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Vergleichbarkeit bei Sozialauswahl mit Namensliste

Arbeitsgericht Saarland, Az.: 7 Ca 172/18.NK, Urteil vom 10.01.2019

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Der Streitwert des Verfahrens wird auf 12.064,80 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der betriebsbedingten Kündigung vom 26.2.2018 zum 31.5.2018, ausgesprochen durch den Beklagten zu 1), sowie um den Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte zu 2) und dessen Bestand über den 31.5.2018 hinaus. Darüber hinaus streiten die Parteien um Annahmeverzugslohnansprüche ab Juni 2018.

Vergleichbarkeit bei Sozialauswahl mit Namensliste
Symbolfoto: Von BeeBright / Shutterstock.com

Die Insolvenzschuldnerin (ehemals … umfirmiert zum 26.2.2018 zur …) betrieb bis 28.2.2017 eine Gießerei in O. mit rund 100 Mitarbeitern. Mit Beschluss vom 1.3.2017 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin eröffnet und Rechtsanwalt … der Beklagte zu 1), zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Beklagte zu 1) führte das Unternehmen fort bis zum 28.2.2018.

Der ungelernte 61-jährige Kläger war bei der Insolvenzschuldnerin seit dem 2.7.1973 in der Kernmacherei beschäftigt. Er war als Kernbüxenlagerverwalter tätig und verfügt über einen Staplerschein. Sein monatliches Einkommen betrug 3.500 €. Der Kläger erhielt das zweihöchste Gehalt in der Abteilung. Nur Herr … bezog ein höheres Gehalt als der Kläger, Bl. 167 d.A..

Bei der Insolvenzschuldnerin bestand ein Betriebsrat.

Der Beklagte zu 1) strengte zwei Investorenprozesse an. Diese blieben jedoch erfolglos, sodass Ende Januar fest stand, dass der Betrieb zum 28.2.2018 aufgrund drohender Masseunzulänglichkeit geschlossen werden muss. Kurzfristig zeigte Herr … der ehemalige Geschäftsführer der N. H. G., Interesse am Kauf des Unternehmens. Es erfolgte eine Prüfung mit Unterstützung der IG-M. N. und des I. Instituts S.. Der Erwerber legte ein Erwerberkonzept vor, Bl. 24 ff. d.A.. Er machte unter anderem zur Bedingung, dass eine Reduzierung der Mitarbeiterzahl auf 75 Arbeitnehmer erfolgt. Im Bereich der Kernmacherei, dem Einsatzbereich des Klägers, waren 5 Freisetzungen als notwendig vorgesehen.

Der Betriebsrat wurde am 20.2.2018 angehört, Bl. 69 ff. d.A.. Mit Schreiben vom 23.2.2018 erklärte der Betriebsratsvorsitzende, dass der Betriebsrat die Anhörung zu den Kündigungen auf der Grundlage des Erwerberkonzeptes erhalten hat und keine weitere Stellungnahme abgeben wird, Bl. 76 d.A.

Mit dem Betriebsrat wurde am 23.2.2018 eine Betriebsvereinbarung über einen Interessenausgleich mit Namensliste und ein Sozialplan geschlossen. Auf den Inhalt wird Bezug genommen, vgl. Bl. 19 ff.; Bl. 31 ff. d.A.. Der Kläger steht auf dieser Namensliste, Bl. 23 d.A.; Bl. 30 d.A.. Die Mitarbeiter … und … waren wie der Kläger ebenfalls in der Kernmacherei beschäftigt und sollten auch gekündigt werden.

Im Rahmen der vorgenommenen Sozialauswahl wurden zunächst folgende Vergleichsgruppen gebildet: Kernmacherei, Kupolofen, Modellbau, Gießerei, Versand und Verwaltung. Im Bereich der Kernmacherei wurde sodann unterschieden zwischen Kernmacherhelfern, Facharbeitern und Vorarbeitern. Die Sozialpunkte wurden aus den Kriterien Betriebszugehörigkeit, Alter und Unterhaltspflichten ermittelt. Auf § 3 der Betriebsvereinbarung über einen Interessenausgleich mit Namensliste wie Bl. 148 d.A. wird Bezug genommen. Der Kläger erreichte 123 Sozialpunkte. Die übrigen ungekündigten „Kernmacher“ erreichten folgende Sozialpunkte: … 115; … 117; … 122; … 125, … 127 und … 131. Die ungekündigten „Kernmacherhelfer“ erreichten folgende Sozialpunkte: … 29; … 36; … 49; … 50; … 57; … 60; … 115. Auf die Personalliste wie Bl. 167 d.A. sowie auf § 3 des Sozialplanes wie Bl. 160 f. d.A. wird Bezug genommen.

