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Verpflichtung zur Unterlassung eines angekündigten Streiks

Das Arbeitsgericht Hannover hat die Bahnmitarbeiter in ihrem Kampf um bessere Arbeitsbedingungen gestärkt und einen Eilantrag gegen den geplanten Streik zurückgewiesen. Trotz Behauptungen über ruinöse wirtschaftliche Folgen erkannte das Gericht keine existenzielle Bedrohung für das Unternehmen. Die Entscheidung verdeutlicht, dass das Streikrecht als Hebel im Tarifkampf nicht leicht aus den Angeln zu heben ist.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: ArbG Hannover
  • Datum: 09.01.2024
  • Aktenzeichen: 9 Ga 1/24
  • Verfahrensart: Arbeitsrechtliche Streitigkeit um die Verpflichtung zur Unterlassung eines angekündigten Streiks im Rahmen eines Tarifkonflikts
  • Rechtsbereiche: Arbeitsrecht, Tarifvertragsrecht, Wettbewerbsrecht
  • Beteiligte Parteien:
    • Verfügungsklägerin: Eine Bahngesellschaft der T-Gruppe, die den angekündigten Streik als rechtswidrig einstuft und befürchtet, dass der Streik ihre wirtschaftliche Existenz gefährdet. Sie argumentiert, der Streik sei ein existenzvernichtender Arbeitskampf, der nicht dem Abschluss eines Tarifvertrags diene, und führt hohe Schadenserwartungen (1.247.269,41 €) sowie den Aufbau eines ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteils an.
    • Antragsgegnerin: Eine Interessenvertretung für das Eisenbahnpersonal der Eisenbahnunternehmen sowie Tarifpartnerin der Verfügungsklägerin, die zu dem Streik im Zeitraum vom 10.01.2024, 2:00 Uhr bis zum 12.01.2024, 18:00 Uhr aufgerufen hat.
  • Um was ging es?
    • Sachverhalt: Die Streitigkeit betrifft die Verpflichtung zur Unterlassung eines angekündigten Streiks im Rahmen eines bestehenden Tarifkonflikts, in dem bereits drei Warnstreiks stattgefunden haben. Die Verfügungsklägerin will verhindern, dass der Streik durchgeführt wird, da sie gravierende wirtschaftliche Schäden und einen möglichen Verlust finanzieller Unterstützung befürchtet.
    • Kern des Rechtsstreits: Es geht darum, ob der angekündigte Streik rechtswidrig ist und ob die Interessenvertretung in ihrem Streikaufruf unzulässige und existenzgefährdende wirtschaftliche Risiken für die Bahngesellschaft provoziert.
  • Was wurde entschieden?
    • Entscheidung: Die Anträge wurden zurückgewiesen; die Verfügungsklägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits; der Streitwert wurde auf 500.000,00 Euro festgesetzt; die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.
    • Folgen: Die Verfügungsklägerin muss die festgesetzten Kosten tragen. Das Urteil verdeutlicht, dass der angekündigte Streik nicht durch eine arbeitsgerichtliche Unterlassungsverfügung verhindert wird und stellt den Streitwert fest, was weitreichende finanzielle Konsequenzen für sie nach sich zieht. Weitere Rechtsmittel wurden nicht zugelassen.

Arbeitsrecht im Fokus: Streikrecht und Konfliktlösung im aktuellen Fall

Das Arbeitsrecht stellt klare Regeln auf, um das Streikrecht und die Streikankündigung zu regeln. Arbeitgeber nutzen dabei oft rechtliche Schritte wie eine Unterlassungsklage, um einen bevorstehenden Arbeitskampf zu verhindern. Im Spannungsfeld von Tarifverhandlungen, Lohnverhandlungen und der Friedenspflicht bedarf es kreativer Ansätze in der Konfliktlösung.

Der folgende Fall veranschaulicht diese Dynamiken und zeigt, wie Streikregeln und Sozialpartnerschaft in der Praxis aufeinandertreffen.

