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Verpflichtung zur Erbringung von Arbeitsleistung an Samstagen – Weisungsrecht

ArbG Kassel – Az.: 9 Ca 379/10 – Urteil vom 17.03.2011

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1.231,53 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten im Wesentlichen über die Verpflichtung der Klägerin zur Erbringung der Arbeitsleistung an Samstagen.

Die Beklagte ist eine Einrichtung der … aus Fulda. Gegenstand des Geschäftsbetriebes der Beklagten ist es, den mit der … verbundenen Einrichtungen (Krankenhäusern) Servicekräfte im Wege der Arbeitnehmerüberlassung bzw. im Rahmen von Leiharbeitsverhältnissen zur Verfügung zu stellen. Die Beklagte verfügt über eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung gemäß § 1 AÜG. Die Einstellung von Mitarbeitern bei der Beklagten erfolgt, soweit in einer mit der … verbundenen Einrichtung ein konkretes Stellenangebot vorhanden ist. Der jeweilige Mitarbeiter wird sodann unter Berücksichtigung des konkreten Anforderungsprofils bzw. der vorhandenen Qualifikationsmerkmale für diese konkrete Stelle ausgesucht. Sowohl die Vertragsanbahnung als auch der Vertragsabschluss erfolgen unter Beteiligung von Mitarbeitern der Personalabteilung und Pflegeleitung der jeweiligen Einrichtung. Der Einsatzort des im Falle einer positiven Beurteilung eingestellten Mitarbeiters beschränkt sich regelmäßig auf die Einrichtung der …, welche der Beklagten die Beschäftigungsmöglichkeit angezeigt hat.

Die am 27. November 1968 geborene, verheiratete und gegenüber drei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Klägerin ist aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrags vom 01. Februar 2008 (Bl. 10 – 13 d. A.) seit dem 01. Februar 2008 bei der Beklagten beschäftigt. Gemäß Ziffer 2 des Arbeitsvertrags wurde zwischen den Parteien vereinbart, dass sich die Klägerin der Beklagten als Leiharbeitnehmerin zur Verfügung stellt und verpflichtet ist, den Weisungen des Überlassers und des Entleihers Folge zu leisten. Gemäß Ziffer 3 des Arbeitsvertrags vom 01. Februar 2008 kommen auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der Manteltarifvertrag Zeitarbeit, der Entgeltrahmentarifvertrag Zeitarbeit und der Entgelttarifvertrag Zeitarbeit zwischen dem Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (IGZ e. V.) und den Mitgliedsgewerkschaften des DGB in der jeweils gültigen Fassung zur Anwendung. Gemäß Ziffer 5 des Arbeitsvertrags beschränkt sich der Arbeitsort der Klägerin auf den Postleitzahlenbereich …. Unter Ziffer 6 des Arbeitsvertrags ist u. a. folgendes geregelt:

„…

6. Arbeitszeit

Der/die Arbeitnehmer/in wird als Vollzeitkraft beschäftigt.

Verpflichtung zur Erbringung von Arbeitsleistung an Samstagen - Weisungsrecht
(Symbolfoto: Von Rawpixel.com/Shutterstock.com)

Die individuelle regelmäßige monatliche Arbeitszeit für Vollzeitbeschäftigte beträgt nach dem zugrunde liegenden Tarifvertrag 151,67 Stunden. Das entspricht einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen und die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage richten sich nach den im jeweiligen Entleiherbetrieb gültigen Regelungen bzw. Anforderungen des Entleihers. Der/die Arbeitnehmer/in ist verpflichtet Nacht-/Wechsel-/Sonntags-/Mehr- und Überarbeit zu leisten, soweit dies gesetzlich zulässig ist. Zuschläge für Mehr-/Nacht-/Sonntags-/Feiertagsarbeit werden nach § 4 MTV gezahlt. Außerdem wird gemäß § 3.2 des MTV für jede/n Arbeitnehmer/in ein Arbeitszeitkonto eingerichtet. Arbeiten an Sonn- und Feiertagen, die nicht zur Regelarbeitszeit gehören, kann angeordnet werden.

…“

Der Unterzeichnung des Arbeitsvertrags vom 01. Februar 2008 ging ein Einstellungsgespräch vom 13. Dezember 2007 voraus, an welchem die Mitarbeiter der … gGmbH Frau …, Frau … und Herr … sowie die Klägerin teilnahmen. Die Einzelheiten des Vorstellungsgesprächs sind zwischen den Parteien streitig.

Wegen des Inhaltes der Arbeitnehmerüberlassungsvereinbarung zwischen der Beklagten und der … gGmbH wird auf Bl. 152 – 153 d. A. Bezug genommen.

Die Klägerin war bereits zum Zeitpunkt des Vorstellungsgespräches am 13. Dezember 2007 Mitglied der Evangelischen Freikirche „Gemeinschaft der Siebenten-Tags-Adventisten“. Die Siebenten-Tags-Adventisten anerkennen die Bibel als die alleinige Grundlage ihres Glaubens und sind überzeugt, dass die Heilige Schrift fundamentale Glaubenslehren enthält. Sie teilen mit allen Christen den Glauben an Jesus Christus. Die Siebenten-Tags-Adventisten halten den Samstag (Sabbat) unter Hinweis auf Aussagen der Bibel im Alten und Neuen Testament als religiösen Ruhetag.