Die Massenentlassungsanzeige an die Bundesagentur für Arbeit erfolgte mit Schreiben vom 23.2.2018, Bl. 79 ff. d.A.. Mit Schreiben vom 21.2.2018 erfolgte die Anhörung des Betriebsrates diesbezüglich, Bl. 77 f. d.A.. Der Betriebsrat erklärte mit Schreiben vom 23.2.2018 die Anhörung sowie den Entwurf der Anzeige erhalten zu haben. Der Vorsitzende erklärte, dass keine weitere Stellungnahme beabsichtigt ist, Bl. 86 d.A.. Mit Schreiben vom 23.2.2018 bestätigte die Bundesagentur für Arbeit den vollständigen Eingang der Entlassungsanzeige am 23.2.2018 und setzte eine Entlassungssperre bis einschließlich 23.3.2018 fest, Bl. 98 d.A..

Mit Kaufvertrag vom 26.2.2018 erwarb die Beklagte zu 2) mit Wirkung zum 1.3.2018 Teile des Unternehmens. Der Kläger hat dem Betriebsübergang nicht widersprochen. Seit dem 1.3.2018 führte die Beklagte zu 2) die Geschäfte am Betriebssitz fort.

Mit Schreiben vom 26.2.2018 kündigte der Beklagte zu 1) die benannten Mitarbeiter, u.a. auch das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger aus betriebsbedingten Gründen zum 31.5.2018, Bl. 3 d.A..

Der Kläger behauptet, ihm sei nur gekündigt worden, um dem neuen Arbeitgeber Personalkosten zu ersparen. Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten seien dadurch behoben, dass die Insolvenzschuldnerin mit Wirkung zum 1.3.2018 verkauft worden sei. Die Vermutung nach § 125 InsO sei durch den Betriebsübergang widerlegt. Der Kläger behauptet, dass er kein Vorarbeiter sei. Er habe lediglich eine gehobene Helfertätigkeit inne gehabt. Bei der Tätigkeit handele es sich weder um eine Facharbeiter- noch um eine Vorarbeitertätigkeit. Er sei der Handlanger des Mitarbeiters … gewesen. Er habe von diesem ausgedruckte Unterlagen bekommen, nach denen der Kläger im Magazin Kernkasten zu besorgen hatte, die er zu den Maschinen verbrachte. Die aus Holz oder Alu bestehenden Kernkasten habe er dann an der Maschine angebracht, sodass der Bearbeitungsvorgang der Maschine habe stattfinden können. Der Kläger sei wie alle übrigen Mitarbeiter der Kernmacherei, mit Ausnahme von Herrn … und Herrn …, angelernter Helfer gewesen. Er sei deshalb vergleichbar mit den Mitarbeitern … den beiden … und …. Herr … mache nunmehr unter dem Erwerber die Tätigkeit, die der Kläger erledigt habe. An der Kernschießmaschine genüge eine Anlernzeit von 1-2 Wochen. Bei den Mitarbeitern … und … handele es sich nicht um gelernte Kernmacher.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

1) festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung des Beklagten zu 1) vom 26.2.2018 zum 31.5.2018 aufgelöst wurde,

2) festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis mit dem 1.3.2018 auf die Beklagte zu 2) übergegangen ist und mit der Beklagten zu 2) über den 31.5.2018 hinaus fortbesteht,

3) die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an den Kläger für den Monat Juni 2018 3.221,90 € brutto abzüglich 1.211,10 € netto Arbeitslosengeld nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.7.2018 zu zahlen,

4) die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an den Kläger für den Monat Juli 2018 3.221,90 € brutto abzüglich 1.211,10 € netto Arbeitslosengeld nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.8.2018 zu zahlen,

5) die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an den Kläger für den Monat August 2018 3.221,90 € brutto abzüglich 1.211,10 € netto Arbeitslosengeld nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.9.2018 zu zahlen,

6) die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an den Kläger für den Monat September 2018 3.221,90 € brutto abzüglich 1.211,10 € netto Arbeitslosengeld nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.10.2018 zu zahlen,

7) die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an den Kläger für den Monat Oktober 2018 3.221,90 € brutto abzüglich 1.211,10 € netto Arbeitslosengeld nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.11.2018 zu zahlen,

8) die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an den Kläger für den Monat November 2018 3.221,90 € brutto abzüglich 1.211,10 € netto Arbeitslosengeld nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.12.2018 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte zu 1) behauptet, der Kläger sei mit anderen Mitarbeitern nicht vergleichbar. Im Bereich der Kernmacherei sei zu unterscheiden gewesen zwischen Kernmacherhelfern und Facharbeitern. Der Kläger gehöre zu den Facharbeitern. Der Beklagte zu 1) ist der Ansicht, dass der Kläger mit den verbliebenen Facharbeitern in etwa die gleiche Sozialpunktzahl habe, sodass von einer groben Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl nicht auszugehen sei. Im Bereich der Kernmacherei habe es zwei Vorarbeiter gegeben, den Kläger und Herrn …. Wenn man innerhalb der Gruppe Facharbeiter weiter differenziere nach Kernmacherei/Facharbeiter/Vorarbeiter habe der Mitarbeiter … mehr Sozialpunkte als der Kläger gehabt. Eine Kündigung von … und … habe wegen Bedienung der Kernschießmaschine, die eine Anlernzeit von 6 Monaten benötige, nicht stattfinden können.

