Übersicht:
- Kündigungsschutz im Arbeitsrecht: Fehlverhalten und unrechtmäßige Entlassungen
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche Folgen haben nachweislich falsche Anschuldigungen gegen Kollegen oder Vorgesetzte?
- Wann rechtfertigen Anschuldigungen gegen Kollegen eine Verhaltensbedingte Kündigung?
- Was muss eine Abmahnung wegen falscher Anschuldigungen enthalten?
- Wie können sich Arbeitnehmer gegen eine Kündigung wegen angeblich falscher Anschuldigungen wehren?
- Welche alternativen Wege gibt es, um Missstände am Arbeitsplatz anzusprechen?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern
- Datum: 06.08.2024
- Aktenzeichen: 5 Sa 86/23
- Verfahrensart: Berufungsverfahren im Rahmen des Kündigungsschutzes und zur Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte
- Rechtsbereiche: Arbeitsrecht, Kündigungsschutzrecht
Beteiligte Parteien:
- Klägerin: Eine Diplom-Biologin, die als Sachbearbeiterin für Artenschutz bei der unteren Naturschutzbehörde eines Landkreises beschäftigt war. Sie argumentierte, dass die Abmahnung unberechtigt sei und die ordentliche Kündigung ungerechtfertigt, da sie lediglich ihr Recht auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen habe.
- Beklagter: Der Landkreis als Arbeitgeber, der die Klägerin abgemahnt und später gekündigt hat. Er begründete die Maßnahmen mit der Missachtung von Weisungen und der Verbreitung ehrverletzender Anschuldigungen gegen andere Mitarbeiter, die den Betriebsfrieden stören.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Klägerin erhielt eine Abmahnung, weil sie gegen Anweisungen ihrer Vorgesetzten verstieß und in einem internen E-Mail-Verkehr einem Kollegen strafrechtliches Verhalten vorwarf. Später reichte sie beim Landrat eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen einen anderen Vorgesetzten ein, wobei sie diesem unter anderem unterstellte, ihre Gesundheit wissentlich zu gefährden. Daraufhin wurde ihr gekündigt.
- Kern des Rechtsstreits: Die Klägerin begehrte die Entfernung der Abmahnung aus ihrer Personalakte und wandte sich gegen die Wirksamkeit ihrer Kündigung. Es wurde darüber gestritten, ob die Kündigung gerechtfertigt war, da sie bereits abgemahnt worden war und wiederholt ähnliche Pflichtverletzungen begangen hatte.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Berufungen der Klägerin wurden zurückgewiesen. Die Abmahnung bleibt bestehen, und die Kündigung wurde als wirksam erachtet.
- Begründung: Die Abmahnung war gerechtfertigt, da die Klägerin die Weisungen ihrer Vorgesetzten missachtete und ehrverletzende Anschuldigungen erhoben hatte. Die Kündigung war gerechtfertigt, da sie trotz Abmahnung erneut grundlose Anschuldigungen erhoben hatte, wodurch die Vertrauensbasis für eine weitere Zusammenarbeit zerstört war.
- Folgen: Die Klägerin muss die Kosten des Verfahrens tragen. Eine Revision wurde nicht zugelassen, sodass das Urteil endgültig ist. Das Urteil verdeutlicht die Bedeutung von Loyalität und wahrheitsgemäßer Kommunikation im Arbeitsverhältnis, insbesondere im öffentlichen Dienst.
Kündigungsschutz im Arbeitsrecht: Fehlverhalten und unrechtmäßige Entlassungen
Im Arbeitsrecht spielt der Kündigungsschutz eine zentrale Rolle, insbesondere wenn es um verhaltensbedingte Kündigungen geht. Diese Art von Kündigung setzt in der Regel voraus, dass ein Arbeitnehmer ein Fehlverhalten im Job vorgeworfen wird, welches die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar macht. Oftmals können jedoch haltlose Anschuldigungen oder Mobbing am Arbeitsplatz zu unrechtmäßigen Kündigungen führen, die nicht nur die betroffenen Arbeitnehmerrechte verletzen, sondern auch dem Unternehmen schaden.
Bevor rechtliche Schritte wie eine Kündigungsschutzklage eingeleitet werden, ist es wichtig, dass eine gründliche betriebliche Ermittlung, einschließlich Zeugenbefragungen, erfolgt. In diesem Zusammenhang zeigt sich häufig, wie entscheidend der Schutz vor Diskriminierung und der sorgfältige Umgang mit Konflikten im Arbeitsumfeld sind. Ein konkreter Fall verdeutlicht, wie solche Situationen eskalieren können und welche rechtlichen Möglichkeiten Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Anspruch nehmen sollten.
