Übersicht:
- Der Fall vor Gericht
- Kein zusätzlicher Vergleichsmehrwert für Abmahnungen und Zeugnisse bei Kündigungsstreit: LAG Berlin-Brandenburg bestätigt Anwaltsgebühren nach RVG
- Ausgangslage: Verhaltensbedingte Kündigung nach vier kurzfristigen Abmahnungen
- Der gerichtliche Vergleich: Einigung auf Beendigung, Abfindung, Zeugnisse und Abmahnungsentfernung
- Streit um den Gegenstandswert: Forderung nach Vergleichsmehrwert für Anwaltsgebühren
- Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg: Kein Vergleichsmehrwert für Abmahnungen und Zeugnisse
- Begründung des Gerichts: Wann entsteht ein Vergleichsmehrwert für die Einigungsgebühr?
- Begründung im Detail: Warum kein Mehrwert für die Zeugnisregelungen entstand
- Begründung im Detail: Warum kein Mehrwert für die Entfernung der Abmahnungen anfiel
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was bedeutet „Vergleichsmehrwert“ im Zusammenhang mit Anwaltsgebühren bei einem Vergleich vor Gericht?
- Wie wird der Gegenstandswert eines Rechtsstreits im Arbeitsrecht bestimmt und welche Rolle spielt er bei der Berechnung von Anwaltsgebühren?
- Welche Kriterien müssen erfüllt sein, damit die Entfernung von Abmahnungen aus der Personalakte oder die Erteilung von Zeugnissen im Rahmen eines Vergleichs als Vergleichsmehrwert berücksichtigt werden?
- Welche rechtlichen Folgen hat eine verhaltensbedingte Kündigung und welche Rolle spielen vorherige Abmahnungen?
- Was sind die wesentlichen Unterschiede zwischen einem Zwischenzeugnis und einem Endzeugnis und welche rechtlichen Ansprüche hat ein Arbeitnehmer auf diese Zeugnisse?
- Glossar
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil 26 Ta (Kost) 6005/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
- Verfahrensart: Beschwerdeverfahren
- Rechtsbereiche: Arbeitsrecht, Kostenrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Arbeitnehmerin, die die Kündigung angefochten und die Festsetzung eines höheren Gegenstandswerts im Vergleichsverfahren beantragt hat
- Beklagte: Arbeitgeberin, die die Kündigung ausgesprochen hat
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Eine Arbeitnehmerin klagte gegen eine Verhaltensbedingte Kündigung des Arbeitgebers, der mehrere Abmahnungen vorausgegangen waren. Die Parteien schlossen einen Vergleich, der unter anderem die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, die Entfernung der Abmahnungen und die Erteilung von Zeugnissen regelte.
- Kern des Rechtsstreits: Der zentrale Streitpunkt war, ob die Regelungen zur Entfernung von Abmahnungen und zur Erteilung von Zeugnissen im gerichtlichen Vergleich einen zusätzlichen Vergleichsmehrwert für die Berechnung der Anwaltsgebühren darstellen.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Landesarbeitsgericht wies die Beschwerde der Arbeitnehmervertreter zurück und bestätigte die ursprüngliche Gegenstandswertfestsetzung. Es stellte fest, dass durch die Vereinbarungen im Vergleich kein zusätzlicher Vergleichsmehrwert entstanden ist.
- Begründung: Das Gericht begründete, dass die Entfernung der Abmahnungen bereits Teil des Kündigungsstreits war und daher keinen eigenen Wert hat. Die Zeugnisregelungen betrafen ein bereits geltend gemachtes Interesse und regelten keine neuen, streitigen oder ungewissen Punkte, die über den ursprünglichen Anspruch hinausgingen.
- Folgen: Die Entscheidung bedeutet, dass der Gegenstandswert des Verfahrens auf dem vom Arbeitsgericht festgesetzten Betrag verbleibt. Dies wirkt sich auf die Höhe der zu berechnenden Anwaltsgebühren aus.
Der Fall vor Gericht
Kein zusätzlicher Vergleichsmehrwert für Abmahnungen und Zeugnisse bei Kündigungsstreit: LAG Berlin-Brandenburg bestätigt Anwaltsgebühren nach RVG
Ein Rechtsstreit zwischen einer Arbeitnehmerin und ihrer Arbeitgeberin über eine verhaltensbedingte Kündigung endete vor dem Arbeitsgericht Berlin mit einem gerichtlichen Vergleich.

Dieser regelte nicht nur die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sondern auch die Entfernung von vier Abmahnungen aus der Personalakte und die Erteilung von zwei Arbeitszeugnissen mit der Note „sehr gut“. Im Nachgang entbrannte ein Streit über die Berechnung der Anwaltsgebühren, speziell über die Frage, ob für die Regelungen zu den Abmahnungen und Zeugnissen ein sogenannter Vergleichsmehrwert anzusetzen sei, der die Einigungsgebühr nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) erhöhen würde. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg musste nun klären, unter welchen Umständen solche zusätzlichen Regelungen in einem Vergleich den Wert des Verfahrens erhöhen.
