheren Urlaubsanspruch gem. § 5 HUrlVO bzw. § 13 HUrlVO hatten“.

Mit am 24. August 2012 beim Arbeitsgericht Gießen eingegangener Klage hatte der Kläger Nachgewährung von jeweils drei Tagen Erholungsurlaub für die Jahre 2009 bis 2012 begehrt und die Rechtsauffassung vertreten, ihm stehe aufgrund Unwirksamkeit der Altersstaffelung in der Hessischen Urlaubsverordnung ein jährlich um drei Tage erhöhter Anspruch auf Erholungsurlaub zu. Die Beklagte hatte in diesem Rechtsstreit die Rechtsauffassung vertreten, dass ein erhöhter Urlaubsanspruch des Klägers nicht gegeben sei und hatte beantragt, die Klage abzuweisen. Nur diejenigen Arbeitnehmer, die zum Stichtag 1. Januar 2008 tatsächlich mehr Urlaub erhalten hätten, hätten diesen beibehalten sollen. Dies war beim Kläger, der damals noch nicht das 50. Lebensjahr vollendet hatte, nicht der Fall gewesen. Mit Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 12. April 2016 (9 AZR 659/14) obsiegte der Kläger in letzter Instanz hinsichtlich des zusätzlichen Urlaubes für das Jahr 2012. Die Beklagte wurde verurteilt, ihm für dieses Jahr drei Tage Ersatzurlaub zu gewähren. Für die übrigen Jahre wurde ein Anspruch seitens des Bundesarbeitsgerichts aufgrund nicht rechtzeitiger Geltendmachung abgelehnt.

Mit einem Schreiben vom 27. Dezember 2013 (Bl. 71 d. A.) wandte sich der Kläger an die Personalabteilung der Beklagten und führte aus, vermutlich verfüge er noch über drei Tage Urlaub in 2013, die er nicht mehr in 2013 antreten könne. Er bitte deshalb um Übertragung ins nächste Kalenderjahr.

Auf einem mit „Urlaubsantrag“ überschriebenen Formular beantragte der Kläger unter dem Datum des 12. November 2014 für die Zeit vom 17. Dezember bis 19. Dezember 2014 drei Tage Urlaub „bzw. Übertrag auf nächstes Jahr „. Wegen des Schreibens im Einzelnen wird auf Bl. 71 d. A. Bezug genommen.

Mit seiner am 23. September 2016 bei Gericht eingegangenen und der Beklagten am 27. September 2016 zugestellten Klage macht der Kläger die Nachgewährung von jeweils drei Tagen Erholungsurlaub bzw. Ersatz für verfallenen Erholungsurlaub für die Jahre 2013 bis 2016 geltend.

Er ist der Auffassung, dass ihm zum Stichtag 1. Januar 2008 ein jährlicher Urlaubsanspruch von 33 Arbeitstagen zugestanden habe, weshalb ihm nach der Besitzstandsregelung in der Anlage 1b zum MTV UKGM auch weiterhin in jedem Kalenderjahr ein Urlaubsanspruch in diesem Umfang zustehe. Auf sein Arbeitsverhältnis habe bis zum 1. Januar 2008 die Urlaubsregelung des § 5 der Hessischen Urlaubsverordnung vom 12. Dezember 2006 Anwendung gefunden. Die dort enthaltene Staffelung des Urlaubs nach Lebensalter sei unwirksam. Diese Regelung verstoße gegen das Verbot der Altersdiskriminierung nach den §§ 1 und 3 Abs. 2 AGG, indem sie Beschäftigte, die das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet hätten, benachteilige, und stelle keine zulässige Ausnahme oder sachliche Differenzierung nach § 10 AGG dar. Infolge der Rechtsunwirksamkeit der Altersstaffelung sei deshalb allen Mitarbeitern und damit auch dem Kläger zum Stichtag 1. Januar 2008 der Höchsturlaubsanspruch von 33 Tagen pro Jahr zu gewähren gewesen.