Der Fall vor Gericht


Arbeitsgericht weist Eilantrag gegen GDL-Streik zurück

Eisenbahner in Uniform versammeln sich an einem Bahnhof, halten Streikplakate und zeigen entschlossene Gesichter.
Symbolbild: Ideogram gen.

Das Arbeitsgericht Hannover hat den Eilantrag einer Bahngesellschaft der T-Gruppe gegen einen angekündigten dreitägigen Streik vom 10. bis 12. Januar 2024 abgewiesen. Die Gewerkschaft, eine Interessenvertretung für das Eisenbahnpersonal, hatte zu dem Streik im Rahmen des laufenden Tarifkonflikts aufgerufen, in dem es bereits drei Warnstreiks gegeben hatte.

Streit um wirtschaftliche Auswirkungen des Streiks

Die klagende Bahngesellschaft hatte argumentiert, der geplante Streik sei rechtswidrig und gefährde ihre wirtschaftliche Existenz. Sie bezifferte die voraussichtlichen Schäden auf über 1,2 Millionen Euro und warnte vor ruinösen Folgen. Zudem äußerte sie die Befürchtung, die T. GmbH könnte ihre finanzielle Unterstützung einstellen. Die Gewerkschaft hingegen betonte, dass der Streik ausschließlich auf die Durchsetzung angemessener Arbeitsbedingungen abziele.

Gericht sieht keine Existenzgefährdung

Das Arbeitsgericht konnte keine Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz durch den Streik erkennen. Die Richter stellten fest, dass die Bahngesellschaft nach eigenen Angaben bereits seit Jahren wirtschaftlich im negativen Bereich operiere und dies hauptsächlich auf veränderte Marktbedingungen zurückführe. Die Berechnung der angeführten Streikschäden sei nicht nachvollziehbar dargelegt worden. Zudem sei nicht ersichtlich, weshalb gerade dieser Streik zu einer Beendigung der finanziellen Unterstützung durch die Muttergesellschaft führen sollte.

Rechtmäßigkeit des Arbeitskampfes bestätigt

Das Gericht betonte, dass ein Streik grundsätzlich darauf abziele, den Arbeitgeber wirtschaftlich unter Druck zu setzen und damit zwangsläufig wirtschaftliche Beeinträchtigungen verbunden seien. Die Bahngesellschaft habe nicht nachweisen können, dass diese Beeinträchtigungen das übliche Maß überschreiten würden. Ein Wille zur Existenzvernichtung sei nicht erkennbar, da der Streik auf die Durchsetzung besserer Arbeitsbedingungen abziele und die Forderungen nicht außerhalb jeder Vorstellung lägen. Auch ein vorheriger Tarifabschluss der Gewerkschaft mit einem anderen Unternehmen mache den Streik nicht rechtswidrig, da es den Tarifparteien freistehe, wie sie rechtmäßigen Druck auf den Tarifpartner ausüben.

Vorwurf wirtschaftlicher Eigeninteressen entkräftet

Das Gericht wies auch den Vorwurf zurück, die Gewerkschaft verfolge mit ihren Streikforderungen eigene wirtschaftliche Interessen im Zusammenhang mit der Gründung einer Genossenschaft (F.). Die Richter stellten fest, dass ähnliche Forderungen bereits vor der Gründung dieser Genossenschaft erhoben worden seien. Die Gründung der bislang nicht am Markt tätigen F. führe nicht zum Erlöschen des Streikrechts. Die Kosten des Verfahrens muss die klagende Bahngesellschaft tragen.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Gericht bestätigt die grundsätzliche Rechtmäßigkeit von Streiks, auch wenn diese zu wirtschaftlichen Belastungen für das Unternehmen führen. Ein Streik kann nicht allein deshalb untersagt werden, weil er finanzielle Verluste verursacht – dies gehört zum Wesen eines Arbeitskampfes. Nur bei eindeutiger Rechtswidrigkeit könnte ein Streik gerichtlich untersagt werden, was hier nicht der Fall war.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als Beschäftigte der Bahngesellschaft können Sie sich an rechtmäßig ausgerufenen Streiks beteiligen, ohne rechtliche Konsequenzen befürchten zu müssen – auch wenn Ihr Arbeitgeber wirtschaftliche Einbußen geltend macht. Der Arbeitgeber kann einen Streik nicht einfach mit der Begründung verbieten lassen, dass dieser dem Unternehmen schadet oder Verluste verursacht. Das Streikrecht als Grundrecht hat einen hohen Stellenwert und kann nur in Ausnahmefällen eingeschränkt werden. Bei der Teilnahme an Streiks, die von Ihrer Gewerkschaft ordnungsgemäß ausgerufen wurden, sind Sie rechtlich abgesichert.

