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Verlängerung eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages bei gesonderter Vertragsänderung

LAG Baden-Württemberg,  Az.: 4 Sa 22/19, Urteil vom 24.07.2019

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Reutlingen vom 26.06.2018 (2 Ca 226/17) wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.

3. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Befristung des Arbeitsverhältnisses des Klägers sowie hilfsweise über einen Anspruch des Klägers auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrages.

Wegen des erstinstanzlich unstreitigen und streitigen Parteivorbringens und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gem. § 69 Abs. 2, 3 Satz 1 ArbGG auf den ausführlichen Tatbestand des angegriffenen Urteils Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 26. Juni 2018 abgewiesen. Es führte zur Begründung aus, das Arbeitsverhältnis des Klägers habe noch sachgrundlos befristet werden können, da durch die Ergänzungstarifverträge (nachfolgend: ErgTVe) vom 13. Januar 2016 und 21./22. Juli 2017 sowie den Tarifvertrag zur Änderung des Ergänzungstarifvertrages zur Weiterführung des Ergänzungstarifvertrages bei der R. B. G. R. vom 21./22. Juli 2016 (nachfolgend: ErgTVÄndTV) vom 13. Februar 2017 die Verlängerungsmöglichkeiten für sachgrundlose Befristungen wirksam tariflich verlängert worden seien. Soweit die Tarifverträge im persönlichen Geltungsbereich jeweils auf eine Mitgliedschaft der Arbeitnehmer in der IG Metall abstellen, handele es sich nur um eine deklaratorische Wiederholung, dass für eine normative Bindung eine beiderseitige Verbandszugehörigkeit erforderlich sei. Eine konstitutive Einschränkung, dass die Tarifverträge nur auf Gewerkschaftsmitglieder angewendet werden dürften, eine vertragliche Inbezugnahme dieser Tarifwerke also ausgeschlossen sein solle, könne in Auslegung der Tarifverträge nicht angenommen werden. Entsprechendes gelte für die Auslegung des Arbeitsvertrages des Klägers, wonach die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie in Nordwürttemberg-Nordbaden nur Anwendung finden sollen, soweit der Kläger unter den persönlichen Anwendungsbereich dieser Tarifverträge falle. Die Vertragsregelung sei ohne verbleibende Zweifel dahingehend auslegbar, dass kein von den deklaratorischen Regelungen der Tarifverträge abweichender Anwendungsbereich gewollt gewesen sei. Einer sachgrundlosen Befristung stehe auch nicht entgegen, dass neben der Verlängerungsvereinbarung vom 20. Februar 2017 mit gesonderter Vereinbarung zeitgleich eine Vereinbarung über die Veränderung der Arbeitsbedingungen betreffend den Arbeitsort, das Schichtmodell, die Dauer der Regelarbeitszeit und der Höhe der Vergütung getroffen wurde. Die geänderten Bedingungen hätten nämlich zum Zeitpunkt der Unterzeichnung seit 1. Februar 2017 bereits tatsächlich bestanden. Durch die tatsächliche Arbeitsaufnahme zu den geänderten Bedingungen sei nämlich bereits mit Wirkung ab 1. Februar 2017 konkludent ein Änderungsvertrag zustande gekommen. Auch der auf den Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrages gerichtete Hilfsantrag sei unbegründet. Die Entscheidung, wem ein unbefristetes Vertragsangebot unterbreitet werden solle, sei ausweislich der Vereinbarung der Beklagten mit dem Betriebsrat vom 20. November 2017 der Beklagten vorbehalten worden. Das Punkteschema der Beklagten habe zu keiner Selbstbindung geführt. Die Beurteilung, wer Leistungskriterien erfülle, müsse die Beklagte nicht gesondert begründen. Aber selbst wenn man von einer Selbstbindung der Beklagten ausgehen wollte, scheide ein Übernahmeanspruch aus. Die Beklagte habe nur 100 befristete Mitarbeiter übernommen. Der Kläger stand auf Platz 189. Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Listung lägen nicht vor.

Dieses Urteil wurde dem Kläger am 29. Juni 2018 zugestellt. Hiergegen richtet sich die vorliegende Berufung des Klägers, die am 27. Juli 2018 beim Landesarbeitsgericht einging und innerhalb der bis 28. September 2018 verlängerten Begründungsfrist am 25. September 2018 begründet wurde.

Der Kläger beanstandet eine Verletzung materiellen Rechts.

Er meint, das Arbeitsgericht habe bei der Auslegung des Arbeitsvertrages nicht hinreichend beachtet, dass sowohl die ErgTVe den persönlichen Geltungsbereich einengend auf die IG-Metall-Mitglieder beschreiben als auch der Arbeitsvertrag. Es läge somit eine doppelte Einschränkung des persönlichen Geltungsbereichs vor, die zumindest zu einer Unklarheit der Auslegung führe, die gem. § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten der Beklagten gehe.

Jedenfalls aber habe das Arbeitsgericht verkannt, dass am 20. Februar 2017 keine bloße Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages vereinbart worden sei. Es habe vielmehr ein Neuabschluss vorgelegen. Zum 1. Februar 2017 sei nämlich allenfalls die räumliche Versetzung vollzogen worden. Dass mit dieser Versetzung auch eine inhaltliche Vertragsänderung hätte einhergehen sollen, habe der Kläger erst erkannt, als ihm die Versetzungsvereinbarung vorgelegt wurde. Die Schichtpläne seien so komplex, dass er aus der dreiwöchigen Beschäftigung im anderen Schichtmodell nicht auf eine Arbeitszeit- und Entgeltänderung habe rückschließen können.