Der Kläger behauptet, er habe für die jeweiligen Jahre nach dem Jahr 2012 seine zusätzlichen Urlaubstage geltend gemacht. Diese seien seitens der Beklagten abgelehnt worden. Er ist der Auffassung, im Übrigen reiche aufgrund der Regelung in § 34 Abs. 2 des MTV UKGM die einmalige Geltendmachung aus, um die Ausschlussfrist auch für später aus dem gleichen Rechtsgrund fällig werdende Ansprüche unwirksam zu machen. Es sei daher eine einmalige Forderung dreier zusätzlicher Urlaubstage ausreichend gewesen.

Die Hessische Urlaubsverordnung finde entgegen der Auffassung der Beklagten in der Fassung vom 12. Dezember 2006 auf das Arbeitsverhältnis des Klägers Anwendung. Nach dem Austritt Hessens aus der Tarifgemeinschaft der Länder habe der BAT sich in der Nachwirkung befunden. Gleiches habe dann auch für die darin enthaltenen Verweise auf gesetzliche oder vergleichbare Bestimmungen wie die Hessische Urlaubsverordnung gegolten. Diese seien weiterhin dynamisch in Bezug genommen. Letztlich könne dies aber auch im Hinblick darauf, dass die Vorgängernorm den gleichen Inhalt gehabt habe, dahinstehen.

Der Kläger behauptet, eine irgendwie geartete Zielsetzung bei Erlass der Hessischen Urlaubsverordnung, einem erhöhten Erholungsbedürfnis älterer Menschen mit der Erhöhung des Urlaubs Rechnung zu tragen, habe es nicht gegeben. Es sei damals bloßer Standard gewesen, nach Alter ohne weitere Begründung zu differenzieren. Dies sei beim Land Hessen im Hinblick auf Urlaub ebenso geschehen wie im Hinblick auf Beamtenbesoldungen oder andere Vergütungsregelungen. Jedenfalls könne, wie nunmehr auch die Tarifvertragsparteien des TVöD, die zuletzt einen erhöhten Urlaub von einem Tag ab dem 55. Lebensjahr vorgesehen hätten, erkannt hätten, von einem erhöhten Erholungsbedarf allenfalls ab diesem Lebensalter ausgegangen werden. Auch sei es in keinem Falle erforderlich, älteren Arbeitnehmern ganze drei Tage mehr Urlaub zu gewähren. Dass drei Tage zusätzlicher Urlaub ab dem 50. Lebensjahr deutlich zu hoch angesetzt seien, sei den Tarifvertragsparteien bewusst, wie sich aus der Tarifpolitik seit Geltung des AGG gezeigt habe. Im eigenen Tarifwerk der Beklagten, in dem gerade nicht nach Alter hinsichtlich der Anzahl der Urlaubstage differenziert werde, zeige sich, dass es nicht der Tarifpolitik der Beklagten entspreche, altersbedingt mehr Urlaub zu geben. Die Besitzstandsregelung führe gerade zu einer Differenzierung auch innerhalb derselben Beschäftigtengruppen bei der Zahl der Urlaubstage zwischen Altbeschäftigten mit BAT-Anspruch und Neubeschäftigten. Schon dies zeige, dass es nicht um ein erhöhtes Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter gehe.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für Urlaub aus dem Jahr 2013 drei Tage Ersatzurlaub zu gewähren,

2. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für Urlaub aus dem Jahr 2014 drei Tage Ersatzurlaub zu gewähren,

3. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für Urlaub aus dem Jahr 2015 drei Tage Ersatzurlaub zu gewähren,

4. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für Urlaub aus dem Jahr 2016 drei Tage Ersatzurlaub zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, Ansprüche auf den vom Kläger begehrten Ersatzurlaub bestünden nicht. Solche Ersatzurlaubsansprüche in Form von Schadensersatzansprüchen seien bereits deshalb nicht gegeben, weil sich ein Urlaubsanspruch nur dann in einen Schadensersatzanspruch umwandele, wenn der Arbeitgeber rechtzeitig geltend gemachten Urlaub nicht gewährt habe und der Urlaub daher aufgrund der Befristung verfallen sei. Vorliegend fehle es an einer rechtzeitigen Geltendmachung. Die Schreiben des Klägers aus dem November 2014 und dem Dezember 2013 reichten insoweit nicht aus. Es fehle an dem Begehren, ab einem bestimmten Zeitpunkt Erholungsurlaub erteilt zu bekommen. Für die weiteren Jahre sei gar keine Geltendmachung erfolgt. Auch sei die tarifvertragliche Ausschlussfrist gemäß § 34 Abs. 1 MTV UKGM nicht gewahrt. Erforderlich hierfür sei, dass die betreffende Forderung nach Grund und Höhe sowie der Zeitraum, für den die Forderung verfolgt werde, ersichtlich gemacht würden. Dem genügten die Schreiben aus den Jahren 2013 und 2014 nicht. § 34 Abs. 2 MTV UKGM sei nicht einschlägig. Es fehle schon an einer erstmaligen ordnungsgemäßen Geltendmachung. Zudem sei das Verlangen von Urlaub kein „gleicher Tatbestand“ im Sinne dieser Norm. Dafür reiche es nicht aus, dass ein Anspruch aus der gleichen Anspruchsgrundlage hergeleitet werde. Vielmehr müssten rechtliche und tatsächliche Lage identisch sein, was hier nicht der Fall sei, da der vermeintliche Zusatzurlaubsanspruch nicht jedes Jahr zur gleichen Zeit zu gewähren sei. Auch seien jeweils allenfalls die Urlaubsansprüche, aber nicht die Urlaubsersatzansprüche geltend gemacht worden. Insofern habe eine gesonderte Geltendmachung erfolgen müssen.

Im Übrigen sei die Klage unschlüssig, da sich aus dem Vortrag des Klägers nicht ergebe, weshalb die Hessische Urlaubsverordnung in der Fassung vom 12. Dezember 2006 auf den Kläger Anwendung finden solle. Dies sei auch nicht der Fall. Nachdem das Land Hessen unstreitig zum 31. März 2004 aus der Tarifgemeinschaft deutscher Länder austrat, hätten der BAT und die diesen ergänzenden Tarifverträge ab diesem Zeitpunkt nur noch statisch für den Kläger gegolten. Dies gelte auch für die in dem Tarifvertrag zu § 71 BAT enthaltene Verweisung auf die für die Beamten jeweils geltenden Vorschriften.

Zudem sei die Urlaubsstaffelung nach dem Alter in § 5 der Hessischen Urlaubsverordnung und die Verweisung darauf in der Anlage 1b zum MTV UKGM wirksam. Dies gelte jedenfalls im Hinblick auf die Urlaubstaffel für über 50 -jährige Beschäftigte, die hier maßgeblich sei. Die Differenzierung sei im Sinne von § 10 Abs. 1 AGG objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt.

Die Beklagte behauptet, bei sämtlichen Arbeitnehmern, die das 50. Lebensjahr vollendet hätten, liege ein gegenüber jüngeren Arbeitnehmern erhöhtes Erholungsbedürfnis vor. Die physische Belastbarkeit eines Menschen nehme mit zunehmendem Alter ab, die Krankheitsanfälligkeit hingegen zu. Diese Erkenntnis sei in der Rechtsprechung anerkannt. Bei einer zulässigen typisierenden Betrachtung sei es gerechtfertigt, bei über 50-Jährigen aufgrund von Skelett-, Muskel-, Lungen-, Herz- und Sinnesfunktionseinbußen von einer abnehmenden Belastbarkeit und als Folge hiervon von einem höheren Regenerationsbedürfnis auszugehen. Das höhere Generationsbedürfnis gelte dabei für alle Beschäftigtengruppen, unabhängig davon, ob sie, wie etwa Pflegekräfte, „am Patienten“ arbeiteten oder in patientenfernen Bereichen, wie etwa in der Verwaltung. Die Tarifvertragsparteien hätten diesem Bedürfnis durch die Gewährung eines erhöhten Urlaubsanspruchs Rechnung tragen wollen. Dies gelte zum einen für die ursprüngliche Verweisung im Tarifvertrag zu § 71 BAT. In gleicher Weise gelte dies aber auch für die fragliche Verweisung in Anlage1b zum MTV UKGM. Die Beklagte ist der Auffassung, im Rahmen der hier zu entscheidenden Frage müsse es auf den Willen der Tarifvertragsparteien des MTV UKGM ankommen, nicht des BAT. Denn die maßgebliche tarifvertragliche Regelung enthalte Anlage 1b zum MTV. Sie behauptet, die Tarifvertragsparteien des MTV UKGM hätten die Regelung des § 5 HUrlVO zum einen beibehalten wollen, weil sie den Besitzstand derer hätten erhalten wollen, die bei Inkrafttreten bereits mehr Urlaub erhielten als nach dem MTV UKGM vorgesehen. Zum anderen hätten sie aber auch der Tatsache Rechnung tragen wollen, dass ältere Arbeitnehmer, konkret über 50-jährige, weniger belastbar und deshalb erholungsbedürftiger seien als jüngere. Die Regelung sei auch geeignet, dem Schutz der über 50- Jährigen zu dienen, die hierdurch mehr Möglichkeiten erhielten, sich von den Anstrengungen der Arbeit zu erholen. Auch beschränke sich die tarifvertragliche Regelung auf ein Maß, das nicht über das Erforderliche hinausgehe. Die gewährten zusätzlichen drei Urlaubstage seien angesichts der erheblichen Belastungen der Arbeitnehmer im Klinikbereich allenfalls ein Teilbeitrag zum Ausgleich der jahrelangen Arbeit unter den dortigen Belastungsfaktoren.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