Die Beklagte zu 2) behauptet, dass der Kläger nur mit dem Vorarbeiter … vergleichbar gewesen sei. Es sei zwischen Helfern, Fach- und Vorarbeitern zu unterscheiden gewesen. Der Kläger sei durch seine Tätigkeit als Facharbeiter zu qualifizieren. Er sei zuständig für die tägliche Aufnahme der geschossenen Kerne sowie für die Pläne diverser Kernschießmaschinen. Er sei zudem als Vorarbeiter zu qualifizieren, weil er die Tätigkeiten des Herrn … in dessen Abwesenheit übernommen habe. Zu den Tätigkeiten des Klägers sei sonst niemand der Gruppe in der Lage gewesen. Die Kernbüchsenverwaltung habe der Mitarbeiter … bei der Beklagten zu 2) mit übernommen.

Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsprotokolle (Bl. 24 f., 203 ff. d.A.) verwiesen. In der Sache ist am 18.6.2018 ein gerichtlicher Hinweis ergangen, Bl. 105 ff. d.A..

Entscheidungsgründe

A. Die Klage ist zulässig.

I. Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist eröffnet. Es handelt sich vorliegend um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber über das Bestehen oder das Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses, vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 3b ArbGG. Das Arbeitsgericht Saarland ist örtlich zuständig, da die Beklagten ihren Sitz im S. haben und der Kläger seine Arbeit zuletzt in O. verrichtet hat.

II. Die Klage ist im Hinblick auf den Kündigungsschutzantrag zu Ziff. 1) als Feststellungsklage zulässig. Das Feststellungsinteresse nach §§ 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. 256 Abs. 1 ZPO folgt aus § 4 S. 1 KschG. Danach ist beim Arbeitsgericht Klage auf Feststellung zu erheben, wenn ein Arbeitnehmer geltend machen will, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen unwirksam ist.

III. Die subjektive Klagehäufung ist zulässig, da die gemeinsame Verhandlung und Entscheidung zweckmäßig ist, § 60 ZPO.

B. Die Klage ist insgesamt unbegründet.

I. Der Feststellungsantrag des Klägers ist unbegründet. Die vorliegende Kündigung ist wirksam, da sie durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist sozial gerechtfertigt. Der Betriebsrat wurde ordnungsgemäß angehört, die Schriftform der Kündigung wurde gewahrt und es wurde form- und fristgerecht Massenentlassungsanzeige erstattet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien, ab dem 1.3.2018 bestehend mit der Beklagten zu 2), wurde durch die Kündigung des Beklagten zu 1) vom 26.2,2018 mit Ablauf des 31.5.2018 beendet.

1. Die Kündigung wahrt die nach § 623 BGB erforderliche Schriftform. Sie ist nach § 126 Abs. 1 BGB eigenhändig vom Beklagten zu 1) unterschrieben und ist deshalb nicht nach § 125 BGB nichtig.

Der Beklagte zu 1) war im Zeitpunkt der Kündigung auch zum Ausspruch berechtigt. Diese Berechtigung bestand nach § 113 InsO. Danach kann ein Dienstverhältnis, bei dem der Schuldner der Dienstberechtigte ist, vom Insolvenzverwalter gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate, sofern nicht eine kürzere Frist maßgeblich ist. Am 1.3.2017 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zu 1) zum Insolvenzverwalter bestellt. Das Arbeitsverhältnis bestand mit der Insolvenzschuldnerin seit dem 2.7.1973, sodass der Beklagte zu 1) im Zeitpunkt der Kündigung am 26.2.2018 zum Ausspruch dieser berechtigt war, da der Betriebsübergang erst zum 1.3.2018 vollzogen wurde. Das Arbeitsverhältnis ist folglich im gekündigten Zustand auf den Betriebserwerber, die Beklagte zu 2), übergegangen.

2. Die Wirksamkeit der Kündigung ist nach den Maßstäben des Kündigungsschutzgesetzes zu prüfen.

a) Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet das Kündigungsschutzgesetz Anwendung, da der Kläger bereits länger als 6 Monate beschäftigt war und regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt waren, vgl. §§ 1 Abs. 1, 23 Abs. 1 S. 2 KSchG.

b) Die Kündigungsschutzklage wurde fristgerecht binnen 3 Wochen erhoben.

c) Die Kündigung ist durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt, sodass die vorliegende Kündigung sozial gerechtfertigt ist. Die Beschäftigungsmöglichkeit des Klägers ist dauerhaft weggefallen. Die Sozialauswahl wurde ordnungsgemäß vorgenommen, da grobe Fehler nicht festgestellt werden konnten.