Ausgangslage: Verhaltensbedingte Kündigung nach vier kurzfristigen Abmahnungen
Die Auseinandersetzung begann, als die Arbeitgeberin der Arbeitnehmerin am 14. November 2023 eine verhaltensbedingte Kündigung aussprach. Unmittelbar davor, in einem auffällig kurzen Zeitraum zwischen dem 2. und 9. Oktober 2023, hatte die Arbeitgeberin vier Abmahnungen erteilt, jeweils im Abstand von nur zwei bis drei Tagen. Diese Abmahnungen bildeten offensichtlich die Grundlage für die spätere Kündigung.
Die Arbeitnehmerin wehrte sich gegen die Kündigung und reichte Klage beim Arbeitsgericht Berlin ein. Ihr Hauptziel war die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung (ein sogenannter Kündigungsschutzantrag). Zusätzlich kündigte sie in ihrer Klageschrift an, die Erteilung eines Zwischenzeugnisses zu beantragen. Für den Fall, dass sie mit ihrer Kündigungsschutzklage scheitern sollte, forderte sie hilfsweise die Ausstellung eines Endzeugnisses.
Der gerichtliche Vergleich: Einigung auf Beendigung, Abfindung, Zeugnisse und Abmahnungsentfernung
Im Laufe des Gerichtsverfahrens fanden die Parteien am 8. Januar 2024 zu einer Einigung und schlossen einen gerichtlichen Vergleich. Dieser Vergleich beinhaltete mehrere Punkte: Die Parteien einigten sich auf ein konkretes Datum für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, die Zahlung einer Abfindung an die Arbeitnehmerin und ihre unwiderrufliche Freistellung von der Arbeitspflicht ab dem Tag des Vergleichsschlusses.
Ein wesentlicher Bestandteil des Vergleichs war auch die Regelung bezüglich der vier Abmahnungen, die der Kündigung vorausgegangen waren: Die Arbeitgeberin verpflichtete sich, diese vier Abmahnungen aus der Personalakte der Arbeitnehmerin zu entfernen. Weiterhin wurde vereinbart, dass die Arbeitnehmerin sowohl ein Zwischenzeugnis als auch ein Endzeugnis erhält. Bemerkenswert war die Detailregelung zu den Zeugnissen: Die Arbeitnehmerin durfte Änderungswünsche äußern, die die Arbeitgeberin übernehmen musste, und beide Zeugnisse sollten in allen Bewertungselementen die Note „sehr gut“ tragen.
Streit um den Gegenstandswert: Forderung nach Vergleichsmehrwert für Anwaltsgebühren
Nach Abschluss des Vergleichs setzte das Arbeitsgericht Berlin den Gegenstandswert für das gesamte Verfahren auf 33.009 Euro fest. Dieser Wert ist maßgeblich für die Berechnung der Anwalts- und Gerichtsgebühren. Das Gericht berücksichtigte dabei den Kündigungsschutzantrag mit einem Wert von drei Bruttomonatsgehältern der Arbeitnehmerin und die Anträge bezüglich der Zeugnisse (Zwischen- und Endzeugnis) pauschal mit einem Wert von einem Bruttomonatsgehalt.
Die Anwälte der Arbeitnehmerin waren mit dieser Festsetzung nicht einverstanden und legten Beschwerde ein. Ihre Argumentation: Die im Vergleich vereinbarte Entfernung der vier Abmahnungen stelle einen zusätzlichen Streitpunkt dar, der mit einem Vergleichsmehrwert von vier Bruttomonatsgehältern (ein Gehalt pro Abmahnung) bewertet werden müsse. Ebenso argumentierten sie, dass die Regelung zur Erteilung des Zwischenzeugnisses und des Endzeugnisses im Vergleich jeweils mit einem eigenen Bruttomonatsgehalt als Mehrwert anzusetzen sei, was zu weiteren zwei Bruttomonatsgehältern führen würde. Ziel der Beschwerde war es, einen höheren Gesamtgegenstandswert festsetzen zu lassen, was wiederum zu einer höheren Einigungsgebühr für die Anwälte führen würde.
Das Arbeitsgericht blieb bei seiner ursprünglichen Einschätzung und half der Beschwerde mit Beschluss vom 17. Januar 2024 nicht ab. Die Sache wurde daraufhin dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg: Kein Vergleichsmehrwert für Abmahnungen und Zeugnisse
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg wies die Beschwerde der Anwälte der Arbeitnehmerin zurück. Es bestätigte die Entscheidung des Arbeitsgerichts und den festgesetzten Gegenstandswert von 33.009 Euro. Das LAG stellte klar, dass im vorliegenden Fall kein Vergleichsmehrwert für die Regelungen zu den Abmahnungen und Zeugnissen entstanden ist. Diese Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist unanfechtbar.
Begründung des Gerichts: Wann entsteht ein Vergleichsmehrwert für die Einigungsgebühr?
Das LAG begründete seine Entscheidung detailliert und legte die Grundsätze zur Entstehung eines Vergleichsmehrwerts dar:
Eine Einigungsgebühr für Rechtsanwälte entsteht gemäß Nr. 1000 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG, wenn sie am Abschluss eines Vertrages mitwirken, der einen Streit oder eine Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt. Der Wert dieses Vergleichs umfasst alle Ansprüche, über die gestritten wurde oder Unsicherheit bestand und die im Vergleich geregelt wurden.
