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Verhaltensbedingte Arbeitnehmerkündigung – Nichtteilnahme an Sicherheitsunterweisung

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz – Az.: 2 Sa 97/16 – Urteil vom 08.12.2016

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 02.02.2016 – 10 Ca 914/15 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch über die Wirksamkeit zweier ordentlicher Kündigungen.

Der Kläger stand zunächst in der Zeit vom 01. Oktober 2006 bis zum 31. Mai 2008 in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten, das durch seine Eigenkündigung beendet worden war. Zum 15. Juli 2008 wurde der Kläger aufgrund des Arbeitsvertrags der Parteien vom 23. Juni 2008 (Bl. 5 bis 14 d. A.) als Arbeiter im Bereich Gießerei wieder eingestellt.

Am 05. November 2014 hängte die Beklagte am schwarzen Brett ihres Betriebes eine „Einladung zur Unterweisung“ (Bl. 40 d. A.) für eine Sicherheitsunterweisung aus, in der es u.a. heißt:

„Am 13.11. und 18.11.2014 finden die jährlichen Unterweisungen für den Bereich der Gießerei statt.

Um einen relativ störungsfreien Produktionsablauf zu gewährleisten möchten wir mit der Unterweisung bereits um 13.00 Uhr beginnen.

Dh. die Spätschicht beginnt jeweils eine halbe Stunde früher. (13.00 Uhr) Die 3-Schicht Spätschicht beginnt an diesem Tag 1 Stunde früher

Die Frühschicht verlängert sich bis zum Ende der Unterweisung damit eine ordentliche Übergabe stattfinden kann.

Bitte planen sie für diese beiden Tage eine etwas längere Arbeitszeit ein.

(…)“

Die infolge der Unterweisung anfallende Mehrarbeitszeit sollte von der Beklagten vergütet bzw. hierüber eine Zeitgutschrift auf dem Arbeitszeitkonto erteilt werden. Der Kläger, der am 18. November 2014 Urlaub hatte, erschien am 13. November 2014 erst zu seinem regulären Schichtbeginn um 14.00 Uhr anstatt um 13.00 Uhr zum angesetzten Termin für die Sicherheitsunterweisung. Hierauf angesprochen erklärte er, er sei nicht bereit, in seiner Freizeit früher zur Unterweisung zu erscheinen. Daraufhin erteilte ihm die Beklagte mit Schreiben vom 25. November 2014 (Bl. 41 d. A.) folgende Abmahnung:

„Abmahnung

Sehr geehrter Herr A.,

Ihr nachfolgend dargestelltes Verhalten gibt uns Veranlassung, Sie auf die ordnungsgemäße Erfüllung Ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtungen hinzuweisen:

Für den 18.11.14 war die jährliche Sicherheitsunterweisung um 13 Uhr angesetzt. Dies hätte für Sie bedeutet, dass Sie eine Stunde früher als zum normalen Schichtbeginn hätten kommen müssen. Diese Zeit sollte als Überstunde notiert werden. Sie sind jedoch erst zu Schichtbeginn um 14 Uhr mit dem Hinweis, dass Sie nicht bereit waren in Ihrer Freizeit früher zu der Unterweisung zu kommen, zur Arbeit erschienen. Der Termin war seit 05.11.2014 bereits am schwarzen Brett ausgehängt, so dass für Sie und alle anderen Kollegen eine Terminplanung rechtzeitig möglich war.

Es ist für Ihre Arbeit wichtig, dass Sie Kenntnis von den mitgeteilten Informationen haben.

Wir können dieses Fehlverhalten nicht unbeanstandet hinnehmen. Bemühen Sie sich daher, dass Ihr Verhalten keinen Anlass mehr zur Klage gibt. Andernfalls müssen Sie mit einer Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses rechnen.