aa) Dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG liegen vor, wenn die Umsetzung einer unternehmerischen (Organisations-)Entscheidung auf der betrieblichen Ebene spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist zu einem voraussichtlich dauerhaften Wegfall des Bedarfs an einer Beschäftigung des betroffenen Arbeitnehmers führt. Diese Prognose muss schon im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung objektiv berechtigt sein. Ein dringendes „betriebliches“ Erfordernis, das einer Weiterbeschäftigung entgegensteht, ist gegeben, wenn die Arbeitskraft des Arbeitnehmers im Betrieb nicht mehr gefordert ist. Der Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht gehalten, nicht mehr benötigte Arbeitsplätze und Arbeitskräfte weiterhin zu besetzen bzw. zu beschäftigen. Für eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung spricht dabei die Vermutung, dass sie aus sachlichen Gründen getroffen wurde und nicht auf Rechtsmissbrauch beruht. Das Vorliegen dringender betrieblicher Erfordernisse, die die Kündigung bedingen, ist grundsätzlich vom Arbeitgeber darzulegen und zu beweisen. Allerdings wird bei dem wirksamen Zustandekommen eines Interessenausgleichs mit Namensliste zwischen dem Insolvenzverwalter und der zuständigen Arbeitnehmervertretung gemäß § 125 Abs. 1 S. 1 Ziff. 1 InsO vermutet, dass die Kündigung der bezeichneten Arbeitnehmer aufgrund einer Betriebsänderung nach § 111 BetrVG durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. von § 1 KschG, die im Falle einer Beendigungskündigung eine Weiterbeschäftigung in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Regelung des § 125 Abs. 1 S. 1 InsO enthält mithin die gesetzliche Vermutung, dass davon auszugehen ist, dass der Weiterbeschäftigung der namentlich bezeichneten Arbeitnehmer betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. Dies führt im Kündigungsschutzprozess zur Beweislastumkehr, sodass der Arbeitnehmer positiv darzulegen und zu beweisen hat, dass keine dringenden betrieblichen Erfordernisse vorlagen.

Vorliegend hat der Betriebsrat mit dem Insolvenzverwalter einen Interessenausgleich mit Namensliste wirksam geschlossen. Gerichtliche Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit bestehen nicht. Auch die Klägerseite hat die Wirksamkeit nicht in Abrede gestellt. Mithin gilt § 125 Abs. 1 S. 1 Ziff. 1 InsO. Aufgrund dieser Vermutungswirkung ist davon auszugehen, dass Tatsachen vorliegen, die die betriebsbedingte Kündigung des Klägers rechtfertigen, sodass der Kläger entgegen § 1 Abs. 2 S. 4 KschG die volle Beweislast trägt. Der Kläger muss deshalb einen Sachverhalt darlegen, der den Beweis des Gegenteils ermöglicht. Einen solchen Vortrag unter Beweisantritt hat der Kläger nicht geleistet. Der Kläger hat sich allein darauf beschränkt, vorzutragen, dass die Vermutungswirkung durch den Betriebsübergang widerlegt sei. Dieser Vortrag ist der Kammer jedoch nicht nachvollziehbar, da die Kündigung vorliegend nicht aufgrund einer Betriebsstilllegung ausgesprochen wurde, sondern wegen des vorgelegten Erwerberkonzeptes zur Sanierung des Betriebes. Im Übrigen gilt § 128 InsO. Im Rahmen der Insolvenz erstreckt sich die Vermutung des § 125 InsO im Fall eines Betriebsüberganges auch darauf, daß die Kündigung der Arbeitsverhältnisse nicht wegen des Betriebsübergangs erfolgt ist. Die Kündigung nach einem Erwerbekonzept ist im Rahmen der Insolvenz zulässig, vgl. BAG, Urteil vom 20.4.2003, Az. 8 AZR 97/02, juris, Rn. 20. § 613a Abs. 4 BGB ist nicht verletzt.