Entscheidend für die Frage eines Vergleichsmehrwerts ist jedoch, dass durch den Vergleich zusätzliche, bisher nicht im Verfahrenswert enthaltene Streitpunkte oder Ungewissheiten beseitigt werden. Es reicht nicht aus, dass im Vergleich lediglich eine Leistungspflicht konkretisiert oder begründet wird. Maßgeblich ist, worüber sich die Parteien geeinigt haben, weil darüber Streit oder Ungewissheit bestand, nicht nur worauf sie sich geeinigt haben. Ein Mehrwert entsteht also nicht automatisch, nur weil im Vergleich etwas vereinbart wird, was vorher nicht explizit eingeklagt war. Es muss feststellbar sein, dass dieser Punkt vor Vergleichsschluss tatsächlich streitig oder ungewiss war und potenziell Gegenstand eines eigenen Rechtsstreits hätte sein können.
Begründung im Detail: Warum kein Mehrwert für die Zeugnisregelungen entstand
Das LAG führte aus, dass das Arbeitsgericht den Wert für die Zeugnisanträge (Zwischenzeugnis und hilfsweise Endzeugnis) bereits korrekt mit einem Bruttomonatsgehalt im ursprünglichen Verfahrenswert berücksichtigt hatte. Die Einigung im Vergleich über die Erteilung beider Zeugnisse führte deshalb zu keinem Vergleichsmehrwert.
Die Begründung hierfür liegt im engen Zusammenhang zwischen Zwischen- und Endzeugnis im konkreten Fall. Wenn beide Zeugnisse inhaltlich oder zeitlich eng zusammenhängende Perioden betreffen oder unmittelbar aufeinander folgen, liegt rechtlich nur ein Zeugnisinteresse vor. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn es im Kern um die zusammenhängende Beurteilung einer Tätigkeit geht und keine Gründe für unterschiedliche Bewertungen ersichtlich sind. Diese Voraussetzungen sah das Gericht hier als erfüllt an:
- Das Endzeugnis war ursprünglich nur für den Fall beantragt worden, dass die Kündigungsschutzklage erfolglos bleibt.
- Im Vergleich wurden beide Zeugnisse gemeinsam geregelt, mit identischen Vorgaben zur Note („sehr gut“) und der Möglichkeit für die Arbeitnehmerin, Änderungswünsche einzubringen.
- Zwischen dem Vergleichsschluss und dem vereinbarten Ende des Arbeitsverhältnisses lag kein nennenswerter Zeitraum mehr.
- Zudem war die Arbeitnehmerin ab Vergleichsschluss von der Arbeit freigestellt, sodass keine weitere Arbeitsleistung mehr zu bewerten war.
Daher war das Interesse an den Zeugnissen bereits vollständig mit dem Wert von einem Bruttomonatsgehalt abgegolten. Die Einigung im Vergleich regelte keinen neuen, darüber hinausgehenden streitigen Gegenstand.
Begründung im Detail: Warum kein Mehrwert für die Entfernung der Abmahnungen anfiel
Auch die im Vergleich vereinbarte Entfernung der vier Abmahnungen aus der Personalakte löste nach Ansicht des LAG keinen Vergleichsmehrwert aus.
Die entscheidende Überlegung des Gerichts war, dass diese vier Abmahnungen unmittelbar vor der verhaltensbedingten Kündigung ausgesprochen wurden und deren Begründung darstellten. Sie waren somit integraler Bestandteil des Streits um die Wirksamkeit der Kündigung. Die Frage, ob die Kündigung gerechtfertigt war, hing untrennbar mit der Frage zusammen, ob die Abmahnungen berechtigt waren und als Grundlage für die Kündigung dienen konnten.
Daher ist der Gegenstand „Entfernung von Abmahnungen, die einer verhaltensbedingten Kündigung unmittelbar vorausgehen“ bereits mit dem Wert des Kündigungsschutzantrags abgegolten. Dieser wurde hier mit drei Bruttomonatsgehältern bewertet. Eine gesonderte Bewertung der Einigung über die Entfernung dieser spezifischen Abmahnungen im Rahmen des Vergleichsmehrwerts ist ausgeschlossen, da sie Teil des Kernstreits um die Kündigung waren. Es spielt dabei keine Rolle, welche Bedeutung die Entfernung der Abmahnungen für die Arbeitnehmerin nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch haben mag. Entscheidend für die Gebührenberechnung ist, dass die Abmahnungen selbst bereits Teil des bewerteten Streitgegenstands „Kündigungsschutz“ waren.
Zusammenfassend bestätigte das LAG Berlin-Brandenburg, dass die Regelungen zur Zeugniserteilung und zur Entfernung der unmittelbar kündigungsrelevanten Abmahnungen im gerichtlichen Vergleich keinen zusätzlichen Streitwert begründeten, der über den bereits für Kündigungsschutz und Zeugnisinteresse angesetzten Wert hinausging. Die Beschwerde wurde daher zurückgewiesen, und es blieb bei dem vom Arbeitsgericht festgesetzten Gegenstandswert von 33.009 Euro. Eine gesonderte Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren war nicht notwendig. Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil verdeutlicht, dass bei einer Kündigungsschutzklage mit gerichtlichem Vergleich die Entfernung von Abmahnungen, die unmittelbar der Kündigung vorausgingen, keinen zusätzlichen Vergleichsmehrwert für die Anwaltsgebühren begründet, da sie bereits Teil des Kündigungsstreits sind. Ebenso begründen Zwischen- und Endzeugnisse keinen doppelten Gebührenwert, wenn sie inhaltlich zusammenhängen und die gleiche Beschäftigungsperiode betreffen. Für Arbeitnehmer und ihre Anwälte ist wichtig zu wissen, dass typische Nebenvereinbarungen in Aufhebungsvergleichen oft keine zusätzliche Erhöhung des Gegenstandswerts nach sich ziehen, wenn sie mit dem Kernstreit eng verbunden sind.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was bedeutet „Vergleichsmehrwert“ im Zusammenhang mit Anwaltsgebühren bei einem Vergleich vor Gericht?
