Übersicht:
- Urteil zur verhaltensbedingten Kündigung: Abmahnung bei Unpünktlichkeit entscheidend
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wann kann Unpünktlichkeit zu einer verhaltensbedingten Kündigung führen?
- Welche Rolle spielt eine Abmahnung bei einer Kündigung wegen Unpünktlichkeit?
- Wie können sich Arbeitnehmer gegen eine Kündigung wegen Unpünktlichkeit wehren?
- Welche Entschuldigungsgründe für Unpünktlichkeit akzeptieren Gerichte?
- Wie wirkt sich die Dauer der Betriebszugehörigkeit auf eine Kündigung wegen Unpünktlichkeit aus?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall beschäftigt sich mit der Rechtmäßigkeit der fristgemäßen Kündigung einer Serviceangestellten durch ihr Arbeitgeber.
- Die Klägerin verließ mehrfach ohne Ausstempeln ihren Arbeitsplatz, was als Arbeitszeitbetrug gewertet wurde.
- Bereits nach einem Vorfall wurde die Klägerin abgemahnt, eine weitere Abmahnung folgte durch Zuspätkommen zu einer Fortbildung.
- Mehrfaches unentschuldigtes Fehlen und verspätetes Erscheinen am Arbeitsplatz trugen zur Kündigung bei.
- Die Klägerin erklärte ihr Verhalten mit der Einnahme eines Beruhigungsmittels, was jedoch nicht genügte, um die Verspätungen zu entschuldigen.
- Das Gericht entschied gegen die Klägerin und bestätigte die Rechtmäßigkeit der Kündigung durch den Arbeitgeber.
- Die Begründung war, dass das wiederholte Fehlverhalten insgesamt eine erhebliche Pflichtverletzung darstellt.
- Durch die Entscheidung wurde deutlich, dass Arbeitnehmer auch bei rechtzeitig kommunizierten Verspätungen disziplinarische Konsequenzen zu erwarten haben.
- Die nicht zugelassene Revision erklärt, dass die richterliche Entscheidung auf fester rechtlicher Grundlage steht.
- Für Arbeitnehmer zeigt das Urteil die Bedeutung von Abmahnungen als ernstzunehmende Warnung vor einer möglichen Kündigung.
Urteil zur verhaltensbedingten Kündigung: Abmahnung bei Unpünktlichkeit entscheidend
Im Arbeitsrecht stellt die verhaltensbedingte Kündigung einen wichtigen Kündigungsgrund dar, wenn ein Arbeitnehmer seine vertraglichen Pflichten nicht erfüllt. Ein häufiges Beispiel hierfür ist die wiederholte Unpünktlichkeit, die als Pflichtverletzung gewertet wird. Vor einer Kündigung ist jedoch in der Regel eine Abmahnung erforderlich, um dem Arbeitnehmer die Möglichkeit zur Besserung zu geben. Diese rechtlichen Rahmenbedingungen sind entscheidend, um die Kündigungsgründe zu verstehen und die Rechte der Arbeitnehmer zu wahren. Im folgenden Fall wird ein konkretes Urteil beleuchtet, das die Anforderungen an eine Abmahnung bei Unpünktlichkeit näher untersucht.
Der Fall vor Gericht
Arbeitsgericht bestätigt Kündigung wegen wiederholter Verspätungen
Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hat in einem Urteil vom 31. August 2021 die Kündigung einer Serviceangestellten des Sozialgerichts bestätigt. Die 1980 geborene Klägerin war seit 2006 in Teilzeit beim beklagten Land beschäftigt und für die Bearbeitung der eingehenden Post zuständig.
Wiederholte Verspätungen führten zur Kündigung
Im Oktober 2019 kam es zu mehreren gravierenden Verspätungen der Mitarbeiterin. Am 21. Oktober erschien sie erst um 10:30 Uhr zur Arbeit, am 25. Oktober sogar erst um 11:30 Uhr – jeweils mit der Begründung, sie habe verschlafen. Auch am 28. Oktober traf sie sieben Minuten nach Arbeitsbeginn ein.
Das beklagte Land kündigte daraufhin am 30. Oktober 2019 das Arbeitsverhältnis fristgerecht zum 30. Juni 2020. Die Klägerin erhob Kündigungsschutzklage, scheiterte damit jedoch vor dem Arbeitsgericht Flensburg. Ihre Berufung vor dem Landesarbeitsgericht blieb ebenfalls erfolglos.