Die Klägerin ist seit Aufnahme ihrer Beschäftigung bei der … gGmbH als Servicekraft tätig. Zunächst war die Klägerin dort im Bereich der Sterilisation eingesetzt. Mit Wirkung zum 29. April 2008 wurde die Klägerin auf die Intensivstation umgesetzt und ist seitdem dort als Servicekraft tätig. Zum Aufgabenbereich der Servicekräfte im … gehören u. a. die Verbringung von Blut, Urin, Abstrichen etc. in das Labor, die Verbringung von Aufnahmeanträgen in die Patientenaufnahme, die Leerung von Postfächern, die Bewegung der Essenswagen, die Kontrolle und Auffüllung von Verbrauchsmaterial im Patientenzimmer, die Auffüllung von Wäschewagen, die Reinigung von Patientenplätzen und Nachtschränkchen, die Reinigung von Tabletten- und Infusionsschränken sowie Lagerregalen, die Hilfe bei Transporten, das Holen und Bringen von Geräten zwecks Aufbereitung, das Ausräumen von Wäschecontainern, die Reinigung von Waschbecken sowie die Übernahme von Wegen in das Labor, die Röntgenabteilung und den EKG-Raum. Im intensivmedizinischen Bereich gehört zum Aufgabengebiet der Servicekräfte auch die Reinigung der dortigen Patientenplätze einschließlich der vorhandenen intensivmedizinischen Apparaturen und Geräte unter Verwendung spezieller Desinfektionsmittel sowie die Reinigung des Bronchoskops.

Im … sind jeder Station (Normalstation und Intensivstation) jeweils drei Servicekräfte zugeordnet. Bis einschließlich September 2010 waren die Servicekräfte im … dienstplanmäßig von Montag bis Freitag eingesetzt. Seit Oktober 2010 werden die Servicekräfte im … auf allen Stationen auch an Samstagen und Sonntagen eingesetzt. Nachdem der Klägerin die Änderungen im Bereich der Dienstplangestaltung bekannt geworden waren, ließ die Klägerin die Beklagte über ihre anwaltlichen Bevollmächtigten bitten, von einem Einsatz der Klägerin an Samstagen abzusehen, da sie aus Glaubensgründen keine Samstagsarbeit leisten könne. Mit Schreiben vom 01. Oktober 2010 (Bl. 15 – 19 d. A.) lehnte die Beklagte diese Bitte der Klägerin ab.

Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt bot die Klägerin der Beklagten an, an Stelle von Samstagen an Sonntagen zu arbeiten und auf anfallende Sonntagszuschläge zu verzichten.

Nachdem die Klägerin für Samstag, den 30. Oktober 2010 zur Arbeit eingeteilt worden war, reichte sie beim Arbeitsgericht Kassel im Oktober 2010 einen Antrag gegen die Beklagte ein, der darauf gerichtet war, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, sie für Arbeiten an Samstagen einzuteilen. Durch Urteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 27. Oktober 2010 (Aktenzeichen 1 Ga 5/10) wurde der Antrag zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf Bl. 67 – 78 d. A. Bezug genommen.