A. Der Kläger hat gegen die Beklagte für die Jahre 2013 bis einschließlich 2016 jeweils einen Anspruch auf drei Tage Ersatzurlaub. Dieser ergibt sich aus §§ 275 Abs. 1 und Abs. 4, § 280 Abs. 1 und Abs. 3, § 283 Satz 1, § 286 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 3, § 287 Satz 2, § 249 Abs. 1 BGB. Auf der Grundlage dieser Vorschriften wandelt sich der Urlaubsanspruch in einen Schadensersatzanspruch um, der auf Gewährung von Ersatzurlaub als Naturalrestitution gerichtet ist, wenn der Arbeitgeber sich zu dem Zeitpunkt, in dem der Urlaubsanspruch aufgrund seiner Befristung verfällt, mit der Urlaubsgewährung in Verzug befindet.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kommt der Arbeitgeber grundsätzlich nur dann mit der Urlaubsgewährung in Verzug, wenn er den vom Arbeitnehmer rechtzeitig geltend gemachten Urlaub nicht gewährt. Einer Geltendmachung des Urlaubs durch den Arbeitnehmer bedarf es aber dann nicht, wenn der Arbeitgeber die Urlaubsgewährung ernsthaft und endgültig verweigert (BAG v. 4. November 2015 – 7 AZR 851/13, juris; BAG v. 20. März 2012 – 9 AZR 529/10, juris; BAG v. 13. Dezember 2011 – 9 AZR 420/10, juris).

Danach befand sich die Beklagte mit der Gewährung von drei Tagen zusätzlichen Urlaubs für die Jahre 2013 bis einschließlich 2016 in Verzug, als der jeweilige Urlaubsanspruch für diese Jahre aufgrund seiner Befristung gemäß § 29 Nr. 10 Abs. 1 Satz 1 MTV UKGM am 31. Dezember des jeweiligen Jahres unterging, ohne dass es darauf ankäme, ob die Schreiben des Klägers aus dem Dezember 2013 und dem November 2014 ein hinreichend konkretes Verlangen beinhaltet hatten, den Urlaub in den Jahren 2013 und 2014 zu gewähren. Maßgebend ist, dass der Kläger im Jahr 2012 eine der Beklagten im selben Jahr zugestellte Klage anhängig gemacht hatte, mit der er mit der Begründung, ihm stehe aufgrund Altersdiskriminierung wegen der in der Hessischen Urlaubsverordnung für Beamte enthaltenen Altersstaffelung des Urlaubs i.V.m. der Besitzstandsregelung in Anlage 1b zum MTV UKGM ein um drei Tage erhöhter Urlaubsanspruch zu, für mehrere Jahre bis einschließlich 2012 die Gewährung von drei Tagen zusätzlichem Urlaub bzw. Ersatzurlaub begehrt hatte, und die Beklagte in diesem Rechtsstreit die Abweisung der Klage beantragt sowie u.a. argumentiert hatte, ein solcher Anspruch auf drei Tage zusätzlichen Urlaub bestehe aus rechtlichen Gründen generell nicht (vgl. BAG v. 21. April 2016 – 9 AZR 659/14, juris; Hessisches LAG v. 9. Mai 2014 – 3 Sa 686/13, juris). Der Rechtsstreit war bis zum Frühjahr 2016 nicht rechtskräftig abgeschlossen, stets argumentierte die Beklagte, ein erhöhter Urlaubsanspruch sei nicht gegeben. Aus objektiver Empfängersicht lag darin eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung der Beklagten als Schuldnerin des Urlaubsanspruches, die sich nicht nur auf die Jahre bis einschließlich 2012 bezog, sondern die Existenz des weitergehenden Urlaubsanspruchs generell in Abrede stellte. Damit machte sie gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB eine Mahnung des Klägers entbehrlich.