Wenn vor Gericht ein Streit durch einen Vergleich beigelegt wird, können zusätzliche Kosten für die Anwaltsgebühren entstehen, wenn dieser Vergleich mehr umfasst als nur die ursprüngliche Streitigkeit. Genau hier kommt der Vergleichsmehrwert ins Spiel.
Was ist der Vergleichsmehrwert?
Der Vergleichsmehrwert bezeichnet den Wert zusätzlicher Angelegenheiten, die im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs geregelt werden, obwohl sie nicht Gegenstand des ursprünglichen Gerichtsverfahrens waren. Das Verfahren begann beispielsweise nur wegen einer bestimmten Forderung, doch im Vergleich einigen sich die Parteien zusätzlich auch auf die Rückgabe einer Sache oder die Regelung anderer offener Punkte, die ursprünglich nicht eingeklagt waren. Der Wert dieser zusätzlichen Punkte ist der Vergleichsmehrwert.
Warum beeinflusst der Vergleichsmehrwert die Anwaltsgebühren?
Die Höhe der Anwaltsgebühren in einem Gerichtsverfahren richtet sich in der Regel nach dem Streitwert (oder Gegenstandswert) des Verfahrens. Wenn ein Vergleich geschlossen wird, entsteht eine sogenannte Vergleichsgebühr. Die Berechnung dieser Vergleichsgebühr basiert nicht nur auf dem Wert der ursprünglichen Klage (dem ursprünglichen Streitwert), sondern auf dem Gesamtwert all dessen, was im Vergleich geregelt wird. Dieser Gesamtwert setzt sich zusammen aus dem ursprünglichen Streitwert plus dem Vergleichsmehrwert.
Gesamtwert für die Vergleichsgebühr = Ursprünglicher Streitwert + Vergleichsmehrwert
Für Sie bedeutet das: Wenn durch den Vergleich zusätzliche Punkte mit einem bestimmten Wert geklärt werden, die vorher nicht Teil der Klage waren, erhöht dies den Gesamtwert, der für die Berechnung der Vergleichsgebühr herangezogen wird. Ein höherer Gesamtwert führt nach den gesetzlichen Gebührentabellen (geregelt im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz – RVG) zu höheren Anwaltsgebühren für die Beteiligung am Vergleich.
Ein einfaches Beispiel: Stellen Sie sich vor, Sie verklagen jemanden auf Zahlung von 1.000 Euro, weil eine Rechnung nicht bezahlt wurde. Der ursprüngliche Streitwert beträgt 1.000 Euro. Im Gerichtstermin schließen Sie einen Vergleich, in dem vereinbart wird, dass die 1.000 Euro gezahlt werden UND dass zusätzlich ein früher geliefertes, mangelhaftes Produkt im Wert von 300 Euro zurückgenommen wird. Die Rücknahme des Produkts war nicht Teil der ursprünglichen Klage. Der Vergleichsmehrwert beträgt hier 300 Euro. Die Vergleichsgebühr des Anwalts wird dann auf Basis eines Gesamtwerts von 1.000 Euro (ursprünglicher Streitwert) + 300 Euro (Vergleichsmehrwert) = 1.300 Euro berechnet. Wäre nur die Zahlung von 1.000 Euro verglichen worden, wäre die Gebühr nur auf Basis von 1.000 Euro berechnet worden.
Kurz gesagt: Der Vergleichsmehrwert ist der Wert der „extra“ geregelten Punkte in einem Vergleich vor Gericht, der den Wert der ursprünglichen Klage übersteigt und somit die Grundlage für die Berechnung der Anwaltsgebühr für den Vergleich vergrößert.
Wie wird der Gegenstandswert eines Rechtsstreits im Arbeitsrecht bestimmt und welche Rolle spielt er bei der Berechnung von Anwaltsgebühren?
Der Gegenstandswert (auch Streitwert genannt) eines Rechtsstreits im Arbeitsrecht beziffert den Wert dessen, worum es in der Auseinandersetzung geht, in Geld. Stellen Sie sich vor, Sie streiten nicht direkt um einen Geldbetrag, sondern um eine Kündigung, Ihren Arbeitsplatz oder ein Zeugnis. Für das Gericht und die Berechnung der Kosten muss dieser „Streitgegenstand“ trotzdem einen Wert in Euro erhalten.
Bedeutung des Gegenstandswerts für Anwaltsgebühren
Dieser Gegenstandswert ist die Grundlage für die Berechnung der gesetzlich vorgeschriebenen Anwaltsgebühren. Das Gesetz über die Anwaltsgebühren (das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, kurz RVG) legt für verschiedene Wertstufen fest, wie hoch die Gebühren für die anwaltliche Tätigkeit sind. Je höher der Gegenstandswert ist, desto höher sind in der Regel auch die gesetzlichen Gebühren. Allerdings steigen die Gebühren nicht im gleichen Verhältnis wie der Wert; bei höheren Werten erhöhen sich die Gebühren pro zusätzlichem Euro weniger stark.