Darüber hinaus hat der Kläger vorgetragen, der Mitarbeiter … mache nunmehr die Tätigkeit, die der Kläger beim Betriebsveräußerer erledigt habe. Dieser Vortrag ist nicht geeignet, den Beweis des Gegenteils zu ermöglichen, er ist nicht geeignet, darzutun, dass keinerlei Sanierungsbedarf bestanden hat bzw. die Feststellung zu ermöglichen, dass der Kündigung des Klägers keine betriebsbedingten Gründe zugrunde lagen. Der Vortrag genügt den Anforderungen an einen substantiierten Sachvortrag nicht, denn es ist dem Unternehmer, der das unternehmerische Risiko trägt, nicht verwehrt, die Arbeitsmenge neu zu verteilen bzw. umzuverteilen und die erforderliche Anzahl der Arbeitnehmer zur Verrichtung der anfallenden Tätigkeiten zu bestimmen, mit der Folge, dass die übrigen Arbeitsplätze in Wegfall geraten. Das Erwerberkonzept sah im Bereich der Kernmacherei eine Freisetzung von 5 Mitarbeitern vor. Mithin wurde die unternehmerische Entscheidung getroffen, die Arbeitsmenge in der Kernmacherei künftig mit 13 Arbeitnehmern, statt wie bisher mit 18 Arbeitnehmern, bewältigen zu wollen. Diese Entscheidung ist grundsätzlich zulässig, sie wurde im Rahmen des Erwerberkonzeptes zur Sanierung getroffen und durch den Beklagten zu 1) umgesetzt. Sie hat mithin zum Wegfall von 5 Arbeitsplätzen geführt. Der Kläger hat vorliegend nicht den Beweis des Gegenteils erbracht. Der Vortrag des Klägers war nicht geeignet, die gesetzliche Vermutungswirkung zu widerlegen. Der Kläger hat weder die fehlende Umsetzung, noch die offensichtliche Unmöglichkeit der Umsetzung oder Ähnliches konkret vorgetragen und unter Beweis gestellt. Eine Beweisaufnahme war deshalb nicht vorzunehmen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass es sich um eine bloße Austauschkündigung des Klägers gehandelt hat, weil etwa vom Erwerber die vertraglichen Verpflichtungen als zu belastend beanstandet wurden. Ein solcher Sachverhalt wurde durch den Kläger weder vorgetragen, noch ist ein solcher ersichtlich. Neben dem Kläger wurden zudem weitere Mitarbeiter gekündigt. Das Erwerberkonzept sah einen umfassenden Maßnahmenkatalog vor. Zudem befand sich der Betrieb in der Insolvenz, eine Sanierung dürfte vor diesem Hintergrund unumgänglich gewesen sein. Etwas anderes hat der Kläger jedenfalls nicht behauptet. Er hat weder substantiiert behauptet, dass eine Sanierung nicht erforderlich war oder gar, dass die Auftragslage extrem gut gewesen ist. Er hat nicht dargelegt und unter Beweis gestellt, dass die Maßnahmen des Erwerberkonzeptes nicht notwendig waren, um den Betrieb fortsetzen zu können oder das auch beim Erwerber derart viele Aufträge vorhanden gewesen wären, die eine weitere Beschäftigung ermöglicht hätten. Es oblag dem Kläger, den betrieblichen Grund zu widerlegen. Dem ist er schlicht nicht nachgekommen.

bb) Die Auswahl des Klägers ist nicht sozialwidrig. Nach § 125 Abs. 1 S. 1 Ziff. 2 InsO kann die Sozialauswahl der zu kündigenden Arbeitnehmer nach § 1 Abs. 3 KSchG nur im Hinblick auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter und die Unterhaltspflichten und auch insoweit nur auf grobe Fehlerhaftigkeit nachgeprüft werden. Die gesetzliche Regelung reduziert den Umfang der gerichtlichen Überprüfung einer vom Insolvenzverwalter erklärten betriebsbedingten Kündigung. Mit der Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle auf „grobe Fehler“ wird der Prüfungsmaßstab gesenkt. Der Beurteilungsspielraum des Arbeitgebers bei der sozialen Auswahl wird zugunsten einer vom Insolvenzverwalter und der zuständigen Arbeitnehmervertretung vereinbarten betrieblichen Gesamtlösung erweitert. Dabei bezieht sich der Prüfungsmaßstab der groben Fehlerhaftigkeit nicht nur auf die sozialen Indikatoren und deren Gewichtung selbst. Vielmehr wird die gesamte Sozialauswahl von den Gerichten für Arbeitssachen nur auf ihre groben Fehler überprüft. Grob fehlerhaft ist eine soziale Auswahl nur, wenn ein evidenter, ins Auge springender schwerer Fehler vorliegt und der Interessenausgleich, insbesondere bei der Gewichtung der Auswahlkriterien, jede Ausgewogenheit vermissen lässt (vgl. BAG, Urteil vom 20.9.2006, Az. 6 AZR 249/05, juris, Rn). Den Arbeitnehmer trifft die Darlegungs- und Beweislast für eine grobe Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl. Demgegenüber ist der Insolvenzverwalter zunächst verpflichtet, dem Arbeitnehmer auf dessen Verlangen die Gründe mitzuteilen, die zu der getroffenen Sozialauswahl geführt haben. Nach Erfüllung der Auskunftspflicht trägt der Arbeitnehmer die volle Darlegungslast für die grobe Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl. Die Erfüllung der Auskunftspflicht verlangt zunächst, dass der Insolvenzverwalter dem Arbeitgeber mitteilt, auf welchen Organisationsbereich er die Sozialauswahl in betrieblicher Hinsicht erstreckt hat und welche Arbeitnehmer er mit dem klagenden Arbeitnehmer als vergleichbar ansieht. Er hat die Sozialdaten aller aus seiner Sicht vergleichbaren Arbeitnehmer darzutun. Er hat auch betriebliche Interessen beispielsweise die Herausnahme sogenannter Leistungsträger oder die Herausnahme von Arbeitnehmern, mit dem Zweck der Erhaltung oder Schaffung einer ausgewogenen Personalstruktur, darzulegen.