Am 1. Januar 2013, am 1. Januar 2014, am 1. Januar 2015 und am 1. Januar 2016 erwarb der Kläger jeweils einen Anspruch auf 33 Arbeitstage Urlaub. Der Urlaubsanspruch folgte aus der tariflichen Regelung in § 29 Nr. 3 Abs. 1 MTV UKGM i.V.m. der Besitzstandsklausel in der Anlage 1b zu diesem Tarifvertrag und Art. III Abs. 1 Tarifvertrag zu § 71 BAT i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 der Urlaubsverordnung für Beamte im Lande Hessen vom 16. November 1982, die auf den Kläger so anzuwenden sind, als wenn er bei Inkrafttreten des MTV UKGM bereits das 50. Lebensjahr vollendet gehabt hätte.

Nach S. 1 der Besitzstandsklausel in der Anlage 1b zum MTV UKGM verbleibt es für Arbeitnehmer, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des MTV UKGM am 1. Januar 2008 einen höheren Urlaubsanspruch als den in der Tabelle in der Anlage 1b bestimmten Anspruch hatten, bei diesem Anspruch. Dies war beim Kläger der Fall.

Auf sein Arbeitsverhältnis fand zu diesem Zeitpunkt jedenfalls aufgrund der arbeitsvertraglichen Inbezugnahmeklausel nach dem zum 31. März 2004 erfolgten Austritt des Land Hessen aus der tarifschließenden Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) der Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) sowie die diesen ergänzenden Tarifverträge und damit auch der Tarifvertrag zu § 71 BAT in der Fassung, die er bei Austritt aus der TdL am 31. März 2004 hatte, Anwendung. Dieser verwies damals auf die zu diesem Zeitpunkt geltende Urlaubsverordnung für Beamte im Lande Hessen. Das war die Verordnung vom 16. November 1982. Die hier vorliegende dynamische Verweisung in einem von einem tarifgebundenen Arbeitgeber geschlossenen Arbeitsvertrag ist jedenfalls dann, wenn der Arbeitsvertrag wie vorliegend vor dem 1. Januar 2002 abgeschlossen wurde, als so genannte Gleichstellungsabrede zu verstehen. Mit einer solchen Verweisung will der tarifgebundene Arbeitgeber regelmäßig den Arbeitnehmer ungeachtet einer Gewerkschaftszugehörigkeit so stellen, als sei dieser tarifgebunden. Die Gleichstellungsabrede führt bei einem Verbandsaustritt des bislang tarifgebundenen Arbeitgebers dazu, dass die Bezugnahmeklausel nur noch auf den zu diesem Zeitpunkt geltenden Tarifvertrag verweist. An späteren Änderungen nehmen die Arbeitnehmer aufgrund der Gleichstellungsabrede dann nicht mehr teil (BAG v. 18. April 2007 – 4 AZR 653/05, juris). Dies führt weiterhin dazu, dass spätere Änderungen von in einem in Bezug genommenen Tarifvertrag wiederum in Bezug genommenen Tarifvertrag oder auch einer dort in Bezug genommenen gesetzlichen Regelung oder Rechtsverordnung für das Arbeitsverhältnis ebenfalls keine Bedeutung mehr erlangen. Auch die Verweisungsnorm gilt ab dem Zeitpunkt des Verbandsaustritts lediglich noch statisch.