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In arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen, wie sie bei Arbeitskampfmaßnahmen und Streiks auftreten können, stehen komplexe Fragestellungen im Vordergrund. Unklare Sachverhalte und die Abwägung wirtschaftlicher Interessen erfordern eine präzise juristische Bewertung, die weit über eine oberflächliche Betrachtung hinausgeht.

Wir unterstützen Sie dabei, Ihre individuelle Situation strukturiert zu analysieren und Ihre Rechte im Kontext arbeitsrechtlicher Auseinandersetzungen zu wahren. Durch eine sachliche und präzise Beratung helfen wir Ihnen, die wesentlichen Aspekte Ihres Falls zu erfassen und fundierte Entscheidungen zu treffen. Mit unserer fachlichen Kompetenz stehen wir Ihnen bei der Klärung offener Fragen zur Seite.

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Häufig gestellte Fragen zum Thema

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was sind die grundlegenden Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Streik?

Ein rechtmäßiger Streik muss fünf zentrale Voraussetzungen erfüllen:

Gewerkschaftliche Organisation

Der Streik muss von einer Gewerkschaft getragen werden. Dies bedeutet konkret, dass die Gewerkschaft den Streik beschließen und den Streikaufruf zusammen mit dem Streikziel dem Arbeitgeber mitteilen muss. Ein nicht gewerkschaftlich getragener Streik gilt als „wilder Streik“ und ist rechtswidrig.

Tariflich regelbares Ziel

Der Streik muss auf ein tariflich regelbares Ziel ausgerichtet sein. Hierunter fallen beispielsweise Forderungen nach Lohnerhöhungen, kürzeren Arbeitszeiten, mehr Urlaubstagen oder tariflichen Leistungen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld. Politische Streiks, die Druck auf den Gesetzgeber oder die Regierung ausüben sollen, sind in Deutschland nicht zulässig.

Beachtung der Friedenspflicht

Ein Streik darf nicht gegen die tarifvertragliche Friedenspflicht verstoßen. Während der Laufzeit eines gültigen Tarifvertrags dürfen keine Forderungen durch Streik durchgesetzt werden, die den aktuellen Tarifvereinbarungen entgegenstehen. Erst nach Ablauf der Friedenspflicht und Kündigung des bestehenden Tarifvertrags sind neue Streikmaßnahmen zulässig.

Verhältnismäßigkeit

Der Streik muss verhältnismäßig sein und als „ultima ratio“ (letztes Mittel) eingesetzt werden. Dies bedeutet, dass der Streik zur Erreichung des Kampfziels geeignet und erforderlich sein muss. Die eingesetzten Maßnahmen dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung des Streikziels notwendig ist.

Keine verbindliche Schlichtungsregelung

Wenn eine verbindliche Schlichtungsregelung zwischen den Tarifparteien besteht, muss diese zunächst eingehalten werden. Ein Streik ist erst dann zulässig, wenn das Schlichtungsverfahren erfolglos durchgeführt wurde oder keine Einigung über ein Schlichtungsverfahren erzielt werden konnte.