Gericht sah keine Entschuldigung für Pflichtverletzungen
Das Landesarbeitsgericht bestätigte die Einschätzung der Vorinstanz, dass die wiederholten Verspätungen eine erhebliche Pflichtverletzung darstellen. Die von der Klägerin angeführten Gründe wie Arbeitsüberlastung, Ablehnung eines Urlaubsantrags oder die Einnahme von Schlafmitteln wurden nicht als Entschuldigung anerkannt.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Mitarbeiterin trotz eines Gesprächs mit dem Geschäftsleiter am 23. Oktober nicht ernsthaft gewillt war, pünktlich zur Arbeit zu erscheinen. Auch wenn die Klägerin die Äußerungen des Vorgesetzten nicht als förmliche Abmahnung verstand, war ihr die Pflichtverletzung bewusst. Dennoch ergriff sie keine Maßnahmen, um weitere Verspätungen zu verhindern.
Interessenabwägung fiel zugunsten des Arbeitgebers aus
Bei der Abwägung der beiderseitigen Interessen berücksichtigte das Gericht zwar die langjährige Betriebszugehörigkeit der Klägerin. Ausschlaggebend war jedoch ihre Gleichgültigkeit gegenüber den Interessen des Arbeitgebers und die Verharmlosung ihres Verhaltens. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass dem beklagten Land eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten sei.
Die Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen. Das Urteil unterstreicht die Bedeutung der Pünktlichkeit am Arbeitsplatz und die möglichen Konsequenzen bei wiederholten Verstößen gegen die Arbeitspflichten.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil bekräftigt, dass wiederholte und gravierende Verspätungen eine erhebliche Pflichtverletzung darstellen, die eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen können. Entscheidend ist dabei nicht nur die Häufigkeit der Verspätungen, sondern auch die mangelnde Einsicht und fehlende Bereitschaft des Arbeitnehmers, sein Verhalten zu ändern. Dies kann selbst bei langjähriger Betriebszugehörigkeit die Interessenabwägung zugunsten des Arbeitgebers ausfallen lassen und eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar machen.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Dieses Urteil hat weitreichende Konsequenzen für Arbeitnehmer, die wiederholt zu spät zur Arbeit erscheinen. Es zeigt, dass auch langjährige Mitarbeiter bei gravierenden Verspätungen mit einer Kündigung rechnen müssen, selbst wenn keine formelle schriftliche Abmahnung erfolgt ist. Entscheidend ist Ihr Verhalten nach einem Gespräch mit dem Vorgesetzten über die Verspätungen. Wenn Sie danach keine ernsthaften Bemühungen zeigen, pünktlich zu erscheinen, riskieren Sie Ihren Job – unabhängig von persönlichen Gründen wie Schlafproblemen oder familiären Belastungen. Das Gericht legt großen Wert darauf, dass Sie die Bedeutung Ihrer Pünktlichkeit für den Betriebsablauf ernst nehmen und aktiv Maßnahmen ergreifen, um weitere Verspätungen zu vermeiden.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wann kann Unpünktlichkeit zu einer verhaltensbedingten Kündigung führen?
Unpünktlichkeit kann zu einer verhaltensbedingten Kündigung führen, wenn sie wiederholt und schuldhaft auftritt und der Arbeitnehmer trotz Abmahnung(en) sein Verhalten nicht ändert. Dabei spielen verschiedene Faktoren eine Rolle:
Häufigkeit und Dauer der Verspätungen
Entscheidend ist, wie oft und wie lange Sie zu spät kommen. Einmaliges Zuspätkommen um wenige Minuten rechtfertigt in der Regel keine Kündigung. Wenn Sie jedoch regelmäßig zu spät erscheinen oder erhebliche Verspätungen von mehreren Stunden haben, erhöht sich das Risiko einer Kündigung.
Auswirkungen auf den Betriebsablauf
Die Folgen Ihrer Unpünktlichkeit für den Arbeitsablauf sind von großer Bedeutung. Stellen Sie sich vor, Sie arbeiten an einer Supermarktkasse und Kunden müssen wegen Ihrer Verspätung warten. In diesem Fall wiegen die Auswirkungen schwerer als bei einer Bürotätigkeit ohne direkten Kundenkontakt.