Der Fall vor Gericht
Landkreis kündigt Artenschutz-Sachbearbeiterin nach wiederholten Vorwürfen gegen Kollegen
Eine Diplom-Biologin in einer Unteren Naturschutzbehörde verliert nach unberechtigten Anschuldigungen gegen Vorgesetzte und Kollegen ihren Job. Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern bestätigte am 6. August 2024 die ordentliche Kündigung der seit 2018 als Artenschutz-Sachbearbeiterin tätigen Mitarbeiterin.
Eigenständige Anordnung und erste Abmahnung
Der Fall nahm im April 2022 seinen Anfang, als die Sachbearbeiterin eine Strandsperrung zum Schutz brütender Sandregenpfeifer anordnete. Obwohl ihr Fachgebietsleiter eine vorherige Abstimmung mit der Fachdienstleitung verlangte, verschickte sie die Anordnung am nächsten Morgen eigenmächtig. In einer E-Mail warf sie zudem dem Amtstierarzt des Landkreises vor, in der Vergangenheit durch die Anweisung zur Entfernung eines Storchenhorstes zu einer Straftat aufgefordert zu haben. Für diese Missachtung der Weisungsbefugnis und die unbegründeten Vorwürfe erhielt die Mitarbeiterin im Mai 2022 eine Abmahnung.
Erneute Anschuldigungen führen zur Kündigung
Im Januar 2023 reichte die Sachbearbeiterin eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen ihren Fachdienstleiter ein. Darin beschuldigte sie ihn, ihr Stillpausen untersagt und damit vorsätzlich eine Gesundheitsschädigung in Kauf genommen zu haben. Nach Auffassung des Gerichts waren diese schwerwiegenden Vorwürfe haltlos, da der Arbeitgeber der Mitarbeiterin durchgehend das Stillen ermöglichte und bereits am zweiten Tag nach ihrer Rückkehr aus der Elternzeit ein separates Stillzimmer zur Verfügung stellte.
Gericht sieht Vertrauensbruch als nicht mehr heilbar
Das Gericht bewertete die wiederholten, unbegründeten Anschuldigungen als erhebliche Pflichtverletzung. Die Mitarbeiterin habe trotz Abmahnung erneut einen Kollegen wahrheitswidrig eines strafrechtlich relevanten Verhaltens bezichtigt. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit sei nicht mehr möglich, wenn Vorgesetzte stets mit haltlosen schwerwiegenden Anschuldigungen rechnen müssten. Eine weitere Abmahnung sei nicht erfolgversprechend, da die Mitarbeiterin erkennbar nicht bereit sei, ihr Verhalten kritisch zu überdenken.
Kündigungsschutzklage abgewiesen
Die Klage der Mitarbeiterin gegen ihre Kündigung sowie gegen die vorangegangene Abmahnung blieb in beiden Instanzen erfolglos. Das Landesarbeitsgericht sah das Interesse des Landkreises an einer störungsfreien Verwaltung als vorrangig gegenüber dem Interesse der dreifachen Mutter am Erhalt ihres Arbeitsplatzes. Aufgrund des speziellen Fachgebiets sei eine Weiterbeschäftigung in einem anderen Bereich nicht möglich gewesen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil verdeutlicht, dass unbegründete Anschuldigungen gegen Kollegen, besonders der Vorwurf strafbaren Verhaltens, nach vorheriger Abmahnung eine ordentliche Kündigung rechtfertigen können. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Vorwürfe direkt oder indirekt geäußert werden. Das Gericht stellt klar, dass solche Verhaltensweisen das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer erheblich belasten und nicht toleriert werden müssen.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Seien Sie äußerst vorsichtig mit Anschuldigungen gegenüber Kollegen oder Vorgesetzten, auch wenn Sie sich im Recht glauben. Selbst indirekte Vorwürfe strafbaren Verhaltens können arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Nutzen Sie bei Konflikten stattdessen die offiziellen Beschwerdewege oder wenden Sie sich an den Betriebsrat. Auch in emotionalen Situationen sollten Sie sachlich bleiben und Ihre Kommunikation, besonders in E-Mails, sorgfältig überdenken. Eine einmal ausgesprochene Abmahnung wegen solcher Vorwürfe erhöht das Risiko einer späteren Kündigung erheblich.