Der Kläger behauptet weiterhin, dass ihm sowohl die Verlängerungsvereinbarung als auch die Versetzungsvereinbarung zeitlich erst am 20. Februar 2017 von seinem Meister Herrn D. im Meisterbüro zur Unterschrift vorgelegt worden seien mit dem Hinweis, dass er die Verlängerung nur bekomme, wenn er auch die Vertragsänderung unterschreibe. Genauso sei Herr D. mit seinem Kollegen Herrn G. verfahren. Er meint, die Zeugen müssten gehört werden.

Jedenfalls aber habe er einen Anspruch auf Abschluss eines unbefristeten Übernahmearbeitsvertrages. Auch wenn das Auswahlermessen in die Hände der Beklagten gelegt wurde und der Betriebsrat die Vorgehensweise der Beklagten geduldet habe, handele es sich bei der Aufstellung von Auswahlkriterien um eine gem. § 95 Abs. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtige Angelegenheit, weshalb die Beklagte an diese von ihr aufgestellte Kriterien auch gebunden sei. Ein „Sperrvermerk“ wegen Leistungsmängeln sei unzulässig, weil dem Kriterienkatalog widersprechend. Soweit für die Punktzahlen die Beurteilungen auf den Feedbackbögen maßgeblich seien, habe die Beklagte die Beurteilungsgrundsätze nachvollziehbar darzulegen und die Feedbackbögen der anderen Mitarbeiter vorzulegen.

Der Kläger beantragt:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Reutlingen, Az. 2 Ca 226/17, vom 26.06.2018 wird abgeändert.

2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund Befristung im Änderungsvertrag vom 06./20.02.2017 mit Ablauf des 31.12.2017 beendet worden ist.

3. Hilfsweise:

Die Beklagte wird verurteilt, das Angebot des Klägers auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrages über den 31.12.2017 hinaus zu den Bedingungen des bisherigen Arbeitsverhältnisses entsprechend dem Arbeitsvertrag vom 07./08.05.2014 in der Fassung der Änderungsvereinbarung vom 01./20.02.2017 unter Anrechnung der bisherigen Betriebszugehörigkeit seit dem 26.05.2014 anzunehmen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres bereits erstinstanzlichen Vorbringens.

Sie trägt ergänzend vor, der Kontischichtbetrieb bei der Beklagten sei immer mit einer geringeren Arbeitszeit von 27,48 Stunden verbunden im Vergleich zu den bisherigen 32,25 Stunden, die der Kläger im Wechselschichtbetrieb habe leisten müssen. Dies ergebe sich bereits aus einer Betriebsvereinbarung vom 8. Februar 1993 nebst Protokollnotiz und Anlagen (Bl. 132 bis 152 der arbeitsgerichtlichen Akte). Das Kontischichtmodell sei den Mitarbeitern bei der Informationsveranstaltung Ende Juni 2017 vorgestellt worden.

Sie behauptet weiterhin, die Erstellung einer Versetzungsvereinbarung sei von der Personalabteilung am 31. Januar 2017 bei der HR Service X. der R. B. G. (nachfolgend: HR Service) angefordert worden, dort am 1. Februar 2017 erstellt und unterschrieben worden und von dort am 2. Februar 2017 in die neue Abteilung versandt worden. Die Verlängerungsvereinbarung sei hingegen von der Personalabteilung erst am 3. Februar 2017 bei der HR Service angefordert worden, dort am 8. Februar 2017 erstellt und unterschrieben worden und von dort am 8. Februar 2017 an die Personalabteilung weitergeleitet worden. Ab 14. Februar 2017 haben die Verlängerungsvereinbarungen in der Personalabteilung zur Unterschrift bereitgelegen. Der Kläger habe die Vereinbarung am 20. Februar 2017 in der Personalabteilung unterschrieben.

Sie meint, die Vorlage der Feedbackbögen der anderen Mitarbeiter an den Kläger sei ihr unzumutbar und datenschutzrechtlich unzulässig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gem. § 64 Abs. 7 ArbGG iVm. § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Es wurde Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen D. D. Hinsichtlich dessen Aussage wird auf die unmittelbare Aufzeichnung der Beweisaufnahme und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 24. Juli 2019 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und begründete und auch im Übrigen zulässige Berufung ist nicht begründet.

I.

Das Arbeitsverhältnis des Klägers endete gem. § 15 Abs. 1 TzBfG mit Ablauf der vereinbarten Zeit am 31. Dezember 2017. Entgegen der Auffassung des Klägers war diese Befristung nicht rechtsunwirksam.

1. Die befristete Anstellung des Klägers war unstreitig nicht durch einen sachlichen Grund iSv. § 14 Abs. 1 TzBfG gerechtfertigt. Die Befristung erfolgte sachgrundlos.

Diese sachgrundlose Befristung überschritt die Grenzen des § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG. Das Arbeitsverhältnis bestand bereits seit 26. Mai 2014, somit länger als zwei Jahre, und hatte seine Grundlage in der mittlerweile sechsten Verlängerungsvereinbarung vom 6./20. Februar 2017.

Verlängerung eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages bei gesonderter Vertragsänderung
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Die Verlängerung der sachgrundlosen Befristung sowohl hinsichtlich der Laufzeit insgesamt als auch hinsichtlich der Anzahl der Verlängerungsmöglichkeiten hatte jedoch seine Grundlage in den tariflichen Ergänzungsvereinbarungen.