In Art. III § 1 des Tarifvertrages zu § 71 BAT i.V.m. § 4 Abs. 1 S. 2 der Urlaubsverordnung vom 16. November 1982 war eine Urlaubsstaffelung nach dem Lebensalter vorgesehen, nach der der Kläger als bei Inkrafttreten des MTV UKGM am 1. Januar 2008 noch nicht 50 Jahre alter Arbeitnehmer einen um drei Tage kürzeren Urlaub erhielt als Beschäftigte, die das 50. Lebensjahr bereits vollendet hatten.

Diese Urlaubsstaffelung nach dem Lebensalter verstieß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG und war deshalb nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. Dies hat zur Folge, dass dem Kläger bereits vor der Vollendung des 50. Lebensjahres und damit auch bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des MTV UKGM in jedem Kalenderjahr ein Anspruch auf 33 Urlaubstage zustand (zur Rechtsfolge einer „Anpassung nach oben“ vgl. BAG v. 20. März 2012 – 9 AZR 529/10, juris; BAG v. 12. April 2016 – 9 AZR 659/14, juris).

Art. III § 1 des Tarifvertrages zu § 71 BAT, der den Regelungsgehalt des § 4 Abs. 1 Satz 2 der Urlaubsverordnung vom 16. November 2011 zum Inhalt der Tarifregelung macht, ist am Maßstab des AGG zu messen. Dem steht nicht entgegen, dass der Tarifvertrag zu § 71 BAT aus dem Jahr 1961 stammt, also zu einem Zeitpunkt vor dem Inkrafttreten des AGG im Jahr 2006 vereinbart wurde. Die Vorschriften des AGG sind auf tarifliche Urlaubsbestimmungen anzuwenden, sofern diese – wie vorliegend – den Anspruch eines Arbeitnehmers für Kalenderjahre regeln, die zeitlich nach dem Inkrafttreten des AGG liegen (BAG v. 12. April 2016 – 9 AZR 659/14 m.w.N.).

Art. III § 1 des Tarifvertrages zu § 71 BAT i.V.m. § 4 Abs. 1 S. 2 der Urlaubsverordnung in der Fassung vom 16. November 1982 knüpfte die Dauer des dem Arbeitnehmer zustehenden Urlaubs an das Lebensalter und behandelte deshalb Beschäftigte, die wie der Kläger das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, unmittelbar wegen ihres Alters anders als Beschäftigte, die 50 Jahre oder älter waren (BAG v. 12. April 2016 – 9 AZR 659/14 m.w.N.).

Diese Ungleichbehandlung des Klägers ist nicht gerechtfertigt.

Nach § 10 Satz 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen nach § 10 Satz 2 AGG angemessen und erforderlich sein. Beides ist im Hinblick auf das konkret angestrebte Ziel zu beurteilen. Die Mittel sind deshalb nur dann angemessen und erforderlich, wenn sie es erlauben, das mit der unterschiedlichen Behandlung verfolgte Ziel zu erreichen, ohne zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der legitimen Interessen derjenigen Arbeitnehmer zu führen, die wegen ihres Alters benachteiligt werden, und die Maßnahme nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung des angestrebten Ziels notwendig ist. § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG konkretisiert u.a. das legitime Ziel der Sicherstellung des Schutzes „älterer Beschäftigter“, wobei dieser Schutz auch die Festlegung besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen einschließen kann (vgl. BAG v. 22. Oktober 2015 – 8 AZR 168/14, juris; BAG v. 12. April 2016 – 9 AZR 659/14, juris).