Bestimmung des Gegenstandswerts im Arbeitsrecht
Wie der Gegenstandswert konkret ermittelt wird, hängt davon ab, worum es in Ihrem Fall geht:
- Bei Kündigungsschutzklagen: Hier ist der Gegenstandswert üblicherweise drei Bruttomonatsgehälter des Arbeitnehmers. Es zählt das Bruttogehalt, das zuletzt regelmäßig gezahlt wurde.
- Bei Zahlungsklagen: Fordern Sie zum Beispiel ausstehenden Lohn, Urlaubsgeld oder Überstundenvergütung, ist der Gegenstandswert in der Regel der Gesamtbetrag der Geldforderung.
- Bei anderen Streitigkeiten: Geht es um ein Arbeitszeugnis, eine Versetzung oder andere Arbeitsbedingungen, wird der Wert oft geschätzt. Er kann sich zum Beispiel an einem Teil eines Monatsgehalts orientieren oder in manchen Fällen auch symbolisch festgelegt werden.
Das Gericht kann den Gegenstandswert im Laufe des Verfahrens festsetzen oder anpassen. Für die Berechnung der Anwaltsgebühren wird der vom Gericht oder vor Gericht durch die Parteien festgelegte Wert herangezogen.
Welche Kriterien müssen erfüllt sein, damit die Entfernung von Abmahnungen aus der Personalakte oder die Erteilung von Zeugnissen im Rahmen eines Vergleichs als Vergleichsmehrwert berücksichtigt werden?
Wenn in einem Vergleich, zum Beispiel zur Beendigung eines Arbeitsverhältnisses, zusätzliche Vereinbarungen getroffen werden, fragt man sich, ob diese einen zusätzlichen Wert – einen sogenannten Vergleichsmehrwert – darstellen. Dieser Wert ist wichtig, weil er zum Beispiel bei der Berechnung von Anwaltskosten eine Rolle spielen kann. Es geht darum, ob die vereinbarte Leistung über das hinausgeht, was ohnehin gesetzlich vorgeschrieben ist oder was im konkreten Streitfall voraussichtlich gerichtlich entschieden worden wäre.
Nicht jede zusätzliche Zusage in einem Vergleich ist automatisch ein Vergleichsmehrwert. Damit die Entfernung von Abmahnungen oder die Erteilung eines Zeugnisses als solcher Mehrwert gilt, muss die Vereinbarung einen eigenständigen, greifbaren Vorteil für die begünstigte Partei bringen, der über die Klärung des ursprünglichen Streits hinausgeht.
1. Entfernung von Abmahnungen:
Wird im Vergleich vereinbart, dass eine Abmahnung aus der Personalakte entfernt wird, kann dies einen Mehrwert darstellen. Das ist aber nicht immer der Fall.
- Wenn die Abmahnung bereits rechtlich unwirksam war (zum Beispiel weil die darin erhobenen Vorwürfe nicht zutrafen oder die Form fehlerhaft war) und der Mitarbeiter ohnehin einen Anspruch auf Entfernung gehabt hätte, dann ist die Vereinbarung im Vergleich oft kein Vergleichsmehrwert. Es wird dann lediglich etwas bestätigt, worauf ohnehin ein Anspruch bestand.
- Ein Mehrwert kann aber vorliegen, wenn die Abmahnung grundsätzlich wirksam war oder ihre Wirksamkeit zumindest zweifelhaft ist und durch den Vergleich trotzdem ihre Entfernung zugesagt wird. Durch die Entfernung wird ein potenzieller Nachteil für zukünftige Arbeitsverhältnisse oder Entscheidungen des Arbeitgebers beseitigt.
Es kommt also darauf an, ob die Abmahnung nach ihrer rechtlichen Bewertung Bestand gehabt hätte oder nicht. Die Zusage zur Entfernung einer unwirksamen Abmahnung hat meist keinen eigenen Wert, da der Arbeitnehmer diese Entfernung ohnehin hätte verlangen können.
2. Erteilung von Zeugnissen:
Auch die Vereinbarung zur Erteilung eines Zeugnisses kann einen Vergleichsmehrwert begründen.
- Jeder Arbeitnehmer hat bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen gesetzlichen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis. Dieser Anspruch umfasst in der Regel ein „einfaches“ Zeugnis (mit Angaben zur Person, Art und Dauer der Tätigkeit) oder ein „qualifiziertes“ Zeugnis (das zusätzlich Leistung und Verhalten bewertet).
- Wird im Vergleich lediglich vereinbart, dass ein Zeugnis (egal ob einfach oder qualifiziert) erteilt wird, ist dies grundsätzlich kein Vergleichsmehrwert. Dieser Anspruch besteht ja bereits kraft Gesetzes.