Gem. § 14 Abs. 1 Satz 3 TzBfG ist es zulässig, die Anzahl der Verlängerungen und die Höchstdauer der Befristung abweichend von § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG zu regeln. Von dieser Regelungsmöglichkeit haben die Tarifvertragsparteien Gebrauch gemacht. Es war zulässig, die Höchstdauer und die Anzahl der Befristungen nicht nur alternativ, sondern auch kumulativ zu verlängern (BAG 18. März 2015 – 7 AZR 272/13). Mit einer Verlängerungsmöglichkeit auf zusammengerechnet ca. vier Jahre (je nach Eintrittsdatum) bei maximal sechsmaliger Verlängerung haben die Tarifvertragsparteien auch noch nicht die Grenzen ihrer Regelungsbefugnis überschritten (BAG 18. März 2015 – 7 AZR 272/13).

Die Befristungen bis 25. Mai 2016 waren demnach durch § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG gedeckt.

Die Befristung vom 12. Februar 2016 war gedeckt durch den ErgTV vom 13. Januar 2016.

Die Befristung vom 1. August 2016 war gedeckt durch den ErgTV vom 21./22. Juli 2017.

Die letzte Befristung vom 6./20. Februar 2017 war gedeckt durch den ErgTVÄndTV vom 13. Februar 2017.

2. Der Kläger war vom persönlichen Geltungsbereich der ErgTVe bzw. des ErgTVÄndTV umfasst, obwohl er nicht Mitglied der tarifvertragsschließenden IG Metall ist.

Zur Meidung von Wiederholungen wird insoweit ausdrücklich auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts unter II. 1. c) aa) des angegriffenen Urteils Bezug genommen. Die Kammer folgt diesen Ausführungen gem. § 69 Abs. 2 ArbGG ausdrücklich.

Ohne deutliche Anhaltspunkte im Tarifvertrag selbst kann nämlich nicht angenommen werden, dass dessen Geltungsbereich nur auf die jeweils aktuellen Mitglieder des tarifvertragsschließenden Verbands oder der tarifvertragsschließenden Gewerkschaft beschränkt werden sollte (BAG 16. November 2016 – 4 AZR 697/14; BAG 22. März 2005 – 4 AZR 203/04). Solche Anhaltspunkte liegen nicht vor.

3. Die streitgegenständlichen ErgTVe bzw. der ErgTVÄndTV finden kraft arbeitsvertraglicher Inbezugnahme auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung.

a) Gem. Nr. 2 des Arbeitsvertrags vom 7. Mai 2014 „finden die aufgrund Tarifgebundenheit der R. B. G. für den Betrieb räumlich und fachlich geltenden Tarifverträge, derzeit für die Metall- und Elektroindustrie in Nordwürttemberg/Nordbaden, in der jeweils gültigen Fassung (…) Anwendung, soweit Sie unter den persönlichen Geltungsbereich fallen und im Einzelfall nicht ausdrücklich etwas anderes zwischen uns vereinbart ist“. Hierbei handelt es sich um eine sogenannte dynamische Bezugnahme, die auch die vorliegend streitgegenständlichen ErgTVe und den ErgTVÄndTV umfasst.

b) Eine solche Bezugnahmeklausel ist nicht überraschend iSv. § 305c Abs. 1 BGB. Dynamische Verweisungen sind im Arbeitsleben als Gestaltungselement verbreitet. Bezugnahmen auf das jeweils gültige Tarifrecht entsprechen einer üblichen Regelungstechnik und dienen dem Interesse beider Parteien. Dies ergibt sich auch aus der Zukunftsgerichtetheit des Arbeitsverhältnisses. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 NachwG genügt deshalb der bloße allgemeine Hinweis auf Tarifverträge (BAG 20. März 2019 – 7 AZR 98/17; BAG 18. März 2015 – 7 AZR 272/13; BAG 24. September 2008 – 6 AZR 76/07).

c) Die Bezugnahme einer Vertragsklausel auf Vorschriften eines anderen Regelwerks führt auch bei dynamischer Ausgestaltung nicht zur Intransparenz (BAG 20. März 2019 – 7 AZR 98/17; BAG 18. März 2015 – 7 AZR 272/13).

d) Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Bezugnahmeklausel – auch in Bezug auf den persönlichen Geltungsbereich – nicht unklar. Für eine Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB bleibt kein Raum.

aa) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist. Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gem. § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB setzt allerdings voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und keines von diesen den klaren Vorzug verdient. Es müssen trotz der Ausschöpfung anerkannter Auslegungsmethoden „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (BAG 20. März 2019 – 7 AZR 98/17).

bb) Dem Kläger ist zwar einzuräumen, dass nach dem Wortlaut der Vertragsklausel die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden nur Anwendung finden sollen, wenn der Kläger unter den „persönlichen Geltungsbereich“ der Tarifverträge fällt. Dafür, dass aber der Begriff des „persönlichen Geltungsbereichs“ der Tarifverträge im Arbeitsvertrag abweichend ausgelegt werden sollte als in den Tarifverträgen, die der Arbeitsvertrag gerade in Bezug nimmt, gibt es keine Anhaltspunkte. Schließt aber die Regelung zum persönlichen Geltungsbereich im Tarifvertrag eine arbeitsvertragliche Inbezugnahme nicht aus (hierzu siehe oben), kann der Verweis auf den persönlichen Geltungsbereich im Arbeitsvertrag nur so gemeint sein, dass der Kläger so gestellt werden soll, wie ein grundsätzlich normativ gebundener Arbeitnehmer, mit dem nur deklaratorischen Hinweis, dass er Ansprüche aus einem Tarifvertrag nur haben kann, wenn er bei unterstellter Tarifbindung dem persönlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages unterfiele. Der persönliche Geltungsbereich kann demnach ausgeschlossen sein bei Tarifverträgen, die nur für bestimmte Personengruppen (z.B. Auszubildende) oder bestimmte Situationen gelten.