Wir bitten Sie, uns den Erhalt dieser Abmahnung, die wir zu Ihren Personalakten nehmen werden, zu bestätigen.“

Nachdem im November 2014 mehrere Arbeitnehmer zu den Unterweisungen nicht erscheinen konnten oder nicht erschienen waren, setzte die Beklagte eine Nachschulung im Januar 2015 an. Auch zu dieser erschien der Kläger nicht. Daraufhin sprach ihn der Produktionsleiter Z am 24. Februar 2015 an und erklärte ihm, auch er müsse zur Sicherheitsunterweisung. Als Nachholtermin wurde der 26. Februar 2015 abgesprochen, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob ein Termin für die Sicherheitsunterweisung um 13.30 Uhr vereinbart war. Nachdem der Kläger am 26. Februar 2015, an dem seine reguläre Spätschicht wieder um 14.00 Uhr begann, nicht um 13.30 Uhr zur Sicherheitsunterweisung erschien, kündigte die Beklagte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 06. März 2015 (Bl. 15 d. A.) „außerordentlich fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 06. März 2015“. Hiergegen hat sich der Kläger mit seiner am 20. März 2015 beim Arbeitsgericht Koblenz eingegangenen Kündigungsschutzklage gewandt. Mit Schreiben vom 01. April 2015 (Bl. 42 d. A.) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis „nochmals vorsorglich hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt“. Diese Kündigung hat der Kläger mit seiner am 10. April 2015 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klageerweiterung ebenfalls angegriffen.

Wegen des wechselseitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 02. Februar 2016 – 10 Ca 914/15 – und ergänzend auf die erstinstanzlich eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen Z. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll des Arbeitsgerichts vom 02. Februar 2016 verwiesen.

Mit Urteil vom 02. Februar 2016 – 10 Ca 914/15 – hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 06. März 2015 beendet wurde, sondern bis zum 31. Mai 2015 fortbestanden hat, während es im Übrigen die Klage abgewiesen hat. Soweit für das Berufungsverfahren von Interesse, hat das Arbeitsgericht angenommen, dass die hilfsweise ordentliche Kündigung vom 06. März 2015 wirksam sei und das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist am 31. Mai 2015 beendet habe. Wegen der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe seines Urteils verwiesen.

Gegen das ihm am 01. März 2016 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat der Kläger mit Schriftsatz vom 16. März 2016, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, Berufung eingelegt und diese nach antragsgemäßer Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 02. Juni 2016 mit Schriftsatz vom 02. Juni 2016, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, begründet.