- Ein Mehrwert entsteht aber dann, wenn im Vergleich zusätzliche Absprachen zur Art oder Formulierung des Zeugnisses getroffen werden. Dies ist der Fall, wenn zum Beispiel ein bestimmter Wortlaut vereinbart wird oder zugesichert wird, dass das Zeugnis eine bestimmte positive Bewertung (z.B. Note „gut“ oder „sehr gut“) enthalten soll, die über den gesetzlichen Mindestanspruch an Wohlwollen hinausgeht oder die der Arbeitnehmer voraussichtlich gerichtlich nicht hätte durchsetzen können.
Vereinbarungen, die über den bloßen gesetzlichen Anspruch auf ein Zeugnis hinausgehen und dem Arbeitnehmer einen zusätzlichen Vorteil verschaffen (z.B. ein besonders positives Zeugnis, das so vielleicht nicht geschuldet gewesen wäre), können einen Vergleichsmehrwert darstellen.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Ein Vergleichsmehrwert liegt bei solchen Zusagen nur vor, wenn sie dem Arbeitnehmer einen echten zusätzlichen Vorteil bringen, der über das hinausgeht, was ihm ohnehin zusteht oder was er voraussichtlich gerichtlich hätte erreichen können. Es muss ein eigener wirtschaftlicher oder persönlicher Wert in der vereinbarten Leistung liegen, der nicht nur die Klärung einer bereits bestehenden rechtlichen Situation darstellt.
Welche rechtlichen Folgen hat eine verhaltensbedingte Kündigung und welche Rolle spielen vorherige Abmahnungen?
Eine verhaltensbedingte Kündigung ist eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber, die auf Fehlverhalten des Arbeitnehmers zurückzuführen ist. Das bedeutet, der Arbeitgeber kündigt, weil er der Meinung ist, dass der Arbeitnehmer gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verstoßen hat.
Folgen einer verhaltensbedingten Kündigung
Die unmittelbare und wichtigste Folge ist der Verlust des Arbeitsplatzes. Das Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf der Kündigungsfrist oder, bei besonders schwerwiegendem Fehlverhalten, sogar fristlos.
Für den Arbeitnehmer kann eine verhaltensbedingte Kündigung auch Auswirkungen auf das Arbeitslosengeld haben. Wenn das Fehlverhalten als der Grund für die Kündigung gilt, der vom Arbeitnehmer selbst verursacht wurde, kann die Agentur für Arbeit eine Sperrzeit verhängen. Das bedeutet, dass für einen bestimmten Zeitraum kein Arbeitslosengeld gezahlt wird.
Die Rolle von Abmahnungen
In den meisten Fällen ist eine vorherige Abmahnung erforderlich, bevor eine verhaltensbedingte Kündigung wirksam ausgesprochen werden kann. Eine Abmahnung hat zwei Hauptfunktionen:
- Hinweis auf das Fehlverhalten: Der Arbeitgeber teilt dem Arbeitnehmer schriftlich mit, welches konkrete Verhalten beanstandet wird und dass es als Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten angesehen wird.
- Warnung vor Konsequenzen: Mit der Abmahnung wird dem Arbeitnehmer deutlich gemacht, dass im Wiederholungsfall mit einer Kündigung zu rechnen ist.
Die Abmahnung soll dem Arbeitnehmer also die Gelegenheit geben, sein Verhalten zu ändern und das Fehlverhalten zukünftig zu unterlassen.
Eine verhaltensbedingte Kündigung ist in der Regel nur wirksam, wenn dem Fehlverhalten, das zur Kündigung führt, eine oder mehrere einschlägige Abmahnungen vorausgegangen sind. „Einschlägig“ bedeutet, dass die Abmahnung genau das gleiche oder ein ähnliches Fehlverhalten betreffen muss.
Es gibt aber auch Ausnahmen: Bei sehr schwerwiegendem Fehlverhalten, das das Vertrauensverhältnis unwiederbringlich zerstört (z.B. Diebstahl oder schwere Beleidigungen), kann in Ausnahmefällen auch eine sofortige Kündigung ohne vorherige Abmahnung möglich sein.
Die Wirksamkeit einer verhaltensbedingten Kündigung hängt daher stark davon ab, ob und wie die vorherigen Abmahnungen formuliert waren, ob sie das Fehlverhalten genau beschrieben haben und ob sie die Kündigung als Konsequenz bei Wiederholung klar benannt haben. Eine rechtlich unwirksame Abmahnung kann dazu führen, dass auch die spätere verhaltensbedingte Kündigung unwirksam ist.
Was sind die wesentlichen Unterschiede zwischen einem Zwischenzeugnis und einem Endzeugnis und welche rechtlichen Ansprüche hat ein Arbeitnehmer auf diese Zeugnisse?
Der Hauptunterschied zwischen einem Zwischenzeugnis und einem Endzeugnis liegt im Zeitpunkt ihrer Ausstellung.
Ein Zwischenzeugnis wird während eines noch bestehenden Arbeitsverhältnisses ausgestellt. Es dokumentiert Ihre Leistungen und Ihr Verhalten bis zu einem bestimmten Stichtag, während Sie weiterhin im Unternehmen beschäftigt sind. Gründe für die Ausstellung eines Zwischenzeugnisses können vielfältig sein, zum Beispiel, wenn Sie sich intern auf eine andere Stelle bewerben möchten, Ihr Vorgesetzter wechselt oder Sie es für externe Bewerbungen benötigen, obwohl Sie Ihre aktuelle Stelle (noch) nicht verlassen.