Vorherige Abmahnungen
Eine verhaltensbedingte Kündigung wegen Unpünktlichkeit setzt in der Regel vorherige Abmahnungen voraus. Ihr Arbeitgeber muss Sie zunächst auf Ihr Fehlverhalten hinweisen und Ihnen die Möglichkeit zur Besserung geben. Die Anzahl der erforderlichen Abmahnungen hängt vom Einzelfall ab. Bei schwerwiegenden Verstößen kann unter Umständen bereits nach einer Abmahnung gekündigt werden.
Reaktion des Arbeitnehmers
Ihre Reaktion auf Ermahnungen und Abmahnungen spielt eine wichtige Rolle. Zeigen Sie Einsicht und bemühen sich um Pünktlichkeit, wird ein Arbeitgeber eher von einer Kündigung absehen. Ignorieren Sie die Warnungen hingegen, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit einer Kündigung.
Dauer des Arbeitsverhältnisses
In einem langjährigen, bisher störungsfreien Arbeitsverhältnis werden einzelne Verspätungen in der Regel milder beurteilt als in einem noch neuen Arbeitsverhältnis. Wenn Sie seit vielen Jahren zuverlässig arbeiten und plötzlich unpünktlich werden, wird Ihr Arbeitgeber zunächst nach den Gründen fragen, bevor er Konsequenzen zieht.
Besondere Umstände
Berücksichtigt werden auch besondere Umstände, die zu Ihrer Unpünktlichkeit führen. Wenn Sie beispielsweise aufgrund eines Verkehrsunfalls oder eines unvorhersehbaren Zugausfalls zu spät kommen, wird dies anders bewertet als wenn Sie einfach verschlafen haben.
Wichtig: Eine fristlose Kündigung wegen Unpünktlichkeit ist nur in Ausnahmefällen möglich, etwa bei besonders schwerwiegenden Verstößen oder wenn Sie Ihre Arbeitszeit vorsätzlich falsch erfassen (Arbeitszeitbetrug).
Welche Rolle spielt eine Abmahnung bei einer Kündigung wegen Unpünktlichkeit?
Eine Abmahnung spielt bei einer Kündigung wegen Unpünktlichkeit eine entscheidende Rolle. In der Regel ist sie eine notwendige Voraussetzung für eine verhaltensbedingte Kündigung aufgrund wiederholten Zuspätkommens.
Funktion der Abmahnung
Die Abmahnung dient als Warnschuss für den Arbeitnehmer. Sie macht deutlich, dass der Arbeitgeber das unpünktliche Verhalten nicht länger toleriert und gibt dem Mitarbeiter die Chance, sein Verhalten zu korrigieren. Gleichzeitig dokumentiert sie das Fehlverhalten und erfüllt damit eine wichtige Beweisfunktion.
Erforderlichkeit der Abmahnung
Bei Unpünktlichkeit ist eine Abmahnung vor der Kündigung in den meisten Fällen zwingend erforderlich. Nur in Ausnahmefällen, etwa bei besonders schwerwiegenden oder häufigen Verspätungen, kann eine Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung gerechtfertigt sein.
Wenn Sie als Arbeitnehmer wiederholt zu spät zur Arbeit erscheinen, müssen Sie damit rechnen, dass Ihr Arbeitgeber zunächst eine Abmahnung ausspricht. Erst wenn Sie trotz Abmahnung weiterhin unpünktlich sind, kann eine Kündigung folgen.
Wirksamkeit der Abmahnung
Damit eine Abmahnung ihre rechtliche Wirkung entfaltet und als Grundlage für eine spätere Kündigung dienen kann, muss sie bestimmte Anforderungen erfüllen:
- Konkrete Beschreibung des Fehlverhaltens (Datum, Uhrzeit der Verspätung)
- Hinweis auf den Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten
- Aufforderung zur künftigen Pünktlichkeit
- Androhung von Konsequenzen bei erneutem Fehlverhalten, einschließlich einer möglichen Kündigung
Konsequenzen für den Arbeitnehmer
Erhalten Sie als Arbeitnehmer eine Abmahnung wegen Unpünktlichkeit, sollten Sie dies sehr ernst nehmen. Die Abmahnung ist ein deutliches Zeichen, dass Ihr Arbeitgeber nicht länger bereit ist, Ihre Verspätungen zu tolerieren. Bei erneutem Zuspätkommen riskieren Sie tatsächlich Ihren Arbeitsplatz.