Er trägt vor, es habe lediglich eine Absprache darüber gegeben, dass am 26. Februar 2015 eine Sicherheitsunterweisung stattfinden solle, während die Uhrzeit noch nicht festgelegt gewesen sei. Er sei deshalb davon ausgegangen, dass die Sicherheitsunterweisung während seiner Arbeitszeit am Nachmittag habe stattfinden sollen und ihm an dem Tag der Sicherheitsunterweisung die genaue Uhrzeit mitgeteilt oder er zu der Sicherheitsunterweisung gerufen würde. Entgegen der Entscheidung des Arbeitsgerichts bestehe gerade kein Widerspruch zwischen seiner schriftlichen und seiner mündlichen Darlegung zur Vereinbarung eines Termins am 26. Februar 2015. Da keine Uhrzeit genannt gewesen sei, habe zwar der 26. Februar 2015, aber nicht der genaue Termin festgestanden. Er sei der Sicherheitsunterweisung nicht unentschuldigt ferngeblieben. Er frage sich, weshalb er einerseits bei einer Verabredung eines Termins um 13.30 Uhr diesem habe zustimmen, dann aber den Termin zwei Tage später nicht habe wahrnehmen sollen, weil er vor Arbeitsbeginn liegen würde. Ein solches Verhalten wäre nicht nur widersprüchlich, sondern würde auch nicht seinem Verständnis von Vertragstreue entsprechen. Den Hintergrund für die Kündigung sehe er nicht in der nicht wahrgenommenen Sicherheitsunterweisung, sondern in der Vorgeschichte der Kündigung. Im Vorfeld zu der Kündigung habe er bei der Beklagten deren Absicht moniert, die Arbeitszeiten und damit die Entlohnungsstruktur zu ändern. Die Beklagte habe die wöchentlichen Arbeitszeiten geändert, weil sie ein Dreischichtsystem eingeführt habe. Dabei sei es zur kürzeren wöchentlichen Arbeitszeiten gekommen, was wiederum dazu geführt habe, dass ein geringeres Grundgehalt und dafür eine Zulage habe gezahlt werden sollen. Gleichzeitig sei das Stundenkonto durch die kürzere Arbeitszeit zurückgefahren worden. Mit diesen Maßnahmen sei er nicht einverstanden gewesen. Durch die Änderung des Grundgehaltes sei eine Schlechterstellung in der Zukunft zu befürchten, wenn es um prozentual zu berechnende Gehaltsanpassungen oder Ähnliches gehe. Gleichwohl habe er im Dreischichtsystem gearbeitet, obwohl nach dem Arbeitsvertrag keine derartige Verpflichtung bestanden habe. Ihm sei es in erster Linie darum gegangen, dass die arbeitsvertraglich vereinbarte Abrechnung eingehalten würde. Darüber sei es zu Unstimmigkeiten gekommen. Weiterhin habe er festgestellt, dass sein Arbeitsplatz nicht den Sicherheitsanforderungen entsprochen habe. Sein Arbeitsplatz, an dem er in der Nachtschicht alleine arbeite, befinde sich in einer Halle in einem von anderen Mitarbeitern nicht einsehbaren Bereich, so dass er bei einem Unfall oder gesundheitlichen Notfall nicht gesehen würde. Er habe sich deswegen bereits mit den zuständigen Institutionen in Verbindung gesetzt und letztlich die Bestätigung von dort erhalten, dass diese Art des Arbeitseinsatzes sicherheitstechnisch nicht zu vertreten sei. Seinem Eindruck nach habe die Beklagte daraufhin nach der Möglichkeit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses gesucht und die angeblich fehlende Teilnahme an der Sicherheitsunterweisung nur vorgeschoben. Im Hinblick darauf, dass er regelmäßig und so auch am 26. Februar 2015 etwa 15 bis 20 Minuten vor Arbeitsbeginn im Betrieb sei, hätte die Möglichkeit bestanden, ihn zu der Sicherheitsunterweisung in das Büro zu rufen. Am 26. Februar 2015 habe er sich bei einem Gespräch mit anderen Mitarbeitern in einem Bereich aufgehalten, in dem er vom Büro aus gesehen worden sei. Trotzdem sei keine Kontaktaufnahme von Seiten der Beklagten bzw. des Zeugen Z. erfolgt. Statt ihn sofort oder zu einer anderen Uhrzeit zur Sicherheitsunterweisung zu beordern, sei diese Möglichkeit nicht genutzt worden. Entgegen der Darstellung der Beklagten würden die Bekundungen des Zeugen nicht ihren Vortrag bestätigen. Erst nach erheblichen Vorhalten habe der Zeuge seine Bekundungen in Richtung des Vortrags der Beklagten korrigiert. Selbst dann würden sich immer noch erhebliche Differenzen zu dem tatsächlichen Geschehensablauf finden. Zutreffend an den Schilderungen des Zeugen sei allein, dass dieser am 24. Februar 2015 ihn an seiner Gießanlage aufgesucht und ihn auf einen Termin zur Sicherheitsunterweisung angesprochen habe. Es sei aber nicht ein genauer Termin, sondern lediglich vereinbart worden, dass ein Termin innerhalb seiner regulären Arbeitszeit stattfinden solle, womit der Zeuge einverstanden gewesen sei. Daraufhin sei von dem Zeugen Donnerstag, der 26. Februar 2015, vorgeschlagen worden, woraufhin er erklärt habe, dass das kein Problem sei, aber es während der regulären Arbeitszeit stattfinden solle. Dem habe der Zeuge zugestimmt und sei wieder weggegangen. Mehr sei nicht besprochen und auch nicht vereinbart worden. Die später von dem Zeugen genannte