Mit der am 24. November 2010 beim Arbeitsgericht Kassel eingereichten Klage verfolgt die Klägerin u. a. ihr Unterlassungsbegehren im Hinblick auf ihren Einsatz an Samstagen gegenüber der Beklagten weiter. Die Klägerin ist der Ansicht, sie habe Anspruch darauf, für Arbeiten an Samstagen nicht eingeteilt zu werden. Die Beklagte sei verpflichtet, im Rahmen der Ausübung des Direktionsrechts ihre Glaubensüberzeugung, die einem Einsatz an Samstagen entgegenstehe, zu berücksichtigen. Die Klägerin trägt vor, es stelle für sie eine unerträgliche Gewissensbelastung aufgrund ihres Glaubens dar, an Samstagen arbeiten zu müssen. Sie habe noch niemals an einem Samstag gearbeitet, auch nicht in Kasachstan, wo sie herstamme. Sie habe auch im Rahmen des Vorstellungsgespräches am 13. Dezember 2007 zur Sprache gebracht, dass sie an Samstagen nicht arbeiten könne. Sie habe ausdrücklich danach gefragt, ob sie Samstagsarbeit leisten müsse, was definitiv von Frau … verneint worden sei. Sie habe in diesem Zusammenhang auch den Hintergrund geschildert und angegeben, dass sie aus religiösen Gründen samstags nicht arbeiten könne. Im Rahmen des Vorstellungsgespräches sei ihr mitgeteilt worden, dass sie nur von Montag bis Freitag arbeiten müsse. Es sei ihr zugesagt worden, dass sie samstags nicht arbeiten müsse. Bei Vertragsschluss sei kein Hinweis dahingehend erfolgt, dass Wochenendarbeit zu leisten sei. Auch im Rahmen von Vorstellungsgesprächen zweier weiterer Mitarbeiterinnen, Frau … und Frau …, sei nach Samstags- und Sonntagsarbeit gefragt worden. Auch in diesem Zusammenhang sei ganz eindeutig mitgeteilt worden, dass Samstagsarbeit nicht zu leisten sei. Sie sei aufgrund mangelnder Kenntnisse des deutschen Rechtssystems davon ausgegangen, dass für eine Verpflichtung zur Erbringung der Arbeit an Samstagen eine ausdrückliche Erwähnung im Arbeitsvertrag hätte erfolgen müssen. Für die Beklagte sei es unproblematisch weitere Arbeitskräfte für die Samstagsarbeit einzuarbeiten und an ihrer Stelle auf der Intensivstation samstags zum Einsatz zu bringen. Andere Mitarbeiter (Frau …, Frau …) hätten die Bereitschaft signalisiert, mit ihr dauerhaft die Samstagsdienste zu tauschen. Die Personalleitung des … habe sich jedoch massiv dafür eingesetzt, dass die anderen Mitarbeiterinnen einem Tausch nicht zustimmen dürften. Der Beklagten sei unabhängig davon möglich, andere Servicemitarbeiter an ihrer Stelle an Samstagen auf der Intensivstation einzusetzen. Der Personalpool, aus welchem die Beklagte schöpfen könne, beschränke sich nicht auf die Servicemitarbeiter der Intensivstation. Die Tätigkeiten der Servicekräfte auf der Normalstation und der Intensivstation seien im Wesentlichen vergleichbar. Für die Tätigkeit als Servicemitarbeiterin auf der Intensivstation bedürfe es keiner gesteigerten Kenntnisse bzw. Qualifikationen. Sie habe vor ihrem ersten Einsatz auf der Intensivstation lediglich eine Einarbeitung in einem Umfang von ca. zwei Stunden erhalten. Die Arbeitsabläufe auf der Intensivstation seien für Servicemitarbeiter auch nicht wesentlich individualisierter im Vergleich zur Tätigkeit auf den Normalstationen. Es würden insbesondere keine Informationen über die einzelnen Patienten an die Servicemitarbeiter gegeben. Die Funktionsfähigkeit der Intensivstation sei nicht in Gefahr, wenn an jedem dritten Samstag eine Servicekraft fehlen würde. Für die Klägerin sei seit ihrer Erkrankung keine Ersatzkraft eingeteilt worden. Die Klägerin trägt schließlich vor, die Beklagte habe keinerlei Anstrengungen in organisatorischer Hinsicht unternommen, um ihrer Glaubensfreiheit im Rahmen des Arbeitsvertrages Rechnung zu tragen.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, sie für Arbeiten an Samstagen einzuteilen;