Ein Endzeugnis wird nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgestellt. Es bewertet Ihre gesamte Tätigkeit im Unternehmen von Anfang bis Ende. Dieses Zeugnis benötigen Sie typischerweise für Bewerbungen bei neuen Arbeitgebern, um Ihre beruflichen Erfahrungen und Qualifikationen nachzuweisen.
Als Arbeitnehmer haben Sie grundsätzlich einen gesetzlichen Anspruch auf ein schriftliches Arbeitszeugnis (§ 109 Gewerbeordnung). Dieser Anspruch besteht nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf ein Endzeugnis.
Während des bestehenden Arbeitsverhältnisses haben Sie nur unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf ein Zwischenzeugnis. Solche Gründe („berechtigtes Interesse“) können sein, wie bereits erwähnt, interne oder externe Bewerbungen, ein Vorgesetztenwechsel, eine Versetzung in eine andere Abteilung oder wenn längere Zeit kein Zeugnis ausgestellt wurde.
Sowohl das Zwischenzeugnis als auch das Endzeugnis müssen bestimmte Anforderungen erfüllen:
- Wahrheitsgemäßheit: Das Zeugnis muss die Tatsachen korrekt wiedergeben. Es darf keine falschen Angaben enthalten.
- Wohlwollen: Obwohl das Zeugnis wahrheitsgemäß sein muss, darf es Ihre berufliche Zukunft nicht unnötig erschweren. Es soll Ihre Leistungen und Ihr Verhalten fair und nicht übermäßig negativ darstellen, solange dies mit der Wahrheit vereinbar ist.
Sie haben als Arbeitnehmer einen Anspruch darauf, dass das Zeugnis wahrheitsgemäß und wohlwollend formuliert ist und Ihre Leistungen und Ihr Verhalten angemessen bewertet. Dies nennt man ein „qualifiziertes Arbeitszeugnis“. Ein einfaches Zeugnis, das nur Art und Dauer der Tätigkeit beschreibt, reicht in der Regel nicht aus, es sei denn, Sie wünschen dies ausdrücklich.
Wenn das ausgestellte Zeugnis nach Ihrer Ansicht fehlerhaft, unvollständig oder zu negativ ist, haben Sie das Recht, vom Arbeitgeber eine Korrektur zu verlangen. Kommt der Arbeitgeber dem nicht nach, kann der Anspruch auf ein korrektes, wahrheitsgemäßes und wohlwollendes Zeugnis rechtlich verfolgt werden.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.
Glossar
Juristische Fachbegriffe kurz erklärt
Verhaltensbedingte Kündigung
Eine verhaltensbedingte Kündigung ist eine Kündigung durch den Arbeitgeber, die auf einem schuldhaften Verhalten des Arbeitnehmers beruht, also einem Verstoß gegen seine Vertragspflichten. Voraussetzung ist in der Regel, dass der Arbeitnehmer vorher abgemahnt wurde, um ihm Gelegenheit zur Verhaltensänderung zu geben. Diese Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfristen. Im Arbeitsrecht wird sie häufig als eine Kündigungsart neben der personen- oder betriebsbedingten Kündigung unterschieden (vgl. §§ 1, 2 KSchG). Beispiel: Ein Mitarbeiter erscheint mehrfach unentschuldigt zu spät, trotz vorheriger Abmahnungen, und wird deshalb verhaltensbedingt gekündigt.
Gerichtlicher Vergleich
Ein gerichtlicher Vergleich ist eine Einigung der Parteien im laufenden Gerichtsverfahren, mit der sie den Streit ganz oder teilweise beilegen, ohne dass das Gericht in der Sache endgültig entscheidet. Der Vergleich hat die Rechtswirkung eines Urteils und beendet das Verfahren (vgl. § 779 BGB). Er enthält Regelungen, auf die sich die Parteien einigen, etwa über die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses oder über einen Abfindungsbetrag. Beispiel: Arbeitnehmer und Arbeitgeber einigen sich vor Gericht darauf, das Arbeitsverhältnis zum bestimmten Zeitpunkt zu beenden und eine Abfindung zu zahlen, ohne dass das Gericht den Kündigungsschutz im Urteil prüft.
Vergleichsmehrwert
Der Vergleichsmehrwert ist der zusätzliche Wert eines gerichtlichen Vergleichs, der sich aus der Einigung über weitere Streitpunkte oder Ansprüche ergibt, die im ursprünglichen Verfahren nicht oder noch nicht bewertet waren. Für die Berechnung der Anwaltsgebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) erhöht sich dadurch der Streitwert, was zu höheren Gebühren führen kann (vgl. Nr. 1000 VV RVG). Ein Vergleichsmehrwert entsteht nur, wenn die im Vergleich geregelten Punkte vorab tatsächlich Streitthema oder ungewiss waren. Beispiel: In einem Verfahren wird ursprünglich nur über die Kündigung gestritten, im Abschlussvergleich wird zusätzlich die Entfernung von Abmahnungen vereinbart, die nicht zuvor zum Verfahrenswert gezählt wurden – dieser zusätzliche Regelungsteil kann einen Vergleichsmehrwert darstellen.