Uhrzeit um 13.30 Uhr sei nie im Gespräch gewesen. Die Beklagte habe in früheren Darlegungen 13.00 Uhr behauptet. Auch diese Uhrzeit sei aber tatsächlich in dem Gespräch nicht vereinbart worden. Von Bedeutung für die Glaubwürdigkeit des Zeugen sei das, weil eine halbe Stunde vor seinem Arbeitsbeginn um 14.00 Uhr nicht ausgereicht hätte, um die Arbeitsvorbereitungen bzw. Materialvorbereitungen bis Arbeitsbeginn um 14.00 Uhr herzustellen. Eine Vereinbarung für 13.30 Uhr habe deshalb nicht nur nicht stattgefunden, sondern wäre auch wenig zielführend gewesen. Im Hinblick darauf, dass er wie jeden Tag ohnehin ca. 20 Minuten vor Beginn der normalen Arbeitszeit um ca. 13.40 Uhr an seinem Arbeitsplatz anwesend gewesen sei, hätte eine etwaige Aufforderung ohne weiteres erfolgen können, was aber nicht erfolgt sei. Entgegen der Bekundung des Zeugen, dass dieser ihn um 14.00 Uhr an seinem Arbeitsplatz aufgesucht habe, sei es tatsächlich so gewesen, dass er durch den Zeugen Y. aufgefordert worden sei, sofort hoch ins Büro zu dem Zeugen Z. zu gehen. Als ihm dann im Büro vorgehalten worden sei, wo er gewesen sei, habe er darauf hingewiesen, dass tatsächlich vereinbart gewesen sei, dass die Sicherheitsunterweisung während der Arbeitszeit, d. h. ab 14.00 Uhr an dem Donnerstagnachmittag habe stattfinden sollen. Daraufhin habe der Zeuge Z. sinngemäß erwidert, er müsse jetzt prüfen, ob er ohne Sicherheitsunterweisung überhaupt noch arbeiten dürfe. Er habe am 26. Februar 2015 nicht gesagt, er sei nicht bereit, in seiner Freizeit zu erscheinen. Eine derartige Äußerung habe er zwar tatsächlich abgegeben, aber im Zusammenhang mit der Schulung im November 2014, an der er nicht teilgenommen habe. Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens des Klägers wird auf seine Berufungsbegründung vom 02. Juni 2016 und seinen weiteren Schriftsatz vom 14. November 2016 verwiesen.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 02. Februar 2016 – 10 Ca 914/15 – festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 06. März 2016 und nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 01. April 2016 beendet worden ist.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie erwidert, das Arbeitsgericht habe seine Entscheidung auf eine zutreffende Beweiswürdigung gestützt. Soweit der Kläger nunmehr der Meinung sei, ein Widerspruch zwischen seiner im Kammertermin geäußerten Darstellung und seinem vorherigen schriftsätzlichen Vorbringen bestehe nicht, so sei dies offenkundig falsch. Während der Kläger noch schriftsätzlich am 03. August 2015 behauptet habe, ein fester Termin zur Sicherheitsunterweisung sei noch nicht vereinbart gewesen, so widerspreche dies eben genau seinen im Kammertermin aufgestellten Behauptungen, wonach er erst ab 14.00 Uhr zu einer von der Uhrzeit nicht festgelegten Sicherheitsunterweisung hätte erscheinen sollen. Seine weitere Äußerung, wonach er es nicht einsehe, in seiner Freizeit zu seinem solchen Termin zu erscheinen, unterstreiche dabei gerade seine bewusste Verweigerungshaltung, die Sicherheitsunterweisung wahrzunehmen. Auch sei es nicht ihre Aufgabe als Arbeitgeberin, ihre Arbeitnehmer zur Sicherheitsunterweisung persönlich am Arbeitsplatz abzuholen. Nach der ausdrücklich gegenüber dem Zeugen Z. geäußerten Zustimmung des Klägers, zur Sicherheitsunterweisung erscheinen zu wollen, habe sie nicht damit rechnen können, dass der Kläger diese Abrede nicht einhalten, sondern einfach seinen Arbeitsplatz zwar eventuell vor 14.00 Uhr, aber jedenfalls erst nach der abgestimmten Uhrzeit um 13.30 Uhr unmittelbar aufsuchen würde. Soweit sich der Kläger nunmehr frage, weshalb er einerseits bei einer Verabredung eines Termins um 13.30 Uhr diesem habe zustimmen, dann aber den Termin zwei Tage später nicht habe wahrnehmen sollen, so könne die Antwort nur der Kläger selbst liefern. Ihr erschließe sich ein solches Verhalten jedenfalls im Nachhinein, wenn man die mit Rechthaberei einhergehende Verweigerungshaltung des Klägers insgesamt betrachte. Die weitere Behauptung des Klägers, die Kündigung sei durch vermeintlich andere Hintergründe bedingt, gehe ins Leere. Gegenstand der vorliegenden Kündigung sei allein die Pflichtverletzung des Klägers in Bezug auf die Sicherheitsunterweisung gewesen. Der Kläger hätte lediglich einmal eine halbe Stunde früher zur Arbeit erscheinen müssen, die ihm gutgeschrieben bzw. vergütet worden wäre. Vor diesem Hintergrund seien die weiteren Ausführungen des Klägers zu etwaigen früheren Meinungsunterschieden über den Umfang der Arbeitsstunden in diesem Rechtsstreit irrelevant.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. b und c ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist insbesondere form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. 519, 520 ZPO).