Falsche Anschuldigungen am Arbeitsplatz?
Dieses Urteil zeigt, wie schnell es zu einer Eskalation kommen kann. Unbedachte Äußerungen, selbst wenn sie aus einer emotionalen Situation heraus entstehen, können schwerwiegende Folgen haben. Gerade bei Konflikten am Arbeitsplatz ist es wichtig, besonnen zu handeln und die rechtlichen Rahmenbedingungen zu kennen. Wir unterstützen Sie dabei, Ihre Rechte zu wahren und in jeder Situation die richtige Entscheidung zu treffen.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche Folgen haben nachweislich falsche Anschuldigungen gegen Kollegen oder Vorgesetzte?
Nachweislich falsche Anschuldigungen gegen Kollegen oder Vorgesetzte können schwerwiegende arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Solche Handlungen stellen einen erheblichen Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten dar und können das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nachhaltig zerstören.
Mögliche arbeitsrechtliche Konsequenzen
Bei nachweislich falschen Anschuldigungen drohen Ihnen als Arbeitnehmer verschiedene Sanktionen:
- Abmahnung: In leichteren Fällen kann der Arbeitgeber eine Abmahnung aussprechen. Diese dient als Warnung und gibt Ihnen die Möglichkeit, Ihr Verhalten zu korrigieren.
- Ordentliche Kündigung: Wenn die falschen Anschuldigungen schwerwiegender Natur sind oder Sie trotz Abmahnung weiterhin solche Behauptungen aufstellen, kann eine ordentliche Kündigung unter Einhaltung der Kündigungsfrist erfolgen.
- Fristlose Kündigung: In besonders gravierenden Fällen kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis sogar fristlos beenden. Dies ist möglich, wenn die falschen Anschuldigungen so schwerwiegend sind, dass dem Arbeitgeber eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.
Rechtliche Grundlagen und Bewertung
Falsche Anschuldigungen können rechtlich als „Falsche Verdächtigung“ gemäß § 164 StGB bewertet werden, insbesondere wenn sie zu polizeilichen Ermittlungen führen. Im arbeitsrechtlichen Kontext wird die Schwere des Verstoßes anhand verschiedener Faktoren beurteilt:
- Art und Inhalt der Anschuldigungen: Je schwerwiegender die falschen Vorwürfe sind, desto eher rechtfertigen sie eine Kündigung.
- Vorsatz oder Fahrlässigkeit: Wenn Sie vorsätzlich falsche Behauptungen aufstellen, wiegt dies schwerer als ein fahrlässiges Verhalten.
- Wiederholungsfall: Häufen sich falsche Anschuldigungen, steigt die Wahrscheinlichkeit einer Kündigung.
- Auswirkungen auf das Arbeitsumfeld: Beeinträchtigen die Anschuldigungen massiv das Betriebsklima oder die Zusammenarbeit im Team, kann dies eine Kündigung rechtfertigen.
Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen
Bei der Wahl der Konsequenzen muss der Arbeitgeber stets den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten. Nicht jede falsche Anschuldigung rechtfertigt automatisch eine Kündigung. In vielen Fällen ist zunächst eine Abmahnung erforderlich, um dem Arbeitnehmer die Möglichkeit zur Verhaltensänderung zu geben.
Wenn Sie sich in einer Situation befinden, in der Sie Vorwürfe gegen Kollegen oder Vorgesetzte erheben möchten, ist es ratsam, Ihre Anschuldigungen sorgfältig zu prüfen und nur bei stichhaltigen Beweisen vorzubringen. Unbegründete oder leichtfertig geäußerte Vorwürfe können nicht nur das Arbeitsklima belasten, sondern auch Ihren eigenen Arbeitsplatz gefährden.
Wann rechtfertigen Anschuldigungen gegen Kollegen eine Verhaltensbedingte Kündigung?
Eine verhaltensbedingte Kündigung wegen Anschuldigungen gegen Kollegen kann gerechtfertigt sein, wenn die Vorwürfe vorsätzlich falsch erhoben werden und das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer dadurch nachhaltig zerstört wird.
Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit
Die Anschuldigungen müssen objektiv unwahr sein und der Arbeitnehmer muss schuldhaft gehandelt haben. Entscheidend ist dabei die Schwere der Anschuldigungen und die Motivation des beschuldigenden Arbeitnehmers.