Der Beklagte zu 1) hat seine Auskunftspflicht erfüllt. Er hat die Sozialdaten aller Mitarbeiter offengelegt und hat darüber hinaus dargelegt, welche Mitarbeiter er für vergleichbar hielt. Der Beklagte zu 1) hat dargelegt, dass der Kläger nur mit dem Vorarbeiter … bzw. den Facharbeitern vergleichbar gewesen sei. Es sei zwischen Helfern, Fach- und Vorarbeitern zu unterscheiden gewesen. Der Kläger sei durch seine Tätigkeit in der Kernbüchsenverwaltung als Facharbeiter zu qualifizieren, da er durch seine Auswahl vorgegeben habe, was an den Maschinen gefertigt werde. Er sei zudem als Vorarbeiter zu qualifizieren, weil er die Tätigkeiten des Herrn … in dessen Abwesenheit übernommen habe. Zu den Tätigkeiten des Klägers sei sonst niemand der Gruppe in der Lage gewesen. Demgegenüber hat der Kläger nicht in ausreichender Weise vorgetragen und unter Beweis gestellt, warum eine Vergleichbarkeit bzw. Austauschbarkeit via Direktionsrecht nach § 106 GewO mit den Kernmacherhelfern der Kernmacherei bestehen soll. Er hat nicht in ausreichender Weise ausgeführt, warum eine Vergleichbarkeit mit den Mitarbeitern … … gegeben sein soll. Die Vergleichbarkeit der Arbeitnehmer setzt im Einzelnen voraus, dass die betroffenen Arbeitnehmer auf einem vorhandenen Arbeitsplatz tatsächlich und rechtlich einsetzbar sind. In die Sozialauswahl können nur solche Arbeitnehmer einbezogen werden, deren Aufgabenbereiche miteinander vergleichbar sind, und die nach den arbeitsvertraglichen Vorgaben kraft Direktionsrecht auf den in Betracht kommenden anderen Arbeitsplatz umgesetzt bzw. versetzt werden könnten. Es bedarf mithin des konkreten Vortrages, welchen Arbeitsplatz der Kläger im Einzelnen hätte besetzen können. Maßgeblich hierfür sind die arbeitsplatzbezogenen Merkmale, mithin die im Einzelnen ausgeübten Tätigkeiten. Zu den konkreten arbeitsplatzbezogenen Merkmalen der Kernmacherhelfer hat der Kläger jedoch nichts vorgetragen. Er hat sich auf die bloße Behauptung beschränkt, eine Vergleichbarkeit sei gegeben. Dies genügte den Anforderungen an die Darlegungslast hinsichtlich der groben Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl in keiner Weise. Der Arbeitnehmer, dessen Arbeitsplatz weggefallen ist, muss die Tätigkeit anderer Arbeitnehmer wahrnehmen können. Eine Austauschbarkeit ist immer dann zu bejahen, wenn der Arbeitnehmer aufgrund seiner bisherigen Aufgaben im Betrieb angesichts seiner beruflichen Qualifikation dazu in der Lage ist, die andersartige, aber gleichwertige Arbeit eines anderen Arbeitnehmers zu verrichten. Objektive Merkmale können für die Beurteilung der Vergleichbarkeit als Anhaltspunkt herangezogen werden. Kriterien ergeben sich aus der formalen Qualifikation, der Zugehörigkeit zu den gleichen Berufsgruppen sowie zur gleichen betriebshierarchischen Ebene und der Entlohnung. Der Facharbeiter, dessen Tätigkeit entfällt, kann nicht mit Erfolg geltend machen, er sei mit dem Hilfsarbeiter vergleichbar, weil er dessen Tätigkeit übernehmen könnte. Vergleichbar sind nur solche Arbeitnehmer eines Betriebes, deren Tätigkeit dem betroffenen Arbeitnehmer ohne Änderung seines Arbeitsvertrages aufgrund des Direktionsrechts des Arbeitgebers übertragen werden könnte. Die Hierarchieebenen sind einzuhalten, denn im Rahmen der Sozialauswahl findet weder eine Beförderung noch eine Degradierung statt.