Die Berufung des Klägers hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung vom 06. März 2015 aus verhaltensbedingten Gründen i.S.v. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG gerechtfertigt ist und das Arbeitsverhältnis der Parteien wirksam gemäß § 1 Abs. 1 KSchG mit Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zum 31. Mai 2015 nach § 622 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB beendet hat. Das Berufungsgericht folgt den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung und sieht deshalb von einer eigenen umfassenden Begründung ab (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Die hiergegen gerichteten Berufungsangriffe des Klägers sind unbegründet.

1. Das Arbeitsgericht ist unter Berücksichtigung des Vortrags der Parteien und des Ergebnisses der Beweisaufnahme auf der Grundlage der von ihm vorgenommenen Beweiswürdigung davon ausgegangen, dass der Kläger am 26. Februar 2015 eine Pflichtverletzung begangen hat, indem er an diesem Tag nicht rechtzeitig zu der um 13.30 Uhr angesetzten Sicherheitsunterweisung erschienen ist. Entgegen den Berufungsangriffen des Klägers ist die vom Arbeitsgericht vorgenommene Beweiswürdigung, der sich das Berufungsgericht anschließt, nicht zu beanstanden.

Nach § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachengrundlage des Arbeitsgerichts aufgrund einer fehlerhaften Beweiswürdigung oder in der Berufung neu vorgebrachter Umstände begründen könnten, liegen nicht vor.

a) Das Arbeitsgericht hat nach dem Ergebnis der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme zutreffend festgestellt, dass der Zeuge Z. den Vortrag der Beklagten bestätigt hat, wonach der Zeuge am 24. Februar mit dem Kläger einen Termin zur Nachholung der Sicherheitsunterweisung für den 26. Februar 2015 um 13.30 Uhr vereinbart hat.