Wenn ein Arbeitnehmer die Vorwürfe aus persönlichen Rachemotiven erhebt oder bewusst falsche Behauptungen aufstellt, um anderen zu schaden, wiegt dies besonders schwer. Auch das Festhalten an erwiesenermaßen falschen Vorwürfen nach Konfrontation mit Gegenbeweisen spricht für eine Rechtfertigung der Kündigung.
Verhältnismäßigkeit und Abmahnung
Bei leichteren Fällen ist zunächst eine Abmahnung erforderlich. Eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung kommt nur bei besonders schwerwiegenden Verstößen in Betracht. Dies ist etwa der Fall, wenn die falschen Anschuldigungen das Ansehen der Kollegen erheblich schädigen oder das Vertrauensverhältnis nachhaltig zerstören.
Interessenabwägung
Der Arbeitgeber muss vor Ausspruch der Kündigung eine umfassende Interessenabwägung vornehmen. Dabei sind folgende Faktoren zu berücksichtigen:
- Die Dauer der Betriebszugehörigkeit
- Das bisherige Verhalten des Arbeitnehmers
- Die Auswirkungen auf das Betriebsklima
- Die soziale Situation des Arbeitnehmers
Nur wenn die negativen Folgen des Verhaltens für das Unternehmen die persönlichen Interessen des Arbeitnehmers überwiegen, ist die verhaltensbedingte Kündigung gerechtfertigt.
Was muss eine Abmahnung wegen falscher Anschuldigungen enthalten?
Eine wirksame Abmahnung wegen falscher Anschuldigungen muss präzise und detailliert formuliert sein. Der Arbeitgeber muss das konkrete Fehlverhalten exakt unter Angabe von Zeit, Ort und den genauen Umständen beschreiben.
Inhaltliche Anforderungen
Die Abmahnung muss den konkreten Vorfall der falschen Anschuldigung mit allen relevanten Details schildern. Dabei ist anzugeben, welche Behauptungen gegenüber wem und in welchem Kontext aufgestellt wurden. Pauschale Formulierungen wie „Sie haben Kollegen verleumdet“ sind nicht ausreichend.
Pflichtbestandteile
Der Arbeitgeber muss in der Abmahnung eindeutig darlegen, gegen welche arbeitsvertragliche Pflicht der Arbeitnehmer durch die falschen Anschuldigungen verstoßen hat. Die Abmahnung muss zudem eine unmissverständliche Aufforderung enthalten, solche Anschuldigungen künftig zu unterlassen.
Androhung von Konsequenzen
Die Abmahnung muss eine klare Warnung enthalten, dass im Wiederholungsfall mit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu rechnen ist. Diese Warnung muss konkret und eindeutig formuliert sein, damit der Arbeitnehmer die Ernsthaftigkeit der Situation erkennen kann.
Zeitliche Vorgaben
Die Abmahnung muss zeitnah nach Bekanntwerden der falschen Anschuldigungen ausgesprochen werden. Nach der Rechtsprechung sollte die Abmahnung innerhalb eines Monats erfolgen. Bei einer späteren Abmahnung kann der Arbeitnehmer davon ausgehen, dass sein Verhalten nicht zu Beanstandungen Anlass gegeben hat.
Wie können sich Arbeitnehmer gegen eine Kündigung wegen angeblich falscher Anschuldigungen wehren?
Wenn Sie eine Kündigung wegen angeblich falscher Anschuldigungen erhalten, müssen Sie innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der schriftlichen Kündigung Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht einreichen. Wird diese Frist versäumt, gilt die Kündigung automatisch als rechtswirksam.
Beweislast im Kündigungsschutzprozess
Der Arbeitgeber trägt die volle Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Kündigungsgrundes. Er muss konkret nachweisen, dass Sie tatsächlich falsche Anschuldigungen erhoben haben und diese schwerwiegend genug für eine Kündigung waren.
Ablauf des Kündigungsschutzverfahrens
Nach Einreichung der Klage findet zunächst eine Güteverhandlung statt. Hier besteht die Möglichkeit, eine einvernehmliche Lösung zu finden. Kommt keine Einigung zustande, folgt der Kammertermin, bei dem das Gericht die Wirksamkeit der Kündigung prüft.
Verteidigungsmöglichkeiten
Sie können sich darauf berufen, dass Ihre Anschuldigungen nicht bewusst falsch waren. Eine Kündigung ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Vorwürfe vorsätzlich unwahr waren und das Vertrauensverhältnis dadurch nachhaltig gestört wurde.