Vorliegend hätte dem Kläger nach Ansicht der Kammer keine Tätigkeit als Kernmacherhelfer zugewiesen werden können. Die Kammer hat erhebliche Bedenken dahingehend, dass der Kläger ohne Änderung des Arbeitsvertrages als Kernmacherhelfer hätte eingesetzt werden können. Der Kläger hat selbst vorgetragen, er habe eine „gehobene Helfertätigkeit“ inne gehabt. Der Kläger verfügte zudem auch über ein gehobenes Gehalt, vertrat den Vorarbeiter … in der Abteilung in dessen Abwesenheit und besaß einen nicht unerheblichen Entscheidungsspielraum hinsichtlich der Produktion. Er war zuständig für das Lesen der Pläne und die Auswahl im Magazin. Folglich sprechen bereits die objektiven Kriterien gegen eine Qualifizierung als Hilfsarbeiter. Ein ins Auge springender evidenter Fehler ergibt sich aus der Einordnung des Klägers als Facharbeiter nicht. Dem Kläger ist es nicht gelungen, darzulegen, dass die Helfer gleichwertige Tätigkeiten verrichten. Der Kläger hat weder im Einzelnen vorgetragen, welche Arbeiten konkret von den Helfern verrichtet werden, noch hat er vorgetragen, dass bspw. ein wechselseitiger Austausch stattfindet, dass bspw. seine Vertretung durch einen Helfer abgedeckt wird. Der Kläger verkennt, dass die Qualifizierung zum Facharbeiter nicht ausschließlich an der absolvierten Berufsausbildung hängt, sondern die erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten auch durch entsprechende Berufserfahrung erworben werden können. Mithin ist es regelmäßig nach langer Betriebszugehörigkeit nicht zwingend maßgeblich, ob ein Arbeitnehmer zu Beginn seiner Tätigkeit ungelernt gewesen ist. Gegen die Qualifizierung als Facharbeiter spricht jedenfalls nicht, dass der Kläger die Tätigkeit eingangs ungelernt aufgenommen hat. Auch die Tatsache, dass der Kläger die Tätigkeit als Helfer irgendwann einmal zu Beginn ausgeführt hat, führt nicht dazu, dass sie ihm nunmehr im Wege des Direktionsrechts wieder ohne weiteres zugewiesen werden könnte, da er sich zwischenzeitlich im Betrieb eine gewisse Stellung erarbeitet hat. Soweit der Kläger vorträgt, dass er bspw. die Urlaubsvertretung von Herrn … übernommen habe und er dann nur die Pläne vom Büro bekommen habe, ist dieser Vortrag nicht nachvollziehbar und steht auch im Widerspruch zu dem Vorbringen des Klägers, Herr … habe derart viel zu tun, dass er die Tätigkeit des Klägers beim Erwerber, der Beklagten zu 2), nicht habe mit übernehmen können. Es ist für die Kammer widersprüchlich, wenn der Kläger einerseits behauptet, Herr … sei mehr als ausgelastet gewesen, im Rahmen der übernommenen Vertretung durch den Kläger jedoch nichts angefallen sei. Im Ergebnis war der Kläger nach Ansicht der Kammer als Facharbeiter zu qualifizieren. Er war zur Vertretung des Vorarbeiters berufen, erhielt die zweithöchste Vergütung und benötigte fundiertes Fachwissen für das Lesen der Pläne und zur Auswahl der Kernkasten. Die hohe Vergütung des Klägers ergab sich vorliegend auch nicht allein aus der Betriebszugehörigkeit, sondern war an die Stellung geknüpft. Dies konnte die Kammer der vorgelegten Übersicht entnehmen. Andere Facharbeiter mit annährend gleicher Beschäftigungsdauer erhielten ein deutlich niedrigeres Gehalt, Bl. 167 d.A.. Auch der Vortrag des Klägers, der Mitarbeiter … übernehme nun bei der Beklagten zu 2) seine Tätigkeit, konnte in der Sache kein anderes Ergebnis tragen, da auch dieser Vortrag zu pauschal blieb. Ein grober Fehler wegen Nichtberücksichtigung der Kernmacherhelfer war mangels ausreichenden Sachvortrages des Klägers nicht anzunehmen. Ein weiterer Hinweis nach § 139 ZPO erübrigte sich, nachdem der Klägervertreter auf die Ausführungen der Kammervorsitzenden im Kammertermin am 10.1.2019 geäußert hatte, er wisse nicht, was er noch vortragen solle.

Hinsichtlich der möglichen Vergleichbarkeit des Klägers mit den sozialschwächeren „Facharbeitern“ …, …, und … war auch kein grober Fehler der Sozialauswahl anzunehmen. Der Mitarbeiter … erreichte 115 Punkte, der Mitarbeiter … erreichte 117 Punkte und der Mitarbeiter … erreichte 122 Punkte. Der Kläger erreichte 123 Punkte. Mithin bewegten sich nach Ansicht der Kammer die genannten Sozialpunkte innerhalb derselben Bandbreite (115 – 125 Punkte). Ein Unterschied von mehr als 10% ergab sich nicht. Keiner war gegenüber dem anderen besonders sozialschwach und schutzwürdig. Die Auswahlentscheidung, die den Kläger traf, hat, soweit überhaupt Vergleichbarkeit mit den Facharbeitern bestand, nicht jegliche Sozialverträglichkeit bzw. Ausgewogenheit vermissen lassen. Es bestand vorliegend kein ins Auge springender evidenter Fehler darin, den Kläger auszuwählen, obwohl er bis zu acht Punkte mehr vorzuweisen hatte, weil alle genannten Mitarbeiter mit über 110 erreichten Sozialpunkten ähnlich sozial schutzwürdig waren.

3. Die Kündigungsfrist von 3 Monaten nach § 113 S. 2 InsO ist eingehalten. Die Kündigung ist dem Kläger am 26.2.2018 zugegangen, sodass diese das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 31.5.2018 beendet hat.