Hierzu hat das Arbeitsgericht die entsprechende Schilderung des Zeugen dargestellt und diese für insgesamt schlüssig und glaubhaft erachtet. Bei seiner Vernehmung hat der Zeuge auf Nachfrage nochmals ausdrücklich bestätigt, dass er sich an den für den Kläger festgesetzten Termin um 13.30 Uhr erinnern könne. Der Termin sei von ihm für 13.30 Uhr angesetzt und vom Kläger bestätigt worden, weil er extra vor dessen Schicht habe liegen sollen, damit in der regulären Schicht die Arbeitnehmer ihr Arbeitspensum auch erledigen könnten. Er lege die Sicherheitsunterweisung für die Beklagte grundsätzlich um 13.00 Uhr bzw. 13.30 Uhr, also außerhalb der regulären Schichtzeiten fest, damit es nicht zu Reibungsverlusten komme, sondern die betreffenden Arbeitnehmer ihr volles Arbeitspensum absolvieren könnten.

b) Das Arbeitsgericht hat zutreffend begründet, weshalb das widersprüchliche Vorbringen des Klägers die in sich schlüssige und nachvollziehbare Aussage des Zeugen nicht zu erschüttern vermag.

Entgegen der Ansicht des Klägers hat das Arbeitsgericht zutreffend berücksichtigt, dass seine erstmalige Darstellung im Kammertermin vom 02. Februar 2015 in Widerspruch zu seinem vorherigen schriftsätzlichen Vorbringen steht und als wenig plausibel erscheint. In seinem Schriftsatz vom 03. August 2015 hat der Kläger behauptet, dass ein Termin zur Sicherheitsunterweisung mit ihm überhaupt nicht vereinbart gewesen sei, sondern lediglich über die grundsätzliche Notwendigkeit und über einen noch zu findenden Termin gesprochen worden sei. Auch in seinem Schriftsatz vom 16. September 2015 hat er ausgeführt, dass der Vorgesetzte einen Termin habe besprechen wollen, was aber letztlich nicht mehr erfolgt sei. Erstmals im Termin vom 02. Februar 2016 hat der Kläger dann erklärt, ab 14.00 Uhr habe er zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt schon zu dieser Unterweisung kommen sollen, es sei aber keine feste Zeit vereinbart gewesen. Wie das Arbeitsgericht im Einzelnen begründet hat, lässt sich diese Darstellung mit seinem zuvor erfolgten schriftsätzlichen Vortrag nicht in Einklang bringen. Nach der Beweisaufnahme hat der Kläger im Termin vom 02. Februar 2016 erklärt, er habe den Zeugen in dem Gespräch am 24. Februar von vornherein klipp und klar gesagt, die Unterweisung werde er selbstverständlich nachholen, aber erst ab 14.00 Uhr, womit der Zeuge dann auch einverstanden gewesen sei. Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist schon kein Grund erkennbar, warum die Beklagte gerade beim Kläger von ihrer bisherigen Handhabung abweichen sollte, nach der die Sicherheitsunterweisungen stets außerhalb der regulären Schichtzeiten erfolgen, damit der reguläre Betriebsablauf nicht gestört wird. Die Beklagte hatte den Kläger mit ihrem Schreiben vom 25. November 2014 gerade deshalb abgemahnt, weil er erst zum Schichtbeginn um 14.00 Uhr mit dem Hinweis erschienen war, dass er nicht bereit wäre, in seiner Freizeit früher zu der Unterweisung zu kommen. Falls der Kläger tatsächlich weiterhin darauf beharrt hätte, dass er an der Unterweisung erst ab Schichtbeginn um 14.00 Uhr teilnimmt, ist nicht nachvollziehbar, weshalb sich die Beklagte bzw. der Zeuge darauf entgegen ihrer ständigen Praxis nunmehr ohne weiteres einlassen sollte. Soweit der Kläger die Frage aufgeworfen hat, weshalb er einerseits bei einer Verabredung eines Termin um 13.30 Uhr diesem zustimmen, dann aber den Termin zwei Tage später nicht wahrnehmen sollte, ist ein solches Verhalten des Klägers gemäß der zutreffenden Begründung des Arbeitsgerichts bereits deshalb keineswegs fernliegend, weil er eine derartige Pflichtverletzung bereits am 13. November 2014 unstreitig mit der Begründung begangen hat, er sehe nicht ein, in seiner Freizeit zur Unterweisung zu kommen, und er hierfür die ausgesprochene Abmahnung erhielt. Die darin zum Ausdruck kommende Verweigerungshaltung des Klägers hat sich gerade nicht nur auf den betreffenden Tag, sondern generell auf seine Teilnahme an einer außerhalb seiner üblichen Arbeitszeit liegenden Sicherheitsunterweisung bezogen.

c) Das weitere Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung.