Bei einer außerordentlichen (fristlosen) Kündigung muss der Arbeitgeber zusätzlich die Zwei-Wochen-Frist nach Kenntniserlangung der Vorwürfe eingehalten haben. Wurde diese Frist überschritten, ist die fristlose Kündigung unwirksam.
Wenn der Arbeitgeber keine ausreichenden Beweise für die Falschheit Ihrer Aussagen vorlegen kann oder wenn vor der Kündigung keine Abmahnung erfolgte, stehen Ihre Chancen gut, sich erfolgreich gegen die Kündigung zu wehren.
Welche alternativen Wege gibt es, um Missstände am Arbeitsplatz anzusprechen?
Interne Beschwerdewege
Das Beschwerderecht ist gesetzlich verankert und ermöglicht Arbeitnehmern, Missstände auf verschiedenen Wegen anzusprechen. Der erste Schritt sollte stets das direkte Gespräch mit dem betroffenen Kollegen sein, um eine einvernehmliche Lösung zu finden.
Führt das persönliche Gespräch nicht zum Erfolg, können Sie sich an Ihren Vorgesetzten wenden. Alternativ steht Ihnen der Weg zum Betriebsrat offen, der Ihre Beschwerde entgegennehmen und beim Arbeitgeber auf Abhilfe hinwirken muss.
Formelle Beschwerdeverfahren
Bei Diskriminierung oder Benachteiligung können Sie sich an die betriebliche Beschwerdestelle wenden. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, jede Beschwerde zu prüfen und Sie über das Ergebnis zu informieren. Wichtig: Wegen einer Beschwerde dürfen Ihnen keine Nachteile entstehen.
Besondere Situationen
Bei Verstößen gegen den Arbeitsschutz müssen Sie zunächst den internen Weg wählen. Erst wenn der Arbeitgeber nicht auf Ihren Hinweis reagiert, dürfen Sie sich an die zuständige Aufsichtsbehörde wenden. In schwerwiegenden Fällen haben Sie sogar ein Zurückbehaltungsrecht an Ihrer Arbeitsleistung, bis der Missstand behoben ist.
Dokumentation und Kommunikation
Dokumentieren Sie jeden Schritt Ihrer Beschwerde sorgfältig. Bleiben Sie bei der Kommunikation stets sachlich und faktenbasiert. Formulieren Sie Ihre Anliegen als Ich-Botschaften statt als Vorwürfe. Bei komplexeren Konflikten kann auch eine Mediation hilfreich sein.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Verhaltensbedingte Kündigung
Eine Form der Kündigung durch den Arbeitgeber, die auf einem schuldhaften Fehlverhalten des Arbeitnehmers basiert. Sie ist nach § 1 KSchG möglich, wenn das Verhalten des Arbeitnehmers zu einer erheblichen Störung des Arbeitsverhältnisses führt und eine Fortsetzung für den Arbeitgeber unzumutbar macht. Typische Beispiele sind wiederholte Arbeitsverweigerung, Beleidigungen oder wie im Text schwerwiegende unbegründete Anschuldigungen gegen Kollegen. In der Regel muss vor einer verhaltensbedingten Kündigung eine Abmahnung erfolgen.
Kündigungsschutzklage
Ein rechtliches Instrument für Arbeitnehmer nach § 4 KSchG, um sich gegen eine Kündigung zu wehren. Der Arbeitnehmer muss diese Klage innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung beim Arbeitsgericht einreichen. Dabei wird geprüft, ob die Kündigung sozial gerechtfertigt und rechtlich wirksam ist. Ein Beispiel wäre die Anfechtung einer Kündigung wegen angeblich falscher Kündigungsgründe oder nicht eingehaltener Formalitäten.
Abmahnung
Eine förmliche Rüge des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer, die ein konkretes Fehlverhalten beanstandet und für den Wiederholungsfall arbeitsrechtliche Konsequenzen androht. Sie dient als Warnung und ist gemäß der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts meist Voraussetzung für eine verhaltensbedingte Kündigung. Im konkreten Fall erfolgte die Abmahnung wegen Missachtung der Weisungsbefugnis und unbegründeter Vorwürfe.