Wenn Sie diese Voraussetzungen erfüllt sind, können Sie als Arbeitnehmer an einem Streik teilnehmen – und zwar unabhängig davon, ob Sie Gewerkschaftsmitglied sind oder nicht. Allerdings haben nur Gewerkschaftsmitglieder einen Anspruch auf Streikgeld und sonstige Unterstützungsleistungen während des Streiks.


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Welche wirtschaftlichen Schäden darf ein Streik dem Arbeitgeber zufügen?

Ein rechtmäßiger Streik darf dem Arbeitgeber grundsätzlich wirtschaftliche Schäden zufügen, da dies Teil seiner legitimen Druckfunktion ist. Die Schädigung des Arbeitgebers ist dabei kein Selbstzweck, sondern Mittel zur Durchsetzung tariflicher Ziele.

Zulässige wirtschaftliche Folgen

Produktionsausfälle und Umsatzeinbußen sind als unmittelbare Folgen eines Streiks grundsätzlich hinzunehmen. Auch Lieferverzögerungen und gestörte Kundenbeziehungen gehören zu den legitimen wirtschaftlichen Auswirkungen eines Arbeitskampfes.

Bei einem rechtmäßigen Streik muss der Arbeitgeber auch Schäden durch unterbrochene Lieferketten akzeptieren. Dies gilt selbst dann, wenn Dritte wie Zulieferer oder Kunden dadurch mittelbar betroffen sind.

Grenzen der Schädigung

Die Schädigung findet ihre Grenzen im Verhältnismäßigkeitsprinzip. Ein Streik darf nicht:

  • Zu einer existenzbedrohenden Schädigung des Unternehmens führen
  • Dauerhafte oder irreparable Schäden an Betriebseinrichtungen verursachen
  • Die Substanz des Unternehmens gefährden

Notwendige Erhaltungsmaßnahmen

Auch während eines Streiks müssen bestimmte Arbeiten zur Substanzerhaltung durchgeführt werden. Dies betrifft insbesondere:

  • Maßnahmen zur Verhinderung von Sachschäden an Anlagen
  • Arbeiten zur Gewährleistung der Betriebssicherheit
  • Notwendige Erhaltungsarbeiten an wichtiger Infrastruktur

Die Gewerkschaft muss solche Notstandsarbeiten ermöglichen, um unverhältnismäßige Schäden zu vermeiden. Der Arbeitgeber darf seinerseits Ersatzarbeitskräfte einsetzen, um wirtschaftliche Verluste zu minimieren.


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Welche Rechte und Pflichten haben Arbeitnehmer während eines Streiks?

Grundlegende Rechte bei rechtmäßigem Streik

Bei einem rechtmäßigen Streik sind die Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis vorübergehend ausgesetzt. Dies bedeutet, dass Sie während des Streiks von Ihrer Arbeitspflicht befreit sind und nicht zur Arbeit erscheinen müssen.

Sie müssen sich bei einem Streik nicht bei Ihren Vorgesetzten abmelden oder eine Genehmigung einholen. Dies gilt auch dann, wenn Sie normalerweise im Homeoffice arbeiten.

Vergütung und finanzielle Aspekte

Während des Streiks besteht kein Anspruch auf Lohnzahlung durch den Arbeitgeber. Als Gewerkschaftsmitglied erhalten Sie jedoch Streikgeld von Ihrer Gewerkschaft als Ausgleich für den Lohnausfall. Nicht-Gewerkschaftsmitglieder haben keinen Anspruch auf Streikgeld.

Im Krankheitsfall während eines Streiks besteht ebenfalls kein Anspruch auf Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber. Dies gilt insbesondere dann, wenn Sie als Streikender erkranken und ohnehin nicht zur Arbeit erschienen wären.