Die im Schriftsatz des Klägers vom 14. November 2016 enthaltene Darstellung, dass die von dem Zeugen genannte Uhrzeit um 13.30 Uhr nie im Gespräch gewesen und auch von der Beklagten im Laufe des Rechtsstreits nicht behauptet worden sei, ist unzutreffend. Vielmehr hat die Beklagte sowohl in ihrer Klageerwiderung vom 26. Juni 2015 als auch in ihrem Schriftsatz vom 20. August 2015 vorgetragen, dass der Termin zur Sicherheitsunterweisung am 26. Februar 2015 um 13.30 Uhr vereinbart worden sei. Soweit der Kläger in seinem Schriftsatz vom 14. November 2016 behauptet hat, ihm sei bei seiner Vorsprache im Büro vom Zeugen vorgehalten worden, es sei die Durchführung der Sicherheitsunterweisung um 13.00 Uhr – nicht 13.30 Uhr – vereinbart gewesen, hat er im Termin vom 08. Dezember 2016 eingeräumt, dass der Zeuge ihm vorgehalten hat, warum er um 13.30 Uhr nicht da gewesen sei. Die Beklagte hat im Termin vom 08. Dezember 2016 ausgeführt, dass es sich im Falle der nur mit dem Kläger für den 26. Februar 2015 abgesprochenen Sicherheitsunterweisung nicht um eine Sammelunterweisung, sondern um eine Einzelunterweisung gehandelt habe, bei der eine halbe Stunde vor Arbeitsbeginn ausreichend sei. Das ist bereits deshalb ohne weiteres nachvollziehbar, weil eine Sammelunterweisung gemäß der Darstellung der Beklagten naturgemäß mehr Zeit in Anspruch nimmt als eine Einzelunterweisung.

Soweit der Kläger angeführt hat, dass er am 26. Februar 2015 wie jeden Tag 20 Minuten vor Beginn seiner Arbeitszeit und damit um ca. 13.40 Uhr an seinem Arbeitsplatz anwesend gewesen sei, ändert dies nichts daran, dass er nicht pünktlich zu der um 13.30 Uhr angesetzten Sicherheitsunterweisung erschienen ist. Wie die Beklagte zutreffend ausgeführt hat, ist es auch nicht etwa ihre Aufgabe als Arbeitgeberin, den Kläger, der nicht pünktlich zu der eigens für ihn um 13.30 Uhr angesetzten Sicherheitsunterweisung erschienen war, nach seinem späteren Eintreffen persönlich an seinem Arbeitsplatz abzuholen. Weiterhin kann offen bleiben, ob der Zeuge dann zum Kläger an dessen Arbeitsplatz gekommen ist oder der Kläger ins Büro zum Zeugen hochgehen musste. Selbst wenn der vom Kläger geschilderte Ablauf im Büro zutreffen sollte, ändert dies nichts an der Glaubwürdigkeit des Zeugen und der Richtigkeit seiner Aussage in Bezug auf den mit dem Kläger verabredeten Termin zur Sicherheitsunterweisung. Der Zeuge hat in sich schlüssig und nachvollziehbar begründet, weshalb er sich an den für den Kläger festgesetzten Termin um 13.30 Uhr noch erinnern kann, nämlich weil er vor der Schicht des Klägers liegen sollte, damit in der regulären Schicht die Arbeitnehmer ihr Arbeitspensum auch erledigen könnten. Im Hinblick darauf, dass es sowohl für den Zeugen als auch für das dem Kläger vorgeworfene pflichtwidrige Verhalten ohne jede Bedeutung ist, wie der genaue Ablauf nach dem Nichterscheinen des Klägers zu der um 13.30 Uhr angesetzten Sicherheitsunterweisung sich abgespielt hat, kommt es darauf nicht an. Gleiches gilt für den vom Kläger vermuteten Hintergrund für seine Kündigung. Selbst wenn die Beklagte aufgrund der vom Kläger angeführten Umstände ein Interesse an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gehabt haben sollte, ändert dies nichts daran, dass der Kläger zu der für ihn um 13.30 Uhr angesetzten Sicherheitsunterweisung hätte erscheinen müssen und mit seiner Pflichtverletzung der Beklagten einen verhaltensbedingten Kündigungsgrund gegeben hat.