2. für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1. festzustellen, dass sie nicht zur Erbringung ihrer Arbeitsleistung an Samstagen, ausgenommen Notfälle, verpflichtet ist.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, die Klage sei bereits deshalb unbegründet, weil die Beklagte keine Möglichkeit habe, von den einzelnen Einrichtungen der … zu verlangen, die überlassenen Arbeitnehmer in anderer Weise einzusetzen. Sie könne lediglich eine entsprechende Bitte formulieren. Dies habe sie im Falle der Klägerin erfolglos getan. Das … habe aus nachvollziehbaren Gründen abgelehnt, die an sich von der Klägerin zu leistende Samstags-/Wochenendarbeit mit anderen Arbeitnehmern von der normalen Station sporadisch abzudecken. Die Beklagte ist der Ansicht, die Klägerin sei aufgrund der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen verpflichtet, auch Wochenendarbeit/Samstagsarbeit zu leisten. Dies ergebe sich eindeutig aus den arbeitsvertraglichen Regelungen unter Ziffer 6 des Arbeitsvertrags vom 01. Februar 2008. Auch der maßgebliche Manteltarifvertrag Zeitarbeit sehe den Samstag als regulären Wochenarbeitstag vor. Der Klägerin sei auch erkennbar gewesen, dass der Samstag als regulärer Wochenarbeitstag aufgrund der arbeitsvertraglichen Abreden in Betracht kommen könne. Die Beklagte behauptet, die Klägerin habe weder im Rahmen des Vorstellungsgespräches noch zu einem späteren Zeitpunkt geäußert, dass sie aus Glaubensgründen keine Arbeit an Samstagen leisten könne. Die Klägerin sei im Rahmen des Vorstellungsgespräches ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die Verpflichtung zur Wochenendarbeit bestehe. Diese Hinweise seien bei Vertragsabschluss und auch im Zusammenhang mit der Umsetzung der Klägerin auf die Intensivstation wiederholt worden. Die Beklagte meint, die Klägerin habe als Glaubensbelastete mit der Vertragsunterzeichnung nach außen hin zum Ausdruck gebracht, dass sie keine inneren Bedenken gegen einen Einsatz u. a. auch an Samstagen habe bzw. diese zurückgestellt habe. Es sei der Klägerin daher verwehrt, sich nunmehr auf etwaige Glaubensnöte zu berufen. Die Beklagte behauptet, Wochenendarbeit sei bis Oktober 2010 nur deshalb von den Servicemitarbeitern nicht abzuleisten gewesen, weil sich das Konzept des …, Servicekräfte auf den Stationen zur Verbesserung der Prozessabläufe im Klinikbetrieb einzusetzen, noch im Aufbau befunden habe. Der sporadische Einsatz von Mitarbeitern von Normalstationen auf der Intensivstation an Stelle der Klägerin an Samstagen sei strukturbedingt beim Entleihbetrieb nicht möglich. Die auf der Intensivstation eingesetzten Servicemitarbeiter erhielten vor bzw. bei Aufnahme ihrer Tätigkeit auf der Intensivstation eine umfangreiche Einarbeitung, die sich arbeitsbegleitend über mehrere Wochen hinweg erstrecke. Die Klägerin habe u. a. eine gesonderte umfangreiche Einarbeitung im Bereich der Lagerbestellung durch die Mitarbeiterin des M.-hauses Frau … erhalten. Der Klägerin habe während der gesamten Einarbeitungszeit über mehrere Wochen hinweg eine examinierte Pflegekraft als Ansprechpartnerin zur Verfügung gestanden. Die Klägerin habe des Weiteren spezielle Einweisungen im Bereich der Hygiene durch eine ausgebildete Hygienefachkraft erhalten. Die Servicekräfte auf der Intensivstation würden allgemein aber auch im intensivmedizinischen Bereich umfassend über die Patienten informiert. Den Mitarbeitern auf der Intensivstation – so auch der Klägerin – seien die auf der Intensivstation eingesetzten Gerätschaften im Zuge der Einarbeitung im Hinblick auf Funktion und Technik erklärt worden. Insgesamt seien die Servicekräfte auf der Intensivstation ähnlich wie Krankenschwestern in die Geschehensabläufe eingebunden. Aufgrund der besonderen Qualifizierung der Servicemitarbeiter auf der Intensivstation sei lediglich von einem Personalpool von insgesamt drei Mitarbeitern auszugehen. Es entspreche im Übrigen dem erklärten Ziel der Leitung des …, dass auf jeder Station feste und übersichtliche Teams gebildete würden, um eine Kontinuität/Beständigkeit des Personals für die Patienten zu gewährleisten. Es sei der Beklagten bzw. dem Entleiher unzumutbar, dieses Unternehmenskonzept unter Inkaufnahme erheblicher wirtschaftlicher Einbußen umzustellen bzw. aufzugeben. Die Beklagte ist der Ansicht, die Herausnahme der Klägerin aus dem allgemeinen Dienstplan begründete im Hinblick auf die sonstigen Mitarbeiter einen Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Des Weiteren würde eine Herausnahme der Klägerin aus der Dienstplangestaltung im Hinblick auf den Samstag einer Gewährleistung der Regenerations-/Erholungsphase an einem zusammenhängenden freien Wochenende des Mitarbeiters entgegenstehen. Es sei auch kein Mitarbeiter bereit, freiwillig dauerhaft die derzeitige Stelle der Klägerin im intensivmedizinischen Bereich einzunehmen. Ein Wechsel der Klägerin auf eine Normalstation führte zudem nicht zur Problemlösung, da auch dort dienstplanmäßig Samstagsarbeit zu erbringen sei. Die Beklagte trägt vor, auch in sonstigen Einrichtungen der … sei eine Beschäftigung der Klägerin als Servicekraft ohne Samstagsarbeit nicht möglich, da sich auch die anderen Einrichtungen der … in V., F., Bad H. und H. weigerten, Arbeitnehmer zu beschäftigen, die keinen Wochenenddienst erbringen könnten bzw. wollten.

Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin … . Wegen der Einzelheiten der Zeugenaussage wird auf die Sitzungsniederschrift vom 17. März 2011 (Bl. 149 – 150 d. A.) Bezug genommen.

Wegen des sonstigen Vortrags der Parteien wird auf die Sitzungsniederschrift vom 17. März 2011 und auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

1.

Der Antrag zu 1., gerichtet auf die Verurteilung der Beklagten, es zu unterlassen, die Klägerin an Samstagen zur Arbeitsleistung einzuteilen, ist unbegründet.

Die Klägerin verfolgt mit dem Antrag zu 1. das Ziel, der Beklagten zu verbieten, sie in einer bestimmten Art und Weise zu beschäftigen. Dieser von der Klägerin geltend gemachte Antrag auf Unterlassung der Zuweisung einer Tätigkeit in einer bestimmten Art und Weise ist selbst dann unbegründet, wenn die Erbringung von Samstagsarbeit nicht zur geschuldeten Arbeitsleistung der Klägerin gehört.