Zeitliche Aspekte
Die Wirkung einer Abmahnung ist nicht unbegrenzt. Liegt zwischen der Abmahnung und einer erneuten Unpünktlichkeit ein längerer Zeitraum, kann die Abmahnung ihre Warnfunktion verlieren. In einem solchen Fall wäre möglicherweise eine erneute Abmahnung erforderlich, bevor eine Kündigung ausgesprochen werden kann.
Wie können sich Arbeitnehmer gegen eine Kündigung wegen Unpünktlichkeit wehren?
Arbeitnehmer haben mehrere Möglichkeiten, sich gegen eine Kündigung wegen Unpünktlichkeit zu wehren. Der wichtigste Schritt ist die Erhebung einer Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht. Diese muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung eingereicht werden. Versäumen Sie diese Frist, gilt die Kündigung als wirksam.
Prüfung der Verhältnismäßigkeit
Bei der Kündigungsschutzklage wird das Gericht die Verhältnismäßigkeit der Kündigung prüfen. Einmaliges Zuspätkommen rechtfertigt in der Regel keine Kündigung. Selbst bei wiederholter Unpünktlichkeit muss der Arbeitgeber zunächst mildere Mittel wie Abmahnungen einsetzen, bevor er kündigen darf.
Bedeutung von Abmahnungen
Wenn Sie keine oder nur eine Abmahnung wegen Unpünktlichkeit erhalten haben, können Sie dies zu Ihrer Verteidigung anführen. Eine verhaltensbedingte Kündigung wegen Zuspätkommens ist in den meisten Fällen erst nach mehreren Abmahnungen möglich. Prüfen Sie, ob die Abmahnungen zeitnah erfolgten und inhaltlich korrekt waren.
Darlegung von Gründen und Verbesserungen
Erläutern Sie dem Gericht die Gründe für Ihre Verspätungen. Wenn diese außerhalb Ihres Einflussbereichs lagen (z.B. unvorhersehbare Verkehrsprobleme), kann dies zu Ihren Gunsten gewertet werden. Zeigen Sie auch auf, wie Sie Ihr Verhalten verbessert haben oder verbessern werden.
Betriebliche Auswirkungen
Argumentieren Sie, falls zutreffend, dass Ihre Verspätungen keine oder nur geringe Auswirkungen auf den Betriebsablauf hatten. Je weniger der Betrieb durch das Zuspätkommen gestört wurde, desto eher kann eine Kündigung als unverhältnismäßig angesehen werden.
Dokumentation und Beweise
Sammeln Sie Beweise für Ihre Argumente. Dazu können gehören:
- Aufzeichnungen über Ihre tatsächlichen Arbeitszeiten
- Nachweise für Gründe von Verspätungen (z.B. Verspätungsbescheinigungen von Verkehrsbetrieben)
- Zeugenaussagen von Kollegen zur Qualität Ihrer Arbeit und den Auswirkungen der Verspätungen
Formale Aspekte der Kündigung
Prüfen Sie auch die formalen Aspekte der Kündigung. Eine Kündigung muss schriftlich erfolgen und vom richtigen Vertreter des Arbeitgebers unterzeichnet sein. Mängel in der Form können die Kündigung unwirksam machen.
Wenn Sie diese Punkte beachten und sorgfältig vorbereiten, erhöhen Sie Ihre Chancen, sich erfolgreich gegen eine Kündigung wegen Unpünktlichkeit zu wehren. Bedenken Sie, dass jeder Fall individuell ist und die Erfolgsaussichten von den spezifischen Umständen abhängen.
Welche Entschuldigungsgründe für Unpünktlichkeit akzeptieren Gerichte?
Gerichte akzeptieren nur wenige Entschuldigungsgründe für Unpünktlichkeit am Arbeitsplatz. Als gerechtfertigt gelten in der Regel nur unvorhersehbare und unverschuldete Ereignisse, die außerhalb des Einflussbereichs des Arbeitnehmers liegen.