Deshalb kam in einem anderen Fall bei einer wortgleichen Formulierung das Bundesarbeitsgericht noch nicht einmal auf die Idee, dass eine Unklarheit vorliegen könnte (BAG 18. März 2015 – 7 AZR 272/13).

Würde man den Arbeitsvertrag entsprechend der Auffassung des Klägers auslegen, wäre die gesamte Bezugnahmeklausel auch sinnentleert. Denn sollte sich der persönliche Geltungsbereich nur auf diejenigen erstrecken, für die der Tarifvertrag ohnehin bereits normativ gilt, hätte es der gesamten Klausel nicht bedurft.

Hinzu kommt, dass Nr. 2 des Arbeitsvertrages ausdrücklich darauf verweist, dass die Beklagte tarifgebunden ist. Die Beklagte möchte die für sie räumlich und fachlich geltenden Tarifverträge erkennbar vertraglich auf den gesamten Betrieb erstrecken. Es wird deutlich, dass lediglich eine etwaige fehlende Tarifbindung des Arbeitnehmers vertraglich überbrückt werden soll. Diese Zielsetzung wäre konterkariert, würde die Bezugnahmeklausel nur auf ohnehin bereits tarifgebundene Arbeitnehmer Anwendung finden.

Die Vertragsauslegung ist eindeutig. Vernünftige Zweifel am Auslegungsergebnis bestehen nicht. Es gibt gerade keinen „doppelt eingeschränkten“ persönlichen Geltungsbereich, sondern nur einen für Bezugnahmeklauseln offenen tariflichen persönlichen Geltungsbereich, auf den der bezugnehmende Arbeitsvertrag verweist.

4. Die Vereinbarung vom 6./20. Februar 2017 „verlängerte“ lediglich die Befristungsdauer. Der zeitgleich zustande gekommene Änderungsvertrag vom 20. Februar 2017 führte nicht dazu, dass die Verlängerung als Neuabschluss eines Arbeitsvertrages behandelt werden müsste mit der Folge, dass dieser Neuabschluss gem. § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG wegen einer Zuvorbeschäftigung nicht mehr sachgrundlos möglich gewesen wäre und somit die Befristung mangels Sachgrund iSv. § 14 Abs. 1 TzBfG gem. § 16 Abs. 1 TzBfG unwirksam wäre.

a) Eine Verlängerung iSd. § 14 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz TzBfG setzt voraus, dass sie noch während der Laufzeit des zu verlängernden Vertrages schriftlich vereinbart und nur die Vertragsdauer geändert wird, nicht aber die übrigen Arbeitsbedingungen. Anderenfalls liegt der Neuabschluss eines befristeten Arbeitsvertrages vor, der nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ohne Sachgrund unzulässig ist, da zwischen den Parteien bereits ein Arbeitsverhältnis bestanden hat (BAG 21. März 2018 – 7 AZR 428/16; BAG 4. Dezember 2013 – 7 AZR 468/12; BAG 12. August 2009 – 7 AZR 270/08; BAG 16. Januar 2008 – 7 AZR 603/06).

Allerdings können die Parteien anlässlich der Verlängerung Anpassungen des Vertragstextes an die zum Zeitpunkt der Verlängerung geltende Rechtslage vornehmen (BAG 4. Dezember 2013 – 7 AZR 468/12; BAG 12. August 2009 – 7 AZR 270/08; BAG 16. Januar 2008 – 7 AZR 603/06; BAG 23. August 2006 – 7 AZR 12/06). In diesen Fällen wird nämlich nur der zum Zeitpunkt der Verlängerung ohnehin bereits geltende Vertragsinhalt in der Urkunde dokumentiert (BAG 23. August 2006 – 7 AZR 12/06).

Ebenso zulässig und befristungsrechtlich nicht von Bedeutung ist die Aufnahme von Arbeitsbedingungen in das Vertragswerk, auf die der befristet beschäftigte Arbeitnehmer (hätte die Befristung nicht bestanden) einen Anspruch gehabt hätte (BAG 12. August 2009 – 7 AZR 270/08; BAG 16. Januar 2008 – 7 AZR 603/06). Dies folgt aus dem Diskriminierungsverbot für befristet beschäftigte Arbeitnehmer in § 4 Abs. 2 Satz 1 TzBfG, das eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung des befristet beschäftigten Arbeitnehmers gegenüber einem unbefristet beschäftigten Arbeitnehmer untersagt (BAG 16. Januar 2008 – 7 AZR 603/06).