Gemäß § 611 BGB muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber nur die Arbeitsleistung erbringen, zu der er aufgrund des Arbeitsvertrags und einer gemäß § 106 GewO i. V. m. § 315 BGB wirksamen Weisung des Arbeitgebers verpflichtet ist. Die Zuweisung einer nach dem Arbeitsvertrag nicht geschuldeten Arbeit ist gemäß § 106 Satz 1 GewO i. V. m. mit dem Arbeitsvertrag unwirksam. Der Arbeitnehmer kann also eine dem Arbeitgeber nicht geschuldete Arbeit ohne Weiteres verweigern. Der Arbeitnehmer hat auf Grundlage des § 242 BGB i. V. m. mit Art. 1, 2 GG einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung, weil die verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen der Art. 1, 2 GG über den Persönlichkeitsschutz auch den Schutz des ideellen Beschäftigungsinteresses des Arbeitnehmers gebieten. Der Arbeitgeber muss als Schuldner diesen allgemeinen Beschäftigungsanspruch erfüllen. Der Arbeitnehmer hat aber als Gläubiger dieses Anspruchs nicht auch noch – als Nebenleistungsanspruch – einen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber eine unwirksame Weisung bzw. eine nicht vertragsgemäße Beschäftigung unterlässt. Dies umso weniger, als schon der allgemeine Beschäftigungsanspruch nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine entsprechende Rechtsfortbildung des Dienstvertragsrechts der §§ 611 ff. BGB darstellt. Die nicht vertragsgemäße Beschäftigung ist nur die Nichterfüllung des allgemeinen Beschäftigungsanspruchs. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine vertraglich nicht geschuldete Arbeit zu, so kann der Arbeitnehmer also einerseits als – vermeintlicher – Schuldner diese Arbeit ohne Weiteres verweigern und eine negative Feststellungsklage in Bezug auf die streitige Arbeitspflicht erheben und andererseits als Gläubiger auf Erfüllung des allgemeinen Beschäftigungsanspruchs durch vertragsgemäße Beschäftigung klagen. Mit Rücksicht auf diese Rechtslage gibt es weder ein Bedürfnis noch einen Rechtsgrund für einen weiteren selbständigen und klagbaren arbeitsvertraglichen Anspruch auf Unterlassen einer nicht vertragsgemäßen Beschäftigung bzw. Arbeitgeberweisung (vgl. LAG München 01.12.2004 – 5 Sa 913/04, NZA-RR 2005, 354 m. w. N.).

Ein Unterlassungs- oder Beseitigungsanspruch der Klägerin folgt auch nicht aus § 1004 BGB i. V. m. § 823 Abs. 1 BGB. Eine Verletzung des Rechts auf vertragsgemäße Beschäftigung als Teil des gemäß § 823 Abs. 1 BGB i. V. m. § 1004 BGB geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts kann ebenfalls nur durch den Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung sanktioniert werden. Unabhängig davon dürfte nicht jede vertragswidrige Arbeitgeberweisung zur Konkretisierung der Arbeitspflicht eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstellen (vgl. LAG München 01.12.2004 – 5 Sa 913/04, NZA-RR 2005, 354 m. w. N.).

Hier kommt hinzu, dass sich die Klägerin mit dem Antrag zu 1. gegen ihre Vertragsarbeitgeberin wendet, die entsprechend den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Parteien sowie auf Grundlage des Arbeitnehmerüberlassungsvertrages vom 11. November 2008 mit der … gGmbH das Direktionsrecht für die Dauer der Überlassung der Klägerin an die … gGmbH auf letztere übertragen hat. Es ist nicht ersichtlich, in welcher Weise die Beklagte auf die Ausübung des Direktionsrechtes durch die … gGmbH im Sinne eines Unterlassungsgebotes Einfluss nehmen kann. Die Beklagte selbst nimmt die dienstplanmäßige Einteilung der Klägerin nicht vor.

2.

Auch der für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1. gestellte Hilfsantrag auf Feststellung, dass die Klägerin mit Ausnahme von Notfällen nicht verpflichtet ist, ihre Arbeitsleistung an Samstagen zu erbringen, ist unbegründet.

 

Die Klägerin ist auf Grundlage der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Parteien verpflichtet, ihre Arbeitsleistung auch an Samstagen zu erbringen.

Welche Leistungspflichten den Arbeitnehmer treffen, ist im Arbeitsvertrag in der Regel nur rahmenmäßig umschrieben. Aufgrund seines Weisungsrechts kann der Arbeitgeber einseitig die im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschriebene Leistungspflicht nach Zeit, Ort und Art der Leistung bestimmen. Das Weisungsrecht, welches seine Grenzen in den gesetzlichen Regelungen sowie im Kollektiv- und im Einzelvertragsrecht findet, darf gemäß § 315 Abs. 1 BGB allerdings nur nach billigem Ermessen ausgeübt werden. Die in § 315 Abs. 1 BGB geforderte Billigkeit wird inhaltlich durch die Grundrechte und damit auch durch das Grundrecht der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit des Art. 4 Abs. 1 GG und die Gewährleistung der ungestörten Religionsausübung des Art. 4 Abs. 2 GG mitbestimmt. Kollidiert das Recht des Arbeitgebers, im Rahmen seiner gleichfalls grundrechtlich geschützten unternehmerischen Betätigungsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG den Inhalt der Arbeitsverpflichtung des Arbeitnehmers näher zu konkretisieren, mit grundrechtlich geschützten Positionen des Arbeitnehmers, so ist das Spannungsverhältnis im Rahmen der Konkretisierung und Anwendung der Generalklausel des § 315 BGB einem grundrechtskonformen Ausgleich der Rechtspositionen zuzuführen. Dabei sind die kollidierenden Grundrechte in ihrer Wechselwirkung zu sehen und so zu begrenzen, dass die geschützten Rechtspositionen für alle Beteiligten möglichst weitgehend wirksam werden (sog. praktische Konkordanz). Bei dieser Abwägung ist die Intensität der umstrittenen Freiheitsbeschränkung genauso zu berücksichtigen, wie die von den Vertragspartnern durch den Abschluss des Vertrags selbst eingeräumte Begrenzung ihrer grundrechtlichen Freiheiten, der Rang und das Gewicht des mit dem Eingriff verfolgten Ziels sowie die spezifische Bedeutung und der spezielle Gehalt des betroffenen Grundrechts bzw. der kollidierenden Grundrechtspositionen in Bezug auf den umstrittenen Regelungskonflikt. Gleiches gilt auch bei der Ausformung der vertraglichen Rücksichtnahmepflicht im Rahmen des § 242 BGB (vgl. BAG 10.10.2002 – 2 AZR 472/01, AP Nr. 44 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung).