4. Der Betriebsrat wurde gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG ordnungsgemäß angehört. Am 20.2.2018 wurde der Betriebsrat zur Kündigung des Klägers angehört. Zwar war die Wochenfrist nach Abs. 1 im Zeitpunkt der Kündigung noch nicht abgelaufen, da noch keine sieben Tage vergangen waren. Dies ist jedoch unschädlich, da von einer abschließenden Stellungnahme des Betriebsrates auszugehen war. Der Betriebsrat kann bereits vor Ablauf der Wochenfrist zur mitgeteilten Kündigungsabsicht des Arbeitgebers abschließend Stellung nehmen. Das Beteiligungsverfahren ist mit Eingang einer solchen Äußerung vorzeitig beendet und der Arbeitgeber kann die Kündigung umgehend erklären, vgl. Koch, Kündigungsrecht, 5. Auflage 2017, § 102 BetrVG, Rn. 135 mwN. Eine abschließende Stellungnahme setzt stets eine Äußerung des Betriebsrats voraus. Allerdings ist nicht jede gegenüber dem Arbeitgeber abgegebene Erklärung zur Kündigungsabsicht als abschließende Stellungnahme zu werten, die zur vorzeitigen Beendigung des Anhörungsverfahrens führt. Der Äußerung kommt nur fristverkürzende Wirkung zu, wenn ihr der Arbeitgeber unzweifelhaft entnehmen kann, dass der Betriebsrat sich bis zum Ablauf der Anhörungsfrist nicht noch einmal äußern möchte (vgl. ebda., Rn. 135 mwN). Vorliegend hat der Betriebsrat am 23.2.2018 ausdrücklich erklärt, dass eine weitere Stellungnahme nicht erfolgen wird. Der Betriebsrat hat sich folglich schriftlich geäußert. Dem Wortlaut der Äußerung war unzweifelhaft zu entnehmen, dass sich der Betriebsrat bis zum Ablauf der Anhörungsfrist nicht erneut äußern wird.

Hinsichtlich des Inhaltes der Anhörung hat sich der Kläger auf ein pauschales Bestreiten beschränkt. Er hat lediglich im Rahmen der Klageschrift die Anhörung als nicht ordnungsgemäß gerügt. Weiterer Sachvortrag bzw. konkretes Bestreiten ist auf den Sachvortrag hinsichtlich der Betriebsratsanhörung und die Übermittlung des Anhörungsschreibens durch den Kläger nicht erfolgt. Insoweit wurde die Betriebsratsanhörung durch den Kläger nach § 138 Abs. 2, 3 ZPO als ordnungsgemäß zugestanden. Die Kammer hat nach den vorgelegten Unterlagen aber auch keine Unvollständigkeit feststellen können. Gemäß dem Anhörungsschreiben wurden dem Betriebsrat die Kündigungsart, der Kündigungsgrund, die Kündigungsfrist, die Sozialdaten des Klägers, das Erwerber- bzw. Sanierungskonzept, die Kriterien der Sozialauswahl sowie die Bildung der Vergleichsgruppen mitgeteilt.

5. Die Massenentlassungsanzeige nach § 17 KSchG wurde ordnungsgemäß veranlasst. Die Anzeige ist vollständig eingegangen. Dies hat die Bundesagentur für Arbeit mit Schreiben vom 23.2.2018 bestätigt. Die Kammer hat an der Vollständigkeit keinen Zweifel. Ein anderes wurde auch von Seiten des Klägers nach Vorlage der Unterlagen nicht gerügt. Auch die Beteiligung des Betriebsrates hierzu ist ordnungsgemäß erfolgt. Mit Schreiben vom 21.2.2018 wurde der Betriebsrat vollständig angehört, Bl. 77 d.A.. Mit dem Schreiben vom 23.2.2018 bestätigte der Betriebsrat die Anhörung zur Massenentlassungsanzeige und erklärte, dass er keine weitere Stellungnahme zur Massenentlassungsanzeige abgeben wird. Der Beklagte zu 1) hat auch die festgesetzt Entlassungssperre bis einschließlich 23.3.2018 eingehalten. Die Kündigung des Klägers erfolgte erst zum 31.5.2018.

II. Die übrigen Anträge waren mangels Bestehen eines Arbeitsverhältnisses ab dem 1.6.2018 ebenfalls abzuweisen. Das Arbeitsverhältnis ging in gekündigtem Zustand auf den Erwerber über und endete aufgrund der wirksamen Kündigung mit Ablauf des 31.5.2018. Einer neuerlichen Kündigung durch den Erwerber bedurfte es nicht. Mangels Arbeitsverhältnis hatte der Kläger auch keinen Anspruch auf Annahmeverzugslohn nach § 615 S. 1 BGB.

C. Die Kosten des Verfahrens waren dem Kläger gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO als unterlegener Partei aufzuerlegen.

D. Der Streitwert wurde gemäß § 61 ArbGG festgesetzt.

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