Der Arbeitnehmer soll bei der Entscheidung über die Verlängerung des nach § 14 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz TzBfG befristeten Arbeitsverhältnisses davor geschützt werden, dass der Arbeitgeber dessen Fortsetzung davon abhängig macht, dass der Arbeitnehmer geänderte Arbeitsbedingungen akzeptiert oder dass er durch das Angebot anderer Arbeitsbedingungen zum Abschluss eines weiteren sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages veranlasst wird. Die Vorschrift dient nicht nur einem Flexibilisierungsinteresse des Arbeitgebers, sondern schützt die Entschlussfreiheit des Arbeitnehmers gegenüber der angebotenen Verlängerung seines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags. Der für den Arbeitnehmer bestehende Entscheidungsfreiraum wird in Frage gestellt, wenn der Arbeitgeber die Vertragsfortsetzung mit einem privatautonom gestalteten Angebot zur Vertragsänderung verbindet (BAG 21. März 2018 – 7 AZR 428/16; BAG 23. August 2006 – 7 AZR 12/06). Der vom Gesetzgeber geschützte Entscheidungsfreiraum des Arbeitnehmers erfordert daher, eine gleichzeitig mit der Veränderung des Beendigungszeitpunkts vorgesehene Vertragsänderung aufgrund eines privatautonom ausgestalteten Angebots des Arbeitgebers nicht als Verlängerung iSd. § 14 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz TzBfG anzusehen (BAG 23. August 2006 – 7 AZR 12/06).

Dagegen ist die Entscheidungsfreiheit des Arbeitnehmers in Bezug auf die Verlängerung des sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages nicht betroffen, wenn die Vereinbarung neuer Arbeitsbedingungen nicht mit der Entscheidung über die Vertragsverlängerung im Zusammenhang steht (BAG 21. März 2018 – 7 AZR 428/16).

b) Vorliegend ist festzustellen, dass die Vereinbarung über die Veränderung der Arbeitsbedingungen zum Zeitpunkt des Abschlusses der Verlängerungsvereinbarung gerade noch nicht bestand. Es wurde somit nicht bereits ohnehin Geltendes nur noch dokumentiert. Vielmehr sind die beiden Vereinbarungen zeitgleich zustande gekommen, was in Anwendung obiger Grundsätze dazu führen müsste, dass nicht nur eine Verlängerung der Befristung, sondern ein Neuabschluss vorgelegen hätte.

Die Annahme der Beklagten und des Arbeitsgerichts, die Veränderung der Arbeitsbedingungen hätte bereits seit 1. Februar 2017 gegolten, ist nämlich unzutreffend.

aa) Die Abgabe des Wechselwunschbogens vom 23. Januar 2017 (Anlage B 7, Bl. 147 der arbeitsgerichtlichen Akte) durch den Kläger im Anschluss an die Mitarbeiterversammlung von Ende Januar 2017, in welchem der Kläger erklärte, vom aktuellen Schichtmodell „Wechselschicht mit Nachtschicht“ in den Bereich RtP1/MSF1.2-W640 Kontischicht wechseln zu wollen, stellte noch kein Angebot zum Abschluss eines Änderungsvertrages dar. Der Kläger bekundete in diesem Wechselwunschbogen nämlich lediglich, „Interesse an einem Wechsel“ zu haben. In einer solchen Interessenbekundung kann noch kein Wille zu einer rechtlichen Bindung angesehen werden. Es handelte sich somit bestenfalls um eine sogenannte invitatio ad offerendum (BAG 14. Dezember 2016 – 7 AZR 717/14). Aber selbst dies erscheint zweifelhaft. Denn die Interessenbekundung bezog sich allein auf den Ort der zu erbringenden Arbeitsleistung (neue Abteilung in R. statt wie bisher in K.) und auf die Lage der Arbeitszeit (neues Schichtmodell), also auf Umstände, die die Beklagte kraft Direktionsrecht zu ändern berechtigt war. Dass damit auch eine Reduzierung der vertraglich vereinbarten Dauer der Arbeitszeit und der Höhe des Entgelts einhergehen sollte, ergibt sich aus der Interessenbekundung des Klägers nicht.

bb) Ein Angebot auf Abschluss eines Änderungsvertrags kann auch nicht in der Zuweisung der neuen Beschäftigung in R. im Kontischichtmodell durch die Beklagte ab 1. Februar 2017 (Einführungskurs) bzw. ab 6. Februar 2017 (tatsächliche Arbeitsaufnahme) erkannt werden. Wie bereits dargestellt, konnte der bloße Ortswechsel von K. nach R. durch bloße Ausübung des Direktionsrechts herbeigeführt werden, zumal ausweislich Nr. 1.1 des Arbeitsvertrags der Kläger ohnehin für den Betrieb R. eingestellt wurde, wenn auch gem. Nr. 1.2 des Arbeitsvertrags mit einer örtlichen Versetzungsklausel. Wenn also der Kläger wieder an seinen eigentlichen vertraglichen Arbeitsort rückversetzt wird, kann er nicht damit rechnen, dass damit eine Vertragsänderung einhergehen soll. Selbiges gilt für die Änderung des Schichtmodells. Nur deshalb, weil die Beklagte dem Kläger ein anderes Schichtmodell zuweist, also die Lage der Arbeitszeit ändert, muss der Kläger nicht zwangsläufig davon ausgehen, dass damit zugleich eine Änderung der Dauer der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit und der Höhe des vereinbarten Entgelts einhergeht. Abzustellen ist nämlich darauf, welchen Erklärungsinhalt der Kläger der Arbeitszuweisung in R. aus Sicht des objektiven Empfängerhorizonts beimessen konnte. Dass die Beklagte mehr tun wollte, als bloß ihr Direktionsrecht gem. § 106 GewO in Bezug auf Ort und Zeit der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung neu auszuüben, war aus Sicht eines objektiven Empfängerhorizonts nicht erkennbar.

cc) Selbst, wenn man aber in der Zuweisung der neuen Tätigkeit in R. ab 1./6. Februar 2017 ein konkludentes Vertragsangebot der Beklagten sehen wollte, hätte der Kläger dieses nicht durch seine tatsächliche Arbeitsaufnahme konkludent angenommen.