Ausgehend von den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Parteien beschränkt sich die Arbeitspflicht der Klägerin nicht auf die Wochentage Montag bis Freitag und Sonntag. Gemäß Ziffer 6 des Arbeitsvertrages vom 01. Februar 2008 ist die Arbeitsleistungspflicht der Klägerin im Hinblick auf die Arbeitszeit nur rahmenmäßig bestimmt. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen und die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage sollen sich ausgehend von den arbeitsvertraglichen Regelungen nach den im jeweiligen Entleiherbetrieb gültigen Regelungen bzw. Anforderungen richten. Der Arbeitsvertrag sieht des Weiteren auch eine Verpflichtung der Klägerin zur Ableistung der Arbeit an Sonn- und Feiertagen vor, die nicht zur Regelarbeitszeit gehören. Auch der in Ziffer 3 des Arbeitsvertrages vom 01. Februar 2008 in Bezug genommene Manteltarifvertrag Zeitarbeit sieht eine entsprechende Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Erbringung der Arbeitsleistung auch an Samstagen vor. Für die Auslegung der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen unbeachtlich sind die Ausführungen der Klägerin, sie sei davon ausgegangen, dass der Samstag als Arbeitstag ausdrücklich im Arbeitsvertrag hätte aufgeführt werden müssen, wie für Sonn- und Feiertage geschehen. Jedenfalls sei sie aufgrund der fehlenden Vertrautheit mit dem hiesigen Rechtssystem davon ausgegangen. Diese Vorstellungen der Klägerin begründeten allenfalls einen unbeachtlichen Rechtsirrtum. Die Klägerin hat auch eine von den schriftlichen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen abweichende Abrede der Parteien im Hinblick auf die Lage der Arbeitszeit – insbesondere die Einbeziehung des Samstags als Arbeitstag – nicht nachgewiesen. Die Klägerin hat zwar behauptet, im Rahmen des Einstellungsgesprächs am 13. Dezember 2007 habe sie offen gelegt, dass sie an Samstagen nicht arbeiten könne und auch den Hintergrund für diese Einschränkung dargelegt. Sie habe ausdrücklich danach gefragt, ob sie Samstagsarbeit leisten müsse, was definitiv von der seinerzeitigen Mitarbeiterin der … gGmbH, Frau …, verneint worden sei. Ob und inwieweit etwaige Abreden der Klägerin mit der Entleiherin (… gGmbH) Einfluss auf die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen zwischen der Klägerin und der Beklagten haben könnten, kann hier dahinstehen. Es steht nämlich nicht fest, dass die von der Klägerin behaupteten Äußerungen bzw. Abreden im Rahmen des Einstellungsgespräches bzw. zu einem späteren Zeitpunkt getätigt worden sind. Die von der Klägerin benannte Zeugin Frau … hat im Rahmen ihrer Vernehmung im Kammertermin vom 17. März 2011 ausgesagt, dass die Klägerin im Zuge des Einstellungsgespräches im … nicht darauf hingewiesen hat, dass die Klägerin an bestimmten Wochentagen nicht arbeiten könne. Die Zeugin hat des Weiteren bekundet, entsprechende Einschränkungen bzw. Hinweise seien auch später nicht erfolgt. Die Zeugin hat weiter ausgesagt, im Rahmen des Einstellungsgespräches sei der Klägerin der für die Ursprungsabteilung (Sterilisation) maßgebliche Dienstplan dargestellt und sogleich darauf hingewiesen worden, dass dieser Dienstplan, der seinerzeit eine Arbeitszeit von Montag bis Freitag vorsah, jederzeit geändert werden könne. Damit hat die Zeugin die von der Klägerin behaupteten Hinweise bzw. Abreden nicht bestätigt. Eine Vernehmung der von der Klägerin benannten Zeugen … sowie … und … konnte unterbleiben, da keiner der Benannten bei dem Einstellungsgespräch bzw. den maßgeblichen Gesprächen zwischen der Klägerin und der Beklagten bzw. der Klägerin und Mitarbeitern des … gGmbH anwesend bzw. beteiligt war. Im Hinblick auf die als Zeuginnen benannten Mitarbeiterinnen … und … kommt hinzu, dass sich dem Vortrag der Klägerin nicht einmal entnehmen lässt, wer diesen Mitarbeiterinnen gegenüber angeblich ausdrücklich die Erforderlichkeit der Ableistung von Samstagsarbeit verneint haben soll.