Einigungsgebühr nach RVG
Die Einigungsgebühr ist eine besondere Gebühr für Rechtsanwälte, die dann entsteht, wenn sie durch ihre Mitwirkung einen Rechtsstreit durch einen Vergleich oder eine einvernehmliche Einigung beenden. Sie ist in Nr. 1000 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) geregelt. Die Höhe der Gebühr richtet sich am Gegenstandswert bzw. dem sogenannten Gesamtwert des Vergleichs, also der Summe aller geregelten Streitpunkte und Vergleiche. Beispiel: Ein Anwalt, der in einem Arbeitsrechtsstreit Kündigung und Zeugnisfragen durch eine Einigung klärt, erhält für diesen Erfolg eine Einigungsgebühr, deren Höhe sich aus dem Gesamtstreitwert berechnet.
Zwischenzeugnis und Endzeugnis
Ein Zwischenzeugnis ist ein Arbeitszeugnis, das während des laufenden Arbeitsverhältnisses ausgestellt wird und die bisherigen Leistungen und das Verhalten des Arbeitnehmers beschreibt. Ein Endzeugnis wird hingegen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgestellt und umfasst den gesamten Beschäftigungszeitraum. Beide Zeugnisse müssen wahrheitsgemäß und wohlwollend formuliert sein (§ 109 Gewerbeordnung). Arbeitnehmer haben grundsätzlich Anspruch auf ein Endzeugnis, ein Zwischenzeugnis nur bei berechtigtem Interesse, z. B. bei Vorgesetztenwechsel. Beispiel: Ein Arbeitnehmer beantragt nach drei Jahren ein Zwischenzeugnis, um sich auf eine interne Beförderung zu bewerben, und erhält nach Ende des Arbeitsverhältnisses ein Endzeugnis für die gesamte Beschäftigungszeit.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 4 KSchG (Kündigungsschutzgesetz): Regelt den Schutz des Arbeitnehmers vor sozial ungerechtfertigten Kündigungen, insbesondere durch das Kündigungsschutzverfahren, in dem die Wirksamkeit einer verhaltensbedingten Kündigung überprüft wird. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die arbeitsrechtliche Auseinandersetzung drehte sich maßgeblich um die Wirksamkeit der verhaltensbedingten Kündigung, deren Grundlagen (Abmahnungen) und deren Anfechtung durch die Arbeitnehmerin.
- Nr. 1000 VV RVG (Vergütungsverzeichnis zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz): Bestimmt die Einigungsgebühr für Rechtsanwälte, wenn sie an einem Vergleich mitwirken, der zur Beendigung eines Rechtsstreits oder einer Ungewissheit führt, wobei nur der tatsächlich streitige oder ungewisse Teil des Verfahrenswerts maßgeblich ist. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Streitfrage drehte sich um die Berechnung des Vergleichsmehrwerts zur Erhöhung der Anwaltsgebühren bei der Einigung, insbesondere ob Abmahnungen und Zeugnisse zusätzliche wertmäßige Streitpunkte darstellen.
- § 2 Abs. 1 Satz 1 RVG: Regelt, dass die Gebühren nach dem Gegenstandswert berechnet werden, der den Streitwert oder den Wert der angegriffenen bzw. im Vergleich geregelten Ansprüche erfasst. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Gegenstandswert für die Kündigungsschutzklage einschließlich der Abmahnungen und Zeugnisse war zentral für die Höhe der Anwaltsgebühren; die richtige Erfassung aller streitigen Punkte war daher wichtig.
- Arbeitsrechtliche Zeugnisansprüche (§ 109 GewO i.V.m. arbeitsrechtlicher Rechtsprechung): Gewähren Arbeitnehmern das Recht auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis, wobei Zeugnisstreitigkeiten in der Praxis oft zusammenhängend behandelt werden, wenn Zwischen- und Endzeugnis in engem Bezug stehen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Zeugnisforderungen (Zwischen- und Endzeugnis) wurden als ein zusammenhängendes Zeugnisinteresse bewertet, sodass kein zusätzlicher Streitwert für beide Zeugnisse getrennt anzusetzen war.
- Rechtsprechung zum Vergleichsmehrwert im Arbeitsrecht: Grundsatz, dass Vergleichsmehrwert nur bei zusätzlichen, tatsächlich streitigen oder ungewissen Ansprüchen entsteht, nicht aber bei Regelungen, die bereits vom Wert des laufenden Verfahrens erfasst sind. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das LAG begründete, dass weder die Entfernung der Abmahnungen noch die Zeugnisvereinbarungen einen darüber hinausgehenden Streitwert darstellen, da sie integraler Bestandteil der Kündigungsschutzstreitigkeit waren.
- Grundsatz der Gebührenberechnung nach dem Gegenstandswert (§ 13 RVG i.V.m. § 14 GKG analog): Bei komplexen Verfahren sind nur die tatsächlich streitigen oder ungewissen Rechtspositionen im Gegenstandswert zu erfassen, Mehrwert kann nur für zusätzlich geregelte Streitpunkte berücksichtigt werden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die im Vergleich geregelten Abmahnungen und Zeugnisse waren keine neuen Streitpunkte, sondern bereits im verfahrensbezogenen Gegenstandswert enthalten, weshalb kein zusätzlicher Mehrwert anzusetzen war.
Das vorliegende Urteil
LAG Berlin-Brandenburg – Az.: 26 Ta (Kost) 6005/24 – Beschluss vom 26.01.2024
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