Akzeptierte Entschuldigungsgründe
Unvorhergesehene Verkehrsstörungen können als Entschuldigung dienen, wenn sie nicht vorhersehbar waren. Wenn beispielsweise ein nicht angekündigter Streik im öffentlichen Nahverkehr oder ein plötzlich auftretendes Unwetter Ihre Anreise verzögert, wird dies von Gerichten eher als Entschuldigung anerkannt.
Unfälle oder medizinische Notfälle auf dem Weg zur Arbeit gelten ebenfalls als triftige Gründe. Wenn Sie in einen Verkehrsunfall verwickelt werden oder plötzlich erkranken, sodass Sie nicht pünktlich erscheinen können, wird dies in der Regel als Entschuldigung akzeptiert.
Nicht akzeptierte Entschuldigungsgründe
Vorhersehbare Verkehrsprobleme wie regelmäßiger Berufsverkehr oder angekündigte Baustellen werden von Gerichten nicht als Entschuldigung anerkannt. Als Arbeitnehmer tragen Sie das sogenannte Wegerisiko und müssen solche Umstände in Ihrer Planung berücksichtigen.
Verschlafen oder private Termine gelten ebenfalls nicht als akzeptable Entschuldigungsgründe. Wenn Sie beispielsweise aufgrund einer privaten Feier am Vorabend zu spät kommen, wird dies nicht als Entschuldigung anerkannt.
Glaubhaftmachung der Entschuldigungsgründe
Um Ihre Entschuldigungsgründe glaubhaft zu machen, sollten Sie so schnell wie möglich Ihren Arbeitgeber informieren. Wenn möglich, legen Sie Beweise vor, wie etwa ein ärztliches Attest bei Krankheit oder Fotos von einem Verkehrsunfall.
Bedeutung der Kommunikation
Eine offene und ehrliche Kommunikation mit Ihrem Arbeitgeber ist entscheidend. Informieren Sie Ihren Vorgesetzten umgehend über die Gründe Ihrer Verspätung und geben Sie eine realistische Einschätzung, wann Sie am Arbeitsplatz eintreffen werden. Diese Transparenz kann dazu beitragen, dass Ihr Arbeitgeber verständnisvoller reagiert.
Beachten Sie, dass selbst bei akzeptierten Entschuldigungsgründen wiederholte Verspätungen zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen führen können. Gerichte berücksichtigen dabei die Häufigkeit und das Ausmaß der Verspätungen sowie deren Auswirkungen auf den Betriebsablauf.
Wie wirkt sich die Dauer der Betriebszugehörigkeit auf eine Kündigung wegen Unpünktlichkeit aus?
Die Dauer der Betriebszugehörigkeit spielt bei einer Kündigung wegen Unpünktlichkeit eine wichtige Rolle, ist jedoch nicht allein ausschlaggebend. Grundsätzlich gilt: Je länger ein Arbeitnehmer im Unternehmen beschäftigt ist, desto höher sind die Anforderungen an eine verhaltensbedingte Kündigung.
Einfluss auf die Interessenabwägung
Bei der rechtlichen Prüfung einer Kündigung wegen Unpünktlichkeit wird eine umfassende Interessenabwägung vorgenommen. Dabei fließt die Betriebszugehörigkeit als ein wesentlicher Faktor ein. Eine lange Betriebszugehörigkeit spricht zunächst für eine höhere Schutzbedürftigkeit des Arbeitnehmers. Wenn Sie beispielsweise seit 20 Jahren im Unternehmen tätig sind, wird dies in der Regel zu Ihren Gunsten berücksichtigt.
Abmahnerfordernis bei langer Betriebszugehörigkeit
Bei langjährigen Mitarbeitern ist in der Regel mindestens eine, oft sogar mehrere Abmahnungen erforderlich, bevor eine Kündigung wegen Unpünktlichkeit ausgesprochen werden kann. Stellen Sie sich vor, Sie arbeiten seit 15 Jahren in einem Unternehmen und kommen plötzlich häufiger zu spät. In diesem Fall wird Ihr Arbeitgeber Sie zunächst abmahnen müssen, bevor er eine Kündigung in Betracht ziehen kann.