(1) Zwar konnte das vertragliche Schriftformerfordernis für Vertragsänderungen gem. Nr. 11.1 des Arbeitsvertrages noch überwunden werden, vorausgesetzt die Parteien hätten das Vereinbarte übereinstimmend gewollt (BAG 21. Mai 2015 – 8 AZR 956/13).

(2) Jedoch kann eine widerspruchslose Fortsetzung der Arbeitstätigkeit durch den Arbeitnehmer nach einem Änderungsangebot des Arbeitgebers gem. §§ 133, 157 BGB nur dann als Annahme der Vertragsänderung angesehen werden, wenn sich diese unmittelbar im Arbeitsverhältnis auswirkt, nicht hingegen, solange deren Folgen nicht hervortreten (BAG 1. August 2001 – 4 AZR 129/00).

Unmittelbar hervorgetreten sind vorliegend aber nur der Ortswechsel und die Änderung der Lage der Arbeitszeit, die die Beklagte kraft Direktionsrecht hat durchsetzen können. Der eigentliche Inhalt der Vertragsänderung, nämlich die Veränderung der vereinbarten Dauer der Arbeitszeit und die Änderung des Entgelts waren bei Arbeitsantritt für den Kläger nicht erkennbar. Diese wären für den Kläger frühestens erkennbar geworden mit der ersten Abrechnungserteilung am Ende des Monats Februar 2017.

Auch der Verweis der Beklagten auf die Betriebsvereinbarung vom 20. November 1992 führt nicht weiter. Diese Betriebsvereinbarung enthält keine Regelungen dazu, welche Dauer der Arbeitszeit vertraglich vereinbart sein muss, um in Kontischichtmodell arbeiten zu können. Den Modellschichtplänen in den Anlagen lässt sich dies ebenfalls nicht entnehmen.

dd) Unabhängig davon, wann und wo dem Kläger demnach die beiden Vertragsangebote der Beklagten (Verlängerungsvereinbarung und Änderungsvereinbarung) zugegangen sind, sind diese jedoch unstreitig beide am 20. Februar 2017 vom Kläger unterschrieben worden und zeitgleich in die Personalabteilung der Beklagten zurückgelangt, somit zeitgleich am 20. Februar 2017 zustande gekommen. Es wurden somit nicht bloß Vertragsinhalte schriftlich festgehalten, die zum Zeitpunkt des Abschlusses der Verlängerungsvereinbarung ohnehin schon gegolten hatten.

c) Die Voraussetzung, dass die Vertragsänderung vor der Verlängerung vereinbart worden sein muss, kann auch nicht dadurch umgangen werden, dass bei einer zeitgleichen Vereinbarung über die Verlängerung und die Vertragsänderung die Änderung der Arbeitsbedingungen mit Rückwirkung vereinbart wird. Es kommt nicht auf den Wirkungszeitpunkt der Vertragsänderung an, sondern auf die Abschlusszeitpunkt. Anderenfalls könnte die Entschlussfreiheit des Arbeitnehmers bezogen auf die Verlängerungsvereinbarung nicht hinreichend geschützt werden.

d) Aus demselben Grunde kann sich die Beklagte auch nicht darauf berufen, dass die Vertragsänderung (selbst bei einem zeitgleichen Vertragsschluss) jedenfalls noch vor Ablauf der vormaligen Befristungsdauer (28. Februar 2017) vereinbart wurde und Wirkung entfalten hat. Auch wenn das Bundesarbeitsgericht bislang nur ausführte, dass es unschädlich sei, einen „zum Zeitpunkt der Verlängerung“ geltenden Vertragsinhalt in einer Urkunde zu dokumentieren, war damit erkennbar gemeint, dass nur die Niederschrift einer zum Zeitpunkt des Abschlusses der Verlängerungsvereinbarung bereits vereinbarten Vertragsänderung befristungsunschädlich sei. Denn anderenfalls könnte eine beeinflussungsfreie Willensausübung des Arbeitnehmers bei Abschluss der Verlängerungsvereinbarung nicht sichergestellt werden.

e) Anders als in den Fällen, in denen die Vertragsänderung mit der Befristungsverlängerung in einer Urkunde aufgenommen wird, bei denen sich die Gefahr der Einflussnahme auf die Entschlussfreiheit des Arbeitnehmers also geradezu aufdrängt, vermag die Entschlussfreiheit des Arbeitnehmers bei zwei getrennten Verträgen im Einzelfall aber selbst bei zeitgleichem Abschluss dennoch gewahrt bleiben. Eine Einflussnahme auf die Entschlussfreiheit kann dann nur angenommen werden, wenn beide Verträge in einem Zusammenhang stehen, also dergestalt miteinander verknüpft werden, dass der eine nur gemeinsam mit dem anderen Bestand haben soll.