Das ausgehend von den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Parteien im Hinblick auf den Samstag als Arbeitstag nicht beschränkte Direktionsrecht ist vorliegend auch nicht aufgrund der Berufung der Klägerin auf die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 GG in der Weise zu beschränken, dass die Klägerin nur zur Erbringung der Arbeitsleistung an Montagen bis Freitagen bzw. Sonntagen verpflichtet ist. Derartiges folgt auch nicht aus einer Ausstrahlungswirkung von Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG. Die Klägerin meint, die Beklagte sei nicht berechtigt, ihr Arbeit an Samstagen zuzuweisen, weil dies ihrer religiösen Überzeugung widerspreche und das Weisungsrecht der Beklagten durch das Grundrecht auf freie Religionsausübung eingeschränkt sei. Zu Gunsten der Klägerin kann an dieser Stelle unterstellt werden, dass sie sich an die Pflicht zur Einhaltung der Sabbat-Ruhe gebunden fühlt und von ihr nicht abweichen kann, ohne unzumutbare Beeinträchtigungen in Kauf nehmen zu müssen. Das Einhalten des biblischen Sabbats von Freitagabend (Sonnenuntergang) bis Samstagabend (Sonnenuntergang) stellt eine der zentralen Glaubensüberzeugungen der Gemeinschaft der Siebenten-Tags-Adventisten dar (vgl. hierzu OVG NRW 11.08.2006 – 1 A 2650/05, ZBR 2007, 106). Die Ablehnung der Arbeit an Samstagen durch die Klägerin unterfällt dem Grundrecht auf Glaubensfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 GG. Inhaltlich umfasst die Glaubens-, Gewissens- und Bekenntnisfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 GG auch die Freiheit, das Verhalten nach den Geboten des Glaubens auszurichten. Geschützt ist danach jedes Verhalten, welches sich als ein Bekenntnisakt darstellt, unabhängig davon, ob es generell als Erfüllung einer religiösen Pflicht erscheint oder lediglich einer religiösen Tradition oder einem religiösen Brauch Ausdruck verleiht (vgl. Hess. LAG 21.06.2001 – 3 Sa 1448/00, NZA-RR 2001, 632). Der Schutzbereich des Art. 4 Abs. 1 GG umfasst auch den Anspruch, nach eigenen religiösen oder weltanschaulichen Überzeugungen leben und handeln zu dürfen. Dabei sind nicht nur Ansichten, die auf imperativen Glaubenssätzen beruhen, durch Art. 4 GG geschützt. Vielmehr umspannt diese Freiheit auch religiöse Überzeugungen, die für eine konkrete Lebenssituation eine religiöse Reaktion zwar nicht zwingend fordern, diese aber für das beste und adäquate Mittel halten, um die Lebenslage nach der Glaubenshaltung zu bewältigen. Andernfalls würde das Grundrecht der Glaubensfreiheit sich nicht voll entfalten (vgl. Bundesverfassungsgericht 19.10.1971 – 1 BvR 387/65, BVerfGE 32, 98).