Grenzen des Schutzes durch lange Betriebszugehörigkeit
Trotz langer Betriebszugehörigkeit kann eine Kündigung wegen Unpünktlichkeit gerechtfertigt sein, wenn:
- Das Fehlverhalten besonders schwerwiegend ist
- Wiederholte Abmahnungen erfolglos blieben
- Der Betriebsablauf erheblich gestört wird
Beispiel: Wenn Sie trotz 25-jähriger Betriebszugehörigkeit und mehrfacher Abmahnungen weiterhin regelmäßig eine Stunde zu spät zur Arbeit erscheinen und dadurch wichtige Meetings verzögern, kann eine Kündigung gerechtfertigt sein.
Bedeutung der Kündigungsfrist
Die Dauer der Betriebszugehörigkeit wirkt sich direkt auf die Länge der Kündigungsfrist aus. Bei einer langen Betriebszugehörigkeit haben Sie als Arbeitnehmer eine längere Kündigungsfrist. Dies gibt Ihnen mehr Zeit, sich auf die neue Situation einzustellen und eine neue Stelle zu suchen.
Einzelfallbetrachtung
Letztendlich kommt es immer auf den Einzelfall an. Die Gerichte berücksichtigen neben der Betriebszugehörigkeit auch Faktoren wie:
- Häufigkeit und Ausmaß der Unpünktlichkeit
- Auswirkungen auf den Betriebsablauf
- Bisheriges Verhalten des Arbeitnehmers
- Reaktion auf Abmahnungen
Wenn Sie also seit vielen Jahren im Unternehmen tätig sind, bedeutet dies zwar einen erhöhten Kündigungsschutz, schließt eine Kündigung wegen Unpünktlichkeit aber nicht grundsätzlich aus. Es kommt auf die Gesamtumstände an, wobei die lange Betriebszugehörigkeit ein wichtiger, aber nicht der einzige zu berücksichtigende Faktor ist.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie spezielle Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Verhaltensbedingte Kündigung
Definition: Eine verhaltensbedingte Kündigung ist eine Kündigung, die auf das Fehlverhalten eines Arbeitnehmers zurückzuführen ist, das eine Fortführung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber unzumutbar macht. Dies kann z. B. bei wiederholter Unpünktlichkeit der Fall sein.
Beispiel: Ein Mitarbeiter, der trotz mehrfacher Abmahnungen immer wieder zu spät zur Arbeit kommt, kann verhaltensbedingt gekündigt werden.
Relevanz: Im beschriebenen Fall wurde die Kündigung der Klägerin als verhaltensbedingt eingestuft, da sie trotz Ermahnungen nicht pünktlich erschien.
Abmahnung
Definition: Eine Abmahnung ist eine schriftliche oder mündliche Rüge des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber, die ihn auf Fehlverhalten hinweist und die möglichen arbeitsrechtlichen Konsequenzen, wie z. B. eine Kündigung, darlegt.
Beispiel: Ein Mitarbeiter, der mehrmals unentschuldigt zu spät zur Arbeit kommt, erhält eine Abmahnung, die ihn darauf hinweist, sein Verhalten zu ändern.
Relevanz: In dem Fall war eine Abmahnung erforderlich, bevor die Kündigung wegen Unpünktlichkeit ausgesprochen werden konnte.
Pflichtverletzung
Definition: Eine Pflichtverletzung liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer seine vertraglich vereinbarten Pflichten nicht erfüllt. Dies kann verschiedene Formen annehmen, z. B. das wiederholte Zuspätkommen.
Beispiel: Wenn ein Angestellter seine vereinbarten Arbeitszeiten nicht einhält und regelmäßig zu spät kommt, so verletzt er seine Arbeitspflichten.
Relevanz: Die wiederholten Verspätungen der Klägerin wurden als erhebliche Pflichtverletzung bewertet.
Interessenabwägung
Definition: Die Interessenabwägung ist ein Prozess, bei dem die Interessen beider Vertragsparteien – Arbeitgeber und Arbeitnehmer – sorgfältig abgewogen werden, bevor eine Entscheidung getroffen wird, z. B. über eine Kündigung.
Beispiel: Ein Arbeitgeber entscheidet erst nach sorgfältiger Abwägung der Arbeitsleistung und der Verzögerungen des Mitarbeiters, ob eine Kündigung verhältnismäßig ist.