Beruft sich der Arbeitgeber darauf, eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters sei zulässig, obliegt es ihm darzulegen, dass mit der Ungleichbehandlung ein legitimes Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG angestrebt wird und dass die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Der Arbeitgeber genügt seiner Darlegungslast nicht bereits dann, wenn er allgemein geltend macht, die Regelung diene dem Schutz älterer Arbeitnehmer. Vielmehr hat er substantiierten Sachvortrag zu leisten (BAG v. 22. Oktober 2015 – 8 AZR 168/14, juris; BAG v. 12. April 2016 – 9 AZR 659/14, juris). Der Arbeitgeber hat darzulegen, aufgrund welcher konkreten Umstände unter Berücksichtigung des den Tarifvertragsparteien zustehenden Ermessensspielraums und ihrer grundsätzlichen Befugnis zur Generalisierung und Typisierung bei der Gruppenbildung davon auszugehen ist, dass bei sämtlichen Arbeitnehmern, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, ein gegenüber jüngeren Arbeitnehmern erhöhtes Erholungsbedürfnis vorliegt. Darüber hinaus hat er vorzutragen, ob und inwiefern die Tarifvertragsparteien diesem Bedürfnis durch die Gewährung eines erhöhten Urlaubsanspruchs Rechnung tragen wollten. Ferner bedarf es Darlegungen zu der Frage, ob die von den Tarifvertragsparteien gewählte Lösung ihrem Wesen nach geeignet war, den mit der Urlaubsgewährung verfolgten Zweck merklich zu fördern, und ob die von den Tarifvertragsparteien gefundene Lösung sich auf ein Maß beschränkte, das nicht über das Erforderliche hinausging. Schließlich obliegt es dem Arbeitgeber darzulegen, dass die vorstehenden Kriterien für sämtliche Tarifunterworfenen ohne Rücksicht auf die Umstände erfüllt waren, unter denen die einzelnen Beschäftigtengruppen ihre Arbeitsleistung erbrachten (BAG v. 12. April 2016 – 9 AZR 659/14, juris).

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Beklagte nicht hinreichend dargelegt, aufgrund welcher Umstände die in Art. III § 1 TV zu § 71 BAT iVm. § 4 Abs. 1 Satz 2 der Urlaubsverordnung vom 16. November 1982 enthaltene Ungleichbehandlung wegen des Alters sachlich gerechtfertigt ist.

Es fehlt bereits an jeglichem konkreten Tatsachenvortrag dazu, dass die Tarifvertragsparteien bei Einführung der Urlaubsstaffelung tatsächlich einem mit zunehmendem Alter gesteigerten Erholungsbedürfnis Rechnung tragen wollten.

Maßgeblich kommt es insoweit auf den Regelungswillen der Tarifvertragsparteien des Tarifvertrages zu § 71 BAT an, denn dieser enthielt durch seine Verweisung auf die Urlaubsverordnung für Beamte die hier infrage stehende Altersstaffelung, die der sachlichen Rechtfertigung bedarf. Hinsichtlich des Willens der Tarifvertragsparteien dieses Tarifvertrages beschränkt sich der Vortrag der Beklagten darauf, ohne jegliche nähere Erläuterung zu behaupten, die Tarifvertragsparteien hätten dem gesteigerten Erholungsbedürfnis durch die Gewährung eines erhöhten Urlaubsanspruchs Rechnung tragen wollen. Dieser Tatsachenvortrag ist vollkommen unsubstantiiert und durch keinerlei Umstände hinterlegt, die auf ein tatsächliches Vorhandensein eines entsprechenden Willen der Tarifvertragsparteien schließen ließen. Auch hat die darlegungs- und beweisbelastete Beklagte für diese von der Klägerseite bestrittene Behauptung keinerlei Beweis angeboten. Sie ist insofern beweisfällig geblieben. Konkreten Vortrages zu der von den Tarifvertragsparteien beabsichtigten Zielsetzung, die diese mit der am Lebensalter ausgerichteten Urlaubsstaffelung verfolgten, hätte es insbesondere vor dem Hintergrund bedurft, dass die hier infrage stehende Altersstaffelung nicht etwa nur Arbeitnehmern ab dem vollendeten 50. Lebensjahr einen höheren Urlaubsanspruch gewährt, sondern bereits ab dem vollendeten 30. Lebensjahr eine Erhöhung des Urlaubsumfangs vorsieht. Bei einer solchen Urlaubsstaffelung ist in besonderem Maße zweifelhaft, ob sie den Zweck verfolgt, ältere Arbeitnehmer zu schützen (BAG v. 12. April 2016 – 9 AZR 659/14, juris).