Schutz vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen

Bei einem rechtmäßigen Streik genießen Sie umfassenden arbeitsrechtlichen Schutz. Der Arbeitgeber darf Sie für die Teilnahme an einem rechtmäßigen Streik weder abmahnen noch kündigen. Auch darf die Streikteilnahme nicht in Ihrer Personalakte vermerkt werden.

Pflichten während des Streiks

Auch während eines Streiks bleiben bestimmte arbeitsvertragliche Nebenpflichten bestehen. Sie sind weiterhin zur Wahrung von Verschwiegenheitspflichten und zum Schutz des Betriebseigentums verpflichtet.

Wenn Sie sich nicht am Streik beteiligen möchten, müssen Sie dies nicht begründen. Ein Zwang zur Streikteilnahme ist unzulässig. Allerdings müssen Sie dann damit rechnen, dass Sie Ihre Arbeitsleistung möglicherweise nicht erbringen können, wenn der Betrieb aufgrund des Streiks stillgelegt wird.


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Wie kann ein Arbeitgeber rechtlich gegen einen Streik vorgehen?

Einstweilige Verfügung als wichtigstes Rechtsmittel

Der schnellste und effektivste Weg für einen Arbeitgeber, gegen einen angekündigten Streik vorzugehen, ist die einstweilige Verfügung. Diese muss vor Beginn des Streiks beim Arbeitsgericht beantragt werden. Eine solche Verfügung hat jedoch nur Aussicht auf Erfolg, wenn der geplante Streik rechtswidrig ist.

Ein Streik gilt als rechtswidrig, wenn:

  • Er sich gegen nicht tariflich regelbare Ziele richtet
  • Die Friedenspflicht verletzt wird
  • Das Übermaßverbot missachtet wird
  • Keine ausreichenden Notdienste eingerichtet wurden

Schadensersatzansprüche bei rechtswidrigem Streik

Wird ein Streik gerichtlich als rechtswidrig eingestuft, können Arbeitgeber Schadensersatzansprüche geltend machen. Diese richten sich primär gegen die streikführende Gewerkschaft. Der Schaden wird meist als entgangener Gewinn berechnet, wobei die Beweisführung in der Praxis oft schwierig ist.

Betriebliche Gegenmaßnahmen

Arbeitgeber haben verschiedene betriebliche Möglichkeiten, auf einen Streik zu reagieren:

Streikbruchprämien: Der Arbeitgeber darf Mitarbeitern eine zusätzliche Vergütung anbieten, wenn sie trotz Streikaufruf arbeiten. Diese Prämien sind rechtlich zulässig, um den Streikdruck zu mindern.

Aussperrung: Als Reaktion auf einen Streik kann der Arbeitgeber eine Aussperrung beschließen. Dabei werden auch nicht streikende Arbeitnehmer von der Arbeit ausgeschlossen. Die Aussperrung muss jedoch verhältnismäßig sein und darf nicht gezielt nur gegen Gewerkschaftsmitglieder gerichtet werden.

Betriebsstilllegung: Wenn die Aufrechterhaltung des Betriebs streikbedingt nicht mehr sinnvoll ist, kann der Arbeitgeber den Betrieb vorübergehend stilllegen. Dies muss den Arbeitnehmern klar kommuniziert werden und darf den zeitlichen und räumlichen Rahmen des Streikaufrufs nicht überschreiten.

Grenzen der Arbeitgebermaßnahmen

Wichtig zu wissen: Bei einem rechtmäßigen Streik darf der Arbeitgeber keine Maßregelungen gegen streikende Arbeitnehmer vornehmen. Abmahnungen oder Kündigungen wegen der Teilnahme an einem rechtmäßigen Streik sind unzulässig. Auch nach Ende des Streiks besteht ein Anspruch auf Weiterbeschäftigung.


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Wann darf eine Gewerkschaft zu einem Streik aufrufen?