Ein solcher verknüpfende Zusammenhang zwischen Verlängerungsvereinbarung und Änderungsvereinbarung kann vorliegend jedoch nicht erkannt werden.

aa) Ein starkes Indiz für einen Verknüpfungswillen und einen Zusammenhang zwischen den beiden Vertragswerken ist die Zeitgleichheit der Vertragsschlüsse.

bb) Dem steht vorliegend auch nicht entgegen, dass die Beklagte die beiden Vertragstexte zu unterschiedlichen Zeitpunkten in Auftrag gegeben haben will und die Vertragswerke zu unterschiedlichen Zeitpunkten vorgelegt oder zur Unterschrift ausgelegt haben will. Denn selbst nach eigenem Vortrag der Beklagten wurde die Erstellung beider Vertragswerke von der Personalabteilung bei HR Service in Auftrag gegeben noch vor dem eigentlichen Arbeitsantritt des Klägers am 6. Februar 2017 in R. Die Versetzungsvereinbarung soll demnach nämlich am 1. Februar 2017 angefordert worden sein und die Verlängerungsvereinbarung am 3. Februar 2017, unmittelbar nachdem der Personalabteilung klar war, dass sie dem Kläger eine Beschäftigung in R. anbieten kann. Dass der Verlängerungsvertrag erst ab 14. Februar 2017 ausgelegen haben soll, mag angesichts dessen, dass der die Befristungsverlängerung erst ermöglichende ErgTVÄndTV erst am 13. Februar 2017 unterschrieben wurde, nachvollziehbar sein, ändert aber nichts daran, dass die Beklagte bereits vor dem Tätigkeitsbeginn des Klägers am 6. Februar 2017 einen Willen zur befristeten Weiterbeschäftigung des Klägers hatte. Und wann der Änderungsvertrag dem Kläger ausgehändigt worden sein soll, vermochte die Beklagte nicht zu sagen.

cc) Einen Zusammenhang und einer Verknüpfung beider Vertragswerke steht jedoch nach Auffassung der Kammer wesentlich entgegen, dass die Vertragswerke von der Beklagten vorunterschrieben waren. Der Kläger hätte also die Möglichkeit gehabt, nur den Verlängerungsvertrag zu unterschreiben und an die Beklagte zurückauszuhändigen, eine Unterschrift unter dem Änderungsvertrag jedoch zu verweigern.

Ob die Annahme einer solchen Entschlussfreiheit bezogen auf den Verlängerungsvertrag bei zeitgleicher Aushändigung beider Vertragswerke angesichts der strukturellen Unterlegenheit des Arbeitnehmers lebensfremd wäre, mag dahinstehen.

dd) Denn eine gleichzeitige Aushändigung beider Vertragswerke am 20. Februar 2017 konnte nicht festgestellt werden. Genauso wenig konnte festgestellt werden, dass der Meister Herr D. bei der Übergabe der Vertragswerke geäußert hat, dass nur beide Verträge gemeinsam unterschrieben werden dürfen.

(1) Der Zeuge Herr D. bekundete eindeutig, den Kläger nur ins Meisterbüro gerufen zu haben, um diesem die Information zu geben, dass er ins Personalbüro gehen solle, um dort seine Verlängerung zu unterschreiben (unmittelbare Aufzeichnung: 3:14 min, 4:18 min). Er bekundete ausdrücklich, keine Verträge vorliegen gehabt zu haben (unmittelbare Aufzeichnung: 3:00 min), er habe in 18 ½ Jahren noch nie jemandem einen Vertrag vorgelegt (unmittelbare Aufzeichnung: 3:33 min), auch am 20. Februar 2017 nicht (unmittelbare Aufzeichnung: 5:33 min). Das entspräche auch dem standardisierten Vorgehen bei der Beklagten (unmittelbare Aufzeichnung: 3:47 min). Genauso sei er auch mit dem Kollegen Herrn G. verfahren. Auch dieser habe nur die Information erhalten, zur Personalabteilung gehen zu können (unmittelbare Aufzeichnung: 7:06 min). Die Personalabteilung sei zwar üblicherweise nur bis 16:00 Uhr besetzt (unmittelbare Aufzeichnung: 8:28 min). Selbst wenn die Mitarbeiter erst nach 16:00 Uhr bei ihm erschienen wären, hätte es keine Ausnahme gegeben. Dann hätten diese einen Tag später zur Personalabteilung gehen müssen (unmittelbare Aufzeichnung: 9:19 min). Den Versetzungsvertrag hätte er ohnehin nicht ausgehändigt. Diese Aushändigung müsse bereits in der vorherigen Abteilung des Klägers erfolgt sein (unmittelbare Aufzeichnung: 2:36 min).

(2) Nachdem die Behauptung des Klägers, dass Herr D. ihm beide Verträge im Meisterbüro am 20. Februar 2017 zeitgleich vorgelegt hätte mit der Bemerkung, er könne nur beide Verträge gemeinsam unterschreiben, vom beweisbelasteten Kläger nicht bewiesen werden konnte, bedurfte es keiner gegenbeweislichen Vernehmung der beiden von der Beklagten benannten Zeuginnen mehr.