Vor diesem Hintergrund hätte es auch wenn man der Rechtsauffassung der Beklagten folgen wollte, es komme nicht oder nicht nur auf den Willen der Tarifvertragsparteien des Tarifvertrages zu § 71 BAT an, sondern (auch) auf denjenigen der Tarifvertragsparteien des MTV UKGM, sehr viel konkreteren Sachvortrages dazu bedurft, was genau sich diese Tarifvertragsparteien bei der Regelung dachten und insbesondere, ob überhaupt, wann und mit welchem konkreten Inhalt die Thematik des erhöhten Erholungsbedürfnisses älterer Arbeitnehmer Gegenstand der Erörterungen der Tarifvertragsparteien war. Die Vernehmung des hierfür benannten Zeugen hätte einen unzulässigen Ausforschungsbeweis dargestellt. Gemäß § 373 ZPO muss die darlegungs- und beweispflichtige Partei diejenigen Tatsachen bezeichnen, zu denen ein Zeuge vernommen werden soll. Tatsachen sind konkrete, nach Zeit und Raum bestimmte, der Vergangenheit oder Gegenwart angehörende Geschehnisse oder Zustände. Solche müssen seitens der Partei vorgetragen werden. Wird dagegen ein Beweis angetreten, bei dem es an der Bestimmtheit der zu beweisenden Tatsache fehlt und sollen durch die beabsichtigte Beweiserhebung erst die Grundlagen für substantiierte Tatsachenbehauptungen gewonnen werden, ist der Beweisantritt unzulässig und unbeachtlich (BAG v. 5. November 2003 – 5 AZR 562/02, AP Nr. 106 zu § 615 BGB). So stellt es sich vorliegend dar. Dem Vortrag des Beklagten lässt sich in keiner Weise entnehmen, ob überhaupt, wann und mit welchem konkreten Inhalt die Thematik des erhöhten Erholungsbedürfnisses älterer Arbeitnehmer Gegenstand der Erörterungen der Tarifvertragsparteien war und ob und wann sich die Vertragsparteien auf einen gemeinsamen Willen verständigten, mit der Besitzstandsklausel nicht nur den Besitzstand erhalten zu wollen, sondern auch der Tatsache Rechnung zu tragen, dass ältere Arbeitnehmer weniger belastbar und deshalb erholungsbedürftiger seien als jüngere. Diese Umstände müssten, wollte man dem Beweisangebot der Beklagten folgen, erst durch Befragung des benannten Zeugen ermittelt werden. Dies stellte eine unzulässige Ausforschung dar.

Die auf Gewährung von jeweils drei Tagen Ersatzurlaubs gerichteten Schadensersatzansprüche des Klägers für die Jahre 2013 bis einschließlich 2016 sind auch nicht gemäß § 34 Abs. 1 MTV UKGM wegen Ablaufs der dort geregelten dreimonatigen Ausschlussfrist verfallen. Nach dieser Regelung müssen Ansprüche aus den zwischen den Tarifvertragsparteien abgeschlossenen Tarifverträgen innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. Gemäß § 34 Abs. 2 MTV UKGM reicht für den gleichen Tatbestand jedoch die einmalige Geltendmachung fällig gewordener Ansprüche aus, um die Ausschlussfrist auch für später aus dem gleichen Rechtsgrund fällig werdende Ansprüche unwirksam zu machen.

Im Sinne des Abs. 2 reichte die vom Kläger im Jahr 2012 erhobene Klage auf Gewährung von Ersatzurlaub im Umfang von drei zusätzlichen Urlaubstage für das Jahr 2012 aus, um die Ausschlussfrist auch für die später fällig gewordenen Urlaubsersatzansprüche aus den Jahren 2013 und danach unwirksam zu machen. Es handelt sich dabei um Ansprüche, die im Sinne von 34 Abs. 2 MTV UKGM später aus dem gleichen Rechtsgrund fällig werden, denn es geht jeweils um Ansprüche auf zusätzlichen Urlaub aus der Besitzstandsklausel in der Anlage 1b zum MTV UKGM i.Vm. dem Tarifvertrag zu § 71 BAT und der darin enthaltenen Verweisung auf die Hessische Urlaubsverordnung für Beamte, lediglich für unterschiedliche Urlaubsjahre.

B. Als unterlegene Partei hat die Beklagte gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes ergibt sich aus einer Schätzung der Höhe des Urlaubsentgeltanspruchs für die insgesamt 12 streitgegenständlichen Urlaubstage.

Die Berufung ist nicht gesondert zuzulassen, weil die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch sonstige Zulassungsgründe im Sinne von § 64 Abs. 3 ArbGG nicht gegeben sind.

Die Rechtsmittelbelehrung folgt auf der nächsten Seite.

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