Grundvoraussetzungen für einen Streikaufruf

Eine Gewerkschaft darf zu einem Streik aufrufen, wenn vier zentrale Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Ein tariflich regelbares Ziel wird verfolgt
  • Es besteht keine Friedenspflicht aus einem laufenden Tarifvertrag
  • Es liegt keine verbindliche Schlichtungsregelung vor
  • Der geplante Streik ist nicht offensichtlich unverhältnismäßig

Tariflich regelbare Ziele

Die Gewerkschaft muss mit dem Streik Ziele verfolgen, die in einem Tarifvertrag geregelt werden können. Dazu gehören beispielsweise:

  • Lohn- und Gehaltserhöhungen
  • Arbeitszeitverkürzungen
  • Urlaubsansprüche
  • Weihnachts- oder Urlaubsgeld

Politische Streiks oder Streiks zur Einflussnahme auf Gesetzgebung sind in Deutschland verboten.

Formelle Anforderungen

Der Streikaufruf muss von den satzungsmäßig zuständigen Organen der Gewerkschaft beschlossen werden. Untergliederungen der Gewerkschaft dürfen keine eigenen zusätzlichen Streikziele festlegen.

Die Gewerkschaft muss eine Streikleitung einsetzen, die für die Organisation und Durchführung des Streiks verantwortlich ist. Diese kümmert sich um:

  • Festlegung der bestreikten Betriebe
  • Organisation von Notdiensten
  • Öffentlichkeitsarbeit
  • Kommunikation mit Arbeitgebern und Behörden

Verhältnismäßigkeit und Ankündigung

Der Streik muss verhältnismäßig sein. Die Arbeitsgerichte räumen den Gewerkschaften dabei einen weiten Beurteilungsspielraum ein. Eine gesetzliche Ankündigungsfrist gibt es nicht, jedoch muss die Gewerkschaft den Streik so organisieren, dass keine unverhältnismäßigen Schäden entstehen.

Ein unrechtmäßiger Streikaufruf kann zu einer gerichtlichen Untersagung des Streiks und zu Schadensersatzforderungen des Arbeitgebers führen.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar - Fachbegriffe aus dem Arbeitsrecht

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Streikrecht

Das Streikrecht ist ein verfassungsrechtlich geschütztes Grundrecht der Arbeitnehmer und ihrer Gewerkschaften, das in Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz verankert ist. Es ermöglicht Arbeitnehmern, ihre Arbeit gemeinsam und organisiert niederzulegen, um Druck auf den Arbeitgeber auszuüben und bessere Arbeitsbedingungen durchzusetzen. Das Streikrecht darf nur im Rahmen von Tarifauseinandersetzungen und nur durch Gewerkschaften ausgeübt werden.

Beispiel: Eine Gewerkschaft ruft ihre Mitglieder zu einem Streik auf, um höhere Löhne durchzusetzen. Die Mitarbeiter legen daraufhin ihre Arbeit nieder.


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Unterlassungsklage

Eine Unterlassungsklage ist ein rechtliches Instrument, mit dem ein Kläger die Unterlassung einer bestimmten Handlung durch den Beklagten erreichen will. Im Arbeitsrecht wird sie häufig von Arbeitgebern genutzt, um angekündigte Streiks zu verhindern. Dabei muss der Arbeitgeber darlegen, warum der geplante Streik rechtswidrig ist. Die rechtliche Grundlage findet sich in § 1004 BGB analog.

Beispiel: Ein Unternehmen klagt gegen eine Gewerkschaft, um einen angekündigten Streik zu verhindern, weil es diesen für rechtswidrig hält.


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Friedenspflicht

Die Friedenspflicht ist eine rechtliche Verpflichtung der Tarifvertragsparteien, während der Laufzeit eines gültigen Tarifvertrags keine Arbeitskampfmaßnahmen zu ergreifen. Sie ergibt sich aus § 1 TVG und dem Tarifvertragsrecht. Während dieser Zeit dürfen weder Gewerkschaften zum Streik aufrufen noch Arbeitgeber aussperren.

