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Verfall von Urlaubsansprüchen – Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers

ArbG Nordhausen – Az.: 4 Ca 13/21 – Urteil vom 10.09.2021

I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 2.326,17 EUR brutto (Urlaubsabgeltung) nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit dem 12. 12. 2020 zu zahlen.

II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte 94/100 und Klägerin 6/100.

IV. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Urteil auf 2.636,34 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Abgeltung von Urlaubsansprüchen.

Die am 9.1.1983 geborene Klägerin war bei der Beklagten seit dem 1.1.2010 als Sachbearbeiterin beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis lag ein schriftlicher Arbeitsvertrag vom 4.12.2009 (Bl. 6 u. 7 der Akte) zugrunde. In Ziffer 9. dieses Arbeitsvertrages war ein Jahresurlaubsanspruch von 25 Arbeitstagen vereinbart. Der Verdienst der Klägerin betrug 2.400,00 € brutto im Monat (vgl. die übereinstimmenden Erklärungen der Parteien im Termin am 10.9.2021, Bl. 71 der Akte). Das Arbeitsverhältnis der Klägerin endete durch Eigenkündigung zum 30.10.2020.

Mit der am 5.1.2021 beim Arbeitsgericht Nordhausen eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die Abgeltung von 21 Resturlaubstagen.

Sie begründet ihren Anspruch damit, dass sie mit Beginn des Urlaubsjahres 2020 noch einen Resturlaubsanspruch im Umfang von 15,5 Urlaubstagen gehabt habe. Zu diesen Tagen sei der Urlaub für 2020 mit 25 Urlaubstagen hinzugekommen. Durch die Beklagte seien im Jahr 2020 dann lediglich 19,5 Urlaubstage gewährt worden, so dass sich ein Rest von 21 Urlaubstagen ergebe. Die Klägerin berechnet ihre Klageforderung auf der Basis eines mtl. Bruttovergütung in Höhe von 2.720,00 € mit 2.636,34 € brutto. Auf die weitergehenden Einzelheiten zur Urlaubsgewähr und zur Berechnung der Forderung wird auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 5.1.2021 (Bl. 4 der Akte) wird Bezug genommen

Soweit die Klägerin mit der Klage die Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnis beantragt hatte, erklärten die Parteien den Rechtsstreit im Termin zur mündlichen Verhandlung am 10.9.2021 übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt, nachdem durch die Beklagte nach Klageerhebung ein Zeugnis erteilt worden war.

Die Klägerin beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Urlaubsabgeltung in Höhe von brutto 2.636,34 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 Abs. 1 BGB seit dem 12.12.2020 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung ihres Klageabweisungsantrages trägt die Beklagte vor, dass die Urlaubsansprüche der Klägerin aus dem Jahr 2019 nach § 7 Abs. 3 BUrlG spätestens am 31.3.2020 erloschen seien. Damit verblieben noch die Urlaubsansprüche aus 2020. Von diesen Urlaubsansprüchen im Umfang von 25 Tagen seien der Klägerin 19,5 Tage gewährt worden, so dass nur noch 5,5 Tage verbleiben würden.

Abschließend wird für die weitergehenden Einzelheiten des Parteivortrages auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen und die Niederschriften der mündlichen Verhandlungen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist auch zum überwiegenden Teil begründet. Für die Klägerin besteht ein Anspruch auf finanzielle Abgeltung von 21 Urlaubstagen gegenüber der Beklagten.

Die Entscheidung beruht auf den nachfolgenden, im Wesentlichen zusammengefassten tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen (§§ 46 Abs. 2 ArbGG, 313 Abs. 3 ZPO).

1. Zwischen den Parteien bestand bis zur Beendigung am 30.10.2020 ein Arbeitsverhältnis in dem für die Klägerin ein auf das Kalenderjahr bezogener Urlaubsanspruch von 25 Arbeitstagen unstreitig vereinbart war. Für den zum Beendigungszeitpunkt noch vorhandenen Resturlaubsanspruch ergibt sich der Abgeltungsanspruch aus § 7 Abs. BurlG. Hiernach ist der Urlaub, der wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gewährt werden kann, abzugelten.