(3) Auch eine Vernehmung des vom Kläger als Zeugen angebotenen Kollegen Herrn G. konnte unterbleiben. Selbst wenn Herr G. bekundet hätte, dass ihm von Herrn D. gleichzeitig ein Verlängerungsvertrag und ein Änderungsvertrag unterbreitet worden wäre mit der Bemerkung, er könne beide Verträge nur zusammen unterschreiben, würde dies nur dazu führen, dass Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen Herrn D. hätten begründet werden können. Schließlich hat Herr D. auch bezogen auf Herrn G. bekundet, dass er diesem keine Verträge ausgehändigt hätte. Da Herr G. aber beim Gespräch des Klägers mit Herrn D. nicht dabei war, ließe sich über die Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen Herrn D. hinaus aber nicht zugleich schlussfolgern, dass auch dem Kläger zwei Verträge vorgelegt worden sein müssen. Statt einer Überzeugung vom Gegenteil stünde die Beweissituation allenfalls wieder bei „Null“. Der Kläger geht deshalb fehl in der Annahme, eine durch eine Aussage des Herrn G. bewirkte Erschütterung der Glaubwürdigkeit des Zeugen Herrn D. müsste in die Zulässigkeit einer Parteivernehmung des Klägers nach § 448 ZPO einmünden, unabhängig von einem Beweisantrag und unabhängig von der Beweislast. § 448 ZPO kommt nämlich erst dann zur Anwendung, wenn nach dem Ergebnis der Verhandlung eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der streitigen Behauptung spricht und andere Erkenntnismöglichkeiten nicht mehr zur Verfügung stehen (Zöller/Greger ZPO 32. Aufl. § 448 Rn. 2). Es muss bereits „einiger Beweis“ erbracht sein (BGH 16. Juli 1998 – I ZR 32/96). Es reicht also nicht aus, wenn der Kläger beweismäßig – wie vorliegend – wieder bei „Null“ steht.

II.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags mit Wirkung ab 1. Januar 2018.

1. Wegen der Erfolglosigkeit des Hauptantrags ist dieser Hilfsantrag zur Entscheidung angefallen.

2. Aus den ErgTVen bzw. aus dem ErgTVÄndTV ist eine Anspruchsgrundlage für einen individuellen Rechtsanspruch zur unbefristeten Übernahme nicht zu entnehmen.

3. Eine Anspruchsgrundlage ergibt sich auch nicht aus der „Vereinbarung über Maßnahmen zur Absicherung der geplanten Liefermengen am Standort R.“ vom 20. November 2017. Darin ist unter Nr. 3 lediglich geregelt, dass sich „die Verhandlungspartner (…) darauf verständigt“ haben, dass 30 weitere Entfristungen vorzunehmen seien aus dem Kontingent der befristeten Tarifbeschäftigten, die vor dem 1. April 2017 beschäftigt waren. Die Auswahl wurde ausdrücklich dem Arbeitgeber vorbehalten. Die Beklagte sicherte damit dem Betriebsrat allenfalls schuldrechtlich einen „Kontingentanspruch“ zu. Unmittelbare Ansprüche zugunsten einzelner Arbeitnehmer wurden damit aber nicht begründet.

4. Ein Einstellungsanspruch ergibt sich auch nicht aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz.

a) Ob der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz überhaupt geeignet ist, nach einem Befristungsablauf einen Anspruch auf Abschluss eines weiteren – befristeten oder unbefristeten – Arbeitsvertrags zu begründen, hat das Bundesarbeitsgericht bislang offengelassen (BAG 24. Juni 2015 – 7 AZR 541/13). Selbst wenn man die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses zuließe, würde dieser dem Arbeitgeber nur gebieten, seine Arbeitnehmer oder Gruppen seiner Arbeitnehmer, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer von ihm selbst gegebenen Regel gleich zu behandeln. Verboten sind sowohl die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe als auch die sachfremde Gruppenbildung (BAG 13. Dezember 2016 – 9 AZR 605/15; BAG 24. Juni 2015 – 7 AZR 541/13).

b) Vorliegend hat die Beklagte unstreitig 100 Entfristungen vornehmen wollen und auch tatsächlich vorgenommen. Dabei ist die Beklagte nach abstrakten Auswahlkriterien vorgegangen, auch wenn sie dies nicht gem. § 95 Abs. 1 BetrVG gemeinsam mit dem Betriebsrat vereinbart hat. Der Kläger wurde dabei nicht sachfremd anders behandelt. Vielmehr führte die Anwendung dieser Kriterien dazu, dass der Kläger nur auf Platz 189 landete, somit für eine Entfristung nicht vorgesehen war. Die Punktzahl des Klägers ist dabei auch ohne Weiteres nachvollziehbar.

Dem Kläger ist einzuräumen, dass der Großteil der maßgeblichen Punkte sich aus den Benotungen in den Feedbackgesprächen ergibt. Die Beklagte ist jedoch nicht gehalten, ihre Beurteilungskriterien mehr zu offenbaren als sie dies getan hat. Bewertet wurden Effizienz, Qualität, Arbeitseinsatz, verantwortliches Handeln und Kooperation. Je nachdem ob ein Mitarbeiter den Erwartungen nicht entsprach, im Wesentlichen entsprach, in vollem Umfang entsprach oder häufig über den Erwartungen lag, vergab die Beklagte eine von vornherein festgelegte Punktzahl. Das ist ausreichend transparent. Die Beklagte war dagegen nicht gehalten, ihre Beurteilungen der Kollegen gegenüber dem Kläger zu rechtfertigen. Es kann nämlich nicht der Kläger seine Beurteilung von Kollegen an die Stelle der Beurteilung der Beklagten setzen.

III. Nebenentscheidungen

1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

2. Die Revision war gem. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG für den Kläger zuzulassen. Die Frage, ob der Abschluss eines Vertrages über die Änderung der Arbeitsbedingungen einer „Verlängerung“ einer sachgrundlosen Befristung entgegensteht, wenn dieser nicht vor der Verlängerung, sondern zeitgleich mit dieser in einer getrennten Vereinbarung abgeschlossen wurde, wird grundsätzliche Bedeutung beigemessen.

 

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