2. Gemäß den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts (Ziff. A. 2. b der Entscheidungsgründe), auf die Bezug genommen wird, ist das bei einer verhaltensbedingten Kündigung grundsätzlich bestehende Abmahnungserfordernis aufgrund der dem Kläger zu Recht erteilten Abmahnung vom 25. November 2014 erfüllt. Allein der Umstand, dass in der Abmahnung ein falsches Datum enthalten ist, steht der Erfüllung ihrer Rüge- und Warnfunktion nicht entgegen, zumal dem Kläger ohnehin klar war, dass sich der ihm gemachte Vorwurf seines Ausbleibens nur auf den 13. November 2014 beziehen konnte.

3. Bei Abwägung der beiderseitigen Interessen erscheint die von der Beklagten hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung als billigenswert und angemessen.

Zwar ist zugunsten des Klägers insbesondere seine Betriebszugehörigkeit seit dem 15. Juli 2008 zu berücksichtigen. Zu seinen Lasten fällt aber ins Gewicht, dass er bereits am 13. November 2014 nicht zu der um 13.30 Uhr angesetzten Sicherheitsunterweisung unter Hinweis darauf erschienen ist, dass er nicht bereit wäre, in seiner Freizeit früher zu der Unterweisung zu kommen. Obwohl er deswegen von der Beklagten mit Schreiben vom 25. November 2014 unter Hinweis darauf abgemahnt worden ist, dass er bei einem erneuten Fehlverhalten mit einer Kündigung seines Arbeitsverhältnisses rechnen muss, ist er gleichwohl zu der erneut vor Schichtbeginn um 13.30 Uhr angesetzten Sicherheitsunterweisung nicht erschienen. Die Beklagte ist aufgrund ihres Direktionsrechts (§ 106 GewO) berechtigt, die Lage der Arbeitszeit und damit auch den Termin zur Sicherheitsunterweisung vor dem regulären Schichtbeginn festzusetzen. Die in dem Verhalten des Klägers zum Ausdruck kommende fehlende Bereitschaft, zu einer vor dem regulären Schichtbeginn anberaumten Sicherheitsunterweisung zu erscheinen, begründet die negative Prognose, dass es auch künftig zu gleichen oder ähnlichen Pflichtverletzungen kommt. Bei Abwägung der beiderseitigen Interessen erscheint daher die von der Beklagten hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung als angemessene und billigenswerte Reaktion auf das dem Kläger vorzuwerfende Fehlverhalten.

4. Gemäß den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts (Ziff. A. 2. d der Entscheidungsgründe), auf die Bezug genommen wird, ist das Arbeitsverhältnis der Parteien gemäß § 622 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB zum 31. Mai 2015 beendet worden. Dabei ist das Arbeitsgericht zu Recht davon ausgegangen (vgl. hierzu Ziff. A. 1. b der Entscheidungsgründe), dass die Zeit des vorangegangenen Arbeitsverhältnisses vom 01. Oktober 2006 bis 31. Mai 2008 aufgrund der erheblichen sechswöchigen Unterbrechung vom 1. Juni bis 14. Juli 2008 nicht auf das zum 15. Juli 2008 neu begründete Arbeitsverhältnis anzurechnen ist (vgl. BAG 28. August 2008 – 2 AZR 101/07 – juris).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

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