2. Zum 30.10.2020 bestand zugunsten der Klägerin noch ein unerfüllter Resturlaubsanspruch im Umfang von 21 Urlaubstagen.

Verfall von Urlaubsansprüchen - Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers
(Symbolfoto: TippaPatt/Shutterstock.com)

a. Dabei ist im Ausgangspunkt für den Urlaubsanspruch der Klägerin entgegen der Auffassung der Beklagten nicht von einem Verfall der Ansprüche aus dem Jahr 2019 zum 31.3.2020 auszugehen. Die Verfallsregelung aus § 7 Abs. 3 BurlG greift unter Berücksichtigung der Rspr. des Bundesarbeitsgerichts nur dann, wenn der Arbeitgeber seinen Mitwirkungsobliegenheit genüge getan hat. Diese Mitwirkungsobliegenheiten bestehen darin, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über über den Umfang des noch bestehenden Urlaubs informiert, ihn auf die für die Inanspruchnahme des Urlaubs maßgeblichen Fristen hinweist und ihn zudem auffordert, den Urlaub tatsächlich in Anspruch zu nehmen (vgl. BAG vom 19.2.2019, 9 AZR 423/16, Rn 25, juris). Dabei trifft den Arbeitgeber im Prozess die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er seinen Obliegenheiten nachgekommen ist, soweit er sich auf den Verfall berufen will. Im vorliegen Streitfall hat die Beklagte hierzu keine Sachvortrag gehalten, so dass sich nicht feststellen lässt, dass die Beklagte ihren Mitwirkungsobliegenheit im Verhältnis zur Klägerin nachgekommen ist. Dies hat zur Folge, dass ein Verfall der Urlaubsansprüche aus dem Jahr 2019 nicht eingetreten ist.

b. Zu diesen 15,5 Urlaubstagen aus dem Jahr 2019 kommen zum 1.1.2020 die 25 Urlaubstage für 2020, die sich auch durch das Ausscheiden der Klägerin aus dem Arbeitsverhältnis zum 30.10.2020 nicht in einen Teilurlaubsanspruch wandeln, da kein Ausscheiden in der ersten Jahreshälfte vorliegt (§ 5 Abs. 1 c BurlG).

c. Von den so ermittelten Urlaubsansprüchen Umfang von 40,5 Urlaubstagen, die der Klägerin im Zeitraum vom 1.1.2020 bis 30.10.2020 zustanden, sind die unstreitig von der Beklagten tatsächlich gewährten Urlaubstage im Umfang von 19,5 Tagen abzuziehen, so dass ein Resturlaubsanspruch von 21 Urlaubstagen verbleibt.

3. Hinsichtlich der Höhe des Abgeltungsanspruchs war zunächst von einem mtl. Bruttoverdienst in Höhe von 2.400,00 €, wie ihn die Parteien im Termin zur mündlichen Verhandlung am 10.9.2021 unstreitig gestellt hatten, auszugehen. Damit errechnet sich der Wert für einen Urlaubstag mit 110,77 € brutto (3 x 2.400,00 € ./. 65). Für 21 Urlaubstage beträgt der Abgeltungsanspruch daher 2.336,34 € brutto.

Im Ergebnis war die Beklagte daher zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 2.336,34 € brutto zu verurteilen.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 284, 286, 288, 247 BGB.

Im Übrigen war die Klage bzgl. der weitergehenden Forderung die auf der Grundlage eines mtl. Bruttoverdienstes in Höhe von 2.720,00 € von der Klägerin berechnet wurde, abzuweisen.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 92 Abs. 1 ZPO. Die Kosten wurden im Verhältnis des jeweiligen Obsiegens und Unterliegens auf die Parteien verteilt. Dabei wurde im Rahmen der Kostenentscheidung auch über die Kosten für die mit der Klage zunächst geltend gemachte Zeugniserteilung nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung mit entschieden. Die Kosten wurden insoweit unter Heranziehung des Rechtsgedankens aus § 91 Abs. 1 ZPO der Beklagten zugerechnet, nachdem das Zeugnis nach Klageerhebung erteilt und der Rechtsstreit sodann von den Parteien übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt wurde.

Den Urteilsstreitwert hat das Gericht im Urteil (§ 61 Abs. 1ArbGG) festgesetzt und hierbei die bezifferte Klageforderung, über die zu entscheiden war, zugrunde gelegt.

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