Dienstaufsichtsbeschwerde
Ein formelles Rechtsmittel, mit dem sich Beschäftigte über das dienstliche Verhalten von Vorgesetzten oder anderen Mitarbeitern im öffentlichen Dienst beschweren können. Sie wird von der übergeordneten Dienststelle geprüft und kann bei Berechtigung zu dienstrechtlichen Konsequenzen führen. Anders als im vorliegenden Fall sollte eine Dienstaufsichtsbeschwerde stets auf nachweisbaren Tatsachen basieren.
Weisungsbefugnis
Das rechtlich geschützte Recht des Arbeitgebers nach § 106 GewO, den Arbeitnehmern Anweisungen bezüglich ihrer Arbeitsleistung zu erteilen. Sie umfasst Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung und muss im Rahmen des Arbeitsvertrags und billigem Ermessen erfolgen. Im Fall der Artenschutz-Sachbearbeiterin wurde diese missachtet, als sie eigenmächtig ohne Abstimmung eine Strandsperrung anordnete.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG): Das Kündigungsschutzgesetz regelt die Voraussetzungen, unter denen eine ordentliche Kündigung rechtmäßig ist. Hierzu zählt insbesondere die soziale Rechtfertigung, die sich auf betriebs-, personen- oder verhaltensbedingte Gründe stützen muss. Eine Kündigung ist nur dann rechtmäßig, wenn sie durch gewichtige Gründe gerechtfertigt ist und eine Interessenabwägung zugunsten des Arbeitgebers ausfällt.
Die Klägerin wurde wegen haltloser Anschuldigungen und der Störung des Betriebsfriedens gekündigt. Die Prüfung der sozialen Rechtfertigung der Kündigung sowie die Gewichtung der vorangegangenen Abmahnung sind zentrale Punkte in diesem Fall. - § 12 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG): Dieser Paragraph schützt Arbeitnehmer vor Diskriminierung und verpflichtet Arbeitgeber, durch Präventionsmaßnahmen und Sanktionen einen respektvollen Umgang im Betrieb zu gewährleisten. Diskriminierendes oder beleidigendes Verhalten gegenüber Kollegen kann arbeitsrechtliche Maßnahmen rechtfertigen.
Die Klägerin hat in ihrer Kommunikation Anschuldigungen erhoben, die von ihrem Arbeitgeber als provokant und den Betriebsfrieden störend eingestuft wurden. Dieser Vorwurf wird unter dem Gesichtspunkt geprüft, ob er den Schutz der Rechte anderer Beschäftigter beeinträchtigt. - § 611a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Dieser regelt die Arbeitspflicht und das Weisungsrecht des Arbeitgebers. Arbeitnehmer sind verpflichtet, den Weisungen ihres Arbeitgebers im Rahmen des Arbeitsvertrags zu folgen, solange diese rechtmäßig und verhältnismäßig sind. Verstöße können zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen führen.
Im vorliegenden Fall geht es um die Missachtung einer Weisung, keine Anordnung zu erlassen, bevor offene rechtliche Fragen geklärt sind. Die Klägerin hat entgegen dieser Weisung gehandelt, was als Verletzung der Arbeitspflichten gewertet wurde. - Dienstvereinbarung „Mobiles Arbeiten (HomeOffice)“: Diese interne Regelung eines öffentlichen Arbeitgebers legt fest, unter welchen Bedingungen mobiles Arbeiten gestattet ist. Sie enthält Anforderungen an Loyalität, Vertrauenswürdigkeit und Teamfähigkeit der Beschäftigten.
Die Ablehnung des Antrags der Klägerin auf mobiles Arbeiten wurde mit eingeschränkter Vertrauenswürdigkeit und Loyalität begründet. Diese Begründung steht im Zusammenhang mit den Vorwürfen der Abmahnung und der angeblichen Störung des Betriebsfriedens. - § 242 BGB (Grundsatz von Treu und Glauben): Dieser Grundsatz verpflichtet beide Vertragsparteien zu einem loyalen und vertrauensvollen Umgang miteinander. Störungen des Vertrauensverhältnisses können Konsequenzen für das Arbeitsverhältnis haben.
Die Vorwürfe gegen die Klägerin, insbesondere der Verstoß gegen dienstliche Weisungen und die Kommunikation gegenüber Kollegen, werden unter dem Aspekt des gegenseitigen Vertrauens und der Vertragsloyalität bewertet. Der Arbeitgeber begründet die Kündigung mit einem irreparablen Vertrauensverlust.
Das vorliegende Urteil
Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern – Az.: 5 Sa 86/23 – Urteil vom 06.08.2024
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