Beispiel: Wenn ein Tarifvertrag eine Laufzeit bis Ende 2024 hat, dürfen die Gewerkschaften bis dahin nicht für die im Vertrag geregelten Themen streiken.


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Tarifverhandlungen

Tarifverhandlungen sind formelle Gespräche zwischen Arbeitgeberverbänden oder einzelnen Arbeitgebern und Gewerkschaften mit dem Ziel, einen Tarifvertrag abzuschließen. Sie basieren auf dem Tarifvertragsgesetz (TVG) und regeln wichtige Arbeitsbedingungen wie Löhne, Arbeitszeiten und Urlaubsansprüche für ganze Branchen oder einzelne Unternehmen.

Beispiel: Vertreter einer Gewerkschaft und eines Arbeitgeberverbands treffen sich zu mehreren Verhandlungsrunden, um neue Gehälter für eine gesamte Branche festzulegen.


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Arbeitskampf

Der Arbeitskampf umfasst alle kollektiven Maßnahmen, die Arbeitnehmer oder Arbeitgeber ergreifen können, um ihre Interessen durchzusetzen. Er ist verfassungsrechtlich durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützt und folgt bestimmten Regeln des Arbeitskampfrechts. Zu den wichtigsten Arbeitskampfmitteln gehören Streik auf Arbeitnehmerseite und Aussperrung auf Arbeitgeberseite.

Beispiel: Eine Gewerkschaft organisiert zunächst Warnstreiks, später einen unbefristeten Streik, worauf der Arbeitgeber mit einer Aussperrung reagiert.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • Grundgesetz Art. 9 Abs. 3 GG: Dieser Artikel garantiert das Recht der Arbeitnehmer, sich zur Wahrung und Förderung ihrer Interessen durch Tarifverträge und Gewerkschaften zu organisieren. Dazu gehört auch das Streikrecht als letztes Mittel im Arbeitskampf. Dieses Grundrecht schützt die kollektive Durchsetzung von Arbeitsbedingungen und ist zentral für das Verständnis von Arbeitskämpfen im Unternehmen.
  • Arbeitsgerichtsgesetz §62 Abs. 2 ArbGG: Diese Vorschrift legt die Voraussetzungen für den Erlass einstweiliger Verfügungen in Arbeitsstreitigkeiten fest. Eine einstweilige Verfügung kann erlassen werden, wenn ein dringender Bedarf besteht und ein Verfügungsanspruch vorliegt. Im vorliegenden Fall war zu prüfen, ob der angekündigte Streik einen solchen dringenden Verfügungsgrund darstellt.
  • Bürgerliches Gesetzbuch §823 Abs. 1 BGB: Dieser Paragraph regelt die Haftung für unerlaubte Handlungen und verpflichtet den Schädiger, den entstandenen Schaden zu ersetzen. Die Bahngesellschaft argumentierte, dass der Streik eine unerlaubte Handlung darstellt, die ihre wirtschaftliche Existenz gefährdet und daher Schadensersatzansprüche begründet.
  • Zivilprozessordnung §§935, 940 ZPO: Diese Bestimmungen betreffen die Vollziehbarkeit von gerichtlichen Verfügungen. Sie regeln, wie gerichtliche Entscheidungen umgesetzt und welche Maßnahmen bei Zuwiderhandlungen ergriffen werden können. Im Urteil wurde die Anordnung von Ordnungsgeldern und Ordnungshaft in Bezug auf die Durchführung des Streiks thematisiert.
  • Tarifvertragsgesetz (TVG): Das TVG regelt die Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften sowie die Durchführung von Tarifverhandlungen und Arbeitskämpfen. Es definiert die rechtlichen Rahmenbedingungen für Streiks als Mittel zur Durchsetzung von Tarifvereinbarungen und schützt die Rechte der Gewerkschaften im Arbeitskampf.

Das vorliegende Urteil


ArbG Hannover – Az.: 9 Ga 1/24 – Urteil vom 09.01.2024


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