Die Zuweisung von Samstagsdiensten führt unmittelbar zu einer Beeinträchtigung der Klägerin aus Art. 4 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 2 GG. Allerdings konkurriert das Grundrecht der Klägerin auf Glaubensfreiheit nach Art. 4 GG mit der ebenfalls grundrechtlich geschützten Position der Beklagten nach Art. 12 Abs. 1 GG (Unternehmensfreiheit). Die Erwerbstätigkeit der Beklagten als Arbeitgeberin wird geschützt durch die Art. 2 Abs. 1, 12 GG. Das „Erworbene“ in Gestalt des Eigentums der Beklagten unterfällt dem Schutz durch Art. 14 GG. Das grundrechtlich geschützte Recht auf Unternehmensfreiheit umfasst das Interesse des Arbeitgebers, innerhalb der gesetzlich zulässigen Zeit Arbeitnehmer im Rahmen der bestehenden arbeitsvertraglichen und kollektivrechtlichen Regelungen zur Arbeitsleistung einzuteilen und die betrieblichen Abläufe störungsfrei zu organisieren. Entsprechend den oben dargestellten Grundsätzen sind die kollidierenden Grundrechte der Parteien in ihrer Wechselwirkung zu sehen und so zu begrenzen, dass die geschützten Rechtspositionen für alle Beteiligten möglichst weitgehend wirksam werden. Auch unter Berücksichtigung des besonders hohen Stellenwertes der grundrechtlich und auch nach Art. 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention gewährleisteten Glaubens- und Religionsfreiheit muss die durch Art. 2, 12, 14 GG geschützte Rechtsposition der Beklagten hier nicht hinter das Recht auf die Glaubens- und Religionsfreiheit der Klägerin zurücktreten. In diesem Zusammenhang kommt der Position der Beklagten als Verleiherin im Sinne des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes Bedeutung zu. Die Beklagte selbst ist lediglich rein administrativ tätig. Ihr Geschäftszweck ist darauf ausgerichtet, für die Einrichtungen der … Leiharbeitnehmer zu überlassen, die entsprechend den Vorgaben und Anforderungen der entsprechenden Einrichtungen sowie unter Beteiligung der zukünftigen Beschäftigungseinrichtung ausgewählt worden sind. Vor dem Hintergrund der Abhängigkeit der Beklagten von einem entsprechenden „Kundenbedarf“ und der fehlenden Einflussnahmemöglichkeit der Beklagten auf betriebliche Abläufe bzw. die Ausgestaltung des Weisungsrechts beim jeweiligen Entleihbetrieb kommt daher der arbeitsvertraglichen Vereinbarung zwischen der Beklagten und dem jeweiligen Arbeitnehmer erhebliche Bedeutung zu. Das Grundgesetz schützt auch die Vertragsfreiheit. Soweit nicht lediglich abstrakte Gefährdungen von Positionen des Arbeitgebers im Raum stehen sondern konkrete Gefährdungen bzw. tatsächlich eingetretene Betriebsstörungen, kann sich die Privatautonomie gegenüber einer Grundrechtsposition des Arbeitnehmers durchsetzen. Der Grundsatz der Vertragstreue kann zu einer freiwilligen Selbstbegrenzung grundrechtlicher Positionen führen. Der Arbeitnehmer unterwirft sich grundsätzlich mit Vertragsschluss dem Direktionsrecht des Arbeitgebers. Muss der Arbeitnehmer schon bei Vertragsabschluss damit rechnen, dass ihm Tätigkeiten zugewiesen werden könnten, die ihn in einen Konflikt mit seinem Glauben oder seinem Gewissen bringen, so ist der Arbeitnehmer schon bei der Anbahnung der Vertragsverhandlung verpflichtet, von sich aus Tatsachen und Verhältnisse anzugeben, die für die Entschließung des anderen Teils von Bedeutung sind. Mit der Vertragsunterzeichnung bringt der Glaubensbelastete später nämlich nach außen hin sichtbar zum Ausdruck, dass er innere Bedenken nicht gehabt hat oder diese hinten angestellt wissen wollte. Die spätere Berufung auf Glaubensnöte, verbunden mit dem Wunsch, von der Vertragserfüllung freigestellt zu werden, steht in Widerspruch zu dem vorher gezeigten Verhalten. Darin liegt ein Verstoß gegen Treu und Glauben mit der Folge, dass eine Leistungsverweigerung des Arbeitnehmers regelmäßig unzulässig ist. Freiwillig eingegangene privatrechtliche Pflichten können nicht unter Berufung auf die Glaubens- und Gewissensfreiheit beliebig wieder abgestreift werden (vgl. Grabau, Betriebsberater 1991, 1257, m. w. N.). Vorliegend musste die Klägerin bei Abschluss des Arbeitsvertrages damit rechnen, dass im Rahmen des Vollzugs des Arbeitsverhältnisses die Ableistung von Samstagsarbeit von ihr verlangt werden könnte. Dies ergibt zum Einen – wie oben ausgeführt – die Ausgestaltung des Arbeitsvertrags. Die Möglichkeit, als Arbeitsnehmer zu Arbeiten auch an Samstagen herangezogen zu werden, dürfte bei einem Krankenhausbetrieb auch in der Natur der Sache liegen. Ungeachtet dieser Erkennbarkeit hat die Klägerin den vorhersehbaren Konflikt mit ihren Glaubensgrundsätzen im Rahmen der Vertragsanbahnung nicht offen gelegt. Im Verhältnis zu der Beklagten behauptet sie dies selbst nicht. Wie die Vernehmung der Zeugin … ergeben hat, hat die Klägerin auch gegenüber den Mitarbeitern des Entleihbetriebes (… gGmbH) die glaubensbedingt beschränkte Einsetzbarkeit an bestimmten Wochentagen nicht offen gelegt. Die Lossagung der Klägerin von der Vertragstreue führte auch nicht lediglich zu abstrakten Gefährdungen im Hinblick auf die Beklagte. Die Anerkennung einer Beschränkung der vertraglichen Leistungspflichten der Klägerin würde im Verhältnis zur Beklagten aufgrund der ablehnenden Haltung des Entleihbetriebes dazu führen, dass ein Einsatz der Klägerin im Entleihbetrieb vereitelt würde. Die Beklagte hat auch unwidersprochen vorgetragen, dass es sämtliche Einrichtungen der … ablehnen, Servicekräfte zu beschäftigen, die nicht an jedem Wochentag dienstplanmäßig eingeteilt werden können. Die Konsequenz eines angenommenen Vorrangs der Glaubensfreiheit der Klägerin würde mithin zu einer konkreten Gefährdung des Arbeitsvertragszweckes führen. Vor dem Hintergrund der konkreten Gefährdung des gesamten Vertragszweckes im Falle der Anerkennung des Vorrangs der Glaubensfreiheit der Klägerin muss ihr Interesse an einer unbeschränkten Praktizierung des Sabbats an Samstagen, in welches aufgrund der Dienstplangestaltung im Entleihbetrieb derzeit vorbehaltlich Krankheits- und Urlaubszeiten nur an jedem dritten Samstag eingegriffen wird, zurücktreten.

II.

Die Klägerin hat als unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III.

Der Wert des Streitgegenstandes ist insgesamt in Höhe eines Bruttomonatsgehaltes festgesetzt.

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