Relevanz: Bei der Kündigung der Klägerin wurde die Interessenabwägung zugunsten des Arbeitgebers entschieden.
Fristgerechte Kündigung
Definition: Eine fristgerechte Kündigung bedeutet, dass die vorgeschriebene Kündigungsfrist eingehalten wird, bevor das Arbeitsverhältnis beendet wird. Diese Frist variiert je nach Dauer der Betriebszugehörigkeit und den vertraglichen Regelungen.
Beispiel: Ein Angestellter wird am 1. Mai gekündigt, wobei seine Arbeitsverpflichtung zum 30. Juli endet, weil die vereinbarte Kündigungsfrist eingehalten wird.
Relevanz: Im Fall der Klägerin wurde das Arbeitsverhältnis fristgerecht zum 30. Juni 2020 beendet.
Betriebszugehörigkeit
Definition: Die Betriebszugehörigkeit beschreibt die Dauer, während der ein Arbeitnehmer bei demselben Arbeitgeber beschäftigt ist und kann Einfluss auf arbeitsrechtliche Entscheidungen wie Kündigungen haben.
Beispiel: Ein Arbeitnehmer, der seit 10 Jahren im selben Unternehmen tätig ist, hat eine lange Betriebszugehörigkeit.
Relevanz: Die langjährige Betriebszugehörigkeit der Klägerin wurde bei der Interessenabwägung berücksichtigt, änderte jedoch nicht das Ergebnis zugunsten des Arbeitgebers.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 626 BGB (Außerordentliche Kündigung): Diese Vorschrift regelt die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Sie ermöglicht es einem Arbeitgeber, einen Arbeitnehmer ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar macht. Im vorliegenden Fall erhebt der Arbeitgeber den Vorwurf des Arbeitszeitbetrugs, was möglicherweise als wichtiger Grund für die fristlose Kündigung angesehen wird.
- § 1 KSchG (Allgemeiner Kündigungsschutz): Der Paragraf des Kündigungsschutzgesetzes regelt, dass Kündigungen sozial gerechtfertigt sein müssen, wenn das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate besteht. Im konkreten Fall ist die Klägerin seit über 13 Jahren beschäftigt, und sie argumentiert, dass die Kündigung aufgrund ihrer persönlichen Umstände, wie Stress und familiäre Belastungen, nicht sozial gerechtfertigt ist. Dies wirft die Frage auf, ob die sozialen Belange der Klägerin angemessen berücksichtigt wurden.
- § 309 Nr. 8 lit. a BGB (Abmahnung): Dieser Paragraph beschreibt die Voraussetzungen für eine wirksame Abmahnung, die dem Arbeitnehmer vor einer Kündigung erteilt werden muss, wenn es um eine Pflichtverletzung geht. Die Klägerin bestreitet die Wirksamkeit der Abmahnungen und argumentiert, dass sie nicht ausreichend auf die möglichen Konsequenzen hingewiesen wurde. Dies führt zur Diskussion, inwieweit die Abmahnungen formell und inhaltlich korrekt waren.
- § 2 Abs. 1 TV-L (Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst, Teil II): Der Tarifvertrag regelt das Arbeitsverhältnis der Klägerin im öffentlichen Dienst und legt die Rechte und Pflichten sowohl der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber fest. Die Klägerin war als Serviceangestellte im öffentlichen Dienst beschäftigt. Der Zusammenhang zum Fall besteht darin, dass die spezifischen Regelungen zur Arbeitszeit und zu Abmahnungen im Tarifvertrag Einfluss auf die Bewertung des Verhaltens der Klägerin haben könnten.
- § 84 SGB IX (Schutz von Menschen mit Behinderungen): Diese Vorschrift stellt sicher, dass die Belange von Menschen mit Behinderungen im Arbeitsleben berücksichtigt werden. Die Klägerin führt gesundheitliche und psychische Probleme an, die möglicherweise in Verbindung mit ihrer Leistungsfähigkeit stehen. Dieser Aspekt könnte für die Beurteilung der Kündigung von Bedeutung sein, insbesondere im Hinblick auf eine mögliche Diskriminierung oder unzureichende Berücksichtigung ihrer persönlichen Umstände durch den Arbeitgeber.
Das vorliegende Urteil
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein – Az.: 1 Sa 70 öD/21 – Urteil vom 31.08.2021
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